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Die Ostergeschichte nach
Raimond Müller




Als realistisch denkender und plausibel und überlegt handelnder Mensch, erzogen nach alten Prinzipien, habe ich einen, wie sagen manche Leute, blümerant scheinenden Sinn für das “ Fantastische“.
Soll also heißen, dass mich Märchen und Kitsch nicht ansatzweise so fesseln, wie eine gute alte Lektüre über Marketing, Business oder diverse Aktienberichte.
Ich kann die Meinung jener Menschen nur belächeln… Sicherlich, so kriegen sie es auch von mir zu hören, hätte eine gut durchdachte Geldpolitik, ausgelesene Kreditvergaben oder gar ein umstrukturiertes Wirtschaftswesen einen größeren Erfolg gegen die Weltwirtschaftskrise erfüllt, als dumme Fantasien.
Was ich damit sagen möchte, sollte den Lesern dieses Berichtes klar sein: Ich befasse mich mit dem wesentlichen Dingen im Leben und lasse mir von Ammenmärchen nicht meine kostbare Zeit stehlen.
Die durchaus berechtigte Frage, warum ich mich nun, nach all den Erklärungen, durch eine Ostergeschichte schlage, will ich hiermit sofort beantworten:
Mein ältester Sohn, der vor einem halben Jahr eingeschult worden ist, aber dennoch seiner reinen Fantasie nicht beraubt worden ist ( was seine Mutter natürlich sehr freut), bat mich um eine kleine Geschichte zu Ostern.
Womit ich nicht rechnete, war meine Frau, die zu unserem Sohn hinüber schritt und ihm sagte, dass ich scheinbar nicht in der Lage wäre, so viel Einfallsreichtum für eine simple Geschichte aufzubringen.
Dies möchte ich hiermit widerlegen!
Ich besitze immerhin so viel Einfallsreichtum, klug zu investieren, Computerprogramme zu überprüfen und meine Familie jeden Monat mit einem saftigen Gehaltsscheck zu erfreuen!
Sicherlich stößt ein schier albernes Ammenmärchen, über den Osterhasen und ein !redendes Küken! auf eine gewisse Abneigung, bei logisch denkenden Personen, doch in einem großen Hirn ist auch Platz für eine kleine Geschichte.

Im religiösen Sinne betrachtet, ist das Osterfest das älteste christliche Fest und Hauptfest des Kirchenjahres. Im Grunde ist “Ostern“, wie wir es kennen, ursprünglich nur eine christliche Ableitung des jüdischen Passahfests und wurde mit Ostereinern und dem Osterhasen und mit dem abstrusen Brauch des Versteckens von Eiern zu einem seichten Kinderfest degradiert.
Nun… doch mir steht es nicht zu, solch Aussagen zu machen.
Kommen wir nun zu der Ostergeschichte, ohne noch weitere geschichtliche Umwege in Kauf zu nehmen.
Der Tag, an dem meine Geschichte beginnt, ist ein Sonntag, Mitte April. Die Sonnenscheindauer beträgt ca. 7,62 Stunde, die Sonnenstärke ca. 33%. Es herrschte demnach ein normales, wenn auch etwas wärmeres Frühlingswetter.
Dies lässt sich, selbstredend, auf die erhöhten Durchschnittstemperaturen, die ausgedünnte Ozonschicht und der kaum minimierten Treibhausgase zurückführen, die ein Kausalgefüge bezüglich der genannten Thematik ergeben.
Dies ist jedoch ein Faktum, das sich auf andere Themenbereiche bezieht und daher nichts in dieser Erzählung zu suchen hat.
Zurück zu dem besagten Ostertag, an dem das schwarz- weiße Widderkaninchen seiner sogenannten “Berufung“ nachgeht. Gewitzte Leser stellen nun sicher fest, dass ich das Widderkaninchen wählte, da es, astrologisch gesehen, zu diesem Monat passt. Was die Fellfärbung angeht, so habe ich mich von der Metaphorik mitreißen lassen. Diese schwarz- weiß- Färbung symbolisiert die Licht- und Schattenseiten dieses Tages. Für uns mag es ein angenehmer Feiertag sein, für diesen Hasen jedoch, und so begebe ich mich jetzt in die Tiefen der Fantasie, ist dieser Tag mit Arbeit und Lasten verbunden.
So kommen wir nun zu dem Kernpunkt meiner Geschichte, der sich, wie schon bemerkt, mit dem Arbeitstag des Protagonisten befasst. Dies beinhaltet, wozu ich gleich kommen werde, die Struktur, die Planung und eine gesunde Prise Fleiß und Penibilität.
An dem besagten Tag ging also dieser genannte Hase seiner Arbeit nach. Das Färben diverser Eier mit Kalt- und Heißfarben, Aquarell- und Muschelfarben erledigten die Arbeiter bereits am Vortag.
Wer nun die Augen aufreißt, dem ist nicht mehr zu helfen. Schon alleine die Bundesrepublik Deutschland beherbergt 81, 82 Mio. Einwohner und zu Ostern verzehrt eine deutsche Familie im Schnitt 15 Eier!
Nur Naivlinge glauben ernsthaft, dass ein einziger Osterhase so viele Eier alleine färben kann! Darüber kann ich nur müde lachen.
Ein strenges Tagespensum, aufmerksame Arbeiter und Mechanisierung sind die drei Eckpfeiler eines solchen Prinzips. Ohne Industrialisierung und Mechanisierung wäre die Eierversorgung ein Ding der Unmöglichkeit, gerade in Zeiten des Wirtschafts- und Bevölkerungswachstums.
Demnach, ist es doch denkbar wahrscheinlich, dass eine Vielzahl an Arbeitern für die Bearbeitung der Ostergüter verantwortlich sind.
Diese Arbeiter sind natürlich einer Gewerkschaft angehörig, die erdreistete Lohnsenkungen und Mitarbeiterminimierungen entgegenwirkt, alles andere wäre lachhaft, obwohl die Korruption in den Gewerkschaften kein unbekanntes Thema mehr ist. Hier spielt diese Anmerkung jedoch keine Rolle. Wie in jeder naiven Ostererzählung gehen wir auch in dieser Geschichte von der sogenannten “heilen Welt“ aus.
Verzeiht mir meine krittelnden Anführungszeichen…
Um auf die Erzählung zurückzukommen, begehe ich einen direkten Einstieg ohne das Gesagte zu wiederholen.
Die routinierten Arbeiter sorgen für einen geregelten Eierfärbungsablauf.
Am genannten Ostertage, nach getroffenen Vorbereitungen, werden die LKW´s mit der Ware bepackt und eine penibel gezählte und kontrollierte Ladung in jedes Wohngebiet gefahren.
Ein solch durchdachter Arbeitstag ist nur machbar, durch eine ausgeklügelte Infrastruktur und unumstößliche Zeitpläne, denn nur die kleinste Verzögerung bei der Auslieferung, kann eine Katastrophe hervorrufen.
Gehen wir jedoch davon aus, dass diese Arbeiter ihre Waren ohne größere Komplikationen ausliefern werden.
Nachdem eine genaue Ladung in das streng untergliederte Wohngebiet transportiert worden ist, tritt nun ein anderer Berufszweig in Kraft. Die bekannten “Osterhasen“, im Grunde nur Arbeiter, die für das willkürliche Verstecken der Ware verantwortlich sind, doch in der Fantasie der Kinder eine größere Rolle spielen, als jene, die planen und für einen reibungslosen Ablauf sorgen.
Doch was rege ich mich darüber auf…
Schließlich kommt nun der dramatische Höhepunkt, der in keiner Geschichte zu fehlen hat. So heil die Welt auch sein mag, konkurrierende Firmen machen auch vor einem Ostermärchen nicht halt!
So bekam der Hase an jenem Morgen, während der Auslieferung der Eier, einen dringenden Anruf von dem Gesundheitsamt.
Laut einer anonymen Nachricht, die ihnen gesandt worden ist, begleitet von einer fragwürdigen Warenprobe, sollen die Schokoladeneier eine gewisse Menge Kaliumchlorat enthalten.
Ein überraschtes Hüsteln wäre nun das Mindeste. Wie allseits bekannt ist, ist Kaliumchlorat ( KClO3) eine oxidierte Verbindung aus Kalium und Chlor und ist in Sprengstoffen enthalten.
Daher fand der Hase diese Mitteilung lächerlich, ja geradezu grotesk und konnte es kaum glauben. Selbst denkbarere Fremdstoffe wären unter keinen Umständen in die Schokoladeneier geraten.
Nach einem alten Geheimrezept wurden sie zubereitet und der PH- Wert wurde peinlich genau gemessen, dazu wurden chemische Proben genommen und von der Kontrolle als ungefährlich, essbar und genießbar betrachtet. Ich möchte jetzt gar nicht von den Fetten und Zuckerzusätzen in solchen Süßigkeiten anfangen…
Da die Ware also vom Kontrollinstitut genehmigt wurde und der Kaliumchloratanteil in der fragwürdigen Lebensmittelprobe ans Lächerliche grenzt, war es klar, dass es ein schmutziger Trick des konkurrierenden Ostereiergewerbes war.
Dieses wartete nur darauf, den Gewinn der Firma und des Widderkaninchens zu minimieren, was wiederum den Aktienverlauf beeinflusst.
Fallende Aktien bedeuten für den gegnerischen Konzern eine größere Chance, die Anteile der anderen Firma aufzukaufen.
Dies musste verhindert werden.
Da dies jedoch eine heile Welt ist, hatte das Widderkaninchen zum Glück einen guten Freund namens O. Ster. Lamm bei der örtlichen Polizei.
Da es dem Kaninchen noch etwas schuldig war, widmete es sich sofort dem Fall, konnte das Verbrechen aufklären, das Gesundheitsamt besänftigen und den Boss der konkurrierenden Firma wegen Ostersabotage und übler Nachrede festnehmen lassen.
Die Kleinigkeiten erspare ich euch, sie sind nicht Jugendfrei.
Zumindest wurde der Ostertag so wieder in seine gewohnten Bahnen gelenkt.
Ende

Wie ihr seht, bin ich durchaus in der Lage, eine logische, strukturierte Ostergeschichte auf die Beine zu stellen.
Und dies ist eine Erzählung, die sowohl unterhaltenden, als auch pädagogischen Wert hat.

Raimond Müller

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 13.12.2010

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