Cover

Introduction und Inhalt

 

Carmen Sevilla

 

Junirot
Antoinettes revolutionäre Nacht

 

Erzählung

 

He had a word, too. Love, he called it. But I had been used to words for a long time. I knew that word was like the others: just a shape to fill a lack; that when the right time came, you wouldn't need a word for that anymore than for pride or fear.

William Faulkner

Jetzt fragte er: „Haste Lust auf 'nen Kaffee?“ Warum E 3453 plötzlich keine Rele­vanz mehr zu kam, habe ich nicht gefragt, und warum er mich angebaggert hatte, habe ich auch nie erfahren. Warum auch? Zu Beginn hätte es mich schon interessiert, aber sollte er doch, aus welchem Grund auch immer. Solan­ge er lieb und brav war, wollte ich's gar nicht wissen. Was wollte ich denn von Paul? Warum setzte ich mich denn mit diesem fremden Typen aus dem Hof ins Bistro? Äußerst ungewöhnlich war das für mich. Der erste Blick dominiert dein weiteres Handeln, nur bewusst verstehen kannst du ihn meistens gar nicht. Sagst etwas dumm daher: „Na ja, der ist irgendwie ganz nett.“, während dein Unbewusstes sofort entschieden hat: „Das ist dein ultimativer Geschlechtspartner.“. Sollte ich das bei Paul etwa auch so gesehen haben? Ich würde aufpassen müssen, dass ich ihn nicht mit Geschlechtspartner statt Kommilitone anredete. Allerdings suchte ich gar keinen. Meine Libido machte jedenfalls kein Geschrei, dass ich so etwas jetzt dringend für's Bett gebrauche. „Nicht nur die Uni Leute, wir sind insgesamt in der Sprache manchmal ein wenig stupide, findest du nicht auch?“ wollte ich Pauls Meinung hören. „Ja, selbst da,wo wir es gar nicht zu sein brauchten. Wir beide sind füreinander immer nur schlicht „du“, dabei haben wir doch bestimmt jeder einen eigenen Namen.“ sagte Paul und schmunzelte. „Genau, nicht nur stupide, faul sind wir auch noch. Antoinette, heiße ich, schön, nicht wahr?“ ich grinste und Paul ebenso, als er meine Ansicht durch ein „Mhm“ bestätigte. „La reine, c’est moi! Da weißt du, womit du's bei mir zu tun hast.“ erklärte ich weiter, „Du kannst aber auch jede Abkürzung verwenden, nennst mich Annie oder Nette, das ist mir alles Wurscht, nur Antonia höre ich nicht gern. Und du? Nach welchem Fürsten hat man dich benannt?“ fragte ich. „Kirchenfürst? Bist du fromm?“ interessierte mich. „Ich glaube schon, lammfromm, tue keiner Frau etwas zu Leide.“ Paul dazu. „Lämmer sind nicht nur fromm, sie sind auch belämmert und wollen bei manchen Frauen im Traum nicht schweigen.“ wand ich ein, „Oder entspricht lammfromm bei dir eher dem Lamm Gottes als Symbol für das Neuentstehen und die Vernichtung aller Sünden dieser Welt?“ „Das trifft zu, du kannst mich auch Paul Agnus nennen, wenn dir danach ist.“ kommentierte Paul lachend. „Ich werde dich nur Agnus, du Schaf, nennen.“ reagierte ich. Was sich mit Antoinette und Paul dem Schaf weiter entwickelte und wer Junirot ist, weiß die Geschichte.

 

Junirot - Inhalt

Junirot 3

Erbsenzimmer und Robiniensaal 3

La reine, c’est moi! 3

Schwaches Ego? 5

Armer Paul 6

Annie Urban 7

Rot ist das Leben 8

Junirot und Lapislazuli 9

Alles reformieren 11

Der Weg nach Schmalkalden 12

Permanente Revolution 13

 

 

Junirot - Erbsenzimmer und Robiniensaal

Paul war ein Gangster. Ob ich wisse, wo sich der Raum E 3453 befinde, fragt er mich auf dem Hof. „Natürlich, hier in dem Institut vor deiner Nase. Bist du zum ersten mal hier?“ wollte ich wissen. Wer Botanik studierte, wusste selbstver­ständlich, wie er seine Räume zu finden hatte. Paul wollte mich nur anquat­schen und stellte sich ziemlich linkisch dabei an. Ich musterte ihn skeptisch. Wie er's wohl weiter machte? „Vielen Dank“ und weggehen, hätte ja nichts ge­bracht. Ich kannte ihn mit Sicherheit nicht. Was er wohl von mir wollte? Ob er mich in anderen Zusammenhängen erlebt hatte? Ob er mich so wunderschön fand, so erotisch attraktiv? „Du, ich habe dich da oder dort mal erlebt und wür­de dich gern näher kennenlernen.“ das sagte man nicht, und Paul sagte es auch nicht. „Ich mag das nicht und will es einfach nicht kapieren, diese öden Raumnummerierungen. In einem Altersheim, in dem ich mal gearbeitet habe, da hatte jeder Raum einen richtigen Namen, zum Beispiel Blumensaal oder Raum der Freude.“ entschuldigte sich Paul. „Na klar, das wär doch was. Und gerade bei den Botanikern, da dürften Namensfindungen doch kein Problem sein. Hyazinthenraum oder Saal der Eberesche zum Beispiel.“ bekräftigte ich Pauls Ansicht. „Aber da gäbe es doch ein ziemliches Durcheinander. Wie woll­test du denn dann einen Raum finden?“ wandte Paul ein. „Wie bitte? Linné hat doch schon begonnen, die Pflanzen in ein System einzuordnen. Dann gäbe es eben eine Leguminosenetage, und da wären sie dann alle versammelt vom Erbsenzimmer bis zum Robiniensaal.“ lautete mein Kommentar. Ernst meinten wir es eigentlich schon, trotzdem lachten wir dabei. „Öde und langweilig müs­sen die Menschen sein, die sich diese Nummerierungen ausdenken. Ob sie ihre Kinder auch Tochter 1 und Sohn 3 nennen? Wäre doch nur konsequent, oder.“ suchte Paul Bestätigung. „Ja, eine psychische Macke ist das, alles abzählen müssen, Arithmomanie heißt das, glaube ich.“ vermutete ich. „Welche Macken die sonst noch wohl haben? Aber das kannst du als Student an den Hörsälen und Seminarräumen gar nicht erkennen.“ bedauerte Paul. „Die Uni-Alphawesen lassen sich eben nicht gern in die Karten schauen und von der Kaste der Stu­dentinnen und Studenten erst recht nicht.“ ich dazu. Was redeten wir für einen Schwachsinn, vor allem Paul, der doch nur seinen Raum suchte.

 

La reine, c’est moi!

Jetzt fragte er: „Haste Lust auf 'nen Kaffee?“ Warum E 3453 jetzt keine Rele­vanz mehr zu kam, habe ich nicht gefragt, und warum er mich angebaggert hatte, habe ich auch nie erfahren. Warum auch? Zu Beginn hätte es mich schon interessiert, aber sollte er doch, aus welchem Grund auch immer. Solan­ge er lieb und brav war, wollte ich's gar nicht wissen. Was wollte ich denn von Paul? Warum setzte ich mich denn mit diesem fremden Typen aus dem Hof ins Bistro? Äußerst ungewöhnlich war das für mich. Der erste Blick dominiert dein weiteres Handeln, nur bewusst verstehen kannst du ihn meistens gar nicht. Sagst etwas dumm daher: „Na ja, der ist irgendwie ganz nett.“, während dein Unbewusstes sofort entschieden hat: „Das ist dein ultimativer Geschlechtspartner.“. Sollte ich das bei Paul etwa auch so gesehen haben? Ich würde aufpassen müssen, dass ich ihn nicht mit Geschlechtspartner statt Kommilitone anredete. Allerdings wie er auszusehen hätte, der ideale Geschlechtspartner für mich, kein blasser Schimmer in meinen Vorstellungen. Davon abgesehen, suchte ich auch keinen. Ich hatte Freundinnen, meine emotionalen und sozialen Bedürfnisse deckten sie ab. Vielleicht musste man einen Bruder haben, um Männer besser verstehen zu können, vor allem aber verstehen zu wollen. Meine Libido machte jedenfalls kein Geschrei, dass ich so etwas jetzt dringend für's Bett gebrauche. „Nicht nur die Uni Leute, wir sind insgesamt in der Sprache manchmal ein wenig stupide, findest du nicht auch?“ wollte ich Pauls Meinung hören. „Ja, selbst da,wo wir es gar nicht zu sein brauchten. Wir beide sind füreinander immer nur schlicht „du“, dabei haben wir doch bestimmt jeder einen eigenen Namen.“ sagte Paul und schmunzelte. „Genau, nicht nur stupide, faul sind wir auch noch. Antoinette, heiße ich, schön, nicht wahr?“ ich grinste und Paul ebenso, als er meine Ansicht durch ein „Mhm“ bestätigte. „La reine, c’est moi! Da weißt du, womit du's bei mir zu tun hast.“ erklärte ich weiter, „Du kannst aber auch jede Abkürzung verwenden, nennst mich Annie oder Nette, das ist mir alles Wurscht, nur Antonia höre ich nicht gern. Und du? Nach welchem Fürsten hat man dich benannt?“ fragte ich. „Kirchenfürst? Bist du fromm?“ interessierte mich. „Ich glaube schon, lammfromm, tue keiner Frau etwas zu Leide.“ Paul dazu. „Lämmer sind nicht nur fromm, sie sind auch belämmert und wollen bei manchen Frauen im Traum nicht schweigen.“ wand ich ein, „Oder entspricht lammfromm bei dir eher dem Lamm Gottes als Symbol für das Neuentstehen und die Vernichtung aller Sünden dieser Welt?“ „Das trifft zu, du kannst mich auch Paul Agnus nennen, wenn dir danach ist.“ kommentierte Paul lachend. „Ich werde dich nur Agnus, du Schaf, nennen.“ reagierte ich. „Aber es gibt ja nicht nur ein Schaf, jedes Schaf hat seinen besonderen Namen, das mit den lockigen schwarzen Haaren und den kurzen Beinen heißt ganz anders als das mit den glatten weißen Haaren und den langen Beinen. Millionen Wörter gibt es in der Biologie, alles hat seine spezielle Bezeichnung, damit du nichts verwechseln kannst, alles Wörter, keine Nummern. Stell dir vor, es gäbe nur das Wort Blume für alle blühenden Pflanzen. Im Alltag verfahren wir aber so, benutzen Sammelbezeichnungen für die unterschiedlichsten Dinge. Vielleicht gibt es das eine oder andere Adjektiv, mit dem du ein wenig differenzieren kannst, die beste Freundin oder die allerbeste Freundin eventuell, aber sonst sind sie alle nur deine Freundinnen, von der guten Bekannten bis zu der Frau, mit der du in einer Liebesbeziehung lebst, alles schlicht Freundinnen.“ äußerte ich mich zu Beklagenswertem im Umgang mit der Sprache. „Ja, die Inuit, zum Beispiel, sollen ganz viele Wörter für Schnee haben. Wir müssten dazu immer eine kleine Geschichte erzählen, um es zu verdeutlichen.“ bestätigte mich Paul. „Warum erfinden wir nicht einfach neue Wörter, die verschiedenen Wörter der Blumen sind auch alle irgendwann von irgendwem erfunden worden.“ schlug ich vor. „Und wer soll diese neuen Wörter verstehen? Kommunikation funktioniert nur, wenn du auch verstanden wirst.“ wand Paul ein. „Hah, 'Backshop' zum Beispiel, was ist das für ein Wort? In keiner Sprache gibt es das. Die Etymologen haben vielleicht herausgefunden, wo und wann es zuerst verwendet wurde, die Sprachwächter haben sich bestimmt gesträubt, es zu akzeptieren, aber jeder weiß, was damit gemeint ist. Du musst es nur anwenden, wenn es passt, wird es übernommen und sich durchsetzen.“ lautete meine Ansicht. „Genau, Azurblau kennt jeder, RAL 5009 keiner oder allenfalls Experten. Wir sollten die Dinge bei ihrem Namen nennen und nicht nach irgendwelchen Kategoriesierungsziffern.“ bestätigte mich Paul. „Oder ihnen welche geben, die uns passend erscheinen und die es bislang nicht gibt. Wenn ich meine Freundin Gudrun treffe, zeigt sich mir immer eine grüne Farbe. Hellgrün, dunkelgrün, mittelgrün, wie schal, 'Gudrungrün', genau so heißt die Farbe, die sich mir bei Gudrun zeigt.“ nannte ich ein Beispiel. „Vor allem so nichtssagende Allerweltswörter wie „schön“ und „gut“, da sollten die Sprachwächter mal für sorgen, dass solche Ausdrucksweisen verboten würden.“ unterstützte mich Paul.


Schwaches Ego?

Wir unterhielten uns doch ziemlich normal, trotzdem, kitzlig absurd empfand ich das, was mit mir geschah. „Wir sind immer der gleichen Meinung, Paul, würdest du sagen: „Wir verstehen uns gut.“?“ wollte ich von ihm wissen. Ein unterschwelliges Lachgefühl war immer vorhanden, ob wir grundsätzlich keine Lust hatten, ganz erst zu sein, lieber ein wenig übermütig albern. Wieso denn? Ich kannte diesen Paul doch überhaupt nicht. Mit Bella kam es auch nicht sel­ten dazu, aber mit Gudrun wäre so etwas nicht denkbar. Und bei fremden Leu­ten? Was kitzelte mich denn bei diesem Paul? Mein Bewusstsein hatte das nicht entschieden. Ein Gefühl, das Bedürfnis, Lust auf Lachen zu haben. Bislang hat­te es sich verhalten in Grinsen, Schmunzeln oder Lächeln geäußert, jetzt lachte Paul laut auf. „Antoinette, ach was Annie, wir haben über einige sprachliche Missstände geredet und hatten dabei die gleiche Ansicht, wir müssen drei Jah­re über alle Dinge dieser Welt reden, dann werden wir wissen, ob wir uns gut verstehen.“ sah es Paul. „Absoluter Unfug ist das, Paul. Menschen, die sich lie­ben, haben drei Jahre miteinander geredet und erkannt: „Ja, wir verstehen uns, wir dürfen uns lieben.“? So ein Tinnef. Du verstehst den Menschen anders und tiefer als nur durch den textualen Gehalt seiner Worte.“ kommentierte ich Pauls Äußerung. „Und was hast du bereits von mir erkannt?“ fragte er lächelnd. „Ich weiß nicht, woran es liegt, was es ist, das mir das Gefühl vermittelt, du könntest ein guter Mensch sein?“ erklärte ich. Ein wenig Verlegenheit umspiel­te Pauls lächelnde Mimik. „Versteh das, bitte, nicht falsch, Lamm Gottes, ich will nichts von dir. Ich kenne dich überhaupt nicht, habe keine Ahnung von dem, was du weißt und was du kannst, aber mir erscheinst du als jemand, der menschlich gesehen mit sich zufrieden sein könnte.“ fügte ich hinzu. Paul be­eindruckte es offensichtlich massiv. Ich hätte ja auch blauen Dunst erzählen können, aber ich war mir sicher, dass ich in der kurzen Zeit mehr von ihm ver­standen hatte als den Inhalt seiner Worte über Sprache und ihren Gebrauch. „Danke,“ sagte Paul, „es tut mir gut, das zu hören. Leider sehe ich mich selbst viel zu selten so.“ „Wieso? Schwaches Ego?“ hörte ich nach. Paul lachte wieder. „Weiß nicht, hat man ein schwaches Ego, wenn man mit sich selbst manchmal unzufrieden ist?“ wollte er wissen. „Weiß ich doch auch nicht. Ist nicht jeder schon mal unzufrieden mit sich selbst? Wenn es so stark ist, dass es dich zerfrisst, dann ist es schon schlimm. Zerfrisst es dich denn?“ fragte ich. Paul lachte wieder auf. „Nein, nur ein Leben, mit dem ich zufrieden wäre, stelle ich mir anders vor.“ meinte Paul.


Armer Paul

Das Bistro wurde geschlossen. Wäre es länger offen geblieben, hätten wir wei­ter miteinander geredet. Ob Paul jetzt zu seinem E 3453 ging? Ob ich mich auf den Weg nach Hause begab? Warum eigentlich nicht? Paul machte ein fragen­des Gesicht. „Und jetzt?“ vermittelte sein Blick. Sollte ich sagen: „Nichts ist, der Kaffee hat gut geschmeckt. War nett, dich kennenzulernen?“. Wenn ich als Kind bei meiner Omi auf dem Schoß saß, wollte ich am liebsten immer dort sit­zen bleiben. Ein warmes, weiches, anschmiegsames Gefühl, glücklich und ge­borgen erlebte ich es. Paul war nicht warm und weich und anschmiegsam aber jetzt allein sein, ohne mich mit Paul unterhalten zu können, das gefiel mir auch nicht. Was sollte ich denn sagen? „Paul, ich würde mich gern weiter mit dir un­terhalten.“ etwa? „Paul, warum sagst du denn nichts?“ dachte ich. „Willst du jetzt unbedingt sofort nach Hause?“ das sagte er. „Muss nicht. Wo willst du denn hin?“ reagierte ich. „Ins 'Marble Arch'? Da könnte man auch etwas es­sen.“ schlug Paul vor. Was plante er denn, einen großen Abend mit gemeinsa­mem Dinner? Diesen fremden Menschen, ich kannte ihn gar nicht, und fühlte mich wohl in seiner Anwesenheit. Ich verspürte kein Bedürfnis, in ihm den Mann zu sehen. Ob er in mir auch keine Frau sah? Zwei geschlechtslose menschliche Wesen ohne Geschlechterrollendistanz. Das konnte es nicht ge­ben. Eine erwachsene Frau war ich und er ein erwachsener Mann. So sah und fühlte ich mich, jederzeit und jeden Tag, das war mein Ego. Eine andere Rolle war es, die ich jetzt übernommen hatte und spielte. Das Stück und die Bühne kannte ich nicht, selbst mein Text war mir nicht bekannt. Die Rolle spielte sich von selbst aus mir heraus. „Marble Arch, und alles nur Backstein, Sandstein und glatter Putz, Marmor nirgendwo. Die Leute lieben pompöse Namen.“ kriti­sierte ich. „So ist es. Warum nicht schlicht Toni? Nein, Antoinette, eine Kaiserin muss es sein.“ kommentierte Paul. „Mhm“ schüttelte ich den Kopf, „meinen wirklichen Namen kennst du nicht, aber den verrate ich dir auch nicht.“ „Ein Geheimnahme?“ hakte Paul nach. „Nein, er ist nur sehr persönlich, und warum sollte ich ihn dir verraten, wenn du mir noch nicht einmal erzählst, warum du mit dir selbst und deinem Leben unzufrieden bist.“ antwortete ich ihm. „Ach, Annie, das ist nichts Geheimes, es ist ganz trivial. Ich habe manchmal eben einfach den Blues. Dann sehe ich, dass bei mir alles so läuft, wie es bei allen immer so gewöhnlich läuft. Du machst alles so, wie man es so macht, wie alle anderen es auch machen. Und da wirst du nicht rauskommen, das wird immer im gleichen Trott weiterlaufen, und wenn es zu Ende geht, wirst du nur sagen können: „Alles Schrott gewesen. Nirgendwo warst du selbst, alles nur wie die andern, wie es üblich war, wie man es eben so tat, nachgemachtes Leben.““ formulierte Paul seine Unzufriedenheit. Von Pauls deprimierender Sichtweise kam ich auch schon fast in Bluesstimmung. Was sollte ich denn tun? Ihn in den Arm nehmen und streicheln, sagen: „Armer Paul, so ist das nicht, so muss das nicht sein. Du kannst es ändern. Es liegt in dir.“? Ich sagte nichts, blickte ihn nur fragend an und ließ meine Lippen eine skeptisch, mitleidige Mimik formen. „Bei allen ist das so.“ fuhr Paul fort, „Nur macht sich kaum jemand Gedanken darüber. Im Gegenteil, sie sind stolz, wenn sie ihre Vorgaben und die an sie gestellten Erwartungen brav erfüllen und halten es für ihr eigenes, persönliches Leben.“


Annie Urban

„Ich darf dir ja nicht widersprechen, Paul, weil wir uns so gut verstehen, nur lässt dein Ego auch den Gedanken zu, dass es dazu eine völlig andere Ansicht geben könnte?“ wollte ich geklärt haben. Jetzt lachte Paul wieder. Bei seiner Bluesschilderung hatte er auch gleich eine Tristessemimik aufgelegt. „Ob dein Leben so verlaufen wird, wie du es beschreibst, das weiß ich nicht, aber du selbst weißt es ebenso wenig. Du musst nur Lust auf die Melancholia haben, dann findest du immer etwas. Mach dir keine Vorwürfe deshalb, du solltest nur nicht dein Leben dazu nehmen. Für viele war es kein schöner Abend, wenn es nicht auch Lieder gab, bei denen man weinen konnte. Die portugiesischen Fa­dos triefen vor Weltschmerz. Traurigkeit gehört zum Menschen, nur über dein Leben solltest du in nüchternem Zustand nachdenken.“ lautete meine Ansicht. Paul zeigte ein breites, gefälliges Schmunzeln. „Es hört sich immer so freund­lich an, was du sagst. Dass wir uns in vielem gut verstehen könnten, denke ich auch. Ich halte es aber für eine absolute Illusion, dass wir unser Leben wie ein immerwährendes Festival mit einem Event nach dem anderen gestalten könn­ten.“ bemerkte Paul. Mit einer breiten, mokanten Schnute meinte ich dazu: „Wer will das denn? Wer sieht das denn so? Vielleicht irgendwelche Tussies, mag sein, aber ansonsten ist das doch Kokolores.“ „So hast du sicher Recht.“ meinte Paul, „Annie, ich wollte nur verdeutlichen, dass man sich keinen falschen Vorstellungen über die Wirklichkeit hingeben soll. Nicht du entschei­dest darüber, wie sich deine Welt gestaltet. Sie ist fertig für dich, entspricht dem kapitalistischen, technologiesierten Alltag, du passt entweder rein oder fliegst raus. Zu meinen, du seist Subjekt ist eine Illusion, du wirst benutzt. Al­les orientiert sich daran, dass du gut verwertbar bist. Wer du selbst bist, was du für Bedürfnisse hast, das interessiert niemanden, außer man könnte Geld damit machen, es kapitalistisch ausnutzen.“ „Ich halte das nicht für falsch, was du sagst, Paul. Im Prinzip gebe ich dir schon Recht, aber es gibt immer noch dich selbst, und du musst kein ohnmächtiges, willenloses Monster in dieser Ma­schinerie sein.“ meinte ich dazu. „Mach dir doch nichts vor, wie schön du dein Leben gestalten könntest. Annie Urban wird irgendwann einen Mann treffen, den sie ganz nett findet, und weil es langsam Zeit wird, heiratet sie ihn. Zwei Kinder bekommt sie und schuftet den ganzen Tag von früh bis spät. Einkaufen, Essen kochen, Wäsche waschen, Putzen, die Kinder versorgen, bügeln und so weiter, abends ist sie total geschafft. Im Bett will aber ihr Mann etwas von ihr, da soll sie lustig sein. So geht das Tag für Tag, Monat für Monat, Jahr für Jahr. Jeder Tag ist wie der andere. Ihr Mann hat sich mittlerweile eine andere ge­sucht und Annie verlassen. Eines Morgens zieht sie sich die Decke über den Kopf und will sie gar nicht wieder zurückschlagen. An der Brücke sich vor den Intercity werfen, dann bliebe nur ein Fleischklumpen von ihr. Mehr ist sie jetzt doch auch nicht. Annie Urban, die gibt es schon lange nicht mehr, die ist in ih­rem Leben irgendwann verloren gegangen. Aber da sind die Kinder, die trifft ja keine Schuld. Sie geht nicht zu den Gleisen an der Brücke, lebt weiter, auf wel­chen Gleisen, das weiß sie auch nicht, da hat sie selbst gar keine Ahnung von.“ schilderte Paul meine Zukunft.


Rot ist das Leben

Wie ich Paul anstarrte, das wusste ich selbst auch überhaupt nicht. „Nein, nein, Paul, nein,“ widersprach ich in erregtem Tonfall, „mit Junirot wird es so etwas niemals geben.“. Paul stutzte. Irgendetwas bestimmte mein Handeln, das ich nicht kannte und das ich nicht verstand. Meine Hand legte ich auf Pauls andere Wange und ich gab ihm auf die mir zugewandte einen Kuss. Sah mein Unbe­wusstes etwa doch den idealen Geschlechtspartner, oder verspürte ich unter­gründig sonstige Gelüste. Nicht selten erscheint mir etwas, was andere tun, unverständlich, mein Verstand schien aber zu den mein Handeln motivierenden Regionen überhaupt keinen Zugang mehr zu haben. Paul war doch ein Mann. Das musste ich mir vorsagen, aber es half nichts. Ich mochte ihn. Mehr noch, dieses fremde Wesen war mir ganz nah, zog mich an sich. Vielleicht weil er das Schön-Traurige in sich verkörperte. Selbst war ich das nicht, aber wie gering ist die emotional bewegende Kraft dieser launigen, lustigen Liedchen gegenüber den dich tief erfassenden, klagend, wehmütig traurigen Gesängen. „Wie du sprichst, Paul, das hat alles die Farbe grau, tristgrau, ödgrau, trauriggrau. Das ist der Schein, aber so ist das Leben nicht. Es trägt nicht die Farbe eines dunklen, trüben Graus. Rot ist das Leben, mein Leben ist rot, warm und rot und glühend. Rot bedeutet Warnung, Achtung, Gefahr, stop, halt, Zutritt verbo­ten. So wollen es die Leute verstanden wissen. Rot ist aber die Liebe, die Wär­me, das Feurige, das Glühende, rot leuchtet der Mohn im Juni. Dein Leben schleimt nicht dahin auf asphaltgrauen Kummerbahnen, es will brennen, inten­siv gelebt werden, will sich verzehren. Es will die Kraft seines Feuers nutzen, die dir in deiner kurzen Zeit hier dazu gegeben ist. Alles an mir und in mir ist von frischem, mildem Rot. Mein Blut, das mich belebt, ist hell rot und warm, meine Vulva ist warm und rot, wenn sie erregt ist, und mein Herz ist warm und rot, wenn es liebt. Rot das bin ich, Paul, rot ist mein Leben, rot wie die frische warme Sonne an einem neuen Morgen im frühen Monat Juni.“ erläuterte ich meine Sicht. Pauls Augen blickten mich intensiv an. Ob er sein Bild von mir neu kolorieren musste? „Junirot, das ist dein wirklicher Name?“ vermutete Paul. „Schon, aber nur meine Schwester und meine Eltern nennen mich so. Stell dir vor, ich muss extra nach Hause fahren, wenn ich meinen richtigen Namen hö­ren will. Jetzt kennst du ihn auch. Du bist der einzige.“ erläuterte ich. „Darf ich dich denn auch so nennen?“ fragte Paul. Ich nickte. „Meine Schwester und ich wir haben uns nie mit unseren Namen angeredet. Liebkosende Fantasienamen haben wir uns immer gegeben, Silberwölkchen oder Tausendschönchen, und hatten unsere Freude daran, bis ich mal gesagt habe, Junirot, das wäre ein schöner Name, den möchte ich sehr gern leiden. Seitdem haben sie mich im­mer nur noch Junirot genannt. Ich bin ganz zu Junirot geworden. Heute ist das nicht nur mein Name, ich bin es auch selbst.“ „Deinem Freund wirst du ihn doch auch verraten haben?“ vermutete Paul. „Ich habe keinen Freund, ich habe Freundinnen.“ antwortete ich. Paul meinte, wohl verstanden zu haben „Ach so.“ entfuhr es ihm knapp. „Paul, Paul, das muss nicht so sein, es ist nicht so, wie du denkst. Ich habe einfach keine Lust auf einen Mann, ich brauche keinen Mann.“ reagierte ich. Pauls Mimik zeigte ein zweifelndes Grinsen. „Junirot, ich glaube dir ja, aber grundsätzlich ist das doch biologisch verankert, das kannst du nicht wegreden. Wenn du an Mann denkst, hast du ja immer bestimmte Vorstellungen, bestimmte Bilder. Dass die dir nicht gefallen, kann natürlich gut sein. Den Mann an sich gibt es ja auch gar nicht. Er ist immer das, was die Gesellschaft heute unter Mann versteht und was er davon internalisiert hat. Welche Sozialisation er als Junge und Mann erfahren hat, wie er sich selbst als Mann sehen und definieren möchte. Vor allem aber ist es auch dein Blick, was du zu sehen und zu erkennen vermutest und erwartest.“ meinte Paul zu den Männern. Ich blickte ihn mir genau an, als ob ich ihn nochmal prüfend mustern wollte. Aber ich empfand mich Paul gegenüber so zutrauend offen, undenkbar für mich bei einem Mann und dazu noch einem Fremden. „Ich glaube, du hast Recht, Paul. So wird es sein. Ein Mann bist du ja schon, passt nur einfach nicht in den Katalog meiner Bildersammlung von Männern, bist ein anderer Mann, für den es bei mir kein Bild gibt, ein neues Mannimago, der Schafmann, nein der Agnus Dei Mann. Ich könnte dir viel von meinen Männern, beziehungsweise meinen Männervorstellungen erzählen, und warum ich nicht dauernd so ein Gestell neben mir im Bett liegen haben will, aber vom Agnus Dei Mann, da weiß ich nichts.“ Wir grinsten uns an, hatten ja nicht nur dummes Zeug geredet, aber ohne ein bestätigendes Lächeln oder verstehendes Angrinsen konnte nichts gesagt werden. „Paul, wie sieht es denn bei dir aus? Was ist denn mit deinen Frauenbildern, vor allem aber hast du noch nichts von deiner Freundin erzählt.“ erkundigte ich mich. „Ich habe schon lange keine Freundin mehr. Wir haben uns nicht verstanden.“ antwortete Paul knapp. „Nicht lange genug miteinander geredet, wie?“ scherzte ich. „Einen Katalog von Frauenbildern, in die ich die eine oder andere einordnen könnte, kenne ich bei mir nicht. Möglicherweise existiert so etwas in meinem Unbewussten, aber mir kommt es immer vor, als ob es ad hoc ein neues Bild sei, wenn ich mit einer Frau zu tun habe.“ beschrieb es Paul von sich. „Und welches Bild hat sich ad hoc bei dir generiert, als du mich gesehen hast?“ wollte ich wissen. „Nein, Annie, das sag ich nicht.“ erklärte Paul lachend. „Jetzt weiß ich doch schon ganz viel von dem Agnus Dei Mann. Er ist schüchtern, ängstlich, traut sich nix. Vielleicht ist es gerade das, weshalb ich ihn so gut leiden kann, denn genau das ist ja bei anderen Männern absolut verboten.“ kommentierte ich es. Paul lachte sich wieder schief. „Annie, es ist so, ich weiß es selbst überhaupt nicht. Noch nie habe ich eine Frau angesprochen, weil ich mir bei ihr irgendetwas vorstellen konnte. Ich habe überhaupt noch nie eine Frau angesprochen, weil ich meinte, mich für sie zu interessieren. Bei dir war es heute nicht anders. Irgendetwas in mir schien zu wollen, dass ich mit dir in Kontakt kam. Was es sein könnte ist mir absolut verborgen. Vielleicht hat mein Unbewusstes ja das Junirot in dir leuchten sehen und mich magisch zu dir hin gezogen.“ erklärte Paul scherzend.


Junirot und Lapislazuli

„Aber von dem Bild, das du von mir hast, wie du mich siehst, davon hast du doch nix erzählt. Paul, weiß du was, ich mag dich. Wenn du doch nur Paula hießest, wir würden bestimmt wundervolle Freundinnen.“ musste ich eine Er­klärung abgeben. Paul lachte nicht, er starrte mich nur mit weit offenen Augen intensiv an. Schloss die Augen und fuhr mit seiner Hand über die offensichtlich nachdenkende Stirn. „Und wenn du Tonio hießest, Antoinette, wie sähe es dann mit uns beiden aus?“ fragte Paul. „Da kann ich gar nichts zu sagen, mit Män­nerfreundschaften kenne ich mich viel zu wenig aus.“ meinte ich kurz und lapi­dar. Paul lachte: „Ich auch nicht, aber Junirot? Rot ist Neutrum, nicht männlich und nicht weiblich, könnte also jeden und jede zum Freund oder zur Freundin haben. Antoinette nicht, die leidet unter Androphobie, aber Junirot, ist die nicht schon längst ein wenig befreundet?“ erklärte Paul schmunzelnd. „Ich weiß es nicht, Paul. Du bringst mich in Konflikte. Ich möchte nichts mit einem Mann zu tun haben, und das bist du ja offensichtlich, andererseits mag ich dich, empfin­de dich sehr angenehm und möchte gern bei dir sein.“ lautete meine Ansicht.

„Junirot, du hast meine tristen, grauen Lebensbeschreibungen kritisiert, hast gesagt, so sei das Leben nicht. Das Leben wolle die Kraft seines Feuers nutzen, solange wir lebten. Passt das Bild, das du von der Beziehung zwischen Mann und Frau, zu der Liebe unter ihnen hast, denn zum glühenden Feuer von Juni­rot, oder ist es nicht auch eher grau und in düsteren Farben gemalt? Ist dir das mal aufgefallen? Hast du darüber mal nachgedacht?“ äußerte sich Paul dazu. „Bei Junirot stimmt etwas nicht, meinst du, nicht wahr? Da harmoniert nicht al­les. Siehst du es so? Meine Männerbilder sind beschränkt und meine Vorstel­lungen von der Liebe zwischen Mann und Frau ebenso. Sie sind nicht Junirot sondern eher Paulgrau. Aber nein, Paul, du bist nicht grau, ich sehe dich nicht grau, auch wenn deine Schilderungen so waren. Azur, Himmelblau, würde das zu dir passen, blau wie ein Lapislazuli, mein Edelstein. Könntest du dich damit identifizieren?“ schlug ich vor. „Harmonie? Sucht Junirot denn überhaupt Harmonie? Feuer ist auch gefräßig, es kann zerstören und zersetzen, wo sonst Einheit und Gleichklang herrschen.“ bemerkte Paul. „Oh ja, das soll es auch. Es soll die gespielte Harmonie und den vorgetäuschten Gleichklang der gespielten heilen Oberflächenkultur stören und zersetzen. Es reicht nicht aus, die Verhältnisse zu erkennen und sein Gefangensein darin zu bejammern. Das Feuer der Liebe hat auch die Kraft den falschen Schein zu vernichten. Das Feuer ist ein Sinnbild für Natur und da harmoniert letztendlich alles, auch wenn du es mit deinen Augen auf den ersten Blick nicht erkennst. Das Feuer brennt auch, um neues Leben zu ermöglichen.“ erläuterte ich. „Einerseits erscheint es mir, dass wir höchst unterschiedlich sind. Harmonische, ausgeglichene, wohlige Tage wünsche ich mir, während sich mir bei dir eher ein Drängen nach Aktivität, nach reger Geschäftigkeit und in gewisser weise auch ständiger Unruhe zeigt.“ meinte Paul. „Das mit dem gemächlichen Schafmann wäre also bei dir gar nicht so völlig falsch, meinst du? Aber was wäre ich denn dann? Eine hektische Ameise vielleicht?“ scherzte ich und lachte. „Nein, nein, Schaf und Ameise, das passt nicht. Junirot und Lapislazuli, das gefällt mir besser, passt das nicht sehr gut zusammen?“ fragte Paul.

Stille lautete die Antwort. Niemand sagte etwas, wir schwiegen mit nachden­kender Mimik, schauten mal in die Weite des Lokals, starrten mal auf den Tisch vor uns. Lange, bis ich aus der Haut fuhr: „Nein, nein, nein, ich will das alles nicht. Paul, du hast einen Raum gesucht, geh da hin und verschwinde. Quatsch, bleib hier, selbstverständlich bleibst du hier. Ich bin verrückt, Paul. Es bringt mich völlig durcheinander. Ich will das nicht, eine Beziehung zu einem Mann. Was du von Annie Urban erzählt hast, ist ja nicht unrealistisch, auch wenn es meistens nicht zu Selbstmordabsichten kommt, aber dass du dich im Horror Kleinfamilie selbst verlierst, hast du doch nicht jetzt erfunden. Ich will keinen Partner, der mal mein Mann und Familienvater wird. Ich will in der Ma­schinerie, so wie es alle tun, wie man es so macht, kein Rädchen sein, das mit­gedreht wird. Junirot muss immer ihr eigenes Leben leben, ihr selbstbestimm­tes Leben, in dem sie ihre rote Blüte zum Blühen bringt, in dem sie ihre wirkli­chen Bedürfnisse und Gefühle erkennen und ausleben kann. Das ist so fest bei mir verankert, dass das Bild, in den Gewohnheiten des technologisierten All­tags zu versacken, mich erschreckt und anwidert, dass allein die Vorstellung, ich hätte einen Freund, einen potentiellen Lebenspartner, neben mir im Bett liegen, mir schon Ekelgefühle bereitet. Plötzlich, an einem Nachmittag und Abend, soll das alles nicht mehr stimmen. Warum? Irgendein Grund zeigt sich mir nicht. Was ist mit mit mir geschehen? Ich möchte dass du bei mir wärst, wir zärtlich miteinander sein könnten, wer bin ich denn auf einmal? Wie kann das geschehen? Wo kommt das her? Ich will es nicht wahrhaben. Kann mich aber nicht dagegen wehren. Es ist einfach da, hat sich meiner bemächtigt. Irgendetwas in mir will, dass du bei mir bist. Warum nur? Ich kann es nicht unterdrücken oder überhören. Ich gehöre mir nicht mehr selbst. Es bestimmt mich.“ Ich vergrub mein Gesicht in den Händen und mir kamen die Tränen. Paul nahm mich in den Arm und ich legte meinen Kopf an seine Schulter. Als ich ihn wieder hob, blickten meine verheulten Augen in Pauls Gesicht, das sich ganz dicht vor meinem befand. Wir lächelten nicht. Ernst blickten wir uns tief an. Ob wir unser beider Psyche bis ins Innerste austauschten? Bestimmt, denn was die Blicke sagen, soll ja das Herz verstehen. Ich weiß nicht, wie lange es dauerte, und was unsere wechselnden Blicke alles zu klären hatten, bis wir uns beide entschieden, dass sich unsere Lippen aufeinander zubewegen müssten. „Es wird so sein, dass Junirot und Lapislazuli ausgezeichnet zueinander passen.“ kommentierte ich unseren ersten Kuss mit leiser, fast zaghafter Stimme und strich Paul zart über die Wange.

 

Alles reformieren

„Wir werden alles ganz anders machen, Junirot. Du wirst mir helfen, mein Le­ben zu reformieren und ich werde dir helfen, dein Bild von Männern und von Liebe zu reformieren.“ erklärte Paul. „Ja, alles werden wir reformieren, nicht zuletzt auch den Umgang mit der Sprache.“ bestätigte ich Paul. „Wir werden uns immer austauschen und hören, was der oder die andere zu reformieren vorschlägt.“ kommentierte Paul. „Nein, nicht zuhören, zuschauen, mit allen Sinnen erfassen. Wir wollen mehr vom anderen erleben, wollen uns tiefer aus­tauschen, nicht nur den Inhalt seiner Worte hören.“ ergänzte ich. „Ja, wir wer­den auch die Kommunikation reformieren. Die Art und Weise des gegenseitigen Austausches unter Liebenden.“ verstand es Paul. „Ich will dieses Wort Liebe nicht. Über Jahrtausende ist es abgenudelt und umfasst Millionen Variationen. Ich liebe meine Eltern, ich liebe meine Schwester, ich liebe meine Freundinnen, und wenn ich einen Hund hätte, liebte ich den auch noch. Ich will das, was mich mit dir verbindet, da nicht auch noch Subsumieren. Das Wort Liebe ist eine große Mischmaschine, in die du alles hineinwerfen kannst. Das Gemeinsa­me von Junirot und Lapislazuli ist etwas Besonderes, etwas Spezielles und kein Schluck aus diesem Einheitsbrei Liebe.“ forderte ich. „Aber was dann? Ein an­deres Wort gibt es nicht. Du könntest eins erfinden, 'Juni-Lapis-Amour' zum Beispiel, nur da weiß niemand, was du meinst.“ erwiderte Paul. „Lieben wir uns denn überhaupt? Ich muss es doch noch lernen, wie es anders ist, wenn Juni­rot und Lapislazuli das Verhältnis zwischen Mann und Frau reformiert haben. Weißt du was, Paul, wir schließen einen Bund, einen Bund der Reformierer, der Reformatoren, den Schmalkaldischen Bund.“ schlug ich vor. Paul lachte sich krumm. „Gehört habe ich das schon mal, aber du musst es mir erklären.“ bat er. „In Schmalkalden haben sich die Lutheranhänger, die Reformatoren also, getroffen und einen Bund gegründet. Einen Bund der Reformatoren, den Schmalkaldischen Bund, genau wie wir es auch vorhaben. Nur wollen wir eben nicht die Religion reformieren, sondern unser eigenes Leben, wollen das Junirot auch in dir entdecken und mein Junirot stimmig harmonisieren. Darüber hinaus wollen wir natürlich auch die Sprache reformieren, da wo sie uns missbraucht oder unzulänglich erscheint.“ erklärte ich.


Der Weg nach Schmalkalden

„Und wie weit ist es bis Schmalkalden? Oder gehen wir zu mir?“ wollte Paul plötzlich wissen. Wir grinsten uns wieder an. Ich atmete tief durch. Was würde das denn? Ich für die Nacht mit zu Paul gehen? Heute Abend? Jetzt gleich schon? Das war zu viel. Nein, nein, aber was den sonst? Ohne Paul nach Hause gehen? Etwas anderes gab es nicht. Aber wir wollten doch alles reformieren, warum sollten wir da nicht heute Abend gleich beginnen? Ich war verrückt. „Nein, nein, wir müssen schon nach Schmalkalden. Weit ist es nicht, heut Nacht ist es bei mir, in meiner Wohnung anzutreffen. Der erste Schritt der Re­formation, aber nur beieinander sein, das ist schon ein ganz gewaltiger Schritt, mehr heute nicht, kein Sex, ist das o. k.?“ schlug ich vor. Reformation? Ein viel zu schwaches Wort, eine Revolution war es doch wenigstens. Ich musste die Augen schließen, damit ich nicht an mich selbst dachte. Mein altes Ego konnte ich nicht mehr erkennen. Vielleicht tauchte es morgen wieder auf, und ich wür­de Paul rauswerfen. Oder sollte er Recht haben, dass es da etwas Biologisches gibt, das du nicht wegreden kannst. Bei mir schien es nur für Paul empfängli­che Sensoren zu haben. Jetzt hätte ich einen Mann bei mir im Bett und hätte ihn auch noch selbst angeschleppt. „Nein, nein, ich will das nicht. Paul, geh nach Hause.“ schoss es mir durch den Kopf. Ich wusste nicht, was ich tat, ver­stand es nicht, aber ich wollte es. Ins Bett gingen wir noch lange nicht, davor hatten wir zuviel Angst. Wir diskutierten unsere ganzen Reformationspläne durch, und lachten uns dabei immer schlapp. Aber verändert hatte sich schon etwas, wir küssten uns immer wieder zwischendurch, einfach so vor Glück. „Die roten Lippen gehören die auch zu Junirot?“ wollte Paul wissen. „Der rote Mohn öffnet im Juni seine Blütenblätter, die sind es, die du küsst. Roter Mohn und heißer Lapis, verstehst du?“ schmunzelte ich. „Alles hat einen Klang, aber alles hat auch eine Farbe. Mein Mund, das ist die rote Blüte, die sich für dich öffnet.“ „Und ich bin der blaue Schmetterling, der den Nektar darin sucht?“ vermutete Paul. Schließlich gingen wir doch ins Bett, mit der Begrün­dung, dass es angenehmer sei, sich dort zu unterhalten als auf der Couch. Und so geschah es auch mit gelegentlichen Besuchen des blauen Schmetterlings bei der roten Mohnblüte. Fantastisch war es schon. Immer war ich allein, bis auf die seltenen male, wenn meine Schwester mich besuchte. Und dann noch mit Küssen und Zärtlichkeiten. Als Schülerin hatte ich zuletzt einen Freund, nur ge­fiel mir das allmählich überhaupt nicht mehr. Doch da dachte ich gar nicht dran. Absolut neu war alles für mich. Junirot tat nur das, was sie auch wirklich wollte, was ihre wirklichen Gefühle verlangten. Ich wollte es ja nicht, aber mei­ne Gefühle verlangten es kategorisch. Natürlich machte es ein warmes Gefühl, nebeneinander im Bett zu liegen, miteinander zu reden, die glücklichen Augen von Paul zu betrachten, sich manchmal zu küssen und mit den Fingerspitzen jede Pore der Haut im Gesicht zu betasten. „Ein wenig schüchtern bist du doch, nicht wahr?“ erkundigte ich mich bei Paul. „Nein, wieso, ich wollte Rücksicht auf deine Gefühle nehmen, wollte dir nicht zu nahe treten.“ antwortete Paul. „Würdest du mir zu nahe treten, wenn du mich mal in den Arm nähmst und drücktest, was meinst du?“ fragte ich nach. „Oh, Paul, tut das gut. Lass mich nicht wieder los.“ hätte ich sagen müssen. Warum tat ich's nicht? Vielleicht weil ich so etwas vor mir selbst nicht sagen durfte, oder vielleicht weil unsere won­neerfüllten Gesichter in ihrem Glorienschein es auch so zum Ausdruck brach­ten? „Paul, als du mir mit der Hand über den Rücken gestrichen hast, das fühl­te sich wundervoll an, kannst du's nicht nochmal machen?“ bat ich ihn. „Ja, das tut gut und da, und jetzt ein bisschen tiefer, da ist es auch sehr schön.“ gab ich Paul weitere Anweisungen, wo er mich wie zu streicheln hätte. Mit den Worten: „Paul, ich habe ja nichts gegen Männer, weil ich frigide bin.“ legte ich schließlich Pauls Hand auf meine Venus. Natürlich schliefen wir miteinander. Goldig glänzende weiche Butter musste den Raum ausfüllen, der sonst meinem Gehirn als Unterkunft diente. Das war aber nicht schlimm, denn irgendetwas denken, verstehen, durchschauen, das konnte ich zur Zeit sowieso nicht. „Paul, du hast erzählt, wie Annie Urban sich selbst verloren hat, Junirot braucht dafür nicht zu heiraten, eine Familie zu gründen und Kinder zu kriegen, ich brauche nur am Nachmittag auf dem Hof des Instituts jemanden zu treffen und abends weiß ich schon nicht mehr, wer ich bin. Wir könnten ja auch morgen sagen: „Ein schönes Erlebnis, o. k., das war's, ein One-Night-Stand sozusagen.““ er­klärte ich. Paul schaute mich entsetzt, vorwurfsvoll, strafend an. „Junirot, meinst du nicht, dass es von Vorteil sein könnte, seine grauen Zellen in diesem Zustand nicht mit Überlegungen zu quälen? Ich denke, sie würden jetzt lieber in einer rotblauen Melange schwimmend ihr Glück selig schwelgend genießen.“ sah es Paul. So empfand ich ja auch, und schlief umschlungen mit Paul wenig später ein.

 

Permanente Revolution

„Paul wir haben nicht nur einen reformatorischen Schritt getan, war das nicht eher ein revolutionärer Akt? Fragt sich nur, ob wir die Verhältnisse vom Kopf auf die Füsse oder von den Füßen auf den Kopf gestellt haben. Ich kom­me mir vor wie ein Kind. Spüre die Berührung unserer Lippen im ganzen Kör­per, nie habe ich davon geträumt, genieße es, wie deine Finger sanft strei­chelnd meine Haut touchieren, in meinen Träumen kam das nicht vor, ich emp­finde selige Geborgenheit, wenn du mich umarmst und an dich drückst, meine Träume kannten das nicht. Woher kommt das, sind es nicht simple Spielereien, sollen wir diese Kleinkindmanieren nicht unterlassen. Wenn ich so denke, spüre ich schon die Sehnsucht in meinen Gefühlen, die es für absolut unverzichtbar halten. Könnte es sein, dass auch die Nähe, die im sprachlichen Austausch zwi­schen uns entstanden ist, schon starke Wärme übermittelt, dass auch unsere Kommunikation schon ein glühender Faden ist, und das Bedürfnis nach Küssen, Liebkosen und Zärtlichkeit nur die körperliche Entsprechung dafür ist? Oder meinst du es wäre völlig umgekehrt, dass die Initiative im biologischen läge, zunächst der Geschlechtstrieb brennt und sich dann auch emotionale Zunei­gung und Verständnis entwickeln?“ erklärte ich mich am Morgen nach dem Aufwachen. „Ich glaube, bei mir war das bestimmt so.“ äußerte sich Paul in ge­spielter, großkotziger Schnoddrigkeit. Ich hatte mich aufgerichtet und über ihn gestützt. Mein böser, strafender Blick bildete schon allein eine Züchtigungs­maßnahme. „Na ja, du bist eben ein scharfes Weib.“ fügte er noch, schon la­chend, wegen der zu erwartenden Konsequenzen hinzu. Zu einer Kitzelattacke stürzte ich mich auf ihn, da aufs Rad flechten ja heute nicht mehr so gebräuch­lich ist. „Lamm Gottes,“ begann ich mit Stentorstimme zu deklamieren, „halt dich im Rahmen, sonst wird Annie Urban nicht sich selbst, sondern dich ins Jenseits befördern.“ Wie ein Kind kam ich mir schon vor. Grübeln und Erklä­rungsversuch zu mir selbst und meinem Verhalten, hätten mich quälen müs­sen, aber mein Gemüt war noch nie so unbeschwert, klar und strahlte hellrot. Mein Gefühl war so sicher und ich so direkt nur ich selbst, wie ich es nur aus der Zeit meiner Kindheit kannte. Lust zu Albernheiten und Spielereien bewegte mich. Als großen Korb überquellend voller Freundlichkeiten und Liebeleien sah ich Junirot. Was Liebe zwischen Mann und Frau sein kann, neu lernen? Meine Einstellung reformieren? Das ist immer gegenwärtig, auch in Junirot war es. Du musst dich nur im Hof des Instituts für Botanik von jemandem anquatschen lassen, der es wachrufen kann, von jemandem, bei dem dir sehr bald der gute Mensch ersichtlich wird. „Junirot, das ist der Mensch, der sein Feuer brennen lässt, der seine wirklichen Gefühle erkennen und leben will, sie nicht verbirgt oder vorgegebene nachmacht. Gefühlsbetont sehe ich mich, in meinem Alltag muss ich mich selbst wiederfinden, will mich involviert engagieren. Junirot, das Feuer erzeugt Enthusiasmus, enthusiastisch will ich mich mit meiner Welt aus­einandersetzen, will offen sein für Neues, das nicht ich bin. Das ist auch in dir, Paul. Du willst es und kannst es. Das wird es sein, was ich sofort in dir erkannt habe. Deine Trauergeschichten vom Leben als Allerweltsmensch, das bist du nicht, du willst es ja auch nicht sein, erkennst es doch selbst. Ich denke, dass in dir auch ganz viel Junirot steckt, auch wenn du himmelblau bist. Vielleicht mangelt es mir ja daran. Vielleicht braucht Junirot mehr von der Harmonie, der Zufriedenheit, der Ausgeglichenheit, der Sehnsucht sowie der Treue, die ein Lapislazuli verkörpert. Mein Vakuum wir dich gesucht und erkannt haben, Paul Mangold.“ vermutete ich für Paul. „Weißt du, Junirot, der Tag gestern, das war für mich ein Wunder. Ich wünsche mir, und denke, es wird so werden, dass je­der Tag mit Junirot ein neues Wunder in sich trägt.“ wünschte sich Paul. „Wun­der, Paul? Wunder sind singuläre Ereignisse, temporäre Zustände, eine Flamme die lebt aber, steht nie still, es gibt keinen Zustand, sie ist immer in Bewegung, in jedem Bruchteil einer Sekunde anders, sie ist ein Geschehen. Junirot lebt und der Austausch zwischen mir und dir ebenso. Da gibt es kein Faktum, keine Zustandsbeschreibung, nur fortwährendes immer neues Leben, das von unse­rer Wärme und unserer Lust aufeinander getragen wird.“ sah ich es. „Dann würden wir nicht reformieren, einmal beschließen, das dies oder jenes anders zu sehen sei, sondern würden es ständig wälzen und umwälzen, nicht refor­mieren sondern revolvieren, also.“ schloss Paul. „Genau, unser Leben könnten wir dann auch als permanente Revolution definieren.“ erklärte ich lachend, „Und das Junirot beinhaltete dann ebenso das Rot der Revolution, weil sie mit Paul, dem himmelblauen Revolutionär, einen Bund geschlossen hat.“

 Nicht erst durch den Bund hatte sich eine Revolution abgespielt, nur ich hatte sie gar nicht geplant, konnte sie gar nicht planen, nicht vorausdenken. Die revolutionären Kräfte hatten sich in mir selbständig gemacht. Welche Kräfte waren das, wo hatte ich sie her, wo hatten sie bislang unentdeckt geschlummert. Ob ich Paul gesucht hatte? Bestimmt nicht. Paul hatte etwas in mir angesprochen, dass ich nicht mehr kannte. Ich wusste nicht mehr, das Junirot nicht die Welt gehört, dass ihr Selbstbewusstsein sie zwar stark empfinden lässt, aber dass ihr etwas Entscheidendes fehlt. Die Glücklichen sind nicht die Sieger. Immer wieder wird es uns vermittelt, aber es ist nicht mehr als der Glitterglanz in der Kultur, die der Oberfläche und dem falschen Schein huldigt. Das Empfindenden der tiefen Sehnsucht danach, dass jemand die Einzigartigkeit deiner Existenz anerkennt, war mir abhanden gekommen. Ich kannte das Wort Liebe, aber wusste nicht, was sie für mich bedeuten würde, und dass ich danach suchen könnte. Paul hat das verschollene Bild in meinem Unbewussten gefunden und mir versprochen, es mit neuen, leuchtenden Farben zu kolorieren. Mir seine Liebe zu schenken, weil ich Junirot bin. Das ist die Harmonie, die dem Feuer von Junirot bislang fehlte. Die Harmonie, die ihr die Kraft und Lust gibt, Paul ebenso ihre Liebe zu schenken. Das wundervolle, einzige, bei dem uns die Lust am selbstlosen Schenken erfüllt und glücklich sein lässt.

FIN

 

He had a word, too. Love, he called it. But I had been used to words for a long time. I knew that word was like the others: just a shape to fill a lack; that when the right time came, you wouldn't need a word for that anymore than for pride or fear.

William Faulkner

 „Mach dir doch nichts vor, wie schön du dein Leben gestalten könntest. Annie Urban wird irgendwann einen Mann treffen, den sie ganz nett findet, und weil es langsam Zeit wird, heiratet sie ihn. Zwei Kinder bekommt sie und schuftet den ganzen Tag von früh bis spät. Einkaufen, Essen kochen, Wäsche waschen, Putzen, die Kinder versorgen, bügeln und so weiter, abends ist sie total geschafft. Im Bett will aber ihr Mann etwas von ihr, da soll sie lustig sein. So geht das Tag für Tag, Monat für Monat, Jahr für Jahr. Jeder Tag ist wie der andere. Ihr Mann hat sich mittlerweile eine andere gesucht und Annie verlassen. Eines Morgens zieht sie sich die Decke über den Kopf und will sie gar nicht wieder zurückschlagen. An der Brücke sich vor den Intercity werfen, dann bliebe nur ein Fleischklumpen von ihr. Mehr ist sie jetzt doch auch nicht. Annie Urban, die gibt es schon lange nicht mehr, die ist in ihrem Leben irgendwann verloren gegangen. Aber da sind die Kinder, die trifft ja keine Schuld. Sie geht nicht zu den Gleisen an der Brücke, lebt weiter, auf welchen Gleisen, das weiß sie auch nicht, da hat sie selbst gar keine Ahnung von.“ schilderte Paul meine Zukunft. Wie ich Paul anstarrte, das wusste ich selbst auch überhaupt nicht. „Nein, nein, Paul, nein,“ widersprach ich in erregtem Tonfall, „mit Junirot wird es so etwas niemals geben.“. Paul stutzte. Wer Junirot ist, und was sich mit Paul und Annie Urban entwickelte, weiß die Geschichte.

 

 

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Impressum

Tag der Veröffentlichung: 04.09.2013

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