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"Gar nicht so übel, diese zusammengewürfelte Truppe", dachte ich mir, nachdem wir Vier zu Null in Führung gegangen waren. Der Schiedsrichter hob den Arm und sie stellte sich im Mittelkreis zum Bully. Ich starrte auf diesen nach hinten ausgestreckten ausladend prallen Hintern, gross wie der verdammte Atlantik. Diese melonenartig geformten und etwas über die normierten Ufer tretenden weiblichen Podexe waren doch schon immer mein Kryptonit gewesen. Aber auch sonst fand ich sie wirklich überaus knorke. Ja, ich flog doch tatsächlich ein bisschen auf sie und dies obschon ich sie erst vor einer knappen Stunde kennengelernt hatte. Daniela hiess sie und sie war eine ehemalige Schulkameradin meines Kumpels, der mich zu diesem Mixed-Unihockeyspassturnier überredet hatte.
Sie hatte mir, dem faulen ausrüstungslosen Torhüter des Teams, fürsorglich vor dem Turnier einen Helm, Handschuhe und eine an den wichtigen Stellen gepolsterte Hose besorgt. Ein richtiges "Ich kümmere mich drum"-Mädel. Genau das richtige für meine latenten ödipalen Bedürfnisse. Ausserdem ging sie auf meine anfänglich scheuen flirttechnischen Anbandelungen ein, lachte mich für meine folgenden allzu plumpen Anbaggerungsversuche aus und stülpte mir einfach den Helm über den Schädel, als ich sie fragte, ob wir nicht besser zu zweit etwas trinken gehen sollten, anstatt diesen albernen Grümpelturniersportkram durchzuziehen. Das gefiel mir.

Ich hatte in meinen mittleren Jugendjahren im Tor eines lizenzierten Unihockeyteams gestanden und in der Tat flutschten die Hampelmannreflexe immer noch einigermassen ordentlich. So parierte ich einige durchaus gefährliche Schüsse, fabrizierte eine handvoll schneller Spielauslösungen und hielt sogar einem Penalty stand. Ob sie das beeindruckte, wusste ich nicht. Zumindest war mein sportlicher Ehrgeiz dadurch etwas geweckt. "Der Hexer", dachte ich mir und lachte selbstironisch in mich hinein.
Auch Daniela machte nicht nur optisch, sondern auch spielerisch eine ausgezeichnete Figur. Sie hatte schon zwei Treffer auf ihrem Konto und war ein regelrechter Wirbelwind im gegnerischen Strafraum. Als der Schlusspfiff ertönte, hatten wir unseren Gegner mit Sechs zu Null weggeputzt.

Nachdem Daniela sich in unserer Spielpause mit allerhand mir unbekannten Menschen herumschlug, wir im nächsten Match nur ein Unentschieden erreichten, bei dem ich dreimal hinter mich greifen musste, erwischte ich sie in der zweiten Pause allein vor der Turnhalle. Wir palavrierten ein wenig über das vorangegangene Spiel, machten uns gegenseitige Komplimente über unsere Unihockleistungen und tauschten ein paar biographische Fakten aus, wobei ich mich für die ihrigen etwas übertrieben interessiert zeigte und die meinigen ein wenig spannender darstellte als sie in Tat und Wahrheit waren. Eigentlich alles äusserst belanglos und konformistisch langweilig, wenn da nicht das gewisse Etwas zwischen uns gewesen wäre. Es waren dies vor allem einige von uns beiden in die Unterhaltung eingestreute sich dialektisch erhöhende ironische und selbstironische Spitzen, die unserem Gespräch eine wohlriechende Würze verpassten. Ich fühlte so etwas wie eine platonische Verbindung zweier Menschen, welche die Welt und sich selbst nicht allzu tierisch ernst nahmen und dem humoresken Kynismus huldigten. Vielleicht übersteigerte ich das Ganze in meiner verknallten Euphorie gedanklich auch ein wenig. Jedenfalls fand ich sie mit jedem von ihr gesprochenen Wort toller und ihre beiläufigen Berührungen erzeugten in mir ein sich stetig steigerndes wärmendes Gefühl, so dass ich zum Schluss der Pause am liebsten sofort und an Ort und Stelle mit ihr Liebe machen wollte. Und aus ihrem Blick und ihrer Körpersprache schloss ich, dass sie mich tatsächlich auch zu mögen schien. Ein paar Nuancen schüchterner als beim ersten Mal fragte ich sie schliesslich, ob sie nicht Lust dazu hätte, nach dem Turnier mit mir etwas trinken zu gehen. Sie meinte, dass das ginge, falls wir das nächste Spiel verlieren und ausscheiden sollten, da es ansonsten für sie zu spät würde.

Die Geschehnisse des vorrundenentscheidenden Spiels gingen weitestgehend an mir vorbei, bis Daniela vor meinem Gehäuse in eine Zweikampfsrangelei um den Ball verwickelt wurde. Geschickt schaufelte sie das Spielgerät frei und schob ihren Gegenspieler mit ihrem sexy Hintern zur Seite, worauf dieser über die Bande stolperte und sich geräuschvoll auf den Bauch legte. Hastig stand er wieder auf, stürzte wie von der Tarantel gestochen zurück aufs Feld und rempelte Daniela unsaft von hinten um. Dann nannte er sie eine Schlampe. Als er sich von ihr wegdrehte, blickte er plötzlich in das bösblickende begitterte Antlitz meiner Wenigkeit, wurde grob am Kinn gefasst und bekam zu hören, dass er sofort einen Abgang machen solle, falls er nicht kopfunter mit seinen Eiern an den Basketballkorb angetackert werden wolle. Daraufhin schlich er sichtlich eingeschüchtert vom Platz, was wahrscheinlich vor allem daran lag, dass er etwa sechs Jahre jünger und zwei Köpfe kleiner war als ich. Eine salbungsvolle ritterliche Drachenbefreiung war es zwar wahrlich nicht gerade, was ich hier eben veranstaltet hatte, trotzdem dankte es mir Daniela mit einem warmen Lächeln, dass mich beinahe zu einer nassen Pfütze verschmelzen liess.
Zwei Minuten vor Schluss stand es Eins zu Eins und wir bekamen einen Penalty zugesprochen, was mich ziemlich nervös machte. Ich wollte jetzt unbedingt verlieren. Daniela sprach sich mit ihren beiden Mitspielern ab, schnappte sich den Ball und stellte sich zum Face-to-Face-Duell mit dem gegnerischen Torhüter, währenddem ich mit meinem verliebten Blick ihren Arsch fixierte und ihr alles Schusspech dieser Welt wünschte. Dann rauschte sie los und verzog den Schuss in kläglicher Manier. "Braves Mädchen", dachte ich.
Jetzt sah alles nach Verlängerung aus. Die Turnhallenuhr tickte bereits die letzten zwanzig Sekunden hinunter. Der kleine Rotzlöffel des Opponententeams hatte sich inzwischen wieder auf den Platz getraut und feuerte aus unsinniger Entfernung einen Schuss in meine Richtung ab. Der Ball verlor rasant an Geschwindigkeit und kullerte schliesslich aufreizend langsam auf die linke Torecke zu. Ich tat so, als ob ich mein linkes Bein zur Parierung des Balles nach aussen strecken wolle, verhedderte allerdings den Fuss desselben an meinem rechten Bein und kippte mit dem Oberkörper tollpatschig nach vorne weg, währenddessen das holprige Schüsschen an mir vorbei ins Netz trudelte. "So ein Ärger", dachte ich mir und versuchte mein spitzbübisches Grinsen im Helm zu verstecken.
Nachdem wir traditionsgemäss unseren siegreichen Gegenstreitern die Hand gereicht hatten und ich den vorwurfsvollen Blicken meiner Mitspieler so gut wie möglich ausgewichen war, schlich ich mich erwartungsfroh zu Daniela hin. Als wir gemeinsam das Feld verliessen, lächelte sie mir zu und streichelte mir zärtlich über den Oberarm. Es sah gut aus. Wirklich sehr sehr gut. Als ich sie sanft um die Schulter fasste und wir so durch die von einem freundlichen älteren Herrn aufgehaltene Hallentür schritten, vernahm ich aus dem Zuschauerrund hinter uns die baritoneske Stimme des Vaters meines Kumpels, die sich mit irgendjemanden darüber ereiferte, was das doch zum Schluss für ein peinlicher Torwartpatzer gewesen sei.

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Tag der Veröffentlichung: 09.06.2009

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