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Kapitel 1




Du schaffst das schon, du schaffst das

, machte sich Brittany Goebel Mut und ging erhobenen Hauptes mit einem voll beladenen Tablett durch die Menge. Es wäre nicht das erste Mal, dass sie ein Zerstreuter, Betrunkener oder einfach gesagt ein Idiot sie bei der Arbeit anrempelte. Sie erreichte einen fünf Personentisch, stellte die Getränke ab und kassierte sofort. So waren die Regeln im Wirtshaus. Direkt bezahlen oder gehen, was auch irgendwie Sinn machte den man verlor in dem großen Raum schnell den Überblick. Sie arbeitete jetzt knapp 2 Monate im Wirtshaus und schaffte es immer noch nicht ganz, bis zur letzten Minute standzuhalten. Ihr Tag war einfach zu ausgelastet. Müde, rieb sie sich kurz die Augen hinter der Theke und warf einen kurzen Blick auf die Uhr. Der große Zeiger stand auf der neun. Nur noch eine Viertel Stunde

, seufzte Brit sehnsüchtig. Zuhause würde sie sich nur noch eine Dusche genehmigen, bevor sie sich ins Bett schmeißen würde und dann..dann würde der Wecker in nur 4 1/2 Stunden klingeln und sie in die Schule scheuchen. Sie würde ihre Schwester wecken, die ihr wie immer einen Schuh hinterher werfen würde. Dann müsste sie ihre Mutter versorgen, die wieder einmal erst gegen 5 Uhr nach Hause gekommen war und sich nicht einmal die Mühe machte sich ins Bett zu schleppen. Es war immer das selbe. Endlich war der letzte zahlende Kunde draußen und die anfallende Arbeit erledigt. Sie verabschiedete sich kurz in die Runde winkend und ging hinaus in die morgendliche Dunkelheit. Schon wieder fiehlen kleine Schneeflöckchen aus den Wolken und streichten die Stadt winterlich weiß. In ihrer kleinen zwei Zimmer Wohnung zog sie sich die alten Winterstiefel aus und stellte sie neben die Tür zum abtauen. Leise schlich sie sich ins Bad und unter die Dusche. Das Wasser plätscherte auf ihre kalte Haut und gab ihr das Gefühl von Wärme zurück. Als sie fertig war, stellte sie sich vor den kleinen Spiegel und musterte sich mit zusammengekniffenen Augen. Diese Haare

, dachte sie und zog an einer langen Strähne, einfach eine Katastrophe! Welcher normale Mensch hat schon orangene Haare?!

Seufzend schnappte sie sich einen kleinen Föhn und bearbeitete damit ihre schulterlangen Mähne. Danach schaltete sie das Licht aus und ging in das Zimmer das sie und ihre Schwester teilten. Es war nicht besonders groß, gerade so passten zwei kleine Betten, ein Schrank und ein Schreibtisch rein. Natürlich beschlagnahmte Lissa mehr als die Hälfte des Platzes mit ihren Sachen und wusste nicht wieso sich Brit darüber aufregte. "Du hast ja eh nicht soviele Sachen, wie ich." grinste sie und hielt somit das Thema für beendet. Sie hatte ja irgendwie recht. Im Gegensatz zu Lissa hatte sie keinen Freund der ihr alles in den Hintern schob und ehrlich gesagt konnte sie auf sowas auch gut verzichten. Brit arbeitete viel lieber für das was sie wollte, als sich von jemanden aushalten zu lassen. Müde schlüpfte sie in ihr Bett, schloss die Augen und beendete somit ihre Gedanken und Sorgen für eine Weile.


Der Wecker bekam am nächsten Morgen Schlag Nummer 34. Sie wusste es so genau, da es genau soviel Tage her war seit sie ihn gekauft hatte. Immer noch leicht verschlafen streckte sie ihre Arme und warf einen Blick auf ihre schlafende Schwester. Nur ihre braunen Haare lugten über die Decke, während sich ihr Gesicht völlig darunter verbarg. Brit hob einen herumliegenden Schuh vom Boden auf und warf ihn spontan auf das andere Bett. Sie wusste nicht was sie geritten hatte, aber ihr schien es nur fair das Lissa wusste wie es war einen Schuh entgegen geworfen zu bekommen. "Au! Hey was soll das?!" kreischte sie auch gleich und sprang mit einem Satz aus dem Bett. "Bist du WAHNSINNIG?!" brüllte sie Brit in einem kurzen fast durchsichtigen Nachthemdchen an. Woher es stammte war Brit sofort klar. Jetzt wurde sie wütend. "Hast du den überhaupt keinen Stolz?" fauchte sie aufgebracht und deutete auf den Hauch von Nichts den sie trug. "Du bist 14! Keine 20!" "Ja klar Mami, du bist doch nur neidisch, das du sowas teueres nicht haben kannst!" die Stimme von Liss wurde um zwei Oktave höher als Brit anfing zu lachen. "WAS? Ist doch so. Du bist neidisch bis zum geht nicht mehr und machst deswegen dauernd Kevin schlecht!" "Sicher.. ich bin ja sooowas von scharf, auszusehen wie eine billige Nutte. Ich kanns kaum abwarten, mich genauso an so einen schmierigen Typen zu werfen um ihn auszunehmen wie eine Weihnachtsgans!" Brit steigerte sich immer mehr in die Sacher hinein und wurde dabei genauso laut wie ihre Schwester. "Du weißt gar nichts, du blöde Schlampe!" Liss's Augen schossen tödliche Pfeile auf sie ab. "Ich bitte dich, jeder Blinde sieht das. Leider aber nicht dein Kevin, da er nicht den nötigen IQ dafür besitzt." "Ts, ich geb mich mit so einer arroganten Kuh wie dir nicht ab. Das verschwendet nur meine kostbare Zeit." Damit wandte sich Liss ab und ging ins Bad. Demonstrativ warf Brit die Schranktür laut zu, sodass sie es selbst im Raum neben an gut mitbekommen musste. Schnell zog sie sich an und wartete an der Badezimmertür bis ihre Schwester fertig war. Schweigend stolzierte Liss in voller Montur aus dem Bad. Im Bad erledigte Brit schnell die Morgentoilette und bürstete zum Abschluss ihre Haare. Das Orange hatte sich leider seit letzter Nacht nicht auf wundersame Weise in eine normale Haarfarbe verwandelt. Wäre auch zu schön gewesen

. Braune, ernste Augen starrten ihr aus dem Spiegel entgegen und schienen sie dazu aufzufordern sich selbst zu akzeptieren. Vergiss es

, dachte sie und zog mit einem schulterzucken aus dem Bad ab. In der Küche schnappte sie sich schnell noch eine Scheibe alten Toasts und ging dann zur Tür um sich auf den Schulweg zu machen. Ihre Wohnung lag im Viertenstock und hatte keinen Aufzug. Brit rannte immer zwei Stufen nehmend hinunter und erreichte die alte, nicht stabil wirkende Haustür die leider auch mit der Zeit angefangen hatte zu klemmen. "Geh schon auf du Mistding!" fluchte Brit und lehnte sich mit ihrem ganzen Gewicht dagegen. Endlich schlug ihr die morgendliche Kälte eines Februar Morgens entgegen. Die Schule war nur zwei Straßen weiter, was ihr in diesem Moment ziemlich zu Gute kam, da sie nur noch 10 Minuten hatte bis es klingelte. Brit legte einen Zahn zu und wich beim gehen mehreren Passanten aus. Sie überquerte gerade eine Straße, als hinter ihr jemand ihren Namen rief. "Hey Brit, warte!" Als sie sich umdrehte erkannte sie Dustin, ihren besten Freund. Er hielt mit beiden Händen seine Tasche fest die so vollgestopft war, sodass sie sich nicht mehr schließen ließ. "Morgen. Sag mal, was schleppst du den da alles mit dir mit?" fragte Brit neugierig und ging neben ihm her. "Ach..Wir müssen heute bei der Schmidt was präsentieren." erklärte Dustin mit einem grinsen im Gesicht. Ungläubig schaute sie auf die zerknitterten Blätter. "Na, viel Glück." wünschte sie ihm trocken. "Hey! Das klingt ja alles andere als ein Glückwunsch!" beschwerte er sich und strich sich eine dunkel braune Strähne aus dem Gesicht. "Doch doch. Ich denke sogar, das du das bei der Vorbereitung dringend nötig haben wirst." grinste nun Brit. "Ach..wird schon schief gehen." erwiederte er zuversichtlich. "Oh..hey, das ist doch deine Schwester oder?" fragte er und deutete mit dem Kinn auf Lissa die am Eingang des Auguste Viktoria Gymnasiums stand. "Ja.." gab Brit mit gemischten Gefühlen zu. Sie erinnerte sich noch zu deutlich an den Streit von heute morgen. "Komm, wir müssen rein",lenkte sie vom Thema ab, ging schnurstracks an Lissa vorbei und ins Gebäude rein. Dort trennten sich ihre Wege und sie verabredeten sich für die Pause. Brit marschierte in den ersten Stock, den Flur rechts und dann in den dritten Raum in der sich ihre Klasse befand. Als sie die Tür aufmachte, warbte eine Stimmenmaße über sie hinweg. Glück gehabt! stellte sie fest, als sie die Mathelehrerin nicht am Pult vorfand. Die anderen ignorierten Brit völlig, als sie sich ihren Weg durch sie hindruch bahnte und ihre Sachen auf ihren Tisch ablegte. Sie hatte einen Sitzplatz in der letzten Reihe, direkt am Fenster. Der andere Sitzplatz neben ihr war frei und das schon das ganze Schuljahr über. Sie war eben die allseits beliebte Außenseiterin seit der 5. Klasse. Was solls. Auf solche Freundschaften kann ich verzichten

, dachte sie sich als sie ihre Mitschüler beobachtete. Ich hab ja Dustin

. Bei dem Gedanken lächelte sie. Ihr Chaotischer Sandkastenkumpel würde sich nie zu einer dieser heuchlerischen Gestalten entwickeln, darauf könnte sie ihre liebsten und einzigen Ohrringe drauf verwetten. Die Tür klapperte und riss Brit aus ihren Grübeleien. "Na, alle schön an ihre Plätze!" forderte Frau Baum die Klasse auf, während sie auf dem Pult einen großen Stapel Papiere ablegte. "Schlagt bitte die Seite 53 im Buch auf." Sie schien jeden durch ihre Brille zu mustern, bevor sie sich zur Tafel umdrehte und groß 'Gebrochene Rationale Funktionen' an die Tafel schrieb. Der Rest der Stunde verging wie im Flug und ehe sich Brit versah klingelte es zur ersten Pause. Sie ging hinaus auf den Pausenhof, setzte sich mit ihrer Englisch Lektüre auf die Bank und wartete auf Dustin. Sie war gerade im Begriff die Seite umzublättern, als ihr das Buch aus den Händen genommen wurde. "Hey..!" rief sie und funkelte Dustin böse an. "Was liest du da bloß wieder für einen Schund?" beschwerte er sich und setzte sich mit dem Buch in der Hand neben sie. "Das ist kein Schund, das ist Pride and Prejudice." verteidigte sie ihre Lektüre. "Lass mich raten. Eine bis zur hystery romantisch veranlagte Frau die auf irgend einen Typen scharf íst und ihn am Ende bekommt. The End." grinste er und gab ihr das Buch zurück. "Du Doofi, ich hab mir das Buch nicht ausgesucht. Das war Frau Reuthers Wahl", klärte sie ihn auf und haute ihm das Buch auf den Kopf. "Verzeih, wie konnte ich dir nur so einen schlechte Geschmack unterstellen?" übertrieb er und wuschelte ihre Haare durcheinander. "Pf", machte Brit, verdrehte die Augen und beobachtet ihre Schwester dabei, wie sie an ihne vorbei marschierte. "Hast du nach der Schule Lust mir bei der Geschenk Auswahl zu helfen?" fragte Dustin und lehnte sich dabei entspannt zurück. "Hm wofür brauchst du den ein Geschenk?" konterte sie mit einer Gegenfrage. "Julia hat bald Geburtstag und ich hab absolut keine Ahnung was ich ihr schenken könnte." "Du meinst also ich wüsste das besser? Ich kenn deine Freundin doch nicht einmal richtig", stellte Brit klar. "Ja, aber du bist doch eine Frau.." "Schön das dir das aufgefallen ist", grinste sie und stieß ihn mit den Ellenbogen an. "Hilfst du mir jetzt oder nicht?" fragte er mit ernstem Gesichtsausdruck. "Ja ok. Lass es uns direkt nach der Schule hinter uns bringen", schlug sie vor und erhob sich zum Klingelzeichen. Sie gingen noch zusammen bis in den ersten Stock, doch dort trennten sich ihre Wege erneut. Gerade wollte sie in ihre Klasse gehen, als sie jemand am Handgelenk festhielt. "Hey Brittany", ertönte hinter ihr die Stimme ihrer Schwester. Sie drehte sich zu ihr und musterte sie mit erhobener Augenbraue. "Was?" "Kannst du mit mir nach der Schule zu Galerie gehen? Ich möchte da ein bestimmtes Computerspiel für Kevin kaufen", fragte sie und setzte dafür ihr unschuldigstes Lächeln auf. "Nein, tut mir Leid. Hab schon was mit Dustin vor. Er brauch auch ein Geschenk", fügte sie unbedacht hinzu. "Achso. Naja..kann man nicht ändern." Lissa drehte sich ohne viel Federlesen um und ging. Merkwürdig

, dachte Brit und ging endlich in ihre Klasse. Ansonsten macht sie doch immer einen Aufstand, wenn sie nicht das bekommt was sie will

. Mehr als verwirrt, wiedmete sie sich ihrem Hobby dem zeichnen. Der Deutsch und anschließende Französisch Unterricht konnte kaum ihr Interesse fesseln und so saß sie die restlichen Stunden in gebückter Haltung und zeichnete. Als der Gong zum Aufbruch rief, wollte sie gerade aus die Klasse als Alina sie ansprach. "Brit, hast du eine Minute?" fragte sie und schaute sie ohne ein lächeln an. Allein die Tatsache das sie noch ihren Namen kannte verblüffte Brittany aufs äußerste. In der Grundschule waren sie mal gut befreundet, doch irgendwann spannte sich das Verhältniss zueinander extrem an. "Hm..Klar. Was gibts?" "Kannst du mir vielleicht gerade das zeigen, was wir am Mittwoch in Englisch gemacht haben?" bat sie immer noch ohne ein lächeln. Wieso frägt sie das mich? Ist die Akokalypse ausgebrochen oder hab ich irgendwas verpasst?!

Konnte sie sich gedanklich nicht verkneifen, setzte aber ein lächeln auf und nickte. "Kein Problem. Ich hab sogar das Heft dabei." Brit fing an ihre Sachen in der Tasche zu durchwühlen, als Alinas Handy anfing zu klingeln. "Oh. Naja. Du kannst mir das ein anderes Mal zeigen." Änderte sie plötzlich ihre Meinung, ohne den Blick vom Handy zu nehmen. Ehe Brit genau wusste was los war, war Alina weg und sie stand da wie bestellt und nicht abgeholt, immer noch bewaffnet mit einem Heft in der Hand. Prima. Lektion Nummer 1, versuch niemals NIEMALS einer solchen Kuh zu helfen.

Mit zusammen gekniffenen Augen packte sie ihre Sachen wieder ein und hängte sich die Tasche um. Draußen auf dem Flur, war niemand mehr. Die ganze Schule schien wie ausgestorben, dabei waren erst 15 Minuten seit dem Zeichen vergangen. Hoffentlich dauert die Geschenksache nicht so lange. Wieso geht er eigentlich nicht zu einem Juwelier und käuft ihr eine verdammte Halskette? Eigentlich wunderte es sie wirklich, dass er es nicht so machte. Geld genug hatte er ja dafür. Immerhin waren seine Eltern reiche Geschäftsleute, die tagtäglich in der Welt umherreisten.

Stirnrunzelnd ging sie die letzten Stufen hinunter in die Eingangshalle in der sich nur noch drei Leute befanden. Einer von ihnen erkannte sie als Dustins Kumpel Maik, der lange blonde Haare und auf diese immer eine Kappe hatte. Brit sah sich suchend um, konnte aber keinen Dustin finden. Draußen vor der Tür wartete er auch nicht. Verwirrt ging sie wieder in die Eingangshalle zurück um Maik nach Dustin zu fragen. "Hey Maik, weißt du wo Dustin steckt?" fragte sie ihn direkt. "Der ist gerade mit so einer Braunhaarigen hier abgedampft. Schien auf sie gewartet zu haben", gab er als Antwort und musterte Brit eindringlich. "Braunhaarig?" Brit beschlich einen leisen Verdacht. "Hatte sie zufällig braune Augen und so ein komisches Minikleid an?" erkundigte sie sich. "Ja genau. So ein grünes Kleid, das keine Fantasy frei lässt. Echt scharf die Kleine." "Hm.. Danke", bedankte sie sich tonlos und ging ohne sich nocheinmal umzuschaun, raus in die Einsamkeit.


Kapitel 2


Brittany machte sich traurig, aber auch enttäuscht über die Naivität ihres besten Freundes auf den Weg nach Hause. Der Regen, der vor wenigen Minuten nur langsam tröpfelnd sich angekündigt hatte, plätscherte jetzt mit seiner vollen Gewalt auf sie nieder. Doch das nahm sie nur am Rande war. Während des ganzen Weges dachte Sie über ihr stressiges und verhasstes Leben nach. Warum auch musste all das immer ihr passieren? Angefangen hatte alles mit dem Verschwinden ihres Vaters als sie 8 Jahre alt war und den hinterlassenen Schuldenberg, denn sie noch bis heute abarbeitete. Nur kurz danach kam der Absturz ihrer Mutter in den Drogen sowie Alkoholsumpf und jetzt hatte Lissa nichts besseres zu tun als ihr Dustin, ihren einzigen Freund,zu stehlen. Ihr einziges Licht in einer dunklen und kalten Welt. Trübsinnig blieb sie vor einem Schaufenster stehen. Es war hell erleuchtet und strahlte eine gewisse Wärme im regnerischen Wetter, aus. Wie Dustin, dachte Brit langsam. Er ist meine Wärmequelle.

Ihre Gedanken stürmten ungebremst auf sie ein und hinterließen einen bitteren Geschmack in ihrem Mund. Was würde nur sein, wenn diese Wärme aus ihrem Leben verschwände? Schnell vertrieb sie den Gedanken, doch andere, nicht bessere folgten.Wieso konnte ich nicht wie andere Kinder aufwachsen?

, fragte sie sich verbittert und biss auf die Lippen bis sie Blut schmeckte. Eine tolle Familie mit vielen Freunden und keiner Schwester die sich aufführte als wäre sie die Königin der Welt, sponn sie weiter und setzte sich geknickt in Bewegung. Es brachte ihr nicht viel über Wenn und Aber nachzudenken, dadurch schlossen sich nur weitere depressive Gedanken einer Kette an. In ihren Überlegungen vertieft, ging sie an der Haustür vorbei und musste auf halben Wege wieder umdrehen. Völlig durchnässt erreichte sie das Treppenhaus, wo die Stufen das alt bekannte Willkommenslied knarzten, und hinterließ dabei mehrere kleine Pfützen. Sie setzte sich auf die letzte Stufe und seufzte, wie sooft wenn sie ihren dunklen Gedanken nachhing. Der Tag kann gar nicht mehr schlechter werden,machte sie sich Mut. Im Wirtzhaus würde sie nicht mehr denken, nur noch funktionieren. Kein weiterer Schmerz würde sie bis zum Ende ihrer Schicht plagen. Sie blieb noch weitere fünf Minuten sitzen und rappelte sich schließlich auf um zur Wohnungstür zu gelangen. Noch bevor sie den Schlüssel umdrehte wusste sie was sie jetzt erwarten würde, es war nur all zu bekannt. Mit der Zeit hatte sie sich gegen den Anblick abgehärtet. Schon in der Diele wallte ihr der brennende Geruch von Alkohol vermischt mit dem von verbranntem Essen entgegen und erzeugte in ihrem Magen ein leies Blubbern. Bevor sie einen Blick ins Wohnzimmer werfen wollte, hängte Brit ihre nassen Sachen in ihr Zimmer und folgte dann dem Geruch des Hochprozentigem ins Wohnzimmer. Wie schon erwartet saß dort ihre Mutter. Blutunterlaufene Augen mit geweiteten Pupilen verrieten ihr alles was sie wissen wollte, der Rest sagten die zahlreichen Flaschen und die einzelne Spritze auf dem Tisch. "Mum,was ist das denn schon wieder?!", fragte Brit mit der Stimme einer strengen Mutter, die sie nicht war. Gaby drehte sich langsam in ihre Richtung und fixierten sie mit Augen die nichts wahrnahmen. "Ach du..was machstn du hier?!"Du bist nicht meine M..Mutter!!",schrie Gabi zusammenhangslos. "Stimmt, DU bist MEINE!", fauchte sie leicht erzürnt zurück und versuchte sich schnell wieder zu beruhigen. Eine Unterhaltung in ihrem Zustand war so gut wie unmöglich, weshalb Brit sich kurz entschlossen die Flaschen auf dem Couchtisch schnappte und in die Küche ging. Dort sah sie das nächste Übel, was sie mit offenen Armen erwartete. Der Herd war nicht ausgeschaltet, auf zwei Platten die in der dunklen Küche leuchteten, standen ein Topf und eine Pfanne. Im Topf befanden sich 2 Eier, während in der Pfanne munter eine dicke Brühe vor sich verkochte. Mit angeekeltem Blick schaute sie auf die Überreste der Eier, zwei dunkle verkohlte Dinger die bestialisch stanken und sicher nicht mehr zum Verzehr geeignet waren. Schnell griff sie sich den Topf stellte ihn auf die Spüle und schaltete den Herd aus. Sie wollte gar nicht erst wisssen, was sich in der Pfanne befand. Als nächstes öffnete sie das Fenster und wedelte mehrfach mit einem Geschirrtuch um den Geruch zu vertreiben. Es war ihr ein Rätsel wieso sich ihre Mutter im Suff immer wieder über die Küche hermachte und Chaos verursachte.Vielleicht sind ihre Mutterinstinkte nicht ganz versoffen und tauchen von Zeit zur Zeit auf?

,fragte sie laut in die kleine Küche hinein. Mit einem hungrigen Magen machte sie sich über den Inhalt des Kühlschrankes her und bereitete sogar ein Sandwich für ihre Mutter zu. Auf einem Teller brachte sie es ins Wohnzimmer, wo Gaby immer noch auf der selben Stelle, in die selbe Richtung starrte. "Was zu essen.",erklärte sie ruhig und hielt es ihr vor die Nase. Sekundenlang geschah nichts, doch dann schlug die ältere Frau wie wild um sich und beförderte den Teller mit samt den Inhalt auf den Boden. "Faules Stück..hälst dich für besseres...unnützes Ding.."schrie Gabi. "Sonst noch was?!",knurrte Brit um Beherrschung ringend und atmete mehrfach tief durch. Diese Frau war ihre Mutter, egal was sie tat und sagte, das versuchte sie sich immer wieder in den Kopf zu rufen. Leise, ohne das irre Gerede ihrer Mutter zu beachten, schlich sie sich aus den Raum und in ihr Zimmer, wo sie die Tür fest hinter sich schloss. Sie wollte im Moment keine weiteren Beleidigungen, wilde Flüche oder wirres Gerede hören, es reichte ihr langsam. Es stand ihr alles bis zum Hals. Wieder knurrte ihr Magen, das wenige was im Kühlschrank war, reichte kaum aus um ihren Hunger zu stillen. Hinzu kam das verschwendete Essen ihrer Mutter und die Ration ihrer Schwester. Sie konnte ihr doch nicht alles wegessen. Vielleicht kann ich ja noch was im Wirtzhaus essen,dachte Brit sehnsuchtsvoll und setzte sich an den Schreibtisch und packte ihre Hausaufgaben aus um sie noch schnell vor Arbeitsbeginn zu erledigen. Die Minuten krochen dahin, ehe sie sich versah war es schon Zeit zum Umziehen. Schnell schlüpfte sie in eine weiße Bluse und in eine schwarze Hose die etwas zu locker auf den Hüften saß. Sie hatte schon wieder abgenommen. Nachdenklich musterte sie die schon etwas ältere Hose und entschied, das es nicht so schlimm war. Diesmal dachte sie an einen Regenschirm und öffnete ihn noch bevor sie einen Fuß auf die nasse Straße setzte. Den vielen Pfützen ausweichend, gelangte sie ohne viel über den heutigen Tag nachdenkend zu ihrem Arbeitsplatz, dem Wirtzhaus.Flink huschte sie mit einem Blick auf ihre Armbanduhr hinein und begrüßte die Anderen mit einem strahlenden aufgesetztem Lächeln. Eine halbe Stunde nach Ladenöffnung war der Raum erfüllt vom Geschnatter und Gelächter vieler Besucher, die es sich auf Sitzgelegenheiten bequem machten oder einfach in Grüppchen beieinander standen. Brit beförderte wie üblich ständig gefüllte Gläser hin und geleerte zurück und hatte somit wie schon gedacht keine Zeit sich selbst in Gedanken fertig zu machen. In ihrer Arbeitswut bemerkte sie nicht das Jolly Müller,der Bruder von Lissas Freund Kevin,mit ein paar Freunden eingetroffen waren und schon ziemlich angeheitert waren. Als Brittany kurz einmal an seiner Gruppe vorbeihuschte, erkannte Jolly sie trotz seines Alkoholspiegels auf einem Blick. Ihre Schwester Lissa hatte sie ihm einmal gezeigt, als er Kev und sie mit dem Auto an der Schule abgeholt hatte. Schon damals hatte er nicht auf das gemeine Gerede von Lissa gehört, sondern sich selber ein Urteil gebildet, das um einiges besser war als das vorgeschnatterte. Als das Mächen erneut an ihm blicklos vorbeimarschierte, bewaffnet mit einem Tablett mit drei gefüllten Gläsern, packte er sie reflexartig am Oberarm. Brit schaute überrascht hoch in das Gesicht eines blonden Mannes, das wenn es nicht verzerrt vom Alkohol gewesen wäre, sicher recht hübsch war. "Lassen Sie mich bitte los?",fragte sie ihn mit einer Maske der Höflichkeit. "Und wenn nicht? Wie wärs mit uns beiden?", lallte er leicht und drückte seine Hand fester zu. Starr schaute sie ihn an und schien seine Worte kaum einen Wert bei zu messen. Doch als er seine andere Hand über ihren Rücken hinunter zu ihrem Hinter gleiten lies, wurde es ihr zu viel. "Der geht aufs Haus", raunte sie ihm gespielt verführerisch zu und kippte ihm mit einer Hand einen Drink über seine Haarpracht. Zeitgleich stampfte sie mit einem Absatz auf seinen Fuß, sodass er ihren Arm überrumpelt freigab. Ohne weitere Worte zu verlieren drehte sie sich um und hinterlies einen betröpelt dreinblickenden Jolly hinter sich, der von seinen gaffenden Freunden herzlich ausgelacht wurde.
Ohne weitere Komplikationen beendete Brit ihre Schicht und lehnte sich nachdem der letzte Gast verabschiedet wurde, an die Theke. Ein Blick auf die Uhr verriet ihr das es schon ziemlich spät war. Überstunden waren keine Seltenheit, nur in den wenigsten Fällen machten sie auch wirklich Punkt 2 Uhr morgens Schluss. Sie verabschiedete sich müde bei allen und wurde von ihrem Chef Karl, entlohnt. Hoffentlich ist Gabi zu Hause und nicht schon wieder auf Partytour. Und Lissa...die bekommt noch was von mir zu hören und wenn ich sie aufwecken muss",dachte sie sich, während die Tür des Wirtzhauses hinter ihr zuschlug. Auf halbem Weg beschlich Brit ein unangenehmes Gefühl. Irgendjemand verfolgte sie, war hinter ihr. Angelegentlich drehte Brit sich um, doch sie konnte niemanden ausmachen. Ihre Schritte beschleunigten sich, das Mädchen rannte beinah. Diesmal hörte sie Schritte, doch abermals sah sie niemand Verdächtiges. Die Angst kroch ihre Beine hoch und verbreitete sich im ganzen Körper. Adrenalin wurde vermehrt ausgeschüttet und brachten das Mädchen zu Höchstleistungen. Innerhalb weniger Minuten war sie an der Tür von ihrem Wohnblock angekommen, den Schlüssel hielt sie schon gezückt in der Hand und stach ihn gekonnt ins Schloss. Erst nach dem zuschalgendem Geräuch hinter ihr, beruhigte sie sich langsam und setzte sich erschöft und mit zitternden Beinen erneut auf die Stufen. Vom Tag und den Launen des Schicksals genervt und ermüdet, erklomm sie den langen Weg nach oben und öffnete schließlich mit einem Seufzer der Erleichterung die Schlafzimmertür. Doch als sie eintrat, traf sie der nächste Schlag. "Was geht denn hier ab? Lissa was soll denn der Scheiß?",fing sie an zu schreien."B...Br..Brit..was machstn...d..u...hie..r?",fragte ihre Schwester angetrunken, in einer leicht gedehnten Position die anscheinend als Hilfestellung für den Fremden vor ihr gedacht war. Dieser hielt das Kleidchen ihrer Schwester in der Hand und hatte beim Eintretten Lissas Hals mit einem Babyfläschen verwechselt. "Hast du sie nicht mehr alle? du hast einen Freund! Und wer ist das überhaupt?Du sollst dich doch nicht so zulaufen lassen!!",brüllte Brittanymit den Nerven am Ende, Lissa an."Na und..ein bisschen Spaß muss sein..sei nicht so verklemmt! Kein Wunder das du noch Jungfrau bist.Und das ist..ähm..ja wer bistn du?Nein... ich bin.. überhaupt.. habe nichts...getrunken..."stammelte Lissa zusammen hanglos. Brit deutete mit einem einschüchternden Blick dem Typen stumm die Tür. Dieser schnappte sich seinen Gürtel und sein ausgezogenes Hemd und verschwand ohne viel federlesen, sicherlich schon in Gedanken auf der Suche nach einem Ersatz. Brit massierte sich um fassungringend ihre Stirn um die aufkommenden Kopfschmerzen zu vertreiben und fixierte dabei ihre Schwester, die unbeholfen versuchte ihr Nachthemd anzuziehen. Es wunderte sie, das sie sich noch nicht lautstarks wegen ihrer Einmischung beschwerte. Als Lissa wiederholt versuchte das Nachthemd falschherum anzuziehen setzte sich Brit zu ihr und zog sie wie ein kleines Kind an und deckte sie abschließend zu. "Für dich gibts heute keine gute Nachtgeschichte", brummte Brit ironisch und fing selber an, sich umzuziehen. Halb im Schlaf murmelte Lissa unverständliche Dinge. Die Sache mit Dustin konnten sie auch noch morgen beschreien, fand Brit und lies die Sache für den Moment auf sich beruhen. Sie war einfach zu weich für diese Chaotenfamilie, die am Abgrund hing und kurz davor stand vollkommen abzustürzen. Um vielleicht unbeschadet weiterleben zu können musste sie stark werden, doch das würde eine komplette Trennung von ihrer Familie bedeuten. "Nein", murmelte sie und zog die Decke höher, "noch gebe ich die Hoffnung in meine Familie nicht auf."

Impressum

Texte: Da dies ein Teamprojekt ist, werdet ihr nicht alle Bücher der Reihe auf meiner Seite finden sondern auch Teile auf der Seite von lady.ely!
Tag der Veröffentlichung: 17.10.2010

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Die Kapitel wurde/werden abwechselnd geschrieben. Kapitelzahl: Ungerade->lady.ely Gerade->ninnifly

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