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Es ist absurd deine Stimme zu hören.
Es ist absurd deine Stimme meinen Namen sagen zu hören.
Diese vertraute Stimme.
Aber es tut so gut deine Stimme zu hören.
Deine Stimme hallt ewig in mir.
Es ist das altbekannte Gefühl, wie du meinen Namen sagst.
Auf diese liebliche Weise.
Sogar wenn du wütend bist, hat der Klang meines Namens, untermalt von deiner Stimme diesen Hauch Feinsinn.
Es ist so herrlich dich reden zu hören.
Ich liebe deine Stimme.
Ich liebe dich.

Wie du „Suppengemüse“ sagst, weil du Suppengemüse magst.
Ich kenne keinen, der Suppengemüse so verschlingt wie du, geschweige denn so wunderbar ausspricht. So wahnsinnig wunderbar.

Ich will garnicht wissen, wie sie heißt, oder wie wunderbar ihr Name klingt, wenn du sie rufst, oder liebkost.
Sicher endet ihr Name mit einem "a".
Mein Name endet mit einem "a".
Namen, die mit "a" enden sind wohlklingend und harmonisieren in unserem Sprachgebrauch. Und unsere Stimme bekommt dabei eine klingende Form.
Du kennst das sicherlich.
Außerdem kann man nach Namen, die mit "a" enden gut rufen.
Jedenfalls haben wir das im Geburtsvorbereitungskurs gelernt.
Ursprünglich wollte ich ihn Paul nennen. Aber wer ist eigentlich Paul...
Oder Doreen.
Aber ruf das mal.

Ich koche gerade Gemüse ein und püriere es und fülle es anschließend liebevoll in kleine Hipp – Gläschen, die meine Mutter noch übrig hatte.
Meine Mutter meint, ich solle das, was ich jetzt schon vorbereiten könne, ruhig auch schon vorbereiten. Später habe ich vielleicht die Zeit nicht mehr dazu.

Ich trage Latzhosen. Nicht in meinen kühnsten Träumen hätte ich das gedacht. Außerdem beult die Kugel, die noch namenlos ist, die Hose ganz schön aus. Lässt mich rund wirken. Und unförmig. Welch Ironie des Schicksals.
Ich stapfe breitbeinig im Watschelentenschritt durch Einrichtungshäuser. Mein Sparbuch trage ich unter meiner Brust. Es ist so irre, was heutzutage ein Kind kostet. Beim geplatzten Präservativ angefangen.
Ja ich weiß, du kannst nichts dafür!

Ich habe immer geträumt vom Bausparvertrag und Haus mit Kiesauffahrt, mit Hund und Schaukel und einem wahsinns Garten.
Wahrscheinlich immer in den Nächten, in denen du am PC saßt und deine Kolumnen verfasst hast.
Was ist so schlimm an Kiesauffahrt? – Innenstadt ist auch schön!
Wo Hunde sich vor Rarität den Pinkelbaum mit Artgenossen teilen müssen. Nein danke.
Ich beneide dich nicht.

Ich habe mein Auto verkauft. Wird Zeit, dass mal jemand mit der Rettung der Welt anfängt. Außerdem ist es gesünder zu laufen.
Ich werde anfangen mir in einem Nordic – Walking - Kurs – für – Anfänger – mit – Kinderwagen neue Freunde zu suchen. Bin ja schließlich nicht die einzige werdende Mutter in der Umgebung, die meint, sie müsse jetzt mal was für ihre Figur tun, wenn doch schließlich das Kind schon genug Schaden angerichtet hat, bevor es überhaupt die Macht dazu hatte.

Das hast du mir eh immer vorgeworfen. Dass ich meine Scheu endlich ablegen solle, neue Leute kennen zu lernen. Dass ich nicht gerne auf Menschen zugehe. Es könne ja wohl nicht so schwer sein, in einer Großstadt. Und dass ich auch keine Menschen möge. Du seist natürlich die große Ausnahme, versteht sich ja von selbst.
Ich hab dir auch viel vorgeworfen. Du und deine selbstverliebte Stadt.
Ich komm vom Land, was erwartest du? Dass ich mir den Fernsehturm in Lebensgröße ins Zimmer stelle?

Er tritt mal wieder. Oder sie. Eine Schande, dass du es eigentlich nie wirklich kennen lernen wirst. Du hast deine Pläne.
Es wird wohl bald Zeit mein Täschchen zu packen und anzufangen zu hecheln. Ich hätte mich gerne in 20 Jahren mit dir an diesen Zeitpunkt zurückgesehnt.
Ich hab immer davon geträumt, wie wir im Schaukelstuhl sitzen und unseren Enkeln davon erzählen, von damals, wie wir uns kennenlernten. Damals auf der Uni. Wie stolz ich war, als du dich neben mich gesetzt hast und wie wir diskutiert haben, und immer gegensätzlicher Meinung waren. Das hat uns irgendwie immer verbunden – und irgendwann getrennt.
Es ist so wahnsinnig irrsinnig.
Du warst der beste Mensch, der mir je begegnet ist. Und ich hab dir alles geglaubt. Mit deiner treudoofen herzlichen Art. Und diese Stimme, von der ich noch heute Gänsehaut bekommen.

Vielleicht erzählst du diese oder andere Geschichten deinen Enkeln, nur im Schaukelstuhl neben dir, im von dir ausgewählten Altersheim, werde leider nicht ich sitzen.
Und mit dir in Vergessenem schwelgen.

Es tut so wahnsinnig weh dich zu vergessen.

Ich höre deine Stimme meinen Namen sagen.
Schon fast zornig.
Vielleicht auch schon das ein oder andere Mal zu viel.
Und du fragst, weshalb ich denn anriefe.
Und alles was ich sage, ist: „Du kannst morgen deine restlichen Sachen abholen.“


Impressum

Tag der Veröffentlichung: 21.03.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
all die, die verlassen sind

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