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Das 11. Opfer


Sie spuerte die zunehmende Hitze hinter ihr. Ein furchtbares kreischen erklang an den steinigen Tunnelwänden entlang. Sephora ist Tod, ihr 11. Opfer. Doch nun musste sie von hier, dem größtem Untertunnelsystem Americas so schnell wie möglich fliehen. Ein kalter Wind ließ sie frösteln und ihre Haare auf dem Armen hochstehen. Die Eingangsluke wurde geöffnet, es konnte nicht mehr lange dauern. Sie rannte immer noch ohne Pause weiter, ohne nach hinten zu schauen. Ihre Beine konnten sie nicht mehr tragen und ihre Lungen brannten entsetzlich. In zwei Minuten würden die Radioaktiven Strahlen in diesem Tunnel freigesetzt werden, sie musste sofort den Ausgang finden. Plötzlich nahmen ihre Augen, im trüben Licht ihrer Neon-Taschenlampe, zwei Avenues entfernt, einen dünnen Sonnenstrahl wahr. Mit aller letzter Kraft erreichte sie die Sicherheitsluke, öffnete sie und kletterte auf Phoenix herauf. In der Nacht sah Phoenix atemberaubend aus.


Zuhause in der Hölle


,,Fabrice, wie sieht dein Stundenplan aus?'' fragte Espera hoffnungsvoll und plumpste neben mich aufs Bett. Ich gähnte müde und stieg lustlos aus dem Bett. ,,Langweilig wie immer, außer am Freitag.'' antwortete ich monoton und schaltete die Espresso-maschiene ein. Espera schlurfte seufzend zu mir: ,,Du weißt das Kaffee nicht gesund für dich und deine Zähne ist.'' ,,Espresso ist kein Kaffee.'' scherzte ich benommen und bückte mich um meinen Stundenplan aufzuheben: ,,Montags Englisch, Mathe, Bio, Spanisch, Sport doppelt und Theater. Dienstags Bogenschießen doppelt, Erdkunde, Französisch und Football doppelt. Mittwochs Algebra...'' ,,Ok, ok. Danke, gib mir deinen Stundenplan. Ich geh's selber durch.'' unterbrach Espera mich genervt und riss ihn aus der Hand. Ich zuckte nur die Schultern und verschwand im Bad, um mich für die Schule fertig zu machen.
,,Ich hasse Uniforme.'' motzte ich als wir durch das Mädchenhostel zum Esssaal gingen. ''Du bist total einstimmig, Fabrice. Am Freitag haben wir freie Wahl, und weißt du was du gewählt hast?'' lenkte sie ein anders Thema ein. ,,Also...'', fuhr sie fort: ,,Du hast Bogenschießen, Football, Fechten, Ice-Hokey, Boxen und dich als Jokey bei Rennsport mit Arabern und Englischen Vollblütern eingestellt. Sag mal, bist du noch ganz dicht?'' Ich guckte sie müde an. ,,Wie kann die Jungenfootball-mannschaft dich nur mitspielen lassen? Bist du noch ein Mädchen oder willst du lieber umkommen?'' beendete Espera wütend ihre Rede. ,,Ich habe Kontrolle über mich, Süße. Du brauchst dir keine Sorgen über mich zu machen.'' Espera sah auf einmal so aus, als würde sie in jedem Moment ihre Haare ausreißen. Nagut, dann bleibe ich jetzt lieber leise.

,,Tschöö, Espera. Bis heute Mittag.'' verabschiedete ich meine beste Freundin mit einer festen Umarmung und steuerte zum Trainingsgelände des Florence-Nightingle Internates. Dort sah ich schon Floyed auf mich warten. Im selben Moment entstand ein Lächeln auf unseren beiden Gesichtern, der Unterschied war, dass Floyed nur süßere Grübchen hatte. ,,Hey Floy.'' lächelte ich und umarmte ihn mit gutem Gefühl. Er erwiderte: ,,Hi, Fabrice. Und hast du's rechtzeitig geschafft?'' Floyed war mein bester Kumpel und mein Komplize. ,,Das 11. Opfer, dude. Vier mehr als du, Schnecke.'' lachte ich und bemerkte plötzlich dass wir angestarrt wurden. Floyed wollte etwas erwidern, doch ich künselte schnell ein Husten und flüsterte unauffällig: ,,In der Pause. Nicht jetzt.'' ,,Ich wollte nur fragen...'' Er stockte. Ich sah ihn fragend an. ,,Ich wollte nur fragen, ob du vielleicht... mit mir ausgehen willst?'' fragte er leise und schüchtern, und versteckte seine grauen Augen unter seinen goldenen Haaren. Ich blieb für ein Moment fassungslos, mir entwichen alle Farben aus meinem Gesicht und ich stotterte dann unsicher: ,,Ehm... ich.. ich schau mal, Floyed.'' Somit drehte ich mich um und stellte mich gegenüber meinem Schießstand. Floyed wurde rot, geselligte sich neben mir an seinem Platz und bereitete ohne aufzugucken sein Bogen vor. Währenddessen sah ich Mister Price und einem neuen Jungen auf dem Platz kommen. Alle Schüler wurden aufmerksam, auch ich. Sogar Floyed schaute überrascht zu ihnen auf. Als Mr. Price, unser Bogenschießen-Lehrer und unser höchstwahrscheinlich neuer Mitschüler, endlich vor uns stehen geblieben waren, fing er an den Neuen vorzustellen: ,,Also guten Morgen, Schüler. Heute will ich euren neuen Mitschüler vorstellen. Das ist Leen Mend, er geht in die XA, in Miss Meyers Klasse und kommt aus Kanada, wo er den St. Martins Highschool besucht hatte. Ich möchte, dass er sich auf unserem Internat
wohlfühlt.'' Mr. Price' Augen glitten durch unseren Kurs und blieben bei mir hängen. Ich schluckte, bitte es soll nicht das sein was ich denke. ,,Seine Verantwortung traue ich Fabrice Amstrong an.'' Ich musste vor Enttäuschung ein Stöhnen unterdrücken. Floyeds Augen waren an Leen angeklebt. Er konnte einfach nicht wegschauen, genauso wie ich. Plötzlich fing an Cam von hinten zu pfeifen und über mich lustig zu machen, doch als er zu Leen blickte, verstummte er sofort. Ich schaute auf. ,,Hey ich bin Leen.'' sprach der neue gelassen und schob eine blonde Strähne vom Gesicht. Ich fixierte seine Augen und flüsterte für mich: ,,Du hast wunderschöne Augen.'' ,,Wie bitte?'' Ich schreckte auf und antwortete wütend: ,,Dein Platz ist dort hinten.'' Er lächelte, zuckte mit den Schultern und verschwand diagonal hinter mir. Was war gerade mit mir los? Wie peinlich. Aber er hatte wirklich atemberaubende Augen: innen goldbronzen und einen dunkelbraunen Rand. Ich schüttelte und konzentrierte mich auf die rote Zielscheibe vor mir.


Rundgang


,,Dort ist die Aula und hier unten ist der Schulhof 3. Da drüben sind die Woods, die mit einem Drahtzaun gesichert sind und es ist äußerst verboten dorthin zu gehen. Neben der Aula befindet sich das Mädchenhostel und daneben...'' durch meinen Augenwinkeln sah ich, dass er nur lächelnd auf meinen Gesicht starrte. Ich fuhr puterrot fort: ,,Und daneben, eh, ist ein großer Park. Gegenüber vom Park ist der Jugendhostel montiert. Ehm...noch Fragen?'' Die Röte in meinem Gesicht blieb, so bin ich nur selten. Seine Augen trafen sich nun mit meinen: ,,Ja. Warum darf man nicht in die Woods?'' Seine Worte waren so geschmeidig ausgesprochen, dass ich schon fast die komplexe Frage vergaß. Okay, er sah gut aus. Verdammt gut sogar. Sein Körperbau war wie bei einem Footballstar, er hatte leichte, luftige blonde Haare mit braunen Strähnen, einfach geile anziehende Augen, einen leicht gebräunten Gesicht mit vollen glutroten Lippen. Sein Charakter war einfach zu lieb. Er würde nie einer Fliege etwas zuleide tuen. Leen war zusammengefasst, einfach ganz anders als alle Jungs die ich kenne. Plötzlich hörte ich ein Räuspern und schreckte auf. Scheiße. Ich hatte wieder geträumt.,, Ähm..also...ich...'' Ich stotterte, weil ich nicht genau wusste ob ich ihm etwas über die Woods erzählen sollte, doch dann antwortete ich hart:,, Es ist mir nicht gestattet, zu verraten was dort ist, oder warum uns die Woods verboten sind.'' Er ließ nicht nach und fragte schließlich etwas, das mich in Verblüffung brachte.,,Wieso hast du

dann das Recht ein Wissen über die Woods zu hüten?'' Seine Redensart war nicht das gleiche, wie bei den normalen US-Jungs, es klang so... gebildet und antik, doch das gefiel mir irgendwie. Ich seufzte leise: ,,Also.. diese Woods sind uns nicht erlaubt, weil dort... Vampire jagen.'' Ich wartete lange auf eine Reaktion, aber es kam keine, was ziemlich komisch war. Alle hätten Angst bekommen, zumindest große Augen gemacht, doch er: stand ganz gelassen da und nickte. ,,Achso. Und, hast du Angst vor Vampiren?'' Diese Frage kam unerwartet, sehr unerwartet. Ich konnte ihm meine Deckung nicht preisgeben, also log ich ganz mies: ,,Ja, habe ich.''Er blieb für eine lange Zeit still und schaute zu den Woods, dann schaute er mir ganz tief in die Augen: ,,Ich will etwas wissen, Fabrice.'' sprach er sanft und zog mich zu den Drahtzaun. Ich gehorchte ihm wie eine Steinfigur. ,,Wa... warum soll ich mit?!'' fragte ich schließlich, als ich zu Bewußtsein gekommen war und ließ seine Hand los.
,,Außerdem klappt dieser Hypno-Trick bei mir leider nicht, aber super Versuch. Ich habe meiner Freundin versprochen, dass ich heute Nachmittag für sie da sein werde. Also.. tschüss, schönes Wochenende.'' erzählte ich sauer. ,,Warum unbedingt diesen Nachmittag?'' hackte er nach, doch für mich wurde es nun zu viel:,, Lass mich bitte mit meinen privaten Angelegenheiten allein, Leen. Ich flehe dich an! Außerdem gehe ich nicht mit dir

hinter dem Zaun.''-Obwohl ich es jeden Tag tat. ,,Schon garnicht mit dir!'' beendete ich meine rhetorischen Gedanken und setzte meinen Weg zum Mädchentrakt fort. ,,Warte!'' hörte ich eine geduldige Stimme hinter mir.

Espera


,,Was ist los? Fabrice?'' Ich saß shokiert auf dem Sofa und starrte in den Kamin, in das brodelnde Feuer. Wir waren im Gemeinschaftsraum des Spirit Houses'. Eigentlich durfte Espera nicht hier rein, doch diesmal war Niall der Kontrolleur an dem Tor und er ließ ausnahmsweise auch mal Freunde mit rein. ,,Bist du eifersüchtig, weil Liberty nicht so viele Einrichtungen in ihrem Gemeinschaftsraum hat wie Spirit?'' giftete ich zurück, weil sie mich seit einer halben Stunde mit diesem Gegacker nervt. Für einen Moment blieb sie leise, doch dann fing sie (leider) wieder an: ,,Sag es bitte, ich kann es nicht ertragen, wenn Freunde so richtig 'fed up' sind und ich ihnen nicht helfen kann.'' heulte sie fast. OK, es ist so: Leen hat' mich aufgehalten, als ich zum Gemeinschaftsraum wollte. Er ist mir ganz Nahe gekommen und hat mysteriös in meine Ohren geflüstert: ,,Fabrice, du bist eine ...'' Ich hörte ihn nicht mehr, weil ich wusste was er zu sagen hatte. Danach spürte ich meinen eigenen Herzschlag so laut, dass ich selber Angst bekam und von ihm wegrannte. Dann war ich hier.
Und das soll ich dir alles erzählen, liebe Espera? Du weißt nicht mals was ich bin, Süße. Niemand außer Floyed und der Schulleiter weiß es. Niemand sollte es auch. ,,Fabrice?'' fragte Espera nochmal, diesmal deutlich leiser. ,,Ja, Espera?'' meine Wut hatte sich gesenkt. ,,Tut mir Leid wenn ich dich seit 30 min. genervt habe...'' Ich lächelte schwach und umarmte sie ganz fest. Ich hatte ein schönes Gefühl im Bauch. Meine Augen starrten das Feuer an, während ich ganz leise Worte in ihren Ohr erzählte: ,,Ich habe eine Geheimnis.'' Danach die Reaktion, hatte ich vorhergewusst. ,,Ja? Was für eins? W...'' ,,Shhhhh!'' machte ich und fasste ihre Hand. ,,Willst du das wirklich wissen?'' fragte ich sicherheitshalber. Sie nickte heftig, und ihre hellen Haare wirbelten um ihr herum. Ich seufzte. ,,Okay, komm mit.'' Es war schon 19:30, Zeit zu schlafen, doch mit ein bisschen Glück, würde uns niemand erwischen. ,,Dahinten ist Niall.'' sagte Espera und deutete auf einem schwarzhaarigen Footballspieler. Als er uns erblickte, nickte er mir freundlich zu: ,,Vergiss nicht, dass wir nächste Woche ein Spiel gegen Knight Riders haben. Und ich würde an deiner Stelle jetzt zurück zum Mädchentrakt gehen.'' Espera guckte ihn schwärmend nach, ich stöhnte leise und zog sie weiter. Ich fand ihn eigentlich ziemlich nett, obwohl er 2 Jahre älter als ich war. Ich wunderte mich trotzdem, bedankte mich und lief mit Espera über die Brücke, die das Schulgelände mit dem Internat teilte, zum Schulhof 3. Keine Seele war zu sehen. Es war eine relativ lange Strecke, die wir zurücklegen mussten, ohne von Lehrern erwischt zu werden. Vor dem Drahtzaun blieb ich abrupt stehen. Sie hob fragend ihre Augenbrauen: ,,Züchtest du Wildschweine?'' Ich konnte einfach nicht lachen. ,,Hast du dir jemals Gedanken gemacht, warum der Wald mit Drahtzäunen abgegrenzt ist?'' Espera machte einen schiefen Kopf: ,,Nö.. vielleicht weil es dort Wildschweine gibt??'' Ich seufzte: ,,Sind Wildschweine gefährlich für Amerikaner?'' Sie nickte ironisch, dann aber wurde sie ungeduldig: ,,Erzähl schon.'' Ich atmete Tief durch und flüsterte: ,,Es jagen Vampire dort. Und ich bin eine Vampirjägerin.''
Espera fand ihre Worte nicht mehr. Sie glaubte mir eigentlich immer, doch diesmal machte sie einen verblüfften Eindruck, als einen erschrockenen. ,,Ach du... deswegen hast du nie Zeit für mich, bist auch selten im Hostel.'' Das muss einfach...''

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Texte: © Copyright by Louna
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Tag der Veröffentlichung: 26.08.2012

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
An Tamzala und Laby, Freunde der man alles erzählen kann.

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