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Kapitel 1

„Du bist einer der intelligentesten Menschen die mir einfallen.“

„Worauf willst Du hinaus?“, fragte er ohne seinen Gastgeber anzusehen.

„Selbst jetzt denkst Du darüber nach richtig?“ ein etwas müde wirkender Blick von Sadric ging vom Tisch auf und sah dem gegenüber Sitzenden einige Male blinzelnd ins Gesicht.

„Worüber genau, denke ich gerade nach?“, fragte er direkt aber unterschwellig provokant.

„Du denkst an sie. An diese eine Frau die Du nicht loswirst!“

„Warum sollte ich sie loswerden wollen?“ Sein Gastgeber lachte und nickte wie feststellend.

„Siehst Du, genau dass habe ich gemeint. Ich habe es geahnt, ja sogar in deinem Gesicht gesehen aber dass es so schlimm kommt, dass habe ich ehrlich gesagt nicht erwartet.“ Sadric sah sein Gegenüber an und blinzelte deutlich skeptisch.

„Was in aller Welt meinst Du?“

„Du wirst Dich jetzt hinsetzen…ach nein Du sitzt ja bereits…Dir Stift und Papier nehmen und aufschreiben was Dir durch den Kopf geht wenn Du an sie denkst.“, erklärte sein Gastgeber und Sadric blinzelte kurz, zeigte abermals Skepsis und wechselte nun in einen ernsthaften Gesichtsausdruck.

„Was bitte soll dass bringen?“

„Du schreibst auf was Du ihr zu sagen hast wenn sich die Möglichkeit dazu ergibt.“

„Du weißt dass es niemals dazu kommen wird?“

„Ja ich weiß!“, meinte sein Gastgeber ehrlich.

„Ich sage ja nicht, dass der Brief jemals ankommt!“, fügte er nun hinzu.

„Was soll dass dann?“, wollte Sadric wissen.

„Ich sehe doch wie es Dich fertig macht!“, sein Gastgeber sah ihn offenbarend an.

„Was mich fertig macht, existiert auf dieser Welt nicht!“, erklärte Sadric nun und schien damit jegliche Vermutungen vom Tisch kehren zu wollen.

„Wo hält sie sich zurzeit auf?“, fragte sein Gegenüber gelassen.

„Einhundertzwanzig Kilometer südlich von hier, in den kommenden zwei Tagen ist sie Assistentin für eine Reihe von Meetings.“, erläuterte Sadric und musste dabei nicht einmal eine Sekunde lang überlegen.

„Was sagt ihr Ehemann dazu?“

„Der hofft dass sich seine Frau Gattin gut macht und den Job als Assistentin dauerhaft erhält.“, beantwortete Sadric und sah nur beiläufig auf die Tischplatte.

„Hast Du deine Analysen schon auf den Betrieb und den Chef erweitert?“, fragte sein Gegenüber, was Sadric mit einem stillen langsamen Nicken beantwortete.

„Wie lange ist es her, dass ihr miteinander gesprochen habt?“

„Etwas mehr als ein Jahr.“, es war nicht mehr als ein Flüstern und Sadric versuchte sich jegliche emotionale Reaktion zu verkneifen. Sein Gegenüber nickte feststellend.

„Siehst Du was ich meine? Obwohl ihr seit einem Jahr nicht einmal mehr miteinander redet, lässt Du sie nicht aus den Augen!“

„Ich schade ihr nicht!“

„Das hat auch niemand gesagt, alter Freund.“, sein Gastgeber lächelte gütig.

„Du würdest einschreiten wenn Du Gefahr witterst oder?“, fragte er nun und Sadric sah ihn offen und direkt fragend an.

„Würdest Du es mir verbieten wollen? Würde man es mir überhaupt verbieten können?“

„Da ist er wieder, der scharfe Verstand des Mannes, der zu meinem besten Freund geworden ist.“, sein Gegenüber lächelte erfreut, gefolgt von einem nachdenklichen Blinzeln.

„Es gibt eigentlich nichts was sich Dir in den Weg stellen könnte, so habe ich Dich kennen gelernt und Du weißt, dass ich nahezu bedingungslos hinter Dir stehe. Aber Du musst etwas unternehmen, denn das was da in Dir arbeitet, wird Dich früher oder später fertig machen.“

„Ich weiß Du hast Recht!“, merkte Sadric leise aber klar und deutlich an. Nun räusperte er sich.

„Und schon eine Idee was Du tun wirst?“

„Auch wenn die Möglichkeit besteht, dass Dritte ihn lesen können, schreibe ich einen Brief.“

„Du musst ja nicht darauf hinarbeiten, dass Sie es jemals lesen können wird.“, meinte sein Gegenüber vorsichtig bremsend. Aber Sadric sah ihn bereits in dieser Art und Weise an, die verriet dass jeder Versuch zu bremsen zwecklos war.

„Na klasse, der Wolf hat eine Fährte aufgenommen…“, seufzte sein Gegenüber und strich sich über die Stirn.

„Okay was ist notwendig damit Du es einfach nur so aufschreibst? Ich lese es mir anschließend einmal durch und verbrenne es dann.“ Sadric begann zu lächeln was mehrfach gedeutet werden konnte.

„Der Kontakt ist ohnehin abgebrochen. Was also riskiere ich dabei?“

 

Hi,

wenn Dich diese Zeilen erreichen besitzt Du einen Brief der auf den ersten Blick hin übersichtlich und simpel erscheinen mag aber ich bitte Dich dennoch ihn von der ersten bis zu letzten Seite und Zeile für Zeile zu lesen, damit Dir keines der Details entgeht die ich für wichtig genug halte um sie Dir trotz abgebrochenen Kontakts mitzuteilen.

Solltest Du dich dazu entscheiden den Brief zu lesen sind Zeit, Geduld und Verständnis wesentliche Elemente auf die nicht verzichtet werden darf und nicht jeder ist dazu fähig zu verstehen warum. Viele bremsen sich schon mit der einfach Frage nach dem warum.

Außerdem möchte ich dass Du den Brief zu keinem Zeitpunkt in irgendeiner Weise als persönlich angreifend verstehst. Es wäre Deinem natürlichen Spürsinn und Deinem Urteilsvermögen im Wege. Ich gebe zu dass ich zeitweise ausschweifend werde aber das ist nötig um ein klares Bild zu schaffen.

Es ist ja nun lange genug her um eigentlich nicht mehr daran zu denken, die Vergangenheit verblasst mit der Zeit und man versucht sich gerade die schönen Dinge in guter Erinnerung zu halten.

Manchmal frage ich mich nach einer möglichen Lektion die das Ganze mit sich bringen sollte, war es zweifellos eine sehr schöne Zeit, wenn auch ein wenig kurz. Aber ich erwies Dir jene drei Dinge die ich in diesem Brief von Dir erbitte.

Es war Zeit die ich Dir gab, Geduld die ich dir erwies und Verständnis dass ich für Dich übrig hatte, wann immer Du es verlangt hast. Vielleicht irre ich mich auch in irgendeinem Punkt, aber ich werde nicht auf dumme Gedanken kommen.

Ja, manchmal frage ich mich warum.

Ich konnte hören wie Du nach Hilfe suchst, sah deine Wunden die man niemandem zeigt und ließ sie für Dich verheilen, ich hatte sogar stets einen Rat für Dich parat an den Du gern genommen hast.

Ich vermute es liegt im Verstand des Menschen verankert, Entscheidungen zu treffen die dem nahen Umfeld zu Gute kommen, es wäre eine logische Schlussfolgerung für all das was geschah.

Es wäre nur menschlich würde ich ausgeprägten Argwohn gegen Dich erheben und mich in irgendeiner Form an Dir zu rächen versuchen, was ich jedoch nicht zu tun gedenke.

Vielleicht fragst Du dich warum dem so ist. Dann jedoch hoffe ich dass es mit derselben Neugier und dem Spürsinn geschieht wie Du es einst unter Beweis gestellt hast.

Ich konnte etwas durch die Zeit mir Dir lernen wofür ich Dir meinen ehrlichen und aufrichtigen Danke aussprechen möchte. Ich würde versuchen es zu erläutern aber das würde den Rahmen des Briefes sprengen. Wir beide kennen meine Neigung zur Detailtreue.

Stattdessen möchte ich Dich hier wissen lassen, dass wir keine Feinde sind auch wenn Du mich wie einen solchen behandelst. Natürlich steht es Dir frei den Kontakt zu vermeiden aber wenn Du ehrlich zu Dir selbst bist, ist der Grad der systematischen Abschottung unnötig.

Hochachtungsvoll

Malcolm Sadric

 

Er legte den Stift zur Seite und blinzelte während er überlegte ob er alles wichtige niedergeschrieben hatte oder noch etwas ergänzen sollte. Sein Gastgeber nahm sich das erste Blatt und begann zu lesen.

„Das möchtest Du nicht lesen.“, scherzte Sadric noch aber sein Gegenüber schüttelte freundlich mit dem Kopf und las mit geweiteten interessiertem Blick Zeile um Zeile.

„Das ist gut geschrieben, ich mag die Formulierungen.“, war sein erstes Kommentar.

„Das ist schlichte Höflichkeit.“, meinte Sadric als sei es nichts besonderes.

„Das schreibt heute doch kein Mensch mehr so.“

„Willst Du es übersetzen?“, fragte Sadric schnippisch scherzend und sein Gegenüber schüttelte den Kopf.

„Nein, lass es bloß so. Das ist wirklich gut!“, meinte er nach der zweiten Seite.

„Verstehst Du denn auch die Botschaft?“, fragte Sadric nun.

„Hilf mir auf die Sprünge du Genie.“, scherzte sein Gastgeber und bester Freund.

„Es gibt ein Zitat, dass mir durch den Kopf geht. Der Mensch hieß Benjamin Franklin, war seinerzeit ein bekannter und tätiger Mensch.“, begann Sadric.

„Ich weiß wer Benjamin Franklin war. Wie lautet dieses Zitat?“

„Liebe deine Feinde denn Sie sagen Dir deine Fehler.“, zitierte Sadric und sein Gastgeber nickte, begann nachzudenken über all dass was er zu der Sache wusste.

„Mancher Hund wäre neidisch auf Dich.“

„Danke.“, Sadric lächelte charmant.

 

 

Impressum

Texte: Lucas Sky
Bildmaterialien: Lucas Sky
Tag der Veröffentlichung: 23.10.2014

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