Cover

Introducion und Inhalt

Carmen Sevilla

 

 

Madeleine

 

Christian und die groben Kerle aus dem Sauerland

 

 

Erzählung

 

 

 

«La beauté est belle; la passion, l'amour absolu sont plus beaux et plus adorables.»

Französisches Sprichwort

 

Schon lange tanzte niemand mehr und fast alle Gäste waren bereits gegangen. Völlig erschöpft standen wir voreinander auf der Tanzfläche. Unsere verschwitzten Gesichter konnten noch ein Lächeln produzieren, bevor wir uns um den Hals fielen. „Madeleine“ konnte ich nur fast jammernd stöhnen. „Wo bin ich?“ Sie zog meinen Kopf zu sich, so dass sich unsere Lippen küssend aufeinander pressten. „Hast du jetzt die Orientierung wiedergefunden?“ erkundigte sich Madeleine lächelnd. „Ich bin doch gar nicht hier. Physisch vielleicht, aber sonst ist alles von mir anderswo.“ erklärte ich. „Aha, und wo befindet sich das andere von dir?“ fragte Madeleine. „Ich weiß es doch nicht. Auf einem anderen Stern? In einem anderen Land? Im Nirwana vielleicht? Auf jeden Fall nicht in dieser realen, materiellen Welt. Madeleine, ich kann das alles nicht fassen. Es überwältigt mich. So habe ich dich noch nie ge­sehen.“ erklärte ich. „Du meinst mit dem Kleid, nicht wahr?“ vermutete sie. „Nein, nein, alles Madeleine. Dieser Abend muss eine Erscheinung gewesen sein, auch wenn ich völlig tot bin.“ erwiderte ich. „Na, siehst du, das kommt dabei heraus, wenn du nie mit mir in die Disco gehst.“ scherzte Madeleine. „Madeleine, sollten wir das in Zukunft nicht öfter tun? Wer außer uns, könnte so etwas Irres bringen, wie heute Abend? Wir gehören doch einfach zusam­men, Madeleine. Die Welt will uns zusammen sehen.“ brachte ich beschwörend hervor. „M, m,“ schüttelte Madelene den Kopf, „nicht die Welt. Mein Leben will nicht ohne deins sein, und deins doch sicher auch nicht ohne meins. Das haben wir uns doch schon gegenseitig vererbt, oder?“ „Genau, mein wirkliches Leben ist nur das Leben mit dir. Vielleicht hat uns das Tanzen ja schon wie bei den Sufis die Glückseligkeit der Einigung spüren lassen. Hast du etwas davon ge­merkt?“ fragte ich scherzend. „Nein, ich wollte nur alles Böse, was ja nicht nur in dir, sondern zwischen uns ist, vernichten und ausschwitzen, Wollte mich austoben und absolut reinigen, wollte wieder völlig frei und unbeschwert wer­den.“ erklärte Madeleine. „Madeleine, die schönste Frau der Party, wie siehst du aus? Völlig derangierst, das Haar verwüstet und verklebt, das Gesicht total geschafft und das wunderschöne neue Kleid völlig verschwitzt. Drück mich nochmal, damit ich dich riechen kann.“ wünschte ich. Ein mahnendes „Chrischan!“ bekam ich zu hören. „Trotz allem, Chrischan, meine Beine wollen mich nicht mehr tragen. Ich brau­che unbedingt die Horizontale.“ Madeleine legte sich auf eine Couch. Gäste wa­ren kaum noch da. Lydia kam. „Geht's ihr nicht gut?“ fragte sie. „Nein, sie ist nur völlig geschafft. Sie brauchte ein Bett.“ erklärte ich. „Das kann ich aller­dings gut verstehen. Bei meinen Eltern, die sind schon lange im Bett, da wird noch Platz genug sein. Sie könnte ja dazwischen krabbeln.“ scherzte Lydia.

 

 

Madeleine - Inhalt

 

Madeleine 3

Weltrevolution 3

Sauerland 4

Sklavenmentalität 6

Perspektivlos 7

Rückkehr 9

Neues Leben 9

Der Kretin 10

Könnte das Liebe sein? 13

Meine gute Laune 14

Erbschaft 15

Willst du später auch mal weise werden? 16

Tanzen bei Lydia 17

Die groben Kerle 19

 

 

 

Madeleine - Weltrevolution

Manche müssen unter einem Lotusbaum sitzen und meditieren, um zur Er­leuchtung und den wirklichen Erkenntnissen gelangen zu können. Madeleine bedurfte dazu keines Lotusbaumes. „Es verbreitete sich rasend schnell. Keiner konnte es genau nachvollziehen. Überall auf der Welt waren die Menschen in Panik. Ihnen war plötzlich deutlich geworden, wie greifbar real es sich darstell­te, dass schon ihre Kinder durch Katastrophen umkommen könnten. Ausgelöst würden sie durch unwägbare Veränderungen, die die Klimaerwärmung mit sich brachte. Wieder wollten sich führende Politiker aus der ganzen Welt zu einem Gipfel treffen, um zu beraten, wie man den CO2 Ausstoß reduzieren könne. Das hatten sie schon öfter getan, der CO2 Ausstoß stieg aber kontinuierlich weiter an. Ihre Zusagen waren von Anfang an scheinheilig, denn sie konnten es gar nicht versprechen. Der kontinuierliche Anstieg des CO2 Ausstoßes war essentieller Bestandteil des expansionsorientierten kapitalistischen Wirtschafts­systems. Wer jetzt noch großmäulig verkündete, sich für die Reduzierung des CO2 Ausstoßes einsetzen zu wollen, dem wurde der Mund verboten. Neue Wirt­schaftskonzepte mussten her.“ erläuterte Madeleine das Geschehen von Mor­gen. „Das wäre ja die Revolution, was du erzählst.“ interpretierte ich es. „Ja genau, nicht wegen theoretischer Konzepte gegen die Ausbeutung der abhän­gig Beschäftigten, die existierte noch genauso, aber die Kapitalisten konnten gehen. Sie wurden nicht mehr gebraucht, weil die Menschen erkannt hatten, dass sie mit ihrer Politik unsere Welt zugrunde richteten. Alles Mögliche hatten sie sich schon mit der Begründung zwingender Notwendigkeiten gefallen las­sen, aber jetzt war Schluss. Das Leben ihrer Kinder stand auf dem Spiel. Nie­mand konnte sich das gefallen lassen.“ erläuterte Madeleine. Eine verrückte Geschichte. Ob es verifizierbar war, ob es in die allgemein gültigen Formen un­serer rationalen Denkmuster oder in das als gewohnt empfundene Alltagsge­schehen passte, das waren für mich keine Kriterien, wie mir eine Geschichte gefiel. Folglich konnten wir auch bis zum Abend über die Entwicklung, Ausge­staltung und den konkreten Verlauf der Revolution auf globaler, lokaler und persönlicher Ebene diskutieren und hatten viel Spaß dabei. So ähnlich hatten wir uns kennengelernt. Madeleine hatte in einem Seminar etwas Kurioses ge­sagt, das nicht beachtet wurde. Ich sprach sie hinterher darauf an und schlug vor, es doch mit einem Kaffee bei mir weiter zu diskutieren. Es dauerte bis zum Abend. Wenige Tage später hatten wir schon wieder etwas zu besprechen und seitdem immer häufiger. „Du stehst auf Jungs oder Männer, nicht wahr?“ vermutete Madeleine. Ich bekam mich vor Lachen gar nicht wieder ein. „Nein, überhaupt nicht, keinesfalls. Wie kommst du denn auf so etwas.“ antwortete ich. „Ich mein' ja nur. Ist doch nix Schlimmes.“ reagierte Madeleine. „Aber ich bin nicht dein Typ, oder?“ vermutete sie. Ich musste wieder lachen und erklär­te: „Madeleine, ich stehe auf keine Typen. So etwas kenne ich gar nicht. Du bist eine wundervolle Frau und gefällst mir außerordentlich, nur ich habe Angst, ich trau mich nicht.“ Madeleines Augen sagten, dass sie dazu etwas Erläuterndes hören wollte. „Ich bin nicht schüchtern oder verklemmt. Damit hat das nichts zu tun. Der Respekt vor deiner Persönlichkeit hemmt mich. Sie ist nicht schlicht und simpel, wie man es gemeinhin kennt. Wie eine vielgliedrige, großartige Blume mit Blüten in mehreren Farben erscheint sie mir. Die Blütenblätter sind so fein und kostbar wie die Flügel eines Schmetterlings. Wenn ich sie mit meinen Fingern begrabsche, werde ich sie zerstören. Ich glaube, du bist viel zu schade für mich.“ Madeleine schmunzelte und sah mich tief prüfend an. „Wenn du mit deinen Fingerkuppen hier mal sanft die Haut meiner Wange touchieren würdest, ich glaube, da ginge nichts kaputt.“ reagierte Madeleine, wobei sie lachend meine Finger nahm und auf ihre Wange legte. „Im Übrigen, Christian, wir verstehen uns beide doch so gut als völlig normale Menschen, wenn du in mir etwas Übernatürliches siehst, ist das für uns beide nicht gut.“ „Nein, nein, Madeleine, Madonnen gleich mit medialen Kräften sehe ich dich auch nicht. Nur den wirklichen Menschen, das Wunder Mensch, glaube ich, in dir erkannt zu haben. Großartig ist das schon, nur es ist wahrscheinlich völlig normal. Jeder wird es in sich tragen, aber niemand erkennt es.“ erläuterte ich meine Sicht. Unaufhörlich versuchten wir das Wunder Mensch gegenseitig in uns tiefer zu erkennen und berührten dabei alles an unseren Körpern, was nicht kaputt gehen konnte, bis wir schließlich gemeinsam im Bett landeten. Dort erfuhren wir unser Wunder Mensch noch einmal ganz anders, gemeinsam, tiefgreifend und ungeheuer intensiv. Seitdem war Madeleine fast ständig bei mir, bis wir uns ein Apartment für beide gemeinsam suchten.

 

Sauerland

Im Urlaub, in den Ferien müssen die Menschen woanders hin. Zu Hause kannst du nicht bleiben. Aber ob du am Yukon Lachse fängst oder nach Gold suchst, dich auf Bali verliebst oder Tänze übst, ob du in Machu Picchu Inkaruinen be­staunst, gleichgültig wie weit entfernt und verwegen deine Urlaubserfahrungen auch sind, letztendlich bleibst du doch immer zu Hause. In deiner Alltagswelt, dem Gebäude unseres Denkens und Wissens, unserer Philosophie und unseren Verständnismöglichkeiten, mit denen wir die Welt erklären und deuten. Nur die Welt selbst ist das nicht. In diesem Gebäude bist du immer gefangen, du trägst es immer in dir, auch im Urlaub. Du kannst es nicht einfach verlassen. Wohin denn auch? Dafür hättest du ja gar keinen Namen. Bei tiefer Trauer und Glücksgefühlen, überschreitest du wahrscheinlich die engen Grenzen dieser All­tagswelt. Es sind viele Untersuchungen zu Gefühlen, Glück und Trauer erfolgt, aber was da wirklich in deinem Bewusstsein geschieht, kann niemand erklären. Man sagt, dass wir es mit völlig neuen Denkweisen vielleicht erkennen und verstehen könnten. Wenn Madeleine und ich miteinander schliefen, hatten wir auch die Tür des Alltagsgebäudes hinter uns zu gemacht. Alle Gesetze alltägli­cher Kausalitäten und Rationalitäten, die Gewohnheiten des Alltags, und was uns sonst immer umgab, waren absolut unbedeutend, sie existierten dann nicht. Semesterferien. Wir befanden uns nicht mit unserer Tigerente in Panama und hatten auch nicht zur Kirschenblütenzeit mit Mitsou eine Reise nach Yoko­hama gebucht. Im Sauerland waren wir. Die Millionen Angebote der Touristik­unternehmen in ihren Katalogen hatten wir missachtet und waren eigenmäch­tig in Urlaub gefahren. Es gibt tausend Gründe, weshalb sich Menschen perma­nent oder temporär im Sauerland aufhalten. Wir hatten auch einen. Der Haupt- und Hintergrund bestand aber darin, dass sowohl Madeleine als auch ich ein bisschen gaga waren. Die Absicht, zum Urlaub ins Sauerland zu fahren, galt sowohl für uns als auch in unseren Kreisen nicht als normal, sonder eher als verrückt. Nicht zuletzt deshalb waren wir hier. Ich hatte eine alte Geschichte erzählt, und Madeleine war begeistert. Meinen Urgroßvater konnte ich noch kennenlernen. Er war und bleibt immer ein menschliches Juwel, das schon in dieser Welt die engen Grenzen unseres gewöhnlichen Alltags überwunden ha­ben musste. Er hatte einen Bauernhof, arbeitete zwar immer noch, war aber an den großen Arbeiten wie Ernte und Dergleichen nicht mehr beteiligt. Mir er­schien es damals, dass er nur für mich arbeite, weil er mich bei allem einbe­zog. Ich liebte und bewunderte ihn, aber am meisten hat mich fasziniert, dass man eine ganz andere Sprache sprach. Natürlich sprach man in England, Frankreich und Italien auch so, dass wir es nicht verstehen konnten, aber dies spielte sich ja bei uns ab, es waren ja meine Verwandten. Meine Mutter konnte es auch verstehen, aber ich habe sie nie ein Wort Plattdeutsch sprechen ge­hört. Ich war außerordentlich neugierig und mein Urgroßvater musste mir alles erklären. Es dauerte nicht lange, bis ich es verstand und sogar sprechen konn­te. Im Plattdeutschen gab es Wörter, die mit unserem Hochdeutsch nichts zu tun hatten, sondern dem Englischen näher waren, wie Puggen für Schweine oder Soterdach für Samstag. Vor allem aber hatte die Sprache einen ganz an­deren Klang. Sie hörte sich weicher, breiter und eher wie ein Lied an, fand ich. „Säch äs, büss du auk immer fein arich wesen?“ „Sag mal, bist du auch immer schön artig gewesen?“ hieß das. Harte Ges kamen in dieser Sprache nicht vor. Bei Kindern, die mit Plattdeutsch aufgewachsen waren, konnten die Sprechwerkzeuge diesen Laut lebenslänglich nicht formulieren. „Chuten Tach“ anders konnten sie es nicht sprechen. Aber die Sprache stirbt trotz Clubs zur Förderung langsam aus. Der letzte prominente Vertreter dieser Artikulations­form war Heinrich Lübke. Plattdeutsch war nie eine Hoch- und Kultursprache. So sprachen die Bauern und kleinen Leute auf dem Land. Die größte münster­ländische Dichterin, Anette von Droste-Hülshoff, hat kein Werk in dieser Spra­che verfasst. Bestimmt hätte sie es gar nicht gekonnt, wahrscheinlich konnte sie es noch nicht einmal verstehen. Im Bücherschrank auf dem Hof meines Ur­großvaters standen Bücher auf Plattdeutsch. Ein Pastor hatte sie geschrieben. Extrem begeistert war ich davon nicht, aber an eine Szene erinnerte ich mich. Bei einer Feier im Dorfgasthof kam es zu einer Schlägerei. Einer tat sich dabei als besonders grob und rabiat hervor. Er schlug alles kurz und klein. Es war der Vorknecht von Bauer Wittkamp. Er kam nicht von hier. Er war Sauerländer. Das sagte alles, weiterer Erläuterungen bedurfte es da nicht. Das Land der tau­send Berge und der wüsten Kerle suchten wir. Es lag ja fast vor unserer Haus­tür, aber keiner von uns beiden war jemals dort gewesen. Im Hochsauerland hatten wir ein Hotel gebucht, weil wir dachten, an den Hängen der hohen Ber­ge sei die Wahrscheinlichkeit, auf die groben Kerle zu treffen am größten. Die Innenarchitektur des Hotels erweckte allerdings nicht den Eindruck, als sei sie von grobschlächtigen Holzfällern kreiert. Hier musste eher die Redaktion der Frauenzeitschrift „Brigitte“ das Interieur gestaltet haben. Man sagt, dass die ästhetischen, sowie die gesamten kulturellen Geschmacksvorlieben schichtenspezifisch bedingt sind. Ich war zweifellos ein Kind der Mittelschicht, aber die „Brigitte“ dann offensichtlich nicht. Meine Mutter und meine Schwester lasen so etwas auch nicht. Meine Mutter hatte mal zeitweilig die „Emma“ abonniert. Aber auch draußen, auf den Straßen, in den Kneipen und an den Hängen würden wir vergeblich nach den wilden Kerlen Ausschau halten, wurde uns sehr schnell deutlich. Die Menschen hier bildeten die gleiche Melange aus RTL, ZDF, ARD, Bildzeitung und Fußballkretins wie bei uns auch. Die groben Kerle waren allenfalls, die, die früher hier in den Höhlen gelebt und sich von Bärenfleisch ernährt hatten. Eine Initiative zur Neuansiedlung oder Wiederentdeckung das rauen Sauerländers wollten wir zwar nicht gründen, aber sonst mangelte es uns nicht an verrückten Ideen. Im Land der tausend Berge war es obligat, wenigstens einen davon zu besteigen. Eine Gräfin, Hexe, Zauberin oder Fee, so genau wusste man das nicht mehr, sollte auf dem Gipfel ihr Domizil gehabt haben. Als wir abgekämpft oben ankamen, war von Kuniza nichts mehr zu sehen. Ein dickes, großes Holzkreuz stand da. Lange bevor die Gleichschaltung durch die Medien erfolgte, hatte schon die katholische Kirche die Sauerländer zu Kreuze kriechen lassen.


Sklavenmentalität

Madeleine liebte verrückte Ideen und produzierte selbst permanent welche. Dass wir uns liebten, hatten wir uns, auch wenn wir zusammen wohnten, noch nie gesagt. „Du bist der erste, der mich so akzeptiert wie ich bin, der mich ver­steht, und der mich für normal hält.“ das hatte Madeleine mich allerdings schon wissen lassen. „Na, ganz normal? Etwas Besonderes ist es ja schon, aber mir gefällt es.“ meinte ich zu Madeleine. „Normal ist das, menschlich ganz normal. Wenn du ich sagen kannst und es auch verstehst, bist du ein eigen­ständiger Mensch mit einer eigenen Persönlichkeit. Eine Tendenz zu konfor­mem und affirmativem Denken und Verhalten ist in deinen Genen nicht festge­legt oder vorgesehen. Sie ist ein Produkt der Sozialisation.“ erklärte Madeleine. „Mag ja sein, aber kein Mensch kann sich während seiner Entwicklung von sei­nen Mitmenschen distanzieren und tut es auch automatisch nicht. Das ist schon so festgelegt. Fast alles, was du bist, und was du kannst, hast du von anderen gelernt und selbst nachgeahmt. Kein Wort könntest du verstehen oder sprechen, wenn du es nicht von anderen gehört hättest.“ entgegnete ich. „Das bestreite ich doch gar nicht. In den ersten zwanzig Jahren deines Lebens lernst du ungeheuer viel, auf welche weise auch immer, aber primäres und über al­lem stehendes Curriculumziel ist es: „Lerne so zu denken und zu handeln, wie andere es von dir erwarten.“ Eine servile Sklavenmentalität wird da vermittelt, und keiner merkt es.“ erläuterte Madeleine. „Du hast dir das aber nicht gefal­len lassen. Und wann ist dir das aufgefallen?“ wollte ich wissen. „Das kann ich gar nicht sagen. Wenn du dir selbst etwas bedeutest und dir selbst etwas wert bist, spürst du das schon als kleines Kind. Meine Mutter hat gesagt, dass man mir keine Märchen erzählen konnte, weil ich sie immer durch meine Ände­rungs- oder Verbesserungsvorschläge destruiert hätte. Nur die Bremer Stadt­musikanten hätten mir umstandslos gefallen.“ erzählte Madeleine. „Bei dir ist wahrscheinlich die Renitenza in den Genen verankert.“ vermutete ich. „Ich bin doch gar nicht widerspenstig. Ich sehe nur manches anders, umfänglicher meine ich. Wenn jemand etwas sagt, dann sollst du es immer verstehen wie ein augenblickliches Polaroidfoto und eine möglichst getreue Kopie davon bei dir ablegen. Das ist aber unsinnig und grundfalsch. Nichts existiert in starren Bildern, alles ist in Zusammenhänge eingebunden, lebt in Prozessen, hat eine Geschichte. Ich meine, es komplexer zu sehen. Mir stellen sich auch immer die möglichen Zusammenhänge und Alternativen dar. Daraus ergeben sich dann nicht selten Gedanken und Vorschläge, die andere für verrückt halten. Es sind aber meine ganz normalen Gedanken.“ erläuterte Madeleine.


Perspektivlos

„Liebe ist wie Schnaps. Du kannst noch so viel darüber reden, besoffen wirst du davon nicht.“ lautete eine Weisheit meiner Mutter. Wir redeten auch nicht über Liebe. Unmerklich waren wir langsam immer näher aneinander gerückt, bis die Fuge, die uns trennte, nur noch hauchdünn war. „Ich liebe dich.“ zu sa­gen, hätte einen Lacherfolg bewirkt. Das Wort Liebe war eben ein Sammelsuri­um aus allen möglichen Klischees unserer Alltagswelt. Ob das, was wir in unse­rer Beziehung füreinander empfanden, auch außerhalb unserer Denk- und Kau­salitätswelt lag, es in unserer Sprache gar keine Wörter geben konnte, die es wirklich treffend benannten? Ich fühlte mich wohl, wie nie zuvor in meinem Le­ben. Dabei hatten wir nichts unternommen, nichts geplant, nichts konzipiert. Alles hatte sich einfach so von selbst ergeben. Was das alles sollte, wohin es führen würde, welche Perspektive es hätte, dazu konnte niemand etwas sagen. Es war eben einfach so. Alles ist dem Fluss des Wandels unterworfen, Gefühle in besonderem Maße. Der eine liebte heute die, die andere liebte morgen je­mand anders. Das war üblich und nicht ungewöhnlich, allgemein etwas dazu zu sagen, wäre pauschalisierender Sermon. Zwischen Madeleine und mir hielt ich so etwas aber grundsätzlich für unmöglich. Als ob wir untrennbar miteinander verbunden wären, wie meine Schwester und ich, vielleicht konnte man sich streiten, aber das Verhältnis konnte man grundsätzlich nie wieder auflösen. Was würde daraus? 10, 20, 30, 40 Jahre Madeleine und ich. Eine Perspektive gab es nicht. Einfach weil wir uns gut verstanden, würden wir immer zusam­menbleiben. Wenn ich sonst über mein Leben und meine Perspektive nachge­dacht hatte, stand dabei mein Biologiestudium und was daraus werden würde im Zentrum. Am liebsten würde ich in der Wissenschaft bleiben. Die Forschun­gen mit den Pflanzen, an denen ich beteiligt war, faszinierten mich ungemein. Das konnte man jedoch nicht garantieren. Aber draußen in der Wirtschaft und in der Forschung gab es ja auch viele interessante Möglichkeiten. Ich brauchte ja nicht gerade bei Monsanto zu arbeiten und für Roundup zu forschen. Eine Frau? Da würde ich schon irgendwann eine nette kennenlernen. Dann würde man weiter sehen. Nur nicht jetzt durch so etwas festlegen und sich in Ver­pflichtungen begeben. Meine Bekanntschaften glichen daher eher bedingungs­losen Flirts. Jetzt war alles völlig anders gekommen. Es gab nur noch Madelei­ne und mich, aber keine Perspektive. Öfter musste ich daran denken. Es quälte mich. Ich wollte etwas daran ändern, aber wie. Mit Madeleine wollte ich es be­sprechen. „Da gibt es etwas, was du nicht benennst. Ich verstehe dich nicht.“ sagte sie nur. Die Angst wegen meiner Zukunftsaussichten und meiner Per­spektivlosigkeit steigerte sich und war mir immer öfter gegenwärtig. Einerseits sahen wir uns trotz unseres Zusammenlebens als eigenständig, lebten und stu­dierten wie bisher auch. Abhängigkeiten, Verpflichtungen und Einengungen wegen unserer Beziehung konnten wir nicht sehen. Andererseits war ich abso­lut gebunden, mein Leben war festgelegt ohne ein Ziel benennen zu können. So wollte ich es nicht, so konnte es nicht sein, so dürfte es nicht ablaufen. Für ein Semester wollte ich sowieso noch in die USA. Warum nicht jetzt? Dann käme ich erst mal raus, könnte Luft holen, hätte eine Besinnungspause. Ab­stand gewinnen von dem sich zur Zeit abspielenden Geschehen. Immer siche­rer wurde ich mir, so müsste es laufen, wenn ich mich selbst und meine Per­spektive nicht verlieren wollte. Als ich es Madeleine erzählte, hatte ich schon alles in die Wege geleitet. Nur kurz haben wir darüber diskutiert. Für mich stand es ja auch unumstößlich fest. Mein Redeschwall zur Begründung führte dazu, dass Madeleine nichts mehr sagte. Sie durchschaute mich, dessen war ich mir sicher. „Du wirst wissen, was du tust.“ sagte sie später einmal. Bestrei­ten, dass es sinnvoll für mich sei, für ein Semester in die USA zu gehen, konn­te sie ja nicht, aber dass es für mich auch eine andere Motivation gab, blieb ih­rer Wahrnehmung nicht verborgen. Unser Verhältnis wurde nüchterner. Die glückstrunkene Hochstimmung verschwand, wir waren nicht mehr hungrig auf­einander. Wie ein abgeklärtes Ehepaar respektierten wir uns. Am Abend vor dem Ablug verzog Madeleine ihren Mund, schluckte und hielt sich ein Taschen­tuch vor die Augen. Dass Madeleine weinen könnte, hätte ich nicht für möglich gehalten. Meine Fragen und Tröstungsversuche wehrte sie ab. Beim Abschied am Flughafen gab es zwar eine langanhaltende Umarmung, aber es herrschte eine sonderbare Atmosphäre. Als ob wir es wie einen Abschied für immer emp­fänden. Meine Eltern hatten Madeleine angeboten, meinen Betrag für die Zeit meiner Abwesenheit weiter zu bezahlen. Das hatte Madeleine aber abgelehnt und sich eine neue Unterkunft besorgt. Natürlich schrieben wir uns, allerdings keine Liebesbriefe. Ich wollte ja auch Abstand gewinnen, wollte nicht nur lokal woanders hin, sondern auch mental und emotional meine Lage von außerhalb betrachten können. Wenn ich Madeleine wieder irgendein Gewäsch über meine neuen Erlebnisse mitteilte, konnte ich manchmal nicht mehr weiter. Ich saß am PC, kam mir wie ein Idiot vor, und mir flossen die Tränen. Von Madeleine kam auch kein Wort zu unserer Beziehung. Sie sagte knapp und lapidar etwas zu dem, was ich geschrieben hatte, und berichtete dann einige Sentenzen zu ih­ren Erlebnissen. Der da schrieb, das war nicht Christian, der mit Madeleine sprach, und die mir antwortete, das war nicht die Madeleine, die in mir wohn­te. Dass ich so übermäßig beschäftigt war, konnte mich häufig ablenken, aber Madeleine war trotzdem immer da. Äußerlich hatte ich die große Distanz orga­nisiert, aber in mir, in meinen Gefühlen, war das lächerlich. Sie richteten sich nicht danach, was ich wollte. Da lebten einfach meine Erfahrungen aus der Vergangenheit, und Lustgefühle für eine mögliche Perspektive wollten sich nicht entwickeln. Ein Plan für die Zukunft kam nicht auf. Nur meinen alten Ser­mon konnte ich mir immer wieder vorbeten. Beruflich hat mir das Semester in Massachusetts allerdings trotz allem schon außerordentlich viel gebracht. Mei­ne Kenntnisse und mein Wissen über Molecular Biology konnte ich beträchtlich erweitern. Für Madeleine und unsere Beziehung hatte ich allerdings keinen Plan.


Rückkehr

Ich hatte ihr mitgeteilt, wann ich zurückkäme, am Flughafen war Madeleine je­doch nicht. Da holten meine Mutter und meine Schwester mich ab. Als ich Ma­deleine anrief, hatte sie an allen von mir vorgeschlagenen Terminen schon et­was vor. Mein entrüstetes „Madeleine“ veranlasste sie schließlich zu: „Also gut, Donnerstag, 16:30 Uhr im Steinkrug.“ als Termin für unser Treffen zu nennen. „Was gib's?“ fragte sie, als sie zu mir an den Tisch kam. „Madeleine!“ versuch­te ich sie zu normalem Verhalten zu wecken. „Was willst du, Christian? Wir sind nicht mehr Madeleine und Christian. Das ist vorbei. Du hast es zerbro­chen.“ erklärte sie. „Unterbrochen.“ korrigierte ich Madeleine. „Nein, nein, Christian, das geht nicht und das ist nicht wahr. Du wolltest es nicht mehr, was zwischen uns war, aus welchen Gründen auch immer. Du hast mich nicht mal für würdig genug gehalten, es mir mitzuteilen. Du hast dich ganz allein für dei­ne Welt entschieden. Ich komme da nicht vor. Da befindest du dich jetzt und da bleib mal schön.“ erklärte Madeleine. Ich versuchte etwas zu erläutern, aber Madeleine unterbrach mich. „Ich will davon nichts hören. Es interessiert mich nicht. Im Übrigen muss ich auch jetzt gehen. Ich wüsste nicht, was du mir noch zu sagen haben könntest.“ machte sie deutlich. Bedeppert, sprachlos saß ich in der Gaststätte. Dass es mit unserer Beziehung nicht einfach wieder so sein würde wie früher, das war mir schon klar, aber dass Madeleine überhaupt nicht mehr mit mir sprechen wollte, konnte ich nicht fassen. Ein Idiot musste ich sein, der nichts verstand. Meine Mutter und meine Schwester bestätigten das voll. Tagelang hatte ich gegrübelt, worin mein Fehler oder mein falsches Denken und Verhalten bestanden haben könnte. „Aber ich liebe sie doch!“ hat­te ich heulend deklamiert. „Was nutzen deine lauten Worte, wenn du völlig entgegengesetzt handelst?“ meinte Mutter. Ich hätte Madeleine und unsere Be­ziehung behandelt, als ob sie meine Verfügungsmasse wären, und ich darüber entscheiden könne, wie ich damit umginge. Mit so einem wolle sie auch keines­falls etwas zu tun haben. Nach einer Woche rief ich Madeleine an. Ich wollte nochmal mit ihr sprechen. „Nein, Christian, ich will das nicht. Ich weiß, dass es nichts bringen kann, und mir tut es nur weh, dich zu sehen und daran erinnert zu werden.“ erklärte sie. Damit war mein Leben mit Madeleine endgültig zu Ende. Vergessen könnte ich es nicht, mit meiner Trauer würde ich leben müs­sen.

 

Neues Leben

Vielleicht brachte die räumliche Trennung während des USA Aufenthaltes ja doch Vorteile mit sich, oder vielleicht war es auch die total andere Alltagsum­gebung. Sollte ich lieber meinen Studienplatz wechseln? Ein Leben für mich al­lein würde ich entwickeln müssen. Was sollte daran nicht alltäglich sein? Ich hatte ja immer allein gelebt. Mein Zusammenleben mit Madeleine das würde eben eine außergewöhnliche Episode bleiben. Nur zurückfinden zu meinem al­ten Leben, wie es immer war, müsste ich. Das war Unsinn, ein zurück nach früher konnte es niemals geben. Einfach wäre es zu Beginn sicher nicht. Ich rechnete mit melancholischen Traueranfällen , die im Laufe der Zeit schwächer und seltener auftreten würden, bis sie schließlich ganz verschwänden und nur noch die Erinnerung blieb. Mit Vorstellungen über Zukunftsentwicklungen sollte mich lieber absolut zurückhalten. Trauerausbrüche gab es gar nicht. Ich lebte, als ob Madeleine und ich zusammen wären, nur war sie eben physisch nicht anwesend. Psychotisch war ich eher nicht. Ich hatte keine Halluzinationen, sah sie nicht plötzlich auf der Couch sitzen, aber absolut verrückt war ich trotzdem. Als ob ich ohne Madeleine gar nicht leben könnte, auch wenn sie nur imaginiert war. Handelte es sich um eine temporäre Macke, die irgendwann wieder verschwinden würde, oder sollte ich doch mal lieber zum Arzt gehen? Der Pieced Patchwork Quilt, die Tagesdecke meines Lebens, war aus vielen einzelnen Stücken zusammengesetzt. Wenn ein neues Stück hinzugefügt wurde, galt ihm meine Aufmerksamkeit und Beachtung. Zurückwollen, zu einem abgeschlossenen Teil, das kannte ich nicht. Automatisch hatte ich immer nach vorne geblickt. Nur jetzt wusste ich gar nicht, wo vorne eigentlich sein sollte. Die Beschreibung für das neue Patchworkstück war keine. Nur ohne Madeleine, mehr wusste ich dazu nicht. Eine Episode, die ich abschließen und zu meinen bisherigen Lebenserfahrungen hinzufügen konnte, so etwas war mein Leben mit Madeleine nicht. Formuliert haben wir es nicht, aber gelebt haben wir so. Wir befanden uns auf einer anderen Warte, konnten die Dinge aus einer Metaebene betrachten. War es eine Wolke, die unsere Beziehung trug, oder die tiefe Erkenntnis als Mensch die unser Zusammensein prägte? Es gab nicht mein Leben heute, gestern, vorgestern und morgen, nur ein Leben gab es, in dem ich wirklich gelebt hatte. Glücklich waren wir miteinander, aber vor allem haben wird direkt uns selbst gelebt. Die da zusammen lebten, waren nicht zwei Menschen, die sich gut leiden mochten, sondern Madeleine und Christian, die sich in jeder Tat in jedem Wort selbst realisierten. So etwas hatte ich nie erlebt, wahrscheinlich als kleines Kind in der Zeit, an die es keine Erinnerungen gibt, aber draußen, überall gab es so etwas nicht. Alle spielen immer ihre Rollen, tragen ihre Masken vor sich her. Die biedere Apothekerin lebt nicht sich selbst, sie verhält sich, wie die Allgemeinheit es von einer biederen Apothekerin erwartet. Alle agieren und verhalten sich so, wie man es von ihnen in ihrer Rolle erwartet. Ich genauso gut. Nur bei Madeleine und mr war das anders. Da gab es keine Rollenerwartungen und Klischees an denen wir uns zu orientieren hätten. Da lebten wir wirklich uns selbst. Es konnte keine schöne Zeit sein, an die ich mich als gewesen erinnern würde, das war mein Leben, zu dem es keine Alternative geben konnte.

 

Der Kretin

Ziemlich lethargisch mühte ich mich durch meine Tage. In Schwermut verfal­len, das passte nicht zu mir. Mit Rico und Gerd wollte ich ins Kino. Ich blickte zur Schlange vor der Kasse nebenan „Madeleine!“, ein Schock. Zwei Schritte waren es nur zu ihr. Wir staunten uns an, und Madeleine lächelte sogar. Keine Gewalt hatte ich mehr über mich. Wie Bäche flossen die Tränen über meine Wangen. Ich wollte sie mit der Hand verwischen, aber Madeleine reichte mir ein Taschentuch. Es wollte gar nicht aufhören. Als ob ich von Heulkrämpfen ge­schüttelt sei. Madeleine umschlang tröstend meinen Kopf und drückte ihn auf ihre Schulter. „Komm, setz dich doch erst mal.“ sagte sie. Sprechen konnte ich noch nicht. „Hier bekommt mein ästhetisches Empfinden gleich einen Kollaps, wenn wir hier sitzen bleiben. Lass uns woanders hingehen.“ forderte Madeleine angesichts des Interieurs der sogenannten Cinema-Bar. Ob Madeleine auch noch in Begleitung war, weiß ich nicht, von Rico und Gerd habe ich jedenfalls nichts mehr gehört. Wir gingen in die Lounge eines Hotels nebenan und holten uns an der Bar einen Kaffee. Schmunzelnd erkundigte sich Madeleine nach meinem Befinden. „Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist. Weinen kann ich schon, aber so? Wahrscheinlich kann ich über den größten Fehler meines Lebens gar nicht laut und lange genug heulen.“ erklärte ich. „Tscha, nur ändern wirst du dadurch rückwirkend auch nichts.“ meinte Madeleine. „Ich verstehe mich ja heute selbst nicht mehr. Wie eine Panik hatte mich die Angst um meine Zukunft ergriffen, für die ich alles festgelegt und mich gebunden sah.“ erläuterte ich. „Und so wird aus meinem Christian ein Grobian, der sich wie die Axt im Wald benimmt?“ reagierte Madeleine. „Ich sehe das doch alles, Madeleine. Du entdeckst neue Wachstumsformen für Pflanzen, du bist Architekt und baust eine Vielzahl wunderschöner Häuser, du bist Komponist, und deine Sinfonien finden großen Anklang, Schrott ist das alles keineswegs. Es vermittelt dir Anerkennung und steigert dein Selbstwertempfinden, aber dein Leben ist es nicht. Das spielt sich in deiner Beziehung zu anderen Menschen ab, und nicht in den von der Allgemeinheit bewunderten Werken.“ erläuterte ich. „Ja schön.“ kommentierte Madeleine, „Trotzdem ändert es nichts. Du hast mein Wunder Mensch, das ich in dir gesehen habe, zerstört, hast es zu einem Kretin verkommen lassen. Zu einem Mann, der nicht mehr wert ist, als die vielen anderen nichtsnutzigen Männer auch, hast du dich entwickelt. Irgendeine Art von Begehren kann ich für dich nicht mehr empfinden, Christian.“ „Du hast ja völlig Recht Madeleine. Ich habe mich dir gegenüber wie ein Grobian verhalten, habe dich nicht gesehen, dich missachtet, dir entsetzlich weh getan. Da etwas entschuldigen zu wollen wäre lächerlich und reparieren lässt sich daran auch nichts. Es ist geschehen und nicht wieder zurückzuholen. Aber wenn du sagst, du siehst nur den Kretin, wenn du an Christian denkst, dann glaube ich das nicht. Die außergewöhnliche Zeit davor ist auch geschehen. Enttäuschung und Verärgerung, mögen sie noch so groß sein, können diese Zeit nicht aus deinem Gedächtnis löschen. Sie bleibt auch immer in dir.“ erklärte ich. „Mag ja sein, Christian, aber die Zeit hat keinen Wert mehr, weil du sie zerstört hast. Du hast alles geschreddert.“ Madeleine dazu. „Als wir ausgelassen getobt und dann miteinander geschlafen haben, das vermittelt dir heute kein freudiges Gefühl der Erinnerung, sondern ein zerrissenes? Madeleine!“ folgerte ich. „Es gibt doch nichts, was dich dazu zwingt, keine schönen Erinnerungen haben zu dürfen. Auch wenn es vorbei ist, ich denke sehr oft daran. Unser Zusammenleben war die großartigste Zeit in meinem Leben.“ Madeleine schaute zur Rezeption und überlegte. „Du hast gesagt, dass du den wirklichen Menschen in mir erkannt hättest. Direkt so habe ich es nicht gesehen. Aber du warst offen, nahmst mich für voll. Ich meinte zu spüren, dass du mich für genauso wertvoll hieltest, wie dich selbst. Vor allem aber, dass es absolut ehrlich war. Liebe deinen Nächsten wie dich selbst! Na ja, achte und schätze ihn wie dich selbst, so kam es mir bei dir vor. Ob das nicht etwas von dem Wunder ist, das ein Mensch verkörpern kann? Außer bei dir hatte ich das noch nie so erfahren. Wundervolles hat sich daraus entwickelt. Auch für mich hatte ein neues Leben begonnen. Das war und bleibt schon so. Nur ich kann mich nicht daran erinnern, ohne immer auch das Bild zu sehen, wie du alles zerstörst.“ erklärte Madeleine. „Ein Bild von Trauer und Enttäuschung. Die Trauer dass es nicht mehr so sein kann und die Wut über mein idiotisches Verhalten kann ich doch auch nicht verdrängen, aber sie übertünchen und verwischen nicht das Bild der glücklichen Erinnerungen.“ meinte ich dazu. „Schon möglich, dass man es so sehen kann, aber du bist eben ein böser Mensch, das sitzt am tiefsten in mir und zeigt sich mir als erstes.“ erwiderte Madeleine. Stumm lachte ich. „Madeleine, das bin ich nicht und das gibt es nicht. Kein Mensch ist als guter oder böser Mensch geboren. Jede und jeder trägt die Möglichkeit zu beidem immer in sich. Was ich getan habe war dumm und böse, zweifellos, aber ich bin deshalb nicht grundsätzlich ein böser Mensch. Wäre ich doch nur katholisch, dann könnte ich es beichten und alles wäre wieder gut. Na ja, vor Gott, aber deshalb vor Madeleine wahrscheinlich noch lange nicht.“ erklärte ich und Madeleine lachte auch. „Madeleine!?“ begann ich und machte eine Pause. Was ich sagen wollte wusste ich schon, trotzdem war ich unsicher und traute mich nicht es zu formulieren, „Bitte, sag nicht direkt 'Nein'. Überlege es dir. Es ist mehr ein Vorschlag, eine Anregung, ein Wunsch von mir. Ich würde mich überaus freuen, wenn wir uns von Zeit zu Zeit mal sehen könnten.“ „Nein, was soll das denn? Wozu soll das gut sein? Wohin soll das denn führen?“ bekam ich eine strikte Antwort. Nach einer Pause erklärte ich: „Zwei normale Menschen sind wir eigentlich nicht, Madeleine. Feinde auf Lebenszeit sind wir, und die Kriegspartner gehen sich am besten immer aus dem Wege. Gibt es denn überhaupt keine Möglichkeit, dahin zu kommen, dass wir trotz alles geschehenen Übels ganz normal miteinander reden können und nicht diesen kindischen Zirkus veranstalten?“ „Es gibt Millionen Männer auf der Welt, mit denen ich mich nicht treffe. Warum sollte ich mich da ausgerechnet mit dir treffen. Wenn du mich unbedingt sehen willst, kannst du dir ja unsere Fotos anschauen.“ bekam ich zur Antwort. „Schaust du sie dir denn manchmal an?“ fragte ich. Madeleine sagte nichts dazu. Deutlicher konnte eine Antwort nicht sein. Am meisten freute mich aber, dass sie nicht einfach gelogen und platt gesagt hatte: „Nein, niemals.“ „Alles befinde sich immer in Entwicklung, geschehe in einem Prozess hast du gesagt. Von unserem Übel und mir, dem bösen Menschen, hast du aber ein starres Bild, das du zu konservieren versuchst. Ich will doch nichts zurückdrehen, ich möchte nur, dass wir dahin kommen, uns wieder als normale Menschen zu sehen, die vernünftig miteinander umgehen können. Wir können uns ja über irgendetwas unterhalten, wozu wir gerade Lust haben, und ich verspreche, dass nur der Christian erscheint, der das Gute verkörpert, das in ihm wohnt und immer dort gewohnt hat.“ verdeutlichte ich nochmal. Madeleine schmunzelte. Wir sagten nichts. Madeleine blickte mich prüfend an und kam dann zu dem Schluss: „Na gut, wir können es ja mal versuchen. Und wo? Was schlägst du vor?“ „Im Orinoco? Da finde ich es sehr gemütlich.“ meinte ich. Madeleine kannte es nicht. „Keine Angst, ist alles ganz zivilisiert, keine Schlingpflanzen und keine wilden Tiere.“ erläuterte ich. „Kolibris hätte ich allerdings schon gern. Aber die gibt’s da wahrscheinlich nicht.“ wünschte sich Madeleine lächelnd. „Wir könnten es ja mal anregen. Stören würden die doch niemanden.“ schlug ich vor.


Könnte das Liebe sein?

„Du kannst froh sein, dass ich's nicht gemacht habe. Sonst hätte ich bestimmt überhaupt keine Zeit mehr.“ erklärte Madeleine bei unserem Treffen und lach­te. „Als Model für Brillen wollte man mich anwerben. „Aber ich trage doch gar keine Brille.“ habe ich gesagt. „Das macht nichts. Sie haben ein typisches Bril­lengesicht.“ meinte der Mann. Die suchten wahrscheinlich an der Uni, weil man hinter eine Brille ja nicht so eine tumbe Visage stecken kann. Findest du auch, dass ich wie eine Brillenschlange aussehe?“ wollte Madeleine wissen. „Ach, Ma­deleine, ich dachte du wolltest als Frau nichts zu deinem Aussehen hören, weil das der erste schwerwiegende Fehler in der Sozialisation von Mädchen sei, dass man ihnen wegen ihres schönen Aussehens Anerkennung schenke.“ wand ich mich, „Und warum hast du's nicht gemacht?“ wollte ich wissen. „Ich traue diesen ganzen Model-Agenturen nicht. Wer weiß, wohin das noch geführt hät­te. Hinterher wärst du vielleicht sogar beim Porno gelandet.“ legte Madeleine ihren Grund dar. „Das hätte dir aber eher nicht so zugesagt.“ scherzte ich. „Warum nicht, ich muss mich ja schließlich nach neuen Tätigkeitsfeldern umse­hen.“ kommentierte Madeleine. „Ah ja, und warum das?“ wollte ich erfahren. „Das solltest du doch selbst am besten wissen. Dir war doch unsere Beziehung auch zu festgelegt, zu eintönig. Du suchtest doch auch mehr Abwechselung in deinem Leben.“ Madeleine darauf. „Madeleine, wie sprichst du? Ich bin ein Idi­ot gewesen. Das streite ich doch gar nicht ab, aber ich bin es doch nicht durch und durch, und grundsätzlich und immer und immer wieder. Wir wollten doch lieb und artig miteinander reden.“ beschwerte ich mich. „Lieb und artig, so kennst du mich, nicht wahr. Chrischan, Chrischan, dass böse Menschen auch so süß sein können.“ wunderte sich Madeleine und lachte. Auf Christian folgten ernste und bedeutsame Worte, mit Chrischan waren stets Worte der Liebe ver­bunden und bei Chris wurde ich gefragt, ob ich mal den Müll rausbringen kön­ne. So funktionierte Madeleines feste Sprachregelung. „Ich glaube, meine Mut­ter hat das auch nie aufgegeben, auch wenn die Realität sie jeden Tag eines besseren hätte belehren müssen.“ erklärte Madeleine. Sie sollte es näher er­läutern. „Na ja, meine Mutter hatte sich so auf ein Mädchen gefreut. Aber das Mädchen war ich nicht, zu keiner Zeit. Sie hatte eine Vorstellung von einem Mädchen, dem ich nie entsprochen habe, trotzdem hat sie von ihrem Bild nie abgelassen.“ erklärte Madeleine. „Da werdet deine Mutter und du keine Liebe füreinander empfinden. Das finde ich aber übel.“ meinte ich dazu. „Ich weiß nicht, ob ich das so sagen würde? Wir haben uns schon öfter gestritten, aber trotz allem ist da so ein Gefühl, dass du untrennbar zusammengehörst. Könnte das Liebe sein, was meinst du?“ fragte Madeleine. „Ich meine, du solltest mal die Folterinstrumente benennen, die du benötigst, um deinem Bedürfnis nach Satisfaktion gerecht zu werden.“ meinte ich dazu. „Entschuldigung, Christian, eigentlich wollte ich dich gar nicht verletzen oder ärgern. Es rutscht mir einfach so raus.“ erklärte Madeleine. „Da lässt das Unbewusste beim ausschließlich gu­ten Menschen Madeleine plötzlich die Lust am Bösen aufleuchten.“ interpretier­te ich es. Madeleine lachte auch. „Es wird sich bestimmt bessern.“ erklärte sie. „Wir treffen uns doch nochmal? Wieder nächste Woche hier?“ schlug sie vor.


Meine gute Laune

Verwirrt war ich, als ob ich zum ersten mal mit der Frau meiner Träume ge­sprochen hätte, obwohl ich solche Vorstellungen eigentlich gar nicht kannte. Jedes Wort, das Madeleine an mich richtete, beinhaltete immer auch ein Signal der Akzeptanz. Die leicht prickelnde Gesprächsatmosphäre glich einer Balance aus verordneter neuer Distanz und Gefühlen des alten Verlangens. Alle Stiche­leien und Boshaftigkeiten konnten das Glücksempfinden nicht beeinträchtigen. Und Madeleine wollte sich nochmal mit mir treffen, unfassbar. Jetzt bildete ich mir nicht nur ein, dass Madeleine grundsätzlich dazu gehören müsse, wenn es mein Leben sein sollte, ich träumte sogar von ihr. Als wir uns wieder trafen, kamen wir auf mich zu sprechen. Ich erzählte: „Mein Urgroßvater, du weißt, der hatte mal erzählt, dass früher nicht selten die Leute Hunger gehabt hätten, aber nichts zu essen. Gestorben seien deshalb sogar nicht wenige. „Da hatte einen Mann einen Fisch an der Angel, und der bat, ihn am Leben zu lassen, dann würde das ganze Dorf belohnt.“ erzählte ich. „Und wie hat der Fisch das gemacht?“ wollte mein Urgroßvater wissen. „Er hat sein Maul ganz weit aufge­macht, und da konnten alle Leute reingehen. Im Bauch gab's für das ganze Dorf alles zu essen, Brot und Wurst und Käse, bis das ganze Dorf satt war. Deshalb gingen die Menschen jeden Sonntag nach der Messe zum Wasser und streichelten den Fisch. Sie wollten lieb zu ihm sein und sich bedanken.“ wusste ich weiter. „Na klar, jetzt weiß ich auch, weshalb in der Kirche überall Fische abgebildet sind. Aber es sind immer zwei, warum zwei?“ wollte mein Urgroßva­ter lachend wissen. „Na, alle Fische sind eben liebe Tiere.“ erklärte ich. „Ja? Auch die anderen, wieso?“ fragte er. „Weil sie nicht so viel reden.“ wusste ich. Mein lachender Urgroßvater meinte: „Da hätte die Omi aber keine guten Chan­cen, oder?“ „Vielleicht sollten wir auch mal nichts sagen und schweigen wie die Fische.“ schlug ich vor. „Du hast Recht. Du meinst, wir verstehen uns auch ohne viele Worte. Genauso ist es.“ kommentierte mein Urgroßvater. „Ein wei­ßer Mann war das, nicht war?“ schätzte Madeleine. „Ja, er war ein angesehener und geachteter Mann, aber er hatte wirklich Spaß daran, sich mit mir kleinem Jungen solche kuriosen Geschichten auszudenken. Normal war das nicht. Er muss in mir, dem Kind, etwas gesehen haben, was die anderen üblichen All­tagsmenschen nicht erkennen konnten.“ deutete ich es. „Deshalb sind so ku­riose Geschichten für dich immer etwas Besonderes geblieben, weil sie mit dem Wunder Mensch deines Urgroßvaters verbunden sind, ist das so?“ vermu­tete Madeleine. „In gewisser weise schon, aber ich denke auch, dass der Rah­men unserer Alltagswelt trotz großartigster Wissenschaften eng ist, und man­ches Ungewohnte Denken außergewöhnliche Erkenntnisse vermitteln kann.“ sah ich es. „Genau das meine ich ja. „Du bist verrückt.“ sagen sie, dabei siehst du nur etwas, wofür sie selbst zu blind sind.“ Madeleine darauf. „Hast du das oft erleben müssen? Macht dir das denn nichts aus, wenn andere dich als ver­rückt bezeichnen?“ wollte ich wissen. „Irgendwie schon, aber für die meisten ist das, was die anderen sagen, Gottes Wort. Ich habe es umgekehrt. Weißt du, was ich als Kind gedacht habe: „Der liebe Gott hat mich so gemacht, der mag mich so leiden, und da meint diese blöde Zicke, sagen zu können, ich sei verrückt. Was nimmt die sich da heraus?“ Später war das natürlich mein Selbstbewusstsein und mein Recht, so zu sein wie ich bin. Ich sei verrückt, kam mir vor, als ob man einem Farbigen sagen würde, er solle sich erst mal waschen, damit er weiß wie die anderen würde.“ erläuterte Madeleine. „Mit Sicherheit hasst du viel Unverständnis und Ablehnung erleben müssen, aber du bist nicht verhärmt und griesgrämig, sondern lebensfreudig und gut gelaunt.“ stellte ich verwundert fest. „Meine gute Laune lass ich mir von niemandem nehmen. Das hat noch niemand geschafft, ...“ Madeleine machte eine Pause und blickte mich an, „außer einem, und den solltest du am besten kennen. Vielleicht kennst du ihn jetzt besser als damals. Warum müssen Männer eigentlich so alt sein, um weise werden zu können?“ wollte sie wissen, aber darüber wollten wir uns beim nächsten mal unterhalten.


Erbschaft

„Hier, hab ich dir mitgebracht, sind vom Markt, du isst die doch so gern. Ich fand die Erdbeeren total lecker, und da habe ich gedacht, musst'e für Christian doch ein Schälchen mitbringen.“ sagte Madeleine als sie mir die Erdbeeren reichte. Über die Erdbeeren konnte ich deutlich meine Freude zum Ausdruck bringen, aber viel mehr als tausend Schälchen Erdbeeren, beglückte es mich, dass Madeleine mir eine Freude bereiten wollte. Die Begeisterung darüber durfte ich jedoch nicht so deutlich zeigen. „Offensichtlich bin ich gustatorisch ein ganz normaler Mensch. Erdbeergeschmack lieben sie alle. Es ist, so weit ich weiß, das am häufigsten verwendete Aroma, alles muss nach Erdbeeren schmecken.“ bemerkte ich „Vielleicht werden Geschmacksvorlieben auch ver­erbt. Isst deine Mutter auch so gerne Erdbeeren?“ vermutete Madeleine. „Nein, ich glaube, das entwickelt sich anders, wie so vieles oder sogar das meiste an dir, was mit den Genen von Vater und Mutter nichts zu tun hat.“ erklärte ich. „Du meinst, das meiste, was wir sind, haben wir gelernt, nicht wahr?“ fragte Madeleine. „Ja, in gewisser weise schon. Aber unter Lernen verstehst du: Du lernst heute eine Matheaufgabe lösen, morgen eine andere und übermorgen eine weitere. So häufst du im Laufe der Zeit eine Unmenge an Wissen an. Du und deine Persönlichkeit ist jedoch etwas anderes, ist mehr.“ erklärte ich. „Du meinst deine Einstellungen, deine Ansichten, dein Verhalten, aber das lernst du doch auch.“ entgegnete Madeleine. „Gut, vielleicht kannst du es auch lernen nennen, aber was habe ich denn von meinem Urgroßvater gelernt? Platt­deutsch verstehen, das habe ich gelernt, aber sonst?“ erwiderte ich. „Du hast deinen Urgroßvater sehr geliebt, nicht wahr? Bist du sehr traurig gewesen, als er gestorben ist?“ fragte Madeleine. „Schon, aber einerseits war er ganz alt und konnte nicht mehr. Da darf er jetzt ruhig schlafen. Nur der, der immer mit mir gesprochen hat, seine Persönlichkeit, seine Seele, die ist nicht tot oder ir­gendwo über den Wolken, die hat er mir vererbt, die lebt in mir weiter. Bei meiner Mutter ist das nicht anders, natürlich habe ich ihre Gene geerbt, aber ich habe viel mehr von ihr, ihre Kreativität, ihr Lebensgefühl, ihr Kommunikati­onsverhalten und anderes mehr aus ihrem Charakter und ihrem Wesen. Viel­leicht kann man das auch als Lernen bezeichnen, nur gelernt im herkömmli­chen Sinne habe ich das ja nicht. Ich würde eher sagen, ich habe es übernom­men und es lebt in mir weiter.“ erläuterte ich. „Du sagst also, dass du von dei­nem Urgroßvater und deiner Mutter mehr geerbt hast als nur ihre Gene, auch ihr Wesen, ihre Lebenseinstellung, ihren Charakter, und das sei etwas anderes als das übliche Lernen.“ suchte Madeleine Bestätigung. „Genau, ich glaube, dass es bei allen Menschen so ist, und nicht nur Urgroßvater oder Mutter die Personen sind, von denen sie etwas für sich selbst übernommen haben, sondern auch andere. Es ist nur entscheidend wie tief und intensiv die persönliche Beziehung war.“ erklärte ich. Madeleine starrte mich an. Sie lächelte und legte ihre Hand auf meinen Handrücken. „Du meinst, die Menschen sterben nicht oder verschwinden nicht einfach, sie leben weiter in ihren Liebsten.“ sagte Madeleine schmunzelnd und nach einer kurzen Pause, „Für den, der so etwas nicht hat, war es ein nutzloses Leben, weil es für ihn kein Leben danach gibt.“ Ich lächelte Madeleine nur Zustimmung vermittelnd an. Ob sie den Kretin in mir wieder zum normalen Menschen zurückentwickeln wollte, oder es sogar schon getan hatte, weiß ich nicht, jedenfalls war es nicht zu verkennen, dass sie freundlich zu mir sein wollte, und ich mit Sicherheit nicht mehr der war, dessen Anblick ihr Schmerzen bereitete.


Willst du später auch mal weise werden?

Wir trafen uns jetzt schon längere Zeit jede Woche. Keinesfalls war es wie frü­her, und deshalb vielleicht doch nicht normal, aber wir gingen immer selbst­verständlicher und freundlicher miteinander um. Vorwürfe und Sticheleien gab es nicht mehr. Wir hatten immer häufiger Lust, gemeinsam zu lachen. „Es passt nicht in unseren Alltag, weise zu sein. So etwas wird nicht gebraucht.“ erklärte ich. „Sondern, was ist es, das wir gebrauchen?“ wollte Madeleine wis­sen. „Geschäftstüchtige Leute brauchen wir, die rational und profitabel kalku­lieren können.“ wusste ich. „Aber wir sind doch kein Volk von Kaufleuten.“ ent­gegnete Madeleine. „Irgendwie vielleicht doch, zumindest benehmen wir uns nicht viel anders, fragen bei allem was es uns bringt, was wir davon haben, welchen Vorteil wir daraus ziehen können.“ erwiderte ich. „Du meinst, das Le­ben vollziehe sich im Wesentlichen wie ein großes Geschäft?“ schlussfolgerte Madeleine. Wenn du es so nennen willst. Was wir allgemein hin so denken, der Common Sense, oder auch der Mainstream, das sind ja keine Erscheinungsfor­men, die sich völlig unabhängig, zufällig so ergeben haben. Es gibt nichts, hin­ter dem nicht irgendwelche Interessen stecken. Und wer vertritt am mächtigs­ten und wirksamsten seine Interessen?“ „Die Wirtschaft, das Kapital.“ tönte Madeleine leiernd und lachte. „Du meinst, wenn ich mir lieber eine blaue statt einer gelben Hose kaufe, dann hat in Wirklichkeit das Kapital es entschieden?“ scherzte Madeleine. „In gewissen Dingen kann das Kapital schon mal großzügig sein und dir persönliche Entscheidungsspielräume gewähren. Wenn du aber sagtest: „Alle Hosennähereien müssen sofort geschlossen werden, weil dort unerträgliche Arbeitsbedingungen herrschen.“, da würde das Kapital deine Ent­scheidungskompetenzen eher einengen. Es hat sie schon vorher eingeengt, weil deine Gebundenheit an das Denken der Allgemeinheit, solche Ideen in dir erst gar nicht aufkommen ließe.“ vertrat ich meine Ansicht. „Du meinst, der Sklavenhalter ist nicht irgend ein wüster, mächtiger Potentat, sondern die All­gemeinheit, die dich mental und psychisch in Ketten hält und dich verpflichtet, sich ihren Denk- und Vorstellungswelten einer vom Kapitalismus dominierten technologisierte Alltagsroutine anzuschließen?“ schlussfolgerte Madeleine. „Ja, und weise Menschen, wozu sollten die da gebraucht werden? Menschlichkeit kommt in diesem System nicht vor, und wenn dann höchstens in nachgeahmten Klischees. Weisheit bedeutet, menschlich tiefer und umfänglicher sehen zu können, was soll man damit anfangen. Die alten Menschen werden höchstens als lästig empfunden, weil sie die Krankenkassen stärker belasten.“ erklärte ich. Madeleine schmunzelte. „Willst du denn trotzdem später mal weise werden, wenn du älter bist?“ erkundigte sie sich, ohne mit einer Antwort zu rechnen.


Tanzen bei Lydia

Auch wenn wir förmlich unsere Distanziertheit pflegen mussten, gab es doch etwas, das uns zueinander zog. Was es für Madeleine genau bedeutete, hat sie, genauso wie ich auch, nicht formuliert, aber dass unser Zusammensein auch für Madeleine mit Gefühlen eines Wohlempfindens verbunden war, davon bin ich überzeugt. Im Grunde war es ja auch eine perverse Situation. Niemals in unserem Leben waren sowohl Madeleine als auch ich mit einem anderen Menschen enger verbunden gewesen, und jetzt saßen wir immer wie zwei freundliche Menschen zusammen, die sich gaben, als ob sie sich neu kennen­gelernt hätten, wobei ihnen jedoch gleichzeitig anzumerken war, dass sie über das andere auch Bescheid wussten. „Madeleine, ich habe ein Problem. Wenn du nicht möchtest, kann ich das gut verstehen und akzeptiere es selbstver­ständlich. Nur du würdest mir eine ungeheuer große Freude bereiten. Lydia hat Geburtstag und macht in dem großen Haus ihrer Eltern eine Fète. Wenn wir gemeinsam hingehen könnten, wäre das fantastisch.“ erklärte ich. Madeleine blickte skeptisch, zweifelnd, aber sie hatte nicht direkt 'Nein' gesagt. Sie er­kundigte sich nach allen möglichen Bedingungen und Umständen, die relativ unerheblich war. Ihre Intention war es wohl, so die Bedenkzeit zu verlängern. „Ich komme aber alleine.“ lautete die Zusage von Madeleine. Die erste Frage, als ich Lydia mitteilte, das Madeleine auch käme, lautete: „Seid ihr wieder zu­sammen?“ Das war auch bei der Fète immer die erste Standardfrage. „Nein, wir haben uns nur wieder vertragen und können ganz normal miteinander re­den.“ meine Standardantwort. In Bezug auf Schönheit verfügt deine Liebste wohl immer über den Glorienschein einer Madonna. Ich hielt es deshalb auch für nichts Besonderes, dass Madeleine für mich die schönste Frau der Welt war. Etwas dazu gesagt hatte ich trotz allem öfter. Für die Komplimente bedankt hat sie sich zwar nie, aber sie hat sie auch ebenso wenig zurückgewiesen. Heu­te entsprach sie jedoch wohl für alle Gäste einer Madonnen gleichen Schönheit. Ausschließlich Jeans trug sie sonst. Für's Konzert und die Oper hatte sie auch ein schwarzes Kleid, aber das Kleid heute Abend hatte ich noch nie gesehen. Es musste neu sein. Elfenbein- oder eierschalenfarben war es. So genau weiß ich das nicht, jedenfalls war es nicht ganz weiß, ärmellos und mit einem blumig fallendem glockigen Rock. Jetzt glich sie wirklich einem Schmetterling, oder nein, einer Prinzessin, die sich tanzend auf der Spieluhr drehte. Ein bisschen Smalltalk mit allen, man hatte sich ja so lange nicht gesehen. „Tanzen?“ fragte Madeleine plötzlich mit einem lachenden Gesicht. Natürlich, was sonst. Wie ein plumper Arbeiter kam ich mir neben der anmutigen Prinzessin in ihrem schwin­genden Glockenrock vor. Wir nickten uns nur zu, weiter, selbstverständlich. Nochmal und nochmal. Mir lief der Scheiß über die Stirn und Madeleines Ge­sicht glänzte auch vor Schweiß. Eine Pause brauchten wir. Luft holen, ein we­nig trinken und den Schweiß abwischen. „Sollen wir?“ fragte Madeleine, und meinte wieder tanzen. Ich holte tief Luft, aber wenn Madeleine gern wollte, was könnte mir da besser gefallen? Als Kinder hatten wir uns manchmal zum Spaß gedreht, bis wir das Gleichgewicht verloren und umfielen. Die Primaballe­rina fällt dabei nicht um. Sie hat es trainiert. Hatte ich es denn auch trainiert? Ein wenig benommen kam ich mir allerdings schon vor. Bei der nächsten Pause schlug ich vor, doch ein wenig im Park spazieren zu gehen. „Das geht nicht, da erkälten wir uns. Wir sind so durchschwitzt, da können wir nicht einfach an die kühle Luft gehen.“ warnte Madeleine. Was tun? Weitertanzen. Weshalb? Was wollten wir denn? Aber das hatte bei uns ja nie jemand gewusst. Immer weiter, wie die Marathonläufer bis zur völligen körperlichen Erschöpfung oder zum Tanzorgasmus, das wusste Madeleine auch nicht. Völlig klar im Kopf war ich allerdings nicht mehr. Ich befand mich schon in einer Art Trance. Aus der Nüchternheit des Alltags über eine Ekstase im Sinne der Glückseligkeit der Ei­nigung, soll der Tanz zur Einsicht in eine höherer Ordnung führen, sagen die Derwische. Befanden wir uns schon auf diesem Weg? Mit üblichen rationalen Begründungen, war das nicht mehr zu erklären. Als ob wir unbedingt ein Ziel, erreichen müssten, das Madeleine und ich nicht benennen konnten, was wir aber offensichtlich beide kannten. Schon lange tanzte niemand mehr und fast alle Gäste waren bereits gegangen. Völlig erschöpft standen wir voreinander auf der Tanzfläche. Unsere verschwitzten Gesichter konnten noch ein Lächeln produzieren, bevor wir uns um den Hals fielen. „Madeleine“ konnte ich nur fast jammernd stöhnen. „Wo bin ich?“ Sie zog meinen Kopf zu sich, so dass sich unsere Lippen küssend aufeinander pressten. „Hast du jetzt die Orientierung wiedergefunden?“ erkundigte sich Madeleine lächelnd. „Ich bin doch gar nicht hier. Physisch vielleicht, aber sonst ist alles von mir anderswo.“ erklärte ich. „Aha, und wo befindet sich das andere von dir?“ fragte Madeleine. „Ich weiß es doch nicht. Auf einem anderen Stern? In einem anderen Land? Im Nirwana vielleicht? Auf jeden Fall nicht in dieser realen, materiellen Welt. Madeleine, ich kann das alles nicht fassen. Es überwältigt mich. So habe ich dich noch nie ge­sehen.“ erklärte ich. „Du meinst mit dem Kleid, nicht wahr?“ vermutete sie. „Nein, nein, alles Madeleine. Dieser Abend muss eine Erscheinung gewesen sein, auch wenn ich völlig tot bin.“ erwiderte ich. „Na, siehst du, das kommt dabei heraus, wenn du nie mit mir in die Disco gehst.“ scherzte Madeleine. „Madeleine, sollten wir das in Zukunft nicht öfter tun? Wer außer uns, könnte so etwas Irres bringen, wie heute Abend? Wir gehören doch einfach zusam­men, Madeleine. Die Welt will uns zusammen sehen.“ brachte ich beschwörend hervor. „M, m,“ schüttelte Madelene den Kopf, „nicht die Welt. Mein Leben will nicht ohne deins sein, und deins doch sicher auch nicht ohne meins. Das haben wir uns doch schon gegenseitig vererbt, oder?“ „Genau, mein wirkliches Leben ist nur das Leben mit dir. Vielleicht hat uns das Tanzen ja schon wie bei den Sufis die Glückseligkeit der Einigung spüren lassen. Hast du etwas davon ge­merkt?“ fragte ich scherzend. „Nein, ich wollte nur alles Böse, was ja nicht nur in dir, sondern zwischen uns ist, vernichten und ausschwitzen, Wollte mich austoben und absolut reinigen, wollte wieder völlig frei und unbeschwert wer­den.“ erklärte Madeleine. „Madeleine, die schönste Frau der Party, wie siehst du aus? Völlig derangierst, das Haar verwüstet und verklebt, das Gesicht total geschafft und das wunderschöne neue Kleid völlig verschwitzt. Drück mich nochmal, damit ich dich riechen kann.“ wünschte ich. Ein mahnendes „Chrischan!“ bekam ich zu hören, „Du stinkst aber auch nicht schlecht.“ „Ja, den Geruch vergisst du nie.“ antwortete ich. „Du warst ja auch immer sehr eif­rig und hast total geschwitzt.“ bemerkte Madeleine. „Madeleine, hör auf davon zu erzählen, sonst kommen mir gleich die Tränen.“ stoppte ich sie. „Stimmt, so kann man nicht davon reden. Es waren ja immer lange Inszenierungen, die meistens mit einem sozialen Orgasmus begannen.“ bestätigte Madeleine, „Trotz allem, Chrischan, meine Beine wollen mich nicht mehr tragen. Ich brau­che unbedingt die Horizontale.“ Madeleine legte sich auf eine Couch. Gäste wa­ren kaum noch da. Lydia kam. „Geht's ihr nicht gut?“ fragte sie. „Nein, sie ist nur völlig geschafft. Sie brauchte ein Bett.“ erklärte ich. „Das kann ich aller­dings gut verstehen. Bei meinen Eltern, die sind schon lange im Bett, da wird noch Platz genug sein. Sie könnte ja dazwischen krabbeln.“ scherzte Lydia. Sie erklärte, dass bei ihnen alle Schlafmöglichkeiten ausgenutzt seien. „Wir müss­ten noch so alte Campingmatratzen haben, aber wo?“ sagte Lydia. Madeleine war inzwischen aufgestanden und suchte ihre Tasche. Sie telefonierte. Ein Taxi. Der Beruf, für den ich mit Sicherheit am ungeeignetsten bin, ist Zu­kunftsforscher. All meine Prognosen und Voraussagen wären garantiert grund­falsch. Mit dem Auto war ich gekommen. Es würde nicht lange dauern, und ich wollte Madeleine ja auch nicht zu übermäßig langandauerndem Partysmalltalk drängen. Ich hatte zwar kaum Alkohol getrunken, immer nur kühles, erfri­schendes Wasser, und was ich getrunken hatte, war mit Sicherheit längst aus­geschwitzt, aber ich war völlig fertig. In diesem Zustand mit dem Auto fahren? Nein, da traute ich mich nicht. „Chrischan, komm mit.“ sagte Madeleine und zog an meiner Hand, als das Taxi kam. Ein flüchtiges Abschiedsküsschen für Lydia und ratlos hochgezogene Augenbrauen bei lächelnder Mimik. „Frag mich nichts.“ sagte Madeleine direkt, als wir im Wagen Platz genommen hatten, „Ich weiß nichts, weiß selbst überhaupt nichts. Da ist nur etwas in mir, das sagt: „Ich will, ich muss.“. Alles andere kann nicht sein.“ Wir sprachen auch weiter­hin fast nichts. „Psst,“ machte Madeleine und legte den Mittelfinger vor die Lip­pen, wenn ich etwas sagen wollte, „Später, jetzt nur träumen und genießen, dich vom After-dancing-bliss berauschen lassen.“ Geschafft und erledigt? Mag sein, aber die Libido scheint wenig Rücksicht darauf zu nehmen. Auch wenn wir uns so gut kannten, wie früher war nichts. Es hatte nicht nur eine lange Pause zwischen uns gegeben, wir hatten uns verändert. Zum ersten mal kamen die Prinzesin Madeleine und ihr Prinz Chrischan liebend zusammen, um gemeinsam in neuen unendlichen Tiefen zu versinken. Wieder zusammen? Nein, nein, so einfach ging das nicht. An frühere Zeiten anknüpfen und das Gewesene weiter­führen, das wollten und das konnten wir nicht. Das Geschehen auf Lydias Fète und danach im Bett, entsprach uns zwar, aber es war der Start für eine neue Gemeinsamkeit, die mit allen Erfahrungen lebte, nichts ungeschehen zu ma­chen und zu verdrängen versuchte. Erfahrener und umsichtiger waren wir auf jeden Fall ge­worden, vielleicht auch ein wenig weiser. Wir waren ja völlig aus­gepowert und mussten auch schlafen, aber das Bett, unsere Startposition für das neue ge­meinsame Leben, würden wir voraussichtlich auf absehbare Zeit nicht wieder verlassen.


Die groben Kerle

Ob die Männer im Sauerland besonders grob und brachial sind, will heute nie­mand mehr wissen. Zumindest ist über häufiges Zerlegen der Inneneinrichtung von Dorfgaststätten nichts bekannt. Wenn das schöne Inventar demoliert wird, ist das zwar schade, aber es tut nicht weh. Wo Grobheit weh tun und verletzen kann, zeigen sich aber viele Männer überall und nicht bloß im Sauerland geübt. Es ist das Böse im Menschen, wie Madeleine sagen würde, das Fehlen von Menschlichkeit. Alles was nicht das Zusammenleben der Menschen untereinan­der fördert, sondern ihm zuwider läuft, es stört. Fehlende Achtung, Anerken­nung und mangelnder Respekt bilden die Basis, auf der sich jede Art von Grob­heit und Rücksichtslosigkeit entwickeln kann. Verwunderlich ist das nicht. Der Mensch, seine wirklichen Bedürfnisse und Gefühle bilden nicht das Zentrum, um das herum unser Zusammenleben organisiert ist. Wo es diesen Anschein erwecken soll, handelt es sich um einen Fake, um sentimentalen Schein, um Irreführung und Täuschung. Im Krieg leben wir nicht. Wir haben schon zu zivi­lisierten Formen gefunden, deshalb sind auch die brutalen Kräfte des Sauerlän­ders heute völlig unbedeu­tend, aber um Sieger und Verlierer geht es schon. An Vorteil, Nutzen, Gewinn und Effektivität ist alles orientiert, und Verlierer will natürlich niemand sein. Sollten Männer diese Denk- und Lebensweise bei ihren persönlichen Beziehun­gen völlig vergessen? Nur wenige können das, auch wenn beides gar nicht zu­einander passt. Dass es da zu zerstörtem Vertrauen, enttäuschten Hoffnungen und Missachtung der Persönlichkeit der Frau kommt, wenn es um den Mann selbst, um seinen eigenen Vorteil, um seine eigene Per­spektive geht, brauchte niemanden zu verwundern. Vielleicht ist es tatsächlich so, dass wirkliche Liebe nicht innerhalb des Gebäudes der von Christian so be­zeichneten Alltagswelt wohnt, sondern außerhalb der Grenzen der von uns or­ganisierten Welt ihr Domizil hat.

 

 

FIN

 

 

 

«Labeauté est belle; la passion, l'amour absolu sont plus beauxet plus adorables.»

 

 

«Labeauté est belle; la passion, l'amour absolu sont plus beauxet plus adorables.»Joseph Arthur de Gobineau

 

„Und warum hast du's nicht gemacht?“ wollte ich wissen. „Ich traue diesen ganzen Model-Agenturen nicht. Wer weiß, wohin das noch geführt hätte. Hinterher wärst du vielleicht sogar beim Porno gelandet.“ legte Madeleine ihren Grund dar. „Das hätte dir aber eher nicht so zugesagt.“ scherzte ich. „Warum nicht, ich muss mich ja schließlich nach neuen Tätigkeitsfeldern umsehen.“ kommentierte Madeleine. „Ah ja, und warum das?“ wollte ich erfahren. „Das solltest du doch selbst am besten wissen. Dir war doch unsere Beziehung auch zu festgelegt, zu eintönig. Du suchtest doch auch mehr Abwechselung in deinem Leben.“ Madeleine darauf. „Madeleine, wie sprichst du? Ich bin ein Idiot gewesen. Das streite ich doch gar nicht ab, aber ich bin es doch nicht durch und durch, und grundsätzlich und immer und immer wieder. Wir wollten doch lieb und artig miteinander reden.“ beschwerte ich mich. „Lieb und artig, so kennst du mich, nicht wahr? Chrischan, Chrischan, dass böse Menschen auch so süß sein können.“ wunderte sich Madeleine und lachte.

 

 

 

Madeleine – Seite 21 von 21

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 03.10.2014

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