Mit schmerzendem Rücken, doch zufrieden, wischte Dawn sich die Hände an der Schürze ab. Lächelnd trug sie die geernteten Kräuter in das Haus. Nun lebte sie schon mehr als sechs Jahre in der Nähe von Dauphin bei Liz. Sechs Jahre, in denen sie eine innige Freundschaft mit Liz aufgebaut hatte. Es war August im Jahre 1785 und bald war ihr neunzehnter Geburtstag. Es war ein heißer Sommertag. Dominik, ihr Ziehvater und heimliche Liebe, war nach Dauphin geritten, um einen Brief zum Postamt zu bringen. Dawn hatte ihn an Hazel geschrieben. Zudem meinte er, dass einige Besorgungen zu machen wären.
Aus dem kleinen zwölfjährigen Mädchen war eine wunderschöne junge Frau geworden. Mittlerweile reichte ihr das Haar bis zur Hüfte und sie trug es immer hochgesteckt. Ihre eisblauen Augen zeugten von Intelligenz und zogen jeden in seinen Bann. Fast alle jungen Männer der Umgebung lagen ihr zu Füßen. Doch sie hatte nur Augen für Dominik. Als sie vor sechs Jahren begriff, was sie für ihn empfand, war sie zutiefst verwirrt. Immerhin war sie noch ein Kind und fühlte sich zu jung. Doch sie lernte schnell, dass man gegen seine Gefühle nicht ankam. Mittlerweile waren ihre Gefühle für ihn eher stärker geworden, wenngleich sie sich nicht die geringsten Hoffnungen machte.
Jacques, den sie auf ihrer Schiffpassage von England kennengelernt hatte, war ein stetiger Besucher. Mittlerweile hatte er eine Anstellung als Matrose in Marseille. Seine Annäherungsversuche wehrte sie erfolgreich ab. Teils belustigte sie das, teils verärgerte es sie. Und auch Albert und Hazel kamen den langen Weg von England her. Sie waren zum Teil ihrer Familie geworden. Nach dem Tod ihrer Eltern hatte sie keine mehr. Was aus ihrem Bruder geworden war, wusste sie nicht. Vor drei Jahren hatte Albert Hazel hier in einer kleinen Kapelle das Jawort gegeben. Hazels erster Mann war bei einer Schlägerei ums Leben gekommen und sie musste nichts mehr befürchten. Jahrelang hatte sie ein Doppelleben geführt, sich davor gefürchtet, entdeckt zu werden. Soweit Dawn wusste, hatte Hazels erster Mann die gemeinsame Tochter erschlagen, woraufhin diese geflohen war. Sie fand Unterschlupf auf dem Gut, welches von Albert und Dominik geleitet wurde. Albert verliebte sich in sie und machte sie zu einer Vampirin. Dawn wusste seit ein paar Jahren, das auch Dominik sich vom Blut der Menschen ernähren musste. Seltsamerweise hatte sie nie Angst verspürt.
Schnuppernd senkte sie ihre Nase in den Korb, den sie auf dem Arm trug. Der Duft von Estragon, Rosmarin und Thymian stieg ihr entgegen. Wie sie diesen Geruch nach frisch gezupften Kräutern liebte. Fröhlich lief sie zum Haus. Jacques hatte sich angekündigt und sie freute sich auf seinen Besuch. Bestimmt hatte er wieder jede Menge Seemannsgeschichten, mit denen er sie unterhielt. Die Seeungeheuer waren immer noch riesig und schienen das Meer so auszufüllen, dass Dawn sich fragte, wie da noch Schiffe ins Wasser passten. Und immer wieder rettete Jacques wunderschöne Frauen, die er natürlich alle nicht wollte und die ihm trauernd hinterher sahen. Wie oft hatte sie ihm zugehört und sich köstlich amüsiert. Als sie jünger war, klebte sie an seinen Lippen und war fasziniert. Die Bilder, die er mit seinen Geschichten in ihrem Kopf entstehen ließ, faszinierten sie. Mittlerweile war es nur noch amüsant, ihm zu zuhören. Damals wie heute wusste sie, dass hinter seine Geschichten, kein Wahrheitsgehalt zu vermuten war. Doch seine Art zu erzählen, stellten fast jedes Buch in den Schatten. Obwohl er gut aussah und sehr charmant sein konnte, war er immer nur ein Freund aus Kindertagen geblieben. Immerhin gehörte ihr Herz ganz und gar Dominik. Wenn sie sah, wie er von den Dienstmädchen angehimmelt wurde, konnte sie sich ein Lächeln nicht verkneifen. Trotzdem freute sie sich, wenn er da war.
In der Küche hatte sie Bescheid gegeben, dass Jacques kam und es wurde ein besonderes Mahl zubereitet. Das war auch der Grund, warum Dawn frische Kräuter holte. In den Töpfe brodelte es und der Duft ließ einem das Wasser im Munde zusammenlaufen. Dawn überreichte die Kräuter der Köchin und ging in den Wintergarten. Hier war sie am liebsten, wenn es draußen kälter wurde und die tage kürzer. Der Sommer wurde hier ein wenig länger gefangen gehalten. Unterwegs band sie die Schürze ab, die sie zum Schutz des Kleides angehabt hatte, und legte sie achtlos auf einem Schränkchen ab. Später würde sie diese mit in ihre Zimmern nehmen. Der Wintergarten empfing sie mit einer Reihe von Blumendüften. Auf einem Stuhl saß Liz und blätterte lustlos in Unterlagen. Lächelnd sah Dawn ihrer Freundin einige Zeit zu.
»Das sieht nach einer Menge Arbeit aus Liz. Soll ich dir dabei helfen?«
Liz blickte auf und ein gelangweiltes Lächeln umspielte ihre Mundwinkel.
»Oh, ja bitte. Das ist so langweilig. Ich muss das hier alles durchsehen für den Verwalter. Es geht um Erträge und Saatgut. Ich kann mir wirklich etwas Schöneres vorstellen, wie den Papierkram.«
»Claude zum Beispiel.« Meinte Dawn mit einem verschwörerischen Zwinkern.
»Du quälst mich noch zusätzlich. Ja Claude. Auch wenn seine Schläfen langsam grau werden.«
»Du hättest ihn ja unsterblich machen können. Dann wäre er für immer dein.«
»Dazu müsste ich ihn wirklich lieben. Und ich mag ihn sehr, seine Art mich zu küssen ist fantastisch, aber Liebe, nein das ist es nicht.«
»Könnt ihr das überhaupt, Dominik und du?«
Wehmütig sah Dawn Liz an.
»Ich weiß es nicht. Bis jetzt habe ich noch nie geliebt. Ob Dominik je mehr für eine Frau empfunden hat, kann ich dir nicht sagen. Ob er fähig ist zu lieben auch nicht. Bisher waren es kurze Affären, die er hatte. Nie blieb eine Frau länger bei ihm, als eine Nacht. Liebe kann man das nicht nennen, vermute ich.doch er sieht dich immer anders an, als andere Frauen. Und mittlerweile kann er nicht mehr abstreiten, dass du eine wunderschöne Frau bist.«
»Warum zeigt er es mir dann nicht?« Dawns Stimme klang verzweifelt.
»Liebes das weiß nur er.«
Seufzend setzte Dawn sich zu ihr und griff nach einem Stapel Papiere.
»So es reicht, wenn du sie sortierst. Unterlagen die Ländereien betreffend hier auf den Stapel und Unterlagen die Gebäude und Verpachtungen betreffend hierhin.«
Konzentriert machte sich Dawn an die Arbeit und schnell waren beide Frauen mit dem Stapel Papiere fertig. Freudestrahlend nahm Liz die Papiere und ging zu dem Verwalter um sie ihm zu geben. Dawn lehnte sich in dem Stuhl zurück und sah nachdenklich aus dem Fenster. Wenn sie Dominik nicht so lieben würde, wäre ihr Leben um manches leichter. Sie würde sich sicher in einen der jungen Männer aus der Gegend verlieben. Doch auch Dominik verhielt sich seltsam. Immer wenn er sah, dass ein Mann ihr seine Aufwartung macht, stellte er sich vor sie. Mittlerweile traute sich kaum einer, sie offen zu bewundern. Warum tat Dominik das? Wenn er sie nicht liebt, konnte es ihm doch egal sein, dass andere sich für sie interessierten. Sie rieb sich die Stirn, Dominik war ein Rätsel. Wieder stellte sie sich vor, wie Dominik sie in seine Arme zog, sie küsste und ihr seine Liebe gestand. Energisch schüttelte sie den Kopf, Tagtäumereien brachten sie nicht weiter. Von der Tür erklang ein Hüsteln und sie drehte ihren Kopf in die Richtung. Ein schelmisch grinsender junger Mann lehnte in der Tür und strahlte Dawn an. Seine braun gebrannte Haut zeugte davon, dass er den Großteil seiner Zeit an der frischen Luft verbrachte. Im scharfen Kontrast stand das weiß seiner Zähne, die er breit lächelnd zeigte.
Erfreut sprang Dawn auf und rannte zu ihm. Lachend fiel sie ihm um den Hals.
»Jacques, lieber Freund so früh habe ich dich nicht erwartet. Du wolltest doch erst am Abend hier sein.«
»Oh, schönste aller Meeresblumen, ich bin her geeilt von innerer Sehnsucht zerfressen.« Lachend wand sich Dawn aus seiner Umarmung, die ein wenig zu besitzergreifend war.
»Alter Schmeichler. Wie war die Fahrt hierher? Und wo bist du überall gewesen?«
»Die Fahrt hierher war wie immer zu trocken. Warum lebst du nicht auf einer einsamen Insel? Und ich war in Afrika und in Amerika. Da musst du unbedingt einmal hin.«
Seit mehreren Monaten hatte, sie nichts von Jacques gehört, bis vor einer Woche sein Brief eintraf, in dem er sein Kommen ankündigte. Amerika, Dawn machte große Augen. Bisher führte seine Route ihn nur nah Spanien oder Portugal.
»Amerika ist aber weit weg. Ist das Schiff überhaupt tauglich für so eine weite Reise?«
»Oh das Alte nicht, doch das Neue schon.«
Fragend zog Dawn die Brauen zusammen.
»Das Neue? Erkläre es mir bitte.«
»Also ich habe auf einem neuen Schiff angeheuert und bin nun erster Maat. Allerdings fahren wir regelmäßig Passagiere nach Amerika.«
»Erster Maat. Da gratuliere ich dir aber.«
»Ja und bald bin ich Kapitän, wenn ich genug Geld habe, um mir ein eigenes Schiff zu kaufen.«
»Wenn du ein eigenes Schiff hast, kannst du mich aber nicht mehr besuchen.«
»Ich heuer dich als Smutje an. Es gibt nur ein Problem, dein Haar.«
»Was ist mit meinem Haar?«
»Du müsstest es schneiden lassen. Frauen werden auf Schiffen nicht gern gesehen. Und du müsstest dich als Mann ausgeben.«
Lachend schlug Dawn gegen seine Schulter.
»Du bist unmöglich, Jacques.«
Daraufhin wurde sein Grinsen noch breiter.
»Du hast bestimmt großen Hunger mitgebracht, oder?«
»Ja Kleines sehr Großen.« Feixend rieb er über seine flachen Bauch.
Warum hatte Dawn das Gefühl, das er das nicht nur auf das Essen bezog? Denn sein Blick sagte auch etwas anderes und das ließ sie frösteln.
»Gut gleich gibt es Essen, ich habe extra frische Kräuter aus dem Garten geholt.«
»Hmm das hört sich gut an. Wollen wir eine wenig an die Luft vor dem Essen, ich habe dir eine neue Geschichte mitgebracht.«
»Oh ja Jacques sehr gerne.«
Gemeinsam gingen sie in den Garten zu dem kleinen Teich und setzten sich auf die Bank. Jacques setzte sich so nah, dass Dawn durch den Stoff ihres Kleides seine Wärme spüren konnte. Demonstrativ rückte sie eine wenig ab, was Jacques mit einem Grinsen quittierte.
»Wir haben auf der Fahrt nach Amerika den wahrscheinlich größten Hai aller Zeiten gesehen. Wenn er sein Maul aufmachte, hätte unser Schiff durch seinen Schlund in seinen Bauch segeln können ...«
Wie immer hörte sie ihm fasziniert zu. Wieder rette Jacques alleine das Schiff und die schöne Tochter eines Passagiers. Der Hai erwies sich als gefräßig und Jacques fütterte ihn mit Ballast vom Schiff, worauf dieser dann im Meer versank.
Als Jacques geendet hatte, sah er Dawn an.
»Sei froh, dass du nicht an Bord warst. Du hättest dich zu Tode geängstigt. Und jetzt habe ich wirklich Hunger. Sollen wir ins Haus gehen? Obwohl ich hier mit dir eine Ewigkeit sitzen könnte.«
Dawn nickte und sie schlenderten ins Haus zurück.
»Und Dawn erzähl mir bitte, was hat sich hier in der Zeit zugetragen? Ich war ja fast ein Jahr nicht hier.«
»Wie immer nicht viel. Albert und Hazel waren im Frühling hier, haben aber nicht viel Neues zu erzählen gehabt. Außer das mein Bruder wohl weiter sein Unwesen treibt. Er wird nun vom Gesetz her als Verbrecher gesucht, schafft es aber immer wieder zu entwischen.«
»Du musst ihn verstehen, er hatte es nicht leicht nach dem Tod eurer Eltern.«
»Oh bitte Jacques. Er hatte eine Wahl! Er hätte ehrlicher Arbeit nachgehen können. Aber er hat sich als Kind schon immer vor der Arbeit gedrückt. Er macht es sich leicht, indem er arme Bauern überfällt und sie um ihre Vorräte bringt. Er ist genauso ein nichtsnutziger Trunkenbold geworden wie mein Vater. Nur kommt bei ihm dazu, dass er kriminell ist.« Die Wut in ihrer Stimme war nicht zu überhören.
Seufzend sah Jacques sie an, es war immer das Gleiche, nie waren sie einer Meinung, was ihren Bruder angeht. Nur sah er nicht, dass sie unbedingt recht hatte. Jedes Mal gab er dann klein bei und ging nicht weiter darauf ein. Sie war behütet aufgewachsen, hatte alles, was sie brauchte, während ihr Bruder alleine gelassen worden war. Zumindest vermied er so aufreibende Diskussionen. Die würde ihr auch vergehen, wenn sie erst ihm gehörte, dann würde er ihr zeigen, was ein richtiger Mann ist. Bei dem Gedanken ihren nackten Körper zu besitzen musste er lächeln. Lange würde er sich nicht mehr gedulden.
Nach dem Essen verabschiedete sich Jacques mit der Begründung, noch etwas Dringendes erledigen zu wollen. In Wirklichkeit traf er sich mit einigen Männern, um seine Heuer durch ein Würfelspiel aufzubessern. Dass dabei der Schnaps reichlich floss, war ein Nebeneffekt des Spiels. Meistens verlor er seine Heuer, anstatt mit mehr heimzugehen. Kümmern tat es ihn nicht. Der Nervenkitzel des Spiels und der reichlich fließende Alkohol waren seine Motivation.
Diesmal lief es am Anfang ziemlich gut für ihn, er gewann mehrere Spiele und trank deshalb um so mehr. Als sein Geld dann schließlich doch verloren war, war er betrunken und wankte zurück zu Liz´ Anwesen.
Frustriert durch den Verlust wollte er nun doch einen Erfolg verbuchen. Es war früher Abend und Dawn war sicher bei Mellow, um ihr eine Leckerei zuzustecken. Von seinen früheren Besuchen wusste er, dass sie diese Gewohnheit pflegte. Also führte ihn sein Weg geradewegs zum Stall. Die Stallburschen hatten schon frei und er wäre mit ihr alleine. Bei diesem Gedanken bildete sich ein diabolisches Lächeln um seine Mundwinkel. Heute war genau der Tag, an dem sie erfahren sollte, wie es ist, von einem Mann geliebt zu werden.
Wie er vermutet hatte, war Dawn grade bei der Stute und verwöhnte sie mit Äpfeln. Schwankend stand er in der Stalltür und beobachtete sie. Entschlo0en zog er die Stalltür zu und trat zu Dawn in die Box.
»Jacques hast du deine Erledigungen gemacht?«
»Ja fast. Eine fehlt noch.« Dawn rümpfte die Nase vor Ekel. Der Geruch der ihn umgab, war zu vertraut. Ihr Vater hatte dieser auch umgeben. Jacques hatte getrunken und das nicht wenig. Seine Stimme klang lallend und es war nicht das erste Mal, dass er so war. Oft schickte sie ihn einfach auf sein Zimmer, damit er seinen Rausch ausschlafen konnte. Doch heute störte sie etwas an der Art, wie er sie ansah und den Worten, die er aussprach.
Süffisant lächelnd trat er zu ihr und wäre fast dabei gestolpert. Er umfing ihre Taille und Dawn zuckte zusammen. Sein Griff war hart fast brutal.
»Jacques lass das. Du weißt, ich will das nicht.« Flehte sie ihn an.
»Du weißt nicht, was du willst und heute Abend werde ich dir zeigen, was du willst. Du wirst es danach nur noch mit mir wollen.« Panik ergriff Dawn. So kannte sie ihn nicht.
Grob fasste er nach ihrer Brust und drückte fest zu. Voller Angst versuchte Dawn sich aus seinem Griff zu winden, doch ihre Bemühungen waren vergebens. Mit der anderen schob er ihren Rock hoch und griff ihr zwischen die Beine. Weg, dachte Dawn, ich muss hier weg.
»Nein Jacques bitte nicht. Wenn du nicht aufhörst, schreie ich.«
Doch ehe sie ihre Drohung wahr machen konnte, war sein Mund auf ihrem und seine Zunge bohrte sich hart zwischen ihre Lippen. Der Geschmack nach Schnaps löste eine Welle Übelkeit in ihr aus und aus lauter Verzweiflung biss sie zu. Fluchend löste er seine Lippen vom ihren, und bevor sie schreien konnte, presste er ihr seine Hand auf den Mund. Mit weit aufgerissenen Augen sah sie ihn an, suchte nach dem Jacques in seinem Gesicht, der einst ihr Freund war. Doch der war fort. Stattdessen sah sie den Gesichtsausdruck ihres Vaters in seinem Gesicht. Pure Brutalität und Wut. Angestrengt versuchte sie die Beine zusammenzupressen, doch Jacques drängte ein Knie dazwischen und zwang sie so noch weiter auseinander. Mit einem Finger bohrte er sich in ihr Innerstes und Dawn wimmerte auf. Ein stechender Schmerz schoss aus ihrem Schoß. Hilflosigkeit lähmte sie und sie sehnte eine erlösende Ohnmacht herbei. Sie wollte das nicht erleben müssen, warum umfing sie keine erlösende Dunkelheit?
»Das gefällt dir, nicht war kleine Meeresblume?«
Dawn versuchte, den Kopf zu schütteln, ihm zu zeigen, dass er ihr Weh tat, doch sein Griff war gnadenlos. Tränen liefen ihre Wangen hinunter. Nein, so nicht, dachte sie verzweifelt. Grob zog er seine Hand von ihrer intimsten Stelle zurück und Dawn merkte, dass er an seiner Hose rumnestelte. Sie kniff die Augen zu und hoffte, dass es schnell vorbei sein möge. Wimmernd merke sie, wie sich etwas Hartes gegen ihre Scham drückte. Sie erbebte vor Scham und Ekel. Innerlich bereitet sie sich auf weitere Schmerzen vor, verkrampfte sich, und wagte nicht zu atmen. Kniff ihre Augen noch mehr zu. Wie gern würde sie ihre Qual hinausschreien, doch seine Hand hinderte sie daran, weshalb sie nur wimmern konnte.
Und plötzlich war sie frei, konnte sich wieder bewegen. Vorsichtig öffnete sie ihre Augen, Dominik stand über Jacques gebeugt und schlug in blinder Wut auf ihn ein. Zitternd sackte sie an der Wand hinunter und vergrub schluchzend das Gesicht in ihren Händen. Aus ihrer Position konnte sie Schläge hören, welche Dominik auf Jacques einprasseln lies. Sie spähte zwischen ihren Fingern hindurch und ließ die Hände sinken. Dominik war wie ein wildes Tier, was ohne Verstand auf Jacques einprügelte. Schön und gefährlich, schoss es ihr durch den Kopf. Doch was sie erstaunte: sie empfand kein Mitleid, sondern eher Genugtuung. Selbst, das er Jacques totschlagen könnte, erfüllte sie mit diesem Gefühl. Nach einer Weile hörte sie nichts mehr nur noch das Wimmern von Jacques und dann Dominiks Stimme.
»Du verschwindest von hier. Sofort und sollte ich dich jemals wieder in ihrer Nähe sehen, töte ich dich.« Seine Stimme klang kalt und grausam. Doch Dawn wusste, es würde so nie ihr gelten.
Mühsam kroch Jacques zur Stalltür und zog sich an ihr hoch. Schlagartig war er nüchtern. Seine Nase schmerzte und Blut rann aus ihr. Mit dem Ärmel wischte er das Blut fort und wankte vom Hof. Unweigerlich wusste er, dass er Dawn verloren hatte, nicht nur als Frau, sondern auch als Freund. Letzteres war ihm fast schon egal. Aber Dawn an seiner Seite und er wäre überall aufgefallen. Diese Niederlage würde Dominik bereuen, schwor er sich. Er würde einen Weg finden, um sich zu rächen. Dann würde keiner ihn aufhalten, dann würde er Dawn nehmen. In der Nähe fand er eine Scheune und beschloss darin seinen Rausch auszuschlafen, bevor er sich am nächsten Tag nach Marseille aufmachte.
Hinter sich in der Box hörte Dominik Dawn schluchzen. War er zu spät gekommen, hatte dieses Schwein sie geschändet? Bitte las es nicht so sein, dachte er. Eilig betrat er die Box. Dort hockte Dawn mit dem Rücken an der Wand und hielt die Hände in ihren Schoß gepresst. Erneut flammt Wut in ihm auf. Diese Wut betraf ihn selbst. Warum hatte er Jacques vertraut? Warum war er zu spät gekommen?
Sanft zog er sie zu sich hoch und legte vorsichtig die Arme um sie.
»Kleines hat er dich …, hat er dir was angetan?« er wagte nicht auszusprechen, was ihm Angst bereitete.
Langsam schüttelte Dawn den Kopf.
»Aber es hat nicht mehr viel gefehlt. Es war schrecklich. So kannte ich ihn nicht. Er erinnerte mich so sehr an meinen Vater.«
Beruhigend strich er über ihr Haar und zog sie fest an sich. Erleichterung machte sich in ihm breit.
»Ich war kurz davor, ihn umzubringen. Was hat er sich nur dabei gedacht?« Die Frage stellte er mehr sich selbst.
Sachte legte er eine Hand unter Dawns Kinn und blickte ihr fest in die Augen, wischte mit dem Daumen die Tränen fort, die immer noch über ihre Wangen rollten.
»So etwas darf kein Mann einer Frau antun. Ganz besonders dir nicht. Wenn das noch mal einer versucht, reiß ich ihn in Stücke.«
Statt einer Antwort schlang Dawn plötzlich beide Arme um seinen Hals und nährte sich seinem Gesicht mit bebenden Lippen. Urplötzlich entstand eine nicht greifbare Spannung zwischen ihnen. Jacques und seine Tat traten in den Hintergrund, sie wollte Dominik danken, doch auch ihm nahe sein. Mit großen Augen blickte sie ihn an und sah, dass seine Augen sich verdunkelten. Dann lagen seine Lippen auf ihren, erst leicht wie ein Schmetterlingsflügel, dann als er merkte, dass sie keinen Widerstand leistete, wurde sein Kuss fordernder. Dawn presste ihren Körper gegen seinen, merke ein sehnsüchtiges Ziehen in ihrem Schoß. Leidenschaftlich erwiderte sie seinen Kuss, gab sich ganz dem Gefühl hin, das dieser in ihr auslöste. So lange hatte sie diesen Moment herbeigesehnt. Nun war er endlich gekommen. Ihre Hände tasteten seinen Rücken entlang. Wie gern würde sie seine Haut spüren. Doch da löste Dominik sich abrupt von ihr.
»Nein das geht nicht. Du bist fast meine Tochter. Du hast einen jungen Mann verdient, der dich umgarnt und dir den Hof macht.« Schroff schob er Dawn von sich.
Dawn wurde wütend. Warum konnte er sich nicht einfach gehen lassen? Sie liebte ihn schon so lange, wie lange sollte sie noch warten?
»So wie es Jacques getan hatte. Ich habe ihm schon öfter einen Korb gegeben. Nie wollte ich jemanden anderen wie dich. Und du bist nicht mein Vater. Das war ein saufender Schläger, der meine Mutter zu Tode geprügelt hat.« Mit bebenden Nasenflügeln stand sie vor ihm. Nun war es heraus!
Funkelnd sah sie ihn an, doch er erwiderte nichts. Starrte einfach nur zurück. Verärgert drehte sie sich um und rannte ins Haus. Wieder liefen ihr die Tränen über das Gesicht. Und wie schon Jahre zuvor, rannte sie wortlos an Liz vorbei, die ihr fragend nachsah.
Kurz darauf betrat Dominik das Haus.
»Was war es diesmal Dominik?« Fragte Liz leicht gereizt.
»Erst Jacques, dann ich. Liz ich weiß nicht weiter.«
»Komm mit und dann erzähle bitte.«
Gemeinsam gingen sie in den Wintergarten, wo Dominik alles erzählte. Davon wie er zurückkam aus Dauphin und in den Stall ging, weil er wusste, dass Dawn bei Mellow sein würde. Seine Wut, als er sah, was Jacques mit ihr vorhatte.
»Mein Gott das arme Mädchen, ich will nicht daran denken, was passiert wäre, wenn du nicht in den Stall gegangen wärst.«
Zustimmend nickte er, bei dem Gedanken lief ihm ein kalter Schauer den Rücken hinunter und er berichtete weiter. Als er bei dem Kuss ankam und wie sehr ihn Dawn Reaktion erstaunt hatte, lächelte Liz wissend.
»Erinnerst du dich? Damals vor sechs Jahren, nach eurem Ausritt. Am Morgen hatte sie mir erzählt, dass sie in dich verliebt ist. Sie war sehr verwirrt darüber. Nicki Dawn liebt dich, sie hat nie anders für dich empfunden.«
»Das bildest du dir ein, Liz. Der Vorfall ist sechs Jahre her. Inzwischen muss sie doch anders empfinden.«
Doch Liz schüttelte nur den Kopf.
»Überlege doch einmal, hat sie je auf die Avancen der jungen Männer hier aus der Gegend reagiert. Sich vielleicht mit dem ein oder anderen eingelassen. Im Gegenteil sie verteilte nur Körbe, ließ keinen näher an sich heran. Immer nur hatte sie Augen für dich. Wenn du im gleichen Raum mit ihr bist, sucht sie immer Blickkontakt zu dir. Meinst du nicht, Jacques hätte es schob öfter versucht. Immer wahrte sie Distanz zu ihm. Du scheinst Dawn nicht zu kennen.«
Und da fiel es Dominik wie Schuppen von den Augen. Alle hatten ihm gesagt, dass Dawn etwas mehr in ihm sah, als nur den Ziehvater. Immer hatte er es abgetan. Und dann dieser Kuss, als sie ihn leidenschaftlich erwiderte. Sie hatte ihm ja gesagt, dass sie Jacques immer wieder einen Korb gegeben hatte, aber er wusste nicht, dass sie es auch tat, weil sie nur ihn liebte.
»Ich sehe, du verstehst so langsam. Und nun steh zu deinen Gefühlen ihr gegenüber. Immer hast du eifersüchtig darauf geachtet, wer in ihrer Nähe war. Jedes Mal wenn sie den Raum betrat, hellte sich deine Mine auf. Gib es zu Bruderherz, da ist mehr als du dir eingestehen willst. Dawn ist schon lange nicht mehr das kleine Mädchen für dich. Sie hat alles, was du suchst. Sie hat das Herz am rechten Fleck. Sie ist sanft und gutmütig. Und sie kommt mit deinen Launen zurecht. Weiß immer, wie sie dich aufmuntern kann. Du empfindest mehr, als du dir eingestehen willst.« Liz wusste, dass sie gefährliches Terrain betrat. Dominik mit seine Gefühlen zu konfrontieren war nicht ihre beste Idee.
Energisch schüttelte Dominik den Kopf.
»Du weißt selbst, dass ich noch keine Frau geliebt habe, warum sollte ich nun damit anfangen?«
»Dominik nun übertreibe bitte nicht. Von Liebe habe ich nicht gesprochen. Aber es ist mehr als du dir eingestehen willst, mein Lieber. Was hast du empfunden, als du sie mit Jacques gesehen hattest?«
»Ich wollte sie beschützen. Wollte nicht das »Es« so passiert. Dazu sollte sie bereit sein und das ist sie nicht.«
»Doch das ist sie, erinnere dich an den Kuss, da musst du es gespürt haben. Und nur beschützen, Nicki? Stell dir bitte vor, sie hätte sich ihm hingegeben und du hättest sie ertappt?«
Grollend blickte er auf. Ein Stich raste durch sein Herz.
Lachend sah Liz ihn an.
»Eifersüchtig Bruderherz? Genau das habe ich gemeint Nicki. Nicht, sie ist noch nicht soweit, du bist derjenige, der nicht soweit ist. Du empfindest etwas für Dawn. Du willst es nur im Moment noch nicht wahrhaben. Ich werde nun zu Dawn gehen, sie braucht jetzt jemanden, der sie tröstet. Und du denkst bitte über das nach, was ich gesagt habe. Allmählich musst du deine Gefühle zulassen.«
Damit wandte sie sich um und ließ ihn alleine. Nachdenklich ging er zum Fenster und sah in den Nachthimmel. Immer schon hatte er das Bedürfnis gehabt, Dawn vor allem zu beschützen. Sollten wirklich Gefühle für sie hier eine Rolle spielen? Am Anfang sicher nicht, aber später vielleicht? Sicher konnte er sich nicht sein. Nur eins war im bewusst, solange er zweifelte, würde er sich von ihr fernhalten. So etwas wie heute Abend durfte ihm nicht mehr passieren. Es würde sowohl ihn, als auch Dawn in ungeahnte Komplikationen stürzen.
Liz klopfte an Dawns Zimmertür. Doch es drang kein Laut nach draußen. Leise bewegte sie den Türknauf und trat ein. Das Bild, das sich ihr bot, hatte sie schon einmal gesehen, nur das Dawn damals jünger war.
Wieder lag sie auf ihrem Bett und schluchzte in ihr Kissen. Seufzend schloss Liz die Tür und setzte sich auf die Bettkante. Wie damals legte sie eine Hand auf Dawns Rücken.
»Dawn, Liebes ich bin es Liz. Dominik hat mir alles erzählt. Wie geht es dir?«
»Liz warum tut es so weh, zurückgestoßen zu werden?«
»Liebes ich meinte das mit Jacques. Zu Dominik kommen wir später.«
»Das war schrecklich. Ich hatte solche Angst vor ihm. So war er noch nie. Er hatte getrunken und er hatte soviel Kraft. Ich konnte nichts gegen ihn machen. Und dann kam Dominik. Fast wäre es zu spät gewesen.«
»Und jetzt?«
»Ich will Jacques nie wieder sehen. Es war ja nicht nur der Angriff auf mich, er hat unsere Freundschaft mit Füßen getreten.«
Leicht strich Liz ihr eine Strähne wirren Haares aus dem Gesicht.
»Das musst du auch nicht. Sollte er sich je wieder herwagen, wird er es bitter bereuen. Und nun zu meinem Bruder. Du hast ihn zurück geküsst?«
Statt einer Antwort nickte Dawn nur.
»Ja und wie war es?«
»Es war unbeschreiblich. Ich wollte nie wieder aufhören. Und ich wollte ihn berühren, seine Haut. Es war wie ein Rausch. Wie damals, als ich den verdünnten Wein getrunken habe.«
»Oh das kenne ich. Die Gefühle sind dann alles, was wichtig ist.«
»Ja ich habe es mir all die Jahre gewünscht, dass er mich als Frau sieht und dann stößt er mich weg. Das tat weh. Dabei spürte ich, dass er es auch will. Ich weiß nicht, was ich nun denken soll. Es ist alles so kompliziert.«
»Dawn gib ihm Zeit. Er empfindet etwas für dich, nur eingestehen will er es sich nicht.«
»Bin ich so schrecklich?« Laut schniefend blickte Dawn Liz an.
»Nein Kleines damit hat es nicht zu tun. Eher damit, dass er noch nie so etwas gefühlt hat. Er kennt es nicht zu lieben.«
»Ich habe so lange gewartet, ich werde weiter warten. Es gibt keinen anderen Mann für mich.«
»Ja das weiß ich. Nur erwarte nicht so viel von Nicki. Bis er begreift, was er fühlt, kann es dauern.«
»Dann dauert es eben. Nur er altert nicht, ich schon. Werde ich ihm auch noch gefallen, wenn ich alt und grau bin?«
»Du hast auch eine andere Möglichkeit, Liebes.«
»Ich weiß. Nur will ich, dass Dominik mir das anbietet. Wenn ich eine von euch werde, nur durch ihn. So wie bei Albert und Hazel.«
»Bist du dir da ganz sicher?«
»Wenn ich dadurch ewig bei ihm bleiben kann, dann ja.«
»Ich könnte dich auch wandeln.«
»Nein entweder Dominik oder keiner. Dann werde ich eben alt und grau.«
»Gut, wie du willst. Nur dein Leben zieht dann an dir vorüber. Du hast am Ende nichts, was dir bleibt.«
»Noch bin ich jung und muss mir keine Gedanken machen, was dann sein wird.«
»So kenne ich dich gar nicht. So kopflos. Du liebst ihn sehr, oder?«
»Mehr als alles andere auf der Welt. Wenn er schlecht gelaunt ist, kann ich ihn zum Lachen bringen. Ich spüre, wenn er den Raum betritt, ohne aufzusehen. Wenn er in der Nähe ist, mach ich mir keine Sorgen. So sicher wie bei ihm, habe ich mich nie im Leben vorher gefühlt«
»Kleines ich mach mir eben Sorgen um dich.«
Lächelnd sah Dawn sie an.
»Wenn er wirklich etwas für mich fühlt, wird er dahinter kommen. Dann werde ich glücklich sein.«
Seufzend umarmte Liz ihre Freundin. Hoffentlich behielt sie recht, bei Dominik konnte man sich nie sicher sein. Auch wenn er etwas für Dawn empfand. Wenn er sich das Gegenteil einredete, würde das Begreifen erst in einem Jahrhundert einsetzen. Das wäre für Dawn zu spät und für ihn auch. Dominik würde in Selbsthass versinken.
Später gingen beide Frauen hinunter in den Wintergarten. Von Dominik war nichts zu sehen. Liz bat ein Dienstmädchen, Wein zu holen.
»Den brauchst du jetzt und ich auch.«
»Denkst du, dass es richtig ist, wenn ich nun Wein trinke?«
»Liebes ja ist es richtig, dass du nun Wein trinkst. Warum auch nicht? Immerhin bist du erwachsen.«
»Das sieht aber nicht jeder so, dass ich erwachsen bin. Einige sehen in mir immer noch das Kind.«
»Du solltest es ihnen beweisen.« Vielleicht wäre das ein Lösung, wenn Dawn erwachsen wirken würde. In ihren jetzigen Kleidern wirkt sie wie ein Mädchen vom Land. Doch was würde Dominik sagen, träte ihm eine damenhafte Dawn entgegen. In ihrem Kopf braute sich ein Plan zusammen.
»Liz, wenn ich nur wüsste, wie hätte ich es längst getan.«
Nachdenklich schaute Liz aus dem Fenster.
»Ich wüsste wie. Doch dabei werde ich deine Hilfe benötigen.«
»Alles, was du willst. Es macht mich sonst nur schwermütig. Ich würde morgen gerne nach Dauphin, um mir ein Kleid für meinen Geburtstag zu kaufen. Es soll etwas Besonderes sein. Und ich möchte, dass du mich begleitest. Willst du?«
»Das klingt fantastisch, die Papiere sind erledigt. Und es kommt meinem Plan sehr entgegen. Und ich könnte auch ein paar neue Kleider gebrauchen. Also gebe ich dem Kutscher morgen früh Bescheid und dann essen wir in Dauphin zu Mittag.«
Von der Tür ertönte ein Hüsteln und beide Frauen drehten sich um. Dominik stand dort und blickte von einer zur anderen. Während Liz die Stirn runzelte, schoss Dawn die Röte ins Gesicht. Der Kuss war ihr noch zu gut in Erinnerung und ein Ziehen zog sich durch ihren Schoß, als sie an Dominiks Lippen auf den ihren dachte.
»Darf ich die Damen morgen beraten?«
»Nein,« erklang es zeitgleich von beiden Frauen.
»Bitte das soll eine Überraschung für dich werden. Da wäre es unpassend, wenn du mit kämest.«
Bewundernd blickte Liz zu Dawn, das Mädchen konnte wirklich alles überspielen. Zugegebenermaßen hatte sie auch genug Übung darin. So lange, wie sie Dominik heimlich liebte, ohne ihn das Geringste spüren zu lassen. Nur jetzt hatte Dominik eine kleine Ahnung, was Dawn wirklich empfand.
Prüfend sah er Dawn an. Ihre eisblauen Augen hielten seinem Blick stand und die Röte in ihrem Gesicht, ließen ihn ahnen, woran sie dachte. Auch er dachte an den Kuss, wie Dawns Körper sich seinem entgegendrängte, wie weich ihr Mund unter seinem lag. So viele Frauen hatte er nun schon geküsst. All die Jahrhunderte hatte es ihn aber nie so verwirrt. Wie es wohl sein würde Dawn unter sich zu spüren ihre weiche Haut zu liebkosen. Ihr kleine Schreie der Lust zu entlocken? Am liebsten hätte er sich nun für diesen Gedanken geohrfeigt. Wollte er sich nicht von ihr fernhalten, solange er sich nicht sicher war? Seine Gedanken kreisten nur um sie, wie er sie vor sich selbst beschützen konnte. Vielleicht sollte er Dauphin eine Weile verlassen. Nein, das konnte er nicht. Sie wäre schutzlos.
Dominik beschloss in sein Zimmer zu gehen, er hatte einiges zu bedenken und einiges zu verstehen.
»Gut, wie ihr beiden wünscht. Dann werde ich morgen hinaus auf die Felder reiten, um nach dem Rechten zu sehen.« Seine Stimme klang schroffer als er wollte. Doch er war auch gekränkt.
Damit drehte er sich um und stürmte die Treppen hinauf.
Liz und Dawn sahen sich fragend an. Dann plauderten sie über ihre Vorstellung der Kleider, die sie kaufen wollten.
»Liz ich will eines, wo ich noch erwachsener wirke. Dominik soll mich als Frau sehen, nicht mehr als Kind.«
»Liebes es wird auch Zeit, dass du aus den Bauernkleidern rauswächst. Nur so kannst du ihm zeigen, dass du kein Kind mehr bist. Es muss etwas Festliches sein. Die Kleider die du bisher trägst sind ja eher praktisch. Und ich habe auch schon eine Idee, wer uns da behilflich sein kann. Und ich denke, wir werden deine ganze Gaderobe aufbessern. Ab heute bist du eine Lady, mein Schatz.«
Verschwörerisch zwinkerte sie Dawn zu. Drei Gläser Wein später verabschiedete Dawn sich für die Nacht. Der Wein hatte ihre Sinne benebelt und sie war plötzlich sehr müde. Auf dem Weg nach oben musste sie sich öfter abstützen und kicherte leise vor sich hin. Vor Dominiks Türe blieb sie stehen und legte den Kopf schief. Sollte sie einfach zu ihm rein gehen? Der Kuss fiel ihr ein und ein Schauer durchfuhr sie. Wie gerne wäre sie wieder in seine Armen und würde ihn berühren. Seufzend wandte sie sich ab und ging zu ihrem Zimmer. Noch im Bett stellte sie sich vor, wie es sein würde in seinen Armen zu liegen und an seine Brust gelehnt einzuschlafen. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie in den ersehnten Schlaf sank.
Am nächsten Morgen wurde sie von den Sonnenstrahlen geweckt, die durch ihr Fenster hineinschienen. Eilig wusch sie sich und zog sich an. Heute wollte sie das schönste Kleid kaufen, das sie finden konnte. Dominik hatte ihr für solche Fälle ein kleines Budget an Geld überlassen. So musste sie nicht immer mit ihm in die Stadt fahren und konnte selbst entscheiden, was sie kaufen wollte. Bisher waren die Kleider eher praktisch. Doch nun sollte es ein Kleid sein, das man auch zu einem Fest anziehen konnte.
Liz erwartete sie bereits zum Frühstück. Von Dominik war nichts zu sehen. Enttäuscht darüber nahm Dawn Platz.
»Er ist früh raus zu den Feldern, nach dem Rechten sehen.« Beiläufig nahm Liz sich eine Scheibe des weichen süßen Brotes. Natürlich hatte sie die Enttäuschung in Dawns Gesicht sehen.
»Er sagte ja, dass er so was vorhatte. Trotzdem fehlt er mir.«
»Er fehlt dir doch schon, wenn er dir den Rücken zudreht.« Neckte Liz sie, doch Dawn, konnte nicht darüber lachen.
»Ist es so offensichtlich, was ich empfinde?«
»Ja Liebes ist es, nur Nicki ist blind in diesem Punkt. Doch verzweifel nicht. Ich habe das Gefühl deine Zeit wird kommen.«
Seufzend bestrich Dawn eine Scheibe Brot mit Honig und biss hinein.
»Weißt du schon, was für ein Kleid du kaufen möchtest?«
»Ein Festliches für meine Geburtstag. Am liebsten ein Blaues, passend zu meiner Kamee, die Dominik mir zum zwölften Geburtstag schenkte.«
»Ich weiß, wo wir festliche Kleider bekommen. Nur, ob es deinem Wunsch entsprechend ausfallen wird, kann ich dir nicht versprechen.«
Den Rest des Frühstücks unterhielten sie sich über Kleider. Das war für Dawn auch weniger verfänglich, als über ihre Gefühle zu reden.
Später auf dem Weg zur Kutsche, die bereits auf sie wartet, kniff Liz die Augen zusammen. Das grelle Sonnenlicht machte ihr zu schaffen.
»Deine empfindlichen Augen machen dir sehr zu schaffen. Hast du es mal mit geschwärztem Glas versucht?«
Leise lachte Liz auf.
»Es zwingt uns ja keiner, im grellen Sonnenlicht draußen zu sein. Und lange bin ich ja nie an der Luft, wenn es hell ist.«
Stimmt, dachte Dawn, doch bei Dominik war es anders. Auf ihren gemeinsamen Ausritten kniff er nie die Augen zu, oder verbrachte den Tag im Schatten. Ob er nicht so empfindlich war, wie seine Schwester? Da fiel ihr noch etwas ein.
»Wann hat Dominik das letzte Mal etwas getrunken?« Das sagte sie nicht ohne einen Hintergedanken, doch sie hatte Liz´ guten Instinkt vergessen.
Liz schien ihre Gedanken zu erraten und schüttelte kaum merklich den Kopf.
»Nein Dawn das wäre der falsche Weg. Sei geduldig! Die Gelegenheit Dominik zu sagen, dass du weißt, was er ist, kommt früh genug. Und dann solltest du ihn bitten dich zu wandeln, wenn du das wirklich willst.«
»Ich will es nur, wenn es heißt, die Ewigkeit mit ihm zu verbringen.«
»Die Ewigkeit ist ein langer Zeitraum. Stell dir das nicht so einfach vor. Dominik war immer ein Einzelgänger. Er wird sich daran gewöhnen müssen eine Gefährtin zu haben. Und ob er das will, kann nicht einmal ich sagen.«
In der Kutsche sah Dawn die ganze Zeit aus dem Fenster. Aufdrängen wollte sie sich Dominik nicht. Doch was sollte sie tun? Immerhin liebte sie nur ihn. Nie würde sie einen anderen Mann lieben können. Dawn fiel beim besten Willen keine Lösung ein, also beschloss sie, sich später Gedanken zu machen.
Nun freute sie sich auf die Stadt und den Tag mit Liz. Von ihrem Kleid hatte sie eine genaue Vorstellung. Sie wollte eines aus nachtblauem Seidenstoff. Und sie benötigt ein Korsett, um ihre Taille auf Maß zu bringen. Also eine komplette Festgarderobe. Dass Liz sie begleitete, war pures Glück, da diese immer ein gutes Gespür für die neuste Mode hatte.
Bald hatten sie ihr Ziel erreicht. Der Schneider, den Liz ausgesucht hatte, wusste sofort, was Dawn wollte, nachdem sie es ihm erklärt hatte. Er brachte einen Arm voller Kleider in allen möglichen Blautönen. Liz bot ihr an, ihr beim Umkleiden zu helfen. Wie vor Jahren schon Dominik segnete sie einige Kleider ab und einige nicht. Wieder gab es zwei Stapel, einen mit Kleidern, die nicht dem entsprachen, was Dawn sich vorstellte, einen mit denen die, dem sehr nahe kamen. Am Ende wurde der Stapel mit den Kleidern noch einmal unterteilt. Überraschenderweise waren es alle Kleider, die Dawn mitgenommen hätte. Doch ihre Zweifel wuchsen, ob sie in diesen wirklich erwachsen wirkte. Plötzlich kam der Schneider zurück und trug ein nachtblaues Kleid auf den Armen. Im Nu waren die anderen Kleider vergessen. Schnell schlüpfte Dawn in das Kleid und es passte wie angegossen. Das Korsett, welches sie trug, hatte Liz so eng gezogen, dass Dawn meinte, zu wenig Luft zu bekommen. Der Ausschnitt verlief unter der Brust und wurde mit einem blauen Tuch verdeckt. Über dem Rock waren zwei Schöße und der Stoff glänzte festlich genug. Dawn drehte sich vor Liz einmal im Kreis und diese sah mehr als verzückt aus. Die Ärmel lagen eng an und waren ab der Elle weit ausgestellt.
»Das hier oder keins Dawn. Es ist das Beste, was du heute anprobiert hast und es sieht wunderschön an dir aus. Das Korsett kannst du direkt dazu kaufen. Ich denke, nun wird es Zeit deine Garderobe von Grund aus zu erneuern. Monsieur Defaut wir benötigen noch einen Hut für meine Freundin. Einen mit einer breiten Krempe bitte. Die Kleinen sehen zu altbacken aus.«
Eilige verließ der Angesprochene das Zimmer und kam mit einem blauen Hut zurück dessen einziger Schmuck ein hellblaues Band war, welches zu einer überdimensionalen Schleife gebunden war.
Vergnügt klatschte Liz in die Hände.
»Ja so ist es perfekt. Nun kann ich mir etwas Passendes aussuchen.«
Dawn schlüpfte aus dem Kleid und zog ihre Alltagsbekleidung wieder an.
»Madame darf ich das für sie einpacken?«
»Ja bitte und wenn es einer unserem Kutscher bringen könnte. Das wäre sehr zuvorkommend von ihnen.«
Monsieur Defaut empfahl sich. Liz suchte aus dem Stapel Kleider einige heraus, die ihr besonders gefallen hatten, und ließ sich von Dawn beim Umkleiden helfen. Am Ende entschied sie sich für drei Kleider und ebenfalls alle in blau Tönen.
»Nun brauchen wir die passenden Schuhe. Aber dazu gehen wir zu einem sehr guten Schuster. Ich denke, du willst auch hier was Blaues.«
»Ja und Strümpfe in Reinweiß bitte.«
»Dawn du bist wirklich erstaunlich, was deinen Geschmack angeht. Du hast ein Gespür für guten Stil.«
»Danke Liz, aber ich hatte eine sehr gute Lehrmeisterin.«
Verschmitzt lächelte sie Liz an.
»Oh danke für das Kompliment. Wollen wir nun zum Schuster aufbrechen?«
»Ja und bitte könne wir etwas essen gehen. Ich habe schrecklichen Hunger. Und noch eine Bitte, Dominik darf mein Kleid auf keinen Fall vor meinem Geburtstag sehen.«
»Das verspreche ich dir. Wir werden es heimlich durch den Hintereingang hineinbringen lassen.«
Zustimmend nickte Dawn ihr zu, die Idee war gut. Nachdem sie gezahlt hatten, verließen sie den Schneider und suchten den Schuster auf. Bisher hatte Dawn nie Schuhe mit Brokat oder Samt besessen. Doch das wollte sie nun ändern. Sie würde sich erwachsener kleiden, wollte Dominik um jeden Preis gefallen. Er sollte sie nun endlich als Frau sehen.
Beim Schustern fand sie ein paar Schuhe mit silbernem Brokat bezogen und kaufte auch diese.
Hungrig machten sie die Frauen danach in einen Gasthof auf.
Während Dawn ihren Teller komplett leer aß, nahm Liz nur ein paar Bissen zu sich. Schmunzelnd wies Dawn sie auf die Menge hin.
»Liz der Wirt denkt bestimmt, sein Essen wäre schlecht, weil du kaum was angerührt hast.«
»Dawn du weißt, ich brauche es nicht, jedoch genau, was ich wirklich benötige.«
»Der Wirt kann es aber weder erahnen noch sieht er es dir an. Höfflicher wäre es, du würdest den Teller leeren.«
Seufzend aß Liz auf, Dawn hatte ja Recht, nur diese Art der Ernährung war so sinnlos.
»Nun Dawn werden wir deine Alltagsgaderobe anpassen.«
»Hätten wir das nicht eben bei dem Schneider erledigen können?«
Liz verdrehte die Augen. Der Schneider, den sie vorher aufgesucht hatten, war auf Festtagskleidung spezialisiert.
»Liebes nun gehen wir zu einem anderen. Der ist perfekt, wenn es um alltägliche Kleidung geht. Und bevor du nicht weiter vier Kleider dein eigen nennst, werden wir nicht nach Hause fahren.«
»Wenn es dir nicht zu viele Umstände macht.« Doch innerlich stöhnte Dawn. Vier Kleider! Das bedeutet unendliche Anproben und dann wieder zum Schuster, wegen neuer Schuhe.
»Dawn du bist meine beste Freundin und deine Bescheidenheit in allen Ehren. Doch ich möchte dir etwas schenken und so langsam müssen wir Dominik doch die Augen öffnen.«
»Ich will ja auch, dass er mich endlich als Frau sieht. Eure Mutter war in meinem Alter schon sechs Jahre verheiratet und ich habe erst zwei Männer geküsst. Einen davon nicht einmal freiwillig. Doch meinst du nicht, ein Kleid für Alltägliches sollte erst einmal reichen?«
Mit finsterer Miene dachte Dawn an das schreckliche Erlebnis mit Jacques zurück. Hoffentlich musste sie ihm nie wieder über den Weg laufen.
»Dawn ein Kleid, ich bitte dich!«
Kopfschüttelnd zog Liz Dawn hinter sich her.
»Komm mit ich kenne den perfekten Schneider.«
Natürlich trug Liz eines nach der neusten Mode mit diesen Tüchern, die den Busen nach mehr aussehen ließen. Und den ausladenden Polstern, die man statt der altmodischen Reifröcke nun trug. Während Dawn das Kleid einer Landfrau trug einfach mit einem Überkleid und praktisch. Eigentlich eher das einer Magd. Doch bisher hatte sie nicht das Bedürfnis sich anders einzukleiden. Doch das sollte sich nun ändern. Seufzend ließ Dawn sich mitziehen.
Der Schneider war ein gemütlicher alter Mann und wusste genau, was Dawn benötigte. Viel Auswahl hatte er nicht, doch seine Kleider waren sehr gut verarbeitet und wirkten nicht zu festlich dennoch auch nicht zu ländlich. Feine Stadtkleidung also. Dawn entschied sich für eine cremefarbene Robe. Diese passte ausgezeichnet zu ihrem schwarzen Haar. Dann folgten ein Gelbes und eines in Altrosé, den Abschluss bildete ein hellblaues. Sie kauften einen weiteren breitkrempigen Hut und mehrere Korsetts. Das cremefarbenen wollte Dawn gleich anbehalten, da es wie angegossen passte, willigte der Schneider ein. Die anderen mussten geringfügig geändert wrerden und der Schneider versprach, sie schnellstens nachzuliefern. Das ungewohnte Gefühl des Korsetts und die Polster machten es unbequem.
»Wie kannst du nur den ganzen Tag so ein Kleid tragen? Ich bekomme kaum Luft und diese Polster drücken mir auf die Hüften.« Sie japste theatralisch auf.
Liz lachte auf, Frau zu sein war nicht einfach. Dawn würde lernen, damit zu leben.
»Man gewöhnt sich schnell daran. Zudem willst du ja erwachsen wirken. Also gilt: Wer schön sein will, muss leiden.«
Seufzend trat sie hinter Liz auf die Straße. Der Kutscher wartete bereits.
Kurz wechselte Liz ein paar Worte mit ihm und er fuhr ohne sie los. Verständnislos blickte Dawn ihm hinterher.
»Warum hast du ihn weggeschickt?«
»Er wartet ein Stück weiter auf uns. Nun will ich mit meiner erwachsenen Freundin ein wenig den Männern der Stadt den Kopf verdrehen. Nun sieh mich nicht so entsetzt an. Sie dürfen uns ansehen nicht mehr.«
Lachend fasst sie Dawn bei der Hand und zog sie hinter sich her. Natürlich zogen die beiden Frauen die Blicke der Männer auf sich. Dawn fiel zum ersten Mal auf, dass sie Gefallen daran fand, bewundert zu werden. Sie genoss es regelrecht. Eine dunkle Wolke zog durch ihre Gedanken, wenn Dominik sie nur auch so bewundern würde.
»Sieh mal Dawn da vorne wartet unsere Kutsche, nun kannst du deine Wirkung an Dominik ausprobieren. Hier den Männern hast du nun reihenweise den Kopf verdreht. Mal sehen, ob mein lieber Bruder seine Fassade aufrecht halten kann.«
Zweifelnd blickte Dawn sie an, doch das strahlende Lächeln von Liz wirkte ansteckend und so lächelte Dawn zuversichtlich zurück. In die Kutsche einzusteigen erwies sich als schwierig. Mit den Polstern an der Hüfte konnte Dawn nur seitwärts einsteigen. Doch schließlich war sie drin und setzte sich mühevoll hin.
»Liz wie machst du das so elegant einzusteigen. Ich werde das üben müssen.«
»Ja das braucht auch Übung. Nur bald hast du dich daran gewöhnt und es wird einfacher. Wir lassen nun einfach die Landfrauenkleidung weg. Am besten wir verschenken sie an die Armen.«
Seufzend versuchte Dawn eine bequeme Sitzposition zu finden. Mit Wehmut dachte sie an die bequemen praktischen Kleider, die sie bisher getragen hatte. Die Polster waren zum Glück seitlich und so konnte sie einigermaßen sitzen. Nur neben ihr würde niemand Platz finden. Immer wieder rutschte sie herum, um eine Position zu finden, um aus dem Fenster sehen zu können.
»Dawn, bitte bleib ruhig sitzen. Du machst mich verrückt.«
Mit einem schiefen Lächeln blieb Dawn gehorsam sitzen und gab sich große Mühe nicht herumzurutschen.
»Erwachsen sein, ist nicht einfach Liz. Bitte hab Verständnis.«
»Ich hoffe nur, dass die Mode im Laufe der nächsten Jahrhunderte bequemer für uns Frauen wird.«
Missmutig presst Dawn die Lippen aufeinander. Dominik wäre immer noch jung und wunderschön, nur ohne sie. Warum sollte sie auch ewig leben wollen, wenn es ohne Dominik sein sollte.
»Dawn willst du wirklich darauf warten, dass Dominik dir seine Liebe gesteht, ehe du eine von uns wirst?«
»Ich will nicht so enden wie Isi.« Dawn hatte keine Ahnung, warum Isiadora ihr in den Sinn kam. Seit Jahren hatte sie keinen Gedanken an sie verschwendet. Doch gerade jetzt fiel ihr die blonde Vampirin wieder ein.
Entgeistert riss Liz ihre Augen auf.
»Liebes du bist weit entfernt, wie Isi zu sein. Und wie kommst du auf diese Person zu sprechen?«
»Na du weißt doch, wie sie alles daran setzte, Dominik vor den Traualtar zu bekommen. Ich bin mir nicht sicher, ob sie ihn doch geliebt hatte. Und ehrlich ich weiß nicht, warum Isi mir gerade einfiel. Auf einmal erinnerte ich mich an sie. Und dass sie damals Dominik heiraten wollte.«
Lauthals lachte Liz auf.
»Dawn den einzigen Menschen oder Vampir, wenn du so willst, den Isi liebt, ist sie selbst. Das ist einer der Gründe, warum Dominik keine ernsten Absichten hatte, ihr fehlte das Herz und Gefühl. Ich habe mich so wieso gefragt, warum er diese eine bewusste Nacht mit ihr verbrachte. Danach wich sie ihm nicht von der Seite, doch Dominik merkte man an, dass er sich ständig auf der Flucht vor ihr befand. Aber ich kann nur raten und denke, dass er sie nicht einschätzen konnte. Später als er sie besser kannte, hat er den Kontakt zu ihr abgebrochen. Vertraue mir, Dominik empfindet einiges mehr für dich, als er wahrhaben mag. Sonst hätte er nicht so schroff reagiert.«
»Und was soll ich nun tun?«
»Abwarten meine Liebe. Übe dich in damenhafter Geduld.«
Seufzend verdrehte Dawn die Augen. Damenhaft war nicht ihre Stärke, da stand sie ganz am Anfang. Sicher sie hatte eine gute Erziehung genossen, war gebildet und charmant. Jedoch hatte sie nicht oft Gelegenheit gehabt, auf Feste oder Bälle zu gehen.
»Damenhaft, ich bin auf dem Land groß geworden. Da hatte ich nicht so viel Gelegenheit, mich in Damenhaftigkeit zu üben.«
»Genau das werden wir jetzt ändern. Wir werden nun jeden Ball und jedes Fest der benachbarten Gutsherren besuchen. Es wird Zeit, dass du Verehrer bekommst, die kultiviert sind.«
»Ich will keine Verehrer, weder kultivierte, noch unkultivierte.«
Amüsiert verdreht Liz nun ihrerseits die Augen.
»Dawn das ist nur Taktik. Es geht hauptsächlich darum, Dominik zu zeigen, dass du anderen Männern gefällst.«
»Und wenn Dominik feststellt, das es besser für mich sei einen Menschen zu bekommen?«
»Mein Bruder ist unberechenbar und eifersüchtig. Sieht er wie dich junge Männer umgarnen, wird ihm klar, dass du schnell unerreichbar für ihn sein könntest. Spätestens dann begreift er, was er fühlt.«
»Liz hoffentlich behältst du Recht. Im Moment weiß ich nicht einmal, ob ich ihn kenne. Mein ganzes Sein beschäftigt sich mit ihm. Ich will ihn glücklich machen.«
»Liebes das machst du ja jetzt schon. So wie die letzten Jahre mit dir, kenne ich meinen Bruder nicht. Und sieh mal wir sind da. Ob mein Bruder auf uns wartet? Und du solltest dein eigenes Glück nicht aus den Augen verlieren.«
Nervös knetete Dawn ihre Hände in ihrem Schoss. Was würde Dominik sagen, wenn er sie in ihrer Stadtrobe sah? Würde es ihm gefallen? Am liebsten wäre sie in das einfache Kleid geschlüpft. Nagende Zweifel, ob ihr Tun richtig sei, kamen in ihr hoch.
Während sie ihren Gedanken nachhing, hielt die Kutsche vor dem Portal und mühsam stieg sie aus. Elegant stieg Liz hinter ihr aus und gab dem Kutscher Anweisung die Pakete durch den Hintereingang ins Haus schaffen zu lassen. Eines der Dienstmädchen konnte dann alles verstauen. Fröhlich hakte sie sich bei Dawn ein.
»Nun komm wir werden nachsehen, ob mein Brüderchen im Wintergarten ist. Ich denke, er sollte dich auch bewundern.«
Dawn schluckte schwer. Am liebsten wäre sie in ihr Zimmer gestürmt. Doch sie wollte ja, dass Dominik endlich begriff, dass sie kein Kind mehr war.
Entschlossen reckte sie ihr Kinn vor und stieg mit Liz die Treppe hinauf. Tatsächlich befand sich Dominik im Wintergarten und schrieb einen Brief. Dawn vermutete an einen seiner Verwalter.
Als die beiden Frauen den Raum betraten, blickte Dominik auf. Was er sah, verschlug ihm den Atem. In ihrem Kleid wirkte Dawn ungewohnt erwachsen. Bewundernd blickte er sie von Kopf bis Fuß an. Mein Gott, dachte er, wo ist die Zeit geblieben? Da steht sie und ist eine Frau.
Ein warmes Gefühl breitet sich in ihm aus. Wunderschön und schüchtern stand sie da. Hitze wallte in ihm auf. Damit sie eine Chance auf ein normales Leben hatte, musste er ihr nun erst recht aus dem Weg gehen. Lange würde er sich ihr nicht mehr fernhalten können. Trotzdem konnte er den Blick nicht abwenden. Ihre Augen, ihr Körper und dann erst noch der Mund und genau diese weckte die Erinnerung an den Kuss in ihm. Wie ihre Lippen sich anfühlten und ihr Leib sich an ihn presste. Nein, schalt er sich, es war falsch. Alles, was er sich wünschte, war, dass sie einen Mann kennenlernte und mit ihm glücklich wurde. Wollte er das wirklich? Und wieder war dieses nagende Gefühl in ihm. Wenn er daran dachte, wie sie in den Armen eines anderen lag, wallte Bitterkeit ihn ihm auf. Auf einmal hatte er das Bedürfnis auf die Jagd zu gehen. In einem Gasthof ein Schankmädchen verführen, um ihr Blut zu trinken.
»Ich muss was erledigen es kann spät werden. Wartet also nicht auf mich.«
Damit stand er auf und ging an den beiden erstaunt dreinblickenden Frauen vorbei.
Nachdem Dominik gegangen war, sah Dawn fragend zu Liz.
»Warum macht er das immer? Einfach gehen, wenn etwas vorgefallen ist, was ihn zu stören scheint.«
»Ich denke Nicki ist verwirrt. Dich nun so zu sehen, hat ihm gezeigt, was du bist. Eine Frau. Damit muss er sich nun anfreunden. Und mach dir keine Sorgen, er ist, denke ich, auf der Jagd. Wenn er Blut getrunken hat, ist er ausgeglichener.«
»Bist du dir da sicher? Manchmal verwirrt er mich.«
»Er verwirrt dich ja immer. Liebe ist eben so. Nie weiß man wie man es dem anderen recht machen soll. Immer hat man das Gefühl etwas Falsches zu sagen.«
Seufzend nickte Dawn. Ja das war es, sie wusste nie, wie sie was sagen sollte. Seit dem Tag, als sie mit fast 13 erkannte, was sie für Dominik empfand. War alles komplizierter geworden. Ihr Umgang miteinander war etwas distanzierter gewesen. Oder besser gesagt vorsichtiger von Dominiks Seite aus. Und nun würde es noch schlimmer werden. Wenn sie doch nur mutiger wäre, würde sie die Initiative ergreifen. Doch das gehörte sich nicht, hatte man ihr beigebracht. Als Dame wartete man, bis der Mann sein Interesse bekundete. Doch auch ihre Schüchternheit und ihre Angst vor Dominiks Reaktion hielten sie davon ab. Innerlich fluchte sie. Warum war sie eine Frau?
Gemeinsam mit Liz aß sie zu Abend. Während dessen vermied sie, Dominik auch nur zu erwähnen. Und so sprachen sie über Belangloses. So kam auch Dawns bevorstehender Geburtstag zur Sprache. Dawn hatte nie groß gefeiert. Sondern lieber an diesem Tag etwas unternommen, was ihr Spaß machte. So oft war sie mit Mellow ausgeritten, hatte mit Dominik irgendwo ein Piknik gemacht. Bisher hatte sie auch noch keine Pläne gemacht.
»Dawn wie wäre es, wenn wir zu deinem Geburtstag einen Ball veranstalten?«
»Liz ich weiß nicht so recht, ob das ein guter Einfall wäre. Und ist es nicht zu kurzfristig, so etwas zu planen?«
»Liebes´, das lass mal meine Sorge sein. Ich habe jahrhundertelange Übung darin, etwas sehr kurzfristig zu planen.Und warum sonst hast du ein Festtagskleid, wenn nicht für eine rauschende Ballnacht?«
»Eigentlich möchte ich kein großes Fest. Das Kleid wollte ich zum Abendessen tragen.«
»Ich bitte dich Dawn, zum Abendessen? Welch eine Verschwendung. Komm mal bitte aus deinem Schneckenhaus raus. Wie soll Dominik denn begreifen, was er für dich fühlt, wenn er nicht deine Wirkung auf andere Männer sieht. Ein Ball ist der perfekte Anlass dafür und nun keine Widerrede, der Geburtstagsball findet statt.«
Ergeben nickte Dawn. Gegen Liz und ihre Pläne kam man einfach nicht an.
In der nächsten Zeit fuhren Dawn und Liz noch öfter nach Dauphin, um Dawn Garderobe zu erneuern. Ende August hatte sie eine beachtliche Menge neuer Kleider, die sie immer dann trug, wenn sie nicht im Kräutergarten war. Mittlerweile hatte sie sich an das Tragen der Korsetts und er Polster gewöhnt. Unbequem fand sie es noch immer, doch sie nahm es hin. Wann immer ihr Dominik begegnete, sah sie ein kurzes Aufblitzen in seine Augen, dann ging er ihr aus dem Weg. Es war zum Haareausreißen. Ihre Stimmung sank von Tag zu Tag. Und ihr Geburtstag rückte immer näher. Die Einladungen waren geschrieben und versendet. Liz wirtschaftete hektisch, überprüfte die verschiedenen Blumenarrangements, organisierte Musiker und hielt mit ihren Wünschen die Küche auf Trab.
Die Tage und Wochen flogen dahin, ohne dass sich etwas änderte. Dawn war kurz davor, die Hoffnung aufzugeben.
Kurz vor ihrem Geburtstag saß sie auf der Bank am Teich. In Gedanken versunken bemerkte sie nicht, wie Liz sich neben sie setzte.
»Dawn, versuch bitte gute Mine zu bösem Spiel zu machen. Du lachst fast kaum noch und grübelst zu viel. Meinst du Dominik auf diese Weise zu bekommen. Bitte reiß dich zusammen. Lass ihn nicht spüren, wie sehr du leidest. Er gibt sich die Schuld und hält erst recht Abstand.«
»Ach Liz ich weiß eben nicht weiter. So kalt wie jetzt war er noch nie. Und so verunsichert habe ich mich noch nie gefühlt.«
»Ich weiß Liebes. Doch geh mit erhobenem Kopf auf ihn zu. Er darf nicht spüren, dass du am Rande der Verzweiflung stehst.«
Fest umarmte sie Dawn und drückte sie an sich. Genau in diesem Augenblick wünschte sie ihren Bruder zur Hölle.
»Ich werde mir Mühe geben. Manchmal wünschte ich, ich könnte die Zeit zurückdrehen. Damals an meinem zwölften Geburtstag war alles noch so wunderschön. Dominik war aufmerksam und ich wusste noch nichts von der Liebe.«
Leise lachte Liz auf.
»Kleines das bedeutet erwachsen sein. Alles wird komplizierter. Aber du bist nicht alleine, ich stehe dir bei.«
Dankbar blickte Dawn ihre Freundin an.
»Und nun komm bitte mit ins Haus. Die Sonne hat immer noch Kraft und meine Augen schmerzen von dem grellen Licht.«
Während sie zum Haus zurückgingen, hakte Dawn sich bei Liz ein. Überschwänglich erzählte Liz von den Vorbereitungen für den Ball. Wie oft hatte Dawn ihre Hilfe hierbei angeboten, doch Liz beharrte darauf, diesen alleine auszurichten. Gerade als sie zur Treppe kamen, eilte Dominik vom Stall herüber. Die beiden Frauen blieben stehen und Dawn lächelte Dominik freudestrahlend an. Verdutzt blieb er stehen. Nachdem Dawn in den letzten Wochen immer weniger lachte, war das eine Überraschung für ihn.
»Grüß dich Bruderherz, warst du wieder auf den Feldern. Die Ernte ist doch eingefahren und für den Winter ist soweit alles vorbereitet. Dieses Jahr sind wir viel früher fertig als sonst.«
Was wir ja dir und deiner Sturheit zu verdanken haben, fügte sie im Stillen hinzu.
»Ich weiß, doch ich war in Dauphin. Mir ist etwas Wichtiges entfallen. Und das darf mir nicht passieren.«
Vielsagend lächelte er die beiden an. Sofort war Liz klar, was er meinte. Sicher hatte er wegen der ganzen Aufregung vergessen, ein Geburtstagsgeschenk für Dawn zu besorgen.
»Wirst du heute ausnahmsweise mit uns zu Abend essen?«
»Wünscht ihr das denn. Ich bin mir nicht sicher, ob ich ein so guter Gesellschafter bin.«
Nun mischte sich Dawn ein.
»Dominik was soll ich tun? Erklär es mir. Seit dem Vorfall gehst du mir aus dem Weg. Ich weiß nicht mehr weiter. Wenn ich etwas falsch gemacht habe, dann sage es mir. Du bist der einzige Mensch, der mir aus England geblieben ist.« Sie klang fast wütend. Mit zu Fäusten geballten Händen stand sie da und blitzte Dominik an.
Erstaunt riss Liz die Augen auf. Alles hätte sie Dawn zugetraut nur nicht diesen Ausbruch. Doch Dawn führte früher schon, hitzige Diskussionen. Vielleicht war das der einzige Weg Dominik wieder näher zu kommen.
Auch Dominik sah Dawn erstaunt an. Hatte sie es also doch gemerkt, dass er sich bewusst von ihr fernhielt. Warum auch nicht, dachte er, schließlich war sie intelligent.
Leicht verärgert ergriff er Dawns Hand und zog sie hinter sich her ins Haus. Fast wäre sie gestolpert, weil sie es nicht rechtzeitig schaffte, ihre Röcke zu raffen, um die Treppe zu erklimmen. Erst dachte sie, er würde sie in den Wintergarten bringen, doch sie täuschte sich. Stattdessen zog er sie weiter hoch, bis zu seinem Zimmer. Dort stieß er die Tür auf und zerrte sie hinein. Nachdem er die Türe verschlossen hatte, stand er ihr gegenüber. In dem Moment kam sich Dawn gar nicht mehr wie eine Frau vor, eher wie das kleine Mädchen von damals.
»Du willst also eine Erklärung, warum ich dir fern bleibe.« Grollte er.
Stumm nickte sie. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie ihn an. Was hatte er vor, was würde er nun tun?
Langsam trat er auf sie zu und sie sah, wie seine Augen sich verdunkelten. Er legte die Hände auf die Polster an ihren Seiten und zog sie zu sich. Erbebend stand sie dicht vor ihm. Seine Arme glitten um ihre schmale Taille und sie hob den Kopf, um ihm in die Augen zu sehen. Keine Wut war darin zu sehen, stattdessen Traurigkeit und etwas anderes. Doch dafür kannte Dawn den Begriff nicht. Sein Kopf neigte sich zu ihr und kurz vor ihren Lippen flüsterte er:
»Deswegen.« Dann küsste er sie. Instinktiv schlang sie die Arme um seinen Hals und vergrub die Hände in seinem Haar. Ihre Lippen teilten sich und sie spürte seine Zunge, die sanft darüber glitt. Kleine Schauer jagten ihr Rückgrat hinunter, sammelten sich in ihrem Schoß. Leidenschaftlich presste sie ihren Körper an seinen. Dann war es vorbei. Sanft schob Dominik sie von sich.
»Warum hörst du auf Dominik? Merkst du nicht, wie sehr ich dich will.« Enttäuscht blickte sie auf den Saum ihres Kleides, in die Augen konnte sie ihm nicht sehen.
»Es geht nicht. Du hast nie einen anderen Mann geküsst.«
Wütend funkelte sie ihn an.
»Das stimmt nicht. Habe ich schon, wenn auch eher unfreiwillig. Und vielleicht will ich keinen anderen Mann küssen. Warum sollte ich das wollen? Du bist der einzige Mann, der mich interessiert.«
»Dawn wie willst du denn wissen, wie es ist? Es wäre nur natürlich jemanden anderen kennenzulernen.«
»Ich will niemanden kennenlernen und auch niemand anderes Küsse. Deine bringen mich um den Verstand. Alles was ich mir je gewünscht habe geht mit einem Kuss von dir in Erfüllung. Weißt du denn nicht, wie sehr ich dich liebe?« Flehentlich berührte sie mit der Hand seine Brust.
»Du weißt doch nicht, was Liebe ist.«
»Dominik ich weiß es sogar eher wie du. Ich sterbe lieber als alte Jungfer, als jemand anderen zu lieben.«
Dominik blitzte sie an.
»Sag so was nicht. Du weißt nicht mal, wer ich wirklich bin. Ich denke, ich werde nach Italien gehen. Dann kannst du dir in Ruhe Gedanken machen.«
»Nein bitte nicht. Bleib ich tue alles, was du willst, nur geh nicht. Du bist meine ganze Familie und noch mehr.« Tränen schossen in Dawns Augen. Kleinlaut fügte sie hinzu:
»Ich werde mich dir auch nicht mehr nähern.«
Weiter kam sie nicht, da hinter ihr die Türe aufgestoßen wurde.
Wutentbrannt hatte Liz alles mitbekommen. Sanft ergriff sie Dawns Arm.
»Kleines geh bitte in den Wintergarten, ich bin gleich bei dir.«
Verständnislos sah Dawn sie an.
»Geh bitte Dawn.« Ihre Stimme hatte einen herrischen Unterton, doch anders konnte sie Dawn nicht dazu bewegen, den Raum zu verlassen.
Eilig verlies Dawn Dominiks Zimmer. Wütend baute Liz sich vor Dominik auf.
»Du hast den Verstand verloren. Was hast du dir dabei gedacht? Merkst du denn überhaupt nicht, wie Dawn gelitten hat. Erst ignorierst du sie wochenlang, dann küsst du sie wieder. Nur um sie wieder wegzustoßen. Meine Güte mute dem armen Mädchen nicht so viel zu. Sie liebt dich, daran wirst du auch nichts ändern, wenn du ans Ende der Welt flüchten würdest. Und mein Lieber ich garantiere dir, spätestens da würde sie dir fehlen. Wenn du mit deinen Gefühlen ein Problem hast, halt Dawn da raus. Sie geht für dich durch die Hölle. Und das in mehr als einem Sinn. Sie würde, ohne mit der Wimper zu zucken, für dich sterben. Steh endlich zu deinen Gefühlen, Dawn ist mehr für dich. Auch wenn es noch nicht die Liebe ist, die Dawn empfindet. Doch so hast du noch nie gefühlt.«
Dominik senke den Blick.
»Du hast recht, das weiß ich schon länger. Nur ich will ihr Leben nicht zerstören.«
»Du bist verrückt. Indem du ihr die kalte Schulter zeigst, zerstörst du sie. Lass es geschehen, das sie dich liebt. Wenn du mit einigem warten willst, dann warte. Aber wirf sie nicht ständig ins kalte Wasser.«
»Ich will ihr und mir Zeit lassen die Tiefe der Gefühle zu erkunden. Ich bin nie jemandem so nahen gekommen, wie ihr.«
»Dann rede dich mit einer angemessenen Verlobungszeit oder Ähnlichem heraus. Nur lass sie nicht alleine mit ihren Gefühlen. Sie ist nicht minder verwirrt, doch sie weiß, dass du alles bist, das sie braucht.«
»Denkst du wirklich, ich sollte es versuchen?« Zweifelnd blickte er seine Schwester an.
»Ja solltest du. Aber sei ehrlich zu ihr, sie merkt schnell, wenn sie betrogen wird. Außerdem kennt sie dich fast besser als ich. Erkläre es ihr einfach, in welchem Gefühlschaos du steckst. Sie wird Verständnis haben.«
Dominik blickte seine Schwester an. So einfach sollte es sein?
»Gut ich versuche es.« Nur wie, dachte er verzweifelt.
»Vertrau ihr, sie wird jeden Schritt mit dir machen. Und sich nie über deinen Kopf hinweg setzen. Und nun gehen wir Abend Essen. Danach machst du mit Dawn gefälligst einen langen Spaziergang. Und gnade dir Gott sie weint, wenn sie zurückkommt.«
Ihr Tonfall ließ keine Widerrede zu. Also gingen sie gemeinsam hinunter. Am Esstisch warte Dawn auf sie und sah Liz fragend entgegen. Doch diese lächelte nur vielsagend.
Während des Essens wurde kaum gesprochen, nur Belangloses, um kein peinliches Schweigen aufkommen zu lassen. Dennoch war eine nicht greifbare Spannung im Raum. Lustlos stocherte Dawn in ihrem Essen herum und schob den fast vollen Teller von sich.
»Ich geh an die frische Luft. Mir ist nicht nach Essen zumute.«
Geräuschvoll schob sie den Stuhl nach hinten und stand auf. Gerade als sie den Raum verlassen wollte, stand auch Dominik auf und reichte ihr seinen Arm.
»Ich begleite dich.«
Erstaunt darüber legte sie leicht die Hand auf seine Ellebogen. Eine Weile gingen sie im Garten schweigend nebeneinander her. Dawn wusste nicht, was sie ihm sagen sollte und Dominik wusste nicht, wie er was sagen sollte. Plötzlich stolperte Dawn und klammerte sich an Dominik fest. Er umfing sie schützend mit beiden Armen und auf einen Schlag änderte sich die Stimmung zwischen ihnen. Voller Begehren blickte Dominik zu Dawn. Ihr leicht geöffneter Mund lockte ihn und sein Atem beschleunigte sich. Sanft strichen seine Lippen über ihre.
»Wir müssen reden Kleines. Bitte du machst mich verrückt, wenn du so vor mir stehst.«
Zögernd löste er sich von Dawn.
»Was willst du bereden, Dominik? Dass du dich wieder von mir distanzierst? Dass du nun doch weggehst?«
Verzweifelt blickte sie an ihm vorbei. Wie oft würde er sie noch von sich stoßen?
»Nein, nichts von alle dem. Bitte mach es mir nicht so schwer. So ein Gespräch habe ich doch nie geführt.«
Nun sah Dawn ihn neugierig an.
Dominik holte tief Luft. Wo sollte er anfangen?
»Also, es ist so. Du bist mir nicht gleichgültig. Doch ich weiß nicht, wie tief meine Gefühle sind. Doch es ist mehr, als ich jemals für eine Frau empfunden habe. Ich wollte dich beschützen, aber ich wollte dich auch nicht bei einem anderen Mann wissen. Bitte sei geduldig. Ich will dich nicht verletzen. Denn wenn ich feststelle, dass meine Gefühle nicht tief genug sind, wird das zwangsläufig geschehen. Wir brauchen Zeit. Aber ich will mich nicht mehr distanzieren. Aber ich will nicht überstürzen.«
Gebannt hörte Dawn ihm zu. Plötzlich fühlte sie sich ihm ebenbürtig. Nun wirkte Dominik auf sie wie ein Junge, der nicht weiß, wie er etwas erklären sollte. Langsam trat sie zu ihm und legte die Hand an seine Wange.
»Solange ich die kenne, liebe ich dich, und solange ich atme, wird sich daran nichts ändern. Ich werde nie etwas gegen deinen Willen machen. Wenn du Zeit brauchst, bekommst du sie. Nur bitte vergiss niemals ich bin nicht mehr das kleine Mädchen, ich bin eine Frau. Ich begehre dich. Doch will ich dich auch nicht zu was drängen, was du nicht willst.«
Seufzend zog Dominik sie wieder in seine Arme.
»Ich weiß nicht, wie die Liebe ist. Doch bei dir fühle ich das erste Mal anders als bei allen Frauen bisher. Bitte verlang nicht zu viel von mir.«
»Dominik küss mich einfach. Lass es geschehen.«
Dawn hob ihm ihren Mund entgegen. Leicht streiften seine Lippen ihre, um schließlich fordernder auf ihren zu liegen. Verlangend presst Dawn ihren Körper an seinen. Doch Dominik löste sich von ihr, behielt sie jedoch im Arm.
»Langsam Liebes. Lass es uns gemeinsam entdecken. Wir haben doch noch soviel Zeit.«
Seufzend nickte sie. Zärtlich strich er ihr übers Haar und nahm sie bei der Hand. So gingen sie gemächlich zum Haus zurück. Während des ganzen Weges streichelte er sanft über den Handrücken. Ihm war immer noch nicht bewusst, ob es reichte, was er für Dawn empfand. Doch wollte er sich und ihr eine Chance geben.
Immer noch Hand in Hand traten sie dann in den Wintergarten, wo Liz am Fenster stand. Langsam dreht sie sich zu ihnen um und lächelte.
»So ich hoffe, nun werden keine Tränen mehr vergossen. Wirklich Nicki, manchmal benötigst du einfach einen Schubs in die richtige Richtung. Und ich bin auf dein Gesicht an Dawns Geburtstag nächste Woche gespannt. Die Überraschung, die sie hat, wird dir den Atem rauben. Aber mehr verrate ich nicht.«
Lachend sah Dominik seine Schwester an.
»Wenn du weiter redest, wie ein Wasserfall rutscht es dir noch heraus. Also schweig lieber.«
Seit dem Gespräch im Garten fühlte er sich befreiter. Wieder einmal hatte Liz recht gehabt. Dawn würde ihn nie drängen. Immer hatte sie Verständnis gehabt, seine Launen geduldet. Wenn er nur wüsste, ob er sie wirklich genug liebte. Ob er nicht genau wie bei anderen Frauen schnell die Geduld verlieren würde. Denn das war es, wovor er Dawn beschützen wollte. Das würde sie verletzen.
Dominik umfasst ihre Hand fester und Dawn erwiderte den Druck. Eine kleine Geste, die aber so viel Gefühl ausdrückte.
Dawn spürte genau, welche Zweifel in Dominik tobten. Auch sie hatte Angst, dass er sich wieder vor ihr abwenden könne. Doch sie wollte die Hoffnung nicht aufgeben.
»Möchtet ihr noch einen Wein mit mir trinken, bevor wir alle zu Bett gehen.«
Beide nickten fast gleichzeitig, weshalb sie in ein befreites Lachen ausbrachen.
Der Wein war schnell geleert und es wurde an dem Abend viel gelacht und erzählt. Endlich, dachte Liz, geht alles wieder seinen normalen Gang. Später dann verabschiedeten Dawn und Dominik sich von ihr und gingen gemeinsam nach oben. An Dawns Zimmertür zog er sie an sich und bedeckte ihr Gesicht mit unzähligen Küssen.
»Gute Nacht mein Kleines. Träum von mir.«
»Dominik ich habe nie von jemandem anders geträumt.«
Zärtlich küsste er ihre Lippen und Dawn legte die Arme um seinen Hals und presste ihren Körper an seinen. Doch Dominik schob sie sanft von sich.
»Langsam Liebes. Es war ein langer Tag und ich denke, du bist sicher müde. Ich habe so viel zu lernen, was Gefühle angeht. Und du musst da ein wenig Geduld haben.«
Trotzig schob Dawn die Unterlippe vor, löste sich aber doch von ihm.
Lächelnd streichelte er ihr über die Wange.
»Mein kleiner Trotzkopf meldet sich wieder? Dawn wir haben sehr viel Zeit. Also warum die Eile?«
Ja du hast sehr viel Zeit, dachte sie, ich habe nur ein paar Jahrzehnte.
Doch laut wagte sie, sich das nicht zu sagen.
»Gut, wie du willst. Ich will dich ja nicht drängen. Gute Nacht. Und ich freue mich auf den Ball.«
Nachdem sie im Bett lag, musste sie noch lange an Dominik denken. Dass er immer alles so komplizieren musste. Konnte er nicht einfach den Augenblick leben?
Nein konnte er nicht, das hatte er früher getan. Nun wollte er mit Bedacht vorgehen. Sich sicher sein. Lächelnd über diese Erkenntnis schlief sie ein.
Die Tage bis zum Ball verflogen wie im Flug. Wann immer Dominik Zeit hatte, ging er mit Dawn auf ausgedehnte Spaziergänge. Zum ersten Mal in all der Zeit sah er die Frau in ihr. Nur wünschte er sich, er könnte sein Geheimnis mit ihr teilen. Und zum ersten Mal stellte er sich vor, wie es sein würde, wenn Dawn eine von ihnen würde. Zeit würde keine Rolle spielen. Und zum ersten Mal überlegte er, wie es wäre eine Gefährtin zu haben, die Jahrhunderte an seiner Seite wäre. Oder im Idealfall eine Ewigkeit mit ihm verbringen würde. Nur wie sollte er das anstellen. Dawn einfach zu einer der Ihren zu machen, ohne sie zu fragen, würde er nicht übers Herz bringen. Doch wie würde sie reagieren, wenn sie von seiner wahren Natur erfuhr?
Dominik beschloss, Liz nach Dawns Geburtstag zu fragen. Vorher hatte es wenig Zweck, da seine Schwester in den Vorbereitungen steckte.
Früher schon hatte er es geliebt, mit Dawn zu diskutieren. Doch nun wurden die Diskussionen durch andere Themen bereichert. Literatur war von je her Dawn größte Leidenschaft. Im Laufe der Jahre hatte sie viele Bücher gelesen. Da Liz wenig Bücher besaß, kaufte Dawn sich in der Stadt immer neue oder er brachte ihr welche mit. Und diese Leidenschaft teilte er. So unterhielten sie sich über Shakespeare.
Dominik wartete fast sehnsüchtig darauf, dass Dawn ihn langweilte. Er wollte sich bestätigt wissen, zu keinem tiefen Gefühl fähig zu sein. Doch das passierte nicht. Warum auch, sieben Jahre kannte er sie schon und bisher hatte sie ihn nie gelangweilt. Diese Tatsache öffnete ihm die Augen. Anfangs dachte er, dass er ihrer schnell überdrüssig werden würde, dass er sie nach einiger Zeit an Albert abgeben würde. Doch schon damals musste er in ihrer Nähe sein.
Gerne hörte er ihr zu, wenn sie über die Bücher sprach, oder was ihr Herz bewegte. Genauso geduldig hörte sie den Fachsimpeleien über Ernte, Saargut und Viehzucht an. Nie gab sie ihm das Gefühl, das, was er sagte, sei uninteressant.
So wachte er an Dawns Geburtstag mit dem Gefühl im Herzen auf, das er nun etwas im Leben richtig machte. Zwar wollte er ihnen beiden immer noch Zeit geben, doch er wurde sich immer sicherer, in ihr seine Bestimmung gefunden zu haben. Doch er wollte sich Zeit lassen, denn eins war ihm bewusst: Wenn er Dawn irgendwann fragen würde, ob sie seine Gefährtin sein wolle, müsste er sich ihr gegenüber offenbaren, doch soweit war er noch nicht. Schon vor Wochen hatte er das Geschenk für Dawn gekauft. Als er es zum ersten Mal sah, musste er gleich an sie denken. Nun holte er das kleine Holzkästchen aus seiner Schublade und betrachtete es lächelnd. Was sie wohl sagen würde? Er stecke in die Tasche seines Jacketts. Nach dem Frühstück wollte er es ihr geben.
Gut gelaunt ging er hinunter zum Frühstück. Liz und Dawn saßen schon dort und steckten tuschelnd die Köpfe zusammen.
»Guten Morgen, die Damen.«
Kichernd sahen sie ihm entgegen. Dominik trat an Dawns Platz und zog sie vom Stuhl. Zärtlich berührte er ihr Haar und küsste sie sanft. Seufzend schloss Dawn die Arme um seinen Nacken und presste ihn an sich. Schnell wurde der Kuss leidenschaftlicher. Hinter ihnen ertönte ein Hüsteln.
»Ihr solltet wissen, dass ich immer noch hier bin. Ihr seid also nicht alleine.«
Widerstrebend löste sich Dominik von Dawn. Die Enttäuschung auf ihrem Gesicht ließ ihn lächeln. Dann griff er in die Jackentasche und zog das Kästchen hervor.
»Alles Gute zum Geburtstag Liebste.«
Er reichte ihr das Kästchen und sie nahm es entgegen.
Vorsichtig öffnete sie es. Bisher hatte er ihr Bücher oder auch schon mal einen neuen Sattel für Mellow geschenkt. Das einzige Mal, wo sie Schmuck bekommen hatte, war zu ihrem zwölften Geburtstag die Kamee. Nun starrte sie gebannt auf das Armband aus Gold, an dem mehrere funkelnde Aquamarine hingen.
»Die Steine erinnern mich an deine Augen. Ich konnte nicht widerstehen.«
Statt einer Antwort küsste Dawn ihn.
»Danke Dominik das ist wunderschön.«
Sie wahr viel zu gerührt, um mehr sagen zu können. Erst nannte er sie »Liebste«, dann schenkte er ihr dieses wunderschöne Armband.
»Ich habe auch was für dich Dawn. Willst du es jetzt, oder später auf dem Ball?«
»Nein Liz geb es mir jetzt. So kann ich dir in Ruhe danken. Später auf dem Ball ist bestimmt zu viel Trubel.«
Lächelnd zog Liz ein Paket unter ihrem Stuhl hervor. Hastig öffnete Dawn dieses und hielt die Luft an. In dem Paket lag ein nachtblauer Samtumhang. Er hatte dieselbe Farbe wie das Kleid, welches sie heute Abend tragen würde.
Freudestrahlend fiel sie ihrer Freundin um den Hals.
»Danke ich trage ihn heute Abend, wen es dir recht ist.«
»Genau dafür habe ich ihn dir geschenkt.«
»Und dein Armband trage ich auch. Und die Kamee.«
Lächelnd sah Dominik in ihre Augen. Das Eisblau strahlte ihn an und er wusste, dass er mitverantwortlich für dieses Strahlen war.
»Dawn und jeder Tanz heute Abend gehört mir. Kein anderer wird dich zum Tanzen auffordern.«
»Dir gehört nicht nur jeder Tanz.« Was sie meinte, wusste er, da sie errötete.
»Bruderherz du bist egoistisch. Sie hat Gäste und es werden begehrte Junggesellen aus der Gegend da sein.«
Sowohl Dawn als auch Dominik warfen ihr giftige Blicke zu. Laut lachte Liz auf und blinzelte ihnen zu.
»Ihr seid göttlich. Fallt aber immer auf mich herein.«
Immer noch lachend wandte sich Liz ab.
»Ich werde mal sehen, ob der Wein reicht. Was macht ihr beiden?«
»Ich dachte Dawn und ich, reiten aus. Noch ist das Wetter gut und das sollten wir ausnutzen.«
Beigeistert nickte Dawn.
»Ich geh mich nur schnell umziehen. Es dauert nicht lange. Ausreiten waren wir lange nicht mehr.«
Damit eilte sie in ihr Zimmer. Dominik ging zum Stall und beauftragte einen Stallburschen Mellow und sein Pferd zu satteln. Auch er ging in sein Zimmer, um sich für den Ausritt umzuziehen.
Später als sie vom Hof ritten, erinnerte er sich an einen Ausritt vor sechs Jahren. Das Ende war grauenhaft gewesen. Dawn war weinend danach ins Haus geflüchtet. Seitdem waren gemeinsame Ausritte eher selten gewesen. Und wenn, dann hielt er betont Abstand zu ihr. Doch heute genoss er es, mit ihr alleine zu sein.
»Was hältst du von einem Wettrennen. Wer zuerst an dem Baum ist.«
Dawn nickte und trieb Mellow an. Es war derselbe Baum wie vor sechs Jahren. Dieses Mal hielt er sich zurück und ließ Dawn gewinnen. Als er sie erreichte, saß sie mit dem Rücken an den Baum gelehnt da und blickte ihm entgegen.
»Du wirst alt Dominik, oder dir fehlt es an Übung.«
Lächelnd zupfte sie einen Grashalm aus.
»Ich werde noch lange nicht alt. Und du wirst frech.«
»Setzt dich zu mir und genieße einfach die Aussicht.«
Dominik setze sich neben sie und sah über die Felder. Ja hier war es schön. Friedlich lag alles vor einem. Sanft ergriff er Dawns Hand und streichelte ihren Handrücken. Sie legte den Kopf an seine Schulter.
»Ich könnte hier Jahre verbringen. Einfach mit dir hier sitzen und diese Landschaft genießen.«
»Dann würdest du den Ball verpassen. Liz wäre maßlos enttäuscht.«
Seufzend nickte Dawn.
»Ja, leider. Mir ist die Lust auf den Ball fast vergangen. Doch nun Liz zu sagen, dass ich lieber mit dir alleine sein würde, bringe ich nicht übers Herz.«
Dominik legte eine Hand unter ihr Kinn und drehte ihren Kopf so, dass er sie küssen konnte. Wenigstens den kurzen Augenblick wollte er mit ihr in Zweisamkeit verbringen. Dawn schlang beide Arme um ihn und überließ sich seinem Kuss. Forschend drang Dominiks Zunge in ihren Mund ein und Dawn bemerkte wieder dieses Ziehen in ihrem Schoß. Mit einer fließenden Bewegung lag sie auf dem Rücken und Dominik war halb über ihr. Seine Hände wanderten über ihr Gesicht zu ihrem Hals und. Zärtlich berührte er ihre kleine feste Brust und streichelte über die Knospen, die sich unter dem Kleid abzeichneten. Sein Verstand sagte ihm, dass es besser wäre aufzuhören. Widerstrebend löste er sich von ihr.
Und Dawn versuchte, ihn wieder zu sich heranzuziehen.
Ihr Gesicht war vor Erregung gerötet, ihr Atem ging stoßweise.
»Bitte hör nicht auf. Ich bin erwachsen Dominik und ich denke ich weiß, was als Nächstes passieren muss.«
»Meine Liebste. Nicht so ungeduldig, alles hat seine Zeit. Und zudem sollten wir so langsam zurück reiten. Du willst dich doch bestimmt hübsch machen für heute Abend. Auch wenn ich denke, hübscher geht es nicht mehr.«
Verlegen sah sie ihn an. Wieder hatte er sie Liebste genannt und er fand sie hübsch.
»Ich versteh dich und ich habe versprochen, dich nicht zu drängen. Es fällt mir nur so schwer.«
Langsam zog er sie an sich und küsste ihre Stirn und dann ihre Augenlider.
»Es fängt gerade erst an, mein Liebes. Ich will eine angemessene Wartezeit. So wie alle anständigen Paare es machen.«
Sie lösten sich voneinander und banden die Pferde los. Als Dawn aufgesessen war, blitze sie Dominik an.
»Wer zuerst zu Hause ist, bekommt zuerst den Badezuber.«
Mit diesen Worten preschte sie los.
Lächelnd stieg Dominik auf sein Pferd. Na warte, dachte er, mogeln gilt nicht.
Er holte sie auf halbem Weg ein und galoppierte an ihr vorbei. Sein Pferd war schneller und holte weiter aus. Dawn hatte somit keine Chance.
Auf dem Hof übergab er sein Pferd an den Stallburschen und wartet auf Dawn. Doch sie ließ sich Zeit. Stirnrunzelnd ging er vor der Stalltüre auf und ab. Hoffentlich war ihr nichts passiert. Gerade als er sich Richtung des Weges aufmachen wollte, auf dem sie ankommen müsste, hörte er Hufgetrappel. Und schon kam sie auf ihn zugetrabt.
»Das war nicht rechtens Dominik. Mellow ist kleiner wie dein Pferd und deshalb brauchte ich den Vorsprung.«
»Dawn seit wann bist du ein schlechter Verlierer?«
»Bin ich ja nicht. Nur hätte ich gerne eine Chance gegen dich.«
Lachend half Dominik ihr vom Pferd und zog sie in seine Arme.
»Eine Chance gegen mich? Liebste, ich habe keine Chance gegen dich. Nie hätte ich gedacht, so empfinden zu können. Vom ersten Tag warst du etwas Besonderes für mich. Nur ich hatte Angst. Ich bin unbeständig und sehr schnell gelangweilt von den Frauen. Doch bei dir ist es anders. Ich denke, ich verliebe mich grade in dich. Nur diese Zweifel an mir selbst setzen mir zu. Dennoch ist mir bewusst geworden, dass du die erste Frau bist, die mir mehr bedeutet. Hab Geduld mit mir.«
Gerührt legte sie eine Hand an seine Wange.
»Liebling, bitte ich werde geduldig sein. Ich habe so lange gewartet, nun möchte ich einfach nur die Momente genießen, die wir haben. Ich liebe dich. Doch ich kenne dich auch. Jede Faser in mir spürt, was du fühlst.«
Langsam begriff er, warum er sich in sie verliebte. Egal was er auch täte, sie würde immer an seiner Seite sein, immer zu ihm stehen. Du Narr, schalt er sich in Gedanken, sie ist die perfekte Gefährtin.
Der Kuss, den er ihr nun gab, drückte alles aus, seine Liebe, seine Freundschaft und seine Leidenschaft.
»Ich denke, ich werde dir den Vortritt beim Baden lassen. Doch sollten wir erst essen. Und selbst damit müssen wir uns beeilen. Sonst riechen wir beide nach Pferd und die Gäste machen einen Bogen um uns.«
Schnuppernd zog Dawn die Luft ein.
»Ja", sagte sie, »sicher hast du Recht.«
Hand in Hand gingen sie ins Haus. Während des Essens neckte Dominik sie immer wieder, wegen des verlorenen Rennens. Doch Dawn reagierte nur mit einem Lachen darauf. Entspannt schaute Liz beide abwechselnd an. Zwischen Dawn und Dominik verlief es richtig gut, fast besser als sie erwartet hatte.
Ein Dienstmädchen räumte den Tisch ab und blickte zu Dawn.
»Mademoiselle Dawn, der Badezuber steht in eurem Zimmer bereit.«
»Fein, dann kann ich mich nun ja endlich vom Pferdegeruch befreien.«
In ihrem Zimmer zog sich Dawn aus und holte das parfümierte Öl, welches sie so sehr liebte. Sie schüttete eine große Menge ins Wasser. Sofort breitet sich der Duft nach Blumen süßlich aus. Seufzend glitt sie in das warme Wasser und schloss genussvoll die Augen.
Sie träumte davon, wie es sein würde, Dominiks Haut auf ihrer zu spüren. Ein bekanntes Ziehen ging von ihrer Körpermitte aus. Zwar hatte sie versprochen geduldig zu sein, doch innerlich konnte sie es nicht abwarten. Das Bild von Hazel und Albert gemeinsam in Alberts Bett tauchte vor ihrem inneren Auge auf. Seufzend wusch sie sich und tauchte unter. Sie nahm sich das Stück Seife und wusch sich damit die Haare. Entspannt und eingelullt von dem Geruch des Wassers, lehnte sie den Kopf zurück und döste ein.
Frierend wurde sie wach. Das Wasser war fast kalt und sie stieg aus der Wanne. Sie trat eingewickelt in ein Tuch an ihren Tisch und läutet nach einem der Mädchen. Noch immer fand sie es befremdlich, fremde Hilfe in Anspruch zu nehmen. Doch manchmal kam man nicht daran vorbei.
Mit einem Knicks erkundigte sich das Mädchen, was man für sie tun konnte.
»Könntest du mir bitte beim Ankleiden und frisieren Helfen und der Zuber, sollte zu Monsieur Dominik. Ich brauche aber nur Hilfe bei dem Kleid und mehr nicht.«
»Sehrwohl Mademoiselle Dawn. Ich werde zwei Diener rauf schicken und komme später, um ihnen zu helfen.«
»Danke das ist sehr freundlich von dir.« Dawn schenkte dem Mädchen ein offenes Lächeln.
»Dafür werde ich entlohnt.«
»Ich weiß. Trotzdem kann ich mich bei dir bedanken. Du musst neu sein? Gesehen habe ich dich noch nie.«
»Ja meine Mutter hilft unten in der Küche und ich möchte zum Lebensunterhalt beitragen.«
»Du bist die Tochter von Mme Brion. Meine Güte du musst so alt sein wie ich. Bitte tu mir einen Gefallen, versuche nicht den Zuber zu bewegen. Er ist zu schwer für dich.«
Dankbar nickte das Mädchen und verließ den Raum. Dawn betrat ihr Ankleidezimmer. Dort im Schrank wartete das Kleid und sie war mehr als gespannt, was Dominik dazu sagen würde. Als das Mädchen zurückkam, hatte Dawn die Wäsche schon angezogen nun benötigte sie Hilfe bei ihrem Korsett. Das Mädchen zog geübt an den Schnüren und Dawns Taille wurde zusammengepresst. Als es dann so eng saß das Dawn nicht mehr tief einatmen konnte, half ihr das Mädchen mit dem Kleid.
Eine halbe Ewigkeit später war sie fertig angezogen, ihre Haare waren gebürstet und trockneten.
Es war schon dunkel, als Dawn endlich die breite Treppe hinunter ging. Stimmen drangen zu ihr hinauf. Unten stand Liz und strahlte sie an. Dominik kehrte der Treppe den Rücken zu und Liz stieß ihm in die Seite. Dann deutet sie nach oben zu Dawn. Dominik folgte ihrem Fingerzeig. Bewunderung sprach aus seinem Blick und er kam Dawn entgegen. Leicht küsste er sie auf die Wange und beugte sich zu ihrem Ohr.
»Denk daran Liebste, jeder Tanz heute gehört mir. Wenn dich die anderen Männer sehen, werden sie sich auf dich stürzen wie Bluthunde.«
Galant reichte er ihr seinen Arm und sie legte ihre Hand darauf.
Nacheinander wurde sie den Gästen vorgestellt und immer war Dominik an ihrer Seite. Musik erklang und es wurde gelacht und erzählt. Höfflich hörte Dawn zu, wenn eine Nachbarin den Klatsch über eine andere verbreiten wollte.
»So die Damen ich entführe das Geburtstagskind nun zum ersten Tanz. Wenn sie uns bitte entschuldigen mögen.«
Erleichtert sah Dawn ihn an.
»Danke", flüsterte sie, "ich dachte schon, ich müsse mir noch weiter Geschichten von dieser oder jener Madame anhören.«
»Gelangweilt sahst du aber nicht aus.«
»Nein nicht gelangweilt, sondern entsetzt. Dominik, haben diese Frauen denn nichts anderes zu bereden? Kinder oder so was?«
»Liebling das ist der Landadel, der wird von Tratsch regiert.«
»Gut, dass ich nicht mehr mit ihnen zu tun habe. Um mir den Kopf über andere zu zerbrechen, ist mir die Zeit zu schade.«
Lachend führte Dominik sie auf die Tanzfläche. Sie stand ihm gegenüber und der Tanz begann.
Irgendwann bekam Dawn Durst und Dominik holte Wein für sie beide.
»Können wir den draußen auf der Terrasse trinken? Mir ist ein wenig warm.« Sie fächelte sich mit einer Hand Luft zu.
»Gerne. Denn da hinten stehen die Damen von eben und ich glaube, nun zerreißen sie sich über dich das Mundwerk.«
In gespielter Verzweiflung verdrehte Dawn die Augen und Dominik musste ein lautes Lachen unterdrücken. Für Ende September war die Luft noch angenehm mild. Durstig nippte Dawn an ihrem Wein. Verträumt sah sie in den Himmel.
»Ob meine Mutter mich nun sehen kann?«
»Liebes ich bin mir sicher, dass sie dich sieht. Und sie wäre stolz auf ihre schöne Tochter.«
»Ich wünsche es mir so, am liebsten wäre es mir jedoch, wenn sie hier wäre.«
Leise seufzte sie. Dominik trat hinter sie, umfasste ihre Taille und küsste ihren Nacken.
»Ja mein Herz das wäre schön. Doch sie hat nun ihren Frieden. Denkst du nicht auch?«
»Ja ich bin mir sicher, dass es ihr gut geht.«
Wehmütig dachte sie an die Zeit, als sie noch bei ihren Eltern lebte. Doch das lag lange zurück.
Plötzlich hörten sie Tumult aus dem Ballsaal.
Fragend sah Dawn Dominik an und er zog sie mit sich zurück in den Saal.
An der Tür stand eine rothaarige Frau ganz in Schwarz gekleidet. Als sie Dawn und Dominik entdeckte, eilte sie auf sie zu. Hazel, schoss es Dawn durch den Kopf. Suchend blickte sie sich um. Wo war Albert? Doch nirgends konnte sie den hochgewachsenen blonden Mann entdecken.
Als Hazel sie erreichte, sah Dawn die Trauer in ihren Augen. Eine eisige Hand schloss sich um Dawns Herz. Etwas Schreckliches musste passiert sein. Hazels Augen lagen tief in den Höhlen und ihr Körper wirkte ausgemergelt.
Sie braucht Blut, dachte Dawn. Wie lange hatte sie nicht mehr getrunken?
Dass Hazel eine Vampirin war, wusste Dawn ja. Und mittlerweile kannte sie auch den Zyklus, in dem sie trinken mussten. Im Laufe der Zeit hatte Liz sie eingeweiht.
»Hazel was ist passiert und wo ist Albert?«
Dominik fing sich als Erster.
»Tot. Sie haben ihn getötet. Bitte Dominik du musst umgehend nach England zurück. Können wir ungestört reden?«
Liz trat zu ihnen. Besorgt blickte sie Hazel an. Sie hakte sich bei Dawn ein.
»Komm Liebes, ich will dir jemanden vorstellen. Und ihr könnt in das Esszimmer gehen, da ist niemand.«
Dawn blickte zu Dominik. Dieser trat auf sie zu und küsste sie.
»Liebes geh ruhig. Ich werde dir nachher alles erzählen.«
Damit verließ er mit Hazel den Saal.
Liz zog sie zu einer Gruppe junger Frauen, die kichernd über ihre Verehrer redeten. Doch Dawn konnte dem Gespräch nicht folgen. Tränen brannten in ihren Augen, Albert tot.
»Bitte Liz ich möchte raus. Ich bekomme keine Luft mehr.«
Schnell entschuldigte sich Liz bei den Frauen und zog Dawn auf die Terrasse.
Dort konnte Dawn ihren Gefühlen endlich nachgeben und brach in Tränen aus. Tröstend nahm Liz sie in den Arm. So standen sie schweigend eine Weile.
»Was ist passiert? Warum ist Albert tot? Warum er?« Ihre Stimme klang gebrochen und sie wollte Antworten.
Nachdenklich sah Liz zur Tür. Wenn sie offen sprach, konnte sie keinen Zuhörer gebrauchen.
»Ich denke, es waren Jäger. Dass sie in England auch aufgetaucht sind, habe ich dir ja erzählt. Doch dass sie das Oberhaupt der Clans offen angreiffen, ist mir unbegreiflich.«
»Du meinst die Jäger, die damals Dominik und mich verfolgt haben, auf dem Weg hierher?«
»Na nicht genau dieselben, aber Jäger.«
»Wie konnte so was passieren. Albert ist das Oberhaupt der Clans. Hatte er keinen Schutz?«
»Ich weiß es nicht. Das mit den Jägern ist nur eine Vermutung.«
»Hazel muss am Boden zerstört sein. Ich muss zu ihr.«
»Nein lass sie erst mit Dominik reden. Ich denke, er bricht bald nach England auf.«
Fröstelnd blickte Dawn zu Liz. Er bricht nach England auf? Und was wurde mit ihr? Vielleicht sollte sie ja mitgehen, doch etwas in ihr sträubte sich.
»Ich habe Angst dahin zurückzugehen. Was wenn sie Dominik etwas antun?«
»Ich werde ihn begleiten und einige meines Clans mitnehmen. Nur bitte tu du weiterhin so, als wenn du ahnungslos wärst, was unsere Existenz angeht. Willst du denn mit?«
»Ja werde ich. Ich bin nicht sicher. Wenn ich bliebe, würde ich Dominik je wiedersehen? Wenn ich mitginge, würde meine Vergangenheit mich einholen.«
»Wollen wir wieder hineingehen? Ich werde die Gäste nun verabschieden. Das ist sicher auch in deinem Sinne, denn nach feiern siehst du im Moment nicht aus. Und dann zu Hazel und Dominik gehen. Ich erzähle dir morgen alles. Wir treffen uns an der Bank am Teich.«
»Geh du nur. Ich möchte niemanden sehen.«
Liz wandte sich um und Dawn ließ ihren Tränen freien Lauf. Bilder zogen herauf. Als Albert ihr das Haar gebürstet hatte, ihr Mellow zum Geburtstag schenkte, seine grünen Augen, die von winzigen Lachfältchen umgeben waren. Verzweifelt schlug sie die Hände vor das Gesicht. Als drinnen auch die letzten Stimmen verklungen waren, ging sie hinein und direkt hinauf in ihr Zimmer. Lange noch lag sie wach und weinte. Und endlich übermannte sie der Schlaf. Doch die Träume waren alles andere als angenehm. In ihnen herrschte Blut und Gewalt, immer wieder schrak sie aus dem Schlaf aus.
Nachdem auch der letzte Gast unter einer fadenscheinigen Ausrede verabschiedet war, ging Liz in das Esszimmer. Hazel und Dominik saßen da und redeten. Sie setzte sich zu den beiden an den Tisch.
»Hazel ich bin mir sicher, dass du Dominik alles erzählt hast. Doch könntest du mir bitte auch berichten, was passiert ist?«
»Ja, Albert war mit mir bei einer Ratsversammlung. Seit einiger Zeit machen uns Jäger in London das Leben schwer. Mehrere Vampire aus Cynwrigs Clan sind getötet worden. Isis Wächter haben nach ihrer Entlassung aus dem Rat keine Berichte mehr geliefert. So waren wir alle auf uns gestellt. Dazu kam, dass die Clans mal wieder beschlossen haben, um die Territorien zu kämpfen. Albert wollte alle auffordern, mehr zusammen zuarbeiten. Nach einigen hitzigen Diskussionen schaffte er es schließlich, die Clanoberhäupter, zu friedlichen Verhandlungen zu bewegen. Auf dem Rückweg wurde unsere Kutsche überfallen. Männer mit Pflöcken und Silberdolchen zerrten uns aus der Kutsche. Dank des Kutschers konnte ich fliehen, doch Albert blieb zurück. Es waren einfach zu viele. Ich blickte mich um und sah, wie einer Albert mit einem Pflock im Herzen traf und ein weiterer, ihm mit dem Dolch die Kehle durchschnitt. Er konnte es nicht überleben. Ich wollte zurück um sein Schicksal zu teilen, doch der Kutscher zog mich weiter. Irgendwie schafften wir es dann, das Gut zu erreichen. Ihr könnt euch vorstellen, wie schnell die Clanoberhäupter von Alberts Tod erfahren haben. Nun ist ein neuer Kampf um die Vorherrschaft entbrannt. Dominik du musst deinen Platz als Alberts Nachfolger antreten. Sonst haben die Jäger in England ein leichtes Spiel. Und was noch viel wichtiger ist, wir müssen uns besser organisieren.«
Dominik verzog das Gesicht. Dass Albert tot war, betrübte ihn, doch dass er nun die Clans von England anführen sollte, ging ihm gegen den Strich. Gerade jetzt, wo sein Leben mit Dawn begann. Jedoch war er es seinem Freund schuldig. Nicht umsonst hatte Albert ihn zu seinem Nachfolger benannt.
»Gut Dawn und ich werden mit zurückreisen. Bitte gib mir eine Woche alles vorzubereiten.«
Erleichtert nickte Hazel, sie hatte mit Dominiks Widerstand gerechnet. Doch die Clans brauchten ihn.
»Ich werde euch begleiten, zusammen mit den besten Männern meines Clans und einigen Menschlichen Verbündeten.«
Damals als Hazel und Albert erfuhren, das es eingeweihte Menschen gibt, waren sie entsetzt. Es entsprach so gar nicht dem Kodex, den sie in England praktizierten. Und nun sollten Menschen sie begleiten.
»Du weißt, wie wir in England über Menschen denken, die eingeweiht sind. Ich bin mir nicht sicher, ob die anderen das dulden.«
»Das mag sein, ich jedoch plane einige Verbündete bei den Jägern einzuschleusen. Wenn wir sie infiltrieren, kann es sein, dass wir mehr erfahren.«
»Und wenn die Menschen wortbrüchig werden und euch an die Jäger verraten?«
»Das Risiko besteht, doch ich gehe es ein. Frag Dominik, in all den Jahren, die er hier ist, haben wir uns die Jäger erfolgreich vom Hals gehalten. Du weißt noch, wie Dominik erzählte, wie ihn und Dawn auf der Herreise Jäger verfolgt haben. Ganz knapp ist er ihnen bis hierher entkommen. Allerdings spürten einige der Vertrauten die Jäger auf und sorgten dafür, dass sie ihr Wissen nicht weiter geben konnten. Wir hier sind organisierter. Jedoch haben wir schon länger mit den Jägern zu tun. Wir ihr wisst haben wir ihren Ursprung herausgefunden. Zum Teil sind es ehemalige Mönche eines Benediktiner Ordens. Der Anfühere nennt sich selbst der Abt. Bevor wir uns organisieren konnten, war ihre Zahl gestiegen und sie wüteten unter den Vampiren. Mittlerweile haben sie auch Gruppen in Deutschland und in Italien. Und aus Spanien erreichten mich vor einiger Zeit auch Berichte, dass dort Jäger ihr Unwesen trieben.«
Entsetzt sah Hazel sie an.
»Es werden immer mehr Jäger. Wir kommen irgendwann nicht mehr gegen sie an.«
»Doch kommen wir. Nur wird es Zeit, dass wir uns organisieren. Aber da reden wir in England mit euren Clanoberhäuptern drüber.«
»Du hast einen Plan, oder?«
»Ja und das schon seid Jahren. Nun wird es Zeit ihn umzusetzen. Aber wie ich schon sagte, erst in England werde ich ihn bekannt geben.«
Dominik wusste, keiner würde vorher was aus seiner Schwester heraus bekommen.
»Ich geh nach oben und sehe nach Dawn. Die Nachricht von Alberts Tod muss sie zutiefst getroffen haben. Sie wird mich nun brauchen.«
Verständnisvoll nickte Liz ihm zu und Dominik erhob sich.
Hazel warf Liz einen fragenden Blick zu. »Später« formten Liz Lippen lautlos und sie nickte Dominik zum Abschied zu.
Als Dominik den Raum verlassen hatte, blickte Hazel neugierig zu Liz.
»Ist in der Zwischenzeit hier etwas passiert?«
»Ja Hazel einiges. Dominik ist sich über seine Gefühle noch nicht ganz im Klaren. Doch er hat sich eingestanden, mehr für Dawn zu empfinden.«
»Das wurde aber auch Zeit, nur Dawn ist ein Mensch, wie soll es mit den beiden weiter gehen?«
Zweifelnd blickte Hazel zum Fenster. Auch sie war einmal ein Mensch, dann lernte sie Albert kennen und traf die Entscheidung ein Vampir zu werden. Ihr Traum von einer Ewigkeit mit ihm war nun zerstört. Tränen traten in ihre Augen. Die Jahre mit ihm waren die schönsten ihres Lebens. Unfassbar das alles zu Ende war. Mitfühlend legte Liz ihre Hand auf Hazels Arm.
»Albert wird immer in unseren Herzen lebendig bleiben. Und vielleicht wird es irgendwann erträglicher für dich. Und was ich dir nun erzähle, bleibt unter uns. Dominik darf es nicht erfahren. Ich musste es Dawn versprechen.«
Interessiert sah Hazel sie nun an, das klang mehr als spannend.
»Ich werde ihm nichts sagen.«
»Gut. Dawn weiß, was wir sind und das schon seit Jahren. Kurz nach ihrer Ankunft habe ich sie eingeweiht.«
Hörbar sog Hazel die Luft ein und blickte empört zu Liz.
»Du weißt, dass es gegen den Kodex verstößt.«
»Liebste Hazel, wir haben menschliche Verbündete. Das weißt du. Und Dawn hat ein Recht darauf zu wissen wer und was wir sind. Und wenn Dominik sie wirklich liebt, wird er sie wandeln, sie sagte, dass sie es sich wünscht. Ich habe es ihr angeboten, doch sie will es von Dominik. Sie liebt ihn nun schon Jahre.«
»Dass es mehr werden würde, habe ich immer geahnt. Immer schon hing sie an Dominik. Es war nur fraglich, ob sie glücklich würde. Denn wir wissen ja Dominiks Vergangenheit ist nicht unbeschrieben. Denk nur an Isi oder einige andere Frauen. Ich mache mir Sorgen, dass es Dawn genauso ergeht.«
»Ich denke nicht, dass du das vergleichen kannst. Dawn ist sein Gegenpol. An ihr kann er sich messen. Und ihr großes Herz hat ihn berührt. Immer schon. Die beiden sind so aufeinander fixiert. Du musst nur sehen, wenn einer den Raum betritt, der andere merkt es sofort, ohne aufzuschauen. Dawn weiß genau, wie sie Dominik aufheitern kann.«
Nun erzählte sie Hazel von den jüngsten Ereignissen. Als sie Jacques und seinen Angriff erwähnte, verhärtete sich Hazels Miene. Doch sie sagte nichts und hörte Liz bis zum Ende zu.
»Dominik scheint es wirklich ernst zu meinen. So kenne ich ihn gar nicht.«
»Ja ich auch nicht. Mein Bruder hat mich in Erstaunen versetzt. Doch Dawn ist der Ruhepunkt in seinem Leben. Immer schon verstand sie es, auf seine Launen passend zu reagieren. Und ich hoffe, mit ihr findet er sein Glück. Sie ist glücklich in seiner Nähe. Wenn er sie ansieht oder küsst, strahlt sie von innen.«
»Ja ich hoffe auch das die beiden glücklich werden und nicht einer von ihnen alleine zurück bleibt.« So wie ich, fügte sie in Gedanken hinzu.
»Doch nun sollten wir uns auch zurückziehen. Komm Hazel ich zeige dir dein Zimmer. Ich werde dir ein anderes geben. Denn das, in dem du mit Albert warst, wäre unpassend.«
Wehmütig dachte Hazel an die gemeinsamen Tage, die sie hier mit Albert verbracht hatte. Meist waren sie im Winter hergekommen. Wenn Albert in England abkömmlich war, mussten sie nicht unbedingt nach London. Vielleicht war es ein Fehler, so sorglos zu leben. Doch sie hatten sich nie Gedanken um Jäger in England gemacht. In all den Jahren war keiner gesichtet worden. So hatten sie die Gefahr verdrängt. Doch nun ist die Gefahr greifbar, hatte in London die ersten Opfer gefordert. Und auch auf den Landsitzen waren tote Vampire zu beklagen gewesen. Doch nie hatten die Jäger ein Clanoberhaupt erwischt. Albert musste ein Glückstreffer gewesen sein. Und der Rest vom Rat vermutete sogar, dass die Jäger nicht einmal wussten, wen sie da getötet hatten. Und es schien, als wären die Jäger aus dem Nichts aufgetaucht.
Am nächsten Tag begangen hektisch die Vorbereitungen ihrer Abreise. Liz fuhr nach Dauphin, um einige Briefe zu versenden, während Dominik auf dem Hof alles für die Abreise plante. Er gab Liz einen Brief mit. Dieser war an einen Kapitän gerichtet, dessen Schiff regelmäßig nach England fuhr. Er wollte eine Passage für alle buchen, denn allzu lange wollte er den Aufbruch nicht aufschieben, da es bis nach Calais über drei Monate Reisezeit war. Vor allem wollte er dem ersten Schnee ausweichen, der am Rande der Alpen früher lag. Doch er hoffte, dass die Jäger im Winter weniger Engagement bei der Jagsd zeigten und ihre Reise ohne unliebsame Störungen verlief. Bei ihrer Ankunft vor Jahren hatten er und Dawn es mit Mühe geschafft, ihnen zu entkommen. Am schlimmsten war Dawn das zu verheimlichen, in welcher Gefahr sie schwebten.
Und was ihm noch auf der Seele brannte, Dawn zu überzeugen Mellow hier zu lassen. Doch die Stute würde die Fahrt zu sehr belasten, denn er hatte sie decken lassen. Er wollte, dass Dawn ein Fohlen bekam. Es würde Dawn das Herz brechen die Stute nicht mitzunehmen. Nur hatte er nicht vor lange in England zu bleiben. Zu viele Erinnerungen hingen dort. Das Einzige war, so schnell wie möglich einen Nachfolger für Albert zu finden und dann wieder hierher zurückzukehren. Er wollte mit Dawn hier leben. Vielleicht würde er sie sogar hier ehelichen. Doch das stand in den Sternen. Damals als Albert ihn bat sein Nachfolger zu sein, hatte er nie daran gedacht, diesen Posten wirklich einmal anzutreten. So wie Hazel berichtete würden die Clanoberhäupter nur seine Wahl eines Nachfolgers akzeptieren. Zudem mussten sie etwas gegen die Jäger unternehmen. Spätestens zu Dawns 20. Geburtstag wollte er wieder auf der Rückreise sein.
Gegen Abend hatte er einen Plan, was Dawn und Mellow betraf.
Leise klopfte er an Dawns Tür. Den ganzen Tag hatte sie ihr Zimmer nicht verlassen. Zwischendurch hatte er immer wieder nach ihr gesehen, doch sie war von einer tiefen Trauer erfüllt. Nun wollte er sie dazu bewegen, mit ihm an die frische Luft zu gehen. Von drinnen kam keine Antwort, also öffnete Dominik die Tür und trat ein. Dawn lag auf ihrem Bett und starrte an die Decke ihre Augen waren verquollen und ihre Nase gerötet.
»Liebste, bitte komm mit mir raus an die Luft. Du fehlst mir und ich möchte mit dir etwas durch den Garten gehen.«
Gequält sah sie ihn an.
»Dominik ich kann nicht. Albert war wie ein Vater für mich.«
»Bitte, ich trauer auch, immerhin war er mein bester Freund und ich kante ihn mein halbes Leben. Mir fehlt er auch. Aber du fehlst mir mehr. Bitte komm mit.«
Ergeben stand sie auf und innerlich stieß Dominik ein Stoßgebet aus.
Zärtlich reichte er ihr seine Hand und sie griff danach. Ihre Hand war kalt und zart streichelte er mit dem Daumen ihren Handrücken.
Die Luft im Garten war klar und etwas kühl. Doch Dawn genoss sie. Schweigend gingen sie eine Weile nebeneinander her. An einem Mirabellenbaum zog Dominik Dawn in seine Arme.
»Wir müssen zurück nach England, Liebes. Ich muss Alberts Erbe antreten. Doch es gibt etwas, das ich dir noch sagen muss. Wir können diesesmal Mellow nicht mitnehmen. Bitte sei nicht traurig. Ich möchte nicht in England bleiben und so schnell es geht mit dir wieder hierher zurückkommen. Und Mellow ist trächtig, die lange Reise würde ihr sehr schaden.«
Dawn riss sich von ihm los. Plötzlich erfasst sie Wut.
»Du erwartest nicht, dass ich dem zustimme. Mellow kommt mit. Sonst bleibe ich auch.« Der alte trotz bahnte sich einen Weg.
»Bitte Dawn sei vernünftig, ich werde Monate fort sein. Und ich will dich nicht so lange alleine lassen. Zudem wärst du hier nicht in Sicherheit.«
»Dann nimm Mellow mit.«
»Nein das ist mein letztes Wort. Durch ein weiteres Pferd kämen wir nicht so schnell voran. Ich habe auf einem Nachbargut einen Platz für sie. Dort ist auch der Hengst, der sie gedeckt hat. Dawn es würde ihr schaden und die Reise verlangsamen.« Er hoffte, dass Dawn einsichtig war.
»Ein Fohlen und dann soll ich sie alleine lassen. Du glaubst nicht im Ernst, dass ich nun noch mitkomme?«
»Meine Liebe genau das glaube ich, erinner dich. Noch bist du keine 21, was bedeutet, ich bin immer noch dein Vormund. Wenn du es nicht anders willst, dann zwinge ich dich.«
Wütend drehte Dawn sich um und rannte zurück ins Haus. In der Nähe erklang leiser Applaus. Dominik blickte in die Richtung und sah Liz im Schatten der Bäume stehen.
»Fantastisch Brüderchen. Was dein Talent angeht, Dawn zum äußersten zu reizen, bist du unschlagbar.«
Verärgert blickte er Liz an.
»Spotte nur. Sie hat es provoziert. Ihr Dickkopf bringt mich eines Tages um den Verstand.«
»Ach Nicki, versetz dich doch bitte in ihre Lage. Alberts Tod, zurück nach England und dann das mit ihrem Pferd. Sie hat es von Albert bekommen. Und du breitest eine schlechte Botschaft nach der anderen vor ihr aus. Sensibilität ist nicht deine starke Seite.«
Seine Miene wurde etwas weicher.
»Aber wie hätte ich ihr das alles sagen sollen?«
»In kleinen Dosen wäre es diplomatischer gewesen.«
»Und was jetzt?«
»Ganz einfach Nicki, ich werde einmal mehr mit ihr reden.«
Die Augen verdrehend stimmte er zu.
»Na gut, wenn du meinst, mehr Erfolg zu haben. Bitte. Ich geh jagen und nehme Hazel mit. Sie braucht verdammt dringend Blut.«
Damit wandte er sich ab und lief zurück zum Haus um Hazel zu holen. Langsam folgte Liz ihm. Dawn würde ein Einsehen haben, wenn sie auf die Gefahr, die ihr hier drohte, aufmerksam gemacht würde. Liz betrat Dawns Zimmer. Gut, dachte sie, diesmal liegt sie nicht weinend auf ihrem Bett. Mit dem Rücken zu ihr stand Dawn am Fenster, ihre Schultern bebten. Liz trat zu ihr und legte ihr den Arm um die Schultern. Weinend lehnte Dawn ihren Kopf an Liz.
»Warum geht nie etwas gut aus im Leben? Dominik wird mich verlassen.«
»Liebes er wird ohne dich nicht weggehen. Im Moment ist er wütend, doch verlassen wird er dich nicht. Nur das hätte schreckliche Folgen. Die englischen Clans sind ohne Führung. Innere Machtkämpfe würden Opfer fordern und dann wären da noch die Jäger. Alles zusammen wäre es eine herbe Niederlage.«
»Ja aber warum soll ich mit? Ich kann hier warten und bei Mellow bleiben.«
»Weil du in Gefahr wärst. Den Großteil der Verbündeten nehme ich zu unserem Schutz mit. Viele Vampire werden mit nach England reisen, die hier als Wächter eingesetzt werden. Ich bin mir sicher, dass die Jäger diese Chance nutzen und jeden hier auf dem Hof töten.«
»Dann sind die restlichen Menschen hier doch auch in Gefahr.«
»Nein sie werden auf dem Nachbargut eine Anstellung finden, bis ich wiederkehre. Dort sind sie in Sicherheit. Und Mellow ist auch nicht alleine. Auf dem Gut ist eine weitere Stute trächtig und beide Stuten würden ihre Fohlen zusammen großziehen. Und wer weiß vielleicht sind wir ja vorher schon zurück. Dominik ist nicht sehr begeistert davon, nach England zurückzukehren. Wenn er nun ohne dich gehen müsste, wäre es doppelt schlimm für ihn.«
»Wenn wir wieder hier sind, ist das Fohlen auf der Welt.«
»Ja das kann natürlich sein. Doch du wärst am Leben. Dawn bitte unterschätze nicht die Jäger. Sie machen vor keinem Menschen halt. Ich habe von Folterungen gehört. Das würde Dominik nicht überleben. Nur wenn du mitkommst, wärst du sicher. Bitte überlege es dir. Dominik wird gebraucht und er braucht dich.«
Dawns Miene wurde weicher.
»Ich denke, in diesem Kampf bringt jeder ein Opfer. Ich weiß, dass Dominik nicht mehr nach England zurück wollte. Nun muss er doch hin. Mellow wird mir fehlen. Und noch etwas Liz, sobald es geht, werde ich Dominik bitten »Es« zu tun. Ich will eine von euch sein. Denn dann muss er sich nicht um mich sorgen.«
»Ja ich weiß Liebes, nur warte damit bitte noch. Im Moment stehen bei Dominik die Zeichen auf Sturm, wenn er jetzt erführe, dass du eingeweiht bist, könnte es sein, dass er mich nicht mitnimmt. Doch ich muss mit den englischen Clanoberhäuptern sprechen. Ich werde mit allen Clanoberhäuptern in Europa sprechen. Wir müssen uns zur Wehr setzen. Und Liebes, ob du ein Vampir bist, oder nicht, Dominik wird sich immer um dich sorgen.«
»Gut ich komme mit. Aber ich stelle eine Bedingung. Ich will Mellow zu dem Gut bringen.«
»Mein Gott, Dawn das ist selbstverständlich. Du hast doch ein Recht dich zu verabschieden.«
»Meinst du, ich sollte zu Dominik gehen und mich entschuldigen?«
»Nein entschuldigen nicht, doch geh zu ihm und versöhn dich mit ihm. Und denk in Zukunft etwas mehr nach. Dominik tut nie etwas ohne Grund.«
Zaghaft lächelnd nickte Dawn Liz zu und ging auf die Suche nach Dominik.
Doch nachdem sie ihn im Wintergarten nicht gefunden hatte und auch im restlichen Haus keine Spur von ihm war, ging sie zum Stall.
Wenigstens wollte sie noch ein wenig Zeit mit Mellow verbringen. Lange stand sie bei ihrer Stute in der Box und streichelte ihre Mähne. Draußen hörte sie Pferde, die sich dem Stall näherten. Dominik und Hazel führten leise flüsternd ihre Pferde in den Stall. Hazel sah besser aus als am Vorabend und Dawn wusste sie waren auf Blutjagd gewesen. Beide bemerkten sie und mit einem Blick von Dominik verschwand Hazel Richtung Haus. Als Dominik die Box von Mellow betrat, lächelte er nicht, wie so oft in letzter Zeit, sondern blickte ungewöhnlich ernst. Angst schnürte Dawn die Kehle zu. Angst davor, dass Dominik nun den falschen Entschluss getroffen hatte und sie von sich stieß.
Ihre Schultern sanken herab und sie senkte den Blick. Dass sie kurz davor stand, einfach in Tränen auszubrechen, sollte er nicht sehen.
»Liebes ich habe nachgedacht und auch mit Hazel geredet.«
»Ich auch Dominik. Und bitte höre mich zuerst an. Ich komme mit euch nach England. Liz hat mir versprochen, dass Mellow auf ein Gut in der Nähe kommt. Dort ist auch eine Stute trächtig. Und die beiden Fohlen könnten zusammen groß werden.«
Während sie das sagte, blickte sie ihn kein einziges Mal an.
Mit einem Schritt war Dominik bei ihr und zog sie in seine Arme.
»Ich wollte dir eigentlich sagen, dass ich hierbleibe und nicht nach England fahre. Doch es hätte seine Konsequenzen gehabt und nun überrascht du mich, indem du einwilligst, mit zu kommen. Liebling, das hat nie eine Frau für mich getan. Alle erwarteten, dass ich ihnen immer nachgab. Doch mir hätte klar sein müssen, dass du anders bist.«
»Dominik wann begreifst du es endlich, ich würde für dich sterben. Der Streit zwischen uns hat mir das Herz zerrissen. Wie kann ich denn hierbleiben? Du bist auch in Gefahr, und wenn dir etwas zustößt, wäre es mein Untergang. Und es geht auch um Hazel. Wenn du nicht Alberts Nachlass regelst, wäre sie vielleicht am Ende mittellos. Das hätte Albert so nicht gewollt und ich auch nicht.«
Kein weiteres Wort kam mehr über ihre Lippen, denn Dominik küsste sie leidenschaftlich und legte seinen ganzen Dank in diesen Kuss. Fast schon verzweifelt klammerte Dawn sich an ihn. Ihr gefiel der Gedanke nach England zurück zu gehen nicht, doch nachdem Liz ihr gesagt hatte, wie wichtig Dominiks Anwesenheit war, konnte sie nicht hierbleiben. Was wenn Dominik in Gefahr gerät und vielleicht getötet wpürde? Sie würde sich ein Leben lang dafür hassen, nicht bei ihm gewesen zu sein. Verlangend drängte sie ihren Körper gegen seinen, konnte durch den Stoff ihres Kleides die Ausbuchtung in Dominiks Körpermitte spüren, die an ihren Schoß drückte. Ruhelos fuhren ihre Hände durch sein Haar, verkrallten sich darin. Ihr Atem ging stoßweise und sie stöhnte leise in seinen Mund, als seine Zunge sich zwischen ihre Lippen schob. Sachte schob Dominik eine Hand zwischen sie und umfasste ihre Brust. Nein, dachte er gerade noch rechtzeitig, nicht hier und nicht so. Es wäre das erste Mal für Dawn, wenn er jetzt nicht vernünftig wäre. Doch er wollte es anders für sie, nicht in einem Stall und nicht so schnell. Er wollte sich bei ihr alle Zeit der Welt lassen dürfen. Langsam löste er sich von ihr. Beider Atem ging schneller als gewohnt.
»Warum hörst du auf. Ich liebe es, dich zu küssen.«
»Ich liebe es auch, dich zu küssen. Nur ist hier der falsche Ort. Es wäre billig. Du bist keine Schankmagd.«
Zärtlich fasst er nach ihrer Hand und küsste ihre Fingerkuppen.
»Komm ins Haus und lass uns noch ein Glas Wein trinken, bevor wir zu Bett gehen.«
»Dominik lass mich bitte nicht mehr allzu lange warten. Dich zu küssen reicht mir schon fast gar nicht mehr.«
»Weißt du eigentlich, dass du für eine Dame aus gutem Haus, sehr direkt über frivole Dinge sprichst. Liebes welcher Wahnsinnige hat dich erzogen.« Während er dieses sagte, lachte er.
Dawn fiel in sein Lachen ein.
»Es war jemand, der mir nie den Mund verboten hat. Und der mich sehr oft wütend gemacht hat, weil er bei allem was ich richtig fand, gegenhalten musste.«
»Was es gibt da wen, der es wagt, dir zu widersprechen?«
»Ja und ich liebe ihn, seid ich sein Gesicht das erste Mal sah.«
»Dawn ich glaube, er liebt dich auch.«
Als Dawn die Bedeutung seiner Worte erfasste, machte ihr Herz einen Sprung und sie hätte vor Glück die ganze Welt umarmen mögen. Sie sog die Luft tief in ihre Lungen ein. Bis vor Kurzem dachte sie, Dominik wäre nur verliebt in sie und nun spricht er von Liebe. Wie gerne würde sie ihn sagen hören, ich liebe dich, doch sie wollte geduldig sein. Durch Liz wusste sie ja, dass er bis vor Kurzem dachte, der Liebe nicht fähig zu sein.
Die nächsten Tage waren mit den Reisevorbereitungen angefüllt. Immer wieder sortierte Dawn Kleider, die sie mitnehmen wollte und welche, die sie einfach hier lassen wollte. An einem der Tage brachten sie Mellow zu dem Gut. Den ganzen Weg zurück war Dawn bedrückt und Dominik konnte nur ihre Hand halten.
»Ich weiß, wie du dich nun fühlst mein Herz. Doch sie wird es gut dort haben. Und sobald wir wieder hier sind, holen wir sie wieder zurück. Sie und das Kleine.«
Seufzend sah Dawn zu ihm hinüber.
»Ja ich weiß, doch ich wäre so gern bei ihrer Niederkunft dabei.«
Sanft zog er sie in seine Arme und küsste sie auf ihr Haar. Sagen konnte er nichts, er fühlte sich hilflos. Doch hoffte er, dass Dawn ihm verzeihen würde.
Und dann war er da, der Tag an dem sie abreisten. Von Liz wusste Dawn, dass einige Vampire und auch verbündete Menschen sie begleiten würden. Insgesamt verließen an diesem Tag fünf Kutschen den Hof. Die Straßenverhältnisse haben sich in den sechs Jahren seit ihrer Ankunft nicht geändert. Immer noch holperte die Kutsche durch Schlaglöcher. Mit Grausen dachte Dawn an die Fahrt. Sie würden erst in drei Monaten Callais erreichen. Und dann von dort mit dem Schiff nach Dover übersetzen. Seufzend blickte sie zum Fenster hinaus. Sie hoffte, dass sie das Weihnachstfest auf dem Schiff verbringen würden, dann wären sie im neuen Jahr in Chester . Doch dann fiel ihr das Haus in London wieder ein.
»Dominik, werden direkt nachChester reisen, oder bleiben wir eine Weile in London?«
»Das entscheide ich erst in Dover. Ich hab einige Geschäftspartner kontaktiert und nun bleibt abzuwarten, wo sie mich treffen wollen. In Dover wissen wir mehr mein Herz.«
»Weder London noch Chester ziehen mich an. Ich weiß noch damals in London wollte ich unbedingt nach Chester zurück. Nur nach dem Tod meiner Mutter mag ich dort auch nicht mehr sein.«
Zärtlich streichelte Dominik ihr Handgelenk. Er konnte verstehen, dass Dawn nichts nach England zog. Zu viel war damals passiert.
»Liebling, ich bin bei dir. Und es sind einige Jahre vergangen.«
»Trotzdem. Albert ist nicht mehr da, meine Mutter ist tot. Mein Vater erhängt und mein Bruder, nein an ihn will ich nicht denken.«
Ihr Bruder Jeremia war nach dem Tod ihrer Eltern vom Hof geflohen. Danach hörte man nur, dass er sich mit Diebstählen über Wasser hielt. Dawn ist ihm kurz vor ihrer Abreise nach Frankreich einmal begegnet. Damals hatte er sie zu Tode erschreckt.
Seitdem hatten ihr Hazel und Albert nur erzählt, dass er eine Schar Vogelfreie um sich scharte. Dawn hoffte, ihm nicht zu begegnen. Bei dem Gedanken ihrem Bruder zu begegnen erschauerte sie. Mitfühlend verschränkte Dominik seine Hand mit der ihren. Dankbar lehnte Dawn sich an ihn. Solange er bei ihr war, würde ihr nichts passieren.
Die Fahrt verlief ruhig, keine Verfolger und Dawn konnte die Landschaft genießen.
Immer wieder sah sie aus dem Fenster. Sie würde die Landschaft vermissen. Wie sehr hatte sie sich damals gefürchtet her zu kommen, doch nun wollte sie nicht mehr weg. Hier war sie zu Hause, auch wenn sie es nie für möglich gehalten hätte.
Ihre erste Rast machten sie in einem kleinen gemütlichen Rasthaus und dort aßen sie zu Mittag. Dawn trank Wein zum Essen und musste an ein anderes Gasthaus denken, in dem sie ihren ersten verdünnten Wein getrunken hatte. Damals hatte sie zu schnell getrunken und der Wein war ihr zu Kopf gestiegen. Es war ihre erste weitere Reise gewesen.
»Wir sollten nicht gleich weiter fahren. Ich denke Dawn und ich, werden einen kleinen Spaziergang machen.« Dominik hatte das Bedürfnis mit ihr ein wenig alleine zu sein. England würden sie früh genug erreichen.
Gemeinsam mit Dawn verließ er das Gasthaus und sie gingen ein Stück durch das kleine Dorf.
»Ich spüre, dass du mit Unbehagen zurück nach England gehst. Aber bitte mach dir keine Sorgen, ich bin bei dir.«
»Ich weiß Liebster. Nur ich fürchte mich nicht vor England, sondern vor den Erinnerungen. Und auch dir behagt es nicht, doch auch ich bin bei dir.«
Dawn hakte sich bei Dominik ein und lehnte ihren Kopf an seine Schulter. Ja sie war bei ihm und sie gab ihm Kraft. Das war neu für ihn. Er konnte sich an sie lehnen.
»Mein Bruder macht mir Sorgen und an das Grab meiner Mutter will ich da gar nicht erst denken. Ich habe Angst, dass alte Wunden aufreißen könnten. Auch wenn viel Zeit vergangen ist, bleibt ein ungutes Gefühl.«
Dominik seufzte, all diese Dinge hatte er die vergangenen Jahre verdrängt. Doch nun stürmten Erinnerungen auf ihn ein und auch die Nacht, in der er Beth tötete nahm wieder Gestalt an.
Innerlich schüttelte er sich, nein auch seine Erinnerungen waren nicht rosig.
In Gedanken versunken gingen sie beide weiter. Nach einer Weile kamen sie an einer abgelegenen Seitenstraße vorbei. Dominik zog Dawn eilig hinein.
»Wir haben nicht mehr viel Zeit, doch bevor ich das nicht getan habe, gehen wir nicht zurück.«
Dominik drehte Dawn und presste sie mit dem Rücken an eine Hauswand. Dann umfasste er ihren Nacken und küsste sie. Dawn presste sich an ihn, spürte, wie die Leidenschaft sie erfasste. Ihre Hände vergruben sich in Dominiks Haar.
Widerstrebend löste Dominik sich von ihr.
»Wir müssen zurück zur Kutsche. Glaub mir, es fällt mir immer schwerer, dich loszulassen.«
»Dann tu es nicht, Dominik. Ich möchte weiter gehen. Ich liebe dich und ich bin kein Kind mehr.«
»Liebes das weiß ich nur zu gut. Nur hab Geduld bitte. England ist noch weit. Ein Gasthof ist auch kein Ort für eine Dame, die ohne einen Ring am Finger, zu einem Mann ins Bett steigt.«
Ergeben seufzte Dawn. Geduld war nicht ihre Stärke und mit einer unbestimmten Sehnsucht folgte sie Dominik. Schon länger überlegte sie, wie sie ihn bitten sollte, sie zu wandeln. Der Gedanke bis England zu warten, erschien auch ihr am besten. Auf der Reise wollte sie ihn nicht damit konfrontieren, dass sie sein Geheimnis kannte.
Der Rest der Reise bis nach Calais verlief ohne Komplikationen. Und endlich waren sei auf dem Schiff, das sie nach England übersetzen würde. Liz teilte sich ihre Kabine mit Hazel und Dawn bestand darauf, ihre mit Dominik zu teilen. Dawn war froh nicht mit Hazel in eine Kabine zu müssen. Ihre alte Freundin veränderte sich, je näher sie der Küste kamen. Doch Dawn war erleichter, der Großteil der Fahrt lag hinter ihnen und in England würden sie erfahren, ob sie nach London oder Chester gehen würden. Gut konnte sie sich noch an ihre erste Reise mit der Fähre erinnern. Auch da teilte sich die Kabine mit Dominik. Nur damals war sie ein Kind und nun eine Frau. Und dort lernte sie Jacques kennen. Mit einem Schauer verdrängte sie die Erinnerung.
Die Kojen waren wie damals übereinander und Dawn wählte die obere. Doch wenn sie dachte, die Nächte mit Dominik in der Kabine verbringen zu können, täuschte sie sich. Wenn sie unter ihre Decke schlüpfte, blieb Dominik an Deck und besprach sich mit Liz und den anderen Vampiren.
Dann erreichten sie Dover und endlich betrat Dawn nach Jahren wieder englischen Boden.
Dominik trat an ihre Seite und umfasste ihre Schultern.
»Wie ist es, nun wieder in der Heimat zu sein?«
»Ein seltsames Gefühl. Eigentlich wollte ich nie wieder zurück. Doch nun ist alles so vertraut. Doch Heimat ist es schon lange nicht mehr.«
»Hoffentlich ergeht es dir auf dem Gut ähnlich. Denn da hattest du keine guten Erinnerungen.«
Wehmütig sah Dawn ihn an. Er hatte recht, schon das Grab ihrer Mutter würde Erinnerungen auslösen, die sie lange verdrängt hatte.
»Liebste, mach dir keine Sorgen ich bin bei dir und ich weiß, wie du dich nun fühlen musst.«
Dominik küsste ihre Stirn und Dawn sah ihn dankbar an. Mit ihm an ihrer Seite würde sie alles überstehen. Und sie würde es nicht als Mensch überstehen müssen. Auf dem Gut würde sie ihn bitten, sie zu wandeln. Sie musste nur überlegen, wie sie es anstellen wollte. Denn dass sie sein Geheimnis kannte, wusste er nicht. Doch das würde sie nicht sofort entscheiden.
Sie kehrten in einem Gasthof ein, um die Nacht dort zu verbringen. Denn an eine Weiterreise war an diesem Tag nicht mehr zu denken. Und Dominik erwartet dort jemanden.
Als sie alle im Schankraum beim Dinner saßen, lehnte sich Dawn zurück und ließ ihren Blick durch den Raum schweifen. Der Gastraum war nicht sehr voll und es waren auch einige Seeleute unter den Gästen. Mehr gelangweilt sah sie sich um, bis ihr Blick an einem Burschen hängen blieb, der ihr seltsam vertraut war. Jacques, schoß es ihr durch den Kopf. Ein Zittern erfasste sie und sie lehnte sich zu Dominik hinüber.
»Ich möchte bitte in mein Zimmer. Mein Essen kann ich auch da zu mir nehmen.« Sie vermied es in Jacques Richtung zu sehen, aus Angst er würde sie entdecken.
»Liebes, warte doch, bis wir alle in die Zimmer gehen. Dann kann ich dir angemessen gute Nacht wünschen.«
»Nein Dominik, bitte ich möchte jetzt in mein Zimmer.«
Sie wollte aufstehen, doch Liz, die an ihrer anderen Seite saß, hielt sie am Arm fest.
»Nein Dawn, bleib. Ich habe ihn auch bemerkt. Glaub mir, er wird es nicht wagen, dich hier anzusprechen. Aber in deinem Zimmer wärst du ungeschützt. Wir gehen nachher alles zusammen nach oben. Hier bist du in Sicherheit.«
Verständnislos sah Dominik von einer zur anderen. Doch dann folgte er Liz´ Blick und seine Miene erstarrte.
»Liz hat Recht, du bleibst hier. Er kann dir nichts anhaben, nicht solange wir alle beisammen sind.«
Dann sah Jacques in ihre Richtung und ein diabolisches Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Dawn wäre am liebsten im Erdboden versunken. Ihre letzte Begegnung fiel ihr ein und ein Schauer lief ihren Rücken hinunter.
Er schien betrunken zu sein und das machte ihn unberechenbar. Nur fragte sie sich, was er hier machte. Er hatte doch auf einem Schiff in die Neue Welt angeheuert.
Immer wieder schweifte ihr Blick ängstlich zu Jacques und immer wieder schrak sie zurück, da er sie fixierte. »Bitte Dominik ich ertrage es nicht, mit ihm in einem Raum zu sein. Ich möchte in mein Zimmer.«
Dominik hatte mit Missfallen bemerkt, was Jacques bei Dawn auslöste und ergab sich.
»Gut Liz wird dich begleiten und bei dir bleiben, wir drei haben sowieso ein Zimmer. Ich komme später nach. Vielleicht versuche ich herauszufinden, was er hier will. Und ich erwarte einen Geschäftspartner. Danach entscheiden wir, ob wir in London einen Zwischenstopp einlegen, oder direkt nach Chester durchfahren.«
»Nicki provozier ihn nicht. Wir sind aus anderen Gründen hier. Und er ist nichts weiter als ein betrunkener Matrose. Wenn wir nach Chester aufbrechen, wird er längst auf einem Schiff sein.« Liz sah ihren Bruder eindringlich an.
»Nein, aber ich werde ihn vielleicht fragen, wann er an Bord geht.«
»Nicki unterlass es bitte.«
Der Blick, den Liz erntete, sagte ihr, dass er genau das nicht tun würde.
»Komm Liebes wir gehen nach oben. Mein Bruder ist unbelehrbar. Und ich befürchte, er wird sich Jacques noch zur Brust nehmen.«
Gemeinsam mit Liz verließ Dawn den Raum und eilte die Treppe ins obere Stockwerk. In ihrem Zimmer lehnte sie sich mit dem Rücken an die Tür.
»Liz was macht er hier? Was ist, wenn er mich verfolgt hat?«
»Mach dir keine Sorgen Dawn. Dominik wird auf dich aufpassen. Ich denke nicht, dass Jacques dich verfolgt hat. Er hat sicher nur Landgang. Und es ist ein Zufall, dass wir ihm hier begegnen.«
Zweifelnd sah Dawn zu Liz. Ihr Gefühl sagte ihr etwas ganz anderes. Jacques war so stolz nun auf einem Schoner nach Amerika zu arbeiten. Also warum sollte er nun ausgerechnet in Dover Landgang haben? Seine Anwesenheit musste einen anderen Grund haben.
Dominik beobachtet Jacques. Auch er stellte sich die Frage, warum Jacques in Dover war. Vor allem hatte er erwartet, dass Jacques in ärmlicheren Unterkünften einkehrt. Dies war das beste Haus in Dover und Jacques machte auch den Eindruck, als sei er plötzlich zu Geld gekommen. Sein Kleidung wirkte wohlhabend. Und sein Auftreten noch arroganter. Dominik sah unverhohlen zu ihm hinüber und dann begegneten sich ihre Blicke und Jacques grinste ihn offen an. Dominik packte Wut, was bildete dieser Fatzke sich ein? Am liebsten wäre er ihm an die Gugel gegangen, doch die Aufmerksamkeit, die er erregt hätte, würde die Gruppe gefährden. Doch dann trat einer der ansässigen Vampire an seinen Tisch, so konnte er nur das feiste Lächeln erwidern und eine stumme Drohung in seinen Blick legen. Dann stand er auf und verließ, mit dem Vampir den Gasthof. Er musste jagen, brauchte dringend frisches Blut.
»Wir haben in der letzten Zeit die Jäger beobachtet und sie scheine sich auf London zu konzentrieren. Deshalb würden es die anderen begrüßen, wenn die Ratszusammenkünfte in Chester stattfinden.«
Dominik blickte den Vampir an.
»Wie sicher ist die Reise nach Chester, denn wir sind eine große Gruppe, die ziemlich schnell auffällt.«
»Ich denke, ihr werdet unbehelligt durchkommen. Die Route ist gesichert. Einige haben dort Posten stationiert, und sobald Gefahr droht, wird dem Rat Bericht erstattet.«
»Es klingt so, als organisiert ihr euch hier. Das klingt gut. Dann werden wir morgen nach Chester aufbrechen. Nur jetzt brauche ich Blut. Ich habe seit einiger zeit nichts mehr getrunken.«
»Du willst jagen, doch komm mit, es ist nicht so wie früher, wir haben Bluthäuser. Die Jagd auf den Straßen ist gefährlich geworden.«
Dominik folgte dem Vampir. Bluthäuser, sowas kannte er nicht.
Jacques verließ ebenfalls kurze Zeit später das Gasthaus. Dass er Dawn in England wiedersehen würde, war kein Zufall. Nach seiner Flucht vor Dominik war er auf eine Gruppe Männer gestoßen, die unweit des Gutes ein Lager hatten. Er wurde erst verhört und dann zu dem Anführer gebracht. »Der Abt«, wie ihn alle nannten, verbarg sein Gesicht unter einer weiten Kapuze und weilte in einer verlassenen Abtei. Jacques erzählte seine Geschichte noch einmal und der Abt nahm ihn in die Gemeinschaft der Jäger auf. Er meinte, Jacques wäre sehr von Nutzen, da er direkten Kontakt zu Dawn und Dominik hatte und beide über lange Zeit kannte. Auch erfuhr er, was Dominik wirklich war und er wunderte sich nicht, wie Dominik ihn so leicht bewältigen konnte.
Sein Feind war ein Wiedergänger und eine Monstrosität! Und Jacques schloss sich den Jägern an, um Dawn vor diesem Monster zu retten. Sie gehörte ihm und der Blutsauger hatte kein Recht auf sie.
Vor einem kleinen Haus blieb er stehen und klopfte in einem bestimmten Rhytmus an die Tür. Nachdem man ihn eingelassen hatte, betrat er den Versammlungsraum. Dort waren mehrere der Jäger versammelt und warteten auf ihn.
»Sie sind angekommen. Ich vermute, morgen reisen sie weiter.«
Ein Raunen ging durch die Jäger und ein dicklicher Mann trat vor.
»Sie haben Dawn bei sich?«
»Ja sie ist ebenfalls hier.«
»Gut.« mehr sagte sein Gegenüber nicht.
Jacques fragte nicht, warum der Mann vor ihm ein Interesse an Dawn hatte. Es interessierte ihn nicht mal, denn Dawn gehörte ihm! Der Dicke würde keinen Anspruch auf sie erheben können.
»Ich kenne ihr Ziel und ihr brecht noch heute Nacht dorthin auf. Mein Auftrag liegt derzeit woanders, doch ich werde in einem Monat in London sein, da der Abt sein Kommen angekündigt hat.« Wieder ein Befehl, dem Jacques gehorchen musste. Doch er schwor sich, dass sich das ändern würde.
Jacques wurmte es, keine wichtige Position bekleiden zu können. Der Abt hatte ihm genau das versprochen. Und hier war er wieder nur Befehlsempfänger, wie auf den Schiffen.
Aber er wusste, dass ihre Reise zum Ziel von Dawn und Dominik führte. Allein der Umstand, dass sie in so großer Begleitung reisten, bereitete ihm Kopfzerbrechen. Wie sollten sie es da schaffen, die Blutsauger zu töten. Er wünschte, der Abt würde eher in England eintreffen.
Nach der Besprechung verließ Jacques das Quartier der Jäger. Ihn zog es zum Hafen. Dort ging er zielstrebig zu einer jungen Dirne und feilschte um deren Liebesdienste.
Am nächsten Morgen fand man die Leiche des Mädchens, übel zugerichtet. Doch Jacques war längst auf dem Weg nach London. Denn die Jäger hatten falsche Informationen erhalten und gingen davon aus, dass die Gruppe London als Ziel hätte.
Als Dawn erwachte, war es noch dunkel auf den Straßen. Doch schlafen konnte sie nicht mehr, dazu war sie viel zu unruhig. Dominik stand am Fenster und sah nach draußen. Er wirkte nachdenklich und Dawn stand auf und gesellte sich zu ihm. Von hinten umfasste sie ihn und lehnte sich an ihn. Ohne ein Wort ergriff Dominik ihre Hände und hielt sie mit seinen umschlossen. So standen sie eine Weile und genossen die Stille der Nacht und Nähe des anderen.
»Ich hoffen es gibt auf der Reise keine Zwischenfälle. Ich hab ein ungutes Gefühl.« Dawn konnte nicht anders, diese Vorahnung wurde immer stärker.
»Liebes mach dir keine Sorgen. Du bist noch aufgewühlt wegen Jacques. Das Wiedersehen hat dir zugesetzt. Was soll passieren?«
»Es ist nur ein Gefühl, doch es liegt was in der Luft. Etwas das nichts Gutes verheißt. Ich kann es nicht beschreiben.«
»Du machst dir zu viele Sorgen. Es wird alles Gut. Und Jacques ist morgen wieder auf See.« Doch überzeugt war Dominik nicht von seinen Worten.
Dawn sagte nichts. Doch wie gern würde sie Dominik glauben.
Dominik drehte sich zu ihr um und nahm sie in die Arme. Durch das Nachthemd konnte er ihre Wärme spüren und musste tief einatmen. Wie gern würde er den störenden Stoff nun einfach von ihrem Körper reißen. Er vergrub das Gesicht in ihrem Haar.
Dawn bemerkte den inneren Kampf, den Dominik mit sich ausfocht. Sie ließ eine Hand unter sein Hemd gleiten und berührte die nackte Haut darunter. Dominik zuckte zusammen.
»Nein, Dawn. Nicht hier und nicht jetzt. Mach es mir nicht noch schwerer.«
Doch Dawn hörte nicht, wollte nicht hören. Sie küsste Dominik auf den Hals. Knabberte an der Haut dort und merkte, wie es in ihrem Schoß zu ziehen begann. Ihr Atem beschleunigte sich und ihre Hand wurde mutiger und machte sich an seinem Hemd zu schaffen. Sie wollte seine Haut spüren. Die Sorgen, die sie sich machte, traten in den Hintergrund, nur ihre wachsende Erregung beherrschte sie.
Dominik stöhnte auf und nestelte an ihrem Nachthemd herum. Dawn merkte, wie der Stoff an ihren Oberschenkeln hochglitt. Sie schob Dominiks Hemd hoch und wollte es ihm über den Kopf ziehen, doch er fasste nach ihren Händen und hielt sie fest.
»Ich sagte nicht hier und nicht jetzt. Bitte halte dich dran.« Seine Stimme klang schroff.
Das Nachthemd rutschte wieder runter und Dawn fühlte sich, als hätte er ihr Eiswasser ins Gesicht geschüttet.
Wut erfasste sie. Wie lange sollte sie warten? Sie begehrte ihn, wollte ihn spüren, wollte, dass er sie zur Frau machte. Doch er wies sie erneut ab.
»Wann Dominik, wann? Ich bin bemüht mich zu gedulden, doch es ist so schwer. Ich habe Gefühle und ich habe dieses Verlangen. Es erfasst mich und lässt mich an nichts anderes denken, als dir nahe zu sein.«
»Dawn ich will dich nicht bedrängen und ich will, dass wir uns damit Zeit lassen. Und mir ergeht es doch ähnlich. Ach Dawn ich weiß nicht weiter. Einerseits will ich dich schützen, andererseits will ich dich besitzen.«
»Dominik ich habe das Gefühl, uns läuft die Zeit davon.« Verzweifelt sah sie zu ihm auf.
»Außerdem gibt es etwas, über das wir sprechen müssen. Vorher möchte ich dir nicht zu nahe kommen.«
»Was müssen wir besprechen Dominik, dass du dich von Menschenblut ernährst? Dass du mittlerweile Jahrhunderte unter den Menschen weilst? Dass du nicht sterben kannst? Das alles weiß ich schon seit Jahren. Damals, als wir in Dauphin ankamen, weihte deine Schwester mich ein. «
Dominik trat einen Schritt zurück und sah Dawn entsetzt an. All die Jahre wusste sie, was er war und all die Jahre hatte sie geschwiegen.
»Liz.« Entfuhr es ihm.
»Ja Liz. Und komischerweise machte es mir nicht einmal Angst. Es war befremdlich es mir vorzustellen, doch geängstigt hatte es mich nie. Erst später begriff ich, dass es wegen meiner Gefühle zu dir so sein musste.«
»Dann siehst du, warum ich noch warten will, was mich abhält?«
»Ich seh vieles Dominik. Ich sehe auch, dass meine Zeit verstreicht, während deine angehalten wurde. Und ich bin nicht ewig an deiner Seite. Was mir am meisten Angst macht, ist die Tatsache, dass es für dich ein Leben nach mir gibt. Du kannst dir alle Zeit der Welt lassen, ich mir jedoch nicht. Jede Minute mit dir ist kostbar und vergänglich. So und nun lass mich alleine. Ich muss mich erst wieder beruhigen. Und möchte in Ruhe nachdenken.«
»Dawn, bitte.«
»Nein Dominik. Ich brauch nun etwas Zeit für mich. Du hast mich frei erzogen und nun leb damit. Und geh.«
Dawn drehte ihm demonstrativ den Rücken zu. Eigentlich wollte sie ihm nicht sagen, dass sie die Wahrheit über ihn kannte. Doch nun war es heraus. Dominik sah nicht begeistert aus, doch das war ihr gleich.
Dominik verließ das Zimmer und suchte seine Schwester. Wut braute sich in ihm zusammen. Wie konnte sie nur so leichtfertig mit seinem Geheimnis umgehen? Und dann auch noch Dawn gegenüber?
Nachdem er Liz im Gasthof nicht gefunden hatte, lief er zu den Stallungen und fand sie dort mit einem Stallburschen, der eng an sie geschmiegt schlief.
»Liz, komm mit sofort.« Sein herrischer Ton ließ keinen Widerspruch zu.
Liz reckte sich und sah ihren Bruder verständnislos an. Gemächlich wand sie sich aus der Umarmung des Burschen und schritt auf Dominik zu. Dessen Miene blieb unergründlich, obwohl in ihm die Wut brodelte.
»Nicki was gibt es denn?«
»Wir müssen reden sofort.«
Alarmiert versuchte Liz zu ergründen, warum ihr Bruder sie sprechen wollte, doch sie kam der Lösung nicht einen Schritt näher. So ging sie hinter Dominik her ins Freie. An einer Ecke, wo er sich unbeobachtet fühlte, drehte er sich zu ihr um. Wütend herrschte er sie an.
»Wann hasst du Dawn von unserer wahren Natur erzählt?« Nun war es heraus und Liz seufzte. Früher oder später musste er es erfahren. Nur war jetzt genau der unpassendste Moment.
»Kurz nach eurem Eintreffen in Frankreich. Hat Dawn dir endlich gesagt, dass sie eingeweiht ist? Und warum bist du jetzt wütend. Hat sie dich in Gefahr gebracht? Hat sie sich angstvoll vor dir zurück gezogen? Nein, weil sie dich liebt. Und was noch wichtiger ist, sie respektiert deine Art zu leben. Also erklär mir deine Wut. Denn lange überlegt hast du nicht. Ich vermute, Dawn hat es dir eben erzählt und du bist wieder wie ein wütender Stier auf sie los.«
Dominik klappte der Unterkiefer nach unten.
»Nein dazu hatte ich keine Gelegenheit. Sie hat mich fortgejagt. Doch warum konntest du nicht warten?«
»Weil sie die Wahrheit verdient hat. Und sie hat dich fortgejagt? Ich glaube die Kleine wird endlich erwachsen. Du bist ein Sturkopf, schlimmer noch als sie. Und ich wette, sie war wütend und hat dir alles einfach so an den Kopf geworfen.«
»Du kennst den Kodex, du hast bewusst dagegen verstoßen. Du hast sie in Gefahr gebracht.«
»Euer Kodex geht mich nichts an, das weißt du. Dawn war wegen ihrer Gefühle völlig durcheinander und ich hab es ihr erzählt. Sie hat ein Recht darauf, zu wissen, wen sie liebt. Und in Gefahr? Ich bitte dich. In Frankreich gibt es die vermaledeite Regel nicht, dass weißt du. Wenn sie einer in Gefahr bringt, bist du es durch euren Kodex. Denn sie weiß von den Jägern, von der Bedrohung und somit kann sie entsprechend reagieren.«
Dominik zog die Augenbrauen zusammen. Dawn wusste, was er war und sie hatte all die Jahre geschwiegen. Seine Schwester hielt sich nicht, an von ihm aufgestellte Regeln. Wie konnte er beiden vertrauen?
»Ich muss nachdenken. Ich weiß nicht, ob ich dir je wieder trauen kann. Dir mag der Kodex gleich sein, doch für uns ist er lebenswichtig. Er hat sich über Jahrhunderte bewährt.«
»Halt Dominik. Warte. Du wusstest, dass ich anders darüber denke. Sie war damals schon verliebt in dich und sie musste es wissen. Überleg doch mal, sie ging davon aus, dass du immer älter würdest und sie in deinen Augen immer das kleine Mädchen bleiben würde. Für sie war alles in dem Moment hoffnungslos. Dawn hatte etwas, woran sie festhalten konnte. Du alterst nicht und sie würde zur Frau werden und eine Chance erhalten. Ich habe ihr gesagt, dass du noch nie mit einer Frau länger zusammen warst. Doch ich denke, in ihrem sturen kleinen Kopf, hatte sie sich damals schon vorgenommen, dieses zu ändern. Und sie hatte sicher vermutet, dass du dir auch nicht sicher sein würdest. Dass sie nur die Zeit spielen lassen musste. Ich vermute, sie hat gespürt, dass in dir Zweifel tobten und das macht sie aus. Sie kann die Empfindungen der Menschen um sich herum lesen. Außerdem vertraute ich ihr damals schon und wusste, sie würde nie unser Geheimnis preisgeben.«
Obwohl er wusste, dass seine Schwester Recht hatte, war er gekränkt. Sie hätte es von ihm erfahren müssen. Doch irgendwie war er auch froh, dass Dawn sein Geheimnis kannte. Nur was jetzt? Würde sie bei ihm bleiben?
Würde sie ihn um die Ewigkeit bitten? Was ging in ihrem Kopf vor. Dass sie ihn liebt, war für ihn sicher. Doch würde er ihr gerecht werden? Wäre er bereit für die Ewigkeit mit ihr?
Er schüttelte missmutig den Kopf. Nein, darüber wollte er sich jetzt keine Gedanken machen, dazu gab es Wichtigeres. Alberts Nachfolge, die er zu erfüllen hatte, und die Jäger in England. Beides erforderte seine vollste Aufmerksamkeit.
Die nächsten Tage ging Dawn Dominik aus dem Weg. Wann immer er sich ihr näherte, drehte sie sich demonstrativ um. In der Kutsche saß sie neben Hazel und vermied es ihn anzusehen. Dominik versuchte gelassen zu bleiben, doch innerlich brodelte es in ihm. Nach allem Dawn so abweisend zu erleben, machte ihn wütend und betroffen. Und zudem fehlte sie ihm. Und endlich kurz vor Chester schaffte er es, sie alleine abzufangen.
»Bitte Dawn, wir müssen reden. So geht es nicht weiter.«
»Wie geht es nicht weiter? Ich gehe auf Abstand, damit wir beide nicht in Versuchung geführt werden. Du brauchst Zeit ich ebenfalls. Wenn du mich das nächste Mal küsst, dann solltest du den Mut haben, den nächsten Schritt zu tun. Und gewöhn dich daran, ich bin eine Frau und nicht länger dein Mündel.«
»Nun verhältst du dich wie ein Kind. Denn wenn ich nicht die Frau in dir sehen würde, glaubst du, ich hätte dich je geküsst. Glaubst du, ich würde deine Liebe zulassen? Ich versuche mich zu beherrschen und das nicht nur um dich zu schützen. Wenn wir beieinanderliegen, soll es etwas Besonderes sein. Ich will mir Zeit lassen dürfen, will wissen, dass du glücklich bist. Dich auf den höchsten Gipfel der Lust führen und mit dir gemeinsam Erlösung finden. Dazu ist ein Gasthof oder eine Scheune nicht gut genug. Das ist billig. Du bist alles, jedoch nicht billig. Mir fällt es schwer meine Beherrschung zu bewahren, schwerer als du dir vorstellen kannst. Nun weißt du auch, welches Monster in mir steckt. Was es für mich auch nicht einfacher macht.«
»Sag mir eins Dominik, liebst du mich? Liebst du mich ehrlich und wahrhaftig? Und bitte sei ehrlich!«
»Ich weiß nicht, was Liebe ist, ich weiß nicht, wie es sich anfühlt. Ich kann es dir nicht beantworten. Du bist wichtig für mich. Du bist die Frau, bei der ich mich sicher fühle. Du weckst Verlangen in mir, nicht nur nach deinem Körper. Ist das Liebe? Wenn ich es wüsste, bekämst du die Antwort. Solch ich weiß es nicht.«
»Gut, finde es heraus. Denn manchmal klingt es für mich, als versteckst du dich dahinter, die Liebe nicht zu kennen. Und eine letzte Frage. Du trinkst Blut, willst du meins auch? Liz sagte, dass ihr nicht tötet, so kannst du auch von mir trinken.«
»Nein, niemals. Dawn ich habe getötet. Damals, als wir vom Tode deiner Mutter erfuhren, gab es ein Mädchen, von dem ich öfter trank. Ich hatte mich nicht im Griff und tötete sie auf brutale Weise. Also werde ich nie von dir trinken, nicht so. Wenn ich meine Beherrschung verlieren würde und dich töten würde, ich könnte mir das nie verzeihen.«
»Wie alt war sie? Und wie kannst du so viele Geheimnisse vor mir haben. Ich liebe dich, doch scheine ich dich nicht genug zu kennen.«
»Sie muss 16 oder 17 gewesen sein. Sie hieß Beth. Bis zu der Nacht, in der ich sie tötete, wusste ich nicht einmal ihren Namen. Das machte es einfacher für mich.«
»Sie hatte ihr Leben noch vor sich, Dominik, genau, wie ich meins noch vor mir habe. Nur ich liebe jemanden, der nach mir weiter leben wird und ich gerate in Vergessenheit.«
»Nein das wirst du nicht.«
»Ich habe Alberts Tagebuch in London gelesen, welches seine erste Frau schrieb. Hast du ihn je über sie reden hören? Er hatte sie auch vergessen und lebte mit Hazel zusammen. Nach mir wird es wieder eine geben und nach ihr wieder eine.«
Tränen traten in ihre Augen. Diese Gedanken beschäftigten sie schon sehr lange. Die Vorstellung, dass es nach ihr weitere Frauen geben könnte, machte ihr zu schaffen.
»Er hat nie über sie gesprochen, weil sie immer in seinem Herzen verankert war. Hazel wusste von ihr. Sie wusste, dass er sie nie vergessen würde. Und sie wusste, dass ein wenig von der Liebe zu ihr überlebt hatte. Die Liebe zu Hazel war eine andere. Wann hast du es gelesen?«
»Damals in London, bevor wir nach Frankreich geflohen sind. Dumm, dass es offen in der Bibliothek stand. Zuerst dachte ich, es sei ein Vorfahre von Albert, um den es ging. Doch in Frankreich zählte ich eins und eins zusammen. Erst recht, als Liz mir alles erzählt hatte.«
»Wenn ich das geahnt hätte...« Erschrocken sah er sie an. Wenn Dawn damals gewusste hätte, was sie waren, hätte sie das Tagebuch mit anderen Augen gelesen.
»Dann hättest du mich verstoßen, wegen diesem Ehrenkodex. Doch ich habe nie etwas verraten. Und Angst hatte ich nie vor dir. Immer wusste ich, dass du mir nie etwas zuleide tun würdest. Ich vertraute dir bedingungslos.«
»Jetzt nicht mehr?«
»Ich weiß nicht Dominik. Du warst ja nie offen zu mir. Du hast immer deine Geheimnisse gehabt, und ob du mich liebst oder nicht, weiß ich auch nicht. Doch ich muss genau das wissen. Ich will die Sicherheit haben, dass du es ehrlich meinst. Ich will mein Herz nicht an jemanden verschenken, der mich von sich stößt und mich damit immer mehr verletzt.«
»Ich weiß es ja selbst nicht. Ich weiß nicht, wie sich Liebe anfühlt. Doch ich weiß, dass ich nicht will, dass dir etwas zustößt. Ich will, dass du glücklich bist. Dein Lachen ist das wichtigste.«
»Du wiederholst dich. Stell dir einfach ein Leben ohne mich vor. Versuch es wenigstens. Dann überleg, was es für dich bedeuten würde. Bitte Dominik ich brauche Zeit zum Nachdenken, lass mich alleine. Aber solltest du wissen, ob du mich liebst oder nicht, teile es mir mit.«
»Dawn, Liebste bitte ...« Er brauchte sie, doch war es nur eine Gewohnheit oder Liebe?
»Nein geh jetzt!«
Resigniert drehte Dominik sich um und ging. In der Schankstube setzte er sich an einen freien Tisch und dachte nach. War er wirklich so unberechenbar? Dawn war alles für ihn, nur woher soll er wissen, ob es Liebe ist? Wie wäre es, die Ewigkeit mit ihr zu verbringen? Die letzten Jahre waren abwechslungsreich. Dawn zu beobachten, wie sie zur Frau heranwuchs, war für ihn neu, da er nie Kontakt zu Kindern hatte. Doch nun war sie erwachsen, und wenn er sie wandelte, dann würde sie sich kaum noch verändern, dazulernen gewiss, doch nicht körperlich verändern. Wieder kamen Zweifel an seiner Beständigkeit zutage. Wenn Albert nun bei ihm wäre, würde er mit ihm über seine Misere reden, doch Albert war tot. Vielleicht sollte er mit Liz darüber reden. Sie kannte sowohl ihn als auch Dawn am besten.
Dawn stand am Fenster und blickte auf die Straße. Sie hatte Dominik ein Ultimatum gestellt. Sie fühlte sich im Recht. Dieses Hin und Her konnte so nicht weiter gehen. Zudem machte Dominik sie wütend, wenn er sie zurückstieß. Dawn seufzte, warum war alles so kompliziert? Zu allem kam der Zweifel an seiner Liebe zu ihr. Sie wusste ebenso wenig, wie Liebe sich anfühlt. In keinem Buch, das sie je gelesen hatte, fand sie eine Erklärung. Nur wenn er in ihrer Nähe war, fühlte sie sich komplett, kein Teil ihres Selbst fehlte dann. Wenn er sie liebte, musste es ihm doch ähnlich gehen? War dieses Glitzern in seinen Augen, wenn sie den Raum betrat, keine Liebe?
Sie bemerkte eine Berührung an ihrer Schulter.
»Dominik, ich habe dir alles gesagt. Lass mich einfach zufrieden.«
»Liebes ich bin es. Was ist zwischen euch vorgefallen? Dominik sitzt mit einer Grabesmine im Schankraum und starrt Löcher in die Luft. Ich dachte, ihr seid glücklich und habt euch ausgesprochen.«
Dawn drehte sich zu Liz um.
»Nichts ist ausgesprochen. Dominik stößt mich ständig von sich. Immer wenn wir uns nahekommen, zieht er sich plötzlich zurück. Ob er mich liebt oder nicht, weiß er nicht und ich auch nicht. Aber ich will so sehr, dass er mich liebt.«
»Dawn, bitte, du kannst nicht erwarten, dass er alles auf einmal nachholt, was er über 400 Jahre nicht an sich heranließ.«
»Doch kann ich, weil ich genauso wenig über die Liebe weiß. Weil ich weiß, wenn er bei mir ist, ist alles anders. Ich bin dann sicher, ich fühle mich als Ganzes. Ob ich das nun Liebe nennen kann, weiß ich auch nicht. Aber eins weiß ich, wenn ich daran denke, dass es ein Leben ohne ihn geben soll, wird mir angst. Ich will eine Ewigkeit mit ihm. Ich will seine Gefährtin sein. Ihn stützen und ihm so nahe sein, wie keine Frau vor mir. Und manchmal klingt es bei ihm, wie eine Ausrede, mir nicht nahe sein zu müssen, dass er sich nicht sicher ist. Ich nehme immer Rücksicht auf ihn, auf seine Ängste und seine Zweifel. So oft hat er mich verletzt, durch all das, doch ich halte aus. Doch so langsam muss er begreifen, dass ich es nicht ewig aushalten kann.«
»Und was will Dominik? Du betrachtest alles aus deiner Sicht, doch seine Sicht verlierst du dabei. Hab Geduld, ihm werden schon noch die Augen aufgehen. Und dann gehört er dir ganz. Was jeder Außenstehende sehen kann, erschließt sich ihm noch nicht. Er liebt dich, doch er ist ein Zweifler und kennt sich selbst am wenigsten.«
»Das ist mir grade gleich. Ich brauche Zeit für mich. Ich muss nachdenken. Das kann mir keiner verwehren.«
»Nein kann dir keiner. Nur denk nicht zu lange nach, sonst könnten die Folgen tragisch werden.«
»Wie meinst du das?«
»Dawn ich will dich nur warnen. Auch Dominik hat Gefühle. Und bei ihm sind sie ausgeprägter als bei euch Sterblichen.«
»Was willst du mir damit sagen?«
»Nicht viel Dawn, nur dass du vorsichtig sein solltest. Und nun komm, wir fahren bald weiter, da wir gegen Abend in Chester sein wollen. Damit drehte sie sich um und ließ eine nachdenkliche Dawn zurück. Wie sie nun aus dem Dilemma rauskommen sollte, wusste sie nicht. Vielleicht war sie zu ungeduldig, doch sie beschloss, Dominik noch ein wenig zappeln zu lassen. Und solange konnte sie nach einer Lösung suchen.
Liz trat zu ihrem Bruder.
»Die Kutscher sind informiert. In einer Stunde brechen wir auf. Ich bin froh, wenn wir auf dem Gut sind. Ich bin es überdrüssig in einer Kutsche zu sitzen und möchte keine weitere Nacht auf einer verlausten Strohmatte verbringen.«
»Wenn das deine einzigen Sorgen sind, kann ich dir mit meinen aushelfen Schwesterherz.«
»Oh Nicki sei nicht so deprimiert. Die Jäger machen mir ebenfalls Gedanken, aber nicht hauptsächlich. Bisher verlief die Reise ohne Zwischenfälle. Doch dich plagt noch etwas anderes und rede dich nicht raus, ich habe mit Dawn geredet und ihr nahe gelegt, dich nicht so unter Druck zu setzen.«
»Liz sie hat doch auf eine Art Recht. Ich bin unsicher, was meine Gefühle angeht. Ist es denn so falsch, dass ich sie schützen will, es mit Bedacht mit ihr wagen
will. Ich möchte bei ihr eben nichts überstürzten. Und ich möchte, dass sie sich von mir geliebt fühlt. Doch wie stell ich das an? Was muss ich tun?«
Liz lachte auf. Am liebsten hätte sie ihn einen Fausthieb verpasst. Das sollte seine ganze Sorge sein? Etwas falsch zu machen?
»Nicki du bist seit über 500 Jahren auf der Welt, handelst bedacht, wenn es um die Clans geht, manchmal schon zu vernünftig. Jedoch bei Frauen bist du kopflos. Hör einfach auf Dawn wie ein Kind zu behandeln. Sie ist eine Frau mit Begehren und Leidenschaft. Sie will dich als Mann nicht als Vater und am wenigsten will sie deinen Schutz. Dein Ansinnen ist ehrenvoll, doch fehl am Platz. Sie will die Ewigkeit mir dir. Und für sie gibt es keinen anderen Mann. Sie will dich ganz oder gar nicht, selbst wenn sie daran zerbricht. Wenn du wissen willst, was du empfindest, stell dir vor, Dawn wäre tot.«
Amüsiert beobachtete sie die Reaktion auf ihre Worte. Dominik hob den Kopf und blickte sie mit einer Mischung aus Angst und Wut an.
»Das sagte mir Dawn so ähnlich. Ich solle mir ein Leben ohne sie vorstellen, doch wenn das geschähe, hätte nichts mehr einen Sinn. Wozu eine Ewigkeit leben, wenn ich es ohne Dawn tun müsste?«
Liz schmunzelte. Nun mein Lieber, denk nach, dachte sie. Laut sagte sie: «Bruderherz du hast dir die Antwort gerade selbst gegeben.«
Verständnislos sah Dominik seine Schwester an, doch deren Mine blieb unergründlich. Was meinte sie? Wie durfte es das verstehen? Frauen dachte er resigniert, warum konnten sie nicht seine Sprache sprechen?
Liz lächelte ihn an und zuckte mit den Schultern. »Denk einfach nach Bruderherz. Du hast dir gerade selber die Antwort auf all deine Fragen gegeben. Doch nun sollten wir pqacken. Heute ist der letzte Reisetag und ich will ihn nicht länger als nötig herauszögern.«
Dominik nickte. Doch weiter kam er nicht bei seinem Problem. Ein Leben ohne Dawn war undenkbar. Doch war das Liebe?
Als alle später in der Kutsche saßen, sah Dawn demonstrativ aus dem Fenster. Auf dem engen Raum fühlte sie sich unwohl. Dominik saß ihr gegenüber und versuchte immer wieder ihren Blick zu erhaschen. Doch wenn sie ihn verstohlen betrachtete, zeigte seine Miene keinerlei Regung.
Hazel saß neben ihm und je näher sie dem Gut kamen, desto fahriger wurden ihre Bewegungen. Dawn hatte sich fest vorgenommen, sich um ihre alte Freundin zu kümmern. Insgeheim befürchtete sie, dass Hazel den Verstand verlor. Alberts Tod hatte ihr sehr zugesetzt und Dawn hatte die ganze Reise befürchtet, dass Hazel einen weiteren Tobsuchtsanfall bekäme. Doch zum Glück blieb Hazel gefasst. Doch, was geschah, wenn sie das Gut erreichten, konnte keiner vorhersehen.
Dawn versuchte, sich das Bild des Gutes ins Gedächtnis zu rufen. Doch ihr vielen nur Einzelheiten ein. Der Hof, der Stall, ihr altes Zimmer im Haupthaus und der Raum, in dem sie ihre Kindheit verbracht hatte. In dem ihre Eltern mit ihr und ihrem Bruder lebte, in dem es immer nach Schweiß, Bier und schimmeligem Essen gerochen hatte. Dort wo ihr Vater ihre Mutter zu Tode geprügelt hatte. Ein Schauer kroch über ihren Rücken. Einige Erinnerungen wollte sie ruhen lassen.
»Ist dir kalt? Du zitterst.«
Dominiks Stimme riss sie aus ihren Gedanken.
»Nein eigentlich nicht. Ich hatte mich gerade an einiges erinnert. Der Verschlag, in dem unsere Familie lebte und das, was dort geschehen ist.«
»Ich verstehe, was du meinst.« Dominiks Stimme klang mitfühlend und er streckte die Hand aus, um ihre zu ergreifen. Doch Dawn zog ihre hastig zurück. Resigniert blickte nun Dominik zu Liz, doch diese zuckte nur mit den Schultern. Ihr Blick schien zu sagen, denk nach, du weißt die Lösung. Missmutig lehnte er sich zurück. Frauen, dachte er, nie durchschaut man sie ganz.
Liz dachte im Traum nicht daran, ihm auf die Sprünge zu helfen. Er musste von selbst darauf kommen, dass er Dawn über alles liebte. Für jeden war es offensichtlich, nur er selbst war blind.
Schließlich war er der Ältere und bei dem was noch vor ihm lag, konnte sie ihm nicht in allem beistehen. Dazu brauchte er die Rückendeckung von Dawn.
Der Rest der Fahrt verlief weiter ohne Zwischenfälle. Nur dieses betonte Schweigen wirkte bedrückend auf die Reisenden.
Und endlich rollten die Kutschen auf den Hof des Gutes. Dawn kniff die Augen zusammen. Alles war beim Alten geblieben. Auf dem Hof spielten Kinder im Schnee. Obwohl es erst Januar war, herrschte immer reges Treiben auf dem Hof. Stallburschen eilten herbei, um sich den erschöpften Pferden anzunehmen. Suchend blickte Dawn sich um, doch sie erspähte kein bekanntes Gesicht. Ob sich im Haus etwas verändert hatte, fragte sie sich. Immerhin waren fast sieben Jahre seit ihrem Aufenthalt hier vergangen. Trotzdem fühlte sie sich nicht wohl. Hier hatte sie ihre Kindheit verbracht, doch zu Hause war sie in Frankreich. Dort war sie glücklich gewesen. All diese schrecklichen Dinge ihrer Kindheit hatte sie dort vergessen können. Doch nun stürmten die Erinnerungen auf sie ein. Tränen traten in ihre Augen.
»Ich möchte zum Grab meiner Mutter.«
»Sicher Liebes, ich werde dem Verwalter Bescheid geben, dass er uns hinführt. Doch lass uns erst ins Haus gehen.«
Dominik beugte sich zu Dawn und sah ihr in die Augen. Schmerz lag darin und er ahnte, dass die Erinnerungen sie überwältigten. Diesmal wich sie seinem Blick nicht aus, sondern sah ihn offen an.
»Ich begleite dich natürlich, wie beim letzten Mal.«
»Bitte nicht. Ich möchte alleine dort hin. Ich muss eine Weile mit ihr alleine sein.«
Dominik senkte gekränkt den Kopf.
»Gut, wie du meinst.« Sagte er fast schroff. Er war immer ihr Vertrauter gewesen und er glaubte zu spüren, dass diese Band zwischen ihnen Risse bekam.
Dawn wollte aus einem anderen Grund alleine zu ihrer Mutter ans Grab. Sie hatte Angst, dass sie den Anblick nicht ertrug und dass Dominik sich mal wieder genötigt fühlte, sie aufzufangen. Doch sie wollte sich nicht immer auf ihn stützen müssen. Sie wollte erwachsen sein, wollte als Frau gesehen werden.
Sie würde es ihm erklären. Wenn sie sich gefasst hatte. Doch im Moment war sie zu aufgewühlt, um mit dem Gefühlschaos zurechtzukommen.
Sie wollte Dominik ihre Hand auf den Arm legen, doch er zog ihn blitzschnell weg.
Frustriert stieg Dawn aus der Kutsche aus, die mittlerweile vor dem Haupthaus zum Stehen gekommen war. Eilig erklomm sie die Treppe, um ins Haus zu gelangen.
In der Halle warteten die Bediensteten und erfreut erkannte Dawn einige bekannte Gesichter. So auch den Koch, der sie immer in der Küche geduldet hatte.
»Miss Dawn, willkommen zu Hause.« Sein volltönender Bass und sein Lächeln waren tröstlich für sie.
»Vielen Dank. Ich bin froh vertraute Gesichter zu sehen.«
Hinter ihr ertönte ein Rascheln von Stoff.
»Sagen sie bitte meinem Mann, dass wir angekommen sind. So wie ich ihn kenne, brütet er immer noch über seinen Verträgen.«
Betreten blickte der Koch zu Boden. Dawn runzelte die Stirn, da Hazel jeden Bezug zur Realität verloren zu haben schien.
»Hazel komm mit zum Verwalter, ich möchte an das Grab meiner Mutter. Und vielleicht zeigst du mir auch das Grab von Albert. Ich möchte Abschied nehmen.«
Hazels Kopf ruckte zu ihr herum und in dem Blick, den sie Dawn zuwarf, lag etwas Angsteinflößendes.
»Was redest du da, Alberts Grab? Gestern Nacht war er noch bei mir und heute Morgen ist er geradewegs in sein Arbeitszimmer, um Verträge zu unterzeichnen. Du leidest an Wahnvorstellungen Liebes. Das muss von den Anstrengungen der Reise herrühren.«
Dawn begriff, dass Hazel sich einer Traumwelt befand.
»Hazel begleitest du mich trotzdem zum Verwalter. Das Grab meiner Mutter habe ich seit Jahren nicht besucht?«
»Nein ich geh Albert suchen. Er fehlt mir.«
Bevor Dawn reagieren konnte, eilte Hazel davon. Es musste was geschehen, Hazel musste geholfen werden.
Unbemerkt war Dominik dazu gekommen und nickte ihr zu.
»Geh ruhig, ich kümmere mich um sie.«
Damit eilte er Hazel hinterher. Er hatte versöhnlich geklungen. Vielleicht war ihm seine Reaktion in der Kutsche unangenehm.
Erstaunt registrierte Dawn, dass die Dienstboten Hazel fast ängstlich hinterhersahen. Was war geschehen? Hazel war immer beliebt und die anderen mochten ihre fröhliche Art. Ob es mit Alberts Tod zusammenhing? Dawn beschloss, dem auf den Grund zu gehen. Am Anfang in Dauphin hatte keiner etwas von Hazels Ausbrüchen geahnt. Sie wirkte normal und erst auf der Reise kam es immer wieder dazu, dass Hazel nach Albert suchte. Doch nicht jetzt wollte sie sich darum Gedanken machen, sie hatte vor das Grab ihrer Mutter aufzusuchen. Hinter ihr wurde das Gepäck von den Stallburschen in das obere Stockwerk geschafft. Auch darum musste sie sich später kümmern. Vor der Tür des Verwalters holte sie tief Luft und klopfte an. Er konnte ihr sicher sagen, ob das Grab unverändert an der gleichen Stelle geblieben ist.
»Herein«, tönte es von drinnen.
Zaghaft betrat sie das Büro. Das bekannte gutmütige Gesicht des Verwalters blickte ihr entgegen, und als er sie erkannte, überzog ein strahlendes Lächeln sein Gesicht.
Er war in die Jahre gekommen, sein Haar war schütterer geworden, seine Hände zitterten leicht, was Dawn auf sein Alter schob.
»Miss Dawn! Sind sie das wirklich? Himmel aus ihnen ist eine Dame geworden. Was kann ich für sie tun? Ist Mister Dominik ebenfalls hier? Meine Güte entschuldigen sie die Unordnung. Doch seit Mister Alberts Ableben liegt einiges im Argen.«
»Danke Mr. Jackson. Ja Dominik ist ebenfalls hier. Ich möchte nur fragen, ob das Grab meiner Mutter noch existiert. Und unordentlich ist es hier nicht.«
»Ja sicher es befindet sich an Ort und Stelle. Keiner hat die letzte Ruhe ihrer Mutter gestört. Und wir haben das Grab, angemessen dem Stand ihrer Mutter, gepflegt. Möchten sie, dass ich sie begleite. Es ist ja bereits dunkel.«
»Nein machen sie sich keine Umstände und ich nehme einen Kerzenleuchter mit. Doch vielen Dank für ihr Angebot. Und wenn sie Hilfe bei den Papieren benötigen, sagen sie Bescheid. Ich habe mit Dominiks Schwester die Papiere ihres Gutes geordnet.«
»Gerne ich sehe nicht mehr so gut und da ist jede Hilfe willkommen. Mrs. Montgomery hatte zu viel um die Ohren, um sich darum auch zu kümmern. Alberts Begräbnis. Dann ihre Abreise nach Frankreich. Nun liegt einiges herum, was dringend aufgearbeitet werden muss.«
»Gut dann werde ich mich morgen früh hier einfinden und gemeinsam werden wir das in Angriff nehmen. Doch nun möchte ich zum Grab.«
Dawn lächelte ihm zu und machte sich auf den Weg.
Was er damit meinte, angemessen dem Stand ihrer Mutter entsprechend. Ihre Familie war bettelarm gewesen.
Schnell fand sie das Grab und stockte. Als sie das letzte Mal hier gewesen war, stand nur ein einfaches Holzkreuz mit dem Namen ihrer Mutter auf dem Grab. Nun stand ein lebensgroßer Engel mit einem Grabstein an seiner Seite. Beides aus blendenweißem Marmor. Auf dem Grabstein stand in goldenen Lettern der Name ihrer Mutter. Albert hatte sein Wort gehalten. Er hatte sich selbst nach ihrem Tod um sie gekümmert. Tränen rollten über Dawns Wangen.
Das vergesse ich dir nie, dachte sie, ich werde mich genauso um Hazel kümmern. Sie trat an den Grabstein und legte eine Hand auf ihn. Mummy, dachte sie, ich wünschte, Du könntest mich sehen und ich könnte mit dir über meine Sorgen reden. Doch ihre Gedanken, ihr Flehen blieb ungehört.
Sie wandte sich an das Grab neben dem ihrer Mutter. Es war frischer. »Albert Montgomery«, stand auf dem Grabstein und zusätzlich »In ewiger Liebe, Hazel«.
Dawn fragte sich, ob auch auf ihrem Grab eine Inschrift zu lesen sein würde? In ewiger Liebe Dominik? Doch dazu müsste er sie ja lieben. Tat er das? Sie wusste es nicht. Im Gegensatz zu ihm war sie sich sicher. Sie wollte die Ewigkeit mit ihm. Dieser Wunsch hatte sich auf der Reise hierher immer mehr manifestiert. Sie wollte eine Vampirin werden, wollte Dominik fragen, ob er sie wandelt. Wenn er es ihr verweigerte, würde sie doch Liz fragen, angeboten hatte sie es ihr schon mal. Und ansonsten blieb noch eine Lösung. Genug Vampire waren ja auf dem Gut. Dann wäre sie ihm ebenbürtig.Nie wieder würde er sie wie ein Kind behandeln. Seinen Schutz bräuchte sie dann nicht mehr. Sie atmete tief ein und beschloss auf die Suche nach Liz zu gehen. Lange wollte sie nicht warten, bis zu ihrer Wandlung.
Sie fühlte sich erleichtert. Zu lange hatte ihr der Mut gefehlt ihren Entschluß wahr zu machen. Nun wollte sie es so schnell als möglich. Und je eher sie gewandelt wurde, desto besser. Erst wenn sie ein Vampir wäre, würde ihre Liebe zu Dominik eine Chance bekommen.
Sofort stieg ihre Laune und beschwingt machte sie sich auf den Rückweg.
Einen letzten Gedanken sandte sie ihrer Mutter zu: Verzeih, doch ich liebe Dominik mehr als alles andere. Und so bekomme ich ihn für immer.
Zuerst ging sie ins Arbeitszimmer in der Hoffnung Liz dort zu finden, doch es war leer.
Fieberhaft überlegte sie, wo sie sein könnte und beschloss nach oben zu gehen.
Es wäre gut möglich, dass Liz dort war. Denn wenn es um ihre Kleider ging, war sie pedantisch. Ein falscher Handgriff des Hausmädchens beim Auspacken der Koffer, und eine Katastrophe bräche aus. Dawn grinste, Liz liebte ihre Kleider über alles.
Auf dem Weg zum Gästezimmer, in dem sie Liz vermutete, kam sie an ihrem alten vorbei. Verwundert stellte sie fest, dass die Tür geöffnet war und Liz dort dem Mädchen Anweisungen gab, wo die Kleider hinsortiert werden sollten. Verwirrt zog Dawn die Augenbrauen zusammen, denn es waren Liz´ Gaderobe.
»Oh Dawn Liebes, ich habe mir erlaubt, deine Garderobe in Dominiks Zimmer bringen zu lassen. Bis zu eurer Hochzeit ist es nicht mehr lange und dann bist du sowieso in seinem Gemach.« Verschmitzt zwinkerte Liz ihr zu.
An das Hausmädchen gewandt sagte sie: »Ich denke, du kommst nun alleine zurecht. Ich muss mit Miss Dawn einiges bereden.«
Sie ergriff die Hand der verdutzten Dawn und zog diese auf den Flur.
»Liz das geht doch nicht. Dominiks Zimmer! Er ist sicher nicht erpicht mit mir in einem Bett zu schlafen.«
»Liebes du kennst ihn immer noch nicht. Es war seine Idee und zudem wird er kaum anwesend sein. Da wir heute einige Ratsmitglieder hier erwarten. Und seine Anwesenheit von Nöten ist. Und er meinte, deine alte Kammer sei für mich genau richtig.«
»Das bedeutet, ich bin sowieso alleine?«
»Gewissermaßen schon. Doch hör mir zu. Es fehlt ihm nur ein kleiner Wink, um sich seiner Gefühle bewusst zu werden. Er hat Angst davor, dich zu verlieren.«
»Wie meinst du das?«
»Er ist blind, was seine Emotionen angeht und etwas verwirrt. Eine Zukunft ohne dich ist für ihn unvorstellbar. Das sagte er mir so. Nur er sieht nicht, dass es Liebe ist.«
»Derzeit bin ich mir nicht sicher, ob ich ihm so nahe sein will. Doch ich habe einen Plan, denn ich will, dass er mich endlich als ebenbürtig sieht. Ich bin kein Kind mehr und er sieht es leider nicht.«
»Welchen Plan Liebes?« Ein ungutes Gefühl machte sich in Liz breit und sie vertraute ihren Instinkten.
»Ich will Dominik bitten mich zu wandeln. Wenn er sich weigert, dann frage ich einen von deinen Gefolgsmännern, oder wenn du es willst, bitte ich dich. Nur dann muss er mich nicht mehr schützen.«
Liz Mine verfinsterte sich. Sie kannte ihren Bruder und der Plan hatte eine gewaltige Schwachstelle. Obwohl sie es Dawn angeboten hatte, wusste sie jetzt, dass es der falsche Weg wäre. Dominik würde völlig anders reagieren.
»Wenn du jemand anderen darum bittest, wirst du Dominik verlieren. Derjenige, der wandelt, trinkt nicht nur das Blut, sondern auch der andere muss das Blut seines »Vampirvaters-, oder Mutter« trinken. Das ist etwas Intimes, was Dominik als Betrug auffassen würde. Und das wäre für ihn ein Schlag ins Gesicht. Ja ich weiß ich habe es dir angeboten. Doch damals wusste ich nicht, wie tief mein Bruder für dich empfindet.«
»Hmm, das verstehe ich nicht. Es ist keine Liebe, die ich jemandem anderen gebe.«
»Nein das nicht. Doch du gestattest jemandem anderen dir so nahe zu kommen, wie es nur ein Liebhaber kann. Und du trinkst das Blut des anderen. Frag Dominik und lass ihm Zeit die Entscheidung zu treffen. Er wird einsehen, dass es dein fester Wille ist und am ende wird er dir den Wunsch erfüllen. Doch frage niemanden sonst. Und ich hoffe, du weißt, dass es Konsequenzen hat. Du wirst nie eine Familie mit eigenen Kindern haben, wirst immer in der jetzigen Form eingefroren sein. Nie wirst du altern. Das kann auch ein Fluch sein.«
»Ich weiß, doch es heißt auch, ich werde für immer an Dominiks Seite sein. Mit ihm ewig zusammen sein.«
Dazu sagte Liz nichts. Selbst bei Vampiren waren Liebschaften für die Ewigkeit nicht garantiert. Doch das sagte sie Dawn nicht.
»Bitte Dawn mach keinen Fehler. Du wirst ihn mehr als bitter bereuen.«
Dawns Mut sank. Unsicherheit erfasst sie, b sie nicht vorschnell handelte. Dominik könnte ihr den Wunsch verweigern. Und wenn Liz Recht hatte, wäre sie damit zum Leben verdammt. Ihre gemeinsame Zeit wäre nicht mehr unbegrenzt, sondern durch ihre Sterblichkeit begrenzt. Und wieder tauchte das Bild von Dominik an ihrem Grab vor ihrem geistigen Auge auf. Fröstelnd zog sie die Schultern hoch.
»Liz was mache ich, sollte Dominik sich weigern?«
»Dann sag ihm, dass seine Weigerung einen Preis hat. Er hat Angst vor einer Zukunft ohne dich, spiel das aus.«
»Das ist auch meine Angst. Ich sehe ihn an meinem Grab stehen.«
»Liebes ist es eine Vision?«
Liz wurde hellhörig.
»Nein es ist ein Bild und eher eine Fantasie. Wie kommst du darauf, dass ich Visionen hätte?«
»Es gibt Menschen mit seltenen Gaben und es hätte doch sein können, dass du solche besitzt.«
»Nein sicher nicht, nur eine blühende Fantasie. Visionen hatte ich nie.«
Dawn lachte auf, der Gedanke war absurd.
»Ich bin nun mal ohne besondere Begabungen.«
»Dawn du hat Talente und du hast Herz. Das macht dich besonders.«
Lächelnd sah Liz ihre Freundin an. Seit ihrer Kindheit machte Dawn sich klein. Dominik meinte, das läge an ihrem Elternhaus. Ihr Vater hatte ihr beigebracht, dass sie dumm sei und zu nichts zu gebrauchen. Das war nicht aus ihrem Kopf zu bekommen. Es saß sehr tief, leider.
»Und nun lass uns nach unten zum Abendessen gehen. Du hast sicher Hunger.«
Liz hatte Recht, Dawns Magen gab eindeutige Geräusche von sich, die sie bisher ignoriert hatte.
Im Esszimmer herrschte reges Treiben, da alle Mitreisenden anwesend waren. Doch ein paar der Gesichter waren Dawn unbekannt. Liz hielt Dawn am Arm zurück. Auch sie hatte bemerkt, dass einige Fremde anwesend waren.
»Warte Dawn. Es sind Ratsmitglieder hier und ich denke, es wäre besser, du nimmst dein Abendessen in eurem Zimmer ein.«
Dominik kam eilig zu ihnen herüber und stellte sich vor Dawn, so dass diese vor den Blicken der Anwesenden im Raum geschützt war.
»Liebste Liz hat Recht, es ist besser, du gehst umgehend nach oben. Es könnte gefährlich sein, hier zu bleiben. Du bist der einzige Mensch im Raum.«
»Domink was kann denn schon geschehen? Die meisten kenne ich von der Reise. Und die Restlichen möchte ich gerne kennen lernen.« Dawn versuchte an Dominik vorbei zu sehen, doch er versperrte ihr den Blick.
»Dawn es geht nicht. Der Kodex sagt aus, dass kein Mensch von unserer Existenz wissen darf. Das könnte deinen Tod bedeuten. Du weißt eindeutig zu viel.« Dominiks Stimme war streng, das kannte Dawn nicht an ihm. So hatte er noch nie zu ihr gesprochen. Verdutzt sah sie ihn an. Doch seine Mine blieb hart.
»Bitte geh. Wir reden später.« Sie musste so schnell wie möglich hier raus. Selbst ihr Geruch konnte sie verraten.
»Gut, doch ob ich reden will, kann ich dir nicht versprechen. Du behandelst mich wieder mal wie ein Kind. Mittlerweile bin ich nicht einmal sicher, ob es so gut war, Frankreich zu verlassen. Auf dem Gut war ich glücklich. Hier bin ich es nicht.«
Dominik wusste, dass sie wütend war, doch es war ihm gleich, ihre Sicherheit ging vor.
»Bitte wie du meinst. Geh nun nach oben. Dein Abendessen wird dir gebracht. Und solltest du müde sein, schlaf! Wann ich nach oben komme, kann ich nicht sagen, da einiges zu bereden ist. Warte nicht auf mich.«
Dominik ließ Dawn stehen und ging. In dem Moment wusste Dawn, wie kindisch sie sich verhalten hatte.
»Oh Liz, nun ist er wütend und ich bin schuld. Warum muss alles so kompliziert sein?«
Damit drehte Dawn sich um und eilte die Treppe hinauf. Seufzend sah Liz ihr nach. Da war er wieder Dawns unverbesserlicher Trotz. Das machte es Dominik nicht gerade einfach. Es ging immer nur um ihre Sicherheit. Immerhin war der Rat der Grund, warum er mit ihr, nach Frankreich geflohen war. Und wenn sie nun erfuhren, dass sie hier war, konnte das böse enden. Zudem gab es da noch den verflixten Kodex, der eine sofortige Wandlung Dawns verlangen würde. Sicher käme es Dawn recht. Nur dann könnte es passieren, dass sie einem Clan zugeteilt würde, und der dortige Clananführer ihre Wandlung übernehmen würde. Das käme einer Katastrophe gleich.
»Ich bringe ihr gleich ihr Essen auf Zimmer. Meistens verfliegt ihr Trotz schneller, als er gekommen ist.«
Als Dawn davon geeilt war, war Dominik an die Seite seiner Schwester getreten. Liz nickte ihm zu, doch sie konnte sich einen bissigen Kommentar nicht verkneifen. Auch wenn Dominik recht hatte, so war sein Verhalten nicht in Ordnung.
»Musstest du sie nun so abkanzeln? Ihr beide macht es euch nicht einfach.«
»Ich weiß, doch sie macht mich mit ihrem Kindskopf wütend. Und ich wollte keinen Streit vom Zaun brechen. Nicht hier und nicht jetzt.«
»Wann ist zwischen euch mal nicht alles so kompliziert? Es ist müßig, euch jedes Mal versöhnlich zu stimmen.«
»Ich weiß es nicht. Für mich ist es nicht einfach. Manchmal macht sie mich wütend, und dann möchte ich ihr so nahe sein wie nie zuvor. Es ist verzwickt.«
»Geh zu ihr und nimm dir Zeit für sie. Ich vertrete dich hier.«
»Danke, du bist ein Engel.«
»Vorsicht Bruderherz, wenn ich böse werde, setz ich dich als Alberts Nachfolger ab.«
Leise lachte er. Liz war nicht im Geringsten an den englischen Clans interessiert. Sie hatte mit denen auf dem Festland genug zu tun.
Er ließ Brot und eine Teller Suppe auf ein Tablett bereitstellen und ging nach oben.
Dawn betrat Dominiks Zimmer und blieb unschlüssig mitten im Raum stehen. Das Bett sah frisch bezogen aus und es roch nach Sommerblumen. Und das mitten im Winter. Sie erinnerte sich noch, als sie zum ersten Mal hier war. Alles roch nach Dominik, herb und holzig. Doch nun war sein Geruch fort. Sie trat ans Bett und strich mit der Hand über eins der Kissen. Ein Lächeln überflog ihre Züge. Als Mädchen war sie in sein Bett gekrabbelt und hatte sich an ihn gekuschelt. Am Anfang war es schwer alleine in einem Zimmer zu schlafen, da sie bei ihren Eltern nie alleine war. Zuerst duldete er es, doch dann trug er sie nachts zurück in ihr Bett und schließlich untersagte er es ihr. Ein Stich durchzog ihr Herz. Er stieß sie damals vor den Kopf, denn dabei gedacht hatte sie sich nie etwas. Doch nun sollte sie ihm nachts nahe sein. Ein Kribbeln jagte ihre Wirbelsäule runter. Doch gleichzeitig erfasste sie Angst. Plötzlich fiel ihr der Vorfall mit Jacques wieder ein. Wie er versuchte, sich ihr gewaltsam zu nähern. Wie er ihr unter den Rock fasste. Sie schüttelte den Kopf, da bestand kein Vergleich. Wenn Dominik sie küsste, oder berührte, dann schmolz sie dahin, wollte mehr und wollte ihn, während sie Jacques nie gewollt hatte. Mehr als Freundschaft empfand sie nie, bis er diese zerstört hatte. Schon der Gedanke Jacques körperlich nahe zu sein, jagte ihr einen Angstschauer über den Rücken. Er sah gut aus und manchen Frau verfiel ihm, doch Dawn sah in ihm immer noch den kleinen Schiffsjungen, der sie auf ihrer ersten Reise mit Seemannsgarn unterhalten hatte. Nein Dominik war ihre Liebe und blieb es für immer.
Leise klopfte es an der Tür und Dawn schrak aus ihren Gedanken.
»Ja bitte.«
Die Tür öffnete sich und Dominik trat ein. Er balancierte ein Tablett vor sich her und Dawn zog der Duft von Suppe und frischem Brot in die Nase.
»Oh ich dachte, eines der Mädchen bringt mir mein Essen.«
»Nein ich meinte, es wäre für dich schön, wenn ich es bringen würde. Zudem sollten wir ein paar Augenblicke für uns sein.« Er wollte sich mit ihr versöhnen.
»Warum, damit du mich wieder wegstoßen kannst?« Dawns Trotz flammte wieder auf.
»Liebstes ich möchte die wenige Zeit, die ich habe, mit dir verbringen. Sie wird knapp genug sein.«
»Dominik es verletzt mich, wenn du mich wie ein Kind behandelst. Wenn du mich ständig beschützen willst. Selbst vor dir beschützt du mich. Doch ich bin eine Frau und will dich. Und ich möchte deinen Schutz nicht.«
Dominik grinste sie an und Dawn wusste, er dachte an die Szene von vorhin.
»Eben war aber das kleine Mädchen wieder da, mit all seinem Trotz.«
Dawn verdrehte die Augen.
»Ja ich weiß und es tut mir leid. Doch ich war so wütend.«
»Liebling, wir haben eine lange Reise hinter uns. Es war anstrengend. Ich wollte nun mal warten, bis wir hier sind und dich nicht in einem Gasthaus nehmen. Es wäre mir zu einfach gewesen. Doch nun möchte ich dir erst mal beim Essen Gesellschaft leisten.«
»Vorher möchte ich wissen, ob du dich weiter zurückhältst.«
»Alles zu seiner Zeit, doch ich will mir Zeit lassen können. Es soll für dich unvergesslich werden und darum werde ich nichts überstürzten.«
»Also doch.« Dawn zog einen Flunsch.
»Nein nicht also doch. Im Moment ist es eher unwahrscheinlich, dass ich vor Morgengrauen hier sein werde. Und ich möchte eine ganze Nacht dazu Zeit haben, nicht bloß eine kleine Weile. Und glaub mir, es kostet mich Beherrschung, zu warten.«
»Dominik liebst du mich, hast du darüber nachgedacht?« Nun war es heraus. Dawn sah ihn teils erwartungsvoll teils ängstlich an. So direkt wollte sie ihn nicht fragen, doch ihre Zunge gehorchte ihr nicht.
Dominik holte tief Luft und Dawns Zuversicht sank.
»Ja Dawn ich liebe dich. Ich hab lange nachgedacht, was Liebe bedeutet. Und für mich bedeutet sie, nie mehr ohne dich sein zu müssen. Dich als meine Stütze und meine Frau an meiner Seite zu wissen.«
»Eine Ewigkeit?« Dawn schlug die Augen nieder. Nun kam es drauf an. Wollte er die Ewigkeit, oder nur die ihr als Mensch begrenzte Zeit.
»Ich weiß, was du meinst. Doch willst du eine Ewigkeit mit mir?«
»Dominik ich will es. Ich hab ebenfalls lange nachgedacht und heute den Entschluss gefasst, die Ewigkeit ist nicht lange genug. Du bist alles für mich. Und nun stell bitte dieses verdammte Tablett ab.«
»Hast du Hunger?« Süffisant lächelnd tat er, wie ihm geheißen.
Doch statt einer Antwort kam Dawn langsam zu ihm und er blickte ihr erwartungsvoll entgegen.
Sie umfing seinen Nacken und zog seinen Kopf zu sich, bis ihr Mund dicht an seinem Ohr war.
»Nein Dominik ich küsse dich nicht. Doch wehe, wenn du mich wegstößt. Wehe, wenn du es wagst, mich altern zu lassen. Ich bin zu allem bereit. An deiner Seite, mit dir. Und lass mich nicht allzu lange warten. Denn es könnte sein, dass ich dann nicht mehr lange warte.«
»Droh mir nicht. Doch ich werde dich nicht lange warten lassen. Nur will ich den richtigen Zeitpunkt. Du sollst in meinen Armen sterben und in meinen Armen wieder geboren werden.«
»Ich habe ein Bild vor Augen, welches mir Angst einflößt. Ich sehe dich an meinem Grab stehen.«
»Das wird nicht geschehen. Und ich werde dich sicher nicht mehr lange warten lassen. Doch nun solltest du essen, sonst könnte dieses Bild vielleicht real werden, wenn du eines Hungertodes gestorben bist.« Leise lachte er, da Dawn entsetzt die Augen aufriss.
Ergeben setzte Dawn sich an den Tisch und löffelte lustlos ihre Suppe. Dominik saß ihr gegenüber und betrachtete sie nachdenklich. Ja er würde sie zu einer der ihren machen. Denn ohne Dawn wäre eine Zukunft für ihn undenkbar. Doch er wollte, dass auch dieses Erlebnis etwas Besonderes für sie beide würde. Er hatte noch nie einen Menschen gewandelt, Dawn wäre der Erste. Er hoffte, dass die Ratssitzungen nicht zu viel Zeit in Anspruch nehmen würden. Und vor allem das die Mitglieder nicht zu lange auf dem Gut verweilen würden. Dawn wäre einer unnötigen Gefahr ausgesetzt.
Gesättigt lehnte Dawn sich zurück und gähnte herzhaft. Die Reise saß ihr in den Knochen und sie freute sich auf das weiche warme Bett.
»Müde mein Herz?«
»Ja und ich freue mich darauf, endlich in einem richtigen Bett zu schlafen.«
Ohne ein Wort stand Dominik auf und hob Dawn auf seine Arme.
Dawn legte die Arme um seinen Hals und schmiegte ihren Kopf an seine Schulter.
»Dieses Zimmer riecht nicht mehr nach dir. Dabei liebe ich deinen Geruch so sehr.«
»Hmm, nur den Geruch?« Dominiks Stimme klang rau.
»Nein nicht nur den Geruch.«
Am Bett stellte er Dawn auf die Füße und umfing sie. Sein Mund legte sich auf ihren und Dawn war mit einem Schlag hellwach. Ein Schauer rieselte über ihre Haut und zog sich in ihrer Mitte zusammen. Mit den Händen durchwühlte sie Dominiks Haar und presste ihren Körper an seinen.
Als seine Hände sich an den Ösen des Kleides zu schaffen machten, zog sie erregt die Luft durch die Nase ein. Sie zerrte sein Hemd aus dem Hosenbund und fuhr mit den Händen über die Haut seines Rückens.
Mit einem leisen Rascheln fiel ihr Kleid zu Boden. Ehe sie es sich versah, lag sie auf dem Bett und Dominik neben ihr, er löste die Schnüre ihres Korsetts und warf es achtlos zu Boden. Seine Hände fuhren über den Stoff des Unterkleides, umfassten ihre Brust und sein Mund wanderte zu ihrem Hals. Leise stöhnte Dawn auf. Ihre Haut stand in Flammen ihr Denken hatte ausgesetzt. Sie wollte nur eins, ihn auf ihrer Haut spüren. Sie zog ihm sein Hemd über den Kopf und sah ihn schweratmend an. Bitte, dachte sie, lass diesen Moment nicht enden.
Doch Dominik dachte nicht daran, aufzuhören. Er hatte die Kontrolle über sein Handeln längst verloren. All die Worte, die er vorher gesagt hatte, verblassten. Nun wollte er Dawn, wollte sie ganz. Nun beherrschte ihn Leidenschaft. Es befreite Dawn vom Rest ihrer Wäsche und blickte sie ehrfurchtsvoll an. Nackt stand sie vor ihm und ihr Atem ging schnell. Mit einer Hand strich er von ihrem Schlüsselbein zu ihrem Nabel und registrierte ihr Erschauern. Wieder suchte sein Mund den ihren und er drängte sie zum Bett. Sie glitt auf die Matratze und er legte sich neben sie. Mit der Hand erforschte er ihr Haut. An ihrem Nabel vorbei weiter hinunter schob er sie und registrierte ihr Erschauern. Seine Hand strich über das flauschige Haar ihrer Scham und hielt kurz inne. Doch Dawn hob erwartungsvoll ihr Becken an und stöhnte leise in seinen Mund. Ihre Nägel kratzten leicht über die Haut seines Rückens und sie drängte sich Dominik weiter entgegen. Ihr Körper schrie nach Erfüllung ihrer Lust. Doch Dominik ließ sich Zeit, erforschte ihre Weiblichkeit und steigerte ihre Erregung ins Unermessliche. Dawn wollte mehr und ließ es ihn spüren sie nestelte an seinem Hosenbund und streifte sie ihm von den Hüften, doch er zog sich zurück, wollte sie seine Erregung nicht spüren lassen. Sein Mund löste sich von ihrem und er küsste die zarte Haut ihres Halses. Liebkoste mit der Zunge die Stelle, unter der die Schlagader verlockend pulsierte. Nicht zuzubeißen, kostete ihn einiges an Beherrschung. Dafür war es zu früh. Er schob sachte einen Finger in ihr Innerstes und entlockte ihr so einen leisen Schrei. Dawn fühlte, wie sich in ihr etwas aufstaute, das nach Erfüllung verlangte. Kleine Schweißperlen glitzerten auf ihrer Haut und ihr Becken schob sich rhythmisch Dominiks Finger entgegen. Dann erfasste sie eine Welle und sie ließ sich forttreiben, hielt den Atem an und ihr Körper versteifte sich. Die Welt hörte auf zu existieren und Dawn presste eine Hand auf ihren Mund. Langsam zog Dominik seine Finger aus ihrem Eingang und strich mit der Hand über ihre erhitze Haut. Dawn fühlte eine seltsame Trägheit durch ihre Glieder steigen. Doch dann rollte Dominik seinen Körper auf ihren und liebkoste ihren Mund mit zarten Bissen. Erneut entflammte Leidenschaft in ihr und sie umfing seine Schultern. Doch er löste sich aus ihrem Griff und begann ihre Haut bis zum Nabel zu küssen. Mit seiner Zunge hinterließ er eine glitzernde Spur und Dawn meinte, unter seinem Mund vergehen zu müssen. Er bahnte sich einen Weg zum Zentrum, ihrer Lust und reizte sie mit der Spitze seiner Zunge. Sie schwebte erneut davon und eine Welle brach über sie herein. Bevor diese endgültig abebbte, war er wieder ganz über ihr und seine Männlichkeit berührte ihren Eingang. Dawn zuckte zusammen, doch dann entspannte sie sich und ließ ihn gewähren. Als er langsam in sie eindrang, erschauerte sie, er füllte ihr Innerstes aus und dieses Gefühl ließ sie leise Wimmern. Sie wollte ihn ganz und drängte ihr Becken seinem entgegen, doch Dominik zog sich zurück und glitt erneut in sie. Das wiederholte er, bis Dawn wieder dem Höhepunkt nahe war. Es war anstrengend für ihn, da sie ihn wie eine Zwinge umfing, doch er wollte ihr nicht allzu große Schmerzen bereiten. Dann holte er aus und stieß kraftvoll in sie. Er spürte den Widerstand, der mit einem Reißen nachgab, und verharrte regungslos. Dawn wimmerte nun vor Schmerz und versuchte Dominik wegzustoßen.
»Scht, Liebste warte. Es wird gleich besser.« Er küsste die Träne fort, die sich aus ihrem Augenwinkel stahl, und fing langsam an sich in ihr zu bewegen. Sein Mund verschloss ihren und seine Zunge drang in ihre Mundhöhle ein. Als der Schmerz nachließ, bewegte Dawn sich automatisch im selben Rhythmus und ihre Lust kehrte zurück. Nun waren sie eins, bewegten sich im gleichen Takt und ließen sich gemeinsam von der Welle erfassen. Stärker als zuvor riss diese Dawn mit sich und ein Schrei löste sich von ihren Lippen. Dominik bäumte sich auf und umfasste ihre Hüften, um tiefer in sie dringen zu können. Die Welt um beide versank und Dawn Nägel gruben sich in die Haut seines Rückens. Immer höher trug die Welle sie und dann sackten beide erschöpft zurück. Schwer lag Dominik auf ihr und sie atmete seinen Duft ein.
»Hmm, ich dachte, du wolltest dir Zeit lassen.«
»Liebste ich bin auch nur ein Mann und auch ich habe Grenzen. Die waren erreicht. Habe ich dir sehr weh getan?«
»Ein wenig, doch all der Schmerz kann dieses Glück nicht aufwiegen. Ich liebe dich mehr als zuvor und warum hast du mich so lange warten lassen? Warum hast du mir das vorenthalten?«
»Weil es perfekt für dich sein sollte. Hier bist du zu Hause und das ist der angemessene Ort.«
Dominik rollte von ihr herunter und zog sie an sich. Nackt mit immer noch erhitzter Haut lag sie an ihn geschmiegt in seinen Armen.
»Dawn, ich möchte dich nicht nur zu einer von uns machen, ich möchte dich zu meiner Frau machen. Willst du mich heiraten?«
»Ja, das will ich von ganzem Herzen. Doch erst wenn ich unsterblich bin.«
»Sicher mein Herz. Denn ich will eine friedliche Hochzeit, ohne die Angst vor den Jägern, die dir al Mensch mehr schaden könnten.«
Zufrieden kuschelte sich Dawn enger an Dominik. Eine bleierne Müdigkeit hatte sie erfasst und ihre Lider wurden schwer. Sie würde unsterblich sein und sie würde Dominiks Gefährtin. Seufzend schloss sie die Augen. Ein paar Augenblicke später war sie eingeschlafen. Dominik lauschte ihrem gleichmäßigen Atemzügen und hielt sie an sich gedrückt. All seine Sinne waren auf Dawn gerichtet und er nahm ihren Geruch, ihren Atem ihren Herzschlag und ihre leichten Bewegungen überdeutlich war.
Sie gehörte ihm für immer, das war ihm klar. Ein leises Klopfen an der Tür zerstörte diesen wertvollen Moment.
»Nicki, der Rat ist vollständig.« Liz flüsterte, doch er vernahm jedes Wort.
»Warte ich komme sofort.« Vorsichtig schob er die schlafende Dawn beiseite und schwang die Beine aus dem Bett.
Nachdem er sich angekleidet hatte, huschte er durch die Tür auf den Flur, wo ihn Liz erwartete.
»Wo bleibst du so lange? Der Rat ist anwesend und man erwartet dich.«
»Ich wollte ein wenig Zeit mit Dawn verbringen die nächste Zeit wird turbulent. Da wird sie sich oft alleine fühlen.«
»Mit ihr alleine, so, so. Ich hab ihren Schrei gehört. Ich denke ich weiß, was geschehen ist.« Süffisant lächelt sie ihn an.
»Oh Liz, ja Herrgottsnochmal, es ist genau das und eigentlich wollte ich noch etwas warten, doch ihr Anblick und das Gefühl endlich angekommen zu sein, taten ihr übriges.«
Liz kicherte.
»Du musst dich nicht rechtfertigen, Dawn hatte es sich so lange schon gewünscht. Und du hast dir Zeit genug gelassen.«
Dominik sah seine Schwester betreten an, dennoch war ihm unwohl nun nach unten zu gehen. Wenn Dawn aufwacht, ohne ihn an ihrer Seite, wäre es sicher verstörend.
»Wenn sie aufwacht, wird sie sich alleine fühlen.«
»Nicki, sie ist eine Frau und kein Kind. Sie weiß, dass du den Rat erwartest. Und sie ist schlau genug, eins und eins zusammenzuzählen.«
Seufzend folgt er seiner Schwester. Sie hatte ja Recht. Im Arbeitszimmer stand der Rest des Rates, vollzählig.
Einige der ihren waren nicht mehr, den Jägern zum Opfer gefallen. Die Clans waren dezimiert worden.
Cynwrig trat zu ihm. Dominik lächelte ihm entgegen, doch der Urvampir zeigte selten Gefühle, außer es ging um seine Gefährtin Louisa. Da wurde er weich.
»Wir haben uns lange Zeit nicht gesehen Dominik! Ich denke, du bist neugierig, was in deiner Abwesenheit geschehen ist.«
»Sicher, doch ich verzichte auf Unwesentliches. Einzig die Jäger interessieren mich und was wir gegen sie unternehmen können.«
»Wie geht es dem Menschenkind? Lebt es noch?«
Dominik zuckte zusammen. Dawn war der Grund für seine Flucht aus England nach Frankreich gewesen. Damals musste er befürchten, dass der Rat Dawns Tod fordern würde. Cynwrig empfahl ihm damals, zu fliehen.
»Ja sie lebt und ist hier. Doch ich habe eine Bitte, kann ich dich kurz unter vier Augen sprechen?«
»Hmm, wenn du es wünschst.«
Dominik spürte das Misstrauen des Alten, doch er brauchte jemanden, der integer war.
Gemeinsam gingen sie in das Esszimmer.
»Cynwrig, zwischen uns herrschte nie Freundschaft, geschweige denn Sympathie. Doch ich respektiere dich und weiß, dass du in brenzligen Situationen einen kühlen Kopf bewahrst. Zudem sind dir die Ränkespiele des Rates egal. Deshalb brauche ich dich als meinen Ratgeber. Manche Dinge will und kann ich nicht alleine entscheiden. Nimmst du mein Angebot an?«
Erwartungsvoll sah er ihn an. Er hätte Liz fragen können, doch sie war dem Rat fremd und Cynwrig wurde respektiert. Vor allem ihm widersetzte sich kaum einer. So hoffte Dominik sich den Rücken frei halten zu können, wenn er Entscheidungen treffen musste, die dem Rat nicht passten.
»Du weißt, ich bleibe lieber im Hintergrund. Deshalb bitte ich dich, lass mir Zeit zu überlegen.«
Dominik nickte.
»Gut ich gebe dir Zeit. Nur bitte nicht zu lange. Die falschen Schlangen im Rat schnappen mit Sicherheit nach mir. Und ich möchte die Clans nicht entzweit wissen, wegen ihrer Uneinigkeit. Nur sei dir sicher, ich werde nun mit harter Hand durchgreifen. Ich hab mir einen Plan zurechtgelegt und ich brauche jede Unterstützung.«
»Es geht um die Jäger. Gut dann berichte ich, was ich weiß. Zuletzt konzentrierten sich ihr Aktivitäten in Sussex. Dort schafften sie es, fast den ganzen Clan von Michael auszulöschen. Michael und seine engsten Vertrauten konnten fliehen und verschanzen sich nun bei John in Callander bei Stirling. Von deiner alten Freundin Isi hat man nur selten gehört nun nach Alberts Tod versucht sie in London die Macht an sich zu reißen. Sam wiegelte in meinem Clan meine Leute auf, zumindest versuchte er es. Er fiel fast den Jägern zum Opfer und kuscht nun wie ein Welpe. Seid Alberts Tod, versuchen die Ratsmitglieder sich gegenseitig in neuen Plänen zu übertreffen, um die Macht an sich zu reißen. Durch diese Kleinkriege verlieren wir die Jäger aus den Augen und werden angreifbar. Wir brauchen eine Führung und dich müssen sie akzeptieren. Albert hat dich zu seinem Nachfolger ernannt und das immer wieder betont. Selbst als dein Aufenthaltsort unbekannt war, doch ich gehe davon aus, Albert wusste es.«
»Ja er wusste es, schließlich verband uns eine lange Freundschaft und er liebte Dawn genauso wie Hazel.«
»Und nun ist sie hier bei dir?«
»Ja und bald wird sie meine Gefährtin. Nur möchte ich erst die wichtigsten Dinge erledigt wissen.«
»Du meinst, du machst sie zu einer von uns?«
»Cynwrig sie weiß, was ich bin und das schon lange. In Frankreich lehnt man den Kodex, wie wir ihn kennen, ab. Meine Schwester hatte es ihr erzählt, als wir ankamen. Nicht mal ich wusste, dass sie eingeweiht war. All die Jahre hat sie es verschwiegen.«
»Sie weiß von unserer Existenz. Du solltest genau das für dich behalten. Im Moment neigt der Rat zu hysterischen Kurzschlusshandlungen. Es könnte gefährlich für euch beide werden.«
»Ich werde vorsichtig sein und bis zu ihrer Wandlung wird sie keinen Kontakt mit dem Rat haben.«
»Denkst du, das gelingt dir. Du wirst den Rat öfter im Haus haben, als dir lieb ist. Die meisten sind verängstigt, oder werden dich in Zweifel ziehen wollen, oder sehen in dir den Heilbringer, der sie beschützen kann. Das geht am Besten, wenn sie dich unter Beobachtung stellen. Willst du meine ehrliche Meinung hören?«
Dominik war unbehaglich zumute, doch er nickte stumm.
»Du hättest sie wandeln sollen, bevor ihr hier ankamt. So bringst du nur euch beide in Gefahr.«
Unwillig sah Dominik Cynwrig in die Augen.
»Ich werde sie wandeln, wenn ich die Zeit für angemessen halte. Sie ist etwas sehr Besonderes und sie gewaltsam zu wandeln steht mir nicht zu. Meine Wandlung war nicht erfreulich, doch ihre soll ihren freien Willen nicht in Frage stellen. Sie hat mich heute gebeten und nun muss ich den richtigen Zeitpunkt abwarten.«
»Sicher musst du das Selbst entscheiden ich wollte dich nur warnen. Die Zeiten haben sich geändert. Die Clans sind ein einziges Pulverfass.«
»Die Zeiten ändern sich immer. Doch ich werde vorsichtig sein. Doch nun lass uns den Rat begrüßen.«
Als sie ins Arbeitszimmer kamen, blickten ihnen erwartungsvolle Augenpaare entgegen.
Dominik stellte sich neben Cynwrig und sah in die Runde.
»Ich grüße euch. Ich, Dominik Chauvet, beanspruche den obersten Sitz im Rat, so wie es von Albert Montgomery festgelegt wurde. Ich habe Cynwrig gebeten, mein Stellvertreter zu werden. Doch dieser bat sich Bedenkzeit aus.« Er verlieh seiner Stimme Nachdruck. Niemand sollte seine Autorität in Frage stellen können. Die Pläne hier nicht lange zu verweilen, waren vergessen. Er war zu Hause und nun wollte er die Clans sichern.
Christopher trat nach vorne und baute sich vor Dominik auf. Ihm war der Clan in Wales unterstellt. Eigentlich war er jemand, der seinen Frieden wollte und der sich immer im Hintergrund hielt. Umso erstaunter war Dominik über seine Worte.
»Du warst lange fort und somit sehe ich deinen Anspruch auf die Führung verwirkt. Wir sollten jemanden aus unserer Mitte bestimmen, der sich loyal verhalten hatte und nicht davonläuft.«
Cynwrig griff ein, ehe Dominik etwas erwidern konnte.
»Christopher, wir wissen alle, wen du im Sinn hast. Doch Albert hat Dominik zu seinem Nachfolger bestimmt. Der Kodex lässt uns hier keinen Spielraum. Und wenn wir den Kodex verraten, geben wir uns ganz auf.«
Liz trat vor und Dominik hielt den Atem an. Seine Schwester konnte sehr aufbrausend werden und hielt den Kodex für veraltet.
»Euer Kodex ist euer Untergang. Wir auf dem Festland halten es anders. Wir haben menschliche Verbündete. Welche die freiwillig ihr Blut hergeben und welche die uns mit Informationen versorgen. Wir kämpfen auch gegen Jäger, doch unsere Verluste halten sich in Grenzen. Ihr müsst anfangen umzudenken, denn sonst werdet ihr hier in Großbritannien ausgelöscht. Wir sind dem Abt auf der Spur, der die Jäger anführt, der nächste Schritt wird sein, einen Spion einzuschleusen, der bis zu ihm durchdringt.«
Gemurmel und einige zornige Stimmen waren zu vernehmen. Ein Vampir meldete sich zu Wort.
»Das ist die Leichtgläubigkeit einer Frau. Der Kodex hält uns seit Jahrhunderten am Leben. Und Menschen, die uns freiwillig Blut geben, haben wir in den Bluthäusern. Wenn wir den Kodex nun abschaffen, wird das unser Ende sein. Frauen sollten keine Clans anführen dürfen. Sie verstehen nichts von Politik.«
Fauchend fuhr Liz herum.
»In meinem Rat sind sowohl Männer als auch Frauen und als wir beschlossen den Kodes abzuschaffen, war der Beschluss einstimmig. Und der Vorschlag das zu tun, kam von einem Mann. Und wenn ihr so verbohrt und engstirnig gegen den Fortschritt arbeitet, werden euch die Festlandclans nicht unterstützen. Wir sind zu einer Zusammenarbeit bereit, doch ihr müsst euch öffnen. Wir wollen Sicherheit für unsere menschlichen Verbündeten. Und zu euren Bluthäusern: Wie naiv seid ihr? Denkt einer von euch ernsthaft, es fällt nicht auf, das ihr willige Menschen in ein Haus pfercht? Wo bleibt da euer Kodex, keinen Menschen einzuweihen?«
Sie bebte vor Wut und ihre Fänge waren ausgefahren. Dominik hatte so etwas befürchtet. Nun lag es an ihm wieder Ruhe in die Sitzung, zu bringen. Sonst verhärteten sich die Fronten und die Zusammenarbeit wäre nicht möglich. Doch auch er wusste, dass sie hier die Erfahrungen der Festlandvampire brauchten. Und trotz all seine Skepsis klang Liz´ Plan vernünftig.
»Bitte beruhigt euch. Die Idee Spione einzuschleusen, könnte uns sehr wertvolle Informationen verschaffen. Vor allem wären wir ihnen so einen Schritt voraus. Denn egal, was sie planen wir wüssten es sofort. Und jeder hier wird verstehen, dass es unsinnig wäre, Vampire einzuschleusen. Ich habe die letzten Jahre auf dem gut meiner Schwester verbracht und auch ihre menschlichen verbündeten kennen gelernt. Von ihnen ging nie Gefahr aus.«
»Die Idee mit der Infiltrierung könnte ebenso von den Jägern kommen. Sollten sie einen menschlichen Spion bei uns einschleusen, wäre unser Untergang besiegelt. Das ist mir zu gefährlich.Und die Bluthäuser stehen im Übrigen nur den Ärmsten zur Verfügung. Sie erhalten Geld von uns.«
Spöttisch lachte Liz auf.
»Ihr habt menschliche Diener. Wundern die sich nicht, dass ihr kaum Nahrung zu euch nehmt, dass eure Ehen kinderlos bleiben und dass euer Aussehen sich nicht verändert? Und ihr bezahlt für Blut? Und die Ärmsten? Es wird Zeit, dass man euch Vernunft eintrichtert. Wenn die Ärmsten ein besseres Angebot erhalten, werden euere Bluthäuser bald von Jägern überlaufen.«
Cynwrig war nun hervorgetreten und Dominik blickte diesen erstaunt an. Das hätte er nun nicht erwartet. Denn gerade der Urvampir war der Konservativste unter ihnen.
Alle sahen ihn an und Cynwrig blickte seinerseits zu Dominik. Mit einem leichten Nicken gab er ihm zu verstehen, dass er nun dran sei.
»Wir müssen anfangen umzudenken. Denn die Verluste waren hier um vieles höher als auf dem Festland, wo die Vampire den Kodex verändert haben.«
Der Vampir, der eben noch Kritik geübt hatte, nickte nun.
»Gut so sei es. Und was gedenkt ihr, noch zu tun? Die Jäger sind eine Plage und ich befürchte, wir werden neue Vampire rekrutieren müssen, um unsere Verluste aufzufangen. Die Clans werden dadurch geschwächt. Einmal der Verlust erfahrener Vampire und dann die Unberechenbarkeit der Jungvampire. Doch eine andere Möglichkeit sehe ich derzeit nicht.«
Ein Raunen erfüllte den Raum. Cynwrig hob die Hand und sorgte somit für Ruhe.
»Dominik hat mich gebeten sein Stellvertreter zu werden und ich nehme diese Aufgabe nun an. Wenn es um die Rekrutierung von Vampiren geht, bitte ich hier Vorsicht walten zu lassen. Bedenkt bitte, dass die Menschen ihre Angehörigen vermissen und somit Gerüchte aufkämen, die die Jäger erst recht auf unsere Fährte bringen würden. Wir sollten mit Bedacht vorgehen. Und wir sollten die Festlandvampire einbeziehen. Liz hat länger Erfahrung mit den Jägern und wird uns weiterhelfen. Wenn wir jetzt kopflos handeln, bringt uns das zusätzlich in Gefahr. Das nächste was ich einfordere, ist eine Überarbeitung des Kodex und die Schließung der Bluthäuser. Bisher wusste ich von diesen nichts, sonst hätte ich es schon früher gefordert. Und ich geben gerade dazu Liz in allen Punkten Recht. Es war nicht sehr weitsichtig und weit davon entfernt, vernünftig zu sein. Wir werden Liz vollen Zugang gewähren und sie zu Raten ziehen. Solange ist sie ein Ehrenmitglied des Rates.«
Er sah Liz an und nickte. Somit hatte Cynwrig sich offen auf ihre Seite geschlagen. Dominik nickte ihm zu und Liz ergriff das Wort.
»Wie ich erwähnte, es ist sinnvoll die Jäger durch Verbündete zu infiltrieren. Vor allem hier muss es einen Anführer geben, der Anweisungen vom Festland erhält.«
»Dass sie mit den Jägern auf dem Festland etwas zu tun haben, wage ich zu bezweifeln.« Fiel einer der Vampire ein.
»Doch genau so ist es. Im Hafen sind immer wieder Jäger gesehen worden, die auf Schiffen nach England fuhren. Einige kamen zurück, einige nicht.« Liz blickte den Vampir feindselig an.
»Wer sagt denn, dass sie als Jäger unterwegs waren?«
»Denkst du, sie waren geschäftlich hier? Vielleicht um englische Wolle zu kaufen?« Liz Stimme troff vor Ironie und Zorn. Sie mochte diesen Vampir immer weniger. Wie konnte er nur so blauäugig sein?
»Sicher wäre das möglich.«
Dominik griff ein, denn Liz holte gerade Luft, um zum Gegenschlag auszuholen.
»Das finden wir nur heraus, wenn wir es schaffen die Jäger hier auszuspionieren. Und dazu brauchen wir Verbündete. Uns haben einige Menschen aus Frankreich herbegleitet, doch diese fallen auf, weil sie kein Englisch sprechen. Also müssen wir uns ansässige Verbündete suchen.«
»Wie willst du das machen?« Der Vampir zog die Stirn kraus.
»Das lass meine Sorge sein«, mischte sich Liz ein, »ich werde sie aussuchen und glaubt mir, wer sich nicht als vertrauenswürdig erweist, hat sein Leben verspielt. So funktioniert es seit mehr als hundert Jahren in Frankreich.«
Damit schienen sich alle zufriedenzugeben. Liz nickte in die Runde und stellte sich zu Dominik. Dieser atmete erleichtert auf. Das lief besser, als erwartet. Den Rest der Versammlung wurden die neusten Berichte und Verlustmeldungen bekannt gegeben. Dominik war entsetzt, wie leicht es den Jägern gemacht wurde. In Frankreich gab es nur vereinzelte Übergriffe auf alleinlebende Vampire. Doch hier wurden ganze Clans ausgelöscht. Dem musste Einhalt geboten werden. Die Vampire lebten eigentlich friedlich und unerkannt unter den Menschen, und es wurden schon lange keine Menschen mehr getötet. Der Kodex verlangte, dass nur so viel Blut getrunken wurde, wie nötig war. Es wurde diskutiert und beratschlagt und schließlich einigten sich alle darauf, den Rat öfter einzuberufen. Neuigkeiten gingen zu schnell verloren, wenn jeder Clan für sich blieb und der Rat nur sporadisch zusammenkam.
Als alle gegangen waren, fuhr Dominik sich durchs Haar. »Dass es so schlimm aussieht, hätte ich nicht gedacht.«
Liz legte ihm die Hand auf die Schulter.
»Ihr seit zu sehr mit der Einhaltung des Kodexes beschäftigt gewesen. Und mit eurer Selbstüberschätzung. Ich werde hier helfen. Die Jäger werden nicht mehr lange ein Problem sein.«
»Hoffentlich. So viele unserer Art sind tot und die Jäger scheinen sich zu vermehren.«
»Hmm, mag sein. Doch nun ist es wichtig, mehr über sie herauszufinden. Ich werde morgen eine Depesche nach Frankreich schicken und Anweisungen geben, dass die Häfen beobachtet werden. Ich will wissen, welcher Jäger nach England reist und welcher das Festland aufsucht.«
»Ja das wird das Beste sein. Ich werde mit Cynwrig in den Norden reisen, um die Clans dort aufzufordern, mit uns gegen die Jäger vorzugehen. Von den schottischen Clans war heute keiner da und vielleicht wissen sie mehr.«
»Nimmst du Dawn mit?«
»Liz, ich würde sie in Gefahr bringen. Hier ist sie sicherer.«
»Oh dann mach dich auf einen Streit gefasst. Sie wird dich nicht alleine gehen lassen wollen.«
»Ich weiß, doch ich muss alleine gehen.«
»Viel Erfolg Bruderherz.« Ein verschmitztes Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht. Das würde turbulent werden. Doch Dominik hatte recht. Hier auf dem Gut war Dawn in Sicherheit. Einerseits vor den Jägern, andererseits vor den Vampiren im Norden. Dort herrschten rauere Sitten. Die Clans dort waren widerwillig in den Bund eingetreten und köchelten ihr eigenes Süppchen. Doch das war in Zukunft so nicht mehr möglich.
»Eine Bitte habe ich an dich. Wenn ich weg bin, sorg dafür, dass Dawn keine Dummheiten macht. Ich möchte, dass sie sicher ist. Und ihr Temperament lässt sie oft unüberlegt handeln.«
»Nicki ich kenne Dawn nicht erst seit gestern. Und ich weiß, was zu tun ist. Also sieh zu, dass ihr bei den Clans im Norden etwas erreicht. Und nun entschuldige mich, ich möchte zu Bett. Endlich in einem Bett schlafen, welches nicht in einem Gasthof steht.« Liz küsste ihn leicht auf die Wange und verließ das Arbeitszimmer.
Dominik trat ans Fenster und blickte gedankenverloren in die Nacht. In Frankreich war alles in Ordnung gewesen. Dawn und er waren glücklich und er lernte seine Gefühle kennen. Doch nun musste er sich auf die Rettung der Vampire konzentrieren. Und er befürchtete, dass die Verantwortung fast allein bei ihm lag. Von den Clanoberhäuptern konnte er keine große Hilfe erwarten. Seufzend wandte er sich um. Es verblieben ihm nur ein paar Stunden ehe, er aufbrechen musste. Diese wollte er bei Dawn verbringen. Er löschte die Kerzen und machte sich auf den Weg in sein Zimmer.
Dawn lag eingerollt, wie eine Katze im Bett und lächelte. Versonnen betrachtete er sie. Dieses Bild würde er für die Ewigkeit festhalten. Schnell entledigte er sich seiner Kleider und schlüpfte zu Dawn unter die Decke. Sie murmelte etwas und er zog sie an seine Brust.
»Hmm, wie war die Ratszusammenkunft?«
»Gut Liebling, doch nun schlaf weiter.«
Doch Dawn, die mit dem Rücken zu ihm lag, drehte sich zu ihm und küsste ihn. Ihre Hände fuhren durch sein Haar und ihr nackter Körper presste sich an ihn. Dominik rollte auf den Rücken und zog Dawn mit sich. Er fuhr mit der Zunge sachte über ihre Unterlippe. Leise stöhnte sie auf. Mit seinen Händen zog er ihre Schenkel an seine Seite und presste seine Erregung in ihren Schoß. Dawn kam ihm entgegen und er drang in sie ein. Mit den Händen dirigierte er die Bewegung ihres Beckens. Dawn richtete sich auf und saß schließlich rittlings auf ihm. Gemeinsam fanden sie einen Rhythmus, der sie in ungeahnte Höhen trieb. Die Welt versank um sie und eine Welle schwappte über ihnen zusammen. Dawn schlug eine Hand vor den Mund und zuckte unkontrolliert. Dominik ergoss sich in ihr und hielt ihre Hüfte umklammert, so dass sie zu keiner Bewegung fähig war.
Dominik zog sie zu sich herunter und umfasste ihre bebenden Schultern. Ihr Atem ging stoßweise und sie zitterte leicht.
»Ist dir kalt, mein Herz?«
»Nein ganz und gar nicht. Ich bin so unsagbar glücklich und ich liebe dich so sehr.«
»Hmm, ich dich auch meine Schöne. Doch nun sollten wir den Rest der Nacht ruhen.«
»Erst möchte ich dich etwas fragen. Etwas über das ich die ganze Zeit schon nachdenken muss. Du sagtest, ihr tötet keine Menschen und trinkt nur so viel Blut, wie nötig ist. Ich will, dass du von mir trinkst. Der Gedanke, dass du von einer anderen trinkst, macht mich rasend. Willst du das für mich tun? Und du musst keine A ngst haben, mir weh zu tun. Das würdest du nie.«
»Liebste, oft reicht es nicht, wenn wir von einem Menschen trinken. Wenn ich auf die Jagd gehe, kann es vorkommen, dass ich mehrere Menschen brauche. Und ich habe Angst, dass ich bei dir die Beherrschung verlieren könnte.«
»Dominik ich will doch von dir gewandelt werden. Also wenn du die Beherrschung verlierst, wandelst du mich.«
»Dawn ich bin auch ab morgen eine Zeitlang nicht hier. Und unterwegs werde ich jagen müssen.«
»Dann begleite ich dich eben.«
»Nein das geht nicht. Die Clans im Norden sind anders, du wärst in Gefahr. Mehr och als hier.«
»Dann wandel mich jetzt und nimm mich mit.«
»Dawn bitte werde nicht kindisch. Es geht nicht, deine Blutgier wäre ein ernstes Problem und würde uns aufhalten. Und ich werde dich zu einer von uns machen, wenn die Zeit reif ist.«
»Wer entscheidet, wann die Zeit reif ist? Du?«
»Ja ich. Mach mich nicht wütend. Im Moment habe ich einiges zu erledigen und die Zeit ist denkbar ungünstig für deine Wandlung. Akzeptiere das bitte.«
Nun war Dawn wütend und rollte von ihm herunter. Wieder fühlte sie sich nicht ernstgenommen.
»Vielleicht bin ich schon eine von euch, wenn du zurückkehrst.« Warf sie trotzig ein.
Dominik zog hörbar die Luft ein. Dawn war kurz davor eine Grenze zu überschreiten, die besser unangetastet blieb.
»Wenn du das tust, kannst du dir ein Neues zu Hause suchen. Dann will ich dich nicht mehr sehen. Das ist so, als betrügst du mich mit einem anderen Mann.«
Dawn merkte, was sie anrichtete. Doch sie gab nicht klein bei.
»Wenn du von anderen trinkst, ist es für mich nichts anderes. Der Gedanke, dass dein Mund den Hals einer Frau berührt, verursacht mir Qual.«
»Ich muss nicht an ihrem Hals trinken. Und ich habe dir gesagt, oft reicht ein Mensch nicht aus. Bitte es ist die Art, wie ich mich ernähre. Keine Frau wird mir dabei zu nahe kommen.«
Dawn lag auf dem Rücken und gab sich Mühe nicht in Tränen auszubrechen. Alles wäre so viel einfacher, wenn sie eine von ihnen wäre. Dann wäre sie stark und er müsste sich keine Sorgen um ihr Wohlergehen machen.
»Wirst du wenigstens von mir trinken, wenn du hier bist? Bitte Dominik.«
»Gut nur werde ich vielleicht öfters trinken. Nur schlag dir aus dem Kopf, dass ich dich mitnehme.«
»Gut, aber wenn ich eine von euch bin, dann werde ich immer bei dir sein, egal wo.«
»Ja das wirst du. Und nun schlaf.«
»Erst trink von mir, bitte. Ich weiß, dass es vier Tage her ist, seit deiner letzten Mahlzeit.«
»Woher weißt du es.«
»Liebster ich weiß alles und woher ich es weiß, ist mein Geheimnis. Nur wenn du nun Liz verdächtigst, liegst du falsch.«
»Ich verdächtige Liz doch nicht.« Dominik bemühte sich seine Stimme ehrlich klingen zu lassen, doch in ärgerte es, dass Dawn ihn durchschaute.
»Hmm, ich weiß nicht. Aber ich könnte es dir natürlich sagen. Mein Liebster, das Geheimnis habe ich als Erstes enträtselt. Und das schon kurz, nachdem Liz mir sagte, wer du wirklich bist.«
»Gut machen wir ein Geschäft ich trinke heute Nacht von dir und du sagst mir, wie du es wissen kannst, wann ich Blut benötige.«
»Dann trink.« Dawn strich ihr Haar beiseite und legte ihren Hals frei. Bei diesem Anblick und ihrem Duft traten Dominiks Fänger hervor. Früher ist er ihr dann ausgewichen, doch nun durfte er sich an ihr nähren. Er hoffte, dass er sich beherrschen konnte und rechtzeitig von ihr ablassen konnte.
Langsam beugte er sich über sie und für mit der Zungenspitze sanft über die pulsierende Stelle ihres Halses und schlug seine Fänge in die zarte Haut. Warm ergoss sich ihr Blut in seinen Rachen.
Als Dawn den Schmerz am Hals spürte, keuchte sie auf, doch dann trank er und saugte sachte. Erregung packte sie erneut und sie seufzte wohlig auf. Gleichzeitig erfasste sie brennende Eifersucht. Wenn er anderen Frauen so nahe kam, wie sollte sie ihm dann vertrauen?
Doch sie wusste, wenn sie eine von ihnen wurde, wäre genau das unausweichlich. Ihre Gedanken schweiften ab und sie merkte, wie ihre Glieder kalt wurden. Doch dann löste Dominik sich von ihr. Enttäuscht sah sie zu ihm.
»Mir ist es nie so schwer gefallen aufzuhören. Dawn das kann gefährlich werden. Du bist so köstlich.«
»Dominik ich will es so und mit der Zeit lernst du es. Und ich hoffe, dass du mich nicht lange als Mensch leben lässt. Bitte beantworte mir eins: Machst du es so bei allen anderen Frauen?«
»Nein Liebste, bei ihnen geht es schneller. Für mich ist es Nahrung, doch bei dir ist es anders. Es ist etwas sehr Intimes. Ich nehme dich in mir auf. Du wirst so zu einem Teil von mir. Versuch nicht es zu verstehen, ich begreife es selbst nicht. Doch ich werde mich nicht sehr oft an dir nähren, bitte hab Verständnis, aber es ist wie ein Rausch und ich behalte gern die Kontrolle.«
Er versuchte sie anzulächeln, doch es erreichte seine Augen nicht. In ihnen stand Sorge.
»Dominik ich möchte, dass du von mir trinkst. Ich vertraue dir. Bitte, nur wenn du hier bei mir bist. Es ist wichtig für mich.«
»Komm her Liebste, ich will versuchen, mich mehr zu beherrschen. Doch sollte ich dir Schaden zufügen, werde ich nie mehr von dir trinken.«
Darauf erwiderte Dawn nichts mehr sondern kuschelte sich an ihn. Sie war müde. Die körperliche Liebe forderte ihren Tribut und der Blutverlust tat sein Übriges.
»Gute Nacht Liebster, für heute haben wir genug geredet. Ich bin doch sehr müde.«
»Gute Nacht meine Schöne. Träum süß.«
Als Dawn am nächsten Morgen erwachte, tastete sie unruhig über Dominiks Kissen, doch sein Platz war leer. Seufzend schwang sie die Beine aus dem Bett und zog die Decke um ihre Schultern. Nackt wollte sie nicht zum Waschtrog. Beim ersten Schritt entfuhr ihr zischend die Luft. Unterhalb ihrer Scham war sie wund und ihre Muskeln schmerzten. Die Erinnerung kam zurück und sie lächelte. Nun war sie eine Frau. Und Dominik hatte sie zu einer gemacht. Schnell wusch sie sich und zog sich an. Sie wollte nach dem Frühstück dem Verwalter zur Hand gehen.
Doch als sie das Arbeitszimmer des Verwalters betrat, war dort niemand. Nach einigem Suchen gab sie auf. Niemand der Bewohner war zu finden, nicht einmal Liz. Enttäuscht ging sie in die Halle und rief nach einem der Mädchen.
»Bitte ich brauche einen Mantel. Ich möchte zu den Stallungen.« Das Mädchen knickste artig und brachte eilig das gewünschte. Dawn nickte und ging.
Auf dem Hof spielten Kinder und alles war friedlich. Dawn lief zum Stall und erinnerte sich daran, dass sie hier immer Zuflucht gesucht hatte. Hier hatte sie auch Mellow bekommen. Wehmütig dachte sie an ihre Stute, die sie in Frankreich zurücklassen musste. Der Stall roch vertraut und sie trat an eine der Boxen. Neugierig reckte sich ein Pferdekopf zu ihr und stupste sie an ihrer Schulter an. Dawn registrierte, dass es sich um einen Fuchs handelte.
»Hallo Schönheit, du bist aber vorwitzig. Warte ich seh einmal nach, ob ich was Leckeres für dich finde. Früher waren hier immer Winteräpfel deponiert bei dem Sattelzeug und schnell fand sie einige. Gierig schnappte der Fuchs nach dem Apfel und Dawn kicherte.
»Nicht so gierig, keiner nimmt dir was weg.«
Sachte streichelte sie das Nüstern des Tieres.
»Miss Dawn seid ihr das?« ertönte eine Stimme hinter ihr.
Sie wirbelte herum, so dass das Pferd in der Box erschrocken stieg. Erleichter sah sie den alten Stallmeister vor sich stehen.
»Ja ich bin es. Schön wieder hier zu sein.«
»Reitet ihr immer noch? Denn dieser Knabe ist lammfromm und würde sicher gern mal wieder bewegt werden.«
»Ja ich bin in Frankreich immer mit Mellow ausgeritten. Und dies ist also ein Hengst? Soso, mein kleiner das erklärt deine Gier.«
»Gut dann sattel ich ihn für euch.«
Als Dawn endlich im Sattel saß überkam sie ein ungeheures Glücksgefühl. Sie ritt den Weg, den sie früher mit Dominik geritten war. Noch waren die Bäume kahl und der Wind wehte kalt. Schnee lag auf den Wegen. Doch sie wusste, in ein paar Wochen hielt der Frühling Einzug. Sie ließ den Hengst in einen leichten Trab fallen und genoss die Stille des Waldes. Plötzlich über kam sie die Erinnerung an ihren letzten Ausritt in diesem Wald und die Begegnung mit ihrem Bruder. Angst erfasste sie und sie sah sich um. Doch diesmal war kein verdächtiges Knacken der Äste zu hören. Niemand versperrte ihr den Weg, um sie zu bedrohen.
Sie ritt weiter und fiel in leichten Galopp der Wind zerzauste ihr Haar und trotzdem verlangsamte sie nicht. Da trat eine junge Frau auf den Weg und zuckte erschrocken zusammen. Dawn konnte in letzter Sekunde einen Zusammenstoß verhindern.
»Bist du von allen guten Geistern verlassen. Mein Pferd hätte dich tottreten können.«
Wütend blickte Dawn zu der zerlumpten Gestalt und registrierte, dass diese nicht alleine war. An der Hand hielt sie ein ungefähr dreijähriges Mädchen mit kastanienbraunem Haar, das nicht minder verwahrlost aussah. Die Frau machte einen Knicks.
»Bitte verzeiht, ich war in Gedanken. Ich war so sehr mit der Suche nach etwas Essbarem für mich und meine Tochter beschäftigt, dass ich nicht auf den Weg geachtet habe.«
»Schon gut ich habe mich ja auch erschreckt.«
Das Kind hob den Kopf und sah Dawn offen an. Diese Augen, Dawn zuckte innerlich zusammen. Sie kamen ihr seltsam bekannt vor. Dieses Eisblau und die dichten langen Wimpern drum herum.
»Wenn du die Straße weiter in diese Richtung gehst, kommst du zu einem Gut. Dort bekommst du und dein Kind etwas zu essen, und wenn du willst, auch einen Platz zum Schlafen.«
»Ihr meint das Herrenhaus der Montgomerys? Nein dort gehe ich nicht hin. Meinem Mann würde das nicht gefallen. Er hat mich vor den Leuten dort gewarnt.«
Dawn zuckte mit den Achseln. Sie konnte diese Frau nicht zu ihrem Glück zwingen.
»Gut, wenn du nicht willst. Doch solltest du es dir anders überlegen, dann sag, du kommst auf Empfehlung von Dawn Rughby.«
Die junge Frau erbleichte und knickste erneut.
»Das ist sehr gütig, nur ich muss nun schnell Heim zu meinem Mann. Danke für das Angebot.«
Mit diesen Worten drehte sie sich um und schleifte das Kind hinter sich her, welches immer wieder einen Blick zurück auf Dawn warf. Verwirrt sah diese hinter den beiden her. Eben noch war die junge Frau auf Nahrungssuche, nun hatte sie es eilig Heim zu kommen.
»Mama hast du gesehen, die Dame hatte die gleichen Augen wie ich.« Hörte Dawn das Kind zu seiner Mutter sagen.
Und jetzt fiel es ihr ein, es waren ihre Augen, die sie im Gesicht der Kleinen gesehen hatte. Es konnte nur ein Zufall sein.
Sie beschloss, nach Hause zu reiten. Obwohl sie gern ritt, taten ihr noch immer die Schenkel weh von der letzten Nacht.
Dawn wollte Liz so schnell wie möglich von der Begegnung erzählen. Sie seufzte, wie gern würde sie es mit Dominik besprechen, doch dieser war fort.
Auf dem Hof übergab sie das Pferd an einen der Stallburschen und lief ins Haus.
Nach einigem Suchen fand sie Liz mit dem Verwalter im Arbeitszimmer. Beide brüteten über einem Stapel Papieren und unterhielten sich leise.
»Liz störe ich? Ich muss dir etwas erzählen.«
»Liebes warte kurz, ich möchte erst hiermit fertig werden. Der Verwalter braucht einige Unterschriften. Und ich weiß nicht, ob Hazel die erledigen kann. Dominik hatte mir heute Morgen die Vollmacht dafür ausgestellt, kurz bevor er abreiste.«
»Oh, du hast Dominik noch gesehen. Ich schlief, als er abreiste. Über einen Abschiedskuss hätte ich mich gefreut.«
»Da bin ich mir sicher. Nur er brach noch vor dem ersten Hahnenschrei auf. Sicher wollte er dich nicht wecken. Doch warte, den soll ich dir geben.«
Liz zog einen Brief hervor und hielt ihn Dawn hin. Dawn entriss ihn Liz fast und zerbrach das Siegel. Liz beobachtete schmunzelnd das Minenspiel ihrer Freundin. Erst runzelte Dawn die Stirn, doch dann hellte sich ihre Mimik auf und sie strahlte.
Meine geliebte Dawn,
wie gern hätte ich dich noch einmal zum Abschied geküsst, dich im Arm gehalten, doch du schliefst friedlich und der Anblick rührte mich. So ging ich ohne Abschiedsgruß. Bitte sei nicht traurig oder gar böse. Wenn ich wiederkomme, lass ich dich nie wieder zurück. Du weißt, was ich dann gedenke zu tun. Denn wenn du eine von uns bist, kann dir keiner der anderen Vampire etwas anhaben. Habe ein wenig Geduld. Die Reise ist lang und es gibt einiges zu klären. Doch danach wird uns nie wieder etwas trennen.
Ich unbeändiger Liebe
Dein Dominik
Wieder und wieder las Dawn die Zeilen. Nun konnte sie Dominiks Rückkehr kaum abwarten.
»Liebes willst du uns nicht helfen, die Papiere durchzusehen?«
Dawn faltete das Stück Papier und schob es in den Ausschnitt ihres Kleides. Sie wollte den Brief nahe am Herzen tragen.
»Ja natürlich helfe ich. Ich hatte es dem Verwalter ja gestern bereits angeboten.« Vergessen war die seltsame Begegung im Wald und das Kind mit den eisblauen Augen.
Zu dritt schafften sie es sehr schnell, die Papiere zu ordnen.
Dann ging die Tür auf und Hazel trat ein. Dawn hielt die Luft an. Wie würde sie sich heute verhalten?
»Es ist Zeit, um zu Mittag zu essen. Ihr habt später noch genug Zeit zum Arbeiten.« Lächelnd blickte sie von einer zur anderen.
Dawn stellte fest, dass Hazel völlig klar war und nickte.
»Ja du hast recht, ich habe Hunger.«
Im Esszimmer warf Dawn immer wieder einen Seitenblick zu Hazel, doch ihre Freundin war sie selbst.
Nach dem Essen blickte Hazel sie an.
»Wollen wir ein wenig frische Luft schnappen. Dann können wir reden. Irgendwie habe ich das Gefühl, du willst dir etwas von der Seele reden.«
Da hatte sie nicht unrecht. Eigentlich wollte sie mit Liz reden doch Hazel kannte diese Frau vielleicht und konnte das Rätsel lüften.
»Gern jetzt nach dem Essen könnte ich etwas Luft vertragen. Liz bist du böse, wenn ich mit Hazel etwas spazieren gehe? Ich komme dann später ins Arbeitszimmer.«
»Ach Liebes geh du nur. Die Arbeit läuft nicht weg.«
Leise kicherte Liz und Dawn lächelte dankbar. `Berichte mir später alles´, formten Liz Lippen tonlos. Woraufhin Dawn ihr zunickte. Es war früher ein Spiel zwischen Liz und ihr, dass sie erraten musste, was Liz sagte, ohne ihre Stimme zu gebrauchen. Und das kam ihr nun zugute. Denn sie ahnte, dass Hazel es nicht mitbekommen sollte. Sie hakte sich bei Hazel unter und verließ das Haus.
»Nun erzähl mal Dawn, wie kam es dazu, dass Dominik endlich die Augen aufgingen? Denn das er mehr für dich empfindet, wusste ich seit Jahren.«
»Es war im Sommer letzten Jahres. Ich hatte einen Streit mit ihm und gestand ihm meine Liebe. Er reagiert voller Angst und ist mir lange aus dem Weg gegangen. Liz und ich haben ihn schließlich überlistet.«
»Ja das klingt sehr nach Dominik, doch ich glaube, er liebt dich und er wird dich nie wieder gehen lassen.«
»Nein das wird er nicht. Er wird mich zu einer von euch machen.«
»Du weißt von unserer Wahren Natur? Wer hat es dir gesagt, oder hast du es selbst herausgefunden?«
»Liz hat mich kurz nach unserer Ankunft in Frankreich eingeweiht. Ich bat sie zu schweigen und Dominik nicht zu sagen, dass ich sein Geheimnis kenne. Und ich schwieg ebenfalls.«
»Besser du schweigst weiter, bis Dominik sein Versprechen wahr macht. Es könnte sehr gefährlich für dich werden.«
»Ich weiß, Dominik hatte mich bereits gewarnt. In Frankreich sind sie anders und da wissen es die Menschen auf dem Gut.«
»Hier halten sie eben an dem Kodex fest. Es gibt nicht mehr viel, wo sie dran festhalten können. Die Jäger leisten ganze Arbeit.«
Dawn warf einen verstohlenen Seitenblick zu Hazel. Würde sie wieder wegen Alberts Tod die Fassung verlieren? Doch Hazel blieb weiter ruhig.
»Keine Angst Dawn, ich war heute Morgen an seinem Grab und glaub mir, der Schmerz reißt mich in Stücke und ich versuche weiter zu machen. Aber das Schlimmste ist, dass ich die Ewigkeit ohne ihn verbringen muss.«
Das konnte Dawn verstehen, eine Zukunft ohne Dominik wäre undenkbar für sie.
Da fiel Dawn die Frau wieder ein.
»Hazel sag mal, ist dir in der Umgebung eine junge Frau mit einem kleinen Kind aufgefallen, das dieselben Augen hat, wie ich?«
Abrupt blieb Hazel stehen.
»Nein, doch es geht ein Gerücht um, das dein Bruder geheiratet hat. Mag sein, dass es sein Kind ist.«
»Jeremia? Ich weiß nicht. Beide sahen völlig abgemagert aus.«
»Wenn dein Bruder nach deinem Vater kommt, wäre das eine Erklärung. Vielleicht ist es ihm egal, ob seine Familie hungert. Vielleicht ist er auch nicht in der Gegend, um sie zu versorgen. Ich weiß noch, wie du zu uns kamst. Du warst nur Haut und Knochen. Die Rationen für eure Familie hatte dein Bruder für sich behalten.«
Dawn seufzte. Jeremia und sie standen sich nie nahe. Ständig foppte er sie. An dem Tag, als sie ins Gutshaus geholt wurde, stieß er sie mit einem vollen Eimer Wasser um und sie musste es neu holen. Oder er schlug sie. Doch ein Kind das war etwas, dass sie sich nicht vorstellen mochte. Sie war sicher, dass dieses nicht lange leben würde.
»Sie stand plötzlich auf der Straße zum Gut vor mir, und als ich ihr anbot, dass sie hier Verpflegung erhalten würde, verschwand sie schnell. Fast sah es aus, als hätte sie Angst herzukommen. Und sie sah erbarmungswürdig aus. Als ich sagte, sie solle sagen, dass sie auf meine Empfehlung käme, wurde sie blass. Im Nachhinein denke ich, du hast recht.«
»Seltsam, dein Bruder ist bekannt für seine Raubzüge, doch seit ein paar Monaten ist keine Meldung mehr gekommen. Vielleicht ist er ja vernünftig geworden.«
Dawn schüttelte den Kopf.
»Nein denke ich nicht. Wenn er sich nicht verändert hat und das heute wirklich seine Frau war, sollte ich mich um sie kümmern. Schon wegen des Kindes.«
»Oh Dawn bitte sicher kannst du nicht sein, dass sie seine Frau war.«
»Hazel, wie viele Kinder leben hier in der Umgebung mit der gleichen Augenfarbe wie ich?«
»Hmm, keines.«
»Und das Kleine hatte dieselbe. Es war, als würde ich in meine eigenen Augen blicken.«
»Verrenn dich nicht. Es könnte enttäuschend für dich sein.«
»Nein ich bin ziemlich sicher, dass es Jeremias Frau war. Ich vertrau meinem Gefühl. Ich werde sie suchen und dann hole ich sie auf das gut. Sie kann in unserer alten Hütte wohnen.«
Hazel seufzte auf. Gegen Dawns Sturkopf kam man kaum an.
»Liebes ich habe dich gewarnt, doch wenn du Hilfe brauchst, werde ich da sein.«
»Das weiß ich sehr zu schätzen, doch ich denke, damit muss ich alleine fertig werden.«
Hazel schwieg bewusst. Jetzt eine Diskussion mit Dawn zu führen wäre sinnlos.
Schweigend gingen sie nebeneinander her.
»Hazel was ist eigentlich mit unserem alten Haus? Ist es bewohnt?«
»Hmm, soweit ich weiß, wohnen derzeit nur ein Stallbursche und seine Frau im oberen Stockwerk. Das Untere, wo ihr lebtet, ist frei. Da wohnen nur zur Ernte Feldarbeiter. Warum fragst du?«
Eigentlich war diese Frage überflüssig, da Hazel die Antwort genau kannte.
»Wenn ich meine Schwägerin finde, versuche ich sie zu überreden mit der Kleinen auf dem Gut einzuziehen. So kann ich sie beschützen.«
»Kleines ich halt es frei, denn abbringen kann ich dich nicht. Wie willst du sie finden?«
»Ich breche morgen nach dem Frühstück auf und mach mich auf die Suche. Ich nehm das Pferd, mit dem ich heute ausgeritten bin. So bin ich flexibler.«
»Wenn Dominik das erfährt, wird er nicht begeistert sein.«
»Er ist aber nicht da und solange erfährt er es nicht. Und wenn ich sie gefunden habe, wird er mich verstehen.«
Hazel seufzte auf. Hoffentlich geschah Dawn nichts. Dominik würde alle zur Verantwortung ziehen, weil es ihr keiner ausgeredet hat.
Doch sie hatte keine Ahnung, wie sie Dawn ihr vorhaben ausreden sollte. Sie beschloss mit Liz zu reden. Sicher hatte diese eine Idee.
»Wollen wir ins Haus zurückkehren? Es wird zu kalt hier.« Dawn zog fröstelnd die Schultern hoch.
»Ja sicher Liebes. Ich vergesse immer, dass du Temperaturen fühlen kannst. Mir macht das nichts aus.«
»Ich würde gern ein heißes Bad nehmen? Wäre das denn möglich, vielleicht tau ich ein wenig auf. Ich komme mir vor wie ein Eiszapfen.«
»Sicher Kleines ich sag den Dienstboten Bescheid, dass sie den Zuber in Dominiks Zimmer bringen. Benötigst du Hilfe beim Auskleiden?«
»Gerne, schon mit dem Korsett. Und ich möchte nicht damit ins Wasser steigen.« Gab Dawn kichernd zu bedenken.
Lachend umarmte Hazel sie.
»Liebes die Vorstellung ist köstlich, doch es wäre sehr unpraktisch.«
Im Haus angekommen rief Hazel einen Diener herbei und gab ihm den Auftrag für Dawns Bad.
»Geh noch eine Weile in das Arbeitszimmer zu Liz mit mir. Der Diener sagt Bescheid, sobald das Bad fertig ist.«
Dawn übergab ihren Mantel einem der Mädchen und folgte Hazel.
Im Arbeitzimmer saß Liz immer noch über den Papieren und blickte auf, als sie den Raum betraten.
»Seid ihr schon zurück? Lange seit ihr nicht fortgewesen.«
»Dawn wurde es zu kalt und nun wartet sie darauf, dass man ihr ein heißes Bad bereitet.«
»Ja sie ist die Winterkälte hier nicht mehr gewöhnt. Mögt ihr mir so lange helfen, ich finde kein Ende bei den Papieren.«
Sowohl Dawn als auch Hazel setzten sich dazu und halfen Liz bei den Unterlagen.
Leise klopfte es und ein Mädchen steckte seinen Kopf zur Türe herein.
»Miss Dawn der Zuber ist dann soweit. Ich werde euch beim Auskleiden helfen.«
Erleichter erhob sich Dawn und lief eilig nach oben. Die Kälte schien bis in ihre Knochen zu reichen.
Als sie entkleidet war, ließ sie sich in das Wasser gleiten. Wohlinge Wärme durchfuhr sie und ein bekannter Duft stieg ihr in die Nase, Sommerblumen. Das Duftöl, welches Hazel vor Jahren verwendet hatte. Ihr erstes Bad hier im Haus fiel ihr ein und Albert, der ihr damals das zerzauste Haar bürstete. Wehmütig schloss sie die Augen.
Sie musste eingeschlafen sein, denn als sie die Augen wieder öffnete, war das Wasser fast kalt. Sie wusch sich eilig und stieg aus der Wanne. Ein Blick aus dem Fenster zeigte ihr, dass es bereits dunkel war. Sie läutete und das Dienstmädchen erschien.
»Bitte ich benötige Hilfe beim Ankleiden.«
»Gerne Miss Dawn.«
Als sie angezogen war, gab sie Anweisungen den Zuber zu leeren und ging nach unten. Es musste Zeit für das Abendessen sein.
Später als sie längst im Bett war, unterhielten sich Hazel und Liz über Dawns Plan.
»Sie will bitte was?« Fragte Liz ungläubig.
»Sie will die junge frau suchen, weil sie glaubt, es sei ihre Schwägerin und das Kind ihre Nichte.«
»Alleine?«
»Ja sagte ich doch bereits. Ich hab gar nicht erst versucht, es ihr auszureden. Du weißt, wie Dawn ist, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat. Doch ihr Plan ist nicht ungefährlich. Wenn sie ihrem Bruder dabei begegnet, garantiere ich für nichts.«
»Dominiok bringt uns um, sollte ihr etwas zustoßen.«
Hazel nickte zustimmend.
»Doch Hazel, du hast Recht, ausreden könne wir ihr das nicht. Wir brauchen eine andere Lösung.«
Beide sahen sich an und plötzlich huschte ein Lächeln über Liz´ Gesicht.
»Ich hab´s. Einer meiner vertrauten wird sie begleiten.«
»Nein, sie will es alleine versuchen.« Hazel schüttelte vehement den Kopf.
»Dann lass ich sie heimlich verfolgen.«
»Das wäre eine Lösung. Nur bete, dass sie es nicht bemerkt. Dawn ist nicht dumm.«
»Und ein Vampir nicht unvorsichtig. Denkst du, ich schicke ihr einen Menschen nach? Wenn sie in Gefahr gerät, ist die Stärke eines Vampirs ihr einziger Schutz. Sonst müsste ich mehrere beauftragen. Warte ich ruf Jean, er ist der Richtige.«
Als Jean hörte, dass er Dawn beobachten sollte, wirkte er wenig begeistert.
»Liz bitte, Paul ist der Bessere hierfür. Ich wollte morgen die Gegend nach Jägern ausspähen.«
»Jean du hast die meiste Erfahrung. Und wer weiß, wenn Dawn die Gegend nach ihrer Familie absucht, hast du trotzdem die Möglichkeit nach Jägern Ausschau zu halten.«
Der Angesprochene wiegte unschlüssig mit dem Kopf, doch dann nickte er.
»Also schön, ich werde ihr auf den Fersen bleiben.«
»Danke Jean, nur bitte, sie darf dich nicht bemerken.«
Am nächsten Morgen brach Dawn direkt nach dem Frühstück auf. Sie hatte sich fest vorgenommen, an diesem Tag ein Erfolgserlebnis verbuchen zu können.
Dass sie verfolgt wurde, bemerkte sie nicht, dazu war Jean zu gewieft.
Sie fragte bei mehreren umliegenden Höfen, ob man eine Frau mit einem kleinen Mädchen gesehen hatte. Doch bis zum Mittag hatte sie keinen Erfolg. Niemand konnte sich aufgrund ihrer Beschreibung an eine solche Person erinnern.
Nach Hause brauchte sie nicht, da sie sich etwas zu Essen mitgenommen hatte. So aß sie dann dem Hof eines der umliegenden Bauern.
»Miss wollt ihr nicht ins Haus kommen, in die warme Stube? Hier draußen holt ihr euch den Tod.«
Dankbar nahm Dawn das Angebot an.
Der Bauer war ein Mann mittleren Alters und mit ihm bewohnten seine Frau und der jüngste Sohn, den Hof.
»Setzt euch doch. Mögt ihr mit uns zu Mittag essen?« Die Bäuerin sah Dawn freundlich an.
»Es ist sehr nett, doch ich habe selbst etwas mit.« Dawn wollte ihnen nicht auch das karge Essen nehmen.
»Ach Kindchen was geht denn über einen warmen Eintopf, wenn man den Tag auf dem Rücken eines Pferdes verbringt? Also keine Widerrede.«
Ehe sich Dawn versah, stand ein Teller mit dampfender Suppe vor ihr und sie griff zum Holzlöffel.
Die Suppe war köstlich und Dawn hatte den Teller in Windeseile geleert.
»Wenn ich etwas für euch tun kann, kommt bitte auf das Gut der Montgomerys. Dort bekommt ihr alles, was ihr braucht.«
Das war das mindeste, um für die Gastfreundschaft zu danken.
»Das ist sehr freundlich, doch wir hatten eine gute Ernte und mehr als genug. Zudem werden nicht mehr so viele der Bauern überfallen. Die Vogelfreien scheinen sich verzogen zu haben.« Der Bauer rieb sich seine vollen Bauch.
Dawn horchte auf. Albert und Hazel berichteten ihr Bruder, würde eine Schar Vogelfreier anführen.
»Seit wann sind es weniger geworden?«
»Hmm letzten Herbst. Im Sommer war es schlimm, doch dann urplötzlich hörten sie auf. Es war kurz vor Sir Alberts Tod.«
»Kennt ihr den Anführer oder Mitglieder der Bande?«
»Der Anführer lebte doch früher auf dem Montgomery Anwesen. Jeremy oder so ähnlich lautet sein Name.«
»Jeremia?«
»Ja genau so heißt der Mistkerl. Er soll wohl auch verheiratet sein. Doch welche Frau mit Verstand bleibt bei so einem Scheusal?«
Seine Frau nickte beifällig.
»Wisst ihr was über seine Frau?«
»Leider nein. Wir wissen nicht einmal, wo dieser Lump lebt. Doch glaub mir, sollten wir es herausfinden, verjagen wir ihn aus der Gegend.«
Die Bauersfrau mischte sich ein: »Wen sucht ihr? Und was interessiert euch so ein Verbrecher.«
»Eine Frau mit einer kleinen Tochter. Diese hat die gleiche Augenfarbe wie ich. Und Jeremia ist mein Bruder. Ich bin von Albert Montgomery und Dominik Chauvet adoptiert worden, kurz bevor meine Eltern verstarben. Ich nehme an, dass diese Frau und ihr Kind meine verwandten sind. Ich möchte sie auf das gut holen, damit mein Bruder ihnen nichts zuleide tun kann.«
Der Bauer und seine Frau sahen sich lange an.
»Wenn ihr etwas Näheres erfahren wollt, rate ich euch es in Northwich zu probieren. In zwei tagen ist Markt und dort kursieren die Gerüchte und man erhält oft Informationen.«
»Danke das werde ich sicher beherzigen. Doch nun möchte ich euch nicht länge stören. Ich möchte vor dem Dunkelwerden noch ein paar kleinere Höfe absuchen.«
Beide brachten Dawn zur Tür.
»Bitte versprecht uns, vorsichtig zu sein. Diese Verbrecher schrecken von nichts zurück. Und euer Bruder hat einen üblen Ruf erlangt.«
»Das will ich gern versprechen. Nur versprecht mir auch, dass ihr umgehend auf das Gut kommt, solltet ihr noch einmal überfallen werden.«
Sie nickten und Dawn ging zu ihrem Pferd, welches sie an einem Pfosten angebunden hatte.
Gestärkt ritt sie vom Hof. Doch auch am Nachmittag hatte sie kein Glück. Northwich wollte sie am nächsten Tag aufsuchen.
Zu Hause angekommen ging sie in ihr Zimmer und zog sich um. Alle Knochen im Körper taten ihr weh, doch sie würde die Suche nicht aufgeben. Pünktlich zum Abendessen fand sie sich im Esszimmer ein. Liz und Hazel waren schon dort undsahen ihr aufmerksam entgegen. Jean hatte ihnen schon berichtet, was Dawn erlebt hatte, doch das sollte ja geheim bleiben.
»Liebes du siehst erschöpft aus. Hattest du Erfolg?«
»Leider nein, doch morgen versuche ich es in Northwich. Es kann sein, dass sie dort versucht sich essen zu beschaffen.«
Seufzend sah Hazel Liz an, doch diese zuckte nur mit den Schultern.
»Ich habe fast auf allem nahen Höfen gefragt, doch niemand scheint sie zu kennen. Wenn sie mit meinem Bruder verheiratet ist, wo leben sie dann?«
»Dawn, wenn wir wüssten, wo dein Bruder sich aufhält, hätten wir ihn längst dem Richter überführt. Er hat Schaden angerichtet und der ist nicht unerheblich.«
»Und was wird aus seiner Frau und dem Kind. Sie würden verhungern.«
Liz mischte sich ein: »Du glaubst doch nicht, dass dein Bruder sich um deren Wohlergehen schert?«
»Nein du hast recht. So wie die beiden aussahen, scheint es ihm egal zu sein.«
»Siehst du, nun wollen wir essen. Oder vielmehr, du isst.«
Nach dem Essen verabschiedete sie sich eilig und ging in Dominiks Zimmer. Sie klingelte nach dem Mädchen und ließ sich aus ihren Kleider helfen. In Dominiks Bett kuschelte sie sich in die Decken und schlief fast augenblicklich ein.
Die nächsten Tage durchstreifte sie Dörfer, Höfe und die umliegenden Städte, doch niemand schien etwas zu wissen.
Warum wusste niemand was? Wo kam die Frau her und vor allem wo lebte sie?
Dawn fiel keine Antwort ein. Eine Woche später ritt sie durch den Wald. Den Weg kannte sie nicht. Sie war ungefähr vier Stunden unterwegs, als sie im Wald eine verfallene Hütte sah. Mehr aus Neugier stieg sie ab und führte ihr Pferd zu der Stelle. Aus der Nähe betrachtet wirkte die Kate jedoch nicht verfallen, sondern bewohnt. Sie ging einmal um das Häuschen herum, doch konnte sie keine Menschenseele ausmachen. An der Tür angekommen klopfte sie zaghaft. Obwohl keiner antwortete, hörte sie von drinnen ein Geräusch. Von Neugier gepackt öffnete sie langsam und blickte in den Raum. Die junge Frau, die wie vom Erdboden verschluckt schien, stand in einer Ecke und Dawn vermutete, sie versteckte das Kind hinter ihrem Rücken.
»Hab keine Angst, ich will euch nichts tun. Doch ich habe euch gesucht.«
»Was wollt ihr von uns? Ich lebe hier und habe nichts verbrochen und meine Tochter auch nicht.« Die Panik in den Augen der Frau war nicht zu übersehen.
»Ich will dir helfen. Du lebst hier mit deiner Tochter doch nicht allein, oder?«
»Nein eigentlich lebt mein Mann auch hier, doch in letzter Zeit ist er immer öfter weg.«
»Dein Mann? Und wo ist er jetzt? Warum kümmert er sich nicht um ein ordentliches Haus für seine Familie?«
»Ihr müsst das verstehen. Er hatte es nicht leicht und eine Familie hatte er bisher nicht. Er will versuchen ehrliche Arbeit zu finden, doch man misstraut ihm!
Dawn brannte eine Frage auf den Lippen und sie stellte sie: »Sagt ihr mir seinen Namen?«
Die junge Frau wurde blass. Statt einer Antwort schüttelte sie nur den Kopf und Dawn seufzte.
»Verrätst du mir denn deinen Namen bitte?«
»Josephine und meine Tochter heißt Meredith.«
»Einfach nur Josephine?«
Josephine nickte und Dawn wusste, dass sie nichts weiter aus ihr herausbekommen würde.
»Wie du willst, doch ich möchte dich bitten, mit mir zu kommen. Auf dem gut werdet ihr beide versorgt und vielleicht kann dein Mann auf dem Hof anfangen. Und das ist allemal besser, als hier im Wald zu hausen.«
»Das würdet ihr wirklich tun?«
»Sicher Josephine. Es ist Platz und immer etwas zu tun.«
»Ja und dann würdet ihr Blutsauger uns unsere Tochter wegnehmen, so wie man dich unseren Eltern weggenommen hat.«
Dawn schrak zusammen. Die Stimme hinter ihr war ihr unbekannt, doch sie wusste instinktiv, wer dort stand.
»Jeremia?«, wisperte sie.
»Erraten Schwesterherz. Du willst uns also helfen. Ich denke, dir hat lange keiner mehr gezeigt wie man sich benimm,t. Einfach so in mein Haus einzudringen und meine Frau zu belästigen. Das zeugt von keiner guten Erziehung. Die Blutsauger scheinen dir nicht bekommen zu sein.«
Dawn wurde ins Haus gestoßen und viel der Länge nach auf den Boden der Kate.
Hinter ihr fiel die Tür mit einem Knall zu und Dawn wusste, sie saß in der Falle.
Die alte Angst kroch ihr den Rücken hoch. Dominik, flehte sie, warum bist du nicht hier?
Doch dann zwang sie sich aufzustehen, doch sie kam nur auf alle viere, als ein Tritt sie in den Bauch traf und sie erneut zusammensank. Sie hörte, wie Josephine aufkeuchte und das Kind leise weinte.
***
»Halt´s Maul Weib.« herrschte Jeremia, nun würde er seine Rache bekommen. Er würde seiner Schwester zeigen, wie ungerecht es war, dass sie in das Herrenhaus ziehen durfte. Er riss Dawns Kopf an den Haaren hoch und schlug mit der Faust in ihr Gesicht. Ein Schauer rann über seinen Rücken, es kam fast einer Erregung gleich. Er schlug erneut zu und Dawn schrie auf. Blut rann über ihre Unterlippe. Jeremia zerrte sie in die Höhe, um dann in ihren Magen zu boxen. Immer wieder versenkte er sein Faust in ihrem Leib und Dawns Schreie wurde immer mehr zu einem Wimmern. Er umfasst mit einer Hand ihren Hals und drückte zu. Ihre Augen quollen aus den Höhlen und sie versuchte sich, aus seinem Griff zu winden. Dass seine Frau in der Ecke seinen Namen schrie, hörte er nicht. Dann trat er Dawn mit aller Wucht in den Unterleib und ihre Augen rollten nach hinten, bis man fast nur noch das Weiße sah. Er zerrte sie zu einer Wand und schlug ihren Kopf mehrmals dagegen. Dann ließ er sie los und Dawn sackte zusammen. Jeremia holte mit dem Fuß aus und trat zu, ein leises Knacken war zu hören. Dawn bewegte sich nicht mehr, doch Jeremia wollte nicht aufhören. Er wollte, dass sie zu einem Klumpen Fleisch wurde, wie die Tiere die er als Kind quälte. Doch bevor er erneut zutreten konnte, wurde er zurückgerissen. Einer der Blutsauger hatte ihn am Kragen gepackt und schleuderte ihn mühelos in eine der Ecken.
Ohne sich weiter um Jeremia zu kümmern, hob Jean Dawn auf seine Arme und trug sie hinaus. Er stellte fest, dass sie kaum atmete und ihr Herz unregelmäßig schlug. Das die junge Frau ihm folgte, nahm er nicht wahr. Doch da er an diesem Tag nicht ohne Begleitung unterwegs war, nickte er nur in Richtung Tür.
»Nehmt dieses Stück Dreck mit. Er soll sich Dominik gegenüber verantworten.«
Der andere Vampir nickte und packte sich Jeremia.
Er schwang sich auf sein Pferd und legte Dawn vor sich auf den Sattel. Dann gab er seinem Pferd die Sporen. Er durfte keine Zeit verlieren.
Der andere Vampir fesselte Jeremia und hievte diesen auf sein Pferd.
Er wandte sich an die Frau.
»Willst du mitkommen? Ich denke, es dürfte dich interessieren, was mit deinem Mann geschieht.«
Josephine nickte. Vor allem wollte sie wissen, ob Dawn überleben würde. Was aus Jeremia wurde, interessierte sie nicht. Zu oft hatte sie unter seinen Schläge gelitten.
»Dann nimm Dawns Pferd. Ich hoffe, du kannst reiten.«
»Ja kann ich.«
Sie stieg auf und zog Meredith zu sich. Dann trabten sie los.
Jean galoppierte, als wenn der Teufel hinter ihm her wäre. Er wusste nicht, ob Dawn lebend das Gut erreichen würde. Ihr Herzschlag ging zu schnell und ihr Atem flachte immer mehr ab.
Endlich erreichte er den Hof und rief einen der Stallbursche herbei.
»Versorg mein Pferd. Miss Dawn wurde niedergeschlagen.«
Der Junge nickte und Jean stieg vom Pferd und zog Dawn behutsam herunter. Eilig erklomm er die Treppe und stieß die Tür auf.
»Liz,« rief er, »wir brauchen einen Arzt schnell.«
Hazel und Liz eilten herbei, und als sie sahen, in welchem Zustand sich Dawn befand, handelten sie schnell.
»Bring sie in ihr Zimmer. Liz wird dich begleiten. Ich lasse den Arzt holen. Danach möchte ich wissen, was geschehen ist und wo du warst.«
Jean verdrehte die Augen und brachte Dawn nach oben.
»Nun geh bitte raus Jean, ich muss sie ausziehen. Ich will sehen, wie schwer sie verletzt ist. Ach und ich möchte ebenfalls eine Erklärung. Hazel soll umgehend jemand zu Dominik schicken. Wir brauchen ihn jetzt hier.«
Jean nickte missgestimmt und eilte nach unten. Dawn war ihm entwischt. Dass sie den Weg verlassen hatte, war ihm erst aufgefallen, als er keine Hufgeräusche mehr vernahm. Nachdem er umgedreht hatte, ist ihm die Hütte aufgefallen und mit einem unguten Gefühl ist er dorthin gelaufen. Doch er wäre fast zu spät gekommen. Er hoffte, dass er ihren Peiniger in die Finger bekam, lange würde er ihn nicht am Leben lassen. Hazel stand in der Halle und blickte ungeduldig zur Tür. Sie wirkte fahrig und knetete ihre Hände.
»Ah Jean gut das du kommst. Was ist passiert? Und wieso hast du es nicht verhindert?« Ihre Stimme klang vorwurfsvoll und Jean bemühte sich, sie nicht anzufahren.
»Sie hat den Weg verlassen und ich habe es zu spät bemerkt, und als ich zu der Hütte im Wald kam, konnte ich diesen Dreckskerl gerade noch zurückreißen. Doch bitte wir müssen Dominik benachrichtigen. Er muss umgehend herkommen.«
»Welchen Dreckskerl? Wieso ist sie zu der Hütte gegangen?«
Hazel schien ihm nicht richtig zuzuhören.
»Sie hat wohl die Frau gefunden. Doch sie wurde überrascht. Da war ein Mann in der Hütte, der sie zusammenschlug. Er wird hergebracht, da ich heute eine meiner Gefolgsleute als Begleitung mithatte. Das habe ich manchmal gemacht und heute war es ein Glück.«
»Wenn er hier ist, warten wir auf Dominik. Er soll ein Urteil sprechen. Und ich denke, er wird Rache nehmen wollen. Und nun möchte ich wissen, wo der Arzt bleibt. Er wohnt ja nicht weit weg und benötigt zehn Minuten um herzukommen.«
Kaum hatte sie das ausgesprochen, flog die Tür auf und der Hausarzt trat ein.
»Mrs. Montgomery, was ist passiert. Ich konnte nicht mal meinen Tee genießen. Es muss schon sehr dringend sein.«
»Ja bitte Dawn ist verletzt. Sie wurde misshandelt und es scheint ihr schlecht zu gehen. Kommen sie mit nach oben bitte.«
Hazel eilte, ohne eine Antwort abzuwarten, die Treppen nach oben und dem Doktor blieb nichts anderes übrig als ihr zu folgen.
Er warf einen Blick auf Dawn und seine Mine wurde ernst.
»Ich möchte Tücher und heißes Wasser dann bitte ich alle, bis auf Mrs. Montgomery den Raum zu verlassen.«
Dawns Augen waren mittlerweile zugeschwollen.
»Bitte entledigt sie ihrer Kleider ich muss sie gründlich untersuchen.«
Die Tür ging auf und ein Mädchen stellte eine Schüssel mit dampfendem Wasser auf einen Tisch. Daneben legte sie einen Stapel Tücher.
Der Arzt wusch sich die Hände und begann Dawn vorsichtig abzutasten. Sein Gesicht verriet keine Regung und Hazel standen Tränen in den Augen. Dawn lag da wie tot, doch als er ihre Rippen untersuchte, zog sie zischen die Luft ein und warf sich unruhig hin und er.
»Halte sie bitte fest. Sie muss absolut stillliegen.«
Als er fertig war, richtet er sich auf und blickte Hazel sorgenvoll an.
»Es sind mindestens drei Rippen gebrochen. Es kann sein, dass sie innere Blutungen hat. Und wenn sie die nächsten zwei Tage überlebt, hat sie eine Chance auf Genesung. Doch es sieht schlecht aus, sehr schlecht. Ich würde mir keine großen Hoffnungen machen.«
»Danke Doktor. Was sollen wir tun?«
»Sie braucht viel Flüssigkeit und morgen sehe ich nach ihr. Vielleicht werden wir sie einer Schröpfkur unterziehen. Doch ich möchte erst abwarten, ob sie die Nacht übersteht.«
Hazel nickte nur. Hoffentlich befand sich Dominik bereits auf dem Rückweg. Er wusste sicher, was zu tun ist.
»Ich werde nun gehen und morgen früh noch einmal wieder kommen. Sollte sie fieber bekommen, bitte geben sie ihr verdünnten Wein.«
Damit verabschiedete er sich und Hazel lehnte sich an die Wand. Wenn Dawn nun starb, würde Dominik es ihr nie verzeihen. Gerade ihr, die miterlebte, wie Dawn hier ins Haus zog. Dawn durfte nicht sterben. Sie trat auf den Flur und blickte sich nach Liz um. Diese stand in ihrem Zimmer und starrte aus dem Fenster.
»Sie haben eben den Mann hergebracht, der Dawn das angetan hat. Er wurde in den Stall gebracht und die junge Frau in das Haus am anderen Ende des Hofes. Wenn Dawn etwas Ernstes zustößt, weiß ich nicht, ob ich mich beherrschen kann.«
»Liz, der Arzt denkt, Dawn schafft es nicht. Er befürchtet, dass sie die Nacht nicht überlebt.«
»Ich hoffe, dass er unrecht hat. Dawn ist zäh und war nie ernsthaft krank. Doch ich wüsste, wie wir ihr helfen können.«
»Wenn es irgendwas gibt, um sie zu retten, dann sollten wir es tun.«
»Es gibt nur ein Problem, nein eigentlich mehrere.«
»Oh Liz lass dir nicht alles aus der Nase ziehen. Welche Probleme?«
Liz sah Hazel ernst an.
»Erstens: mein Bruder. Und zweitens: Dawn muss gewandelt werden.«
»Das ist schrecklich, Dominik würde es uns nie verzeihen. Er wollte derjenige sein. Und was machen wir nun?«
»Wir warten die Nacht ab und wechseln und mit der wache bei Dawn ab. Geht es ihr noch schlechter, wird diejenige, die gerade bei ihr ist, sie wandeln. Egal was Dominik denkt oder sagt. Denn noch schlimmer wäre es, wenn sie stirbt.«
»Hoffentlich ist er rechtzeitig hier. Ich hab ein ungutes Gefühl bei der Sache.«
»Glaub mir, da bist du nicht alleine.«
Beide Frauen sahen sich ratlos an.
»Ich übernehme die erste Wache. In vier Stunden löst du mich ab. Bitte tu nichts Unüberlegtes. Dominik soll den Kerl verurteilen und richten.«
»Liz? Sagst du mir, falls du es machen musst?«
»Du erfährst es früh genug.«
Hazel machte sich auf den Weg nach unten und trat hinaus auf den Hof. Es war zwischenzeitlich dunkel geworden und die Luft war eisig. In Dawns Elternhaus brannte Licht und Hazel beschloss, dort vorbei zu schauen.
Ohne anzuklopfen, trat sie ein. Die junge Frau stellte sich schützend vor das Kind und blickte ihr verängstigt entgegen.
Hazel fühlte sich an Dawns Mutter erinnert. #
»Du musst keine Angst haben. Du hast Dawn nichts angetan, sondern dein Mann. Es war doch dein Mann?«
»Ja es war Jeremia. Was geschieht mit ihm und wie geht es der jungen Dame?«
»Was mit ihm geschieht, entscheidet Dominik, der Verlobte von Dawn. Dawn geht es sehr schlecht. Wir befürchten das Schlimmste. Du sagtest, dein Mann heißt Jeremia?«
»Ja Jeremia Rughby. Mir tut das alles so leid. Ich wünschte, ich könnte helfen.«
»Leider können wir nichts tun. Doch Dawn ist deine Schwägerin. Jeremia ist ihr Bruder.«
»Oh, ich hab mich gewundert, warum sie die gleichen Augen hat, wie Meredith. Und dann sagte Jeremia Schwester zu ihr. Jetzt ergibt das einen Sinn.
Kann ich irgendwie behilflich sein? Sie ist meine Verwandte und ich möchte ihr gerne helfen.«
»Was ist mit deiner Tochter? Dawn ist im Haupthaus und deine Tochter hier alleine zu lassen wäre nicht gut.«
»Ja ihr habt recht. Doch wenn es möglich ist, würde ich gern helfen.«
»Wir werden sehen, was du tun kannst. Aber ich gehe nun zurück. Liz und ich wechseln uns mit der Wache an ihrem Bett ab.«
»Bitte gebt mir Bescheid, wenn sich etwas ändert.«
Hazel nickte Josephine zu und verließ das Haus. Sie war fassungslos, wie konnte diese Frau einen Mann wie Jeremia gewählt haben? Es wäre schön, wenn sie bei Dawn aushelfen könnte, sie würde mit Liz reden und mit ihr gemeinsam überlegen.
An Dominiks Zimmer angelangt öffnete sie die Tür und trat ein.
***
Dominik ritt auf den Hof, dicht gefolgt von Cynwrig. Sie waren früher zurück geritten, da sie die Unterstützung von Liz benötigten. Die Clans in Schottland waren zäher, als er dachte. Im Haus brannte Licht und er freute sich darauf, Dawn wieder zu sehen. Er sprang vom Pferd und eilte die Treppen nach oben. Einem Diener gab er den Auftrag, die Pferde versorgen zu lassen. Cynwrig hatte Mühe ihm zu folgen.
»Dir scheint es eilig zu sein nach Hause zu kommen.«
»Du ahnst nicht wie sehr. Ich möchte Dawn am liebsten mitnehmen, wenn wir wieder nach Schottland aufbrechen.«
»Dazu müsstest du sie zu einer von uns machen.«
»Ja nur das will ich zu einem besonderen Ereignis machen. Und nicht so voreilig.«
»Dominik es gibt kein besonderes Ereignis. Du trinkst ihr Blut sie deins, dann stirbt sie und erwacht zu neuem Leben.«
»Ja das ist der Ablauf, nur ich hatte die Wahl nicht und mir wurde sie gewaltsam aufgebürdet. Das soll Dawn nicht erleben.«
»Dominik du sagtest, sie hätte ihre Wahl bereits getroffen, so bist es nur du, der zögert.«
Dominik seufzte, darüber wollte er mit Cynwrig nicht reden. Das ging nur ihn und Dawn etwas an.
Er eilte ins Arbeitszimmer, da sich da abends immer alle versammelten. Doch dort war keiner. So lief er zurück in die Halle und die Treppen hinauf. Ob Dawn bei Liz im Zimmer war? Doch auch dieses war wie ausgestorben, so verließ er es und wollte gerade die Tür zu seinem Gemach öffnen, als diese aufging und Liz vor ihm stand. Sie sah besorgt aus und fiel ihm um den Hals.
»Dominik hat dich unser Bote erreicht? Es ist gut, das du hier bist. Wir brauchen dich jetzt.«
Er zog die Brauen zusammen.
»Wie meinst du das. Ist etwas passiert und wo steckt ihr alle, vor allem wo steckt Dawn?«
»Das ist ja eben. Sie ist in eurem Zimmer, du musst dringend zu ihr.«
Dominik wurde ungeduldig. Warum konnte Liz ihm nicht sagen, was los war?
Doch statt einer Antwort zog sie ihn in den Raum. Hazel saß am Bett und blickte besorgt drein. Dominiks Blick fiel auf die Kissen und er erschrack. Dawn lag darin ihr Gesicht war zugeschwollen und sie schien ohne Bewusstsein, zu sein.
»Was ist hier passiert?«
»Später nun braucht Dawn dich. Der Arzt war eben bei ihr und wir wissen nicht, ob Dawn überlebt. Es geht ihr schlecht.«
Dominik eilte an dawns Lager und schluckte schwer. Er wollte für immer mit ihr zusammen sein. Doch wenn sie starb, dann wäre das nicht mehr möglich.
»Liz bitte ich muss wissen, was passiert ist.«
»Gut, doch Dawn braucht Ruhe bitte lass uns nach unten gehen.«
Unwillig folgte er seiner Schwester. Sie gingen ins Arbeitszimmer, wo auch Cynwrig wartete.
»Du kannst vor ihm reden. Er weiß ja über Dawn Bescheid.«
Liz erzählte, was sie von Jean wusste. Und als Jeremias Name fiel, verdunkelten sich Dominiks Augen vor Wut.
»Er wird sterben, dafür bringe ich ihn um.«
»Nicki, bitte lass uns erst überlegen was wir tun können. Ich habe überlegt, dass Dawn gewandelt wird. Es könnte sie retten.«
»Liz bitte das ist nicht sicher. Das Risiko ist mir zu groß.«
»Es ist ihre einzige Chance. Und ob sie an ihren Verletzungen stirb, oder weil ich mich geirrt habe, spielt gerade jetzt keine rolle mehr. Nur Untätigkeit bringt sie nicht zurück.«
»Sie hat eine Chance. Sie ist stark und zäh. Sie stirbt nicht.«
Liz seufzte.
»Sie hat innere Blutungen, das kann jeder Vampir im Haus spüren. Sie verblutet innerlich. Wenn sie den Morgen erlebt, mag es an ihrer Stärke liegen.«
Dominik war verzweifelt, er hatte Angst einen Fehler zu machen und Dawn zu verlieren.
Cynwrig trat zu den beiden.
»Liz hat Recht, wenn sie innerlich blutet, hast du keine andere Wahl. Es kann sie heilen und ich weiß, wovon ich rede.«
»Ach ja woher, weil du so alt bist.«
»Nein weil Luisa blind war, als ich sie fand. Und sie durch ihre Wandlung wieder gesund wurde.«
»Und wenn Dawn zu schwach ist?« Dominiks Zweifel schwanden.
»Das wäre möglich, dass sie es aus dem Grund nicht schafft. Doch es nicht zu versuchen, wäre ihr sicheres Todesurteil.«
Dominik atmete tief ein.
»Nun denn, dann werde ich es machen. Doch sollte es fehlschlagen, will ich das du die Clans leitest. Ich folge Dawn. Ohne sie hat alles keinen Sinn.«
Liz wollte etwas erwidern, doch Cynwrig hielt sie mit einer Handbewegung zurück.
»Ja das verstehe ich und ich werde mich an deinen Willen halten. Doch nun geh zu ihr. Liz bleib einen Augenblick, bitte.«
Liz wollte den Alten anfauchen, doch irgendwas an seiner Haltung hielt sie ab.
Dominik verließ beide und sie blickte Cynwrig fragend an.
»Willst du die Macht an dich reißen?«
»Nein, doch wenn wir nun Zweifel in ihm schüren, wird Dawn sterben. Also gewähren wir ihm alles. Sollte Dawn wirklich nicht überleben, können wir überlegen was wir tun.«
»Hmm, das habe ich nicht bedacht. Entschuldige meine Unterstellung.«
Cynwrig nickte nur. Liz stellte sich ans Fenster und schwieg, für sie war es genauso eine Tragödie Dawn verlieren zu müssen. Und sie hoffte, das Dawn die Wandlung überstand.
Dominik trat an das Kopfende des Bettes. Er fuhr Dawn durchs Haar und atmete tief ein.
»Hazel bitte lass uns alleine. Du weißt, was ich tun muss und ich habe Angst davor. Es ist das erste Mal, dass ich einen Menschen wandel.«
»Es wird alles Gut werden, das spüre ich. Dominik du bist der Einzige, dem ich das zutraue.«
Damit verließ Hazel das Zimmer und Dominik war mir Dawn alleine.
Er legt sich zu Dawn aufs Bett. Ihr Atem war kaum wahrnehmbar und ihr Herz schlug unregelmäßig.
»Liebling, ich wollte es anders für uns. Doch es geht nicht, ich muss es versuchen. Bitte sei stark und stirb nicht für immer.«
Er bekam keine Antwort. Er entblößte ihren Hals und seine Fänge traten hervor.
Er presste seinen Mund an die Schlagader und biss zu. Er trank und verfiel fast in einen Rausch, doch in letzter Sekunde bremste er sich. Er öffnete seine Pulsader und presste ihr sein Handgelenk an den Mund.
»Trink Liebste, trink für mich.«
Er spürte, dass sie schluckte, und atmete auf. Dann stand er auf, entledigte sich seiner Kleidung und legte sich zu ihr unter die Decke. Er schloss Dawns Körper fest in seine Arme und hoffte keinen Fehler begangen zu haben.
Ihr Atem wurde noch flacher und ihr Herz setzte ein paar Schläge aus. Dann hörte es auf zu schlagen, stand still.
Dominik wusste, dass es ein paar Stunden dauern konnte, bis ihre Wandlung vollzogen war. Wenn sie nicht erwachte, würde er sich den Jägern stellen. Er wusste, dass Cynwrig ihm nur zugestimmt hatte, um seinen Entschluss zu stärken. Doch Cynwrig wusste nicht, das er von dieser Entscheidung nie abweichen würde.
Zum ersten Mal seit Jahren rannen Tränen über seine Wangen. Warum hatte er nicht früher erkannt, was Dawn ihm bedeutet? Sie hätten viel mehr Zeit gehabt. Warum hatte er nicht dafür gesorgt, dass Albert ihren Bruder jagt und richtete?
Die Stunden krochen dahin und Dawn erwachte nicht. Als der Morgen dämmerte, wuchs die Angst in Dominik. Immer wieder warfen Hazel und Liz einen Blick ins Zimmer, doch er konnte nur den Kopf schütteln. Auch in ihren Gesichtern las er Sorge. Der Tag zog zäh an ihm vorbei und schließlich stand Cynwrig vor ihm.
»Domink las los, es ist vorbei. Sie war zu schwach.«
2Nein es dauert bei ihr länger, da sie verletzt war.«
»Dominik bitte ...« Weiter kam er nicht, denn Dominik stieß ein unmenschliches Knurren aus.
»Nein sie schafft es. Lasst uns alleine.«
»Ich gebe dir noch bis Mitternacht. Dann werden wir sie für die Bestattung vorbereiten.«
Damit drehte er sich um und verließ Dominik. Er war fest davon überzeugt, dass Dawn es nicht geschafft hatte. Dass die Verletzungen zu schwerwiegend waren.
Dominik dachte fieberhaft nach. Er musste Dawn in Sicherheit bringen. Niemand würde sie beerdigen. Doch er wollte warten, bis es auf dem Hof ruhig wurde. Es dämmerte bereits und bald würde es still werden.
»Bitte Dawn ich brauche dich, gib uns nicht auf.«
Er blickte Dawn ins Gesicht und stutzte. Waren die Schwellungen zurückgegangen?
Die Lider sahen nicht mehr so verquollen aus und die Blutergüsse waren kaum noch zu sehen.
Hoffnung keimte auf.
»Bitte Liebste schlag die Augen auf.«
Er flehte sie an, doch sie war weiterhin wie tot.
So schnell, wie die Hoffnung aufkeimte, verschwand sie wieder. Dominik wollte nicht aufgeben, doch gegen den Gedanken, dass sie nie wieder aufwachen würde, kam er nicht an. Er fraß sich durch sein Herz und hinterließ nur Asche. Er legte Dawn die Hand dorthin, wo einst ihr Herz schlug. Doch dort regte sich nichts. Mittlerweile war es stockdunkel im Zimmer. Er wollte jedoch nicht aufstehen, um die Kerzen zu entzünden. Zudem sah er im Dunkeln mindestens genauso gut wie bei Tageslicht.
Die Zeit verstrich und Dominik konnte nicht bestimmen, wie lange es noch bis Mitternacht war.
Es klopfte leise und Dominik befürchtete Cynwrig wäre zurück. Doch es war Liz, die eintrat.
»Immer noch keine Veränderung?«
»Doch ich denke, die Schwellungen im Gesicht lassen nach.«
»Bist du sicher Nicki?«
»Ja es ist fast nichts mehr zu sehen, sieh selbst.«
Liz beugte sich über die beiden und sog geräuschvoll die Luft ein.
»Du hast recht, ihr Gesicht ist wieder normal. Und noch etwas hat sich verändert, ihr Geruch. Sie riecht nicht mehr nach Tod.«
»Aber warum wacht sie nicht auf?«
»Dominik, sie war sehr schwer verletzt, vielleicht dauert es länger bei ihr.«
»Cynwrig will sie holen um Mitternacht, wenn sie nicht erwacht um sie für ihr Begräbnis vorzubereiten.«
»Nein das wird er nicht. Dawn wird sicher bald erwachen. Hab Geduld, ich rede mit dem Alten.«
Als Liz gegangen war, nahm Dominik Dawn noch fester in die Arme. Er wollte ihr so nahe sein, dass er die kleinste Regung fühlte. Und dann hört er es ein Herzschlag und dann eine Ewigkeit später ein weiterer. Dawns Herz schlug wieder. Doch sie war immer noch nicht wach.
»Liebste wach auf.«
Ihr Herz schlug im Takt der Vampire und sie erbebte kurz.
»Dominik du erdrückst mich.«
Erschrocken wich er von ihr. Er wollte ihr nicht weh tun.
»Liebling wie fühlst du dich?«
»Seltsam und hungrig.«
Leise lachte Dominik auf.
»Das ist vollkommen normal, du brauchst deine erste Blutmahlzeit.«
»Was ist geschehen?«
»Jeremia hat dich fast zu Tode geprügelt und wir dachten, du überlebst es nicht. Verzeih ich wollte es anders für uns, doch ich hatte keine andere Wahl. Ich musste dich wandeln.«
Er blickte Dawn ins Gesicht und erwartete einen ihrer Wutausbrüche. Doch ein Lächeln huschte über ihr Gesicht.
»Nun bleiben wir bis in alle Ewigkeit vereint.«
Er konnte nur nicken. Erleichterung und Glück schnürten seine Kehle zu.
Dawn reckte sich und hob ihm ihr Gesicht entgegen und er küsste sie. Legte all seine Liebe seine Angst und seine Hoffnung in diesen einen Kuss.
Dawn presste sich an ihn. Trotz des bohrenden Hungers erfasste sie Erregung. Sie hatte sich so nach Dominik gesehnt und nun war das Gefühl noch stärker.
Doch Dominik schob sie ein Stück von sich.
»Später Liebste, nun musst du erst etwas essen.«
»Hmm, aber du schmeckst ebenfalls gut.«
Dominik lachte auf, sie hatte ihm in die Lippe gebissen und hatte sein Blut zu sich genommen.
»Aber bei mir kannst du dich nicht sättigen. Zieh dir was über, wir gehen auf die Jagd.«
Enttäuscht sah sie ihn an, doch dann schlüpfte sie aus dem Bett und reckte sich.
»Ich fühle mich, als hätte ich ein halbes Jahrhundert geschlafen.«
»Das ist normal. Und du wirst diese Nacht keinen Schlaf mehr brauchen.«
»Ich werde sicher keinen mehr wollen.« Ihr Lächeln verriet, was ihr im Kopf herumging und Dominik grinste breit.
»Nun spute dich, danach werde ich dich mit Cynwrig bekannt machen und du wirst mich Liz und ihn nach Schottland begleiten. Wir kommen dort nicht weiter. Und ich kam eigentlich zurück, um Liz zu bitten mit uns zu kommen.«
Dawn stand auf, sie war erstaunt, wie scharf ihre Sinne waren. Gerüche waren intensiver als zuvor. Sie blickte an sich herab, man hatte ihr ein Nachtgewand angezogen, welches sie über den Kopf zog.
»Dominik kannst du mir bitte beim Ankleiden helfen? Ich möchte keins der Mädchen bemühen.«
»Liebend gern.«
Später verließen sie dann das Haus. Bisher hatte keiner mitbekommen, dass Dawn gewandelt war. Dominik fand, das konnte warten. Er führte Dawn zu einem nahegelegenen Hof. Dort trank er oft bei dem Knecht und der Magd.
»Liebling ich möchte, dass du nicht zu gierig trinkst. Wir wollen die Menschen nicht töten. Und ich werde dich nur am Handgelenk trinken lassen.«
»Ich möchte auch keinen Menschen hier töten.« Hier nicht, fügte sie in Gedanken hinzu.
Als das erste Blut warm und süß ihre Kehle hinunter rann, übermannte sie Gier. Sie wollte mehr und knurrte enttäuscht, als Dominik sie zurückzog.
Sie hatte auch kein Ekelgefühl empfunden, als ihr Mund sich auf die warme Haut, des Knechtes legte.
Der Knecht taumelte leicht und Dominik zog ihn von Dawn weg. Danach brachte er sie zu der Kammer der Magd. Auch hier fiel es ihr schwer, nicht die Beherrschung zu verlieren.
»Sei vorsichtig! Stirbt einer, dann wird man nach den Ursachen forschen. Und es könnte uns in Gefahr bringen.«
»Ich bin vorsichtig, aber ich will mehr, bitte Dominik.«
»Du bekommst mehr, komm mit.«
Dawn trank von insgesamt fünf Menschen, ehe der bohrende Hunger nachließ.
»Nun solltest du fürs Erste genug haben.«
»Ich habe immer noch etwas Hunger, doch es ist erträglich.«
Dominik nickte ihr zu und gemeinsam kehrten sie zum gut zurück. Auf Pferde hatten sie verzichtet, da sie sich zu Fuß unauffälliger bewegen konnten.
Am Portal zog er sie in seine Arme.
»Ich kann es noch nicht fassen, dass du nun eine von uns bist. Fast hätte ich dich für immer verloren.«
»Dominik ich würde nicht sterben wollen, niemals.«
Er besiegelte ihre Worte mit einem Kuss.
Hand in Hand betraten sie das Haus und gingen zum Arbeitszimmer.
Drei erstaunte Augenpaare sahen ihnen entgegen. Liz fing sich als Erste und stürmte auf Dawn zu. Fest umarmten sie sich und Dawn dachte, Liz würde sie erdrücken.
»Dawn Liebes, wie schön. Nun bist du endlich eine von uns und wir brauchen uns keine Sorgen mehr um dich zu machen.«
Auch Hazel umarmte Dawn freudestrahlend.
»Ich habe von Anfang an geahnt, dass Dominik dich einmal wandeln würde. Nur die Umstände waren nicht die besten.«
»Hmm, dazu möchte ich wissen, wo Jeremia ist.« Dawn wollte ihrem Bruder ein letztes Mal ins Gesicht sehen, bevor das Urteil über ihn gesprochen wurde.
»Er ist in dem verlassenen Stall eingesperrt. Morgen wird Dominik ihn richten. Er hat den Tod verdient.«
»Ja, doch ich möchte zuerst mit ihm reden. Ich will ihm sagen, was ich von ihm halte.« Dawn empfand nichts als Hass und Verachtung für ihren Bruder.
Hazel sah sie an.
»Es wird ihn nicht interessieren, was du denkst.«
»Das ist mir gleich, aber es ist mir wichtig.«
Hazel streichelte ihre Schulter.
Sie wollte Dawn davon abhalten, doch sie wusste, es wäre zwecklos, also ließ sie es.
Dawn wandte sich ab und schritt hocherhobenen Hauptes ihrem Ziel entgegen. Auf dem Weg zum Stall ging sie mehrfach durch, was sie Jeremia sagen wollte. Als sie den alten Stall erreichte, holte sie noch einmal tief Luft. Dann stieß sie die Tür auf. Jeremia war an einem der Pfosten angebunden und Dawn sah ihn erstaunt an. Er wirkte selbstsicher und zeigte keinerlei Ängste. Offen blickte er sie an.
»Geliebte Schwester, oder soll ich sagen, Ausgeburt der Hölle? Schön dich wider bei Kräften zu sehen. Doch ich vermute deine rasche Genesung, ist nicht von Gott gewollt und widernatürlich. Aber mach dir keine Gedanken, du wirst nicht lange als Kreatur der Nacht überleben. Ich bin ein Jäger und meine Freunde wissen alles über euch und dieses Gut hier. Einiges haben sie selbst herausgefunden doch das meiste wissen sie von mir und als Belohnung, wurde ich einer von ihnen. Und ihr seit alle so gut wie tot.«
Langsam ging Dawn auf ihn zu. Vor Wut hatte sie ihre Fäuste geballt.
»Wann treffen sie ein? Und du weißt, deine Frau und deine Tochter sind auf dem Gut.«
»Man muss auch bereit sein Opfer zu bringen. Ihre Eltern verlangten, dass ich die Hure heiratete, weil sie dummerweise ein Kind erwartete. Ob das von mir ist, kann sie mit Sicherheit nicht sagen,. Wer weiß, wer noch an ihr dran war. Sie hat bereitwillig ihre Beine für mich breit gemacht und es schien, ich war nicht der Erste. Ich hätte sie nicht heiraten müssen, doch in dem Moment gefiel mir der Gedanke. Leider wohnte sie bis zu der Niederkunft im Haus ihrer Eltern, sonst wäre das Balg nie geboren worden. Wenn du sie nicht gesucht hättest, wären b iede nicht mehr am leben. Doch da ich dich und deine Sippe beobachten sollte, durfte ich meiner Frau und diesem Balg nichts antun.«
»Du bist wie unser Vater. Weißt du, eigentlich was Liebe ist? Wie man liebt?« Dawns Stimme hallte bis zum Haupthaus.
Jeremia lachte leise auf.
»Liebe? Das ist doch was für Träumer. Das Leben ist grausam und ich habe nie etwas geschenkt bekommen. Im Gegensatz zu dir.«
»Jeremia du hättest alles erreichen können, mit ein wenig Fleiß, doch stattdessen hast du dich als Strauchdieb durchgeschlagen. Mutter hätte sich für dich in Grund und Boden geschämt.«
»Unsere Mutter hat doch sowieso nie etwas zu sagen gehabt. Vater hätte ihr das Maul gestopft. Und hat er dann ja auch.«
»Was bist du für ein widerlicher Mensch, wie redest du über unsere Mutter. Ohne sie wären wir alle verhungert.«
»Glaub mir, ich wäre nicht verhungert, nie im Leben. Und ich habe ja noch den Trumpf, dass ihr Blutsauger nicht mehr lange existiert.«
»Wie meinst du das?«
»Schwester stell dich nicht so dumm an. Ihr kamt aus Frankreich herüber und ich weiß, dass euch die Jäger auf den Fersen waren. Und ich bin schon lange einer von ihnen. Schon weil ich hier gelebt hatte, macht mich wertvoll, darum habe ich keine Angst vor deinem Dominik oder den anderen Monstern.«
»Du gehörst zu den Jägern?«
»Ja und das schon länger. Irgendwann beobachtete ich sie, wie sie um das Gut herumschlichen, und fragte einen von ihnen. Als sie hörten, wer ich bin, war es nur eine Frage der Zeit, bis sie mich anheuerten. Und als ich ihnen half Albert zur Strecke zu bringen, stieg ich ganz nach oben auf. Ich war erst vor ein paar Tagen im englischen Hauptquartier. Meine Tarnung als Straßendieb half mir, alles im Auge zu behalten. Und bald kommt der Abt nach England und ich werde nach eurem Ableben die englischen Jäger anführen. Bald seid ihr nur ein Fehler, der ausgemerzt wurde und die Menschen können wieder nachts auf die Straße gehen.«
»Du hast was mit Alberts Tod zu tun?« Dawns Stimme bebte vor Zorn. Langsam bewegte sie sich auf Jeremia zu.
»Ohne mich hätten sie ihn nicht bekommen, den angeblichen König der Vampire. Pah das ich nicht lache. Wir haben einen König und brauchen keine Missgeburten.«
Plötzlich geschah vieles gleichzeitig. Die Stalltür wurde mit einem Knall aufgestoßen. Dawn erreichte ihren Bruder und umfasste seinen Kopf.
»Nein Dawn tu es nicht.« Dominik war mit wenigen Schritten bei ihr und wollte sie zurückreißen, doch sie wehrte sich erfolgreich. Mit einem Ruck brach sie ihrem Bruder das Genick. Blicklos starrten sie Jeremias Augen an, doch sie kümmerte es nicht. Ihre Fänge waren voll ausgefahren und ein Fauchen ertönte.
»Liebling bitte beruhige dich. Und du hättest ihn nicht töten dürfen. Cynwrig wollte ihn befragen.«
»Alles, was ihr wissen müsst, ist: Er war ein Jäger und er hat geholfen Albert zu töten, das reicht.«
»Trotzdem solltest du dich nicht in die Belange der Clans einmischen.«
»Habe ich mich nicht. Ich habe sozusagen ein familiäres Problem aus der Welt geschafft.« Aufgebracht blitzte sie ihn an.
Beide standen sich gegenüber und fletschten die Zähne. Noch nie hatte Dominik Dawn so brutal oder unberechenbar erlebt.
»Dawn bitte, das bist nicht du.«
»Doch das bin ich. Ich habe ihn immer gehasst. Jeremia hatte nie Gutes im Sinn, immer war er gemein und quälte mich.«
»Das weiß ich doch Liebste, nur es erschreckt mich diesen Hass in dir zu sehen. Du wendest dich sogar gegen mich.«
Dawn wurde bleich. Fast hätte sie sich vergessen und wäre auf Dominik losgegangen. Alle Wut wich aus ihrem Gesicht und sie trat zu ihm.
Sanft legte sie ihm die Hand auf den Arm.
»Dominik es tut mir leid. Aber ich denke, mein Bruder hat nichts anderes verdient.«
»Trotzdem wäre es wichtig gewesen, ihn noch einmal zu verhören.«
»Nun geht es eben nicht mehr. Und ich möchte zu meiner Schwägerin. Sie soll erfahren, das sowohl sie als auch das Kind in Sicherheit sind. Sie hätte genauso enden können wie meine Mutter.«
»Wir hätten es aber nicht zugelassen.«
»Ach genau wie bei meiner Mutter damals?« Dawns Stimme troff vor Hohn und wieder schreckte Dominik zusammen. Was hatte die Wandlung aus ihr gemacht? Er beschloss, sie genau im Auge, zu behalten.
»Gehn wir ins Haus, bitte Dawn. und lass uns diesen Streit beenden. Es ist ja nun nicht mehr zu ändern.«
»Geh ruhig, ich komme nach. Zuerst will ich zu meiner Familie.«
Wieder dieser Unterton, der Dominik erschauern ließ, doch er drehte sich um und ging zum Haus. Wenn Dawn erst länger ein Vampir war, würde sie ihre Gefühle unter Kontrolle bekommen. Sie musste einfach. Seine Angst, dass sie so wie Isi werden könnte, wurde geweckt. Nein dazu ist sie zu weichherzig. So würde sie nie werden. Obwohl er sich das immer wieder einredete, blieb ein letzter Zweifel.
Auf dem Weg zum Gesindehaus beruhigte sich Dawn ein wenig. Ihr fehlte jede Erklärung, was mit ihr nicht stimmte. Früher hätte sie Dominik Recht gegeben. Sicher auch früher hatten sie Streit doch so aufbrausend und unberechenbar war sie nie gewesen. Ob es an ihrem Vampirdasein lag? Nachdenklich blieb sie vor der Tür zum haus ihrer Schwägerin stehen und nagte an ihrer Unterlippe. Dawn atmete einmal durch und beschloss später nach einer Lösung zu suchen.
Entschlossen öffnete sie die Tür und betrat den Raum, in dem sie den Großteil ihrer Kindheit verbrachte. Ihre Schwägerin saß am Tisch mit dem Kind und aß.
»Guten Abend Josephine, ich hoffe, ich störe euch nicht.«
Erschrocken sprang Josephine auf und riss die Augen auf. Wie konnte das sein? Dawn gesund und wohlauf, ohne die Spuren der Schläge oder die kleinste Verletzung. Vor kurzem noch kämpfte Dawn um ihr Leben und nun steht sie hier.
»Was ist geschehen. Man sagte, du würdest die Nacht nicht überleben und nun stehst du hier, als sein nichts geschehen.«
»Es geht mir gut und es war nicht so schlimm, wie es aussah. Doch ich möchte mit dir reden. Jeremia ist tot. Man hat ihn im Stall geköpft.«
Josephine wurde zuerst fahl, doch mit einem Seitenblick zu ihrer Tochter, zuckte sie mit den Schultern.
»Ich will nicht lügen, doch ein großer Verlust ist er für uns nicht. Fast immer musste ich mich und das Kind alleine durchbringen. Mir tut es leid für dich, denn du hast den letzten lebenden Verwandten verloren.«
»Vielleicht hast du recht, doch Jeremia war mir fremd. Und als Kind hatte ich unter ihm zu leiden. Und mein letzter lebender Verwandter ist er ja nicht. Deine Tochter ist meine Nichte und somit mit mir verwandt.«
Josephine Nickte.
»Wirst du sie mir wegnehmen? So wie dich damals die Gutsherren deine Eltern weg genommen haben. Jeremia hat mir davon erzählt. Dass deine armen Eltern keine andere Wahl gehabt hätten.Sonst hätte man euch vom Hof gescheucht. Und das dein Geliebter deine Mutter getötet hatte«
Erstaunt und zugleich wütend runzelte Dawn die Stirn.
»Das sind alles Lügen. Dominik hatte meine Mutter um Erlaubnis gebeten, mich aufziehen zu dürfen. Meine Mutter hat dem zugestimmt und mein Vater wollte mich sogar an Dominik verkaufen. Und er war es auch, der unsere Mutter umbrachte. Als das geschah, waren Dominik, Albert, Hazel und ich auf dem Weg nach London. Jeremia hat es gehasst, dass ich in dem großen Haus leben durfte, während er weiter in Armut hier verbringen musste.«
»Hmm ich wusste, wie er ist, bevor wir heirateten. Doch ich hatte die Hoffnung, meine Liebe würde ihn zu einem besseren Menschen machen. Die Hoffnung starb, als meine Liebe erstarb.«
»Du hast ihn geliebt?« Dawn blickte Josephine ungläubig an. Wie konnte ihr Bruder jemanden dazu bringen, ihn zu lieben?
»Ja er war so nett und wollte mir die Welt zu Füssen legen. Bis zu dem Tag als ich ihm erzählte ein Kind zu erwarten. Ab da veränderte er sich. Doch ich schob es auf die meine Unlust, mit ihm das Bett zu teilen. Als wir heirateten, war er immer öfter betrunken, oder verschwand für Wochen. Bei der Geburt war ich im Haus meiner Eltern. Wo sich Jeremia aufhielt, wusste ich nicht. Das Kind würdigte er keines Blickes. Heute vermute ich, weil sie deine Augen hat. Er fühlte sich vielleicht an dich und seinen Hass erinnert. Ich nahm kleinere Arbeiten an, damit wir nicht eines Hungertodes starben. Aber im Winter war es hart. Wir ernährten uns oft von Almosen. Aus meiner anfänglichen Liebe wurde Verachtung. Denn du musst wissen, wenn er nach Hause kam, dann war ihm kein Hunger anzusehen, im Gegenteil er wirkte wohlgenährt. Und seine Kleidung war nie zerschlissen. Wenn ich ihn dann bat, für uns zu sorgen, schrie er mich an. Schließlich war es egal, ob er ging oder blieb. Und nun ist er tot und ich frei. Noch bin ich jung und hoffe einen Mann zu finden, der es gut mit uns meint.«
»Du bist hübsch, was sollte dem im Wege stehen?«
»Das Kind eines anderen.« Verzweifelt sah Josephine Dawn an.
»Ach was, wenn er dich liebt, wird er das Kind annehmen.«
»Oder verlangen, dass ich sie aussetze. Sie bedeutet noch ein Maul, was er stopfen müsste.« Sie klang verbittert.
»Josephine vielleicht solltest du so nicht vor deiner Tochter reden.«
Trotzig blickte Josephine Dawn an.
»Warum nicht? Das Leben ist kein Zuckerschlecken. Nicht jeder wird von reichen Gutsherren groß gezogen, wie du. Und je eher sie lernt, was es heißt arm zu sein, umso besser schlägt sie sich später durch.«
»Du vergisst, ich bin Meredith Tante und ich lasse nicht zu, dass sie sich durchschlagen muss.«
»Wie willst du das erreichen? Du bist doch auch nur das Mündel und besitzt nichts.«
»Nicht mehr! Ich bin mit Dominik verlobt und wir wollen sehr bald heiraten. Vielleicht wäre es am sichersten, ihr beide würdet im Haus leben.«
»Nein das will ich nicht. Ich und Meredith bleiben hier. Aber wenn ich darf, würde ich gern im Haus arbeiten.«
»Das ließe sich einrichten. Nur wäre es mir nicht recht. Du bist meine Familie und Meredith sollte es besser haben. Bitte überleg es dir. Im Haus hättet ihr es beide bequemer.«
»Ich überlege es mir, jedoch nur, wenn ich für meinen Unterhalt arbeiten darf.«
»Gut ich rede mit Dominik darüber. Doch ich denke, wir benötigen keine Hilfe.«
»Dann bleibe ich hier in dem Haus.«
»Ich werde sehen, was ich tun kann. Ansonsten bitte ich dich dir Essen und Kleidung im Haupthaus zu holen und was ihr hier noch braucht.«
Josephine setzte zu einem Widerspruch an, doch Dawn hob die Hand.
»Keine Widerrede! Egal was ihr braucht, hol es dir, oder ich lass es ohne dein Wissen herschaffen.«
Beide Frauen blitzten sich an, doch Josephine gab nach. Denn es war ganz gut, nicht um alles betteln zu müssen. Zudem war sie nicht alleine und musste sich um Meredith kümmern. Die hatte die ganze Szene mit großen Augen und offenem Mund mit angesehen.
Als Dawn gegangen war, legte sie ihren Löffel beiseite, mit dem sie ihre wässrige Suppe gegessen hatte.
»Mummy, es wäre toll in dem schönen Haus zu wohnen und nun wo Vater tot ist, wären wir dann nie mehr alleine.«
»Kleines, ich will nicht auf Kosten anderer leben. Nachher werfen sie uns vor, wir wären Schmarotzer.«
»Ich glaube, das würde keiner dort tun. Die Tante ist schon nett und so wunderschön. Gestern auf dem Hof waren auch alle sehr nett zu mir. Bitte können wir drüben leben?«
»Wenn ich dort arbeiten kann, sicher. Doch wenn nicht warten wir auf den Frühling und ziehen dann weiter. Und jetzt üben wir schreiben, bevor die Sonne untergeht, solltest du die nächsten Buchstaben kennen.«
Freudig klatschte Meredith in die Hände. Sie lernte schnell und war neugierig, wann sie das erste Buch lesen konnte.
Als Dawn im Haupthaus war, suchte sie nach Dominik. Im Arbeitszimmer fand sie ihn zusammen mit Cynwrig, Hazel und Liz.
Unschlüssig blieb sie an der Tür stehen und alle Augen fixierten sie.
»Komm ruhig näher Liebes.« Hazel war die Erste, die sich fing.
Dawn trat zu ihnen und setzte sich neben Dominik, was Liz mit einem spitzbübischen Grinsen quittierte.
»Dominik wir müssen reden dringend. Es geht um meine Familie.« Aufgeregt redete Dawn auf ihn ein, doch er schüttelte den Kopf.
»Jetzt nicht Liebste. Wir haben Wichtiges zu besprechen und als Gefährtin des Ratsoberhauptes solltest du es auch wissen.«
»Das kann nicht wichtiger als meine Familie sein.«
»Doch denn es geht um unser Leben.«
»Ich warte oben auf dich. Beeil dich bitte.«
Nun wurde Dominik ungehalten.
»Nein du bleibst hier. Wir werden bald wieder aufbrechen. Diesmal kommst du mit. Ich lass dich nie wieder schutzlos hier zurück.«
Trotzig schob Dawn ihre Unterlippe vor.
»Ich bin nicht schutzlos. Ich bin ein Vampir und kann mich sehr wohl selbst schützen.«
Langsam verlor Dominik die Geduld.
»So wie Albert sich selbst schützen konnte?« Hazel schlug sich die Hand auf den Mund und Liz hielt die Luft an. Dawn blitzte Dominik an.
»Ich bin nicht Albert.«
»Du bist gerade erst zum Vampir geworden und Albert hatte tausend Jahre mehr Zeit, um stark zu werden. Unterschätze die Jäger nicht! Und gehorche deinem Anführer.« Cynwrig kam Dominik damit zu Hilfe. Und Dawn gab klein bei. Der Urvampir flößte ihr Respekt ein.
»Zudem ist es nicht sehr taktvoll über Albert in Gegenwart seiner Gefährtin zu reden.«
Dawn senkte den Kopf, das hatte sie verdrängt.
»Verzeiht bitte.«
Cynwrig nickte ihr zu und seine Mine wirkte nicht mehr so streng wie vor wenigen Augenblicken.
»Wir sollten zuerst zurück nach Glasgow. Stewart wollte seine Vampire befragen, ob sie sich uns anschließen. Und er hat genug Verbindungen zu den nördlicheren Clans. Je mehr sich uns anschließen, desto besser können wir die Unterwanderung der Jäger planen.«
Dominik nickte.
»Liz wer von den Vampiren bleibt hier zum Schutz der Menschen?«
»Jean und vier andere, der Rest begleitet uns. Jean wird die Menschen vom Hof schaffen, sollte ein Angriff erfolgen. Mathieu wird uns informieren, sobald dies geschieht. Dann kehren wir um. Keine Angst Dawn deine Schwägerin und ihr Kind sind sicher, denn ich glaube nicht, dass ein Angriff erfolgt. Vor allem jetzt nicht, wo ihre wichtigste Informationsquelle ausgeschaltet ist.«
Dawn mochte nicht so recht glauben, dass alle hier in Sicherheit waren. Dennoch nickte sie Liz zu.
»Wie lange sind wir unterwegs?«
»Das kann keiner sagen. Nur das wir dringend Verbündete brauchen. Es wird sonst sehr schwer die Clans zur Gegenwehr zu bewegen. Die Nordclans können uns in Kampftechnik schulen. Die Clans hier im Süden Englands sind einfach zu verweichlicht.«
»Wir müssen vor allem herausfinden, wo die Jäger ihr Hauptquartier haben und wer sie anführt. Dann können wir der Schlange den Kopf abschlagen. Ich denke, dann werden sie sich keine weiteren Angriffe mehr wagen.«
Cynwrigs Stimme war das genaue Gegenteil zu seinem furchterregenden Äußeren, sanft und fast väterlich. Dawn fing an, den Urvampir anders zu sehen.
»Wann brechen wir auf?«
»In drei Tagen. Erst müssen einige Vorbereitungen getroffen werden.« Dominik sah sie erstaunt an. Sie schien sich ehrlich für die Belange der Vampire zu interessieren. Und tatsächlich wirkte Dawn aufgeregt und hörte aufmerksam zu.
Es wurde beschlossen, sobald die nördlichen Clans zustimmen, wird in London der Rat einberufen, um den Kodex umzuschreiben. Die Regeln mussten gelockert werden. Auch was den Verbund mit Menschen anging. Das war der schwierigste Part des Plans. Die Clans hielten stoisch am Kodex fest. Dominik würde hier mit Strenge vorgehen müssen.
Liz blickte erleichtert zu Dominik. Endlich würde der Kodex überdacht. Zu lange hatte er die englischen Clans eingeschränkt.
»Nun ist es beschlossen. Dawn und ich werden auf die Jagd gehen. Im Moment benötigt sie noch mehr Blut und muss erst lernen auch mal länger ohne zurecht zu kommen.«
Diesmal mussten sie weiter entfernt vom gut auf Jagd gehen. Dominik war mit ihr nach Chester geritten und dort in das Gasthaus eingekehrt, das Dawn aus ihrer Kindheit kannte.
»Verhalt dich bitte ruhig. Ich besorge uns ein Opfer.«
Dawn nickte und nahm den Geruch intensiv war, der hier vorherrschte. Ihr drehte sich der Magen um. Hatte es hier immer schon so bestialisch nach den Ausdünstungen der Menschen gestunken? Und wenn ja, warum nahm sie es erst jetzt, so intensiv war?
Sie fasst Dominik am Arm.
»Bitte beeil dich, hier stinkt es furchtbar.«
Er lächelte ihr aufmunternd zu.
»Dein Geruchssinn ist noch feiner wie früher. Ich lade einfach eine der Männer auf ein Ale ein. Wenn du willst, kannst du draußen bei den Stallungen auf mich warten.«
»Ja sicher, das wäre gut.« Erleichtert drehte Dawn sich um und verließ den Schankraum. Vor der Tür sog sie gierig die Luft in die Lungen. Hier roch es auch nach Unrat, doch nicht so stark wie in der Stube.
Langsam ging sie auf den Stall zu, in dem ihre Pferde standen. Im Eingang stand der Stallbursche und sah ihr lüstern entgegen.
Dawn hörte seinen Herzschlag und ihre Fänge wuchsen. Hunger nein Gier drohte sie zu übermannen. Bevor sie sich umdrehen konnte, sprach der Stallbursche.
»Miss, wollen sie nach ihren Pferden sehen? Ich habe sie versorgt. Und wenn sie frieren, im Stall ist es wärmer.«
Dawn bewegte sich langsam und aufreizend auf ihn zu und beobachtete, wie seine Gier wuchs.
Doch auch ihre Blutgier wuchs, sie konnte sich kaum beherrschen, nicht auf ihn loszustürmen und ihn zu beißen. Mit größter Anstrengung mäßigte sie sich und schritt weiter anmutig auf ihn zu.
-langwsam drehte er sich um und ging durch die offene Tür ins Dunkel des Stalls. Nun beschleunigte Dawn ihren Gang und folgte ihm in den Schatten.
Witternd sog sie die Luft ein und erspähte ihn unweit in einer Box. Zum Glück waren ihre Augen empfindlich genug , um alles erkenne zu können.
Doch nun wo sie keiner beobachten konnte, stürzte sie auf ihr Opfer und umklammerte ihn.
»Na meine Schöne nicht so eilig.« Er wollte sich aus ihrem griff befreien, doch sie stieß nur ein Knurren aus und packte fester zu. Blitzartig riss sie seinen Kopf zurück und wollte ihre Fänge in den nun freigelegten Hals schlagen, als sie zurückgerissen wurde.
Dominik, dachte sie nur. Sie wollte aufschreien, doch dann wurde ihr der Mund zugehalten. Verzweifelt wehrte sie sich, doch der Griff war zu fest. Wer konnte die Kraft eines Vampirs überbieten, schoss es ihr durch den Kopf?
Sie wurde in den hinteren Teil des Stalls geschliffen.
Panik stieg in ihr hoch. Dominik wusste nicht, wo sie sich befand.
Und plötzlich wurde sie herumgedreht und konnte ihren Angreifer ansehen. Es war nicht der Stallbursche, sondern eine Gestalt, die in einen langen Kapuzenmantel gehüllt war. Sein Gesicht lag im Verborgenen, nur seine Hände waren zu sehen. Die Haut war dunkler als ihre und die Finger waren lang und feingliedrig.
»Du musst Dawn sein. Die Beschreibung, die mir dein Bruder gab, ist wirklich sehr gut.«
»Ja wer bist du? Und was willst du von mir?«
»Wer ich bin, musst du nicht wissen. Und im Augenblick bin ich eher neugierig und will nichts von dir. Aber du hast etwas an dir, nicht nur dein Vampirdasein, sondern etwas Außergewöhnliches. Ich bin überzeugt, dass wir uns in Zukunft wiedersehen werden.«
Ehe Dawn etwas erwidern konnte, war der Fremde verschwunden und sie hörte Dominik, der nach ihr rief. Sie eilte zum Ausgang und stieß dabei gegen den Stallburschen, der sie nun nicht mehr lüstern angrinste. Stattdessen blickte er sie hasserfüllt an. Eilig schob sie sich an ihm vorbei und fiel Dominik in die Arme.
»Liebste, was ist mit dir? Du wirkst völlig verängstigt.«
Eilig erzählte sie ihm, was geschehen war, und Dominiks Augen verengten sich zu Schlitzen.
»Mach so etwas nie wieder. Wenn das nun ein Jäger gewesen wäre, hätte er dich vernichtet.«
»Dann war es keiner. Doch er hatte Kraft. Ich konnte mich nicht aus seinem Griff befreien. Was denkst du, war er?«
»Vielleicht ein anderer Vampir. Im schlimmsten Fall einer, der nach meiner Position trachtet.«
»Ob wir das herausfinden? Aber er hatte dunklere Haut als alle, die ich kenne.«
»Dawn es wird immer Rätselhafter. Ich denke, wir werden das mit Cynwrig und Liz bereden. Und nun komm mit, ich weiß, wo wir Blut bekommen.«
Weit mussten sie nicht gehen, und sie wurden bereits erwartet.
»Oh Süßer hast du eine Zuschauerin mitgebracht?« Lasziv lehnte eine blonde Dirne an einer Hauswand.
»Nein sie wird sich beteiligen. Warte ab, es wird ein ganz besonders Erlebnis.«
Langsam schritt Dominik auf sie zu, während Dawn sich noch zurückhielt. Diese Frau roch nach schalem Bier, Schweiß und etwas, das Danw unbekannt war, und dennoch Ekel in ihr hervorrief.
Dann ging alles ganz schnell, Dominik packte die Frau, bog ihren Hals zurück und nickte Dawn zu. Der Hunger übermannte das Ekelgefühl und Dawn schlug die Fänge in die weiche Haut des Halses.
Gierig trank sie und verlor sich im süßen Geschmack des Blutes. Selbst als ihr Opfer aufkeuchte, hörte sie nicht auf.
Plötzlich wurde sie zurückgerissen.
«Dawn, Dawn hör auf. Sie ist tot. Du warst nicht mehr zu stoppen. Du hast sie getötet.« Panisch blickte Dominik in ihr Gesicht, doch sie schien durch ihn hindurchzusehen.
Dawn blickte mit verschleiertem Blick zu Dominik, dann drangen die Worte in ihr Hirn und das Begreifen setzte sein.
»Tot?«, fragte sie entsetzt. Das hatte sie nicht gewollt. Sie wollte doch niemanden töten.
»Ja, du hast fast alles aus ihrem Körper getrunken. Dawn, es ist nicht schön, das weiß ich, doch es kann passieren.« Dominik umarmte sie und drückte sie an sich. Ihr entsetztes Gesicht machte ihm mehr Angst, als ihre aufkommende Aggression der letzten Tage.
Dawn zitterte am ganzen Körper.
»Bitte lass nie mehr zu, dass ich jemanden töte, wegen meines Blutdurstes.«
»Du hast deinen Bruder getötet, ist das nicht das Gleiche?«
»Nein er hat es verdient, diese Frau nicht.«
»Wer sagt dir das, vielleicht hat sie es genauso verdient nur weißt du es nicht.«
Dawn schüttelte heftig den Kopf.
»Ich bin sicher, sie war weder grausam noch hatte sie vor andere zu töten. Schon gar nicht ihr eigenes Kind.«
»Dawn viele der Huren töten ihre ungewollten Kinder. Entrweder gleich nach der Geburt oder später, wenn diese ihnen lästig werden. Und sieh mal, du bist ein Vampir, es gab eine Zeit, da töteten wir, um zu überleben. Und glaub mir, es war gleich ob Mann, Frau oder Kind.«
»Du auch?« Entgeistert sah sie Dominik an. War er ein Monster? Und würde sie nun auch ein Monster sein?
»Ja ich auch. Doch dann schafften wir den Kodex. Und ab da war es verboten, Menschen das Leben zu nehmen. Doch es kann passieren, dass man seinen Hunger unterschätzt, oder Jungvampire, wie du es bist, es noch nicht beherrschen.«
»Dann bring es mir bei Dominik.« Ihre Stimme klang verzweifelt und Dawn blickte flehend zu ihm.
»Liebste ich selbst weiß, wie du dich nun fühlst und bitte gib dir Zeit. Du lernst die Gier zu unterdrücken, und deinen Hunger trotzdem zu stillen.«
Zweifelnd schüttelte Dawn den Kopf.
»Liebster ich erschauder vor mir selbst. Erst das mit meinem Bruder dann diese Wut, die mich fast auffrisst.«
»Du darfst deine Gefühle unterschätzen. Sie sind nun viel ausgeprägter und mächtiger. Du warst als Mensch impulsiv und temperamentvoll nun wird es noch verstärkt. Ich helfe dir, es zu kontrollieren. Doch nun müssen wir die Leiche entsorgen und dann möchte ich hier weg. Dieser Ort ist ekelerregend.«
Zustimmend nickte Dawn und half ihm die Leiche in den Dee zu werfen, der in der Nähe durch die Stadt floss. Wohl war ihr nicht dabei, doch nichts zu tun, hieße Neugierde auf sich zu ziehen.
Ihr Handeln blieb nicht unbeobachtet. Eine Gestalt in einem Kapuzenumhang beobachtet sie. Es war derjenige, der Dawn im Stall, aufgelauert hatte.
Immer noch sah er ihre eisblauen Augen und merkte, wie sich seit langem Gefühle in ihm regten, die er tot geglaubt hatte. Er musste diese Frau besitzen, koste es, was es wolle. Dazu würde er alle Vampire in ihrem Umkreis töten müssen. Erst wenn sie den letzten Halt verloren hatte, konnte er ihr genau den wieder bieten. Ihr Gefährte stand ganz oben auf seiner Liste.
»Herr, warum habt ihr sie nicht getötet?« Erklang die Stimme seines Begleiters.
»Etienne, weil ich sie vielleicht noch brauche. Sie ist ein sehr junger Vampir und somit formbar.«
»Aber Herr ich dachte, wir töten alle Vampire, weil sie Monster sind.«
»Dann ist sie eben eine Ausnahme. Willst du meine Entscheidung anzweifeln?« Gereizt sah er seinen Begleiter an.
»Natürlich nicht Herr. Ihr führt die Jäger an und ihr entscheidet, was getan werden muss.«
»Dann halte dich daran. Und nun komm zurück ins Hauptquartier. Ich möchte einen Angriff auf das Vampirgut planen. Dort lebt sie und sie wird als Gefangene überleben. Ich habe Pläne mit ihr.«
Etienne nickte und wandte sich ab. Sein Herr durfte den Hass in seinen Augen nicht sehen. Hass auf diese Frau, die seinen Herren so beeindrucken zu schien. Er würde dafür sorgen, dass auch sie nicht überlebt. Man müsste es wie einen Unfall aussehen lassen, oder ein Versehen. Später als alle Jäger versammelt offenbarte sein Herr seine Pläne.
»Ich will das gut angreifen und jeden Vampir, der dort haust, tot wissen. Einzig Jeremias Schwester wird als Gefangene mit uns zurückkehren. Und sie wird mich nicht sehen dürfen. Ich habe etwas Besonderes mit ihr vor.«
Ein Raunen ging durch seine Gefolgsleute teils missmutig teils zustimmend.
»Abt, warum Gefangene nehmen. Diese Monster sollten vom Erdboden vertilgt werden, so habt ihr es uns beigebracht.«
Der Angesprochene schob seine Kaputze vom Kopf und funkelte den Sprecher ungehalten an. Er war nun schon der Zweite nach Etienne, der an seiner Entscheidung zweifelte.
»Es wird so und nicht anders geschehen. Alle bis auf die Gefährtin des Königs sterben. Und ich möchte in drei Tagen einen ausgearbeiteten Plan, verstanden?«
Jeder wusste, dass der Abt mit seinen Widersachern kurzen Prozess machte, darum schwieg jeder betreten und nickte nur.
»Gut dann ziehe ich mich jetzt zurück. Etienne!«
Der angesprochene folgte seinem Herrn in dessen Schlafraum.
»Etienne bleibe heute Nacht bei mir. Bevor einer dieser Dummköpfe dort draußen etwas gegen mich plant.«
»Herr ihr müsst trinken, dann seid ihr ruhiger. Im Moment regt euch jede Kleinigkeit auf.« Etienne krempelte den Ärmel seiner Tunika hoch und bot seine Herren sein Handgelenk an. Doch dieser schüttelte den Kopf.
»Bitte ich kann das nicht. Es ist gegen die Natur.«
»Aber ohne das sterbt ihr. Es war schon einmal fast soweit und ich konnte euch im letzten Moment retten.«
»Vielleicht hättest du das besser unterlassen«, murmelte der Abt.
»Und wer führt uns dann an? Vielleicht dieser Hafenhalunke Jacques? Trinkt ich halte euch zurück, sollte die Gier euch übermannen.«
Etienne presste seinen Arm an den Mund des Abtes. Nach einer gefühlten Ewigkeit fühlte er, wie die Fänge die weiche Haut seines Armes durchdrangen und das Saugen einsetzte.
Gierig sog der Abt das Blut aus dem Arm. Der Durst war zu stark und schließlich musste er diesem nachgeben. Eisblaue Augen durchkreuzten seine Gedanken. Das bewirkte, dass er die Kontrolle verlor und sich in Etiennes Arm regelrecht verbiss.
»Herr aufhören, ihr habt genug.« Doch statt seiner Aufforderung folge zu leisten, knurrte der Abt unwillig. Etienne fühlte, das ihn schwäche erfasst. Er musste den Abt zum Aufhören bringen, sonst wäre es um ihn geschehen. Alle Kraft aufbringend, schaffte er es dennoch, den Abt von sich zu stoßen. Keuchend hielt er seine wunden Arm umschlungen.
Der Abt schüttelte orientierungslos den kopf und wollte sich wieder auf Etienne stürzen, doch dieser wich ihm aus.
»Halt, ihr habt genug. Es reicht.«
Seine Worte halfen, der Abt stoppte in der Bewegung und schlug die Hände vor sein Gesicht.
»Ich bin ein Monster, das Monster welches ich eigentlich töten sollte.«
Etienne trat zu seinem Herren und legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter.
»Nein Herr ihr seid besser aös diese Blutsauger. Ihr habt gelernt, euch zu beherrschen. Ihr achtet das Leben und würdet nie jemandem etwas zu Leide tun.«
Plötzlich und ruckartig zog der Abt Etienne an sich. Er streichelte seinen Rücken und ließ die Hände an den Oberschenkeln hinabgleiten. Etienne stöhnte auf. Erregung erfasst ihn und er leckte mit der Zunge sachte am Hals seines Herren entlang.
Der Abt befreite Etienne von seinen Kleidern und schob ihn zum Bett. Mit einem leichten Schubs beförderte er ihn auf das Lager und entledigte sich nun selbst seiner Kleider.
Er wollte sich keine Zeit lassen, nur seine Lust befriedigen, deshalb drehte er Etienne mit dem Rücken zu sich und drang mit einem kraftvollen Stoß von hinten in ihn ein. Mit geschlossenen Augen stellte er sich vor Dawn auf die gleiche Weise zu nehmen. Ja, genau das wollte er, sie nehmen auf jede erdenkliche Art.
Etienne zuckte zusammen. Der Stoß kam unerwartet und war auf süße Weise schmerzhaft. Seine Lust steigerte sich ins Unermessliche. Er gehörte seinem Herren mit allem und er würde dafür sorgen, dass keiner zwischen sie trat. Seine Liebe durfte nicht enttäuscht werden.
Gemeinsam begaben sie sich auf die Höhen des Verlangens, doch jeder mit seinen eigenen Träumen beschäftigt. Als der Abt sich in Etienne ergoss, konnte Etienne sich nicht mehr halten und stieß einen kleinen Schrei aus.
Dann lagen sie keuchend beieinander, keiner sagte etwas. Etienne aus Angst das Falsche zu sagen und der Abt, weil Etienne die falsche Person war, um etwas zu sagen.
Der Abt brach zuerst das Schweigen.
»Etienne nun geh bitte in dein Gemach. Wenn dich hier jemand herauskommen sieht, gibt es Gerüchte.«
Schmollend verließ Etienne das Zimmer. So gern würde er neben seinem Herrn einschlafen und aufwachen. Seine haut an seiner spüren, seine Arme um ihn gelegt. Doch jedes Mal schickte der Abt ihn fort. Etienne träumte von einer gemeinsamen Zukunft. Doch man würde es bei den Jägern nicht gutheißen. Die meisten waren gottesfürchtige Männer und eine Liebe zwischen Männern würde als widernatürlich angesehen werden.
Etienne seufzte und legte sich in sein Bett. Mit geschlossenen Augen stellte er sich vor, der Abt würde ihn berühren. Seine Hände fuhren über seine Oberkörper bis zu seiner Mitte. Er umfasste seine Männlichkeit und rieb sachte daran auf und ab. Mit der anderen bedeckte er seinen Mund, um nicht laut zu stöhnen. Immer heftiger wurde sein Reiben und immer mehr versank er in dem Traum immer und immer wieder in den Abt einzudringen. Seine nackte Kehrseite mit den Händen zu umfassen, damit er tiefer in ihn dringen konnte. Endlich kam die Erlösung und Etienne wischte seinen Samen mit einem Tuch beiseite. Schwer atmend rollte er sich zusammen und schloss die Augen. Der Schlaf ließ nicht lange auf sich warten.
Der Abt stand am Fenster und blickte in die Nacht. Bald wäre Dawn sein und dann musste er nur Etienne loswerden. Instinktiv spürte er, dass Dawn nicht lange überleben würde, da Etienne Besitzansprüche stellte. Bisher hatte der Abt das geduldet, doch das würde dann ein Ende haben. Etienne musste sterben, und zwar sehr bald.
Da gab es aber noch etwas, was seinen Tod unabdingbar machte, Etienne wusste, was er wirklich war. Keiner der Jäger hatte davon eine Ahnung. Er musste Etienne von einem seiner Feinde töten lassen, das wäre am unverfänglichsten. Am besten bei dem angriff auf das Gut.
Zufrieden mit sich und seiner Idee wandte er sich um und legte sich in sein Bett. Er rollte sich auf dem Rücken und stellte sich Dawn nackt auf ihm vor. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht schlief er ein.
Später als Dominik und Dawn auf dem Gut ankamen, wurden sie bereits erwartet.
»Gut, dass ihr zu Hause seid. Es gibt Neues von den Jägern.« Liz saß auf der vordersten Kante ihres Stuhls und wirkte aufgeregt.
»Wir haben auch etwas zu berichten. Aber zuerst eure Neuigkeiten.«
»Wir haben hier ja einige menschliche Verbündete gewonnen, die als Spione bei den Jägern sind. Einer berichtet nun, dass die Jäger einen Angriff auf das Gut planen. Er kam heute vor euch aus Chester hier an und meinte es wird sehr bald geschehen. Ich bin der Meinung, wir sollten das Anwesen evakuieren.«
»Wenn wir das machen, wecken wir deren Mistrauen. Wir sollten Verstärkung anfordern.« Warf Cynwrig ein.
»Und woher? Die nördlichen Clans sind uneins. Und die ansässigen Clans, die fürchten um ihre eigene Haut. Evakuierung ist die einzige Möglichkeit. Nur wir müssen hier mit Ruhe vorgehen. Die Schwächsten gehen zuerst. Dann folgen die anderen in kleinen Gruppen. Alles nicht zu auffällig.«
»Und wohin? Wenn wir uns zerstreuen, sind wir schwach und angreifbar.«
»Wir müssen einen Treffpunkt ausmachen und verschiedene Wege benutzen. Nur Hierbleiben würde sehr hohe Verluste fordern. Und das nicht nur bei uns Vampiren.« Dominik sah in die Runde und erblickte besorgte und nachdenkliche Gesichter. Im Arbeitszimmer war es plötzlich totenstill. Dawn nagte an ihrer Unterlippe. Die Kinder müssten zuerst gehen. Laut sprach sie diesen Gedanken aus.
»Es würde auffallen, wenn wir alzu organisiert vorgehen. Die Jäger liegen hier irgendwo auf der Lauer. Sie würde sofort bemerken, wenn wir eine Flucht planen. Doch ich gebe Dawn recht, die Menschen müssen zuerst gehen.« Dominik wandt sich zu Liz.
»Siehst du eine Möglichkeit, das zu bewerkstelligen?«
»Ja wir müssten die Familien so Wegschafen, als würde sie das Gut für immer verlassen. Jede Familie woanders hin, um dann zu einem gemeinsamen Treffpunkt zu kommen. Und wir sollten sofort morgen früh beginnen. Dawns Schwägerin und die Familie der Küchenmagd machen den Anfang. Zum Glück sind nicht so viele Menschen hier, sondern überwiegend Vampire. Doch ich würde vorschlagen, dass einige Vampire hier bleiben. Und zwar die, die in Frankreich schon gegen die Jüäger gekämpft haben. Ganz ohne Verluste sollten sie nicht davon kommen.«
»Mir wäre es lieber, deine Vampire beschützen die Menschen in ihrem Versteck. Die Verluste sehe ich auf beiden Seiten.«
»Meine Vampire sind den Kampf gewohnt. Also lass ihnen den Spaß.«
Dominik blitzte seine Schwester an.
»Es geht hier nicht um Spaß, sondern um die Existenz der Vampire Englands. Ich will das dein Gefolge die Menschen beschützt. Später will ich, dass sie uns alle im Kampf schulen.«
Er wandte ihr demonstrativ den Rücken zu und ignorierte ihr wütendes Knurren.
Cynwrig blickte unbehaglich aus dem Fenster. Dieser Streit war ihm unangenehm.
Insgeheim gab er Dominik Recht. Ein Kampf wäre für beide Seiten fatal und noch zu früh.
»Ich stimme Dominik zu. Wir brauchen deine Leute für die Rettung der Menschen. Ohne sie sind die Menschen wehrlos.«
»Dawn Liebling, du begleitest die Menschen, dich kennen sie und vertrauen dir. Den Vampiren aus Frankreich sind sie etwas misstrauisch gegenüber.«
»Ich wollte mit euch hier bleiben und kämpfen.« Dawn fühlte sich wieder, wie ein Kind behandelt.
»Nein bitte geh mit den Menschen. Cynwrig und ich werden als Letzte das Gut verlassen und das, bevor die Jäger eintreffen, hoffe ich. Sie werde das gut verlassen vorfinden.« Dominik sah sie eindringlich an.
»Aber wir könnten sie bekämpfen und...« Weiter kam sie nicht, denn Cynwrig hob die Hand.
»Das gut wird verlassen sein. Einen Kampf können wir uns jetzt noch nicht leisten. Wir wissen nur, das wir angegriffen werden, jedoch nicht, wie viele kommen werden. Die Gefahr ist für uns zu groß. Dominiks Entscheidung ist weise und wir sollten sie nicht in Frage stellen. Zudem selbst wenn du Dominiks Gefährtin bist, er ist der Anführer der Clans, auch du wirst dich ihm unterordnen.« Seine Stimme duldete keinen Widerspruch und Dawn schob trotzig die Unterlippe vor, doch sie schwieg.
Nach einem Blick in die Runde holte Dominik tief Luft. »Wir fangen morgen an die Ersten vom Hof zu schaffen, Dawn weißt du noch, wo das verlassen Gut war, auf dem die Millners gelebt hatten?«
»Ja so ungefähr.«
»Gut dort werden wir uns verstecken. Ich weiß, dass es sehr schwer zu finden ist, also wirst du mit den Ersten morgen aufbrechen und dann zurückkehren, um die Nächsten zu empfangen. Allerdings wirst du sie immer woanders treffen. Die Ersten führst du auf Umwegen dorthin, dann reitest du zum Hof der Johnsons, dort warten dann die nächsten. Morgen Abend will ich hier so gut wie keinen Menschen mehr auf dem Hof haben. Nun siehst du Dawn, warum ich dich brauche, keiner kennt sich hier so gut aus wie du.«
»Ich verstehe, entschuldige das ich mich unmöglich benommen habe.«
Verständnisvoll lächelte Dominik sie an und küsste sie.
»Das ist dein Temperament, dass kenn ich nun schon zur Genüge.«
Cynwrig sah verlegen zu Boden. Er hatte Louisa dieses Mal nicht mitgenommen. Bis vor einiger Zeit hat sie ihn immer und überall hin begleitet, doch er hatte Angst, sie könne das gleiche Schicksal wie Albert erleiden.
In ihrem Haus war sie sicher, dort ahnte niemand, was sie war. Louisa war alles für ihn und er würde sie nie bewusst einer Gefahr aussetzen.
Ohne sie fühlte er sich leer und er fühlte sich durch Dawn und Dominik an das erinnert, was er zurückließ.
Doch er machte sich auch Sorgen um die Rasse der Vampire.
Ein Räuspern riss ihn aus seinen Gedanken.
»Cynwrig fällt dir noch was ein bezüglich der Evakuierung?«
»Nein ich denke, es ist alles gesagt.«
»Gut dann sollten wir uns nun alle zurückziehen.« Dominik nickte in die runde und ergriff Dawns Hand.
Gemeinsam verließen alle das Zimmer.
In ihrem Schlafgemach zog Dominik Dawn an sich.
»Bitte sei nicht mehr böse. Ich will dich in Sicherheit wissen und das du dich hier am besten auskennst, ist nun einmal die Wahrheit.«
»Und was ist mit deiner Sicherheit. Wenn dir etwas zustößt, was für einen Sinn macht dann die Unsterblichkeit für mich. Solange ich dich nicht in Sicherheit weiß, werde ich vor Angst zugrunde gehen. Diese Jäger sind mir nicht geheuer.«
Dawn sah ihm in die Augen. Er sollte ihre Angst sehen.
»Liebling ich weiß, doch vertrau mir, es wird alles gut.«
»So wie du mir vertraust Dominik?«
Dominik wollte aufbrausen, doch er riss sich zusammen.
»Es geht nicht anders Dawn. Ich werde hier alles im Auge behalten müssen. Du bist die Einzige, die das abgelgene Gut kennt und der ich zutraue, alle Menschen sicher dorthin zu begleiten. Deine Schwägerin, ihre Tochter und Jean gehören zu den Ersten, die den Hof verlassen. Und ich vermute, du möchtest sie in Sicherheit wissen.«
Das wirkte, Dawn entspannte sich und Dominik atmete erleichtert auf. Streit war das Letzte, was er in dieser Nacht wollte.
Zärtlich strich er Dawn über die Wange, um sie dann leidenschaftlich zu küssen.
Später als sie in seine Armen lag und ihr Kopf an seiner Schulter ruhte, dachte er über die bevorstehenden Ereignisse nach.
»Liebster ich spüre, dass dich der Abend nicht loslässt«, murmelte Dawn schläfrig.
»Es ist nur erstaunlich, wie unser Leben sich verändert hat. Frankreich erscheint mir so unwirklich. Die Zeit dort wie ein Traum. Und hier kommt das böse Erwachen. Dawn wo sind unsere Ausritte und der Duft nach deinen frisch gepflückten Kräutern?«
Dominik strich ihr über die Schulter.
»Liebster eines Tages werden wir wieder in Frankreich sein und dort wartet all das nur auf uns.«
»Ich hoffe sehr, dass du Recht hast. Und nun schlaf. Morgen wird ein anstrengender Tag.«
»Ich habe Angst, wir haben zu spät vom Plan der Jäger erfahren und sie greifen im Morgengrauen an.«
»Lass uns einfach hoffen, dass sie sich noch etwas Zeit lassen.«
Dawn schloss die Augen und konnte trotz der Müdigkeit keinen Schlaf finden. Zu viele Dinge spukten ihr im Kopf herum. Urplötzlich sehnte sie sich nach Frankreich zurück. Wie Dominik sagte, dort war alles wie im Traum. Und dort wartete Mellow auf sie. Ob sie das Fohlen schon hatte?
Als Dominik sie weckte, war der Tag noch weit entfernt. »Liebste du musst die erste Gruppe fortbringen.«
Dawn war mit einem Schlag wach. Aufregung packte sie und sie zog sich eilig an.
»Wenn die erste Gruppe in Sicherheit ist, kehrst du um und holst die Zweite. Benutz bitte unterschiedliche Wege. Ich bin nicht sicher, ob wir beobachtet werden.«
»Dominik mach dir keine Sorgen, ich pass auf mich und die Menschen auf.«
Noch vor der Dämmerung waren die meisten Menschen auf dem verlassenen Gut. Dawn achtete auf jedes Geräusch und zog mehrfach witternd die Luft ein. Doch alles war ruhig, zu ruhig. Als sie zurück nach Hause ritt, änderte sich die Luft. Es waren nur noch wenige Menschen auf dem Hof und es wäre die letzte Gruppe. Danach wollten Dominik und die restlichen Vampire ihr folgen. Sie witterte Blut und Rauch. Panisch gab sie ihrem Pferd die Sporen und preschte los.
Als sie sich dem Hof näherte, konnte sie Kampfgeräusche hören. Ein Schauer rann ihr den Rücken herunter. Endlich erreichte sie den Hof und hielt den Atem an. Die letzten verbliebenen Vampire kämpften gegen eine nicht unerhebliche Anzahl Jäger. Dominik kämpfte gegen drei gleichzeitig und blutete bereits aus mehreren Schnittwunden. Dawn sprang vom Pferd und eilte an seine Seite.
»Dawn geh bitte.« Dominik klang erschöpft.
»Nein ich lasse dich hier nicht alleine.« energisch schob Dawn das Kinn vor und stürzte sich auf einen der Jäger. Sie sprang ihm flink auf den Rücken und brach ihm mit einer Drehung des Kopfes das Genick. Dominik hatte dadurch etwas Luft und be3kam einen zu fassen, nur um seine Fänge in dessen Hals zu schlagen. Bei dem Anblick traten Dawns Fänge hervor und sie wollte sich auf den Dritten werfen, doch bevor sie das ausführen konnte, wurde sie von hinten gepackt. Kaltes Metall presste sich an ihre Kehle und sie hörte Dominik wild knurren. Das war je3doch nicht das Einzige, das sie hörte.
»Nein sie nicht, sie gehört mir.«
Wie vom Donner gerührt, erstarrte ihr Angreifer. Das gab Dawn die Gelegenheit nachzusehen, wem die Stimme gehörte. Dort stand der Mann, der sie im Stall der Schenke angegriffen hatte. Wieder wurde sein Gesicht von einer Kapuze verdeckt, trotzdem war sie sich sicher.
»Etienne, lass von ihr ab, sie ist mein. Töte ihren Liebhaber.«
Voller Panik wirbelte Dawn zu Dominik herum, doch er hatte alle Muskeln angespannt, um dem bevorstehenden Angriff entgegen zu treten.
Etienne weigerte sich, dem Abt zu gehorchen, wenn dieses Weib am Leben blieb, dann wäre er für seinen Meister ohne Wert. Also stürzte er erneut auf Dawn los. Das Metall seines Silberdolches blitzte im Morgenlicht auf, und bevor er Dawn damit etwas antun konnte, war der Abt bei ihm, packte Etienne und riss mit einem Ruck seinen Kopf von dessen Schultern. Etiennes lebloser Körper sackte in den Staub des Hofes. Achtlos warf der Abt dessen Kopf in den Schmutz.
Dawn blickte sich um, die meisten Jäger waren tot oder verwundet und die, die sich noch aufrecht hielten, zogen sich verängstigt zurück.
Dominik verzog spöttisch den Mund und vergaß seine Achtsamkeit.
»Ich nehme an, ihr seid der Abt.«
Doch statt einer Antwort griff der Angesprochene nun Dominik an.
Zu spät begriff Dominik, in welcher Gefahr er durch den Agriff war. Er hörte, wie Dawn entsetzt aufschrie, und sah den Silberdolch auf ihn zurasen. Es war unmöglich auszuweichen und Dominik erstarrte. Doch statt des Dolches, der sich in sein Fleisch bohrte, spürte er einen Luftzug und sah aus den Augenwinkeln eine schatten, der den Abt von den Füßen riss.
Cynwrig der Urvampir warf sich mit aller Wucht auf den Abt und rettete Dominik das Leben.
Beide rangen auf dem Boden und wie durch einen Zufall konnte der Abt sich befreien. Er hebelte Cynwrigs Griff aus und rannte fort. Niemand verfolgte ihn, doch Dawn ahnte, dass es nicht die letzte Begegnung war. Die restlichen Jäger verschwanden und zurück blieben nur die Vampire.
Cynwrig blickte Dominik an.
»Hast du es auch bemerkt«, fragte er?
»Den Abt meist du?«
Cynwrig nickte.
»Ja und das verwundert mich. Er ist ein Vampir und jagt uns. Das passt nicht zusammen.«
Dawn mischte sich ein.
»Er ist einer von uns? Dann wollte er mich vielleicht als Gefährtin, so wie damals Sam. Sonst hätte er nicht versucht einzugreifen.«
Beide Männer wandten sich ihr zu.
»Es wird immer rätselhafter um den Abt.« Dominik sprach leise, doch Dawn wusste, dass ihn das nicht loslassen würde. Er wollte das Geheimnis lüften.
»Er hat einige Männer verloren, so schnell wird er uns nicht wieder angreifen. Doch wir sollten nicht nachlässig werden. Wir holen alle zurück und brechen in den nächsten Tagen auf, nach Schottland.«
Cynwrig hatte Recht, wen sie nun nachlässig würden, wäre der Zeitgewinn nutzlos.
»Liebste geh ins Haus, ich hole die Bewohner zurück. Cynwrig wird mich begleiten.«
»Ich kann auch alleine reiten Dominik, mein Pferd ist gesattelt und so geht es schneller. Ihr müsstet erst noch die Pferde holen und satteln.«
»Dominik, lass sie alleine reiten. Wir haben hier genug zu tun. Die Verluste müssen erfasst werden. Es könnte sein das einer der Jäger, die zurückgelassen wurden, noch lebt. Das sollten wir ausnutzen.«
Ohne Dominiks Antwort abzuwarten, schwang Dawn sich auf ihr Pferd und ritt los.
Doch kau mwar sie auf dem verlassenen Gut angekommen, stockte sie. Etwas stimmte nicht.
Josephine hockte auf dem Boden und hielt ein Bündel in den Armen. Eine dunkle Ahnung schlich durch Dawns Inneres. Und als sie näher kam, wurde diese Gewissheit. Josephine hielt den leblosen Körper ihre Tochter in den Armen. Starr blickten Dawn Meredith´ eisblaue Augen an. Es war ein stummer Vorwurf.
»Was ist passiert? Es wusste doch keiner, dass wir uns hier verstecken wollten.« Dawn blickte zu Jean, der hinter Jospehine stand und ihr eine Hand auf die Schulter gelegt hatte.
»Es war der Junge aus Frankreich, er hatte dich verfolgt, als du mit der letzten gruppe hier ankamst. Und als du wieder fort rittest, griff er Meredith direkt an.«
»Jacques? Nein das kann nicht wahr sein. Er ist nicht hier.« In Dawn braute sich Wut zusammen.
»Doch er gehört zu den Jägern. Trotzdem wundert es mich, dass er nur Meredith angriff.«
»Mich nicht, sie hat meine Augen und Jacques hat versucht mir, in Frankreich, zu nahe zu kommen. Dominik hat mir im letzten Moment beigestanden.«
»Du denkst, es war seine Rache?« Jean zog die Augenbrauen hoch.
»Ich bin sogar fest davon überzeugt.«
Plötzlich flog eine Tür auf und Jacques eilte über den Hof. Als er Dawn sah, verzog sich sein Gesicht zu einem höhnischen Grinsen und blieb in einiger Entfernung stehen.
»Schade um die Kleine wäre sie älter gewesen, hätte ich sie zu meiner Frau gemacht, doch so konnte ich dir zeigen, dass du mich unterschätzt hast. Und nun bist du eins dieser ekelhaften Monster.«
Dawn wollte sich wutentbrannt auf ihn stürzen, doch Jean trat ihr in den Weg.
»Nicht jetzt, du bekommst deine Rache.«
»Sie war meine letzte lebende Blutsverwandte.«
»Ich weiß, Dawn.« Jean zog Josephine zu sich hoch. Er hob die Leiche von Meredith auf und legte sie über Dawns Sattel.
Dawn trat zu Josephine und blickte ihr fest ins Gesicht.
»Er wird dafür mit seinem Leben bazahlen. Egal was es kostet, ich werde ihn persönlich töten.«
»Es ist deine Schuld, er hat sie wegen dir getötet. Hätte sie deine Augen nicht, würde sie noch leben.«
Josephine sprach leise doch voller Verachtung und Dawn schrak zurück. Genau das dachte sie auch. Wäre sie nie nach England gekommen, wäre Meredith noch am Leben.
Schuldgefühle erfassten sie.
»Wir können heim, die Jäger wurden zurückgeschlagen.«
Jean nickte ihr zu und Dawn stieg wieder auf ihr Pferd. Meredith Körper lag vor ihr und fühlte sich immer noch warm an. Langsam ritt sie los. Jean würde den Rest zurückbringen.
Zu Hause erinnerte fast nichts mehr an den Kampf. Dominik eilte ihr entgegen, doch als er ihr Tränen nasses Gesicht sah, blieb er stehen. Dann bemerkte er Meredith.
»Was ist geschehen?«
»Jacques hat sie getötet. Ich weiß nicht einmal, wie er dorthin kam.«
Vorsichtig reichte Dawn ihm das tote Kind. Behutsam nahm er es entgegen.
»Sie wird direkt neben deiner Mutter beerdigt. Schließlich ist es ihre Großmutter.«
»Das ist schön. Dominik ich denke, Josephine gibt mir die Schuld und ich befürchte, sie hat Recht.«
»Liebste, das ist Unfug. Wenn du nicht gewesen wärst, hätte dein Bruder Meredith erschlagen.«
»Trotzdem, ich habe so darauf beharrt beide zu finden und das war der Anfang.«
»Nein war es nicht. Und nun hör auf mit dem Unsinn. Sei deiner Schwägerin lieber eine Stütze. Sie braucht jetzt ihre Familie. Und du bist die einzige Familie, die sie hier hat.«
»Jacques hat sie getötet, weil sie meine Augen hatte. Es war seine Rache an mir, sagt er.«
Dominik zog zischen die Luft ein.
»Du hast mit ihm geredet.«
»Er war noch dort, als ich ankam. Jeder konnte hören, was er zu sagen hatte. Doch ich werde ihn finden und dann wird er es sein, der sein Leben verliert.«
»Ich kann deinen Hass verstehen und werde dich auch begleiten, doch zuerst müssen wir nach Schottland. Jacques läuft uns nicht davon. Ich habe das untrügliche Gefühl sowohl ihn, als auch den Abt wiederzusehen.«
Dawn blickte Dominik an. Er hatte das ausgesprochen, was sie befürchtet hatte.
Trotzdem wünschte sie sich, weder den einen noch den anderen je wiederzusehen.
»Wann kommt Jean mit den andern?«, wandte Dominik sich an Dawn.
»Ich hoffe sobald als möglich. Ich weiß nicht, ob noch irgendwelche Jäger hier durch die Felder irren.«
Sorgenvoll blickten sie sich an. Doch schon bald stellte sich heraus, dass diese Sorge unbegründet war. Jean traf unbehelligt mit den Bewohnern des Guts ein. Josephine hatte sich mittlerweile beruhigt und kam an Dawns Seite.
»Verzeih mir bitte. Es war nicht deine Schuld. Die Jäger waren schon vor euch auf englischem Boden. Und Jeremy war einer von ihnen.«
»Josephine du hast soeben dein Kind verloren. Du musst dich nicht entschuldigen.«
Dawn legte ihrer Schwägerin mitfühlend den Arm um die Schultern und führte sie ins Haus.
»Bitte tu mir den Gefallen und zieh ins Haupthaus. Ich möchte dich in meiner Nähe haben.«
Diesmal wehrte Josephine sich nicht dagegen. Und so zog sie in Hazels alte Kammer.
Die Tage bis zum Aufbruch waren mit Vorbereitungen angefüllt. Zu aller Überraschung verzichtet Jean darauf Liz zu begleiten und zog es vor auf dem gut zu bleiben. Josephine schien darüber, mehr als froh zu sein.
Liz runzelte erst ungehalten die Stirn über Jeans Entschluss, doch als sie Josephines Mine sah, lächelte sie wissend.
*****
Wütend lief der Abt auf und ab. Der Angriff war fehlgeschlagen, Etienne war tot und noch schlimmer: Jacques hatte ein unschuldiges Kind getötet.
»Bringt Jacques zu mir in mein Zimmer, sofort.« Seine Stimme duldete keinen Widerspruch.
»Er ist noch nicht wieder da.«
»Dann schickt ihn zu mir, sobald er erscheint.« Er wandte sich ab und lief die Treppe hinauf in sein Gemach. Dort entledigte er sich seines Kapuzenumhangs und schritt unstet herum. Ales schien ihm aus den Händen zu gleiten. Der Angriff schlug trotz der langen Vorbereitungen fehl. Etienne war im Begriff sich gegen seine Befehle zu stellen und Jacques, sein Spion, erwies sich als nicht vertrauenswürdig.
Blut nun benötigte er frisches Blut, doch das musste warten. Erst würde er sich den Taugenichts vornehmen.Und endlich ging die Tür auf und Jacques trat ein.
»Du wolltest mich sehen?« Hochmütig nickte Jacques dem Abt zu. Er konnte sich denken, dass nun eine Standpauke kam, doch es war ihm gleich. Er hatte sich nur den Jägern angeschlossen, weil er so an Dawn rankommen konnte. Alles andere war Nebensache.
Mit Missfallen registrierte der Abt die Haltung seines Gegenübers. Was bildete sich dieser Wicht nur ein, sich provokativ zu verhalten. Dieser Trunkenbold war das kleinste Licht in den Reihen der Jäger.
»Warum hast du ein unschuldiges Kind getötet?«
»Sie war im Weg.« Trotzig blickte Jacques den Abt an.
»Im Weg? Wobei? Du bist ein Mörder. Wir töten keine Menschen, nur die Blutsauger, hast du das verstanden? Wenn so etwas noch einmal passiert, töte ich dich eigenhändig.«
Ein abfälliges Schnauben war die Antwort. Die Wut des Abtes wuchs und er war mit einer fließenden Bewegung bei Jacques und packte diesen bei der Kehle.
Überrascht riss Jacques die Augen auf. Diese Kraft hätte er dem Abt nicht zugetraut, ihm blieb buchstäblich die Luft weg.
»Lass ... mich ... los,« gab er röchelnd von sich.
Der Abt lockerte seine Griff, ließ jedoch nicht los.
»Unterschätz mich nicht Bursche. Und wage es nie wieder dich meinen Anordnungen zu wiedersetzen.«
Stumm nickte Jacques und endlich war er wieder frei. Mit einer Hand rieb er seine Hals. er unterdrückte den Trotz und dachte bei sich, dass seine Stunde kommen würde.
Mit einem Wink bedeutet ihm der Abt, das er gehen könnte. Ohne ein weiteres Wort trat er den Rückzug an.
noch lange lief der Abt in seinem gemach auf und ab. wie sollte er es nun schaffen die schöne Vampirin zu seiner Gefärtin zu machen. Er war es so leid, einsam und ohne seine Art zu sein. Seine Idee seinesgleichen zu bekämpfen hatte ihm nicht das eingebracht, was er sich erhoffte. was hatte er denn gewollt nach seiner Verwandlung? nichts weiter als seinen Frieden und seine Menschlichkeit zurück. Zu sehr war er vor dem Monster in ihm entsetzt.
Zwei Tage später brachen Dominik und die anderen auf. sie hatten beschlossen statt der kutschen zu Pferd zu reisen. Dawn war mehr als glücklich darüber, da sie lieber ritt, als in einer muffigen Kutsche zu sitzen. zusammen mit Cynwrig führte Dominik den Tross an. Seit dem Kampf war es zum glück ruhig geblieben. Sorgen machte sie sich nur um Josephine, denn jeder hörte Nachts die gequälten Schreie aus ihrem Gemach.
Ein kalter Schauer rann Dawn über den Rücken, als das Bild ihrer toten Nichte in ihr Gedächtnis rückte. Warum hatte Dominik Jacques nicht getötet, damals in Frankreich? Dann würde Meredith noch leben. Es gab immer zu viele Wenns und Hättes im Leben, überlegt sie. Man sollte einfach seinem Instinkt folgen. Auch Dominik sollte das tun. Aber bei Vampiren war es nicht so einfach.
Wieder fiel Dawn auf, wie kompliziert es war. Dominik, der sich etwas zurückfallen lassen hat, und nun neben ihr ritt, bemerkte ihre Grübeleien.
»Liebes was beschäftigt dich?«
»Was gewesen wäre, hättest du Jacques getötet. Ob Meredith noch leben würde?« Wieder seufzte sie.
»Ich denke schon, doch man kann die Zeit nicht zurückdrehen und nun ist es geschehen. Dafür wird Jacques bezahlen, denn ein unschuldiges Kind zu töten ist Mord. Dafür wird er hängen.«
»Nein wird er nicht. Dafür werde ich ihn töten. err hat es mehr als verdient. Und ein korrupter Richter könnte ihn freisprechen.«
»Ich sorge dafür, dass er nicht frei gesprochen wird.«
Mit zusammengekniffenen Lippen schwieg Dawn. Jetzt einen Streit vom Zaun zu brechen, wäre töricht. Sie würde ihre Rache schon noch bekommen, da konnte auch Dominik nichts dran ändern.
»Wir werden heute Nacht ein Lager aufschlagen. Ich möchte es vermeiden in Dörfer oder auf Höfen zu übernachten. Wenn wir jagen, dann schleichen wir uns in ein Dorf. Aber nachts schlafen wir unter freiem Himmel.«
»Warum, es ist dafür noch zu kalt?«
»Liebes es sind nur Vampire bei uns, wir merken die kälte nicht.«
Da hatte er Recht. Dawn bis sich auf die Lippe. Wie dumm von ihr sowas zu fragen.
»dawn du denkst noch mit menschlichen Maßstäben, da ist solch eine Frage natürlich. So lange bist du kein Vampir. Wart es ab, in einigen Jahren ändert sich das gewiss.«
Dankbar lächelte ihm Dawn zu.
Ohne ihn an ihrer Seite wäre sie verloren, er hatte sie ja gerettet schon vor sehr langer Zeit. Wie sollte sie ihm das jemals vergelten?
»Liebes siehst du da vorne den umgestürzten Baum am Wegrand? Wollen wir ein Wettrennen machen so wie früher?«
»Ja nur diesmal hast du nicht das größere Pferd, weshalb ich keinen Vorsprung benötige, heute wird der bessere gewinnen.« sie gab ihrem Pferd die Sporen und galoppierte los. Hinter sich konnte sie Dominik verhalten fluchen hören und lachte lauthals. Es tat gut, der Wind strich ihr eisig durchs Gesicht und sie fühlte sich seltsam befreit. Am liebsten hätte sie laut gejubelt, doch sie verkniff es sich.
Sie traf als Erstes am Ziel ein und strahlte übers ganze Gesicht.
Dominik wollte gerade zu einer Schimpftirade angesetzt haben, doch mit einem Blick in Dawns funkelnde Augen verstummte er. So glücklich hatte er sie lange nicht mehr gesehen. Er ritt an ihre Seite und umfasste ihr Gesicht, zog es zu sich und küsste sie zärtlich.
»Ich möchte das wir so schnell wie möglich heiraten. Werde meine Frau Dawn.«
»Ja und noch mal ja. Jedoch dachte ich, du wolltest erst heiraten, wenn die Jäger besiegt sind.«
»Ja das wollte ich. Doch spielt es eine Rolle? Wann wir die Jäger besiegen und ob überhaupt steht in den Sternen. Und so schieben wir unsere Hochzeit vor uns her. Und ich möchte, dass alle Welt weiß, dass du mir gehörst. Ich möchte dich in Edinburgh ehelichen.«
»Nicht auf dem gut mit Hazel, Josephine und Jean?«
»Nein Liz ist dabei und Hazel wird immer merkwürdiger. Ob sie die Hochzeit geistig übersteht, kann man nicht sagen.«
»Dann Edinburgh.«
Mit einem weiteren Kuss besiegelten sie ihr Versprechen.
Liz hatte das Gespräch verfolgt und beugte sich zu beiden hinüber.
»Wenn ich ab Edinburgh eine Kutsche bekomme, suche ich mit dir das Kleid aus. Ich hasse reiten und haben Angst vor Pferden.«
Leise lachte Dawn auf.
»Das merkt man, deinem Pferd bleibt es aber auch nicht verborgen. Es tänzelt nervös herum, und wenn keiner aufpasst, geht es mit dir durch.«
Liz stieß einen entsetzten Schrei aus und ihr Pferd machte einen Satz nach vorne.
»Liz du bist mit Pferden aufgewachsen und reiten hast du gelernt, als du kaum laufen konntest. Woher rührt diese plötzliche Angst?«
Liz blickte Dominik zornig an.
»Damals als ich vierzehn war und vom Pferd fiel, hat es begonnen. Seitdem traue ich ihnen nicht.«
»Ach das, das ist doch schon so lange her und war zudem kaum der Rede wert. Du warst immer eine hervorragende Reiterin, dein Fehler bestand nur darin, dich nicht sofort wieder aufs Pferd zu setzen. Und nun beruhige dich bitte und mache das Pferd nicht noch nervöser.«
Mit einem verächtlichen Schnauben ließ Liz ihr Pferd antraben.
Dominik betrachtete seine Schwester lächelnd. In ein paar Tagen wäre ihre Angst verflogen und sie säße sicherer im Sattel. Er kannte seine Schwester viel zu gut und wusste ihre Angst ist unbegründet, immerhin fiel sie damals weich auf einen Heuhaufen.
Doch was er nicht wusste, oder auch verdrängt hatte. In dem Heuhaufen lag die Heugabel, die der Knecht vergessen hatte und Liz wäre fast an der Verletzung gestorben. Seitdem hatte sie fast schon Todesangst in der Nähe eins Pferdes. Das war für eine Vampirin allerdings eine absurde Empfindung. Trotzdem versuchte sie sich zu entspannen, und den Bewegungen des Pferdes entgegen zu kommen.
Plötzlich war es ganz einfach, das Pferd und sie kamen immer besser miteinander zurecht, doch das würde sie Dominik nie gegenüber eingestehen.
Dawn bemerkte es trotzdem und lächelte. Liz konnte sagen, was sie wollte, Dominik traf fast immer den richtigen Ton.
Wenn es nach Cynwrig gegangen wäre, hätte die Gruppe sich nur nachts fortbewegt, doch auch wenn die Vampire keine Probleme hatten, sich in der Dunkelheit zu orientieren, ihre Reittiere hatten diese Gabe nicht. Jederzeit konnte sich eins vertreten und damit wäre die Reise für längere Zeit unterbrochen.
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»Was heißt das sie haben das Gut verlassen?« Der Abt konnte seinen Zorn nicht mehr zurückhalten.
Der Kundschafter stand ihm gegenüber und roch verdächtig nach Schnaps.
»Wohin sind sie aufgebrochen?«
»Nach Süden denke ich.« Verlegen versuchte der Bote, dem Blick des Abtes auszuweichen.
»Denkst du? Ich will nicht, dass du denkst. Ich will, dass du es weißt. Ruf alle zusammen und zwar plötzlich. Wir müssen uns auf die Suche machen. Gehen sie nach Frankreich zurück, sollten wir vorbereitet sein.«
Eilig verließ der angesprochenen den Abt und tat wie ihm geheißen.
Ich brauche Blut, dachte der Abt, seit Etienne nicht mehr da ist, muss ich es anderweitig versuchen, mich zu ernähren.
Doch darum wollte er sich später kümmern. Zuerst musste er die Suche nach Dawn und ihren Leuten organisieren.
Im Hauptraum blickte er sich unter seinen Gefolgsleuten um, doch Jacques war nicht anwesend. Ein Umstand, der ihn verärgerte. Und mit Sicherheit würde er ein Nachspiel haben.
»Wie mir der Kundschafter berichtet, sind die meisten Blutsauger vom Gut verschwunden. Leider wissen wir nicht in welche Richtung. Es wäre denkbar, dass sie zurück nach Frankreich aufgebrochen sind. Ich will das drei heute noch nach Dover aufbrechen, um das zu überprüfen. Drei weitere brechen nach Norden Richtung Schottland auf. Sobald eine Gruppe sie gefunden hat, schickt sie einen Boten zurück. Und dieses Mal dulde ich keine Fehler. Zu viel ist schief gegangen.«
»Herr, wer geht?« Einer der Jäger war etwas vorgetreten.
»Die Gruppe, die nach Dover geht, besteht aus dir dem Matrosen und Philipe. Ihr drei da vorn geht nach Schottland.« Er deutete eine kleine Gruppe, die etwas abseits standen.
»Für dich hoffe ich, dass wir sie finden,« wandte er sich an den Kundschafter. Dieser zuckte bei der Schärfe der Stimme des Abts zusammen.
»Sobald Jacques auftaucht, brecht auch ihr auf.« Damit verließ er den Raum und ging in seine Kammer. Der Hunger war übermächtig und er wollte sich aus dem Fenster davon machen, um zu jagen. Irgendwo würde er schon eine Dirne auftreiben und sich an ihr nähren.
Nachdem er sicher sein konnte, dass er keinem begegnen würde, stieg er aus dem Fenster und machte sich auf die suche nach einem Opfer. Der übermächtige Hunger machte ihn unvorsichtig, denn er bemerkte nicht den Schatten, der ihm folgte.
*************
Leise klopfte Dominik an die Tür in Edinburgh. Es handelte sich hierbei um das Haus des Clanoberhauptes der schottischen Vampire.
»Wer da,« klang es rau durch das Holz?
»Dominik, Clanoberhaupt der Engländer.«
»Ah, der Sassenach. Tritt ein.«
Die Tür ging auf und dahinter stand ein hochgewachsener rothaariger Mann in einem Kilt. Dawn beäugte ihn neugierig.
»h ihr habt euren Clan mit?« Erstaunt zog der Schotte die Brauen hoch.
»Nein, nur meine Gefährtin, meine Schwester und unser Geleitschutz.«
Bereitwillig trat die Gruppe ein.
»Ich heiße Rory Macgillivray und führe die Clans in Schotland an.«
»Clans? Ich dachte, es gibt nur den einen.« Cynwrig war an Dominiks Seite getreten und sah Rory an.
»Es gibt zwei: den der Lowlands und den der Highlands. Ich lasse den Highlanderanführer rufen. So bald habe ich euch nicht erwartet. Doch nun kommt, ich lasse euch eure Gemächer zeigen. Sobald ihr euch eingerichtet habt, würde ich euch gern in meinem Esszimmer sprechen. Sicher habt ihr eine Menge zu berichten.«
Die Pferde hatte sie in einem Mietstall untergebracht. Dank der Taktik sich fernab der Wege zu halten, blieb ihre Reise ungestört. Dominik und Dawn bezogen eins der Zimmer im Haus und genossen den Moment der Zweisamkeit.
»Vertraust du Rory,« wandte Dawn sich an Dominik?
»Ja auf eine Art schon. Nur weiß ich nicht, wie er zu uns steht, sollten seine Leute sich gegen uns stellen.«
»Stimmt das könnte sehr schwierig werden. Denkst du, sie könnten sich mit uns anlegen?«
»Nein mein Herz das nicht, doch wenn sie uns ihre Hilfe verweigern, haben die Jäger weiterhin ein leichtes Spiel.«
**************
Der Abt schlug mit der Faust auf den Tisch.
»Wieso findet ihr keine Spur? Eine so große Gruppe Blutsauger sollte einfach zu finden sein.«
Die beiden Verfolgergruppen sahen betreten zu Boden.
»Wir haben die Wege abgesucht und in jedem Dorf gefragt.« Der Jäger der Richtung Schottland gesucht hatte, versuchte sich halbherzig zu verteidigen.
»Auch abseits der Wege. Blutsauger empfinden keine Kälte und brauchen keine Nahrung, bis auf Blut und dieses erhielten sie auf jedem Gehöft. Sie sind nicht dumm und werden keine Wege genutzt haben, nicht nach unserem Angriff auf das Gut. Habt ihr das in Betracht gezogen?«
Betretenes Schweigen und vereinzeltes Kopfschütteln kamen als Antwort.
»Geht mir aus den Augen, bevor ich mich vergesse.«
Dank seiner letzten Blutmahlzeit hatte der Abt seine Wut unter Kontrolle. Trotzdem konnte er sie nicht vollständig unterdrücken. Was ihn am meisten verärgerte war, dass Jacques, seit dem Tag vor der Abreise der Sucher, nicht wieder aufgetaucht war. Wo steckte dieser saufende Taugenichts? Der Abt beschloss Jacques zur Rede zu stellen, sobald dieser auftauchte. Und wenn seine Ausflüchte nicht gut wären, hätte er ein Blutopfer, an dem er sich nähren konnte.
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Dawn nippte vorsichtig an dem Whisky, den Rory der Gruppe gegeben hatte. Bisher wurden nur Nettigkeiten ausgetauscht, wobei Dawn merkte, welche Blicke Liz vom schottischen Anführer einheimste. Nur Liz schien es nicht zu bemerken, oder ignorierte es geflissentlich.
Dawn sah an Dominiks Reaktion, dass ihm das ebenfalls aufgefallen war, denn ein kleines Lächeln umspielte seine Lippen und sein Blick wanderte zwischen seiner Schwester und Rory hin und her.
»Was gibt es Neues in England«, wollte Rory wissen und fuhr sich mit einer Hand durch sein rotes Haar.
»Die Jäger haben unser gut angegriffen. Sie wussten wohl, dass dort derzeit eine menge Vampire sind. Bei dem angriff wurde ein Menschenkind getötet. Die Nichte meiner Gefährtin Dawn. Das ist ungewöhnlich.«
»Hmm, das ist tatsächlich ungewöhnlich. Doch auch das sie eine so große Gruppe angegriffen haben. Wenn es nach mir ginge, würde ich euch sofort alle Kämpfer zur Verfügung stellen. Doch ohne meine beiden Anführer kann ich das nicht entscheiden. Und ich denke, es dauert noch zwei Tage ehe beide hier sind. Also muss ich euch um Geduld bitten.«
»Das verstehe ich, auch wenn unser anliegen sehr dringend ist. Aber vielleicht kannst du und in einer anderen Angelegenheit behilflich sein.«
Fragend blickte Dawn Dominik an. Welche andere Angelegenheit meinte er wohl. Doch als Dominik ihre Hand ergriff und zärtlich ihren Handrücken streichelte, dämmerte es ihr, was er meinte. Hitze breitete sich in ihr aus und sie hielt die Luft an.
»Dawn und ich wollen heiraten in einer Kirche und so bald wie möglich.«
»Eine Hochzeit? Das nenn ich eine Überraschung. Ich bin der Meinung, dass wir sowas nicht nötig haben.« Fast spöttisch klangen die Worte des Schotten.
»Mag sein,« entgegnete Dominik, »doch ich möchte es und Dawn auch. Es geht um das Ritual. Ich versprach es ihr, als sie noch ein Mensch war.«
»Die St. Giles’ Cathedral ist nicht weit von hier und dort könntet ihr die Zeremonie vollziehen.«
»Danke, wir sehen uns die einmal an.« Fragend blickte Dominik Dawn an und diese nickte nur. Amüsiert bemerkte er den leichten Rotton ihrer Wangen.
»Und wir brauchen einen Schneider um das Brautkleid fertigen zu lassen«, warf Liz ein.
Damit erntete sie ein Grinsen ihres Bruders und einen verlegenen Blick seitens Dawn.
»Da kann ich euch ebenfalls helfen. Mein Schneider ist der Beste und ich denke, er hat sogar einige Kleider auf Lager. Es wäre mir eine Ehre, wenn ich die Festlichkeiten ausrichten dürfte.«
»Oh das ist sehr freundlich von dir.« Dawn hatte ihre Sprache wieder gefunden. Es war seltsam an die Hochzeit zu denken. Und es machte sie verlegen, doch tief innen drin freute sie sich, wie ein kleines Kind. Ihr größter Wunsch würde sich erfüllen. Schüchtern lächelte sie Rory an.
»Ihr seid meine Gäste und da ist es mir eine Ehre. Obwohl ich nicht verstehe, warum ihr in einer Kirche getraut werden wollt. Vampire halten das doch anders. Und ich kann euch auch die zeremoniellen Gelübde abnehmen.«
Daraufhin schüttelte Dominik den Kopf.
»Nein ich habe so lange an mir gezweifelt und Dawn hat mir gezeigt, wer ich bin. Nun möchte ich ihr auf diese Weise etwas zurückgeben.«
»Gut darauf sollten wir einen Whisky trinken.«
Er schenkte die Gläser erneut voll und sie stießen auf die bevorstehende Hochzeit an.
****************
Jacques betrat das Hauptquartier der Jäger. Er war Dawn und den anderen bis an die Grenze zu Schottland gefolgt. Weiter traute er sich nicht. Doch nun wollte er seinen Trumpf über sein erworbenes Wissen dem Abt gegenüber ausspielen. Es gab nur eine Sache, die behielt er als Trumpf zurück: die Erkenntnis, dass der Abt zu den Blutsaugern gehörte. Er war sich sicher, dass ihm das noch einmal nützlich sein würde. Ohne anzuklopfen, betrat er das Gemach des Abtes. Dieser saß am Tisch und starrte auf eine Landkarte. Verärgert blickte der Abt auf und bei Jacques Anblick verdüsterte sich seine Mine noch mehr.
»Wo warst du? Was fällt dir ein, ohne Befehl zu verschwinden? Wir hätten dich gebraucht.«
Nun war es an Jacques, verärgert den Abt anzublicken. Dieser Blutsauger wagte es, so mit ihm zu sprechen. Doch das würde bald aufhören, dann würde er die Jäger anführen. Er musste nur eine Gelegenheit finden, die meisten Jäger zusammen zu trommeln.
»Also sag mir, wo warst du?« Ungeduldig trommelte der Abt mit den Fingern auf die Tischplatte.
»Ich war Dawn und den anderen Monstern auf der Spur. Sie sind in Schottland, ich wagte jedoch nicht, über die Grenze zu gehen.« Jacques sprach, als würde es sich hierbei um eine alltägliche Botschaft handeln.
Die Mine vom Abt klarte auf.
»Das hieße, sie kommen zurück zu dem Gut?«
»Sicher, da auch noch einige der Blutsauger dort sind.«
Jacques dachte, dass der Abt nicht sehr intelligent sein könnte. Ihm fehlte es an Logik.
»Also ist nicht alles verloren und ich bekomme meine Chance. Sehr gut. Du darfst jetzt wegtreten.« Damit war Jacques entlassen. Mit einem feisten Grinsen drehte er sich um und verließ den Abt. Wenn sein Plan aufginge, hätte der Abt bald ausgespielt. Er begab sich zu den anderen und setzte sich an den Tisch.
Mit ihm saßen noch drei weitere Jäger hier und unterhielten sich. Jacques lauschte angespannt.
»Wenn mich ein Blutsauger anfallen würde, oder verwandeln, wäre das mein Ende. Ich würde mein Dasein beenden wollen.«
»Ja das ist richtig. Einfach widerlich diese Kreaturen.«
Jacques nickte zustimmend. »Und wenn wir einen unter uns hätten«, fragte er.
»Dann würden wir ihn vernichten. Doch das würden wir merken.« Wandte sich einer an Jacques.
»Seid ihr sicher? Denn verstehen es, sich zu tarnen und uns zu unterwandern, wäre ein Leichtes.«
Jacques erntete Gelächter.
»Man merkt, du bist ziemlich neu. Der Abt würde es wittern. Er hat immer genau gewusst, wo Blutsauger zu finden sind.«
»Ich meine ja nur. Denn ich befürchte, in unseren Reihen befindet sich einer. Zudem warum ist der Abt so hinter der Blutsaugerin her und befiehlt sie nicht anzugreifen?«
»Vielleicht will er an ihr ein Exempel statuieren.«
Jacques lächelte. Wie einfältig diese Kerle doch waren.
»Wenn er das wollte, wäre der Anführer die bessere Wahl. Das Weib ist nur ein kleines Rad am Wagen.«
Gemurmel erhob sich. Das war ein offener Angriff auf die Beweggründe des Abtes.
»Das kannst du nicht wissen«, warf einer der Jäger ein. Jacques meinte sich zu erinnern, dass er Miguel hieß und Spanier war.
»Aber das sagt mir mein Verstand. Ob die Blutsaugerin nun da ist oder nicht, schwächt die Vampire nicht, wohl aber die Vernichtung des Oberhauptes. Zudem will der Abt, dass ihr nichts geschieht. Warum? Welchen Nutzen hat er davon?«
»Wir haben noch nie die Entscheidungen des Abtes angezweifelt.«
»Dann solltet ihr damit beginnen. Er scheint nicht mehr zu wissen, was das Ziel der Jäger ist.«
Wütend schlug einer der Jäger auf den Tisch.
»Schweig! Wer bist du, uns zu erzählen, was der Abt zu tun und zu lassen hat? Ein einfacher Matrose, der ohne die Fürsorge des Abtes und der Jägergemeinschaft längst dem Suff verfallen wäre.«
Jacques blitze ihn zurück an.
»Ihr werdet noch an meine Worte denken, denn ich weiß einiges, was ihr in euerem blinden Gehorsam nicht wahrhaben wollt. Wo verschwindet denn euer Abt des Nachts? Warum nimmt er nie an den Mahlzeiten teil? Und was machte Etienne jeden Abend bei ihm? Darüber solltet ihr nachdenken. Ich empfehle euch eine wache unter dem Fenster des Abts zu postieren. Und wenn es nur zu seiner Sicherheit ist.«
Damit drehte Jacques sich um und ging ins nächste Gasthaus.
Verzückt starrte Dawn auf den elfenbeinfarbenen Brokat, der ihren Körper bedeckte. Das Kleid war das schönste, was sie je gesehen hatte.
»Oh Liz es ist perfekt«, verkündete sie jubelnd.
»Ja ist es und es wird Dominik zu Tränen rühren. Das nehmen wir.«
Der Schneider deutete eine Verbeugung an und klatschte in die Hände, damit man Dawn aus dem Gewand half.
»Es wurde für die Königin selbst angefertigt. Und es kostet einiges, doch es ist jeden Penny wert.«
Liz lächelte wissend. Solche Sprüche hörte sie nicht das erste Mal. Es mag sein, das eine Edeldame es in Auftrag gab, jedoch maximal eine Herzogin.
»Nennt mir den Preis.«
Der Schneider druckste herum, doch Liz ließ ein ungeduldiges Schnaufen hören und er nannte die Summe.
Ohne mit der Wimper zu zucken, nickte Liz.
»Gut ich zahl es gleich und möchte das es am Hochzeitstag geliefert wird. Eine Änderung ist nicht von Nöten.«
Sie zückte die geforderte Summe und reichte sie dem Mann.
»Sie könne es in drei Tagen liefern, jedoch so früh am Morgen wie möglich. Mr. Macgillivrays Adresse haben sie ja?«
»Sicher ich liefere immer dorthin.«
Dawn und Liz verabschiedeten sich und gingen zu Fuß zurück. Beide wollten ein wenig von der Stadt sehen.
»Ich bin aufgeregt und werde sicher nicht schlafen können, bis zur Hochzeit.«
»Oh liebste Dawn ich wette, mein Bruder wird dafür sorgen, dass du ausreichend schläfst«, wandte sie kichernd ein.
Dawn zog ein entrüstetes Gesicht, welches Liz ein freches Grinsen entlockte. Doch von einer Sekunde zur anderen wurde sie ernst.
Sie ergriff Dawns Hand und zog sie eilig in einen Häusereingang. Mit ernstem blick legte sie einen Finger an die Lippen und gab Dawn zu verstehen, leise zu sein.
Eine dunkle Gestalt huschte an dem Eingang vorbei, ohne sie zu bemerken.
Liz atmete erleichtert aus.
»Wer war denn das, Liz?«
»Ich bin mir nicht sicher, doch es könnte ein Jäger sein, der uns hierher verfolgt hatte.«
»Warum hier? Sie haben doch keine Ahnung, wie viel Vampire hier in Schottland sind. Denkst du, sie würden das Risiko eingehen?«
»Sie sind das Risiko eingegangen, als sie nach England kamen. Warum sollte sich daran was ändern?«
»Stimmt, doch ich bin überzeugt, dass es kein Jäger war.« Dawn konnte sich nicht helfen, doch sie war sich sicher.
Vorsichtig trat sie auf die Straße, doch weit und breit war keiner zu sehen.
Liz trat vorsichtig hinter sie und plötzlich sprang ein Schatten auf die beiden zu. Dawn schrie überrascht auf doch Liz sprang gewandt zur Seite und so traf der Angreifer nur Dawn. doch diese hatte Recht, ein Jäger war es nicht, es war ein nach Schnaps riechender Trunkenbold.
»Hey ihr beiden Hübschen seid doch ein wenig lieb zu mir. Ich lass es mich auch etwas kosten«, lallte er und versuchte Dawn die er umklammert hielt zu küssen. Angewidert drehte sie den Kopf zur Seite und stemmte ihre Hände gegen die Brust des Mannes.
»Oh ganz schön kräftig. Wehr dich ruhig, so macht es noch mehr Spaß.«
Nun wurde Dawn wütend, sie stieß mit aller Kraft zu und der Trunkenbold fiel rückwärts in den Straßendreck,.
»Na na nicht so widerborstig Schätzchen.«
Dawn wollte sich auf ihn stürzen doch Liz hielt sie am Arm zurück.
»Warte das regeln wir anders. Hast du Hunger Liebes?«
»Hmm,« gab Dawn von sich, »schmeckt er denn?«
»Kleines den Alkohol schmeckst du nicht.«
Mittlerweile hatte der Kerl sich aufgerafft, schien aber die Unterhaltung nicht mitbekomme zu haben, denn er wandte sich wieder den beiden Frauen zu.
»Was ist denn nur ihr Täubchen?«
Liz sah ihn mit einem Lächeln an.
»Hmm, was hast du denn zu bieten?« Süfisant lächelte sie ihn an.
»Komm her meine Hübsche, dann wirst du es sehen.«
Mit wiegenden Hüften schritt Liz zu ihm. Sie umfasst seinen Nacken und zog ihn an sich. Erwartungsvoll schürtzte er die Lippen, doch Liz drehte mit einem Ruck seinen Kopf zur Seite und biss ihm in den Hals. Ein Gurgeln kam aus dem Mund des Säufers und Dawn trat zu ihm und nahm seinen Arm. Mit einem leisen Grollen schlug sie die Fänge in das Handgelenk und trank. Weder Liz noch sie wollten sich zügeln. Bald schon erstarb die Gegenwehr und Dawn konnte ihren Griff lockern. Als auch der letzte Tropfen in ihren Kehlen verschwunden war, ließen die beidem von ihm ab.
»Bitte Liz sag nichts Dominik. Er will, dass ich meinen Durst zügel.«
»Ach liebes er will auch, dass der Kodex eingehalten wird und das er sein menschliches Leben zurück erhält. Aber ehrlich, bei solchen Subjekten, wie diesem hier, seh ich keinen Grund, nicht ungezügelt zu sein. Nun komm lass uns den Kadaver entsorgen. Und wenn du demnächst auf die Jagd gehen willst, geh mit mir. Ich seh das nicht streng.«
Dankbar sah Dawn sie an. Irgendwie fühlte sie sich nun weniger wie jemand, der Unrechtes tat.
Liz bemerkte, dass Dawn sich entspannte und lächelte. Sie kannte ihren Bruder zu gut und ahnte, was in ihrer Freundin vorging.
Sie entsorgten den Leichnam in einer dunklen Gasse. Vorher jedoch verstümmelten sie ihn, so dass es aussah, als ob er einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen wäre. Zufrieden mit sich und ihrem Weg machten sie sich zurück auf den Weg zum schottischen Clanführer.
***********
Rory lief auf und ab. Liz war eine starke Persönlichkeit und er begehrte sie. Dennoch hatte er das Gefühl, das sie sich nicht im Geringsten für ihn interessierte. Schon lange hatte er keine Frau mehr begehrt, seit damals seine Frau an der Pest gestorben war. Ob er sie für eine Nacht verführen konnte? Er war sich unsicher, doch er hatte ihre Blicke bemerkt. Sie schienen zu glühen.
Rory beschloss, dass er es versuchen sollte. An einen Misserfolg wollte er so recht nicht glauben. Er versprach sich einiges an Amüsement davon, Liz zu umgarnen. Sicher Dawn war ebenso eine Schönheit, doch erstens sie gehörte dem Engländer und zweitens Liz hatte etwas Reiferes an sich und etwas Veruchtes, das zog ihn an.
Unten in der Eingangshalle konnte er hören, dass die Frauen zurück waren. Ihr Geschnatter war nicht zu überhören. Schmunzelnd ging er nach unten, um sie zu begrüßen.
»Ich hoffe ihr wart zufrieden mit meinem Schneider?«
Dawn drehte sich strahlend um.
»Oh, ja vielen Dank für deine Empfehlung Rory.«
Liz sagte nichts. Rory löste etwas in ihr aus. Doch sie war sich nicht sicher, ob es Aggression oder Begehren war.
Irgendwie machte der Clanführer sie nervös. Sie war von Natur aus misstrauisch, wenn es um ihre Gefühle ging. Zu oft hatten diese ihr einen Streich gespielt. Deshalb beschloss sie, auf der Hut zu sein. Sie seufzte, das hatte sie ihrem Bruder vor nicht allzu langer Zeit vorgeworfen. Wieder seufzte sie und lächelte Rory an. Warum denn nicht, dachte sie.
Dawn bemerkte den Blickwechsel und stieß Liz in die Seite, was diese mit einem unwilligen Knurren erwiderte. Leise kicherte Dawn. Sie war sicher später mit Liz reden zu können.
Dominik betrat den Raum und runzelte die Stirn. Er hatte das Minenspiel seiner Schwester bemerkt und wandte sich Rory zu.
»Hast du etwas von den Clans gehört?«
»Nein bisher nicht. Doch ich rechne jeden Tag mit der Ankunft der Ersten. Doch warum die Eile? Immerhin steht deine Hochzeit bevor. Und alles Wichtige hat bis danach Zeit.«
»Mir geht es um die Sicherheit der Clans in England. Das hat oberste Priorität.« Dominik sprach mit ernster Stimme und Cynwrig nickte zur Bestätigung.
Bisher hatte sich der Urvampir zurückgehalten. Er machte sich Gedanken um Louisa, die er zurückgelassen hatte. Er sah ein Sicherheitsrisiko in Dawns Anwesenheit, doch darüber konnte er mit Dominik nicht diskutieren. Da stellte sich sein Oberhaupt stur. Dominik war angreifbar!
»Das verstehe ich sehr gut. Doch man sollte die Feste feiern, wie sie fallen.« Rory goss sich einen Whisky ein.
Cynwrig blickte Rory missbilligend an. Der Schotte schien den Ernst der Lage nicht zu erfassen.
Rory bemerkte den Blick, mit dem Cynwrig ihn bedachte. Doch so leichtfertig, wie Cynwrig vermutete, war der Schotte nicht. Rory hatte aus sicherer Quelle genug über die Jäger erfahren und ahnte, dass, über kurz oder lang, die Gefahr auch hier greifbar würde.
Über sein Wissen um die Jäger würde er den Sassenach vorerst nichts berichten. Zuerst musste er abwägen, welchen Nutzen ihr Bündnis hätte. Wenn die Jäger nach Schottland kamen, dann könnte es sein, dass er die Hilfe der Engländer brauchte. Nur ob sie auch wirklich bereit dazu wären, bliebe abzuwarten, darum hielt er sich nun zurück und spielte auf Zeit.
Bei Cynwrig musste er vorsichtig sein. Der Urvampir war misstrauisch und schien etwas zu ahnen.
Dawn bekam von all dem nichts mit. Sie war viel zu aufgeregt wegen ihrer bevorstehenden Hochzeit. Endlich ging ihr größter Traum in Erfüllung.
***********
Enttäuscht sah Jacques dem Mann nach. Er hatte sich Informationen erhofft über den Aufenthaltsort von Dawn und den anderen Blutsaugern. Doch der Halunke war nur auf Geld aus und wusste nichts. Langsam ging er die High Street in Edinburgh entlang. Irgendwo kurz vor der Stadt verlor sich die Spur der Gruppe. Dabei malte er sich die ganze Zeit aus, welcher Triumph es wäre den Aufenthaltsort der Monster zu kennen. Somit würde er dem Abt den Wind aus den Segeln nehmen und könnte sich über ihn stellen. Doch er gab nicht auf. Der Abt war ein Blutsauger und früher oder später konnte Jacques dieses Wissden verwenden und die Macht an sich reißen. Diese sinnlosen Aktionen des Abtes wären dann Vergangenheit und sein größter Sieg wäre Dawn, die endlich ihm gehören würde. Doch vorerst würde er nach Chester zurückkehren müssen. Ganz England nach der Gruppe abzusuchen wäre wie, das Suchen der Nadel im Heuhaufen. Dabei war er sich so sicher gewesen, dass er in Schottland Erfolg hätte.
Müde und enttäuschte kehrte in einem Gasthaus ein und bestellte sich dort ein Mahl und Schnaps.
Während er sich nach dem Essen betrank, bemerkte er nicht die beiden Frauen, die am Fenster vorbeigingen und zum Glück bemerkten sie ihn ebenfalls nicht. Zu seinem Glück.
Endlich war er da der große Tag und Dawn wachte viel zu früh auf und versuchte sich zu beruhigen. Doch nachdem sie sich ruhelos hin und hergewälzt hatte, verließ sie das Bett. Lächelnd warf sei einen Blick auf Dominik, den die ganze Aufregung nicht im Geringsten störte. Er schlief wie ein Stein und dachte gar nicht daran zu erwachen. Sie hüllte sich in einen Mantel und schlüpfte aus dem Zimmer, überquerte den Flur und trat ohne Vorwarnung bei Liz ein. Wie erwartet war diese bereits wach. Doch aus einem anderen Grund als Dawn. Rory war bei ihr und sie unterhielten sich über Strategien, um die Jäger zu unterwandern. In dem Moment wünschte sich Dawn doch bei Dominik geblieben zu sein, denn nun fühlte sie sich fehl am Platz.
Doch bevor sie sich weiter darüber Gedanken machen konnte, bemerkten beide sie.
»Guten morgen Liebes, du scheinst nicht schlafen zu können an deinem großen Tag!« Lächelnd beobachtet Liz, wie Dawn errötete.
»Nein ich habe das Gefühl, ich drehe mich immer schneller im Kreis und finde keinen Halt.«
Leise lachte Liz auf.
»Ich vermute, das ist völlig normal. Nur ich kam noch nie in diese Situation. In all den Jahrhunderten nicht.«
Nun lächelte auch Dawn, sie kannte die Einstellung ihrer zukünftigen Schwägerin zur Liebe und besonders zur Ehe und vermutete, Liz würde nie in den Genuss einer Heirat kommen.
»Ja ich denke, es wird auch für dich langsam mal zeit, dir einen Gefährten zu suchen.«
Liz warf Dawn einen gespielt bösen Blick zu.
»Bring mir den Richtigen und ich denke drüber nach.«
Konterte Liz.
»Manchmal ist das Gute näher, als man denkt.« Dabei warf Dawn einen vielsagenden Blick auf Rory.
Liz und Rory sahen sich an. Doch während Rorys Blick einladend wirkte, war der von Liz eher abschätzend.
»Liz ich wollte dich eigentlich fragen, ob du mir beim Ankleiden und frisieren helfen magst. Ich möchte nicht, dass es jemand anderes macht.«
»Was dachtest du denn, das lasse ich mir nicht nehmen. Rory du entschuldigst uns bitte. Wir haben nun Wichtigeres zu tun.«
Rory grollte innerlich, sie behandelte ihn wie einen Dienstboten. Doch dabei wollten die Sassenach etwas von ihm und nicht er von ihnen. Bei Gelegenheit würde er dieses auch klarstellen. Doch für den Moment beschloss er, sich zurückzuziehen.
»Dann will ich die Ladys nicht weiter stören und werde in der Küche dafür sorgen, dass für heute ein Festmahl vorbereitet wird. Immerhin ist es eine fast königliche Hochzeit.«
Liz lächelte ihn an und merkte das unter der fröhlichen Fassade etwas zu brodeln schien.
»Rory, ich weiß nicht, wie ich dir das je vergelten soll.Die Hochzeit, deine Gastfreundschaft und deine Geduld ehren dich.«
Rory zog die Augenbrauen zusammen. Also schien Liz gemerkt zu haben, dass er sich zurück gesetzt fühlt.
»Würdest du mir die Freude machen und mich in die Kirche begleiten? Zumindest so kann ich dir meinen Dank ausdrücken.«
»Liz es wird mir eine Ehre sein.«
Dawn spürte, wie die Luft sich auflud und zwischen Liz und ihrem Gastgeber eine gewisse Spannung erzeugt wurde. Ob sich hier etwas anbahnte? Sie würde sich freuen. Rory war ihr sympathisch und Liz verdiente einen ebenbürtigen Partner. Und er war ihr mit Sicherheit ebenbürtig.
Als Dominik erwachte, fand er die andere Seite des Bettes leer. Voller sorge stand er auf und zog sich eilig etwas über, dann hastete er auf den Flur und riss die Tür zum Zimmer seiner Schwester auf. Der Anblick, der sich ihm bot, raubte ihm den Atem. Dawn stand da und hatte nichts weiter an, als ein dünnes Leibchen während Liz ihre die Haare kunstvoll zusammensteckte. Er machte sich durch ein leises Räuspern bemerkbar.
»Ich möchte nicht stören, doch warum bist du so früh aufgestanden?«
Dawn schrak zusammen und sah bestürzt zu Liz.
»Raus hier Bruderherz. Die Braut ist nervös und deine Anwesenheit macht es nicht besser und zudem bringt es Unglück, seine Zukünftige vor der Trauung zu sehen. Also Husch husch scher dich raus.«
Dominik verzog missbilligend den Mund. Doch Liz war schon bei ihm und schob ihn energisch hinaus.
»Darf ich nicht wenigstens einen Guten morgen Kuss bekommen?« Mit gespielter Verzweiflung warf er einen Blick zurück.
»Du wirst die noch eine Ewigkeit küssen dürfen, doch jetzt nicht. Besorg dir einen Zuber mit kaltem Wasser, der dein Gemüt abkühlt.«
Mit diesen Worten warf Liz die Tür hinter ihm zu und lehnte sich seufzend dagegen.
»Hmm einen Kuss hätte ich ihm doch gewährt. Liz du bist zu streng mit ihm.«
Dawn hatte ihre Fassung wiedergefunden und konnte ein Lachen kaum unterdrücken, als sie die Mine ihrer Schwägerin sah.
»Oh, ihr beiden Turteltauben bringt mich um den Verstand. Es gibt nun mal gewisse Regeln bei einer Hochzeit. Und dazu gehört, dass der Bräutigam die Braut am Hochzeitstag erst am Altar sieht und nicht vorher.«
Liz seufzte theatralisch.
»Liz nach der letzten Nacht kann mir jede Regel gestohlen bleiben. Dominik hat mir wieder einmal gezeigt, was es heißt, zügellose Leidenschaft zu entfachen.«
Mit grimmiger Mine machte sich Liz wieder an Dawns Frisur zu schaffen. Doch ein Gutes hatte diese kurze Episode, Dawns Nervosität hatte sich gelegt und sie entspannte sich zusehends.
Liz verzichtete darauf Dawns Haare zu diesen neumodischen Turmfrisuren zu stecken, sondern steckte sie hoch, während ein paar Strähnen zu Locken gedreht über die Schultern fielen.
Als beide Frauen dann endlich frisiert und angekleidet waren, war es fast Mittag. Da nun auch kaum noch Zeit blieb, wurde Dawn über eine Hintertreppe aus dem Haus geschleust und in eine Kutsche gezwängt.
Nun war Dawns Nervosität ungebremst zurückgekehrt und sie rutschte auf der Bank der Kutsche herum.
»Liebes nun bleib doch ruhig sitzen. Sonst ist die ganze Mühe umsonst gewesen und dein Kleid ist zerknittert, wenn wir in der Kirche ankommen. Oder noch schlimmer deine Frisur löst sich auf.«
Augenblicklich saß Dawn stocksteif und wagte sich nicht auch nur einen Finger zu krümmen.
Rory, der mit ihnen fuhr, konnte mit Mühe ein Lachen unterdrücken. Dawn war bezaubernd, nur im Moment wirkte sie, wie ein verschrecktes Kind. Nur der warnende Blick von Liz hielt ihn davor ab, seinem Drang nachzugeben.
**************
Dominik stand am Altar und starrte gebannt zur Kirchenpforte. Doch von Dawn keine Spur. Ob sie einen Rückzieher machte? Dann sah er die Kutsche vor der Kirche halten und merkte, wie seine Aufregung wuchs. Als Erstes stieg Rory aus und reichte dann galant Liz seine Hand. Und dann stieg endlich Dawn aus und ihm verschlug es den Atem. Dominik hatte sich immer noch nicht daran gewöhnt, Dawn in festlicheren Kleidern zu sehen. Doch ihr Brautkleid übertraf alles Bisherige und sie wirkte so erwachsen, so damenhaft, dass er sich fragte, ob dies wirklich seine Dawn war. Das elfenbeinfarbene Kleid ließ sie zerbrechlicher erscheinen und sein Beschützerinstinkt ihr gegenüber wurde übermächtig. Nie sollte sie leiden oder verletzt werden. Er würde sie mit seinem Leben beschützen.
Langsam kam sie auf ihn zu. Mit jedem Schritt wusste er, dass es seine erste richtige Entscheidung war, Dawn zu heiraten und sie zu seiner Gefährtin zu machen. Und endlich stand sie neben ihm und er konnte nur daran denken sie aus diesem Kleid zu schälen, um ihr seine Liebe zu beweisen.
Und endlich stand sie neben ihm und lächelte ihn verlegen an. Die Predikt des Pfarrers bekam Dominik kaum mit und sein »Ja ich will« klang rau. Er war überwältigt von all dem und wusste, dass er nun den richtigen Weg eingeschlagen hatte. Als sie gemeinsam aus der Kirche traten, viel Liz erst ihm dann Dawn um den Hals.
»Es war so schön und ich wünsche euch beiden alles Glück dieser Erde.«
Gerührt sah sie von einem zum andern.
»Danke Schwägerin.« feixte Dawn, der irgendwie die Ernsthaftigkeit verloren gegangen war. Sie fühlte sich wie damals, als der verdünnte Wein ihr zu Kopf gestiegen war. Nun war sie endlich Dominiks Frau. Wie oft hatte sie davon geträumt und fast geriet sie in Versuchung sich zu kneifen, nur um sicherzugehen, dass es kein Traum war.
»Mrs. Chauvet, darf ich sie bitten, in die Kutsche einzusteigen?«
Galant hielt Dominik seiner Frau die Tür der Kutsche auf und Dawn stieg kichernd ein. Sie erinnerte sich an seine Szene, in der Albert sie junge Dame genannt hatte. Es war damals ihr erster Tag im Hause der beiden Vampire gewesen. Seitdem hatte sich so viel verändert und nun war sie Dominiks Frau und eine Vampirin und das machte sie überglücklich. Verträumt sah sie auf den schmalen goldenen Ring an ihrem Finger. Dominik war ihr vom ersten Moment vetraut, und sie hatte immer davon geträumt, mit ihm ihr Leben verbringen zu können. Diesmal sah sie nicht aus dem Fenster, sondern tauschte selige Blicke mit ihrem Mann.
Als die Kutsche vor Rorys Haus hielt, half Dominik ihr aus der Kutsche und sie traten ein.
Es erwartet sie Stimmengewirr und eine weibliche Stimme, die Dawn sofort zuordnen konnte. Dominik versteifte sich und sah zu Rory, doch dieser zuckte nur mit den Schultern.
»Darf ich weuch alle in den Saal bitten so wie es klingt sind die Clanoberhäupter der Highlands eingetroffen und wir haben noch mehr Gäste, die sicher diesen ehrenvollen Tag mit euch beiden feiern wollen.
Auf alles gefasst betrat Dawn an Dominiks Seite den Saal und wirklich da stand sie, Isiadora. Ein falsches Lächeln lag auf den Lippen der blonden Vampirin und Domink zog hörbar die Luft ein.
»Was will sie hier«, presste er zwischen den Zähnen hervor.
»Oh du kennst sie? Das wusste ich nicht. Sie ist das Oberhaupt eines Clans aus der Nähe von Stirling. Sie hat Stimmrecht. Sie wird sich sicher freuen, euch beide hier zu treffen.« Rory ging davon aus, dass Isiadora den beiden Brautleuten willkommen war.
Doch ein Blick in die Gesichter der beiden, strafte seine Vermutung lügen. Auch Liz wirkte wenig begeistert und das beunruhigte ihn. Isiadora hatte sich als ehrgeizig jedoch loyal erwiesen, er konnte keinen Grund für diese Stimmung der Sassenachs finden.
Isiadoras Mine ließ keinen Rückschluss auf ihre Gefühle zu. Langsam näherte sie sich den Ankömmlingen und setzte ein künstliches Lächeln auf.
»Nicki, das ist eine Überraschung dich hier zu sehen. Und das muss die kleine Dawn sein, wegen der du damals geflohen bist. Wie ich sehe, hat sie ihr Ziel erreicht und ist eine von uns und deine Frau. Nun hat sie ausgesorgt und muss nicht so enden wie ihre armen Eltern.«
Dawn zuckte zusammen. Es war ein Schlag ins Gesicht für sie, so behandelt zu werden.
Doch Dominik blieb äußerlich gelassen.
»Ah Isi wie ich sehen immer noch eine Gift spritzende Intrigantin. Und wieder Oberhaupt eines Clans. Na ja, nachdem wir dich entlarvt hatten, blieb dir nur die Flucht.«
»Flucht? Nicki ich bitte dich. Ich bin gegangen, bevor ihr euch weiter lächerlich gemacht habt mit euren moralischen Bedenken.«
»Es waren keine Bedenken. Nur lass ich mich nicht gern zu etwas zwingen.«
»Es gab eine Zeit, da musste ich keinen Zwang anwenden mein Liebster.«
Dawn zog hörbar die Luft ein. Am liebsten hätte sie dieser Frau die Augen ausgekratzt.
»Freunde es gibt ein Fest zu feiern. Sollten wir uns nicht langsam etwas beruhigen. Immerhin sollte das ein Ehrentag für das Brautpaar sein,« mischte sich Rory ein. Ihm war dieser Disput unangenehm. Zwar machte ihn das Ganze neugierig, doch er konnte warten. Er hakte sich bei Liz unter und trat mit ihr in den Saal.
Widerstrebend folgten Dawn und Dominik den beiden. Isi stand etwas abseits und Dawn spürte die Blicke der blonden wie Nadelstiche.
»Ich hab mir unsere Hochzeit anders vorgestellt, Dominik.«
»Ich mir auch mein Herz, nun sie ist da und wir sollten ihr einfach aus dem Weg gehen.«
Dominik führte sie zu Liz und Rory und griff nach zwei Gläsern Rotwein, die ein Bediensteter auf einem Tablett vorbei trug. Er reichte eins an Dawn weiter und prostete ihr zu.
»Auf uns und die Ewigkeit Liebste.«
Der Toast ließ Dawn einen Glücksschauer den Rücken runterlaufen und sie stieß mit ihrem Gatten an.
»Auf die Ewigkeit Domninik.« sie nahm einen tiefen Schluck und blickte ihn über den Rand des Glases an. Sie vergaß Isi und den Rest der Gäste, nur Dominik war real und ihre Gefühle für ihn. Unmittelbar lud die Luft sich zwischen ihnen auf. Und Dawn wollte nur noch mit ihm alleine sein.
Dominik lächelte nur und nippte erneut an seinem Wein. Liz trat zu ihnen und beugte sich zu Dawn.
»Beachte sie nicht Dawn. es ist euer Tag und Isi wird sich hier hüten, weitere abfällige Bemerkungen fallen zu lassen. Rory hat sie gerade zurechtgewiesen.«
»Trotzdem ich mag sie nicht. Meine Hochzeit habe ich mir anders vorgestellt.«
»Liebes eine Panne gehört zur Hochzeit und das ist Isi! Die Musik hat angefangen zu spielen und alle warten darauf, dass ihr den Tanz eröffnet. Denn schließlich seid ihr heute die Hauptpersonen. Also hopp hopp.«
Ergeben ergriff Dominik Dawns Hand und zog sie mit sich.
»Liz hat Recht Liebes, heute dürfen wir uns nicht unterkriegen lassen. Und morgen geht der offiziele Teil weiter. Und ich hoffe, wir sind schnell einig mit den Schotten, dann reisen wir ab.«
»Genau jetzt wünschte ich, dass wir sehr bald abreisen. Isiadora löst ein schlechtes Gefühl in mir aus.« Dawn drehte sich einmal um die eigene Achse und konnte nicht verhindern, dass sie Isis Blick begegnete. Eiskalt lief es ihr den Rücken runter, denn Isis Blick war voller Hass und Abscheu.
»Ich weiß mein Herz, doch denk daran, es geht um die Clans in England und deren Fortbestand.«
Dawn presste die Lippen aufeinander. Auch Dominik war der Blick von Isi aufgefallen und hatte ein schlechtes Gefühl, was die Anwesenheit seiner ehemaligen Gespielin betrifft. Nach dem die Musik aussetzte, verließ er mit Dawn die Tanzfläche und begab sich zu seiner Schwester. »Wir werden uns gleich verabschieden. Isi macht mich nervös. Morgen sollten ja die Verhandlungen weiter gehen, und sobald die abgeschlossen sind, möchte ich nach Chester zurück. Und Isi so schnell nicht wieder sehen.«
»Ich verstehe. Na ja ich werde mich noch mit Rory vergnügen, bevor wir abreisen.« Süffisant lächelte Liz ihren Bruder an. Der hob drohend den Zeigefinger und sah sie mit gespieltem Ernst an.
»Übertreib es nicht. Ein Vampir mit gebrochenem Herzen ist unberechenbar. Ist er zudem noch Clanoberhaupt, dann renn um dein Leben.«
»Sprichst du aus eigener Erfahrung Bruderherz?«
»Nein und das weißt du.«
Liz nickte nur. Niemand hatte bis zu seiner Begegnung mit Dawn je sein Herz so berührt, dass man es brechen konnte. Leichtfüßig schwebte sie zu Rory.
»Tanzen wir mein Lieber?«
Rorys Herz setzte einen Schlag aus. Doch er ließ sich nichts anmerken und bot Liz seinen Arm.
***********
Dawn lehnte sich in ihrem Zimmer gegen Dominiks Brust.
»Was für ein Tag. Erst die Hochzeit und dann Isiadora.«
Dominik streichelte ihr beruhigend über den Rücken.
»Mrs.Chauvet, wir sind hier alleine und Ihnen fällt nichts anderes als Isi ein? Soll ich dir zeigen, wonach mir der Sinn steht?«
Sanft fasste er unter ihr Kinn und hob ihr Gesicht seinem entgegen. Seine Lippen berührten Ihre Haut kaum, als er sich mit federleichten Küssen zu ihrem Mund vorarbeitete. Dawn holte geräuschvoll Luft und presste sich an ihn.
»Hmm, Mr Chauvet, was war heute noch mal?«
Leise lachend hob Dominik seine Frau hoch und trug sie zum Bett. Sie hatten lange genug ihre Zeit mit Nebensächlichkeiten verschwendet.
Verschlafen und glücklich öffnete Dawn am nächsten Morgen die Augen und blickte geradewegs in Dominiks Gesicht.
»Guten morgen mein Herz, weißt du, dass du im Schlaf leise Kiekser von dir gibst? Das wollte ich dir schon öfter sagen.«
Dawn bedeckte lachend ihr Gesicht mit Händen.
»Oh weh, wenn das jemand erfährt, ist mein Ruf dahin. Wie klingt es denn? Und machen das nicht nur Kinder?«
Dominik versuchte das Geräusch nachzumachen und Dawn gluckste vor Lachen.
»Du übertreibst doch. Das würde das ganze Haus aufwecken.« Mit einem Finger pieckste sie Dominik in die Schulter.
»Sag die Wahrheit Gemahl, oder ...!« Den Rest ließ sie bewusst offen.
»Was dann? Willst du mich einsperren, oder foltern?« Dominik schlug entsetzt die Hand vors Gesicht.
»Nein, da lasse ich mir etwas einfallen.« Spitzübisch lächelte Dawn ihn an.
»Auch wenn ich das mache?« Dominik schob eine Hand langsam ihren Oberschenkel hoch.
»Oder das.« Sein Finger klopfte leicht auf ihr Lustzentrum.
Dawns Denkvermögen setzte aus, als seine Fingerspitze mit sanftem Druck zu kreisen begann.
»Hmm, Dominik so kann ich mich gar nicht auf deine Strafe konzentrieren.«
»Dann habe ich mein Ziel ja erreicht.«
Später als sie ihr Zimmer verließen, sah Dawn sich um. Doch sie konnte niemanden entdecken. Erleichtert seufzte sie auf.
Doch Ihre Erleichterung sollte sich in Luft auflösen, denn als sie das Esszimmer betraten waren Isi und die Clanoberhäupter Schottlands versammelt.
Rory eilte auf sie zu und begrüßte sie überschwänglich. Er wirkte gelöster als sonst und sein Blick fiel immer wieder Richtung Liz, die sich mit mehreren Vampiren unterhielt. Dawn ahnte, dass die beiden die Nacht miteinander verbracht hatten. Doch sie ahnte auch, dass Liz dem Ganzen weniger Bedeutung beimaß, als Rory. Ihre Schwägerin betonte immer wieder, dass Gefühle nichts für sie waren.
»Und wie ist die Stimmung unter deinen Clans?« Man merkte Dominik seine Anspannung an.
»Hmm, ich hatte noch keine Gelegenheit da groß was anzusprechen. Doch darum sind ja jetzt hier alle versammelt, um das zu bereden.«
Er trat in die Mitte des Raums und blickte einmal in die Runde.
»Ruhe! Es sind alle da und wir fangen an. Die Sassenachs haben uns gebeten, ihnen zu helfen in einer heikelen Angelegenheit. Na gut, es ist ihre Angelegenheit, trotzdem will ich es hier und jetzt bereden.«
Ein Vampir trat vor und erhob seine Stimmme.
»Was der Sassenachs ihres ist, soll ihres bleiben. Wir halten uns da raus.«
Dawn zog sich der Magen zusammen.
Isi trat in die Runde und Dawn wünschte sich nach Frankreich zurück.
»Die Sassenachs versuchen sich, mit uns zu verbünden. Diese Jäger haben meine Späher damals schon in Frankreich ausspioniert und nun suchen die da starke Verbündete zu finden. Doch wer sagt uns, dass wir nicht die Bauernopfer für sie spielen sollen?«
Gemurmel erhob sich und rory erhob die Hand.
»Ich hatte nun ein wenig Zeit um sie kennenzulernen, ihre Absichten sind nicht unehrenhaft, doch habe auch ich meine Bedenken. Aber wenn wir ihnen nicht helfen, wer sagt uns, das die Jäger nicht ihren Weg nach Schottland finden? Einige Clans sind so abgelegen, dass sie nicht um Hilfe ersuchen können. Das würde uns auch schaden. Also warum nicht das Übel bekämpfen, bevor es über uns hereinbricht?«
Wieder Gemurmel. Dawn konnte die Spannung unter den Vampiren spüren, denn ihr selbst ging es nicht anders. Rory schien eine Strategie zu verfolgen und sie wusste nicht ob zu ihren Gunsten oder gegen sie.
»Sagt denn, dass es über uns hereinbricht?« Der Vampir sah Dominik herausfordernd an. Doch dieser reagiert zum Glück besonnen.
»So dachten wir aus, als uns die Berichte aus Frankreich erreichten. Uns hat es nicht sonderlich gekümmert. Und als sie dann angriffen, waren wir völlig unvorbereitet und dadurch starb unser Anführer. Meine Schwester hingegen lebt seit Jahrzehnten in Frankreich. Dort bekämpfen sie die Jäger aktiv und wissen, wie man sich verteidigt.« Sein Blick streifte Liz und diese nickte.
»Mein Bruder hat Recht. Durch unsere menschlichen Verbündeten sind wir weniger auf uns gestellt und haben es geschafft, die Jäger zu infiltrieren. Zumindest eine Zeitlang. Doch seither ist kein Clan mehr unvorbereitet angegriffen worden. Und selbst wenn ein Angriff erfolgte, wurde er erfolgreich abgewehrt. Die Jäger sind uns gegenüber vorsichtiger. Hier in Britannien und Schottland haben sie ein leichtes Spiel, da euch euer Hochmut im Wege steht.«
Tödliche Blicke trafen Liz, doch Rory trat neben sie und legte beschützend den Arm um ihre Schultern.
Dawn sah ein Aufblitzen in Liz Augen und ahnte, welches Spiel ihre Schwägerin spielte. Und in dem Moment befürchtete sie, dass Rory das nicht durchschaute, denn dann würden sie ihn zum Gegner haben. Es war leichtsinnig von Liz, mit so hohem Einsatz zu spielen. Sie warf einen Seitenblick zu Dominik und auch sah besorgt aus. Intrigante Spiele waren ihm zuwider, das wusste Dawn. Doch sie wusste auch, wie berechnend ihre Schwägerin sein konnte. Liz meinte es gut, doch schoss sie manchmal übers Ziel hinaus.
Doch vielleicht machte sie sich unnötige Sorgen und alles würde glattgehen.
Plötzlich meldete Isi sich erneut zu Wort.
»Wir sollten den Sassenachs nicht trauen, doch wir sollten die Gefahr nicht so weit von uns stoßen. Es wäre für uns von Vorteil, wenn eine Delegation sie nach Chester begleitete oder gleich mehrere Clans. So könnten wir ihre Glaubwürdigkeit und Ehrenhaftigkeit überprüfen.«
Rory nickte zustimmend, den genau das war sein Plan gewesen. Erst mal langsam vortasten und dann eine Entscheidung treffen.
»Isiadore, da du die Sassenachs schon kennst, wirst du mit deinem Clan sie begleiten und ich schicke noch James mit seinem Clan mit. Das sollte fürs Erste reichen.«
Zwei Clans um England zu verteidigen und bei der Ausbildung der englischen Vampire zu helfen, war mehr als dürftig, doch immerhin besser als nichts.
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Unverichteter Dinge reiste Jacques ab. Weder hatte er Dawn gefunden, noch herausfinden könne, welche Pläne die Vampire hatten. So musste er. Um die Jäger auf seine Seite zu ziehen, zu seinem zweiten Plan greifen. Er muss die Führung der Jäger übernehmen und dann nach Frankreich zurückkehren. Dort konnte er seine Position ausbauen und festigen. Dafür musste der Kopf des Abtes rollen und er hat das Wissen, um das zu bewerkstelligen. Endlich erreichte er das englische Hauptquartier und war erleichtert, dass alle versammelt waren. Fast hatte er befürchtet er würde das Haus leer oder nur teilweise bewacht vorfinden. Und sein Glück spielte weiter mit, der Abt war im Hauptraum und hielt wohl gerade eine Versammlung ab.
»Jacques, wie schön, dass du dich zu uns herablässt,« begrüßte der Abt ihn mit vor Hohn triefender Stimme.
>dir wird dein überhebliches Gehabe gleich vergehen,< dachte Jacques im Stillen. Die Reise hatte ihm die nötige Zeit verschafft, seine Strategie bis ins Kleinste zu planen.
»Ich war in Schottland, weil mich die Spur der Blutsauger dorthin geführt hatte.« Dass der Abt ihn dorthin gesandt hatte, verschwieg er.
»Jedoch war es eine Flasche Fährte und ich musste umkehren. Doch auf dem Rückweg hatte ich genug Zeit zum Nachdenken. Die Blutsauger sind uns immer ein Stück voraus. Und ich weiß auch wieso.«
Erwartungsvolle Blicke ruhten auf ihm. Nur der Abt beäugte Jacques misstrauisch.
»Wir haben eine von ihnen in unsere Mitte. Und wenn alle scharf nachdenken, wisst ihr schnell, wenn ich meine.«
Gemurmel erhob sich und Jacques nutze die Pause, um den Abt mit Blicken zu durchbohren. Dieser wirkte immer noch selbstsicher, doch das würde Jacques bald ändern. Hocherhobenen Hauptes blickte er in die Runde und stellte befriedigt fest, dass jeder an seinen Lippen hing. Einige fasziniert andere mit leichtem Unbehagen.
»Es ist schon komisch, dass keiner von euch eher drauf gekommen ist. Doch es gab so viele offensichtliche Zeichen. Ständig verhüllt er sein Gesicht, er teilte seinen Raum mit Etienne und er hält sich aus jedem Kampf raus.«
Triumphierend beendete er seinen Monolog und blickte nun offen den Abt an, dessen Gesicht zu einer Maske erstarrt war. Er trug zwar die Kapuze, doch hatte er sie nicht so weit wie sonst ins Gesicht gezogen.
»Ist das alles an Beweisen«, knurrte er Jacques an.
»Du speist nie mit uns und Etienne war an manchen Tagen recht blass. Du kannst dich beherrschen, doch Etienne merkte man es an. Zudem habe ich euch beobachtet aks du dich an ihm vergingst und von ihm trankst.«
Fassungslos starrten die Jäger nun den Abt an, der sich sichtlich in die enge gedrängt fühlte.
Das Fatale war, das seine Fangzähne ausklappten, einerseits vor Hunger anderseits, weil er die Beherrschung verlor.
Ein Aufschrei ging durch den Raum. Der Abt bemühte sich nicht einmal mehr, sein wahres Dasein zu verbergen. Die Wut auf Jacques war zu mächtig. Dolche wurden gezückt. Nun wurde es brenzlig. Und bevor der Abt reagieren konnte, flog das erste Messer und verfehlte ihn knapp. Bevor einer der Werfer ihn treffen konnte, wirbelte der Abt auf dem Absatz herum und wandte sich der Tür zu. Doch Jacques sprang ihm in den Weg.
Instinktiv holte er aus und fegte Jacques mühelos beiseite. Wie eine Puppe flog der Matrose durch den Raum und der Weg war für den Abt frei. Fast riss er die Tür aus den Angeln, doch das interessierte ihn nicht. Flucht war der einzig herrschende Gedanke. Er rante in den naheliegenden Wald und blieb erst stehen, als es um ihn leise wurde. Dann schlug er den Weg zum Gut ein. Er würde sich dort verbergen bis Dawn wieder zurückkam.
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Jacques war mit der Schulter an die Wand geprallt und befürchtete das er sich etwas gebrochen haben könnte. Doch er musste einen Schutzengel haben, denn er konnte den arm bewegen.
Die meisten Jäger hetzten dem Abt hinterher, doch einige blieben unschlüssig zurück. Jacques richtet sich auf.
»Habt ihr seine Raubtierzähne gesehen. Er hat uns alle getäuscht. Er ist eine Ausgeburt des Teufels und muss vernichtet werden. Wir werden unsere besten Männer auf ihn ansetzen.«
Einige nickten, andere sahen betreten zu Boden. Der Abt hatte ein Machtvakuum hinterlassen und wenige waren damit einverstanden, dass Jacques nun die Macht an sich riss.
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Der Tross zog sich von Edinburg aus Richtung England. Dawn war froh endlich wieder nach Chester zu kommen. Doch das Isi sie begleitete versetzte ihr einen Stich. Diese Frau machte ihr immer noch Angst. Man konnte ihr nicht trauen. So gut e ging, mied Dawn die Gesellschaft von Isi und ihren Vampiren.
Die meiste zeit verbrachte sie damit sich mit Liz zu unterhalten und sie nach Rory auszufragen.
Doch statt einer Antwort lächelte Liz nur süffisant.
»Oh Liz bitte, spann mich nicht auf die Folter. Jeder Blinde merkt, dass da was zwischen euch was ist. Er frisst dich mit Blicken und du leckst dir zu oft über die Lippen. Das machst du immer, wenn du einen neuen Mann im Bett hattest.«
Erstaunt sah Liz ihre Schwägerin an. Dawn war eine gute Beobachterin. Doch, dass sie ihre Eigenarten studierte, überraschte Liz.
»Dawn du bist schamlos mit deiner Fragerei.« Trotz allem fühlte Liz sich unwohl, so durchschaubar zu sein. »Ach komm schon Liz. Wie lange kennen wir uns jetzt. Und so viel Kontakt zu anderen hatte ich nicht. Und wenn man eins und eins zusammenzählt, dann ist das eine Frage der Logik.« Dawn knuffte Liz in die Seite.
»Eher eine Frage deiner Neugierde.«
Dawn zog die Augenbrauen zusammen, der bissige Ton passte nicht zu dem guten Verhältnis, welches sie immer hatten. Sie presste die Lippen aufeinander.
»Entschuldige Dawn Liebes! Ich denke, ich gehe jagen. Ich brauche Blut.«
Mit den Worten ließ Liz die Kutsche anhalten und stieg aus. Dominik, der alles mit bekommen hatte, runzelte die Stirn. Dawn hatte ein gutes Gespür auch er merkte, dass seine Schwester sich verändert hatte. Selbst ihm gegenüber war sie distanzierter. Es waren nur Nuancen doch für ihn spürbar ebenso wie für Dawn.
Irgendwas musste vorgefallen sein. Wenn er nur rausbekäme, was, doch so lange seine Schwester sich nicht öffnete, hatte keiner eine Chance.
»Dominik weiß Liz, wo wir Rast machen?«
»Ja sie hat mit mir ja die Route besprochen. Wir fahren anders, als auf dem Hinweg. Ich will nicht zur Zielscheibe für Jäger werden.«
»Ich bin deine Frau Dominik! Sowas kannst du ebenso mit mir besprechen. Wie soll ich bei den Clans denn je respektiert werden, wenn du mich aus allem raushältst?«
Dominik verdrehte die Augen, waren alle Frauen in seiner Nähe nun verrückt geworden?
»Dawn! Du hast eine Ewigkeit Zeit dich mit den Clans und allem, was dran hängt, vertraut zu machen. Im Moment ist es nun mal so, dass die Clans in einer Krise stecken. Ich habe nicht auch noch Zeit meiner Ehefrau den gesellschaftlichen Einstieg zu bereiten, oder alle wichtigen Entscheidungen mit dir zu diskutieren.«
Mit jedem Wort verdüsterte sich Dawns Mine.
»Es geht nicht um den vampirischen Debütantinnenball, sondern um meine Unterstützung, die ich anbieten will. Du bist nicht alleine mein Liebster und vielleicht könnte ich dir Rückendeckung geben, wenn du mir vertrauen würdest.« Dawn schnaubte vor Wut, wieder fühlte sie sich wie ein Kind, dem man alles vorenthielt, weil man es nicht für erwachsen genug hielt.
»Es hat nichts mit Vertrauen zu tun, sondern einfach mit der fehlenden Erfahrung in politischen Dingen. Und wenn du mir den Rücken freihalten willst, steh mir bei, dazu musst du nicht jede Entscheidung mit mir absprechen. Im Moment bin ich froh, wenn mir nicht jeder ein Messer in genau den Rücken sticht, den du mir freihalten willst.«
Dawn sah beschämt zu Boden. Wenn Dominik sie nicht ernst nahm, war sie es doch selbst schuld. Dominik ergriff ihre Hand und drückte sie.
»Liebling du bist doch sowieso ein Bestandteil des Rates. Beobachte alles, was dort geschieht, und lerne. Es erfordert sehr viel Fingerspitzengefühl, es allen so recht wie möglich zu machen.«
»Ja Dominik! Und verzeih! Manchmal weiß ich nicht, was in mich gefahren ist.«
Dominik erinnerte sich an all die kleinen Szenen, die sie ihm gemacht hatte, um ernst genommen zu werden. Niemandem sonst verzieh er so schnell. Später würde er Dawn zeigen, wie sehr sie sein Leben verändert hatte, wie sehr er sie liebte.
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Der Abt rannte fort von seinen ehemaligen Gefährten. Ziellos zuerst doch dann besann er sich und steuerte auf einen verlassenen Hof zu. Er lag ganz in der Nähe des Gutes, auf dem Dawn lebte. Hier würde er eine Weile ausharren.
Die Leute erzählten sich, hier lebte einst eine Familie. Doch als man deren älteste Tochter in Stücke gerissen auf dem angrenzenden Feld fand, haben sie den Hof verlassen. Seit dem erzählt man sich, dass es dort spukt. Keiner würde sich in die Nähe des Hauses trauen und so war er erst einmal sicher. Der Abt brauchte Zeit um seine weiteres Vorgehen zu überdenken. Als Erstes würde er die Kutte loswerden. Nur wenige Jäger hatten je sein Gesicht gesehen. Bis auf die wenigen, die in dem Unterschlupf hier in England waren. Aber ganz haben sie es auch nicht wahrgenommen, da sie wegen seiner Fangzähne viel zu entsetzt waren. Er öffnete die Tür zum Wohnhaus und trat ein Staub hing in der Luft und es roch abgestanden. Er stieß die Fenster auf und ließ Luft in den Raum. Es standen ein Tisch und Stühle in der Mitte und ein Kamin an der gegenüberliegenden Wand.
Abends würde er Holz brauchen, um ein Feuer anzuzünden. Er warf seine Kutte achtlos in die Ecke. Er strich sein Jackett glatt. Unter der Kute trug er immer Kleidung, die ihn nicht als Abt oder Mönch enttarnten. Sein Aussehen zog viele Blicke auf sich. Sein Vater war Franzose und seine Mutter stammte aus Japan. Getauft war der Abt auf den Namen Pierre Montans. Seine Mutter fühlte sich nie wohl in Europa und soff sich irgendwann zu Tode, während sein Vater wieder auf Schiffsreisen war. Pierre beschloss, es danach auf eigene Faust zu versuchen und suchte sich Arbeit. Doch das währte nicht lange. Als er eines Abends im Winter auf dem Weg zu seinem bescheidenen Zimmer war, wurde er überfallen. Bei seinem Wiedererwachen hatte er nur einen Gedanken: Blut und übermächtigen Hunger.
Angeekelt versuchte er beides zu ignorieren und eine Zeitlang gelang ihm das auch. Fast asketisch versuchte er seinen Blutbedarf auf ein Minimum zu reduzieren, bis zu dem Tag, als ihm ein kleines Mädchen begegnete. Weinend kam sie in sein Versteck und kauerte sich in eine Ecke. Pierre suchte zu dem Zeitpunkt Unterschlupf in alten verlassenen Häusern und in einem solchen befand er sich an diesem schicksalhaften Tag. Die Kleine hatte sich offenbar das Knie angeschlagen und blutete leicht. Doch schon diese kleine Wunde ließ seine mühsam aufgebaute Selbstbeherrschung in sich zusammenfallen. Blutgier übermannte Pierre und sein Verstand setzte aus. Mit einem animalischen Knurren stürzte er sich auf das Kind. Dieses hatte nicht einmal die Gelegenheit um Hilfe zu rufen, nur ein leises kieksendes Geräusch entwich ihr, bevor seine Fänge sich in ihre zarte Haut gruben. Sein Verstand setzte aus und das nächste was er bewusst wahrnahm, war, dass sein Hunger gestillt war und er den Körper des toten Mädchens in den Armen hielt. Der Blick ihrer toten Augen schien ihn zu verdammen und Pierre wurde von Abscheu gegen sich selbst überwältigt. Die Erkenntnis, dass er zu einem Monster geworden war, überkam ihn. Von Selbstzweifeln gepackt, versuchte Pierre herauszufinden, was ihm widerfahren war. Er gab seine Arbeit und das Zimmer auf, in dem er lebte, und verließ das Dorf. Gelenkt wurde sein Weg durch die Toten, die auf unerklärliche Weise plötzlich verstarben, und die Gerüchte über Male am Hals. Dank seiner Kombinationsgabe konnte er sich schnell ein Bild der Monster machen. Hierbei handelte es sich um eine Gruppe der Tiere, die ihn in eine Bestie verwandelt hatten. Jedoch quälte ihn immer eine Frage: Warum hatten sie ihn nicht getötet, sondern zu einem der ihren gemacht?
Und was wichtiger war: Wie konnte man diese Kreaturen vernichten? Sie waren widernatürlich und gottesunwürdig. Solche Kreaturen mussten vom Teufel stammen, um der Menschheit eine erneute Prüfung aufzuerlegen.
Obwohl es ihn graute, vor dem Gedanken Blut trinken zu müssen, lernte Pierre schnell den Durst zu stillen, ohne dabei ernsthaften Schaden zu verursachen. Seine Opfer erholten sich und er fühlte sich den anderen Vampiren überlegen. Nein er war keines dieser Monster, er war dazu berufen, etwas Höheres zu sein. Leben war im heilig und seine Gottesfürchtigkeit und der damit zusammenhängende Glaube war ungebrochen. Und dann begegnet ihm Dawn. Er sah in ihr einen gefallenen Engel, dem er auf den rechten Pfad zurückhelfen musste. Nur wie er das anstellen sollte, war unklar. Darüber wollte er sich auch erst später Gedanken machen.
Damals lernte er viel über die Wesen, die er verfolgte und sie verhalfen ihm unfreiwillig zu seinem Rang unter den Jägern.
Eines Tage überfielen Sie ein Kloster und wüteten grausam. Pierre war entsetzt. Diese Gräuel unterschieden sich von dem, was er bisher von ihnen erfahren hatte. Die Körper der Mönche waren auf groteske Weise entstellt und den Abt hatten Sie gekreuzigt und lebte noch. Obwohl er geschwächt war, berichtet er Pierre von den Vorfällen und Pierre erfuhr das erst mal blanken Hass. Das machte seine Beherrschung zunichte und sein Blutdurst kam zutage und er machte dem Abt ein Ende. Später redete sich Pierre ein, dass er den Abt erlöst hatte von seinem Leid. Er hatte ihn davor bewahrt, zu einem gottlosen Monster zu werden. Pierre bettet für den Abt und gab ihm eine Interpretation der Letzten Ölung. Danach tauschte er seine verschlissene Kleidung gegen die Kutte des Abtes. Durch die Kapuze, die er tief ins Gesicht zog, konnte man weder sein Gesicht noch seine Fangzähne sehen, sollten diese einmal hervortreten.
In den folgenden Jahren fand Pierre heraus, wie man die Vampire töten konnte, und scharte eine Handvoll Anhänger um sich. Die Rolle des gläubigen Rächers gefiel ihm und seine Anhänger hingen an seinen Lippen, wenn er sie über diese Monster aufklärte. Als sich dann noch Etienne seiner Gruppe anschloss, löste sich auch das Problem des Durstes auf. Etienne machte keinen Hehl aus seiner Liebe zu Pierre. Die anderen sahen eine gläubige Vernarrtheit darin, doch Pierre wusste es besser. Nachts teilten sie das Bett miteinander und zum Dank durfte Pierre seinen Durst bei Etienne stillen.
Das alles war nun vergangen, Etienne war tot, die Jäger wussten um sein wahres Ich. Also war die Kutte auch nicht mehr von Nöten. Er besorgte sich Kleidung und verbrannte die Kutte. Sein Dasein würde er nun auf Dawns Rettung ausrichten und an Jacques Rache zu nehmen.
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Während der Fahrt nahm Dawn sich die Zeit, um über Dominiks Vorwürfe nachzudenken. Stumm blickte sie aus dem Fenster.
Obschon es Dominik wunderte, Dawn so still und sich gekehrt zu sehen, fragte er nicht nach. Sollte sie über das Geschehene nachdenken. Er hatte nun wahrlich genug um die Ohren. Er hoffte, dass sie ein Einsehen hatte. Sie war noch nicht lange eine Unsterbliche und konnte ihre Emotionen nicht kontrollieren. Der Rat würde mit Härte reagieren, sollte er sie nun in Entscheidungen einbeziehen. Später erreichten sie das gut und Dawn hatte immer noch nicht mit Dominik oder Liz über ihre Gedanken geredet. Es fehlte die passende Gelegenheit, doch sie wollte es bald nachholen, da aufschieben alles nur verschlimmerte.
Um Dawn nicht noch mehr zu reizen, quartierte Dominik Isi in Hazels alter Kammer ein. Es war ihm egal, das die blonde Vampirin davon wenig begeistert schien. Unwirsch wie er sie darauf hin, dass sie ja auch die Möglichkeit hätte, in dem kleinen Gesindehaus zu nächtigen und diese mit Sicherheit noch weniger Luxus zu bieten hätte. Schmollend gab Isi dann schließlich nach.
Lieber legte sich Dominik mit zehn Isis an, als mit seiner Frau. Ihn schmerzte es, wenn Dawn und er sich stritten und er überlegte, wie er diesen Streit beilegen könnte.
Doch Dawns größte Sorge galt Hazel. Der Gutsverwalter hatte ihr berichtet, dass Hazel alle Geäste hinausgeworfen hatte und jeden beschuldigte, Alberts Mörder zu sein. In ihrem Wahn hatte sie dem Verwalter den Arm gebrochen und ihn fast erwürgt. Somit wurde Hazel zu einer Gefahr, für sich und andere. Mittlerweile mieden die Dienstboten Hazel und fürchteten sich vor ihr. Und Dawn beschloss darüber, mit Liz und Dominik zu reden. Hier konnte sie mit entscheiden, ohne den Rat zu brüskieren. Nur war es schwer beide allein zu erwischen, weshalb Dawn erst einmal dafür sorgte, dass Hazel ihr Zimmer nicht verlassen konnte. Dawn führte ein langes Gespräch mit Hazel, in dem diese aber normal wirkte. So dass Dawn beschloss, nach Dominik zu suchen.
Kaum hatte sie die Tür erreicht bekam Hazel jedoch wieder einen Anfall und erkannte Dawn nicht mehr.Sie hielt Dawn für eine Spionin, die an Alberts Tod beteiligt war. Mit Mühe gelang es Dawn, Hazel zu beruhigen. Hazel wurde zu einem ernsthaften Problem und das Gespräch mit Dominik wurde immer dringender.
Und abends in ihrem Schlafzimmer bot sich endlich die Gelegenheit.
»Liebster, was unternehmen wir wegen Hazel? Heute hat sie ein Dienstmädchen angegriffen und gebissen. Die Dienstboten haben Angst vor ihr und kaum einer wagt sich in ihre Nähe. So kann es nicht weiter gehen. Ich kann nicht immer bei Hazel sein. Ich benötige Unterstützung. Die Momente, in denen sie bei klarem Verstand ist, werden immer seltener.«
Dawn wusste, dass Domink gerad mit den Jägern und der Gefahr, die von diesen ausging, beschäftigt war, jedoch war er der Einzige, der Hazel gut genug kannte, um ihr hier weiter zu helfen.
»Hmm, ich habe auch schon darüber nachgedacht. Es entgeht mir nicht, wie sie sich verändert hat, aber dass es so besorgniserregend ist, wusste ich wirklich nicht. Du hast Recht, wir müssen etwas unternehmen. Zur Not müssen wir sie einsperren, um alle vor ihr zu schützen. Jedoch könnte sich das als sehr schwierig erweisen, da sie ja auch Blut brauchte und dazu auf die Jagd gehen muss. Auch die Vampire bemerkten, dass mit Hazel etwas nicht stimmt und wurden zunehmend nervöser.Wir sollten es auch dem Rat berichten und ihn zur Rate ziehen. Cynwrig wäre hier am besten. Er ist besonnen und verfügt über die meiste Erfahrung. Auch wenn er mir manchmal Angst einflößt.« Dawn holte tief Luft, denn das mit dem Rat war ihre Art ihm zu zeigen, dass sie ihn und seine Entscheidungen respektierte. Zudem wollte sie nicht alleine über Hazels Schicksal entscheiden. Die Bürde war ihr zu groß.
Dominik trat zu ihr und zog sie an sich.
»Canwrig ist kein Monster, Dawn. Er ist im Grunde sanft wie ein Lamm. Wenn du ihn mit seiner Gefährtin Louisa siehst, vergisst du schnell sein furchteinflößendes Äußeres. Er trägt sie auf Händen und vergöttert sie. Mich wundert es sowieso, dass sie nicht hier ist. Sonst weicht er ihr nicht von der Seite und lässt sie nie alleine. Ich kann nur vermuten, dass er in Sorge um ihre Sicherheit ist.«
Da Dawn Louisa noch nie begegnet war, versuchte sie sich ein Bild von ihr zu machen. Es war schwer sich vorzustellen, dass eine Frau ihr Herz an Cynwrig verliert. Doch sie urteilte mit Sicherheit zu schnell, da sie auch Cynwrig nicht kannte und nicht wusste, wie er mit Louisa umging.
»Wie ist sie so, Cynwrigs Gefährtin? Mir fällt es schwer, sie mir vorzustellen.«
Dominik der Dawns Nacken mit zarten bissen bedachte hielt inne und lachte leise.
»Gib es auf mein herz. Louisa ist bildschön. Sie ist bedeutend kleiner als Cynwrig und sehr zierlich. Doch sie strahlt eine innere Kraft aus, die auf Cynwrig abfärbt. In ihrer Nähe ist er noch besonnener. Sie hat braune Augen, die einen anblicken, als hätte sie alles Leid der Welt bereits gesehen. Wenn sie bei den Ratssitzungen zugegen ist, genießt sie den vollen Respekt der anderen, auch wenn sie selten etwas beiträgt.«
Nun konnte Dawn sie sich noch weniger vorstellen. Doch der Gedanke einer kleinen, zierlichen und schönen Frau an Cynwrigs Seite war befremdlich. Auch Louisa musste Cynwrig sehr lieben. Und Cynwrig wirkte nicht besonders liebevoll, doch Dominiks Schilderung nahm ihm ein wenig seiner furchteinflößenden Präsenz. Der Urvampir schien einige Überraschungen zu bergen. Doch Dawn wollte nun wieder auf Hazel zurückkommen.
»Dominik, du weißt, dass es dazu führen könnte, Hazel zu vernichten. Ich liebe sie wie meine Mutter, doch sie darf nicht zu einer Gefahr werden. Ich hab schreckliche Angst vor diesem Schritt.«
»Mein Herz lass uns bitte abwarten, wie der Rat und Cynwrig mit dieser Sache umgehen. Da es um einen Vampir geht, dürfen wir nicht eigenmächtig entscheiden. Denn laut Kodex zieht die unrechtmäßige Tötung eines anderen Vampirs Verbannung nach sich. Und Liz sollten wir zuerst zu Rate ziehen. Sonst bin ich deiner Meinung, Hazel darf zu keiner Gefahr werden.«
»Keiner kennt Hazel so gut wie wir und hier die Entscheidung anderen zu überlassen, gefällt mir nicht besonders. Auch wenn Hazel die Gefährtin von Albert war und auch oft in Frankreich zu Besuch war, sollte die letzte Stimme hierzu und beiden gehören. Und Liz hatte sich beiden gegenüber immer sehr zurückgehalten«
»Das mein herz, lag an dem Kodex, der immer wieder ein Streitpunkt zwischen ihnen war. Du hast keine Ahnung, wie sehr sich Albert und Liz schon deswegen angegangen sind.«
Ja der Kodex. Dawn wusste, dass Liz ihn für rückständig hielt und auch, dass Albert auf ihm beharte, genau wie Cynwrig es nun tat. Und Liz hatte oft genug betont, dass der Kodex die Vampire angreifbar machte. So oft hatte Liz sich bei ihr beklagt, wie engstirnig sie das fand.
Der Tod Alberts hatte jedoch alles verändert, der Kodex musste gelockert werden und die Vampire suchten bereits Verbündete unter den Menschen. Dawn seufzte auf.
»Was hast du Liebste?« Dominik hauchte ihr einen Kuss in den Nacken.
»Alles hat sich verändert und das so schnell, dass mir schwindelig wird. Das Einzige von Bestand sind meine Gefühle für dich. Im Gegenteil sie sind stärker denn je.«
Liebevoll streichelte Dominik von hinten über Dawn flachen Bauch. Er wusste, dass er sich immer auf sie verlassen konnte und sie immer hinter ihm stehen würde. Aus diesem Grund liebte er seine Frau noch mehr.
Als der Rat das nächste Mal zusammenkam, war Dawn an seiner Seite.
Cynwrig blickte mehr als besorgt, nachdem Dawn ihre Beobachtungen vorgetragen hatte.
»Wir werden Hazel vernichten müssen, und zwar schnell. Ihr Zustand wird sich nicht verbessern, und bevor sie uns schadet, muss es geschehen. Ich habe bereits Vampire erlebt, die dem Wahnsinn verfallen sind und alle um sie herum in den Untergang gerissen hatten. Und nach Dawn Schilderungen ist Hazel nicht mehr weit davon entfernt.«
»Nein,« hauchte Dawn und krallte sich in Dominik Arm., »es muss einen anderen Weg geben. Wir haben bereits albert verloren und Hazel ist wie eine Mutter für mich gewesen. Gibt es denn keinen anderen Weg?«
Obwohl sie Dominik selbst den Tod von hazel vorgeschlagen hatte, war es nun zur bitteren Wahrheit geworden und in ihr sträubte sich alles dagegen.
Dominik hatte die Lippen zu einem schmalen Strich zusammengepresst. Er wusste, dass Cynwrig Recht hatte, doch insgeheim hoffte er auf eine andere Lösung.
Cynwrig schien die Gedanken beider erraten zu haben und sagte:
»Es ist die einzige Lösung die unendlichen Qualen für Hazel zu beenden. eun Unsterblicher ist dem Wahnsinn hilflos ausgeliefert. Erst vernebelt sich der Geist und dann kommt unendlicher Hunger. Beides zusammen mqacht sie unberechenbar und selbst für andere Vampire gefährlich. Noch ist es nicht soweit, doch wenn, kann sie kaum etwas aufhalten. Hazel verliert zudem ihre Menschlichkeit undlebt nur noch für eins: Blut. Wollt ihr das für sie? Wollte Hazel je so werden? Sie ist jetzt schon nicht mehr die Frau, die ihr einst kanntet.«
Dawn schnappte nach Luft.
»Und wie oft hat man versucht, diesen Vampiren zu helfen?« Dawn war nicht bereit aufzugeben.
»Zu oft, glaub mir.« Cynwrig erinnerte Dawn an all die Vampire, die nicht loslassen wollten und am Ende das Nachsehen hatten.
»Und wenn man sie in ein Verlies oder Ähnliches sperren würde? Man könnte sie mit Blut versorgen und nach einer besseren Lösung suchen.« Sie blickte verzweifelt in die Runde.
Mild sah Cynwrig Dawn an.
»Dawn ich lebe bereits seit vielen Jahrhunderten auf dieser Erde. So wie du haben viele reagiert und es auch versucht, sie sind alle tot, von den Wahnsinnigen zerfleischt worden. Glaube mir, jeder gab der Hoffnung auf Heilung nach, doch es gab keine. Es ist grausam so entscheiden zu müssen, aber es ist der beste Weg.«
Cynwrigs Stimmer war sanft und tröstend. Er hatte selbst bereits Freunde an den Wahnsinn verloren und wusste, wie schwer dies war. Dawn war noch so jung an Jahren und im Vampirdasein. Sie würde noch so vieles lernen müssen.
»Wenn das so ist, werde ich es tun.« Dawn wollte nicht, dass jemand Hazel erlöste, der ihr zu Lebzeiten fremd gewesen war.
Entsetzt blickten sowohl Dominik als auch Cynwrig Dawn an.
»Liebes, nein das würde zu viel Leid in dir hervorrufen.«Dominik war die Vorstellung, dass Dawn Hazel töten musste, zuwider. »Das ist meine Aufgabe.« Er wollte Dawn vor dem Schmerz bewahren, den diese Tat auslöste. Der Verlust von Hazel wäre auch so schon schwer genug. Und so wie er Dawn kannte, würde sie sich Vorwürfe machen.
»Dominik, ich habe Angst das du es überstürzt. Ich möchte Hazel eine kleine Chance geben, sich doch zu erholen. Erst wenn ich alles versucht habe, möchte ich es tun.«
Dawn konnte einfach nicht glauben, dass es hoffnungslos war. Deshalb beharrte sie darauf.
»Mein Herz, es ist der letzte Ausweg. Wir werden versuchen, Hazel zu helfen. Doch wir müssen auch auf Cynwrig vertrauen. Er hat mehr Erfahrung als wir alle zusammen. Und ich möchte dir die Qual ersparen, einen geliebten Menschen vernichten zu müssen. Vielleicht tritt ja doch eine Besserung ein.«
»Es tritt keine Besserung ein. Bei einem Vampir ist Wahnsinn unheilbar und gefährlich. Im Gegenteil es wird immer schneller mit Hazel abwärts gehen. Je länger wir warten, um so schneller verschlimmert sich ihr Zustand. Sie ist jetzt schon unberechenbar, doch sie wird zu einer immer größeren Gefahr für uns und die Menschen.«
Cynwrig hatte das Gefühl der einzige zu sein, der das ganze Ausmaß überblickte und Vernunft walten ließ. Dominik und seine Frau waren zu emotional gebunden und ließen die Tatsachen außer acht.
»Nein, ich sage, wir warten ab. Dawn wird sich mit hazel befassen und uns berichten. Hazel wird ihr zimmer nicht mehr verlassen und sollte es wirklich so sein, dass sich ihr zustand verschlimmert, treffen wir die nächste Entscheidung: wer Hazel von ihrem Leid erlösen wird. Dawn, ich möchte, dass Hazel in ihrem Zimmer mit Blut versorgt wird und das kein anderer es betritt.«
Dominik hoffte, dass sich alles zum Guten wendete.
»Das heißt, ab jetzt trage ich die Verantwortung für Hazel?«
»Ja. Wir beide kennen sie am besten und ich kann mich so weiter auf die Angelegenheit mit den Jägern konzentrieren.«
Das leuchtet Dawn ein und sie nickte. Dominik hatte sie mit einbezogen und dafür war sie ihm dankbar.
»Es ist nicht richtig, dass du deine Frau über den Rat stellst. Wer Hazel versorgt und wann sie erlöst wird, sollte keiner außer dem Rat entscheiden. Imerhin ist Hazel die Gefährtin des ehemaligen Clanoberhauptes und untersteht somit besonderen Regelungen. Alle Anführer müssen über ihren Zustand informiert werden«
Cynwrig wurde aufbrausend. Erfühlte sich übergangen. Zudem war es ihm wichtig, dass die Traditionen gewahrt wurden. Und in dieser hatten Frauen nichts zu suchen.
»Cynwrig natürlich steht es dir frei, die Mitglieder zu informieren, doch ich treffe Entscheidungen, was Mitglieder meines Haushaltes angeht. Und Hazel ist nun mal ein Bestandteil. Sobald Dawn mir bestätigt, dass Hazel verloren ist, kann der Rat von mir aus einbezogen werden. Doch solange entscheiden Dawn und ich. Niemand im Rat kennt Hazel so wie wir. Zudem vertraue ich meiner Frau blind. Ich lasse nicht zu, dass Hazel zur politischen Sache deklariert wird.«
Dominik stellte sich bewusst gegen Cynwrig. Noch vor ein paar Jahren hätte er ihm jedoch zugestimmmt. Das Leben bei Liz hatte ihn verändert, hatte ihm gezeigt, dass Althergebrachtes nicht immer das Beste war. Es war an der Zeit frischen Wind durch die verstaubten Regeln wehen zu lassen, dem Fortschritt eine Chance zu geben.
Perplex schwieg Cynwrig. Das hatte er nicht erwartet. Ihm machte es zu schaffen, dass alte Regeln nicht mehr gelten sollten. Frauen diese rechte einzuräumen barg in seinen Augen eine unvorhersehbare Gefahr, genauso wie Menschen einzuweihen. Dominik war verblendet und vielleicht sollte man dafür sorgen, dass er seiner Macht enthoben wird. Nie würde es ihm einfallen Louisa einzubeziehen. Bisher hatte er für sie beide entschieden und Louisa hatte es nie hinterfragt, warum sollte sie auch? Doch ein Gedanke schlich sich in seinen Kopf, der ihm nicht gefiel. Vielleicht hatte Louisa seine Entscheidungen nie hinterfragt, weil ihr der Mut fehlte. Wenn die Krise um die Jäger gelöst war, wollte er mit seiner Gefährtin reden. Wenn sie Angst vor ihm hatte, musste er das wissen.
Obwohl sie ihn sonst überall hin begleitete, hatte er nun beschlossen, Louisa nicht herzubringen. Die Gefahr war ihm zu groß. Er liebte sie abgöttisch und der Gedanke daran, dass ihr etwas zustoßen könnte, brachte ihn um den Verstand. Doch er wollte, so bald es möglich wäre, zu ihr. Bei ihr fand er Ruhe und konnte neue Kraft schöpfen. Und beides brauchte er bitter nötig.
»Gut wenn dem so ist, werde ich, für eine Weile, nach Hause reisen. Doch bitte informiert mich, sollte es erforderlich sein, dass ich zurückkehre. Zudem werde ich meinen gesamten Clan herbringen. Je mehr Hilfe wir hier vor Ort haben, desto besser ist es.«
»Das wäre von Vorteil. Wir wissen, dass dein Clan über Kampferfahrung verfügt und so könnten alle davon profitieren. Ich habe überlegt hier die Vampire im Kampf auszubilden. Die meisten Clans haben sich zu sehr auf die Stärke ihres Vampirdaseins verlassen und die Jäger wurden unterschätzt. Und ich vermute, dass sich alle Jäger hier in der Nähe aufhalten. In ganz England gab es keine Angriffe mehr durch sie, das hätten wir längst erfahren. Wir brauchen aus diesem Grund eine Taktik um sie mit einem Schlag auszulöschen.«
Dominik war froh, dass das Gespräch sich in diese Rictung wendete.
»Wenn du Recht hast, löscht ein gezielter Schlag die Jäger ein für alle Mal aus und wir haben Ruhe. Nur dazu benötigen wir mehr als nur einen oder zwei Clans.«
Triumphierend blickte Cynwrig zu Dominik. Hier war sein Terrain und mit Kampf kannte er sich aus, auch wenn in den letzten Jahrhunderten, wenig Gelegenheit war, seine Erfahrungen zu nutzen.
»Und wenn wir von allen Clans immer nur eine Handvoll herholen würden? Zusammen mit den Schotten sollte es reichen, da wir nicht von Hunderten von Jägern ausgehen sollten.« Dawn fand ihre Idee sinnvoll.
»Dann wäre die Clans in ihren Städte geschwächt, und wenn sie dort nun doch angegriffen würden, dem schutzlos ausgeliefert.« Cynwrig blickte sie missbilligend an. Das war nun wirklich Männersache und sie als Frau sollte sich um anderes kümmern.
»Cynwrigs Einschätzung dürfen wir nicht außer acht lassen. Hier das gut zu stärken und dafür an anderen Stätten Schutz einzubüßen, wäre fatal. Wenn die Clans dezimiert sind, bieten sie eine zu große Angriffsfläche.«
Da schoss Dawn ein Gedanke durch den Kopf.
»Und wenn wir die restlich zusammenfassen. Also immer die Reste aus zwei Clans? Hier kann Cynwrig dann die Ausbildung der Vampire vor Ort übernehmen und wir könnte immer die ausgebildeten Vampire gegen nicht ausgebildete austauschen. Sicher wäre es von Vorteil, wenn alle Vampire sich auf einen Kampf einstellen könnten. So wie ich es verstehe, haben die Vampire hier in England wenig Erfahrung und ruhten sich nur aus. Das nutzen die Jäger doch zu ihrem Vorteil aus.«
Dominik blickte Cynwrig an, Dawn nannte das Kind beim Namen. Die englischen Vampire waren selbstgefällige Lebemänner, doch keine Kämpfer und genau hier lag die Schwäche der Clans, genau das musste sich ändern.
»Das klingt vernünftig. Wir sollten das mit dem Rat besprechen. Was denkst du darüber Cynwrig?«
»Der Vorschlag ist ungewöhnlich, die Clans haben noch nie taktisch gehandelt. Doch in diesen Zeiten sollten wir umdenken. Zumindest in einigen Dingen. Der plan sollte noch erweitert werden. Für heute Abend sollten wir den Rat einberufen. Es wird sicher auf Gegenwehr stoßen, doch auf lange Sicht, denke ich werden sie einlenken.«
Dominik lächelte Dawn aufmunternd an. Er war stolz auf seine Frau und bereute es, sie so lange ausgeschlossen zu haben. Auch er musste umdenken und dazu brauchte er Dawns Hilfe. In Zukunft würde er sie in Ratangelegenheiten einbeziehen. Ihre Art zu denken war nicht eingefahren und vom staubigen Kodex blockiert.
Etwas später saß Dawn bei Hazel im Zimmer und redete mit ihr.
»Bitte sag mir doch endlich, wann Albert wieder nach Hause kommt. Seit gestern Mittag ist er zu den Pächtern unterwegs.«
Hazel hatte Dawn den Rücken zugekehrt und starrte gebannt aus dem Fenster.
Besorgt nagte Dawn an ihrer Unterlippe. Aggressiv war Hazel im Moment nicht, doch ihre Stimmung konnte sich jederzeit drehen. Den Bezug zur Realität hatte Hazel verloren und lebte nun in ihrer Traumwelt, in dieser existierte Albert noch.
Zaghaft wagte sie einen Versuch, Hazel in die Wirklichkeit zurückzuholen.
»Hazel, Albert kommt nicht. Er wurde ermordet. Weißt du das nicht mehr? Es geschah, als ihr von einer Ratsversammlung nach Hause unterwegs wart.« Dawn gab sich die größte Mühe ihrer Stimme einen beruhigenden Klang zu verleihen, doch ein leichtes Zittern verriet, unter welchem Druck sie stand. Immer wieder musste sie an Cynwrigs Warnung denken.
»Du lügst! Albert ist nicht tot! Ich weiß nicht einmal, wer du bist. Die ganze Zeit hockst du da und starrst mich an. Dann erfindest du Dinge, wie, dass du Dominiks Frau bist und Albert tot ist. Dass uns irgendwelche Jäger angegriffen haben. Dass du Dawn bist und mit Dominik in Frankreich gelebt hast. Doch das ist alles nicht wahr. Dawn ist noch so klein und sie ist sicher in ihrem Zimmer. Dominik würde nie nach Frankreich gehen. Er ist viel zu sehr mit dem Rat beschäftigt und lässt Albert nicht im Stich. Wer hat dich geschickt, damit du mir diese Lügen auftischst?«
Hazel hatte sich zu ihr umgewandt und blickte sie mit irrem Blick an. Dawn ahnte, dass es kleine gute Idee gewesen war, zu versuchen, Hazel in die Realität zurückzuholen. Nur jetzt war es zu spät und sie wusste nicht, wie sie reagieren sollte.
»Hazel, ich besorg uns etwas Blut. Ich denke, du kannst es gebrauchen.«
»Nein. Ich gehe mit Albert auf die Jagd, sobald er zu Hause ist. Und beantworte mir meine Fragen endlich. Wer bist du wirklich?« Hazel ging in Lauerstellung und Dawn machte sich auf alles gefasst.
»Hazel bitte beruhige dich. Soll ich Dominik holen?«
Sie wollte sich zur Tür abwenden, doch ein Fauchen hielt sie davon ab.
Mit ausgestreckten zu Klauen geformten Händen stützte sich Hazel auf sie.
»Nein wer weiß, was du vorhast. Ich muss uns alle vor dir beschützen.«
Im Sprung riss Hazel Dawn zu Boden. Durch den Wahn hatte Hazel eine Bärenkraft und Dawn hatte Mühe ihr standzuhalten. Mit ihre fingern fetzte Hazel Dawns Kleid auf. Und versuchte ihre Kehle zu erreichen, doch Dawn wehrte das erfolgreich ab. Hazel hockte auf Dawns Bauch, und verzweifelt versuchte Dawn freizukommen. Ihre Lage war denkbar ungünstig. I wieder gelang es Hazel, sie buchstäblich unter sich zu begraben. Mittlerweile hatte Dawn mehrere Bisswunden und tiefe Kratzer. Endlich bekam sie ihre arme frei und packte Hazels Haare. Mit einem Ruck zog sie Hazels Kopf nach hinten und der Körper ihrer Freundin erschlaffte augenblicklich und fiel auf Dawn. Warme Flüssigkeit ergoss sich über ihren Hals und Dawn begriff, dass sie immer noch Hazels Kopf in den ausgestreckten Händen hielt. Der Anblick, der wsich Dawn vbot war grauenhaft. Hazels Augen waren so stark verdreht, dass nur noch das Weiße zu sehen war, den Mund hatte sie zu einem stummen Schrei weit aufgerissen. Blut tropfte vom Stumpf des Halses auf Dawn und entsetzt wimmerte sie auf.
»Nein, oh nein bitte nicht. Was habe ich getan?«
Sie war eine Mörderin, hatte Hazel ermordet, ihre Hazel, die ihr wie eine Mutter war. Tränen rannen ihr über das Gesicht und sie legte den abgetrennten Kopf behutsame auf Seite. Weinkrämpfe schüttelten sie, während sie den Körper der Toten von sich schob. Mit angezogenen Beinen hockte sie sich an die Wand und vergrub das Gesicht auf den Knien. Immer wieder warf sie einen Blick auf den leblosen Körper in der Hoffnung, dass das alles nur ein Traum war und Hazel sich erheben würde. Es war unfassbar und Dawn wagte nicht, sich zu bewegen, konnte sie auch nicht, da ihre Beine sich wie taub anfühlten.
Der Anblick war erschreckend. Dawns Kleid hin in Fetzen an ihr herab, unzählige Wunden bedeckten ihren Hals, Oberkörper und die Arme. Ihr Gesicht war eine blutverschmierte Grimasse, durch die Tränen spuren gezogen hatten. So saß sie da, als Dominik die Tür aufstieß. Der Lärm hatte ihn alarmiert und seine Angst um Dawn hatte ihn fast um den Verstand gebracht, je näher er dem Zimmer von Hazel gekommen war. Dann war plötzlich Stille eingetreten. Voller Panik beschleunigte er seine Schritte und Dominik erreichte die Tür, die er fast gewaltsam aufriss. Das Bild, welches sich ihm bot, ließ seinen Atem stocken. Dawn saß an die Wand gekauert inmitten von Blut und zitterte wie Espenlaub. Hazels kopf lag unweit ihrer Füße und Dominik ahnte, dass Dawn um ihr Leben gekämpft haben muss. Er ergriff Dawns Hände und zog sie auf die Füße.
»Geht es dir gut? Bist du verletzt?«
Statt einer Antwort warf sich dawn an seine Brust und vergrub ihr tränennasses Gesicht in den Falten seines Hemdes.
»Mit mir ist nichts, doch ich habe Hazel getötet. Ich bin ein Monster, eine Mörderin.«
Sie war kaum zu verstehen. Immer wieder schluchzte sie, und ihre Stimme klang gebrochen.
Dominik wollte Dawn aus dem Raum ziehen, doch sie machte sich los und kniete sich neben den Leichnam,
»Ich kann sie doch jetzt nicht alleine lassen. Sie braucht mich doch jetzt.«
Dawn stand unter Schock, das war ihm klar und kurzentschlossen hob er sie auf seine arme und trug sie hinaus.
»Lass mich runter, bitte, ich muss ihr beistehen.«
»Hazel ist tot, Liebste und du brauchst nun etwa Ruhe, um zu dir zu finden. Ich werde mich um alles weiter kümmern. Und ich will nicht, dass dich jemand so sieht. Ich werde den Rat informieren und Liz in der Zwischenzeit zu dir schicken. Du solltest nicht alleine bleiben.«
In ihrem Gemach half er Dawn aus dem Kleid, welches als solches kaum noch zu erkennen war und wusch ihr sanft das Blut vom Gesicht und Oberkörper. Die kleinen Bisswunden hatten längst zu heilen begonnen und man würde keine Narben erkennen. Apathisch lies Dawn alles mit sich geschehen und Dominik setzte sie auf einen Stuhl ans Fenster.
»Bitte warte hier mein Herz, ich hole Liz und sie wird sich um dich kümmern. Ich beeile mich und bin so schnell es geht wieder bei dir.« Er küsste Dawn auf die Stirn. Hoffentlich hielt Dawns Zustand nicht lange an. Ihm brach es das Herz sie so zu sehen und es erinnerte ihn auf fatale Weise an Hazel. Er würde alles dafür tun, dass seine Frau nicht so endete. Doch Dawn war stärker als Hazel und darin lag seine Hoffnung.
»Dominik ich habe Hazel getötet. Ich wollte es nicht so tun, es sollte anders enden.«
»Liebste du hast dich nur verteidigt. Sie hätte dich töten können. Bitte versuch, dich zu beruhigen.«
Damit wandte er sich zur Tür und wollte nach seiner Schwester suchen. Doch in diesem Moment flog die Tür auf und Liz stürmte herein. Ihr dicht auf den Fersen war Cynwrig. Während Liz einen besorgten Eindruck machte, wirkte Cynwrig wütend. War seine Erscheinung voher schon furchterregend, so bekam es Dawn nun mit der blanken Angst zu tun. Sie sackte noch mehr in sich zusammen. Dominik spürte es und stellte sich schützend vor sie.
»Dawn hat Hazel ohne das Einverständnis des Rates getötet. Das muss Konsequenzen haben. Der Kodex besagt, dass wir sie vor ein Tribunal stellen müssen und über ihre Verbannung entscheiden müssen.«
Dominik und seine Schwester warfen sich vielsagende Blicke zu. Der Urvampir musste gestoppt werden. Zuerst forderte er Hazels Vernichtung, nun prangerte er Dawn dafür an. Das Letzte, was Dominik im Sinn hatte, war die Einhaltung des Kodexes. Interessierten ihn denn nicht die wahren Begebenheiten?
Dominik beschloss, sich gegen Cynwrig zu stellen.
»Ich treffe die Entscheidung, ob ein Tribunal gebildet wird. Und ich bin strikt dagegen. Dawn hatte keine andere Wahl, es ging um ihr Leben und du hast selbst vor Kurzem noch Hazels Vernichtung gefordert. Reichen dir Dawn Verletzungen nicht? Du kennst nicht die tiefe Bindung zwischen Hazel und Dawn und hast kein Recht hier ein Urteil zu fällen, oder Dawn anzuprangern. Solltest du den Rat auf deine Seite ziehen, wird es nicht ohne Konsequenzen bleiben.«
Dominiks Drohung war ernst gemeint. Er würde mit Dawn und seiner Schwester zurück nach Frankreich gehen. Die Vampire in England währen ohne Führung und würden sich in internen Machtspielchen aufreiben, was den Jägern eine Chance gab sie hier zu vernichten.
»Diese Verletzungen kann sie sich selbst zugefügt haben.«
In Dominik brodelte Wut hoch.
»Reib es nicht zu weit alter Mann. Der Rat hat hier keine Befugnis und es geschah in meinem Haushalt. Wenn hier einer Anklage erheben könnte, dann wohl ich und ich werde den Teufel tun.«
»Wenn ein Vampir durch die Hand eines anderen stirbt, ohne das der Rat dem zugestimmt hat, handelt es ich um Mord und muss durch ein Tribunal bestraft werden.«
Dawn zuckte zusammen. Mord! Sie war eine Mörderin. Und nun drohte ihr eine Strafe. Vielleicht verdiente sie es nicht anders.
»Um was geht es wirklich Cynwrig? Willst du mehr Macht? Soll ich zurücktreten und dir die Führung überlassen? Wenn dem so ist, dann nimm sie dir und wir werden zurück nach Frankreich gehen. Doch genau das werde ich auch dem Rat so mitteilen. Mal sehen wie dieser reagiert.«
Dominik wusste, dass Cynwrig zwar respektiert wurde, doch dass die meisten Vampire ihn nie als Anführer akzeptieren würden.
»Und ich werden meine Hilfe zurückziehen. Dann sind die Engländer auf sich gestellt. Du solltest dir deine nächsten Schritte gut überlegen Urvampir. Ich bin das Oberhaupt der Clans auf dem Festland und werden es niemandem gestatten, euch zu Hilfe zu kommen. Zudem untersage ich es, dass englischen Vampiren Schutz gewährt wird. Ich erkläre sie dann für vogelfrei.«
Liz meinte es ernst. Die Arroganz der englischen Clans war ihr schon immer ein Dorn im Auge gewesen. Kein Vampir, aus England, würde je wieder einen Fuß auf das Festland setzen können.
Cynwrig blitze Liz an.
»Drohst du uns etwa?«
»Nein ich versuche dir nur zu zeigen, welche Folgen deine weiteren Schritte nach sich ziehen könnten. Statt sich auf die eigentliche Gefahr zu konzentrieren, zettelst du gerade einen privaten Machtkampf an. Meine Gefolgsmänner drohen hier zwischen die Fronten zu geraten und das würde sie einer unnötigen Gefahr aussetzen. Du solltest dich lieber damit beschäftigen den Jägern hier die Stirn zu bieten, statt diesen verstaubten Kodex zu predigen.«
Liz war wütend. Und sie würde jede ihrer Äußerungen wahr machen.
Cynwrig wollte noch etwas sagen, doch Lit wieß auf die Tür und funkelte ihn böse an.
»Es ist besser, wenn du dich jetzt zurückziehst. Wir müssen hier eine Familienangelegenheit klären und uns um Dawn kümmern. Das ist nicht deine Sache.«
Dominik macht dem Urvampir damit klar, dass dieser nicht erwünscht war.
Wiederstrebend verließ Cynwrig das Zimmer. Doch er schwor sich, dass hier nicht das letzte Wort gesprochen worden war.
Liz zog sich einen Stuhl heran und setzte sich gegenüber n Dawn. Sanft ergriff sie die Hände ihrer Freundin.
»Liebes, sieh mich an bitte. Mach dir keine Vorwürfe, du hast keinen Mord begangen. Es ging um dein Leben. Ich habe Hazels Gemach gesehen und alles spricht dafür, dass du dich nur verteidigt hast. Es ist grausam, dass es so geschehen ist. Doch nun hat sie ihren Frieden. Sie ist mit Albert vereint und niemand wird ihr das nehmen können. Du hast sie erlöst.«
»Erlöst? Ich hab sie abgeschlachtet.« Aus Dawn klang pure Verachtung und Liz wusste, dass sie diese gegen sich selbst richtete.
»Nein hast du nicht. Dein Überlebensinstinkt hat dich geleitet. Wenn du anders reagiert hättest, wärst du nicht so davon gekommen. Für einen Vampir gibt es kein sanftes entschlafen, wie für einen Menschen. Die Art einen zu töten ist immer grauenvoll. Du hast das einzig Richtige getan. Damit hast du auch andere vor weiterem Schaden bewahrt.«
Dawn wollte etwas erwidern, jedoch ein Kopfschütteln von Liz, hielt sie davon ab.
»Hazels Zustand kommt nicht oft bei Vampiren vor. Meist haben solche Vampire schon als Menschen Leid erfahren mussten, oder waren da schon dem Wahnsinn nahe. Als Mensch hat sie ihr Kind verloren und wurde von ihrem Ehemann verfolgt. Als dann Albert getötet wurde, löste es in ihrem Verstand den Wahnsinn aus. Sie flüchtet sich in eine Welt, in der alles in Ordnung war. Doch dabei verlor sie jeden Bezug zu ihrem realen Leben. Sie hätte viele in den Tod reißen können, hättest du nicht gehandelt. Du weißt selbst, wie stark die Gefühle als Vampir schwanken können. Bei einem Vampir mit einer Geistesgestörtheit ist es um ein Vielfaches schlimmer. Hazel hatte schon lange keine Kontrolle mehr über ihr Handeln. Dich trifft keine Schuld, du warst nur zur falschen Zeit am falschen Ort.«
Liz hatte dawn an den Schultern gepackt und zwang sie ihr in die Augen zu blicken. Sie suchte nach Anzeichen für beginnenden Wahnsinn. Dawn hatte ebenfalls als Mensch einiges durchleiden müssen und Liz befürchtete, dass Dawn nun auch geisteskrank würde.
Liz beschloss, Dawn in der nächsten zeit genau im Auge zu behalten. Solltem sich Anzeichen von Wahnsinn bei ihr zeigen, musste auch hier gehandelt werden. So sehr sie Dawn mochte, das wollte sie Dominik ersparen, zu sehen, wie seine Frau immer mehr zu etwas wurde, dass er nicht mehr kannte.
Dawn entzog sich Liz Griff.
»Das hört sich alles so einfach an. Doch für mich ist es nicht einfach. Die Erklärungen reichen nicht, um meine Gefühle zu beruhigen. Doch jetzt verstehe ich Dominik, als er dieses Mädchen getötet hatte. Das muss sich ähnlich angefühlt haben. Er brauchte es als Ausgleich zu seiner Wut und Verzweiflung. Aber es ist nicht das einzige Leben, welches ich beendet hatte. Erst das meines Bruders und nun hazel. Beide Male hatte ich meine Gefühle nicht unter Kontrolle. Ich habe nun einfach Angst, dass ich es immer so reagiere.«
Dawn blickte auf ihre Hände. Sie wollte keinem der beiden in die Augen sehen.
»Oh Herzchen, das kannst du nicht miteinander vergleichen. Bei deinem Bruder war es Rache für das, was er dir und deiner Schwägerin angetan hatte. Und bei Hazel hat dein Überlebenswille die Kontrolle übernommen. Du solltest dich nun ausruhen. Dominik und ich werden die Beerdigung vorbereiten.«
Liz hatte es geschafft, zu Dawn durchzudringen und deren Gefühlswogen zu glätten.
»Ja mag sein, doch was wird der Rat nun machen? Cynwrig klang so entschlossen. Und er sprach von Verbannung.«
»Papperlapapp der Rat kann nicht gegen dich entscheiden. Es wäre ein Disaster, da ich und Dominik unsere Hilfe abziehen würden. Cynwrig wird sich nicht mit uns anlegen. Zudem wusste jeder, dass Hazel den Verstand verloren hatte und zu einer Gefahr werden könnte. Sollte dennoch jemand auf eine Verhandlung bestehen, so wird es eben Konsequenzen nach sich ziehen. Ich vermute, Cynwrig hatte ein anderes Motiv auf veralteten Gesetzen rumzureiten. Es kann sein, dass ihm manches nicht passt und er sich übergangen fühlt. Und nun komm erst einmal mit. Wir sollten uns Blut verschaffen. Es wird dich ablenken und Dominik kann sich in der Zwischenzeit mit Hazels Beerdigung befassen, Denn die planst du nicht. Du hast genug Schlechtes erlebt. Die Beerdigung gibt dir die Möglichkeit in Ruhe Abschied zu nehmen.«
Widerstrebend befolgte Dawn den Rat ihrer Schwägerin und begab sich mit ihr auf die Jagd. Wie sich herausstellte, hatte Liz Recht und Dawn bekam den Kopf frei.
Auf dem Rückweg teilte sie Liz ihre Gedanken mit.
»Liz ich denke, ich habe Hazel einen Gefallen getan. Es mag grausam gewesen sein, wie sie gestorben ist, doch im Endeffekt hat sie ihren Frieden. Es hätte ihr sehr zugesetzt, wenn sie sich selbst, hätte, am Ende erleben müssen. Sie hätte sich vor sich selbst erschrocken. Hazel war immer so gutmütig und gegen Gewalt. Ich hoffen nie wieder einen Vampir so erleben zu müssen, wie Hazel.«
»Ja das stimmt. Hazel hätte nicht gewollt, so weiterzuleben. Dazu war sie auch zu stolz.«
Bei ihrer Rückehr erwartete beiden Frauen Tumult, der aus dem Esszimmer drang. Laute stimmen waren zu vernehmen und beiden Frauen schwante Böses.
Mit einem unguten Gefühl betraten sie den Raum und blieben wie angewurzelt im Türrahmen stehen.
Mitten im Raum stand Cynwrig umringt von den Mitgliedern des Rates. Man konnte die Spannung spüren und Cynwrig redete sich in Rage.
»Sie hat sich über den Rat hinweggesetzt. Sie hat einen von uns ermordet ich verlange eine Verhandlung. Der Kodex verlangt eine Verhandlung und eine Bestrafung.«
Dominik wirkte wie ein Raubtier, kurz bevor es zum Sprung ansetzte.
»Ihr alle wisst, wie es um Hazel stand. Sie hat genug von euch angegriffen. Dawn hat aus Überlebenswillen gehandelt. Hazel hätte ihr gefährlich werden können. Cynwrig selbst hat vor nicht alzu langer Zeit den Tod Hazels gefordert und nun will er dafür jemanden an den Pranger stellen. Wer sich jetzt gegen Dawn stellt, stellt sich gegen mich. Es gibt Ausnahmen und das war eine von ihnen.«
Dominik blickte starr zu Cynwrig. Hatte er sich hier einen neuen Feind geschaffen? Einige Mitglieder des Rates schiene auf seiner Seite zu sein. Und einige genossen dieses Schauspiel. Wer immer aus diesem Kampf als Sieger hervorgehen würde, würde deren uneingeschränkte Achtung genießen, soviel stand fest. Nur wer es war, spielte für diese keine große Rolle. Wieder andere erhofften sich mehr Macht. De3nn sollte sich kein Sieger finden, so wäre der Weg an die Spitze frei.
Dominik wusste es und fragte sich erneut, wie ein Zusammenspiel möglich sein sollte gegen einen gemeinsamen Feind. Wer sagt ihm, dass im Ernstfall alle gemeisam an einem Strang ziehen würden und auf wen er sich verlassen konnte?
Genau in diesem Moment bereute er seine Rückkehr und wünschte sich in Frankreich geblieben zu sein.
»Du willst mich des Mordes anklagen? Es war dein Vorschlag, Hazel so schnell es geht zu vernichten. Sie war wie eine Mutter für mich und ich wollte ihr eine Chance geben. Ihr Zustand war für mich eine Qual und mit Sicherheit auch für sie. Als sich mich angriff, haben ich versucht, sie zu stoppen. Doch sie war zu stark und ich war kurz davor zu unterliegen. Ich hätte mein Leben verloren und im Nachhinein hätte ich mein Leben für sie gegeben, wenn Hoffnung auf Besserung bestanden hätte. Ich wollte ihren Tod nicht zu keiner Zeit. Nur mein Wille spielte hier keine Rolle. Ich handelte aus Überlebensinstinkt. Ihr Tod zerreist mich innerlich. Sie fehlt mir und ich werde sie immer lieben. Als meine Famile mich weggab, war sie für mich da. Sie stand mir mit Rat zur Seite und lehrte mich Mitgefühl und mich selbst wieder zu achten. Dafür werde ich ihr bis in alle Ewigkeit dankbar sein. Keiner von euch war dabei, keiner von euch kann beurteilen, wie hart diese Entscheidung mich trifft. Doch nun urteile über mich Cynwrig. Egal wie, ich nehme das Urteil an.«
Dawn blickte Cynwrig geradewegs in die Augen. Alle Angst vor dem Urvampir war vergessen, in Dawns Augen verdiente er keine Achtung. Sie ahnte, dass es nicht um sie oder ihre Tat ging, sondern darum Dominiks Position zu schwächen. Cynwrig wollte die Führung, das war offensichtlich. Von ihr aus sollte er sie haben. Sollten die Clans zu ihm halten, wäre sie fertig mit diesen Heuchlern. Und sie war sicher, dass Dominik ebenfalls so dachte. Hocherhobenen Hauptes trat Dawn an Dominiks Seite und legte ihm die Hand auf den Arm. Sie gehörten zusammen und egal was geschähe, nichts würde es ändern können.
Dominik lächelte still in sich hinein. Stolz erfüllte ihn. Dawn war dem Rat gegenübergetreten, und hatte Cynwrig die Stirn geboten. Dafür liebte er sie um so mehr. Vor allem bemerkte er, dass die anderen Mitglieder des Rates nun ebenfalls Dawn anstarrten. Sie musste mit ihrer Ansprache etwas bewirkt haben.
Liz stand immer noch im Türrahmen und blickte in Dawns Richtung. Diese wandte sich nur kurz zu ihr um und Liz nickte ihr anerkennend zu. Nun blieb abzuwarten, auf wessen Seite sich der Rat stellen würde.
William der Anführer des Yorkshire Clans trat vor.
»Ich stimme gegen eine Anklage. Wir alle haben die Veränderung Hazels zu spüren bekommen und keiner von uns hätte anders gehandelt.«
Dominik atmete erleichtert aus. William war einer der besonnensten Anführer und seiner Meinung beugten sich viele.
Zustimmendes Gemurmel erhob sich und Cynwrig begriff, dass er verloren hatte. Seine Motivation lag nicht darin mehr Macht zu erlangen, sondern um die Veränderungen aufzuhalten. Dominik brach alte Gesetze und leitet die Vampire auf einen Weg, den der Kodex verhindern sollte. Es bestand die Gefahr, dass die Vampire zu den Monstern wurden, die die Menschen fürchteten. Somit würde wieder eine Hatz auf Vampire ausgelöst. Jahrhundertelang hatten sie unbemerkt unter den Menschen gelebt. Hatten ihre Geheimnisse um jeden Preis bewahrt. Nun sollten Menschen zu verbündeten werden, Vampire andere Vampire töten dürfen. Am Ende stünde dann, dass Menschen wieder durch Vampirangriffe zu Tode kamen. Es würde ihre Art gefährden.
»Wenn wir den eingeschlagenen Weg weiter verfolgen, werden wir am ende die verlieren sein. Man wird uns wieder aus den Städten jagen unsere Häuser niederbrennen. Wenn wir den Kodex weiter mit Füßen treten, wird es unser Untergang.«
Es war ein letzter Versuch, den Cynwrig da wagte. Und pure Verzweiflung schwang in seinen Worten mit.
Dominik trat an seine Seite. Er konnte die Befürchtungen zwar nachvollziehen, doch wusste er es besser. Veränderungen waren nötig. Zu lange hatten sie an den verstaubten Regeln festgehalten. Die Clans waren angreifbar durch den Kodex und seinen starren Regeln. Liz war das beste Beispiel, dass es auch anders funktionierte. Wichtige Entscheidungen wurden zu spät getroffen, da sie erst im Rat diskutiert und abgewägt wurden. Jeder Clan musste das Recht bekommen, den Kodex zu umgehen, wenn es zum Wohl der Vampire war. Und gerade jetzt, wo es um das Weiterbesehen ging, und gegen die Jäger vorgegangen werden muss.
»Cynwrig, wenn wir alles erst durch den Rat beschließen lassen müssen, werden manchen Entscheidungen vielleicht zu spät getroffen und zu unserem Nachteil sein. Ohne die wachsende Bedrohung durch die Jäger würde ich dir zustimmen, doch jetzt muss alles Althergebrachte überdacht werden. Als Albert und ich damals den Kodex ins Leben riefen, war er nötig um unsere Art vor Entdeckung zu schützen. Doch die Zeiten haben sich geändert und wir müssen wieder neue Regeln aufstellen. Wenn wir Hazels Tod im Rat diskutiert hätten, wären wichtige Themen zu kurz gekommen. Wichtige Beschlüsse wären nach hinten verschoben worden. Der Kodex, so wie er gedacht war, macht uns starr und unflexibel. Wir sollten uns nicht mit solchem Geplänkel aufhalten.«
»Das ist kein Geplänkel. Der Kodex macht unsere Existenz neben den Menschen erst möglich. Wir würden überall gejagt werden und unsere Behausungen niedergebrannt werden.« Cynwrig wollte nicht nachgeben.
»Sollte der Rat in dieser Sache an dem Kodex festhalten, werden Dawn und ich England verlassen. Wir werden aufs Festland gehen und euch, euch selbst überlassen.« Dominik hatte genug.
»Auch ich werde mich nach Frankreich zurückziehen. Zudem wird es keinem Engländer gestattet, Zuflucht auf dem Festland zu erwarten. Die englischen Vampire werden für vogelfrei erklärt. Ihr alle solltet klug entscheiden.« Auch Liz riss der Geduldsfaden. Die Diskussion führte zu nichts. Cynwrig musste gebremst werden. Und sie baute auf die Angst der Ratsmitglieder. Man konnte Cynwerig ansehen, wie er vor Wut schäumte. Doch darauf konnte Liz keine Rücksicht nehmen. Der Urvampir war kurz davor sich auf Dominik zu stürzen. Alles, was ihm wichtig war, sollte nun keine Gültigkeit mehr haben.
»Zudem werden Vampire wieder gejagt, sowohl hier als auch auf dem Festland. Wir haben die Jäger auf dem Festland soweit in Schach gehalten, dass unsere Verluste minimiert wurden. Das haben wir nur erreicht, indem wir umdachten. Sicherheit gibt es nicht mehr, nirgendwo. Der Kodex soll ja nicht komplett aus der Welt geschaffen werden, sondern nur an die Gegebenheiten angepasst werden. Jahrhunderte war der Kodex der richtige Weg, doch die Zeiten ändern sich immer schneller und es wird Zeit für Reformen. In Frankreich haben wir diese Veränderungen bereits vor längerer Zeit und sind seitdem sicherer. Das war beim ersten Auftauchen der Jäger nicht so. Wir waren ihnen am Anfang hilflos ausgeliefert. Unser anfängliches Festhalten am Kodex hätte fast unseren Untergang besiegelt. Zum Glück Aren die Clans aufgeschlossener und das hat uns letztendlich gerettet. Dominik bat mich, euch die Veränderungen nahe zu bringen und deswegen habe ich ihn hierher begleitet. Mit den Schotten konnten wir starke Verbündete gewinnen, doch auch diese erwarten ein Umdenken. Sie sind nicht bereit Risiken einzugehen für uns, solange wir an dem Kodex festhalten. Nun habt ihr die Wahl: wollt ihr alleine und auf euch gestellt den Kampf gegen die Jäger aufnehmen, oder mit starken verbündeten an eurer Seite?«
Liz blickte Cynwrig warnend in die Augen und dieser trat zurück. Obwohl seine Mine undurchdringlich war, ahnten die anderen, dass der Urvampir sich in seiner Ehre verletzt fühlte.
Dominik ließ seine Augen über die Ratsmitglieder schweifen und wusste er hatte gewonnen. Keiner würde für Cynwrig und seine Forderungen Partei ergreifen. Innerlich seufzte er auf, er brauchte Cynwrig, doch musste der Alte nun einlenken. Dominik wollte später unter vier Augen mit Cynwrig reden.
Tag der Veröffentlichung: 21.01.2014
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Meiner Tochter die mich antreibt den zweiten Band fertig zu stellen. Und den Fans von Midnight Clan die so die entstehung des Buches mitverfolgen können.