Prolog
„Juhu“ sollte man sich doch eigentlich an seinem 18ten denken und was mache ich? Ich kritisiere alles, wirklich ALLES! …. Aber dieser Tag ist nun mal nicht zum feiern, naja zumindest nicht für mich, so wie sich meine Freundinnen mit dem Kuba Libre amüsieren. Sie hauen sich die Flasche ja förmlich gegenseitig über die Rübe.
Kein Tag zum Feiern ist es, weil genau heute vor 2 Jahren meine Eltern bei einem Autounfall ums Leben gekommen sind. Seitdem muss ich bei meiner klaustrophobischen Hippie Tante wohnen. Vor 2 Tagen hat sie mich doch tatsächlich gefragt, ob ich Lesbisch sei, weil ich mich nicht mit Jungs verabrede. Ich mein Hallo? Das ist doch nicht normal! Nur weil ich lieber lese oder Gedichte schreibe, als mich wie meine Freunde Tessa und Celine jede Nacht zu besaufen und mit irgend welchen Jungs rum zu machen, bin ich noch lange nicht lesbisch. Meine Mutter hat immer gesagt: „Claudia, du bist blond, schlank, wahnsinnig intelligent und ein echter Kampflöwe. Bei dir stehen die Männer noch früh genug schlange“ Und damit hat sie recht also zumindest mit dem Kampflöwen…..
„Claudia, kommst du bitte?! Wir wollen den Kuchen anschneiden und da solltest du als Geburtstagskind nun wirklich nicht fehlen, oder?“ Befahl meine Tante, eher als dass sie fragte. Nun ja, morgen wird die Welt schon wieder ganz anders aussehen, denn morgen werde ich nach Brasilien fliegen und das für ganze drei Monate.
Nach dem Essen ging ich sofort mit dem Nachbarshund Charly spazieren. Er war ein Schäferhund Mischling und ich ging jetzt schon seit drei Jahren täglich mit ihm Gassi. Er hört mir immer zu wenn ich ihn brauche und im Moment ist er mir wohl die liebste Gesellschaft. Als wir so die Auen entlang gingen, wurde mir bewusst, dass ich eigentlich gar nicht mehr hier sein wollte, ich würde viel lieber mein ganzes Leben lang um die Welt reisen und nie wieder auch nur noch einen Fuß in dieses Kaff setzen.
Sobald wir eine Bank in Sicht hatten rannten wir beide los und kamen dann völlig fertig an. Nach einer kleinen Verschnaufpause sah ich mir Charly dann mal genauer an und bemerkte, wie schön er eigentlich war. Er hatte tief braune Augen und ein so aufrichtiges, freundliches Gesicht, wie wohl kaum ein Mensch es hatte. Sein Fell war so weich wie eine Wolke und man konnte gut sein Gesicht darin vergraben. Auch er musterte mich und überlegte wahrscheinlich, ob ich Leckerlis dabei hatte oder nicht. Ich liebe es, wenn ich hier so mit ihm sitze und einfach nur der Natur lauschen kann, hier fallen mir immer die schönsten Gedichte ein. Sie handeln dann meist von dem grünen Gras oder den verschneiten Bergen hier in den schönen Alpen. Ach könnte ich das doch nur ein einziges Mal mit einem teilen der mich wirklich versteht und kein Vierbeiner ist. Warum muss ich mir denn einen Mann suchen? Kann er mich nicht finden? Warum sollte ich überhaupt einen Mann haben wollen, die meisten Männer sind doch sowieso nur an Fußball oder sonst einem Männerhobby interessiert. Wen interessiert schon ein Gedicht wie dieses
Sonne bricht die düster ,kalte Finsternis.
Der Nebel um haucht noch einmal schnell das Laub,
bevor der kleine Schein zerbricht.
Es öffnet sich rasant die Knospe
die sich streckt zum hellen Licht
und zeigt nun klar
das was so schön
vorher nie war.
Schnell krabbeln sie die fröhlich, heiteren
kleinen Arbeiter…die sobald
ersteigen ihre Leiter.
Doch dann erlischt das grelle, frohe Tageslicht
und bringt zurück des Waldes dunkle Finsternis
Dafür hat ein Mann doch sicher kein Verständnis … oder?
Kapitel 1
Warum muss ich mir denn ständig dieses Mädchen anschauen? Ich bin Batiste Lavie und seit über 200 Jahren ein Vampir. Und was tue ich? Ich sitze um ein Uhr morgens an einer Bar in Brasilien und gucke mir seit zwei Stunden ein deutsches Mädchen an, was wohl kaum älter als 18 sein kann. Ein bisschen älter war ich damals als ich verwandelt worden bin. Ich kann mich noch sehr genau an diesen Abend erinnern.
Es ist 1811 in Paris geschehen. Ich ging gerade die Rue Saint-Antoine entlang und fühlte die kühle Sommerbrise, die gerade mein Haar zerzauste. Ich spürte die winzigen Regentropfen auf meinen Armen und sah, wie sie sich durch mein zerfetztes Leinenhemd bis zu meiner kahlen Brust durch arbeiteten. Ich hatte damals kein Geld und wusste auch nicht wirklich wohin. Als ich dann in eine Seitenstraße einbog sah ich Sie. Sie war so wunderschön und sie sah so kalt aus, mit ihren eisblauen Augen und ihrer rubinroten Robe, die ihre weiße Haut zum scheinen brachte. Auch ihre Lippen waren Rot doch diese eher Blutrot und wahrscheinlich gerade erst damit getränkt.
Was war ich nur für ein Tromper
.
Ich ging zu ihr hin und fragte sie, ob ihr kalt war, darauf hin lachte sie lauthals los und ich mit ihr….
Danach wachte ich in einem Keller auf und war ausgeblutet. Ich sah sie, wie sie an der Wand lehnte und mich anschaute. Mir wurde bewusst das sie kein Mensch war aber dennoch hatte ich keine Angst, sie zog mich in ihren Bann. Als ich dann aufschaute sah ich die Schönheit der Nacht. Jeder Stern war heller, klarer als wie je zuvor. Jeder Halm in der Wiese schimmerte so durchdringend grün, dass es mir die Augen blendete. Ja das verblüffendste waren die Farben, die als Vampir schöner in der Nacht waren, als wie an jedem einzelnen Tage. Doch erklärte sie mir auch das ich erst mit 200 Jahren wieder die Sonne würde sehen können. Vorher würde sie mich verbrennen, so wie das Feuer mich auf ewig würde verbrennen können. Sonst würde mir allerdings nichts etwas anhaben können, nur die Zeit, die fast alle Vampire in ihre Knie zwang.
Und so folgte ich ihr Jahre später noch blind.
Ihr Name war Nefertari, Gemahlin des Pharaos Ramses des II.
Sie war blond, was mich erstaunte, allerdings konnte man sich auch damals schon die Haare färben. Auch für mich war sie eine Zeit lang eine Göttin. Sie lehrte mich wie ich jagen sollte und wie ich mich als frischer Vampir zu benehmen hatte. Ich glaube ich dankte ihr jede Nacht für das Geschenk der Finsternis. Es ist wunderbar und auch wenn ich sie jetzt verabscheue für das, was sie getan hat, werde ich ihr wohl auf ewig dankbar sein.
Nun zurück zu diesem Mädchen: Sie sieht aus wie Nefertari und bewegte sich auch so. Trotzdem hatte sie die Weichheit eines Kindes.
Sie fasziniert mich, ihr lachen, ihre Augen, wenn sie ihre Gedichte liest. All das ist so überwältigend. Wie sie wohl reagieren würde wenn ich zu ihr gehen würde?
Natürlich können die Sterblichen unsere weiße Haut oder unsere strahlenden Augen nicht so recht wahr nehmen, aber es ist immer eine Gefahr sich Ihnen zu zeigen. Trotzdem muss ich ihre Stimme hören wenn sie mit mir spricht.
„Bonsoir Mademoiselle, ich bin Batiste und wie ist Ihr Name, meine schöne?“
Sie konnte kaum den Blick von meinen strahlenden grünen Augen lassen und antwortet mir nur leise mit: „Ich bin Claudia, setz dich doch.“ Sie war so süß und ihr Geruch war zu verlockend, als dass ich ihr Angebot hätte annehmen können. Ich wusste wenn ich länger bleiben würde dann wäre dies ihr Ende. „Nein danke, ich muss nun los, vielleicht ein anderes Mal, Mademoiselle“.
Wie konnte ich nur zu ihr gehen. Wie blöd kann ein 200 Jahre alter Vampir eigentlich sein und sich einem Menschen, der so eine Anziehung hat, zu offenbaren? Ich werde sie noch die nächsten Monate an mir riechen können. Und was ist, wenn ich einen anderen auf sie aufmerksam gemacht habe? Ich muss zu Lorenzo, meinem besten Freund auf dieser düsteren Seite, er weiß immer wie man so etwas wieder geradebiegen kann. Leider ist er zur Zeit in Mexico unterwegs und wird wohl kaum auf mein Rufen reagieren.
Und kaum hatte ich einmal gerufen so stand er auch schon neben mir. Er ist jetzt knapp 600 Jahre alt und hat schon die Fähigkeit sich zu Teleportieren. Und daraus macht er nun wirklich keinen Hehl. Er tut es fast stündlich. Und sein italienischer schmalzlocken Humor kommt auch dann nicht zu kurz. Ach ja, Lorenzo. Der gute alte Lorenzo, er ist halt eine Nummer für sich
„Ciao! Mein Freund Batiste, was ist los? Warum schreist du deine Rufe so nach mir aus? Geht es schon wieder um deine Schöpferin, oder haste auch mal was neues für mich?“ so amüsiert sich Lorenzo über mich.
„Nein, diesmal ist es etwas anderes. Riechst du sie an mir?“
„Ohhh du hast eine Anwärterin gefunden!“
„Was habe ich gefunden?“
„Eine Anwärterin, das bedeutet, eine unwiderstehliche Versuchung für uns Vampire, mein Freund“
„Ich will ihr aber nichts antun, sie ist… so wunderschön und so anders als alle die ich je gesehen habe. Sie sieht aus wie meine Göttin, Lorenzo. Sie sieht genauso aus wie sie!“
Ich wusste das Lorenzo das zum denken aufgibt. Wir haben nie einen Doppelgänger gesehen und doch haben wir von ihnen gehört. Sie sind oft ganz anders von der Persönlichkeit und doch sehen sie haargenau so aus, wie die Ersten. Meistens haben sie eine bestimmte Bedeutung und tauchen nicht ohne Grund auf, geschweige denn, fallen sie einem von uns auf.
„Du meinst sie sieht aus wie Nefertari? Hm… vielleicht ist sie ja ein Mensch geworden“ witzelte Lorenzo um die Stimmung zu lockern.
„Nein! Sie ist anders, es ist nicht Nefertari! Sie heißt Claudia und hat eine Stimme, die so sanft von Nefertari nie hätte sein können.“
„Ich werde etwas über sie herausfinden und werde noch heute ihre Spur aufnehmen. Bei dem Duft den sie ausstrahlt wird das wohl nicht schwer sein.“
„Lorenzo?“
„Ja?“
„Tu ihr nichts, ja?!“
„Natürlich werde ich deinem Engel kein Haar krümmen“ zwinkerte er.
Kapitel 2
Als ich wieder ins Hotel ging, hatte ich kein gutes Gefühl. Dieser Mann mit seinen grünen Augen verfolgte mich noch immer in meinen Gedanken. Ich wollte so schnell es geht wieder in das Hotelzimmer und wusste eigentlich gar nicht, wieso. Er war ja nicht furchterregend oder so. Dennoch strahlte er eine gewisse Bedrohung aus.
Und in diesem Augenblick sah ich etwas. Ich rannte sofort davor weg. Das war eine Bedrohung, nicht der an der Bar, sondern DAS!
Ich lief so schnell ich konnte, doch auf einmal wurde mir schwarz vor Augen und ich sah diesen Mann in meinem Geist, der mir sagte: „Halt!“……..
Texte: Copyright © by Anna Niederl
Tag der Veröffentlichung: 27.06.2011
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Ich widme dies allen auf dieser Seite der Nacht.