Mami, die Arschlöcher kommen
Die kleine Julia war ganz aufgeregt, als sie zu ihrer Mutter in die Küche gestürmt kam. Sie fuchtelte wild mit den Händen und schrie nur, dass die Arschlöcher kämen, dies allerdings wiederholt und leicht hysterisch, dann war sie auch schon wieder aus der Küche rausgerannt. Ihre Mutter guckte derweil nur mit einer Mischung aus Verdutztheit und Entgeisterung sinnsuchend und blöd aus der Wäsche. Als ihr neuer Freund Uwe, der sich gerade die DFB-Pokalausloung in der Sportschau angesehen hatte, Sekunden später die Küche betrat, meinte er seinen Schalkeschal schwingend: "In zwei Wochen kommen die Arschlöcher. Diese schwarzgelben Säue machen wir platt!"
Das autokannibalistische Joghurt
Das autokannibalistische Joghurt mag sein Dasein nicht. Dieses Verweilen im Kühlregal der Milchproduktabteilung eines Grossdiscounters. Dieses anschliessende fremdbestimmte Gekauftwerden mit anschliessenden Wiederverweilen in irgendeinem privaten Kühlschrank. Die Tatsache mit 180 Gramm nicht mal wirklich sättigend zu sein. Diese erbärmliche gesellschaftliche Funktion als kleine Zwischenmahlzeit. Diese einschränkende Geschmacksspezialisierung und auf ewige Lebenszeit etikettierte Festlegung auf Schokolade.
Es beginnt seine Selbstvertilgung vom Zentrum aus und frisst sich dann langsam nach aussen. Seine Becherhülle frisst es nicht. Wohl aber den Deckel.
Es empfindet seine und die Existenz seinesgleichen als unerträglich.
Das autokannibalistische Joghurt würde auch seine Kinder fressen, wenn es denn welche hätte.
Streichelsubstitutionsdialektische Progression
Melanie Peter hat bei ihrer Gynäkologenvisite heute morgen erfahren, dass sie schwanger ist. Überglücklich kehrt sie nach Hause zurück. Sie betrachtet sich stolz im grossen Schlafzimmerspiegel. Dabei zieht sie mit der einen Hand das Shirt leicht hoch und karessiert mit der anderen zärtlich ihren entblössten Bauch. Ihr schneeweisses Kätzchen Serafina streicht ihr derweil sich über die Heimkehr des Frauchens freuend schnurrend und schmiegend um die Beine. Melanies Blick schweift von ihrem Spiegelbild weg und nachdenklich nach unten auf den spielerisch zirkulierenden Schmusevierbeiner. "Die brauch ich ja jetzt eigentlich nicht mehr", denkt sie sich und wirft die Katze aus dem Fenster.
Tag der Veröffentlichung: 02.02.2010
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