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Frauen, Kinder und Ratten zuerst


Irgendetwas stimmt hier nicht….Gerade eben noch herrschte hier gemütliches Beieinandersein und auf einmal - das totale Chaos. Ich war gerade noch dabei, mich genüsslich am Käse in der Vorratskammer zu bedienen, zusammen mit meiner Familie, als draußen ein wirres Getrampel beginnt. Verwirrt schaue ich mich um und frage mich, was da wohl passiert ist. Natürlich war uns aufgefallen, dass es vorher einen Rumms gegeben hatte und das Schiff verdächtig knarzte, aber gut das tat es öfters. Immerhin bewegten sich hier einige Tonnen übers Wasser und das nicht gerade langsam. Ich beschloss mich mal draußen umzusehen, und die Lage auszukundschaften. Meiner Familie sagte ich, sie sollen hier bleiben, bis ich zurück sei.
Vorsichtig lugte ich aus der Vorratskammer heraus. Draußen war ein riesen Getümmel losgebrochen. Überall rannte jemand herum, alle waren anscheinend in Panik verfallen…Aber warum?
Ich ging einen Gang hinunter und versuchte nicht weiter getreten zu werden als nötig war, um mich durchzudrängeln. Irgendwann hörte der Gang auf. Ich blieb stehen und sah mich um. Wasser. Keine Ahnung wie das hier reinkam, aber es war verdammt viel davon. Mein Instinkt sagte mir, dass das nichts Gutes zu bedeuten hatte und ich drehte um. Irgendwie musste ich wieder zur Vorratskammer und den Rest meiner Familie einzusammeln. Ich rannte so schnell ich konnte und versuchte den anderen auszuweichen, die wie wahnsinnig durch die Gänge rannten und versuchten nach oben zu kommen. Anscheinend war nicht nur mir aufgefallen, dass hier was nicht richtig lief. Geschafft. Ich war wieder bei der Kammer angekommen, doch von meiner Familie war nichts mehr zu sehen. Hey, wo waren die denn auf einmal hin! Ich sah mich um und merkte, dass das Wasser ziemlich schnell in meine Richtung kam. Gut , was hatte ich für eine Wahl. Ich hoffte, dass meine Leute schon so weit gedacht hatten und abgehauen waren und es auch geschafft hatten ohne größere Schäden davon zu kommen.
Du musst wissen, es ist nicht einfach in so einem Chaos heile davon zu kommen, wenn man gerade mal so groß ist, wie die Füße um einen herum. Für alle die es vielleicht noch nicht erraten haben…ich bin eine Ratte. Ja ich bin eine von vielen die sich hier auf der RMS Titanic befinden. Man muss schon sagen, dass man es als Ratte hier ziemlich gut hat. Die meisten Passagiere der dritten Klasse lassen einen in Ruhe, wenn man sich in ihr Zimmer verläuft und die Vorratsräume haben auch genug zu essen für mehr als uns paar Ratten.
Gut aber nun genug davon, wie man als Ratte auf der Titanic lebt.
Nun muss ich einmal sehen, wie ich mich hier retten kann. Es kann doch nicht so schwer sein ,irgendwie nach oben zu kommen, denn immerhin muss ich vom Wasser weg. Die meisten Menschen versuchen auch schon über die Treppen in die oberen Decks zu gelangen, aber die Besatzung hat schon die ersten Gittertüren zugeschlossen. Mal wieder typisch, erst Mal dürfen sich die reichen Schnösel aus der ersten Klasse den Hintern retten. Tolle Gesellschaft haben wir hier. Nun gut ich versuche mich dann mal durch das Chaos der Leute auf der Treppe durchzudrängeln. Immerhin hat Ratte und klein sein auch den Vorteil, dass ich so ziemlich überall durchpasse und so auch durch die Gittertüren.
Irgendwie hab ich‘s nun geschafft mich da durchzuwurschteln und bin zumindest schon einmal ein Deck höher. Jetzt muss ich nur noch schauen, was genau denn hier los ist. Mehr, als das da Wasser ins Schiff läuft, weiß ich ja nun auch noch nicht. Oben angekommen schaue ich mich um und sehe, was wohl das Problem war. Da ist ein riesiger Eisberg direkt vorm Schiff. Ich befürchte jetzt einmal, dass wir den wohl ein wenig gerammt haben. Das würde auch den Rumms und das knarzen erklären. Auf dem Oberen Deck ist noch mehr Chaos, als in der dritten Klasse. So wie die Menschen hier drauf sind ,gehe ich mal davon aus, dass die wissen, dass das hier nicht gut ausgehen wird. Sonst würden die nicht wie bescheuert zu den Booten laufen. So weit haben wir Ratten das auch verstanden, dass diese kleinen Boote dazu da sind, den Menschen den Hintern trocken zu halten, wenn das Ding hier untergeht. Gut wofür die die Dinger auf der Titanic hatten, war mir anfangs nicht klar, immerhin sollte das Ding ja unsinkbar sein. Weswegen hätten wir sonst auf das Schiff gehen sollen. Immerhin sind wir Ratten zwar nicht gerade wasserscheu aber zu viel Wasser ist nun auch nicht gut. Wir mögen es zumindest nicht wenn wir so gar nicht mehr aus dem Wasser herauskönnen, immerhin sind wir ja keine Amphibien oder so.
Aber ich schweife ja schon wieder ab.
Nun stehe ich immer noch an Deck der Titanic, schaue mit riesen Rattenaugen auf den Eisberg und frage mich was ich nun machen soll. Eine Möglichkeit wäre mich auf den Eisberg zu retten, allerdings ist es da wohl ziemlich kalt und da ist dann weit und breit kein Land in Sicht. Am Ende schmilzt der noch und ich lande doch im Wasser.
Gut andere Überlegung. Ich könnte auch einfach an Bord bleiben und hoffen, dass das Schiff einfach hier weiter rumtreibt, noch sieht das ja alles nicht so schlimm auuu….s.Rummmmms!!
Äh hatte ich gerade gesagt es sieht nicht so schlimm aus? Ich korrigiere mich….Nachdem das Schiff nun mächtig Schlagseite bekommen hat mache ich mir wirklich Gedanken, wie das hier ausgeht… - Au! Ich sollte auf jeden Fall mal aus dem Getümmel raus, nachdem mir schon wieder jemand auf den Schwanz getreten ist. Da hinten ist eine Ecke wo es etwas ruhiger ist, da renne ich mal eben hin.
So nun erst mal in Ruhe schauen , wie die Lage ist. Immer mehr Leute gehen in die Boote, auch wenn die nicht ein Mal ansatzweise voll sind. Was soll das denn? Und immer noch sind hier nur die reichen Schnösel am rumrennen. Was ist denn mit denen aus dem untersten Deck? Anscheinend wird hier erst das gerettet, was Geld hat, weil diese Menschen ja anscheinend wichtiger sind als die Normalen da unten…Aber darum kann ich mich als Ratte ja leider nicht kümmern. Erst einmal sollte ich sehen, dass ich hier runter komme. Das Schiff wird immer Schräger, also irgendwie geht der hintere Teil vom Schiff runter und der vordere Teil hoch.
Ich beschließe nun durch die Menge zu rennen und unbemerkt auf eins der Rettungsboote zu huschen, vielleicht habe ich eine Chance, dass das keiner mitbekommt. So am Boot wären wir schon einmal angekommen. Und jetzt nur noch…“Ahhhhhhhhhhhh“. Was ist denn nun los. Hilfe, wieso schreit die denn so. Nein nicht nach mir hauen, ich kann doch nichts dafür. Hey lasst mich doch in Ruhe, ich will doch nur auf das Boot. Au!
Nein so wird das nichts. Ich habe mich erst einmal wieder in die Ecke gerettet, aus der ich gekommen bin. Das Chaos hier an Deck wird immer größer und auch das Schiff klingt so, als würde es jeden Moment auseinanderfallen. Viele Möglichkeiten habe ich nun nicht mehr vom Schiff zu kommen. Bei dem Getümmel momentan werde ich eher zertreten, als dass ich nochmal bis an ein Boot herankomme. Dann habe ich wohl nur noch die Chance mich hier hin zu setzten und zu warten dass es vorbei geht. Schade eigentlich, das sollte doch alles so schön werden. Und was ist nun, ich werde als Ratte mit der unsinkbaren Titanic untergehen...toll!!
Wahhh!!. Was ist denn jetzt los. Wow ist das hoch hier auf einmal. Irgendwas ist gerade passiert ich, weiß nur nicht was. Moment mal, ich bin ja gar nicht mehr auf dem Boden. Als ich nun hochschaue , sehe ich in das Gesicht eines kleinen Jungen. Irgendwie muss der mich wohl in der Ecke sitzen gesehen haben und hochgenommen haben. Er guckt mich an, als wollte er mir sagen, ich soll ruhig bleiben…Jetzt steckt er mich in seine Jackentasche. Huch, ist das dunkel hier. Aber ich verhalte mich mal weiter ruhig, mal sehen was passiert. In der Jackentasche bekomme ich natürlich nicht mehr viel mit, ich merke nur, dass der Junge wohl in ein Boot gehoben wird oder einsteigt. Hey das wäre ja meine Rettung. Aber warum hat der das gemacht. Ich bin doch eigentlich nur eine dreckige Ratte…

Irgendwann bin ich dann wohl in der Jackentasche eingeschlafen. Kein Wunder nach all der Aufregung der letzten Stunden. Nach einer Weile merke ich , wie ich wieder aus der Tasche gehoben werde. Ich werde langsam auf den Boden gesetzt. Es fühlt sich wie Holz an, wie ein Schiffsdeck. Oh nein, bin ich etwa erwischt worden und doch noch auf dem Schiff!!!?? Vorsichtig schaue ich mich um. Puh! Ein anderes Schiff. Dieses Schiff ist ganz und steht waagrecht auf dem Wasser. Ich sehe mich um und sehe den kleinen Jungen noch, wie er zu seiner Mama rennt, die ihn glücklich in die Arme nimmt…Das Schiff ist sehr voll, sodass mich wohl keiner bemerken wird, ebenfalls ist es dunkel. Vorsichtig klettere ich auf die Reling um zu sehen wo wir eigentlich sind. Ich schaue und bin total baff. Ich schaue auf die Freiheitsstatue. Hell erleuchtet. Wir sind kurz vor New York. Ich hab’s geschafft, danke dem kleinen Kerl, der mich einfach in seine Tasche gepackt hat. Leider werde ich mich dafür wohl nicht bedanken können, was soll eine Ratte auch schon einem Jungen zum Dank geben?!. Ich jedenfalls bin froh davon gekommen zu sein, auch wenn ich mit Wehmut an den Rest meiner Familie denke, die ich nicht wieder gesehen habe…Was wohl mit ihnen passiert ist…Ich werde es wohl nie erfahren…Mir bleibt nun nichts anderes übrig, als mein Leben weiter in die Hand zu nehmen und zu sehen, wie es sich als Ratte in New York lebt…oder wer weiß, vielleicht bleibe ich auch auf dem Schiff hi…Nein wohl eher nicht…

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Tag der Veröffentlichung: 24.04.2012

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