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Wir sind besiegt!

Ich hinterlasse diese Zeilen einer ungewissen Nachwelt. Wer oder was auch immer Du sein mögest, der Mensch ist gewiss vom Antlitz der Erde getilgt. Wir waren so naiv, zu glauben, die Katastrophe in den Griff zu bekommen. In unserer selbstherrlichen Ignoranz verschlossen wir die Augen vor einer Bedrohung, die vom Anbeginn der Zivilisation in unserer Mitte lauerte. Niemand sah das Böse, wie es aus feinen Fäden den Galgenstrick unserer Existenz spann. Niemand wollte den Teufel erkennen, als er uns wie Bauern auf einem Schachbrett in den sicheren Untergang manövrierte. Nun ist es zu spät. Wir sind besiegt und die Heerscharen der Finsternis laben sich am Elend jener, denen ein schneller Tod nicht vergönnt war. Mit den letzten Atemzügen der Menschlichkeit muss ich Dich warnen. Hüte Dich vor dem Dämon, denn sein Name ist Kuh!

Sie lebten in unseren eigenen Reihen, und wir glaubten, ihnen überlegen zu sein. Ein schwerer Irrtum! Nicht wir domestizierten sie, sie knechteten uns. Sie ließen sich Jahrtausende Zeit, unser Vertrauen zu gewinnen. Sie lockten mit Milch und Fleisch, verloren aber nie ihren Plan aus den Augen. Nervöses Zittern durchfährt meine Glieder, betrachte ich die bösartige Perfektion ihrer Machenschaften. Als der Mensch erstmals die globale Erwärmung entdeckte, suchte er erst nach Antworten und bald nach Schuldigen! Schnell machte man die Industrie und ihre Treibhausgase verantwortlich. Man schimpfte auf FCKW und in den Ställen bemerkte kein Bauer die zufriedene Stimmung der Überlegenheit. FCKW wurde bekämpft, doch der Planet erwärmte sich weiter. Es musste der CO²-Ausstoß unserer Autos sein. Wir begannen, Elektro-Antriebe umzusetzen, und die Kühe lachten still in sich hinein. Sie ließen uns all diese Dinge erfinden um uns einen Grund für die Erderwärmung zu liefern. Hätten wir nur hingeschaut!

Die Klima-Katastrophe bahnte sich an, und der Mensch rang nach Lösungen. Er rang so sehr, und ihm entging die Unruhe in den Ställen. Die Kühe trafen letzte Vorbereitungen, denn ihre Stunde der Dominanz lag in greifbarer Nähe. Während der Mensch seine Zeit damit verschwendete, einen gigantischen Spiegel vor die Sonne zu schieben, stießen rindische After der Apokalypse einen gemeinsamen finalen CO²-Angriff gen Himmel.

Wir hatten verloren, noch bevor wir den Krieg erkannten. Polkappen schmolzen und weite Teile der Erde wurden überflutet. Ich weiß nicht, wann genau der erste Mensch Opfer eines Kuh-Angriffs wurde. Fest steht nur, dass schon bald Todesschreie die überfluteten Häuserschluchten erfüllten. All die Zeit ließen uns Kühe in dem Glauben dumm und unbeholfen zu sein. Als erst das Wasser unseren Lebensraum umspülte, offenbarten sie ihre Fratze. In der Intelligenz waren sie dem Menschen weit überlegen. An Land schienen sie träge, doch im Wasser jagten sie fortan mit tödlicher Präzision.
Wer nicht sofort von ihnen in Stücke gerissen war, wurde in ihre Nester verschleppt. Was dort geschah möchte ich mir nicht in meinen tiefsten Träumen ausmalen.

Nachdem sich die Überraschung gelegt hatte, formierte sich ein Widerstand. Mein Vater erzählte mir einst, er hätte noch das Leben davor gekannt. Er sah den Himmel und Städte, die von Freude bewohnt waren. Er sah unbeschwerte Kinder auf Spielplätzen. Ich kenne nur Ruinen und diesen verfluchten Krieg, der keiner war. Wir hatten nie eine Chance. Was wir Krieg nannten, war reine Ernte.


Ich wurde in den Widerstand hinein geboren und werde mit ihm sterben. Keine Ahnung, ob da draußen noch jemand lebt. Ich habe seit Monaten keinen Menschen mehr gesehen. Die Kühe verirren sich zwar nur selten in die Berge, doch auch meinesgleichen findet nicht den Weg. Ich bin allein, doch wenigstens am Leben. Der Zeitpunkt wird kommen, an dem die Kriegsmaschinerie der Kuh auch dieses Gebirge einebnet. Sie ist unersättlich und wird erst ruhen, wenn die letzte Nicht-Kuh dem Pansen der Verdammnis geopfert wurde.
Ich halte aus, mein Freund, doch ich weiß, dass auch die meinen Stunden gezählt sind. Bevor ich nun schließe, möchte ich Dir etwas sagen. Ich liebe Dich! Ich liebe Dich dafür, dass du anders bist, als die Rinder. Ich liebe Dich für Deine Wünsche. Ich liebe Dich für Deine Träume. Und ich liebe Dich für die Emotionen, die Dich uns Menschen so gleich machen. Wer oder was auch immer Du bist, lerne aus meinem Brief! Hüte Dich vor dem Rind! Sei gut zu deinesgleichen und LEBE!


In Liebe,
ein Freund.

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Tag der Veröffentlichung: 02.04.2009

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