Cover

Prolog

Er kann ein Arsch sein, aber das wusste ich vorher nicht. Denken hätte ich es mir schon können. Er ist eine Riesen große Zicke, ich wusste gar nicht, dass es männliche Wesen gibt, die so extreme und verwirrende Stimmungsschwankungen haben. Das witzige ist, ich dachte mich könnte man nicht toppen. Ich meine, ich kann ziemlich überreagieren und ausflippen, der normale Weiberkram halt, typisch Frau. Aber er übertrifft dies maßlos. Seine Fähigkeit Grenzen zu überschreiten ist.. sagen wir mal einzigartig. Und es nicht zu bemerken wenn man Fehler macht beherrscht er auch ziemlich gut. Ich frage mich nur, wie man so unaufmerksam, vergesslich und unbeherrscht sein kann. Es gibt auch eine andere Seite an ihm. Er kann liebevoll, zärtlich und unglaublich viel Willen besitzen, ich schätze es sehr an ihm. Wie er versucht mir die Welt zu Füßen zu legen. Aber das wirklich faszinierendste an diesem Mann ist diese dunkle Aura die ihn umgibt, ein Geheimnis, welches ich nur zu gerne lösen wollte. Welches ich nun endlich gelöst habe. Ob es für mich gut war? Da bin ich mir nicht sicher.

Neuanfang

 „Es ist eine Zumutung!“, schrie ich meine Mutter durchs Telefon an. Sie war einer der sturköpfigsten Menschen, die ich überhaupt kannte. „Du hast nicht das Recht in meinen E-Mail Daten ’rumzuschnüffeln! Das nennt man unbefugtes Eingreifen in die Privatsphäre!“

 „Aber Liebling! Du hast dich so lange nicht gemeldet. Ich habe mir riesige Sorgen gemacht. Du und Andrew.. Läuft es nicht gut? Ich dachte ihr wolltet heiraten?“ Ja.. Andrew.. Mein Verlobter. Sein Antrag ist wunderschön gewesen. Wir sind ausgegangen und aßen in einem noblen Restaurant, separat, von allen anderen abgeschieden in einem einzelnen Raum. In dem Raum hat ein Tisch gestanden, ein einziger Tisch. Rote Tischdecke, Blumen und schon gefüllte Weingläser mit meinem Lieblingswein. Es war an unserem 4-Jährigen. Ich bin so glücklich gewesen, dass er mich zu so einem romantischen Essen ausführte. Als er mich dann auch noch gefragt hat, ob ich ihn heiraten will, war es das Beste, was mir passieren konnte. Seit neusten war er aber ziemlich zurückgezogen. Verbrachte viel Zeit in seiner Firma, kaum noch Zeit mit mir. Ich hegte große Angst, dass er sich das mit der Hochzeit noch mal überlegen würde. Dann habe ich ihn dabei erwischt, ganz typisch Mann, in seinem Büro, wie er seine Sekretärin auf dem Bürotisch vögelte. Ja ein bedeutsamer Moment in unserer Beziehung, die ich schließlich beendete habe.

 „Mooom!! Ich hab’s dir schon einmal gesagt: Er hat mich betrogen, 2 Jahre lang. Ich habe die Verlobung aufgelöst und ihn verlassen.“ Ich verstand nicht warum meiner Mutter das nicht in den Kopf ging. Es war ein ganz einfacher Sachverhalt. Mann betrügt seine Verlobte, Verlobte bemerkt es und verlässt ihn. Alltag, für manche Menschen.

 „Aber ihr wart doch so glücklich, Mila.“ Ihre Stimme klang verzweifelt. Ja, die Panik, dass das einzige Kind, ihre Tochter, einsam und allein stirbt war für sie unerträglich. Andrew war mein einziger Freund in meinem gesamten Leben und meine Mutter war heilfroh mich unter Dach und Fach gebracht zu haben. Jetzt war ihr Glück jedoch zerstört.

 „Anscheinend ja nicht. Und jetzt bitte ein anderes Thema..“ Sie fing an von Ehemann Nr. 3 zu reden. Einem Mann den ich absolut nicht ab konnte. Er sah mich immer an als wäre ich was zu Essen. Ja, meine Mutter war in ihrer 3. Ehe, und ich? Hab noch nicht mal eine Beziehung geschafft. Ich frage mich, ob es an mir lag, dass er das getan hat, ob er deswegen mich betrogen hat. Ich bin nicht der einfachste Mensch, aber so schlimm auch mal wieder nicht. Die Frage lautet: Was kommt als nächstes? Konzentration auf den Beruf? Verzweifelte Suche nach einem baldigen Ehemann? Wildes, hemmungsloses Leben? Geschlechtskrankheiten? Auf das letzte verzichte ich nur zu gerne.

 Nach dem Telefonat ging ich duschen. Eingekuschelt in meinen Bademantel, das Handtuch um meinen Kopf gewickelt und schon in die Schlappen gemummelt machte ich mir ein schönes Frühstück. Was stand heute bei der Arbeit an? Ich arbeitete in einer Firma die sich um innovative Energie kümmerte. Ich war Sekretärin des Abteilungschefs für das kreative Abteil. Mr. Price hat heute ein Meeting und die Abteilungsbesprechung steht an. Natürlich auch tausende Briefe und E-Mails die ich überarbeiten und wegschicken musste.

 

 Den Weg zur Arbeit verbrachte ich größtenteils ein meiner Schrottschibbel. Ein uraltes Auto, welches aber treu ergeben an meiner Seite steht. Ich überquerte die Straße und betrete den Vorraum meiner Firma.

 „Morgen, Mila. Du siehst aber heute besonders gut aus.“ Cassie, unsere Empfangsdame strahlte mich mit ihrem 200 Watt Lächeln an. Sie war mir ans Herz gewachsen auch wenn man manchmal bei ihr, wie in der How-I-Met-Your-Mother Folge, einfach nur Honey sagen möchte. Und ja sie hatte Recht, ich sah verdammt gut aus. Ich hatte ein hell-blaues Etuikleid an mit schwarzen mörderisch hohen Louboutins, einer schwarzen Perlenkette und Armband. Meine langen roten Haare fielen mir wallend über meine Schultern. Ich sah super-mega-heiß aus.

 „Morgen, Cassie. Danke für das spitzen Kompliment.“  Ich ging an ihr vorüber und wartete vor dem Aufzug. Plötzlich hielt mir jemand die Augen zu. Ich musste lächeln, das konnte nur Pete sein. Ich drehte mich schwungvoll zu ihm um.

 „Einen wunderschönen guten Morgen Pete.“

 „Ich muss schon sagen, Mila, ich habe dein umwerfendes Aussehen ziemlich vermisst“, sagte er grinsend zu mir, „Wie geht es dir denn jetzt nach eurer Trennung, deine Auszeit scheint dir gut getan zu haben.“ Meine Auszeit war spitze. Zwei Wochen Urlaub in einem Wellnesshotel. Da kann sich keiner beschweren und leisten kann man sich so was, wenn man vier Jahre lang auf eine verdammte Hochzeit spart.

 „Ja es war wunderbar, mir geht es blendend. Wie war die Zeit hier ohne mich?“ Ein weiter Mann gesellte sich zu uns und wartete auf den Aufzug. Die Aufzugtüren glitten auf. Der andere Mann stellte sich in die hinterste Ecke.

 „Ziemlich langweilig, mit deinem strahlenden Charakter sieht es hier schon viel frischer aus“, lachte er.

 „Und wie viel Arbeit wartet auf mich?“, tastete ich mich vorsichtig an.

 „Es geht… nja zwei recht große Stapel.“

„Ah! Verdammt!“, fluchte ich leise. Mein Chef war also nicht zuvorkommend gewesen. Wäre auch nur zu schön gewesen, wenn er mich verschont hätte.

 „Eh, Mila, was ich dich noch fragen wollte.. Willst du vielleicht heute Abend was mit trinken kommen?“

 „Klar, warum nicht.“ Die Aufzugtüren öffneten sich und ich trat aus.  Lächelnd winkte ich Pete. Nach ein paar Schritten viel mir auf, dass der eine Mann mit mir ausgestiegen war. Ich hatte ihn noch nie zuvor gesehen und es verwunderte mich sehr. Oh ja, Pete hatte Recht. Es stapelte sich alles auf meinem Tisch. Okay, dann mal an die Arbeit. Ich wollte mich gerade an den ersten Brief machen, als ich bemerkte, dass jemand vor mir stand. Ich hob den Blick und traf auf haselnussbraune Augen. Wunderschöne Augen. Mein Mund wurde trocken, sein markantes Kinn, seine gerade Nase. Ein Gott von einem Mann. Meine Kehle war wie zugeschnürt. Ob er wohl Geschlechtskrankheiten hat? Oh! An so etwas sollte ich nicht denken, ich sollte mich schämen.

 „Guten Morgen“, krächzte ich mit heiser, „wie kann ich ihnen behilflich sein?“ Ich bemerkte, dass es irgendwie anzüglich klang. Um Gottes Willen reiß dich zusammen, du glotzt ihn an als wäre er ein Aquarium.

 „Carter, mein Name. Ich habe einen Termin mit Mr. Bennet.“ Ich schaute in meinem Computer nach. Ja da stand er. Der erste Termin des Tages und danach erstmal für drei Stunden Nichts. Merkwürdig, anscheinend ist der Herr jemand ganz Besonderes.

 „Moment, bitte.“ Ich tippte auf das Telefon. „Mr. Bennet?“

 „Mila? Sie sind wieder da! Wie war ihr Urlaub?“ Ja er konnte auch nett sein. Außer, dass er ein faules Arschloch war, was lieber seiner Sekretärin seine Arbeit aufbrummte.

 „Er war sehr schön. Mr. Bennet ein gewisser Mr. Carter steht bei mir.“

 „Lassen sie ihn sich setzen, ich muss noch kurz ein Telefonat erledigen.“ Schon hatte er aufgelegt.

 Ich sah Mr. Carter an. Er sah verdammt gut aus. Ich hatte Andrew immer als wahnsinnig gut aussehend bezeichnet, doch Andrew war gar nichts gegen Mr. Carter.

 „Bitte setzen sie sich noch einen Moment auf unsere Sofas. Mr. Bennet muss noch ein Telefonat führen.“ Mr. Carter nickte und setze sich zwei Meter neben meinem Schreibtisch auf ein graues Ledersofa. Er wirkte ziemlich angespannt, er hatte wunderschöne große Augen, und sein Haar war blond und leicht verwuschelt. Er sah unwirklich auf unserem Sofa aus, als hätte man ihn irgendwo ausgeschnitten und hier hineingeklebt. Sein Blick richtete sich auf mich und beobachtete mich. Scheiße! Schnell wich ich seinem Blick aus und reagierte endlich auf mein klingelndes Telefon.

 „Ja, Mr. Bennet?“

 „Was hat das denn so lange gedauert? Sie sind nicht mehr im Urlaub! Konzentrieren sie sich und schicken sie mir Mr. Carter rein.“ Uh, jetzt hatte ich ihm schlechte Laune beschert. Ich erhob mich und ging zu Mr. Ich-Seh-Verdammt-Sexy aus.

 „Mr. Carter? Mr. Bennet ist nun bereit sie zu empfangen. Wenn sie mir bitte folgen würden.“

 „Sehr gerne.“ Sein Blick wirkte anzüglich und ein schmunzeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Hatte ich was falsch gemacht? Ich ging zum Fahrstuhl der direkt zu Mr. Bennets Büro führte und drückte auf den Knopf. Im Aufzug herrschte eine merkwürdige Spannung und ich war nur froh als sich endlich die Türen öffneten. Geradewegs ging ich zur Bürotür meines Chefs und klopfte sanft gegen die milchige Glastür.

 „Herein!“, tönte es von drinnen. Ich öffnete die Tür und betrat das große großzügig eingeräumte Büro meines Chefs. Er saß an seinem Schreibtisch und warf mir einen ziemlich bösen Blick zu. Ich würde mir später was anhören können. Mr. Carter ging an mir vorbei und begrüßte meinen Chef. Der Anzug passte ihm perfekt, er schmiegte sich gerade zu an seinem unglaublichen Körper. Ich glaubte mich beim sabbern erwischt zu haben.

 „Miss Black, gibt es noch was?“ Ich schreckte auf.

 „Nein, eh doch! Denken sie an die Abteilungsbesprechung um 12 Uhr.“ Peinlich berührt verließ ich den Raum.

 

 Die Besprechung fand um punkt 12 Uhr statt. Mr. Carter war auch dabei, wodurch meine Konzentration ziemlich hinüber war. Ich war froh als es vorbei war. Als Mr. Carter ging zwinkerte er mir mit einem herzzerreißenden Lächeln zu.

 „Tschüss Miss Black.“

Ungestörte Freiheiten

 Die nächste Woche lief ereignislos. Dienstags abends war es mit Pete ganz lustig, wir stießen auf mein künftiges Singleleben mit Bier und Champagner an und verbrachten einen schönen Abend miteinander, mehr aber nicht. Und trotzdem war ich die ganze Zeit bedrückt. Ich dachte Andrew wäre die Liebe meines Lebens gewesen, ich dachte er wäre mein Mann, mit dem ich für immer und ewig zusammen wäre. Aber da hatte ich mich wohl getäuscht, er hatte mir mehr bedeutet als ich ihm. Mich interessierte es, ob er mit seiner Sekretärin nun eine Beziehung führte. Vielleicht war er mit ihr ja glücklicher. Die Sache hatte ganz schön an meinem Stolz genagt, mein Selbstbewusstsein war irgendwie hinüber, so fühlte ich mich jedenfalls.

 Als ich montags zur Arbeit ging regnete es in strömen. Unter einem Regenschirm geschützt lief ich zu meinem Lieblingscafé und verbrachte meine Pause damit ein leckeres Schokocroissant zu essen. Mr. Bennet hatte erstaunlich gute Laune, vielleicht hatte er ja irgendeinen Verkaufsschlager gebracht oder eine wunderbare kreative Idee für Werbung. Unser Job halt. Mein Handy summte. Mr. Bennets Nummer, na klasse.

  „Mila Black.“, meldete ich mich.

 „Hallo, Miss Black, könnten sie ihre Mittagspause vielleicht früher beenden? Wir haben hier ein kleines Problem.“ Oh. Hörte sich gar nicht gut an. Ich schluckte nervös.

 „Aber sicher doch, Mr. Bennet.“

 Ich bezahlte meinen Kaffee und mein Essen und begab mich wieder zur Arbeit. Cassie sah mich mit warnendem Blick an. Das sagte alles.

 „Miss Black! Können sie mir mal verraten, warum Mr. Harper die E-Mail für Mrs. Schmidt bekommen hat und sie seine Formulare zugeschickt bekommen hat? Das ist ein Arbeitsverhalten, was ich nicht akzeptieren werde. Die Sachen waren von hoher Dringlichkeit und sie vermasseln es. Unfassbar, wenn sie so weiter machen sind sie gefeuert!“

 Verdammt! So etwas ist mir noch nie passiert. „Entschuldigen Sie, Mr. Bennet. Wird nicht wieder vorkommen.“ Meine Konzentration war bei den E-Mails leider an einen gewissen Mr. Carter vergeben. 

Impressum

Texte: Darleen Stamm
Bildmaterialien: forums-de.ubi.com
Tag der Veröffentlichung: 25.07.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich widme diese Geschichte meinem Freund. Er ist der schwierigste Mann, den ich je kennen gelernt habe.

Nächste Seite
Seite 1 /