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Die Tierfreunde vom Klippenwäldchen waren allesamt komplett aus dem Häuschen. Der tollpatschige Marder Moritz hatte nämlich das Osterei ins Meer fallen lassen und übermorgen war doch schon Karfreitag. Und Ostern ohne das schöne Osterei, um das dann alle herumtanzen, das ging ja gar nicht, darin waren sich alle Tierfreunde einig.
Also beschlossen sie, dass Willibald, der Molch, da er der einzige Tierfreund neben Bruno, dem Frosch, der aber leider krank im Bett lag, war, der richtig gut schwimmen und tauchen konnte, sich stante pede auf die Suche nach dem Osterei machen musste. Willibald machte das natürlich gerne und so wünschten ihm alle Tierfreunde viel Glück und schüttelten ihm die Flosse, ausser Bruno, der Frosch, weil der wie schon gesagt mit Fieberthermometer und Wickel in seiner Heja lag, ihm aber über Susi, die Mäusin, ein daumenhoches toitoitoi ausrichten liess.
Also holte Willibald, der Molch, Anlauf und sprang über die Klippe. Er machte eine riesige Wasserbombe, wodurch alle Tierfreunde, die seinen Sprung von oben herab verfolgt hatten, tüchtig nass gespritzt wurden. "Der Willi, das ist ja vielleicht einer", lachten sie und warteten hoffnungsfroh auf die erfolgreiche Rückkehr ihres in die Tiefen des Ozeans hinabgetauchten Helden.

"Warum muss ich ein hässliches klebriges Amphib sein? Kann ich nicht ein Fuchs oder eine Katze mit Taucheranzug sein oder wenigstens ein Alligator oder meinetwegen auch eine bunte Wasserschlange. Ich möchte nicht, dass mich Kinder so sehen. So wie ich hier dargestellt werde, bin ich doch ein schwimmender Witz. Willibald? Ein bescheuerter Name ist dir wohl nicht eingefallen. Man kann als Erzähler schon ein wenig mehr Rücksicht auf die äusserliche Gestaltung seines Protagonisten nehmen. Immerhin muss ich den ganzen Plot ausbaden, da ist es nicht unbedingt hilfreich, wenn ich mich ihm falschen Körper fühle. Ich finde das gar keinen gelungenen Storystart, mit Verlaub."



So tauchte Willibald, der schwarzbraune Molch mit den lustigen Glupschaugen, bis auf den Meeresgrund. Das schöne Osterei war aber leider weit und breit nirgendwo zu entdecken. Also schwamm Willibald weiter hinaus und traf dabei auf Jakob, die Muschel. Sofort fragte er diesen, ob er heute zufällig ein Osterei oder sonst etwas Aussergewöhnliches gesehen hätte. Jakob meinte, er hätte nur zwei junge Meerjungfräuleins gesehen, die mit etwas farbig funkelndem gespielt hätten und die seien anschliessend damit in die versunkene Stadt geschwommen. Da machte es bei Willibald natürlich sofort klingeling und er schwamm schnurstracks nach Atlantis.

"Also bitte. Wie billig ist das denn jetzt!? Und dann noch diese infantilen Ausdrücke wie klingeling und schnurstracks. Tut mir leid, aber wenn das hier so läuft, habe ich eigentlich überhaupt keine Motivation mehr in einer Kindergeschichte mitzumachen. Schreib doch bitte was anderes für mich. Ich verlange ja keinen Porn oder was Popliterarisches, wo ich die ganze Story hindurch dicht sein darf. Aber wenigstens eine Detektivgeschichte oder meinetwegen auch so was Blödes mit Vampiren."



Atlantis war eine Zauberstadt. Die Häuser glitzerten in den schillersten Farben und alle Bewohner hatten stets ein Lächeln auf den Lippen. Die Algen in den Parks und den Wasserstrassen waren allesamt mit Ostereiern verziehrt und Willibald freute sich sehr ob der zauberhaften Gegend. Das schönste Gebäude in Atlantis war der Königspalast, in dem König Buddha, ein dickbäuchiger Kugelfisch, mit seinen drei wunderschöne Meerjungfräuleintöchtern wohnte. Und ganz genau dorthin schwamm Willibald, unser lustiger Molch. Er drückte auf den goldenen Knopf und es machte klingelingelidingdong. Die Wache, ein breitschultriges, schnauzbärtiges Walross öffnete das Tor und bat ihn einzutreten.

"Nein, nein, nein. Da in dieses doofe Kitschschloss gehe ich jetzt sicher nicht hinein. Der Bogen ist überspannt. Es reicht mir jetzt mit all diesen Animalblödigkeiten."


Frohen Mutes trat Willibald ein, erzählte der Walrosswache von seiner Ostereisuche und wurde sogleich zu König Buddha geführt, der auf einem weissglänzenden Elfenbeinthron sass. Seine Töchter sassen auf einem mit Samttüchern bedeckten Himmelsbett daneben und kämmten sich gegenseitig ihr langes blondes Haar.


"Schubs mich doch nicht so. Du glaubst wohl, du kannst alles mit mir machen. Na, das werden wir ja mal sehen. Ich werde vor dem König und seinen Töchtern dermassen herumfluchen, ihn einen dreckigen Hurensohn und sie dumme Fickfotzen schimpfen, dass dir die ganze dumme Story unter deinen tippenden Händen wegbricht wie ein verdammtes Kartenhaus."


Willibald verschlug es ob dieser Pracht glatt die Sprache. Darum erklärte das Walross seinem Gebieter die ganze Geschichte mit dem ins Meer gefallenen farbigen Osterei. König Buddha strich sich nachdenklich über den langen, weissen Bart und meinte dann, dass ihn heute morgen eine junge Pinguinmutter aufgesucht und um Rat gebeten hätte wegen eines farbigen Eis ihrer Brut, aus dem im Gegensatz zu ihren übrigen Eiern einfach kein Junges schlüpfen wollte und dass der liebe Molch es doch mal bei dieser Dame versuchen solle, da er sich durchaus vorstellen könne, dass ebendieses schlüpffaule Pinguinei in Wahrheit das verlorene Tierfreundeosterei sei. Freudenstrahlend über den weisen Ratschlag machte sich Willibald auf zur Pinguinkolonie, gleich nachdem er sich mit einem ehrerbietigen Knicks von seiner Hoheit König Buddha und dessen schönen Töchtern verabschiedet hatte.

"Ich glaub das echt nicht. Bin ich froh, wenn das bescheuerte Ei wieder zum Vorschein kommt und ich aus dieser Quarknummer raus bin. Aber dann sowas von raus. Das kann ich dir versprechen."


In der Pinguinkolonie war vielleicht was los. Eine fetzige Pinguinband spielte zur grossen Vorosternparty auf und überall tanzten die weissschwarzen Freudenvögel. Alle waren fröhlich und strahlten bis über beide Ohren. Alle bis auf eine Pinguindame, die traurig auf einem farbigen Ei hockte. Willibald ging sofort zu ihr hin und erklärte ihr die Sache mit dem tollpatschigen Moritz, dem Marder, dem versenkten Osterei und seiner verrückten Suche von Jakob, der Muschel über König Buddha von Atlantis bis hierhin zu den Pinguinen. Da wurde der Pinguinin alles klar. Sie erzählte Willibald nämlich, dass der trampeltierische Peter, der Brillenpinguin, heute morgen über ihr Nest gestolpert sei, worauf dieses wiederum ins Meer fiel und danach alle Eier kreuz und quer über den gesamten Meeresgrund verstreut waren. Da habe sie wohl dann ausversehen auch das Tierfreundeosterei miteingesammelt. Sie wäre ja auch schon ganz traurig geworden, weil aus diesem Ei einfach kein Junges habe schlüpfen wollen. Erleichtert gab sie Willibald das Ei zurück und weil sie den abenteuerlustigen Molch so süss fand, fragte sie ihn gleich noch, ob er sie heiraten wolle.

"Warum bitteschön sollte ein Molch einen Pinguin heiraten? Könntest mich ja wenigstens eine von den geilen Meerjungprinzessinen heiraten lassen, so als kleine Wiedergutmachung für den ganzen Eiertanzquatsch, den ich hier für dich vollführen muss. Und warum sind Pinguineier, die zusammen mit ihrem Nest ins Meer fallen, danach über den gesamten Meeresgrund verstreut? Es ist genug jetzt mit diesen infantilen Idiotien. Lass mich das Ei zurückbringen, Ostertrallala, "Gute Nacht liebe Kinder" und weg."




Willibald antwortete natürlich auf diesen Heiratsantrag mittels freudigem Nicken mit ja und lebte, nachdem er das Osterei seinen Tierfreunden zurückgebracht hatte, mit Nora, der Pinguinin, und ihren sieben Kindern glücklich bis in alle Ewigkeit. Doch davon erzählt euch die nächste Geschichte.

"Du, Nietzscheindianer, bist einfach nur ein blödes Arschloch."



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Tag der Veröffentlichung: 11.03.2011

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