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Kapitel 1 – Katja und die Reisegruppe

[Alter Kapitel-Titel: Die Anreise]

Die Reisegruppe

 

[Der „******“ doch einen Namen geben, aber erst später? Ja, wenn sie Mädel sagt]

 

Katja

 

Katja überlegte, ob die Sache wirklich eine gute Idee war. Vielleicht sollte sie sich doch noch herausreden, doch sie war keine Frau, die sich herausredete. Ganz klar war ihr nicht, was sie außer einer vielleicht abenteuerlichen Reise davon haben würde. Es musste jedoch um mehr gehen als bei diesen Leuten, die unerkannt in einem Hotel wohnen, möglichst lästig sein und am Ende einen Bericht darüber schreiben sollten. Nein, sie stopfte noch einige Dinge in ihren Rucksack, der bereits mit den nötigsten Dingen gepackt war, kontrollierte ein weiteres Mal, ob alles abgeschaltet war, und machte sich auf.

 

Immerhin war das Wetter an diesem Tag so, wie sich ein typischer Tag im Mai anfühlen sollte. Außer ihrer eher luftigen Kleidung hatte sie kaum etwas eingepackt, das sie bei einem Kälteeinbruch wärmen würde. Vielleicht war es am Ende eine von diesen Kaffeefahrten, wo um das genaue Reiseziel ebenfalls ein Geheimnis gemacht wurde. Sie war noch nie in so etwas geraten, würde dort allein und mit ihren 28 Jahren wohl auffallen, doch sie war mit den Geschichten darüber bestens vertraut. So gut kannte sie ihren Auftraggeber, dass er ihr so etwas nicht ernsthaft zumuten würde. Eher hörte es sich wie einer dieser Cluburlaube an – war nicht von einem Animateur die Rede gewesen?

 

Nur, wann gab es schon Überraschungsangebote, wo vor der Reise nicht einmal das Ziel bekannt war? Nur „Details vor Ort“ und „Verlängerung möglich“, viel mehr stand im offiziellen Angebot nicht. Sicherlich, er musste mehr wissen oder zumindest etwas ahnen. Der Treffpunkt war ein Ort am Stadtrand, wo die Leute bei schönem Wetter in der Sonne herumlagen oder vielleicht auch schon badeten. Ob der Urlaub am Ende aus einer Strandparty bestand, den ganzen Tag und die ganze Nacht über?

 

Sie verließ die U-Bahn-Station und marschierte die Promenade entlang, um doch wieder langsamer zu werden. Wahrscheinlich würden sie alle von der genannten Stelle abgeholt, erst in einer Stunde, aber wäre ein zentralerer Ort nicht ein besserer Treffpunkt? Dort draußen, ein Stück südlich von hier, gab es außer diesem Weg und verschlungenen Pfaden durch den Wald kaum etwas. Bestand die Überraschung etwa darin, dass es zu Fuß losging? Wo würden sie überhaupt schlafen?

 

Einige Leute joggten an diesem frühen Nachmittag über den breiten Weg, andere fuhren mit dem Fahrrad oder lagen im angrenzenden FKK-Bereich herum. Sie hatte kein Problem damit, und es gab keine Pflicht, sich auszuziehen. Wenn sie das einmal machte, wollte sie nicht unbedingt nur schwimmen. Was sie wirklich suchte, begegnete ihr jedoch ohnehin nur selten. Am liebsten würde sie das Gelände auf der anderen Seite besuchen, allerdings würde sie als einzige Frau auffallen und nicht unbedingt willkommen sein.

 

Sie bemerkte eine kleine Gruppe, in der sich ein Surfertyp mit einem anderen mit langen Haaren unterhielt. Jemand ging einige Meter auf und ab, andere standen herum. Die einzige Frau außer ihr, ebenfalls sehr locker bekleidet, blickte öfters auf ihr Handy, steckte es ein und wippte mit einem Fuß auf und ab. Sie sah in alle Richtungen, wieder nach der Zeit oder sonst etwas, und verzog das Gesicht.

 

Katja nähere sich und warf den anderen ein kurzes Lächeln zu, das zum Teil erwidert wurde. Sie sah selbst nach der Zeit – noch 20 Minuten. Ob die Gruppe mit ihr langsam komplett war? Ein seltsames Gefühl kam kurz in ihrer Magengegend auf, beim Gedanken daran dass sie insgesamt 2 Frauen und an die 10 Männer sein würden. Doch sich verdrängte es erfolgreich, indem sie an andere Dinge dachte. Dass etwas faul war oder sein konnte, wusste sie schließlich schon, und seltsame Anmachen von sich zu weisen wäre noch das geringste Problem für sie.

 

In der Ferne bemerkte sie etwas, das sie nicht sofort einordnen konnte. Ein Vogel schien es eher nicht zu sein, auch kein tief fliegendes Flugzeug – ein Hubschrauber? Ja, sah zunehmend danach aus, doch es war kaum ein dröhnendes oder flatterndes Geräusch zu bemerken. Das Fluggerät zeichnete sich deutlicher ab, war tiefschwarz und schien alles Licht zu verschlucken – und die anderen waren nun ebenfalls in ihre Richtung gedreht. Der Helikopter ging tiefer – und kam auf sie zu. Würde der Platz überhaupt für eine Landung ausreichen?

 

Ein Teil der Gruppe drückte sich näher an das dichte Gebüsch, andere schienen nach der besten Richtung für eine Flucht zu suchen. Katja blieb an der dichten grünen Wand stehen – und bemerkte die Leiter, die herabgelassen wurde. Das Flattern der Rotorblätter erschien ihr immer noch deutlich leiser, als es sein sollte. Jemand hing nun an der Leiter und näherte sich mit ihr zügig dem Boden – mit einem Sprung aus kaum weniger als zwei Metern Höhe erreichte ihn diese Person. Die Leiter wurde eingeholt, und der Hubschrauber gewann wieder an Höhe und verschwand über dem Wald. Sekunden später war nichts mehr von ihm zu bemerken.

 

Katja schloss ihren offenen Mund, als sie die gerade gelandete Person als einen kräftig gebauten Mann erkannte. Er trug etwas zwischen einem dunklen Anzug für irgendwelche Außeneinsätze und kurzen Hosen, die für hier genau richtig erschienen. Über seine Schultern geschnallt trug er einen eckigen, eher länglichen Gegenstand, wohl ein Metallgehäuse.

 

Die andere Frau war neben sie getreten, machte große Augen und warf ihm halb direkt einen Gesichtsausdruck zu, der nicht viel verbarg. Seine dunkelblonden Haare schienen gerade erst geschnitten worden zu sein, und seine muskulösen Oberarme konnten bei Abenteuerurlauben recht nützlich sein.

 

„Sind wir komplett?“, wandte er sich mit einer tiefen und durchaus freundlichen Stimme an die Gruppe, nachdem er sich vor ihr breitgemacht hatte. „Ja, also ich bin euer Reiseleiter für die nächsten Tage … oder vielleicht werden es Wochen!“

 

Einige lachten halblaut bei der stärker betonten Ergänzung.

 

„Ich garantiere euch, wir werden zusammen … aber zählen wir noch kurz durch, ja?“

 

Er las der Reihe nach Namen von einem aus seiner Tasche gezogenen Gerät ab. Einige antworteten mehr oder weniger laut mit „ja“ und einige winkten. Einen Namen wiederholte er, schritt mit böser wirkenden Gesichtszügen auf jemand zu, erntete ein „oh, ja, hier!“ und ein hektisches Winken, das er zwei Sekunden lang mit einem intensiven Lächeln quittierte.

 

„Dann passt ja alles! Gut, also wenn wir dann …

„Äh, wohin gehen wir jetzt genau?“, rief jemand dazwischen, als der Reiseleiter in den schmalen Waldweg vorausgehen wollte.

 

Statt einer Antwort wiederholte er seinen Blick von vorhin, nur doppelt so lang. Katja hielt es für besser, keine Fragen zu stellen, oder höchstens erst, wenn sich die Lage etwas aufklärte. Ein, zwei Männer aus der Gruppe schienen immerhin ähnlich kräftig wie der Anführer zu sein, [so dass sich ihre Sorgen in Grenzen hielten]. Obwohl, ob der Empfang in dieser Gegend ausreichte, um sich wenn nötig hier herausholen zu lassen?

 

Alle warteten vor dem nicht markierten Eingang in den Wald. Der kräftige Typ blickte wieder auf sein Mobilgerät, ließ seinen Blick zwischen diesem und dem Weg schwenken – und setzte sich in Bewegung. War das ein warmer und gleich darauf kalter Luftzug gewesen, aus dem Wald und wieder zurück? Katja folgte den anderen, und wenige Meter nach dem Beginn des Weges zog sich von einem Moment auf den anderen ein Gefühl durch sie, als ob sie kurz die Luft anhalten würde. Das Sonnenlicht schien viel greller durch die Blätter als fünf Sekunden davor – im nächsten Moment war alles vorbei. Sie drehte sich um und konnte hinter den anderen nichts außer dichten Wald erkennen – so weit waren sie doch noch nicht gegangen? Sie atmete tief durch, und mit jedem Atemzug schien es ihr, als ob sie … beinahe über den Boden schwebte, anstatt zu gehen.

 

Katja entdeckte immer wieder Dinge, die sie noch nicht kannte und die nicht einmal in Plänen verzeichnet waren. Dieser Fluss gehörte mit Sicherheit dazu. Kurz nach dem Beginn ihrer Wanderung glaubte sie sogar einen Wasserfall durch die Blätter hindurch erkannt zu haben, der garantiert nicht hier her gehörte. Ob die anderen weniger aufmerksam waren oder ebenso beschlossen hatten, nicht zu viele Fragen zu stellen? Der Mobilfunk-Empfang war auf einmal komplett weg gewesen, auch die Positionsbestimmung über Satellit blieb erfolglos. Wie lange waren sie überhaupt schon unterwegs? Am interessantesten erschien ihr jedoch ihr Gefühl, problemlos noch ein paar Stunden so weiter marschieren zu können.

 

Sie fragte sich, ob dieser Frau alles ebenso leicht fiel. Sie schien schwerer zu atmen und es war ihr anzusehen, dass sie bereits ziemlich genervt war. Vielleicht wegen einer ganz andern Sache, schließlich machte sie bereits am Treffpunkt so einen Eindruck. Einer der Typen, weder machomäßig noch komplett schüchtern, tuschelte gelegentlich mit ihr – ob das der Grund war?

 

„Hey, Mädel, äh …“, wandte sie sich ab und Katja zu, „… hast du eine Ahnung, was das jetzt genau wird? Ich meine, es ist nur gestanden ‚Überraschungsangebot‘, aber …“

„Ich habe keine Ahnung, vielleicht ein Campingplatz in der Gegend, wo schon was aufgebaut ist?“

 

Sofort dachte sie daran, dass auch andere Leute womöglich mit einem Auftrag unterwegs waren und sich nicht nur auf abenteuerlichen Urlaub einlassen wollten. Sie wusste wirklich nichts über die Sache, oder fast nichts, und das war der Grund, warum sie mehr herausfinden sollte. Was konnte eine Wanderung im Wald mit einer Agentur für Fotomodels zu tun haben, wenn die meisten hier mit einer Bewerbung dort kaum Erfolg hätten?

 

„Ach, ist mir alles recht, kann nur besser als mit meinem Freund sein. Ich kanns nicht glauben, dass ich mit dem 6 Monate zusammen war, und vor 3 Tagen einfach Schluss.“

„Und … vermisst du ihn?“

„Den? Bitte!“, entgegnete sie scharf und machte eine abweisende Handbewegung. „An dem Tag war ich bis zum Abend im Bad und habe mir alles abgewaschen. Aber der eine dort vielleicht …“

 

Sie zeigte vorsichtig auf jemand, der durchaus gut gebaut war, aber … wenn es halt ihr Geschmack war … Katja deutete ein Lächeln an und richtete ihren Blick wieder nach vorne.

 

Der Fluss war nur manchmal zu sehen und lag einige Meter tiefer, der Pfad ebenso kaum erkennbar. An sich kämpften sich alle durch mehr oder weniger dichten Wald, wobei kämpfen nicht der richtige Ausdruck war. Sie war an einem Brombeerstrauch hängengeblieben, doch obwohl die Dornen deutlich zu spüren waren, ließ der Schmerz Sekunden später nach. Auf ihrer Haut war kaum ein Kratzer zu erkennen.

 

Der Wald wurde lichter – wenig später stand sie mit den anderen auf einer großen Lichtung. Vor ihr erkannte sie eine Konstruktion, einen großen Zaun oder Hütten. Sie trat als letzte durch den Eingang zum großen, runden Platz, mit einzelnen Bäumen in der Mitte. Mehrere Hütten reihten sich ungefähr kreisförmig um diesen auf, etwas größer als jene, die auf manchen Campingplätzen als Alternative zu Zelten und Wohnwägen vermietet wurden. Außer dem üppigen, satten Grün konnte sie nichts in der Nähe erkennen. Obwohl die Abenddämmerung weit fortgeschritten war und sie einen leichten Luftzug auf ihren nackten Oberarmen und Beinen fühlte, war ihr nicht kalt.

 

„So, da wären wir!“, brüllte der Reiseleiter, nachdem er auf einen der Tische gesprungen war. „Es sollte sich sogar ausgehen, dass jeder seine eigene Unterkunft bekommt … und jede. Ist aber überall Platz für zwei, und wer zuerst kommt …“

 

Beim letzten Wort blickte er halb direkt in die versammelte Menge, als wollte er sagen „Na schöne Frau, wie wäre es mit uns?“. Alle setzten sich wieder in Bewegung, spazierten zögerlich auf die kleinen Häuser zu – und wurden von einem lauten Räuspern unterbrochen.

 

„Und heute Abend …“, verkündete der Anführer mit etwas anderer Stimme, kramte in seinem mittlerweile abgelegten Behältnis herum und hielt in jeder Hand eine Flasche in die Luft. Wodka? Spontaner Jubel brach aus.

 

* * *

 

Katja hatte eine Hütte für sich allein ergattert, wohl wegen der spontanen Zusammenschlüsse von vielen. Eine oder zwei mussten sogar noch leer sein. Das Doppelbett wirkte zumindest viel luxuriöser als eine Campingmatte, und es gab sogar ein komplettes Badezimmer, auch wenn es eher dazugebastelt wirkte. Das Fenster bot freien Ausblick in die Mitte, so dass sie die Gelegenheit nutzte, die Lage zu erkunden. Mittlerweile war alles hell beleuchtet, und die wummernde Musik deutete womöglich auf einen noch unterhaltsamen Abend hin. Sie hatte nirgendwo eines dieser Aggregate entdeckt, die lärmten und die Luft verpesteten, Photovoltaik-Paneele und eine Ansammlung von Akkus auch nicht. Auffällig schien nur die große Konstruktion auf einem der Gebäude zu sein – eine Antenne? Ob es jemand beabsichtigte, dass sämtliche mit ihrem Handy empfangbaren Frequenzbänder weg waren? Soweit sie sich die Bruchstücke zusammenreimte, wäre ein Störsender oder ein Dämpfungsfeld nicht mehr sehr verwunderlich.

 

Sie probierte doch noch das Essen, das nach einem Stück Brot mit Tomatenscheiben aussah. Es schmeckte nicht, wie es aussah – mehr nach allen Gewürzen zusammen, die es gab. Hatten die noch eines davon? Auf dem Tisch in der Mitte des Platzes standen einige Getränke zur Auswahl. Einen Apfelkorn oder etwas in der Richtung konnte sie nachher noch kippen, oder lieber nicht? Zu viel Zurückhaltung würde schließlich genauso auffallen wie zu intensives Nachforschen. Und ja, manche Stücke hörten sich bis zum Anschlag aufgedreht und mit komplett übersteuertem Bass einfach besser an. Das Gejohle aus einer der Hütten konnte sie trotzdem deutlich hören.

 

Die Tür stand weit offen und jemand halb im Rahmen – und im Bett lag, halb ausgezogen und mit weit gespreizten Beinen, die andere Frau. In ihr steckte, mit heruntergelassener Hose, der Reiseleiter, und vollführte sehr ruckartige, kräftige Schwünge. Sie nahm noch einen Schluck, bevor ihr die Flasche entglitt, ihr entkam ein „Ups!“, und die vier Typen um das Bett herum johlten erneut. Katja trat näher, wurde nur von dem bei der Tür kurz gemustert, und bemerkte den genießenden, sich selbst zum Sieg gratulierenden Gesichtsausdruck des kräftigen Typen. Kurz ballte er die Fäuste zusammen und blickte nach links und rechts zu seinen Zuschauern.

 

Ob es für sie angebracht war, einmal kurz und zärtlich über seinen kräftigen, festen Hintern zu streichen? Sie wäre nicht so leichte Beute, da war sie sich sicher, aber schließlich wusste sie immer noch nicht mehr als zu Beginn. Sie war eine Frau, die ruhig Bedingungen für ein Abenteuer stellen konnte. Nach einem genaueren Blick auf das Publikum, und was ein, zwei davon nur noch schlecht verbergen konnten, schwebten ihr schon welche vor.

 

Er steigerte das Tempo, und irgendwie tat ihr die Frau leid, weil sie die Bewegungen kaum mitmachte. Trug er überhaupt Schutzkleidung? Neben dem Bett lag ein Haufen Kondome, aber … na toll. Es war nichts, das sie nicht bereits in allen Details gesehen hatte, doch sie konnte die Durchblutung und Nässe in bestimmten Regionen kaum aufhalten. Da hatten es die Männer schon schwerer, was sollte ihnen jedoch hier noch unangenehm sein? Jemand schien zu überlegen, ob er seine kurze Hose hinunterziehen oder weiterhin nur mit der Hand darin herumspielen sollte. Er wirkte wie einer dieser Skaterboys, nur auf jeden Fall deutlich über 20.

 

Der Anführer brüllte mehr und stöhnte nicht einfach nur, stieß ungefähr im Takt der dumpfen, dröhnenden Musik zu und ließ nach seinem finalen Schrei den Mund offen. Für einige Sekunden brach er über ihr zusammen, dann sprang er auf und zog hastig seine Hose nach oben. Er atmete einige Male scharf ein und aus und eilte nach draußen.

 

Schweiß lag in der Luft, der Duft der Frauen und konzentrierte Männlichkeit – und Katja erkannte, dass er diese auch in ihrer Kollegin hinterlassen hatte. Die Frau ließ ihre Augen ungefähr so rollen wie sie ihren Kopf drehte. Jemand nahm Blickkontakt auf, oder eher sie mit ihm, er legte die Kondomverpackung weg, mit der er sich gerade herumspielte. Innerhalb von Sekunden wurde er bereit für sie, und sie lud ihn deutlich zwischen ihre Beine ein. Sein Blick schien mehr an ihrer Oberweite hängenzubleiben, doch ihre Zungenspitze lockte ihn zu ihrem Mund. Beim Anblick der Hinterlassenschaften seines Vorgängers verzog er kurz das Gesicht. Das hinderte ihn jedoch nicht daran, seine aufgerichtete Ausrüstung dort anzusetzen und sich über sie zu werfen.

 

Katja hatte genug gesehen und versuchte, möglichst unauffällig wieder in Richtung Tür zu gehen. Wäre sie zehn Sekunden länger geblieben, hätte sie die ganze Show mitbekommen und nicht nur den erlösenden Schrei gehört. Sie drehte sich noch einmal um und bemerkte, dass ihr der Skater-Typ nach draußen folgte. An sich war er ihr bereits vor Stunden als recht süß aufgefallen, und in ihrer Fantasie, nur für einen Moment, lag er statt der Frau unten.

 

„Hey hey hey!“, rief er ihr nach ein paar Metern nach, ähnlich wie die, die einem in Einkaufsstraßen wegen einer Spende ansprachen. Es war nicht so dass er wirklich schwankte, doch ein bisschen etwas schien er so wie die meisten getrunken zu haben. Sie stützte ihn lieber kurz ab, bevor er umkippte.

„Oh … danke!“, setzte er fort.

„Aber gern geschehen.“

 

Sie war sich unsicher, ob sie sich an diesem Tag mit jemand einlassen sollte, auch wenn sie es sich mit ihm noch eher vorstellen konnte. Egal was passierte, sie hatte sich ohnehin gerade etwas eingehandelt. Ja, ein paar Kondome befanden sich sogar in ihrem eigenen Gepäck, nur zur Sicherheit, aber …

 

Er konnte allein gehen, doch vielleicht sollte sie …

 

Sie füllte einen der Becher mit dem Wasser, das offenbar aus dem Fluss abgezweigt wurde und nicht einmal großartig durchgefiltert werden musste. Vorhin war es für sie genau richtig kühl und beinahe etwas prickelnd gewesen, schien sogar einen gewissen Geschmack zu haben, je nachdem, woran sie dachte. Am interessantesten war jedoch das Verschwinden ihrer Kopfschmerzen innerhalb einiger Sekunden.

 

„Da, trink einmal.“

 

Er trank es in einem Zug aus und stellte den Becher auf dem Tisch ab. Sekunden später änderte sich sein Blick.

„Wow!“, entkam es ihm, und die Verwunderung wandelte sich ein Lächeln. Es schien ihn nach draußen zu ziehen, auf die Fläche vor dieser kleinen Stadt. Trotz der grellen Beleuchtung an einigen Stellen war der Sternenhimmel gut zu erkennen – und dort draußen noch viel besser.

 

„Ich habe mich mit dem Nachthimmel beschäftigt“, holte er zu einem Kommentar aus, „und etwas stimmt nicht, ist nicht so wie es sein sollte.“

„Hey, du kannst ja richtig reden!“, entgegnete Katja und legte ihren Kopf für einen Moment auf ihre Schulter. Er sah ihr in die Augen und unterdrückte ein Lachen.

„Allein schon der Mond ist nicht da. Und die Sternbilder … sind anders.“

„Vielleicht hinter einer Wolke?“

„Es sind keine Wolken am Himmel.“

 

Katja war sich nicht sicher, wie es gerade mit der Mondphase aussah, doch das seltsame Gefühl in ihr trat wieder zutage. Dieses Mal konnte sie es nicht so schnell unterdrücken. Sie riss die Augen weit auf und starrte eine Weile in den Nachthimmel. Erst nach einer Weile registrierte sie seine Hände seitlich an sich. Die Musik schien melodischer und weniger hämmernd geworden zu sein.

 

„Ich mache dir einen Vorschlag …“, meldete sie sich zu Wort und packte ihn an den Handgelenken.

„Was denn?“

„Ja, und was ich sagen wollte … du weißt auch schon, dass hier was nicht stimmt, oder? Ich meine, wie bist du auf die Sache hier gekommen?“

„Ja … ich habe nur das Angebot gelesen, habe sonst nichts vorgehabt, und wollte halt dabei sein.“

„Aber kann es sein, dass die hier, ich weiß nicht, etwas ausprobieren wollen? Mit … uns? Ich meine, wo sind wir überhaupt genau?“

„Vielleicht … ist das sonst eingezäunt. Es gibt ja Waldgebiete, die … hey, ja, und was war jetzt dein Vorschlag?“

 

Sie lächelte ihn an und blickte langsam weiter nach unten. Zwar strahlte nur wenig Licht herüber, doch sehen konnte sie genug. Manchen Männern verging alles wieder, wenn sie zu lange nur herumredeten, er schien dieses Problem nicht zu haben. Doch noch ein Campingplatz mit Zelten – zumindest mit einer aufgerichteten Stange. Der Skatertyp zuckte kurz zusammen, doch sie ließ einen beruhigenden Blick folgen. Der Boden wirkte recht bequem, so dass sie sich darauf niederließ – er sich einen halben Meter neben sie.

 

Sie drehte langsam ihren Kopf, warf die ohnehin nicht sehr langen Haare zurück, und setzte ihren Vorschlag in die Tat um. Wenn sie Besuch bekamen, konnte sie immer noch die Fluch ergreifen, doch sie waren allein. Unter seiner Beobachtung machte sie ihren Oberkörper frei und verfolgte ihrerseits, wo sein Blick am ehesten hängen blieb. Sie hatte ihre Brüste stets als genau richtig empfunden und nie ernsthaft davon fantasiert, etwas daran zu ändern. Ob er es schätzte oder enttäuscht war? Die andere hatte einen Hauch mehr zu bieten, soweit das zu erkennen war, und ihn wohl weniger überzeugt.

 

Er rückte näher und setzte zum Ausziehen seiner Hose an, zögerte jedoch. Ihr Signal wurde deutlicher – doch noch näher sollte er nicht kommen. Auch sie entledigte sich ihres Höschens – zur Gänze dann, als er dort sitzen blieb und sich wirklich nicht weiter näherte. Noch einmal blickte sie in alle Richtungen, sogar in die Dunkelheit hinter sich und nach oben – dann setzte sie mit zwei Fingern zu kreisenden Bewegungen an. Ihre andere Hand blieb ebenfalls nicht lange ruhig – und seine auch nicht. Ob es ihm etwas ausmachte, wenn sie ihre nun ein bisschen feuchte Hand in seine freie legte?

 

Er presste seine Finger um ihre, begann tiefer und lauter zu atmen, als er an sich arbeitete, und ihr ging es nicht viel anders. Sie musste genau wie er kurz lachen und setzte ihr Tun umso konzentrierter fort. Ob er ihren gesamten Plan ahnte, oder sie lieber etwas sagen sollte? Soweit sie das erkennen konnte, waren seine männlichen Möglichkeiten gut in Form – nicht angeberisch lang und dick genug, dass sie etwas spüren würde, nicht übertrieben. Woran dachte sie schon wieder?

 

„Du kannst ruhig …“, deutete sie an, als sie für einen längeren Moment intensiven Blickkontakt hatten. Seine Handbewegung stoppte, er hielt kurz die Luft an – und rückte hektisch näher. Sein leicht haariges Bein schmiegte sich seitlich an ihr glattes, sie nahm die Hände von sich weg – und er tastete sich zu ihr vor. Sie schloss die Augen und spürte einen Finger langsam in sich eindringen, bald gefolgt von einem zweiten, und ließ ein leises Stöhnen los.

 

Dieser Mann wusste, dass er einer Frau nicht nur innerlich aushelfen sollte – doch ihr fiel beinahe das Atmen schwer, so intensiv fühlte es sich auf einmal an. Sie hatte bereits so manche Sachen erlebt, aber mit ihm … Ein Schluck Wasser konnte schon einmal helfen, den Kopf frei zu bekommen, aber ob etwas Besonderes drin war? Sie tastete sich an seinen Oberschenkel, ganz langsam, und fühlte ein leichtes Zittern, wirklich nur sehr zart. „Darf ich einmal?“ musste sie nicht aussprechen, als sie nicht nur seine zusammengezogenen Anhänge berühren, sondern sich weiter nach oben arbeiten wollte. Er nahm auch seine andere Hand weg, und sie umfasste das feste, pulsierende Fleisch.

 

Wieder schweiften ihre Gedanken ab, an dieses Treffen, wo sie einmal zwei Männer so zusammengebracht hatte, wie sie mit ihm jetzt hier saß. Es war natürlich die Sorte, die sich ja nicht zu intensiv berühren oder gar küssen wollte. Doch sie besorgten es sich gegenseitig, direkt vor ihr – und wenn es nur wegen der Aussicht war, sie dann ins Bett zu bekommen. Zum Glück konnte sie sich an diesem Tag herausreden.

 

Ihr schnelleres Atmen regte ihn dazu an, das Tempo zu steigern, intensiver zu werden. Sie wusste, dass viele Männer mit schnellen Auf- und Abwärtsbewegungen zufrieden waren, doch sie wollte mehr als das. Das Gefühl zwischen ihren Fingern ließ sie erahnen, dass sie mit ihrer Massage vorsichtiger sein sollte. Sie lockerte den Griff, ohne loszulassen, merkte, dass er sein Gestöhne ständig schlechter unterdrücke konnte. Wenn er bei ihr so weitermachte …

 

Ein Ziehen begann in ihr, das nicht mehr aufzuhalten war, und das sie nicht aufhalten wollte. Die Geräusche von drüben schienen dumpfer zu werden, zu verblassen, und sie fühlte sich leichter, sehr leicht. Ihr ganzer Körper wurde gepackt und durchgeschüttelt, alles verkrampfte und entspannte sich gleichzeitig – bei ihm auch?

 

Nur sein Geschrei drang noch in ihre Wahrnehmung durch, und die plötzliche Feuchtigkeit auf ihrer Hand bei ihm – ziemlich viel davon. Sie schloss kurz die Augen, als sie eine weitere Welle erfasste, versuchte ihn nicht loszulassen, drängte sich näher an ihn, legte sich weiter zurück …

 

Sehr langsam kam alles wieder, ging das Prickeln in ein bleibendes, warmes Gefühl über, das die aufkommende, leichte Kühle der Nacht verdrängte. Sie wagte einen Blick zu ihrem Gespielen und sah ihn mit offenem Mund in Richtung Nachthimmel blicken, mit zwei Händen abgestützt. Sie legte ihre Hand auf seine Schulter, er blickte sie an – und für beinahe zehn Sekunden verbanden sich seine und ihre Lippen zu einem Kuss. Ob es unabsichtlich von ihm geschah, dass sie kurz seine Zungenspitze spürte?

 

„Wow, nicht schlecht!“, bekundete er, und klatschte seine Hand in ihre. Sie lächelte nur.

„Vielleicht möchte ich einmal …“, setzte er fort, „… ich meine, wir sind ja vielleicht noch länger da.“

„Wenn du möchtest?“

 

Kaum etwas interessierte sie weniger als diese Meister und Sklavin-Spiele, oder umgekehrt – aber beim Gedanken daran, dass ein Mann Forderungen stellte, wurde ihr heiß. Natürlich nicht bei jedem, aber diese Einladungen zu irgendwas nervten sie langsam. Sollten die Typen doch gleich sagen, dass sie mit ihr ins Bett wollten, dann würde sie einfach ja sagen, wenn es für sie passte. Zwei Männer konnten das so machen – konnten sie doch, oder?

 

Sie legte ihre Hände auf ihn, und seine in den letzten Sekunden aufgekommene, sichtliche Aufregung legte sich wieder.

 

„Ja … ich meine natürlich vielleicht … aber bei mir nur mit Gummi“, sagte sie etwas langsamer und leiser.

„Oh … äh … natürlich, ich möchte auch lieber mit. Obwohl …“

„Was ‚obwohl‘“?

„Es wird davon geredet … dass das hier an sich niemand braucht.“

„Sind auf einmal alle immun gegen alles?“

„Du, nein, keine Ahnung … aber es wird halt so geredet.“

„Aha.“

 

Noch ein paar Minuten saß sie neben ihm, ihre Hand auf ihm oder doch mehr seine auf ihr, bis sie sich gemeinsam mit ihm aufraffte. Ein letztes Mal streifte sie sich notdürftig im vereinzelt wachsenden hohen Gras ab, um sich dann mit ihm in Richtung des Durchgangs zu den Hütten zu spazieren. Das meiste Licht war bereits abgeschaltet, von der Party schienen die meisten genug oder sie in den privaten Bereich verlegt zu haben.

 

Katja schüttelte dem Skatertyp die Hand, klopfte ihm auf die Schulter und machte sich allein in ihre Behausung auf. Wenn sie es sich recht überlegte, wusste sie genug handfeste Dinge und musste sich nicht nur mit Vermutungen zufriedengeben. Nur, wie sollte sie die Informationen noch vor ihrer Abreise ihrem Auftraggeber zukommen lassen? Ob er ohnehin alles wusste und sie nur eingeschleust hatte, um die Sache besser unter Kontrolle zu bekommen?

 

Sie hatte das Wasser bereits vorhin probiert, doch es musste noch immer an die 39 Grad Celsius haben. Alles wirkte wie schnell aus Teilen für eine Gartenhütte zusammengebaut und doch sehr stabil. Sogar wenn tiefster Winter hereinbrechen würde, konnte sie sich vorstellen, an diesem Ort zu wohnen. Ob die anderen ebenfalls neugierig waren, was sich im Haus mit der Antenne verbarg? Zumindest sagte ihr Bauchgefühl, dass sie in dieser Nacht unbesorgt und ruhig schlafen konnte.

 

 

 

Kapitel 2 – Katja und das Geheimnis

 

[Anderer Titel wenn es sich nicht direkt um ihn dreht – Katja und das Geheimnis]

[Katja und der Reiseleiter]

Das Geheimnis

 

Katja

 

Als Katja mit einem Becher Kaffee in der Hand über den Platz in der Mitte schlenderte, bemerkte sie, wie sie der Skatertyp anlächelte. Sogar in ihre Träume hatte er es irgendwie geschafft, obwohl sie noch mindestens zwei Dinge mit ihm klären musste. Sie überlegte, ob sie gleich auf ihn zugehen sollte, als sie den kräftigen Handschlag auf ihrem Rücken bemerkte.

 

„Hey“, brüllte sie der Reiseleiter beinahe an, „wie geht es, gut geschlafen? Hast du nicht Lust …?“

„Später dann“, meinte sie, drehte sich um und zwinkerte ihm kräftig zu.

„Jederzeit!“

 

Wenigstens blieb er dort stehen und lief ihr nicht nach, so dass sie sich wieder dem anderen zuwandte. Er trug auch an diesem Tag das zu weite T-Shirt, das er vielleicht einmal auswaschen sollte. Mit Verspätung lächelte sie zurück und traf ihn an einem der Tische.

 

„Hast du das Erlebnis verkraftet?“, sprach sie ihn an.

„Wieso verkraftet?“

„Ich stelle mir nur vor wie es wäre, wenn … ach, egal.“

 

Er verzog leicht das Gesicht und blickte in jene Richtung, wo sich offenbar zwei zum Spaß bekämpften und herumlachten. Die eine oder andere Flasche lag noch herum, nicht nur bei der am vorherigen Abend auf die Schnelle aufgebauten Bar.

 

„Es gibt mehrere Arten von Männern“, setzte sie fort, während er sich zurückdrehte und konzentriert zuhörte. „Die einen … schimpfen über Schwule, oder es ist ihnen zumindest sehr unangenehm. Die anderen haben kein Problem damit, auch nicht wenn sich welche neben ihnen küssen. Dann gibt es welche, die würden mit einem Mann, nur damit sie eine Frau ins Bett bekommen. Und dann welche, die auch mit einer Frau würden, wenn sie freundlich genug ist, obwohl …“

„Hey … auf was willst du hinaus?“

„Ja ich weiß, ist eine blöde Frage vielleicht, aber es würde mich interessieren, zu welcher Art du gehörst. Bleibt unter uns.“

„Hmm … sagen wir einmal … die zweite. Aber …“

„Also auch wenn neben dir …? Na dann ist es gut.“

„Äh … ja.“

 

Er sagte nichts, wandte sich kurz ab und sah sich um, und erneut ihr zu. Sie bemerkte, wie sie der Blick des Reiseleiters schon wieder erfasste, und er sich näherte. Zeit, um Forderungen zu stellen.

 

„Hey, schöne Frau, wie sieht es aus? Heute schon was vor?“

 

Er schwang sich ihr gegenüber neben den anderen auf die Bank, wodurch diese beinahe umkippte. Sein Blick fixierte sie erneut, und er breitete seine muskulösen Arme auf der Tischfläche aus.

 

„Mit dir? Ja, ich habe mir da eine Mutprobe überlegt.“

„Was denn? Muss dich enttäuschen, aber du wirst nichts finden, vor dem ich Angst habe!“

„Auch nicht …?“

 

Sie sah ihn mehrere Sekunden lang intensiv an, ebenso seinen Sitznachbarn. Als sie sich der Aufmerksamkeit von beiden sicher war, deutete sie ihnen abwechselnd einige Küsse an und streckte ihre Zunge leicht heraus. Drei Sekunden später fragte sie sich, was sie getan hatte.

 

Ihr Gegenüber im weiten T-Shirt riss die Augen weit auf und starrte Katja an. Sein Mund blieb ebenfalls weit geöffnet. Sehr langsam drehte er sich mehrere Sekunden später in Richtung seines Nachbarn in der halboffenen, schwarzen Kleidung. Dieser schien Luft holen oder etwas sagen zu wollen, doch er blieb erstarrt. Die Drehung zur Seite ging eher in ein – Kopfschütteln über. War das ein leichtes Zittern in seinen Händen? Er stützte sich ab – und sprang auf.

 

Nur langsam löste sich die Anspannung des kräftigen Typen vor ihr. Es war beinahe, als ob er sich in Zeitlupe bewegte. Plötzlich wurde er wieder locker, er verschränkte die Arme und sah sie an.

 

„Ja, ich kann nicht wenn er nicht da ist. Soll ich ihm nachlaufen?“

„Nein, lass es …“, entgegnete sie beinahe lächelnd und zwinkerte ihm zu. Das konnte passieren, wenn sie in ihrem Auge nach einem Staubkorn suchte, oder? Bei ihm bemerkte sie, wie etwas wie ein Lächeln einsetzte. Es geschah zwar nicht so schnell, aber mindestens genauso wie bei ihr.

 

„Wir können schon einmal zusammen … was trinken“, setzte sie fort. „Gestern war ich irgendwie zu müde.“

„Zu müde? Interessant!“

 

Toll, ein falsches Wort. Vielleicht hatte sie sich irgendwann zu müde gefühlt, doch kaum bei der Wanderung noch beim abendlichen Gelage. Die anderen waren ihren Beobachtungen ebenso recht aktiv gewesen. Sogar wenn alles mit Koffein versetzt wäre, müsste am Ende die körperliche Erschöpfung zuschlagen.

 

Er erhob sich langsam, zeitgleich mit ihr, während sie auf das Haus mit der Antenne blickte. Sie wehrte sich nicht, als er sie nicht völlig zart an einem Arm packte und sich mit ihr in die andere Richtung aufmachen wollte. Ihr Zwinkern fiel dieses Mal deutlicher aus, so dass er sie losließ. Nun setzte er keinen Widerstand entgegen, als sie ihn mit sanftem Druck in die ursprüngliche Richtung bewegte. Ob es an der Art lag, wie sie ein- und ausatme und ihre Zungenspitze zwischen ihren Lippen bewegte?

 

Sie erhaschte einen Blick in einen Raum, der hinter einem schmalen Durchgang links neben dem Eingang lag. Ein Bildschirm, einige gestapelte Geräte mit Leuchtanzeigen und verschiedene Dinge, die auf dem Tisch ausgebreitet waren? Der Raum mit dem Bett wirkte ungefähr wie bei ihr, nur dass das eine oder andere Kleidungsstück auf dem Boden lag. Katja kam dem Mann zuvor, als er ihr knapp gegenübertrat, und packte mit ihren Händen seine Schultern.

 

„Das gefällt mir, S…“

„Wehe, du sagst ‚Süße‘!“

 

Wie zuvor ließ sie ihre Zunge über ihre Lippen gleiten, gefühlte fünf Zentimeter vor seinen. Ob er es sofort als Einladung verstehen würde? Noch genoss sie seine aufmerksame Beobachtung, ohne dass er sich weiter näherte.

 

„So, großer starker Mann, machen wir's kurz: Ich erlaube dir, dass du es selber machst, und ich werde dir zuschauen. Peitsche habe ich leider vergessen.“

 

Sein starrer Blick erfasste sie weiterhin. Erst eine halbe Minute später löste er sich, und seine Mimik drückte etwas wie „Na gut, in Ordnung!“ aus. Nach zehn Sekunden saß er nach wie vor auf der Bettkante und schien zu überlegen – nach einem weiteren scharfen Blick von ihr legte er seine Kleidungsstücke nacheinander ab. Obwohl draußen ein heller, sonniger Tag war, drang nur wenig Licht durch das Fenster. Nur ein schmaler, heller Lichtstreifen durchschnitt die Dunkelheit. Passende Musik fehlte, doch sie stellte sich vor, wie er dazu beiläufig alles auf dem Boden fallen ließ, wie bei diesen Shows vor einem Haufen kreischender Frauen. Heiß wurde ihr nicht so recht, doch sie ließ ihn nicht aus den Augen. Nur eine knappe und nicht so übel gefüllte Unterhose bedeckte noch seine Blöße. Auch im Halbdunkel erkannte sie seine kräftigen Formen, bei denen jedes Gramm Körpermasse an der richtigen Stelle zu sitzen schien.

 

Der Reiseleiter begann sich mit einer Hand auf dem Stoff zu massieren und fuhr mit der anderen darunter. Er schob die Unterhose einige Zentimeter nach unten, doch niemals weg. Katja näherte sich und setzte sich auf die Bettkante, ohne ihre Kleidung zu lockern. Sie glaubte einen zustimmenden Kommentar zu hören, als sie sich enger an ihn drängte, er machte Platz – und sie legte sich neben ihn. Erst jetzt streifte er die Hose ab, wirbelte sie in der Luft herum und warf sie gegen eine Wand.

 

Eine Sekunde lang schreckte sie zurück. Bereits bei seiner Aktion vor versammeltem Publikum glaubte sie sehr kurz etwas gesehen zu haben, doch als der Lichtstreifen darauf fiel, wurde es deutlicher. Es war kaum zu sehen, vielleicht fast verheilt, doch so gut kannte sie sich aus. Seine Formen waren längst fester geworden, und als er loslegte, schnell und ruckartig, erhob sie sich wieder.

 

„Schön“, hauchte sie und berührte ihren Oberkörper, „und nachher vielleicht …“

 

Er stieß einige Jubellaute aus, holte dazwischen tief Luft, und schien nur noch in sich versunken, starrte nach oben. Sie ging rückwärts, Schritt für Schritt und lautlos, und kramte in ihrer Hosentasche. Kurz vergewisserte sie noch seiner Unaufmerksamkeit, dann hielt sie die Kamera auf Dinge, die wie Tabellen mit Abkürzungen und Zahlen aussahen. Waren das Blutproben, und das …? Sie unterdrückte das plötzliche stumpfe Gefühl und den kalten Schauer und schlich zurück in den Hauptraum.

 

Ihr Verehrer atmete bereits heftig, und als sie eine Hand sanft auf seine Schulter legte, sah er sie für einen Moment an. Einen Schrei konnte er vielleicht unterdrücken, doch die starke Unruhe in seinen Beinen kaum. Er bog sich nach oben durch, riss den Mund auf, und blieb mit einer Hand an seiner Körpermitte so liegen. Beim Anblick seiner sich auf und ab bewegenden Bauchmuskeln erfasste sie doch noch ein leichtes Kribbeln.

 

„Ja, wirklich schön!“, bekundete sie, tätschelte ihn nochmals und machte sich zum Ausgang auf.

„Moment!“ wurde er lauter, als sie im Türstock stand. Ihr Gefühl von vorhin wurde plötzlich doppelt so stark.

„Ja?“

„Wir sehen uns heute schon noch wieder?“

„Kann ich noch nicht versprechen.“

 

Er setzte ein Lächeln auf und blieb liegen, als sie sich in das grelle Sonnenlicht verabschiedete. Wollte sie sich nicht noch in diesem Gebiet beim Fluss umsehen? Würde sie den anderen beim Essen wieder treffen – oder bei einer anderen Gelegenheit?

 

* * *

 

Katja betrachtete wie die anderen das Glas mit der grünlichen Flüssigkeit, das in der Mitte des Tisches stand. Vielleicht würde das verwitterte Holz davon zerfressen, wenn es umkippte. Fast alle waren da, die sie ungefähr kannte – einer den sie kannte bereits den ganzen Tag nicht. Der erste würfelte mit den beiden Würfeln und verkündete halblaut das Ergebnis – „4“. Die andere Frau stieß ein Fauchen aus und erhob sich, als sie gerade einmal den Wert 3 schaffte. Jemand würfelte 6 plus 2 Augen, die anderen auch nur einstellige Werte.

 

Sie war als letzte an der Reihe, schüttelte die Würfel länger als die anderen durch, ließ sie gerade nicht von der Kante fallen – insgesamt 11.

 

„Wow!“, lautete der Kommentar von ihren Nachbarn, und sie widmete sich wieder dem Getränk. Was war es nun genau, Absinth mit hochprozentigem Rum und etwas Bierschaum, damit es wilder aussah? Wenn hier allen davon schlecht würde, müsste es um sie herum doch etwas unaufgeräumter aussehen. Sah es aber nicht – also …

 

Sie nahm das Glas, alle brüllten „Trink! Trink! Trink! …“

 

In der ersten halben Sekunde zog sich alles in ihr zusammen, doch dann … schmeckte gar nicht so übel. Im ersten Moment wie ein Schlag auf den Kopf, dann wie Minze, Stachelbeeren und Birnen zusammen – nach allem, was sie wollte. Sie wischte sich den Mund ab und knallte das Glas auf den Tisch.

 

„Kann ich noch was haben?“

„Ja, Moment, aber …“, meinte jemand, während sich bereits ein anderes Getränk mit vereinten Kräften zusammenbraute. Ob sie nun eine andere Variante als „höchste Zahl“ probierten? Ihre eigene Aufmerksamkeit schien nicht so sehr zu schwinden. Es wurde nun „6 auf ex“ mit nur einem Würfel. Die mit anderen Zahlen mussten warten, bis sie es der Reihe nach nochmals probieren durften. Sie kippte das nächste Glas wie das vorherige – und langsam sollte sie einmal …

 

Na toll, der schon wieder, und er stand vor ihrem Haus herum. Noch war sie ihm nicht aufgefallen, dafür lockte der Durchgang nach draußen. Dort gab es sicherlich wo ein nettes, ruhiges Gebüsch. Der Nachmittag war weit fortgeschritten, und sie fragte sich, ob sie ihn wirklich genutzt hatte. Ihre Mission schien ziemlich erfüllt, und dort draußen gab es nichts außer endlosen Wald mit ein paar Lichtungen. Womöglich verbargen sich in ihm noch andere Geheimnisse, doch es würde zu sehr auffallen, zu weit weg zu gehen. Ob der Anführer einmal gemeinsam mit ihnen eine Tour in die andere Richtung unternahm? Sie atmete tief ein und aus – und die ersten Ansätze von Übelkeit verblassten in Sekunden im Hintergrund.

 

Das undurchdringliche Grün neben ihr erschien sehr einladend – und sie nutzte es. Während ihr leichter wurde, sah sie etwas durch die Blätter schimmern. Sie stand gerade auf, als sie jemand bemerkte.

 

„Oh, hallo, du bist da? Ich habe geglaubt, dich gibt es nicht mehr“, sprach sie ihn an.

„Was … nein, ich wollte nur die Gegend anschauen“, redete er mehr in Richtung Boden als zu ihr.

„Ja, ist schon interessant hier. Niemand weiß, wo wir genau sind, aber die haben alle nur … Spaß im Kopf.“

„Äh, irgendwo im Wald halt. Ja, und wenn du alles bekommst was du willst … vielleicht sind wir als einzige immun dagegen“, entgegnete er und bewegte sich von ihr weg.

„Tut mir alles leid, und … ich würde den Kotzbrocken auch nicht küssen wollen. Dann müsste es ja für dich doppelt schlimm sein.“

 

Er blickte auf, und sie erkannte ein zartes Lächeln.

 

„Hey … was würdest du sagen, wenn ich dir sage, du sollst die … ja diese andere küssen?“, wurde er etwas lauter und trat zwei Schritte näher.

„Wenn es sein muss ja, aber wenn es nicht unbedingt sein muss ziemlich das Letzte, das ich möchte.“

„Ja, und … welche Art von Frau bist du überhaupt?“

„Ich bin mir nicht so völlig ganz sicher … aber mit der eher nicht.“

„Na siehst du!“

 

Dieses Mal machte sie einen Schritt auf ihn zu. Sein Lächeln verstärkte sich, als sie ihre Handflächen auf seine Schultern legte. Wäre es nicht noch besser, wenn …? Sie griff unter sein T-Shirt, spürte seine warme, nur sehr leicht schwitzende Haut – und sein Herz schlagen. Im nächsten Moment legten sich seine Hände um ihren Rücken, und seine Lippen bewegten sich beinahe in Zeitlupe auf ihre zu. Je länger der Kuss und der Tanz seiner Zungenspitze um ihre andauerte, desto hektischer suchten ihre und seine Hände stets neue Positionen, um sich festzuhalten. Eng an ihn gepresst spürte sie die Fülle in seiner Hose und zog ihn noch näher an sich. Sie vergewisserte sich mit einem Handgriff.

 

„Äh … und möchtest du?“, reagierte er und schnappte nach Luft.

„Ja, mit dir möchte ich! Aber wir sollten uns einen besseren Platz suchen … und wie war schnell noch dein Name?“

„Fabian … und du … ich bin mir nicht sicher …“

„Katja.“

 

Sie bestätigte ihre Zusage mit einem Küsschen, nur knapp im Vorbeigehen. Auch mehrere Sekunden später machte sich nicht das Gefühl bemerkbar, zu voreilig gewesen zu sein.

 

„Was ich sagen wollte …“, wandte er sich an sie, „… gestern, es war dunkel, ich war mir nicht sicher … aber es kann sein, dass der Anführer-Typ nicht ganz gesund ist? Und wenn das stimmt …“

„Geschäftliche Besprechung!“, schreckte sie auf und wandte sich ihm zu.

„Äh, wieso geschäftlich? Ja, ich hätte mir was drübergezogen, aber ich habe dann sowieso nicht mit ihr …“

„Bingo! Es passt alles zusammen. Ich bin mir noch nicht sicher, aber es passt zusammen.“

„Was … passt alles zusammen?“

„Ich erzähle es dir.“

 

* * *

 

War sie eine halbe Stunde mit Fabian unterwegs gewesen, oder zwei? Er hatte ihr davon erzählt, wirklich vor Jahren an einer Skateboard-Meisterschaft teilgenommen zu haben, sie von ihrer Tätigkeit, die sich offiziell Beraterin nannte. Offiziell, weil das auch schon inkludiert hat, sich fotografieren zu lassen, wenn auch ohne sich auszuziehen. Vielleicht hatten sich die anderen darauf eingestellt, bald wieder in ihr gewohntes Leben zurückzukehren – bei ihm eilte das nicht so sehr.

 

Der Pfad wirkte in dieser Gegend mehr wie ein üblicher Wanderweg. Vielleicht war es einer, doch Markierungen oder Wegweiser waren ihr in der ganzen Zeit nicht aufgefallen. Trotz des dichten, sattgrünen Blattwerks drang grelles Sonnenlicht bis zum nicht zu staubigen und nicht zu schlammigen Boden. Sie bog in eine Abzweigung, die zum Fluss führen musste – und stand mit ihm am Ufer eines Nebenarmes, wo das Wasser kaum über einen halben Meter tief war.

 

Sie bemerkte sein „Wow!“, ebenso wie den Himbeerstrauch. Nach und nach pflückte er einige der Beeren, die wie diese kultivierten und beinahe so groß wie Erdbeeren aussahen – und ein Versuch ließ sie an ihrem Geschmackssinn zweifeln. Nicht brutal süß, nicht sauer, dass es einem alles zusammenzog, einfach nur sehr intensiv, wie … ein guter Kuss.

 

Er setzte sich an den kleinen Strand aus feinen Kieselsteinen und zog sich das weite T-Shirt über den Kopf. Sie trug unter ihrem überhaupt nichts, aber dass er bei Frauen nicht ganz so schüchtern wie andere war, wusste sie bereits. Sie rückte näher an ihn und setzte sich so hin, dass ein Bein über seinem lag. Feinste, klare Wassertropfen lagen in der Luft, und sie atmete tief ein und schloss die Augen.

 

Nichts geschah, doch bald fühlte sie seine Hände unter dem Stoff, nicht nur sein Anschmiegen. Sie musste lächeln, als er eine Weile beim Erkunden ihrer Rundungen verharrte, doch dann befreite er sie von ihrer Kleidung. Zur Gänze streifte sie ihre Hose allein ab, und machte einen Schritt in das Wasser. Sehr warm, nicht nur warm. Bei seinem Blick überlegte sie, wann er zuletzt eine komplett nackte Frau aus nächster Nähe und bei hellem Tageslicht gesehen haben könnte, doch dann legte sie sich einfach in das natürliche Wasserbecken und lockte ihren Begleiter zu sich. Dieser stand auf einem Bein, warf seine Hose hektisch von sich, und ließ sich nach dem Prüfen der Temperatur mit einem Fuß sofort zu ihr ins Wasser fallen.

 

Sie blieb einfach dort liegen, beobachtete die Bewegung der Blätter im leichten Wind und spürte, wie seine Füße gelegentlich Kontakt mit ihren aufnahmen. Mit vorsichtigen Blicken versuchte sie unter Wasser zu erkennen, ob noch ein anderer Körperteil mit ihr Kontakt aufnehmen wollte. Ob das allein genügte? Sie legte ihre Hand in seine, tauchte ab – und spürte die Fülle zwischen ihren Lippen, die vorhin nur zu erahnen war. Nun genoss er nicht mehr in aller Ruhe das warme Wasser, sondern wand sich unter ihr. Noch bevor ihr Unterkiefer schmerzte, musste sie Luft holen.

 

Er streichelte durch ihre Haare – und drängte seinen Mund an ihren. Das Wasser schäumte, einmal lag er oben, dann wieder sie. Sie wälzte sich mit ihm zum Strand – und das Ergebnis ihrer Arbeit lag nun ausgebreitet dort. Seine Beine waren leicht gespreizt, sein Atmen schnell, und ein ganz bestimmter Blick erfasste sie. Sein Liebesstab war in voller Pracht aufgerichtet und zuckte bei ihrer Berührung mit zwei Fingern leicht. Fabian sah sich hektisch um, schien in seiner Hose nach etwas suchen zu wollen. Sein Gesichtsausdruck verriet ihr, dass er keinen Erfolg hatte. Aber sie wollte sich doch eines einstecken … toll, vergessen? Nein … da war es.

 

Nur ein kleines Stück riss sie die quadratische Kondom-Verpackung auf und reichte sie ihm. Vielleicht hätte sie es machen sollen, dachte sie, als sie ihm beim Suchen der richtigen Seite beobachtete. Mit zwei Fingern drückte er die Spitze zu, mit der anderen mühte er sich mit dem Rand ab – doch Sekunden später lag die Schutzkleidung eng an ihm an. Katja hauchte mit einer ganz anderen Stimme etwas wie „Ja!“ und „Genau!“, und schwang sich über ihn. Eine erlebte Katastrophe tauchte plötzlich in ihren Gedanken auf, doch das pulsierende Verlangen unter ihr verdrängte diese. Ja, jeden Moment würde sie …

 

Die warme, geschwollene Männlichkeit drängte sich an sie und suchte Einlass. Sie beugte sich weiter nach unten, kam ihm näher und spürte ihre eigene Feuchtigkeit. Es entging ihr nicht, wie er in diesem Moment sicherlich nichts wollte, außer in sie vorzudringen. Doch sie drängte sich entlang seiner an seinem Körper anliegenden harten Tatsachen und setzte eine andere Art von Lächeln auf, als sie seinen „Bitte … ich möchte dich so gern …“-Blick bemerkte. Seine Hände umfassten ihren Rücken, als sie ihm einen Kuss schenkte, und noch einen. Sie richtete sich auf und prüfte noch einmal eine Standfestigkeit – noch härter als zuvor?

 

Dieses Mal drängte sie sich nicht so fest an ihn, glaubte das Pochen seiner Spitze zu spüren – und nahm ihn in sich auf. Langsam, aber mit Nachdruck wurde sie völlig ausgefüllt und stöhnte leise auf. In seinem Gesicht erkannte sie ein „Danke!“, und er kam in Fahrt. Kleine Schweißtropfen bildeten sich auf ihrer Haut, als sie mit seinen Bewegungen einen gemeinsamen Rhythmus fand. Seine Hände konnten sich nicht entscheiden, ob sie alle ihre Rundungen oder nur ihren Oberkörper erkunden wollten. Ihr boten die männlichen Brustmuskeln einen guten Halt.

 

Er war zu schnell, rutschte aus ihr, ließ ein Gefühl der Leere zurück – und sie blickte hinüber zum Wasser. Seine Hand wollte sich an ihr festhalten, doch sie legte sich auf den Rücken, halb ins Wasser, und spreizte die Beine. Er stand neben ihr, sie richtete ihren Blick auf ihn, und lockte ihn mit dem Zeigefinger. Sie schloss die Augen und wartete.

 

Das Wasser wurde aufgewühlt, und sie bemerkte seine Beine an sich. Noch etwas drängte an sie, gerade so über der Wasseroberfläche, direkt in ihr Inneres. Nun musste er ganz allein zeigen, was er konnte, und sie spürte, wie er sich an ihr abstützte. Seine langsamen Stöße beschleunigten sich nach kurzer Zeit, und sie bemerkte seinen heißen Atem. Immer wieder verlangte sie nach seinen Küssen. Obwohl sich seine und ihre Hände ständig an ihrem Lusthügel in die Quere kamen, linderte bereits das Reiben seines Körpers das Brennen.

 

„Ja, komm“, wollte sie seine Zurückhaltung brechen, das Hinauszögern des Unausweichlichen. Bei ihm ahnte sie es nur, doch bei sich fühlte sie etwas heranrasen. Ihre Beine durchpflügten gemeinsam mit seinen das Wasser, während ihr Oberkörper in Schweiß gebadet war. Ein weiteres Mal unterdrückte er ihr schnelles Atmen mit einem Kuss, um dann ihrem Wunsch nachzukommen. Schnell und hart stieß er in sie, doch es war kein dumpfes Gefühl. Sie schlug auf seinen Hintern, einen Hauch stärker, als es noch zärtlich gewesen wäre. Nach einem weiteren Schlag wurde er noch schneller, und das Ziehen in ihr war nicht mehr aufzuhalten.

 

Längst waren ihre Augen wieder geöffnet, doch alles um sie herum schien sich auszublenden, als sie den Gipfel erreichte. Alle Geräusche wurden still, sogar sein Gebrüll vernahm sie nur gedämpft. Ein weiterer Höhepunkt erfasste sie, als sie seine letzten Zuckungen mitbekam. Noch bevor er sich zurückzog, spürte sie noch etwas, und sie stöhnte ihm ein letztes Mal zart und langgezogen ins Gesicht. Während sie seine Zungenspitze begrüßte und ihre Lippen zueinanderfanden, beruhigte sich Katjas Herzschlag. Ihre Arme um seinen Rücken drückten Fabian nur noch einige Augenblicke eng an sich, bevor er sich neben sie legte.

 

„Das ist eine schöne Leistung!“, kommentierte sie den Inhalt des Kondoms, das er zwischen zwei Fingern hielt.

 

Er lachte kurz und sah einen Moment weg.

 

„Weißt du was ich sehr, sehr gern hätte?“, ergänzte sie.

„Äh … was denn?“

„Das alles drin haben.“

„Na weißt du was ich gern hätte?“, erhob sich seine Stimme. „Aber du bist vernünftig … und ich auch.“

„Aber stell dir vor, die Geschichte wäre wahr, dass hier niemand Angst vor Krankheiten haben muss.“

„Hey, äh … weißt du was ich glaube? Die wollen mit uns was ausprobieren!“

„Das würde auch zu dem passen, was ich gesehen und fotografiert habe. Ups, zu viel gesagt.“

 

Sie griff in ihre noch auf dem Boden liegende Hose, trocknete ihre Hand daran ab und zeigte ihm auf dem Smartphone-Bildschirm die Aufnahmen.

 

„Immer noch kein Empfang?“, fragte er, während er einen Blick darauf warf.

„Ich weiß noch nicht, was es bedeutet, aber die probieren was, ja. Das könnte ein Gerät für Blutuntersuchungen sein.“

„Vielleicht probiert er es nur bei sich selbst?“

 

Es war merklich dunkler geworden. Die Gebirgskette am Horizont, zumindest größer als die umliegenden bewaldeten Hügel, zeichnete sich fast noch deutlicher ab als bei grellem Sonnenlicht. Wenn sie von dort oben auf der anderen Seite ebenfalls nichts als menschenleeres Gebiet sah, wäre dann nicht bewiesen, dass etwas ganz und gar nicht stimmte? Dass sie irgendwo waren, nur nicht ein paar Kilometer von einer Großstadt entfernt?

 

Immerhin, seine bereits trockene Hand auf ihrem Rücken fühlte sich angenehm an.

 

Kapitel 3 – Sunny und die Sektgläser

Mögliche Kapitel-Titel:

Sektgläser

[Sunny] … ja ganz gut, und dann eines „Daeng“. Und das erste Kapitel „Katja“

 

Sunny

 

„Also das bleibt natürlich ganz unter uns, aber du findest die zwei doch süß, oder nicht?“

„Oh, well, I mean … ja, also, ich meine …“

„Hey, du musst doch nicht schüchtern sein! Ist ja kein Geheimnis, dass hier nicht alle so sehr auf Frauen stehen.“

„Ja, und … what's the deal? Um was geht es jetzt?“

 

Sunny überlegte, wie er elegant aus der Sache herauskommen würde und spürte ein wenig Angstschweiß. Er stand von der Bettkante auf, blickte aus dem Fenster auf die Menge im hell erleuchteten Garten und ging langsam auf und ab. Mit etwas reiferen Männern konnte er zwar auch, wenn er sie ansprechend und nicht lästig fand – wie diesen hier mit den breiten Schultern und der eher tiefen Stimme. Doch er hatte er die Signale nicht ganz richtig gedeutet. Vielleicht eine halbprofessionelle Rückenmassage, die er ein bisschen weiterführen würde – das schwebte ihm vor und war ihm nicht fremd. Nun stand er jemand gegenüber, der sich wie der Chef des ganzen Ladens aufspielte.

 

Ein indischer Mann wie er, um die 30, etwas größer als zierlich und beinahe athletisch, hätte genauso Kellner in einem asiatischen Restaurant sein können. Lieber half er jedoch gelegentlich auf Partys dieser Model-Agentur beim Servieren der Getränke aus, wo es etwas lockerer zuging. Er kannte den Chef flüchtig, ungefähr das Gegenteil von seinem jetzigen Geschäftspartner – wenn es denn ein Geschäft wurde.

 

„Ich weiß, du bist ein bisschen nervös, ist ja völlig natürlich. Aber sagen wir einmal, es ist ein großes Projekt für die Agentur. Da brauchen wir die Mitarbeit von allen … und es ist besonders wichtig, dass die beiden dabei sind. Geht mich nichts an, aber wenn die zwei dein Geschmack sind … umso besser.“

„Ich … verstehe nicht ganz.“

 

Sein Gegenüber zog ein Smartphone aus der Hosentasche, schien konzentriert nach etwas zu suchen und steckte es zufrieden wieder ein.

 

„Es ist genau jetzt offen, und nach den letzten Testläufen ist es das immer mindestens so 20 Minuten … egal. Was ich sagen möchte ist … bist du an einem interessanten Außeneinsatz interessiert?“

„What is … was ist offen? Welcher Einsatz? Hier im Garten? Ja, ich sollte dann wieder …“

„Im Prinzip … ja. Und was du solltest ist, schon einmal die Ausrüstung mitnehmen.“

„Well … ich weiß nicht, ob das alles so eine gute Idee ist. Ich bin dann …“

 

Sunny drehte sich langsam in Richtung der Tür und deutete eine Verabschiedung an. Sie war zwar versperrt, doch der Schlüssel steckte. Er bemerkte noch, wie der Mann etwas in die Hand nahm, einen kleinen, gefüllten Rucksack und noch etwas – ein Röhrchen? Ein lautes „Ähm!“ hielt ihn auf.

 

Er drehte sich zurück – und erschrak kurz bei dem Blick, der ihn direkt in die Augen traf. Der Typ stand an einer dunklen Stelle, das Licht im Raum war nicht eingeschaltet, und vielleicht machte er sich einige Zentimeter größer. Was er sah, traf ihn jedoch mit voller Wucht und nicht wie etwas, vor dem er einfach davonspazieren konnte.

 

„Gib den beiden das in ihre Getränke …“, vernahm er die tiefe Stimme nun leiser. „Ist nicht schlimm, aber es wirkt. An sich nur ein kleiner Test … ist quasi alles abgesprochen.“

„Oh … und was ist noch genau der Außeneinsatz?“

„Ach so, dafür ist alles in dem netten kleinen Rucksack … die Ausrüstung erklärt sich praktisch von selbst. Zeigt die Richtung an, du triffst dann jemand vor Ort. Es geht an sich nur um das Einholen von Testergebnissen.“

„Ja, gut, aber …“

„Bist du dabei? Gut! Dann trinken wir schnell noch was darauf!“

 

Der auf dem Tischchen stehende Sektkübel kam doch noch zum Einsatz, und sein neuer Auftraggeber öffnete die Flasche so, dass der Korken in hohem Bogen in einer dunklen Ecke verschwand. Er prostete ihm zu und … was sollte schon passieren? In Ohnmacht würden sie kaum fallen, und wenn, würde es sofort jemand merken und Hilfe holen. Alles nur eine Partyeinlage?

 

* * *

 

Noch standen die beiden Sektgläser auf dem silbernen Tablett, noch war überhaupt nichts geschehen. Vielleicht waren einige Dinge nicht ganz sauber gewesen, auf die Sunny sich dann und wann eingelassen hatte, aber diese Sache? Das Honorar stimmte, und was sollte passieren? Was wäre, wenn er sich einfach dezent davonmachte? Oder stand der Typ immer noch beim Fenster und beobachtete ihn?

 

Er versuchte das Herzklopfen zu ignorieren, das sich ständig in den Vordergrund drängen wollte. Hoffentlich griff niemand einfach zu, sonst gab es ein echtes Problem. Über die Terrasse vor der Villa, wo die meisten herumstanden, sich unterhielten und lachten, hatte er es jedoch bereits geschafft. Weiter draußen, in der Nähe der riesigen Platane, befand sich sein Ziel – oder setzte sich gerade auf die weiße Parkbank mit den verschlungenen Seitenteilen.

 

Der Typ, mehr aus Südostasien stammend, wahrscheinlich Thailand, war doch öfters hier, oder? Er versuchte sich vorzustellen, wie er unter dem T-Shirt aussah – sicher so gut, wie wegen der kurzen Hose an den kräftigen, straffen Beinen zu erahnen war. Vielleicht wurde es irgendwann nervig, sich stundenlang fotografieren zu lassen oder für eine dieser Modeschauen herhalten zu müssen, doch der konnte wohl ein etwas höheres Honorar für sich beanspruchen. Er zögerte immer noch – aber viel Zeit blieb nicht mehr. Acht Minuten oder so? So wie er es verstanden hatte, schloss sich dann, frühestens, etwas in diesem Gartenpavillon, wo um die Zeit kaum jemand hinging. Nur, welche Tür sollte dort sein?

 

„A drink? Etwas zu trinken?“, sprach er ihn halblaut an, hielt ihm das Tablett hin und versuchte, ihn nicht direkt anzusehen. Er schien nicht zu reagieren – nach mehreren Sekunden griff er zu.

„Na gut, einen … danke.“

„Oh … ach ja, ich soll nur ausrichten … dort drüben im Pavillon gäbe es dann eine Überraschung … genau jetzt.“

„Was denn? Wie … na gut!“

 

Der andere Asiate trank den Rest schnell aus, stellt das Glas ab und machte sich in Richtung des schwach beleuchteten kleinen Bauwerks bei dem kleinen Waldstück auf. Die halbe Mission geschafft? Er würde maximal dort einschlafen, und dann? Wo war der andere? Ein Europäer, gerade noch dort … aha, noch dort drüben, allein ganz langsam auf und ab gehend.

 

Obwohl er nicht ganz so straffe Formen vorweisen konnte, sprach ihn sein großer, eher schlanker Körperbau mehr als der von vielen anderen Gästen an. Oder war es mehr seine körperliche Reaktion in tieferen Regionen, als sich die beiden vorhin ansahen? Zumindest beiläufig, halb direkt und nicht nur einmal war es doch gewesen? Beinahe wollte er die beiden einander schon vorstellen und hätte vielleicht ebenfalls etwas davon gehabt – egal. Er war sich nicht sicher, ob er ihn in der Agentur bereits einmal gesehen hatte – aber nun gab es kein Zurück mehr. Was auch passierte, er konnte es vielleicht später wieder gutmachen, stellte sich vor, über seinen mit Massageöl überzogenen Rücken zu gleiten. Toll, er bewegte sich in seine Richtung – und blieb wieder stehen.

 

Sunny hielt das Tablett mit einer Hand in die Höhe, wandte den Blick leicht zur Seite, wartete einige Sekunden und spürte jedes einzelne Hämmern seines Herzens. Ein Geräusch schreckte ihn auf – nun trug er zwei leere Gläser herum. Toll, aber er musste noch …

 

Der Mann mit den dunkelblonden Haaren, ungefähr in seinem Alter, spazierte sehr langsam einige Meter weiter und schien den Pavillon entdeckt zu haben. Das schwache Licht in diesem Teil des Gartens beleuchtete ihn nicht direkt, vielmehr war ihm wohl der Asiate ebenfalls nicht entgangen. Vielleicht war er gar nicht so schüchtern, doch nur dort drüben war es ihm ruhig genug für ein direktes Augenzwinkern? Das mögliche Objekt der Begierde war gerade dort angekommen und wurde von einer Seitenwand verdeckt – oder wovon sonst?

 

Der Typ drehte sich dort hin, beschleunigte seine Schritte – gewonnen? Am Fenster im Stockwerk über der Terrasse konnte er noch ein Gesicht erahnen, das nun verschwand. Irgendwie schien es ihm im Lauf der letzten Minuten, dass er überhaupt viele Dinge nur noch erahnen konnte. In seinem Glas war doch nichts drin, oder? Er hatte die Flasche vor seinen Augen erst geöffnet – und das Sektglas nur an seine Lippen geführt und nichts getrunken, wurde ihm klar. Mit einer dünnen Nadel wäre es nicht schwierig, etwas durch einen Korken einzufüllen, dämmerte ihm – und dass noch etwas offen war.

 

Er ließ das Tablett fallen, hetzte zum Pavillon, versuchte durch die Bäume etwas zu erkennen, stand direkt davor – wo waren sie hin? Niemand war in der Nähe, nur er. Er trat auf die Plattform – und etwas wie ein sehr tiefes Brummen, kaum hör- aber deutlich und kräftig spürbar, erfasste ihn mit einem Mal. Das Licht aus der Ferne verschwamm mit der halblauten Musik zu einem Brei, wurde dunkler – oder nur ihm schwarz vor den Augen? Er versuchte die Augen offenzuhalten, sich abzustützen – doch er fiel in die Dunkelheit.

 

Kapitel 4 – Die Ankunft von Sunny und Daeng

 

[Kapitel-Titel noch ändern? Auch aus der Perspektive von Daeng]

[Die Ankunft von Sunny und Daeng – besserer Titel?]

[Alter Titel: Sunny, Katja und das Lager]

Einsamens Erwachen von Sunny und Daeng

Das Erwachen von Sunny und Daeng

 

Sunny

 

Sunny erwachte auf einem weichen Boden, und es war hell. In seinem Blickfeld zeichneten sich verschwommen einige hohe Grasbüschel ab. Als er klarer sah, erkannte er die hohen Bäume um sich, deren dichtes Blattwerk sich im kaum merklichen Wind bewegte. Das Rauschen im Hintergrund schien etwas stärker – Wasser? Moment, wie war das jetzt mit dem Außeneinsatz? Hatte es nicht geheißen, dass …? Und wie war er genau …? Durch seine Gedanken gingen irgendwelche blassen Erinnerungen an einen Traum mit den beiden von der Party. Er konnte sich an sie erinnern, ebenso an die Besprechung in dem dunklen Zimmer, und an die Ausrüstung, die er nach wie vor auf dem Rücken trug.

 

Er musste sich kaum Schmutz von der bis knapp über die Knie reichenden Hose abputzen, als er sich aufraffte. Wo waren die beiden anderen? Er machte ein paar Schritte in jede Richtung, sah sich um – der Garten der Agentur war das mit Sicherheit nicht. Und was war das Rauschen? Er begutachtete die Ausrüstung, und fand immerhin eine Trinkflasche, so etwas wie Müsliriegel – und ein Gerät mit einem kleinen Bildschirm.

 

Er schaltete es ein und las die Meldung „Ant. ausziehen und ausrichten“. Die Antenne erwies sich als noch viel größer und länger als bei einen antiken Handy-Modell. Er hatte doch gemeint, dass es die Richtung anzeigt, also drehte er sich mit dem Gerät langsam im Kreis. Ein einzelner dünner Balken war zu sehen, blinkend und rot, dazu die Meldung „Kein Signal – geschlossen“. Er wählte den eingeblendeten Menüpunkt „Intern 43“, und ein schwarz-weißes Rauschen erschien. Beim Drehen der Antenne wurde es mehr zu einem Bild aus senkrechten grauen Balken, die bei einer bestimmten Ausrichtung kurz farbig aufblitzten. Die darüber liegenden Balken wurden mehr, gelb und grün, wenn auch nicht in voller Stärke. In Richtung des größten Ausschlags war am Ende der kleinen Lichtung ein Weg zu erahnen. Wenn ihn jemand ging, dann höchstens einige Male pro Jahr. Eine andere Wahl blieb ihm kaum, doch bevor er sich aufmachte, zwängte er sich noch in Richtung des Rauschens durch die Botanik.

 

War das ein Wasserfall, ein richtig großer? Müsste der nicht lauter zu hören sein? Immerhin verschwand das Gefühl in seiner Magengegend nach einigen tiefen Atemzügen wieder. Es lief doch alles wie geplant, irgendwie, und die anderen würden schon auftauchen. Der breite Fluss verfügte über einen kleinen Seitenarm, eine vor der Strömung geschützte Stelle, die beinahe zum Baden einlud. Er prüfte mit einer Hand die Temperatur, prüfte sie noch einmal und länger. Obwohl sich die Lufttemperatur mit seiner Kleidung gerade richtig anfühlte und es nicht brennend heiß war, erschien ihm das Wasser locker wie eine sehr seichte Stelle im Hochsommer. Vielleicht eine heiße Quelle – aber musste es nicht dampfen, wenn es wärmer als die Luft war?

 

Sunny spritzte sich ein bisschen warmes Wasser ins Gesicht. Ein Bad konnte er nehmen, wenn sich die Lage weiter aufklärte – zumindest solange der Pfad in der Nähe des Flusses blieb.

 

* * *

 

Daeng

 

Daeng versuchte die Umgebung einzuordnen, doch er kannte sie nicht. Er lag zwischen hohem, sattgrünem Gras, das von einem sanften Luftzug bewegt wurde. Kräftige Sonnenstrahlen wärmten ihn. Kurz erschien es ihm, als würde ihm etwas im Hals stecken und die Luft abschnüren. Ein tiefes Durchatmen dämpfte das Gefühl sofort wieder und ließ es in Sekunden verschwinden, genauso wie seine Kopfschmerzen. Er war wach und träumte nicht mehr, das war sicher – sonst jedoch nicht viel. Die Erinnerung an seinen Traum war genauso wie jene an den Zeitabschnitt davor. Er wusste, dass da etwas war, doch es lag völlig verblasst im Dunkeln.

 

Er stemmte sich in die Höhe und erkannte eine etwas größere Hütte einige Meter neben sich. Auf der anderen Seite war ein flacher, sanft ansteigender Hügel. In einiger Entfernung erkannte er ein paar Vögel, aber sonst niemand. Es war ruhig, sehr ruhig, nur das Rauschen des Windes lag in der Luft und zeichnete passend dazu Muster in die riesigen Flächen aus hohem Gras. In der Nähe des Hauses ließ sich ein Weg erahnen, ungefähr wie ein nur sehr selten benutzter Feldweg.

 

Ein Gedanke an diesen Kommentar von jemand, dass er vielleicht als Dekoration zu geschäftlichen Anlässen bestellt wurde, ließ ihn kurz lachen. Irgendwann in den letzten Tagen, und dann? Es hatte sich mit der Zeit ergeben, dass er so aussah, wie er eben aussah, und das mit den professionellen Fotos. Manchmal hatte er Angst, damit Männer mit ein bisschen weniger straff abgezeichneten Bauchmuskeln zu sehr abzuschrecken, die er dennoch interessant fand. Extrem war es bei ihm auch nicht, aber nicht nur die Fotografen zeigten sich beeindruckt. Wenigstens erkannten die meisten Frauen, dass sie sich bei ihm nichts zu erhoffen brauchten.

 

Ob diese Sache die Idee von jemand war, den er kannte? Ach, er sollte einfach einmal … doch sein Telefon zeigte kein Funknetz an. Das Haus sah nicht wirklich bewohnt aus – und die Tür ließ sich öffnen. Im Halbdunkel, in das durch ein kleines Fenster zum Teil Licht fiel, empfing ihn über den Boden verstreutes und an die Wände gelehntes Gerümpel. In der Mitte gab es jedoch eine große Liegefläche, die, wenn jemand den Staub entfernte, als Bett taugen könnte. War das Essbares in den Regalen, womöglich noch brauchbar?

 

In einem kleineren Raum, über einen schmalen Durchgang erreichbar, gab es fließendes Wasser. Je nach Stellung des großen Rades aus Metall war es klar und kühl – oder richtig warm. Er probierte einen Schluck des kühlen Wassers, und es war nicht zu beanstanden. Mit etwas Verschieben und Verdrehen sollte der Auslauf sogar als Dusche brauchbar sein. Ob sich der Boden nicht zu sehr aufweichte? Der war wohl darauf ausgelegt. Daeng beschloss, das warme Wasser auszunutzen und dann die nähere Umgebung zu erkunden. Langsam war es nicht mehr lustig, aber sollte er nur warten, bis jemand hier auftauchte?

 

* * *

 

Sunny

 

Sunny erkannte weiter vorne etwas. Endlich am Ziel? Wie lange war er durch die bewaldete Anhöhe neben dem Fluss unterwegs gewesen? Obwohl, es schien ihm nicht wirklich weit von hier entfernt – vielleicht auch nur, weil ihm das Gehen zunehmend leichter statt schwerer gefallen war? Das befestigte Lager, oder was es auch war, lag inmitten des weiten Flusstals. Erst in größerer Entfernung gingen die Hügel und sanften Hänge in höhere Berge über. Bewegte sich dort vorne jemand, mehr als zwei Leute? Wenn er sich in dunklen Räumen mit ihm überlegenen Männern unterhielt, was sollte dann hier tagsüber geschehen?

 

„Oh, vielleicht der neue Reiseleiter!“, reagierte die Frau auf sein Erscheinen.

„I'm here to … ich … soll hier jemand treffen.“

„Wen sollst du den treffen?“

„Einer ist …“

 

Er unterbrach den Satz, als er die anderen in der Nähe bemerkte. Sie waren mit verschiedenen Dingen beschäftigt, tranken aus Bechern oder lagen in der Sonne. Einer winkte ihm kurz zu. Diese Frau konnte ebenfalls durchaus bei der Agentur unter Vertrag sein und war sehr viel blasser als er. Sie schnappte sich das eingeschaltete Gerät in seiner Hand, er wollte sie noch aufhalten, doch sie begutachtete es bereits.

 

„Sehr interessant, sehr interessant!“

„Wieso neuer Reiseleiter, was ist mit dem alten?“

„Wenn ich das wüsste … der muss in der Nacht verschwunden sein. Und gleichzeitig waren auf einmal neue Vorräte da. Aber du kannst mir sicher ein paar interessante Sachen über das Projekt erzählen.“

„Welches Projekt?“

„Gut, ich sehe … vielleicht möchtest du erst einmal etwas essen?“

„Ja …“

„Oder was trinken? Klares Wasser, Fruchtsaft … oder Schnaps.“

 

* * *

 

Daeng

 

Daeng fragte sich, wie lange er an diesem Tag herumgewandert war. Wirklich müde fühlte er sich nicht, doch was sollte es bringen? Manche der grünen Hügel gewährten ihm Ausblicke über mehrere Kilometer, aber da war niemand außer ihm. Höchstens ein Eichhörnchen in einer der vereinzelten Baumgruppen, aber keine Menschen. Die beginnende Dämmerung hatte ihn wieder zu dem Haus zurückgezogen. Er wunderte sich über sich selbst, warum er es mit dem innen steckenden Schlüssel abgesperrt hatte. War es schon sein Haus? Wer immer für die Sache verantwortlich war, musste zumindest für eine Unterkunft und Vorräte gesorgt haben. Also war es seines, bis sich alles klärte. Ob er es am nächsten Tag in der anderen Richtung probieren sollte?

 

Die sehr knappe Hose, vor seiner Wandertour im Haus gefunden, verbarg nicht sehr viel. Vor wem sollte sie das auch tun? Sein T-Shirt trug er längst nur noch zusammengelegt über seiner Schulter und legte es ab. Es war praktisch windstill, und nur noch vom tiefen, satten Rot am Horizont ging ein wenig Licht aus. Wirklich kühl fühlte sich die Luft noch nicht an. Er konnte gleich nackt herumlaufen, doch er mochte diese kurzen Hosen. Gerade dass es kein Fetisch war – vielleicht ein bisschen. Ein bisschen durfte er auch über seine Beine streichen, oder?

 

Er blickte hektisch nach links und rechts, legte sich ungefähr an die Stelle, wo er erwacht war, und streift die Hose ab. Es gab keinen Grund, ein plötzlich aufgetauchtes Verlangen zurückzuhalten. Vielleicht würde es ihn auch beruhigen, das unangenehme Kribbeln verschwinden lassen und nur das angenehme zurücklassen. Nicht einmal ein spezieller Gedanke an jemand ließ sein Zucken von Sekunde zu Sekunde mehr in eine Verhärtung übergehen, es geschah einfach.

 

Als er sich selbst berührte, riss er die Hand sofort wieder weg. Es war, als ob … jemand hier wäre, als ob sich eine fremde Hand nicht zu fest und nicht zu zart an ihn legte. Er atmete tief ein, wieder aus, machte sich auf alles gefasst – und das Gefühl riss ihn mit. Es war wie ein leichtes Beben, der Versuch, eine Verbindung aufzubauen …

 

Er war sich nie ganz sicher, welchen Typ Mann er wirklich bevorzugte, versuchte sich eine Szene vorzustellen – doch es erschien kein klares Bild vor seinen Augen. Alle starrten auf seine Muskelansätze, seine Beine – ob sich die manche Leute wirklich ständig rasierten? Bei ihm war das nicht nötig, und von anderen würde er es nicht verlangen. Wenn ihn schon jemand anstarrte, achtete er auf die Art und Weise … egal.

 

Sein Streben nach Erleichterung begann sich dem Höhepunkt zu nähern. Er heftig atmend den Kopf nach hinten und erblickte zum ersten Mal den Sternenhimmel. Es zeigten sich ihm sehr viel mehr Sterne, als er gewohnt war, die hellsten waren nur einzelne Punkte in einem Lichtermeer. Seine Beine konnte er nicht mehr ruhig halten. Er steigerte das Tempo und ließ ein leises Stöhnen los und zögerte kurz. Manchmal zögerte er es eine Weile hinaus, so lange es ging. Dieses Gefühl der Ermüdung in seinem Arm fehlte irgendwie, aber trotzdem, oder deswegen … und es passierte.

 

Er schloss kurz die Augen, ließ es geschehen – und ein Wasserfall ergoss sich über ihn, riss ihn mit. Sein Herzschlag drängte sich in den Vordergrund, sein Ringen nach Luft, Wellen der Lust liefen durch seinen Körper. Nur langsam verliefen sie sich und ließen ihn schwer atmend zurück. Er blickte erneut in den Nachthimmel und wartete darauf, dass sich sein Puls beruhigte.

 

Erst nach einigen Minuten bemerkte er die aufgekommene Kühle der Nacht wirklich. Er streifte seine Hand im Gras ab und sammelte seine Kleidungsstücke ein. Drinnen gab es doch noch ein paar trockene Badetücher, oder?

 

* * *

 

Sunny

 

„Willst du etwas Schreckliches erfahren?“, fragte sie und rückte ein kleines Stück näher zu Sunny.

„Oh … was denn? Ja …“

„Bist du sicher?“

 

Er hielt die Luft an und antwortete nichts, blickte nur leicht zur Seite. Das Bett fühlte sich weich und dennoch nicht zu weich an. Wenn er schon mit dieser Katja mitgegangen war, musste er auf alles gefasst sein. Sie war anders als alle anderen hier, so wie er, auch wenn sie ihn offenbar nicht bedrohen wollte. War sie in Wirklichkeit die Chefin von diesem Laden?

 

„Der Reiseleiter, also der Typ der in der letzten Nacht verschwunden ist … er hat eine Syphilis, Feigwarzen und noch ein paar schöne Sachen. Oder er hat sie gehabt.“

„Was? Wie … gehabt?“

„Sagen wir, ich habe die Geschwüre aus der Nähe gesehen. Und so wie er sich schon am ersten Tag aufgespielt hat, müssten es jetzt ziemlich alle haben.“

 

Er rückte ein Stück von ihr weg und sah sie genauer an.

 

„Hat aber niemand“, setzte sie fort, „und den Testergebnissen nach auch nicht. Sogar wenn du das sofort behandelst, verschwindet es nicht sofort, schon am Abend war es aber weg.“

„Test … ergebnisse?“

„Alles dort drüben, wo er gewohnt hat. Ja ich habe, sagen wir, seine Schwächen geschickt ausgenutzt. Ich glaube, die haben ein Problem bekommen, deswegen ist er so schnell verschwunden.“

„Die?“

„Du weißt vielleicht schon, wen ich meine. Von wem hast du überhaupt die Ausrüstung? Komm schon, was weißt du alles?“

 

War ihm der Angstschweiß im Garten der Villa noch lächerlich erschienen, spürte er ihn nun deutlich. Natürlich, er hatte es dort mit Männern zu tun gehabt – nun saß eine Frau neben ihm und rückte wieder näher. Würde er sich für Frauen interessieren, würde er ihre Formen als überaus … ansprechend beschreiben. Es geschah ohnehin nicht oft, dass sich eine so annäherte, und noch seltener, dass sie ihm dann überlegen war.

 

„Ich bin mir nicht ganz sicher“, wurde ihre Stimme leiser, „aber kann es sein …?“

„Was?“

„Dass … die dich nur weghaben wollten, damit du nicht gleich alles herumerzählst. Wie war das jetzt mit den beiden anderen?“

 

Ein Zucken fuhr durch ihn, und er richtete seinen Blick mehr in Richtung Boden, verkrampfte das Gesicht. Wortlos sah er sie an, ohne daran viel zu ändern.

 

„Und …“, setzte sie fort, „… dass du dich nicht so sehr für Frauen interessierst?“

 

Sunny atmete ein, stieß die Luft geräuschvoll wieder aus, und deutete eine zustimmende Kopfbewegung an.

 

„Schön!“

„Was … schön? Für dich?“

„Wie soll ich es sagen … es gibt verschiedene Arten von Männern, und du …“

„Arten von Männern?“

„Aber geschäftlich müssen wir jetzt schon zusammenarbeiten, das ist dir schon klar?“

 

Er antwortete mehrere Sekunden nichts, bis sich sein verzerrtes Gesicht zu einem vorsichtigen Lächeln wandelte. Sie sprang auf, er zögerte, erhob sich ebenfalls, und bemerkte, wie sie ihre Arme öffnete. Er schluckte, trat einen Schritt … in ihre Richtung – und sie schloss sanft ihre Arme um ihn. Spürte er etwas, außer ihre weichen Hände auf dünnem Stoff? Sie klopfte ihm zweimal zart auf den Rücken und ließ ihn wieder los.

 

„Gut, dann sehen wir morgen weiter“, sagte sie und reichte ihm die Hand. Er deutete eine Geste zur Verabschiedung an, klopfte ihr noch auf die Schulter und machte sich in Richtung seiner eigenen Unterkunft auf.

 

 

Kapitel 5 – Sunny, Katja, Daeng und Marcel [Arbeitstitel]

 

Mögliche Kapitel-Titel:

Näherkommen

Erster Kontakt

Nähere Erkundungen der anderen Seite (eher das)

 

 

 

Katja

 

„Ihr kennt euch vielleicht schon“, wandte sich Katja an Sunny und biss von einem Stück Obst ab, „aber ich wollte dir einen Freund von mir vorstellen.“

 

Sie legte ihre Hand auf die Tischplatte und vor Fabian, der ihr mit drei anderen gegenübersaß. Er blickte kurz auf, stellte den Kaffee ab, lächelte, und schüttelte ihm die Hand.

 

„Sunny, das ist Fabian, und … ja.“

 

Der Skaterboy betrachtete den Inder, sah ihn halb direkt an, schien zu überlegen – und stand auf. Katja folgte ihm sofort und packte ihn an den Oberarmen. Er wehrte sich nicht, blieb stehen, und sie ließ ihn los.

 

„Ja ich weiß, schon wieder, und du hast jedes Recht, sauer zu sein“, sprach sie ihn an. „Wenn du nein sagst, dann höre ich auf mit dem Scheiß und werde ich es in Zukunft lassen. Es ist nur …“

„Gut … ich mache es!“

„Bist du sicher? Ich möchte nicht … dass du dann traumatisiert bist. Weil … er sicher nicht.“

„Wenn du das willst … dann mache ich es! Aber eine Bedingung.“

 

Etwas zwischen leichtem, unterdrücktem Lachen und ein paar Tränen in den Augen stand ihm im Gesicht.“

 

„Ja, was wäre das?“

„Wenn ich das machen soll … dann möchte ich sehen, wie du eine Frau küsst. Und die Auswahl ist ja hier nicht so groß.“

 

Sie fühlte sich mit einem Mal, als läge ihr ein Stein im Magen. Mit dieser … Person? Andererseits, hatte sie nicht manchmal Gedanken gehabt, das zu probieren, nur so? Sie mochte Männer, noch lieber zwei, die sich mögen, aber das? Beinahe hatte sie es verdrängt, doch dieses Mal meinte er es ernst. Was war schon dabei, nur ein Küsschen? Was würde er sagen, wenn diese andere Frau absolut nicht wollte?

 

„Ich werde einmal schauen, was sie dazu sagt. Und mit ihm kannst du ja einmal was zusammen trinken. Ich weiß noch nicht einmal, ob du sein Typ bist.“

„Ja … gehen wir doch alle zusammen.“

 

* * *

 

Daeng

 

Daeng wollte doch nicht völlig nackt vor das Haus treten und zog diese ziemlich knappe Hose an. Er machte ein paar Turnübungen und dachte an seine Träume der letzten Nacht. Sie bestanden aus einer verschwommenen Mischung aus seiner Wanderung durch die Hügel und verblassten Erinnerungen an einen abgelehnten Auftrag. Es war keine direkte Ablehnung gewesen, eher schienen sie verstanden zu haben, dass er nicht immer zur Verfügung stand. Er versuchte klar zu denken und sich den Tag vor seinem Aufwachen hier in Erinnerung zu rufen – erfolglos. Und überhaupt, dort drüben war doch etwas, oder nicht? Sein Entschluss stand fest, an diesem Tag in die andere Richtung zu gehen.

 

Er blickte noch einmal zu dem nicht wirklich steilen, mit Gras und Gebüsch bewachsenen Hang. An diesem Tag wollte er den Hügel erklimmen und die Gegend auf der anderen Seite erkunden – in diesem Moment schien die Sache geklärt zu sein. Dort oben bewegte sich doch jemand – und es war kaum ein Eichhörnchen. „Hallo?“, rief er nicht wirklich laut und erhielt keine Antwort. Hatte er sich geirrt und war dort nichts als hohe Grashalme, die sich manchmal leicht im Wind bewegten?

 

Doch, dort lag jemand im Gras, nun sah er es deutlich. Ein flaues Gefühl in seinem Magen begleitete die Erkenntnis, doch gleichzeitig sagte ihm etwas, keine Angst haben zu müssen. Sogar wenn er das musste, wäre es zu spät. Er atmete tief ein und aus, ballte für zwei Sekunden die Hände zu Fäusten und machte sich auf den Weg.

 

Der Typ stand auf – ja, es war ein Mann, ein Europäer. Er setzte einige vorsichtige Schritte und bewegte sich auf ihn zu. Schlecht sah er nicht aus, ziemlich groß und eher schlank, sogar ziemlich gut … woran dacht er schon wieder? Je mehr sich der andere näherte, desto mehr schien sich der Puls von Daeng zu beschleunigen. Knapp vor ihm blieb er stehen, sagte „Hallo, ich …“, und streckte seine Hand aus.

 

Daeng wartete nur ein paar Sekunden, bis sich sein Herzrasen beruhigte, und schüttelte dem Fremden mit einem Lächeln die Hand.

„Deutsch, English, oder …?, fragte dieser.

„Keine Angst, ich verstehe dich, aber was machst du hier?“

„Ich bin gestern in dem Haus dort drüben aufgewacht und habe keine Ahnung, wo ich bin.“

„Oh!“

 

Der Blick des Besuchers schien sich mehr auf seine Bauchmuskeln und seine Oberarme zu konzentrieren. Ja, auf sein Gesicht ebenfalls, aber … es war eben seine Entscheidung gewesen, fast nackt herumzulaufen. Er war es gewohnt, dass bald darauf ein halb direktes Angebot von wenig attraktiven Männern folgte. Dabei war es nicht so, dass andere genauso wie er in Form sein mussten, aber … der hier war irgendwie süß. Und sicher hetero und höchstens neugierig. Ein kurzer Gedanke daran, was das alles bedeuten konnte, ließ ihn unterdrückt ein bisschen lachen. Der andere war halbwegs angezogen und wandte den Blick rasch ab, als er sich wohl ertappt fühlte.

 

„Du auch, oder wie?“, fragte der andere.

„Ja“, entgegnete Daeng nach dem Verwerfen eines anderen Gedankens.

„Und du kannst dich an nichts erinnern?“

„Nein, es ist seltsam, aber …“

„Wo könnten wir hier sein?“

„Keine Ahnung, ich bin ein bisschen herumgewandert, aber da ist nichts.“

„Vielleicht sollten wir … also ich meine … kommst du gut zurecht in dem Haus, ist alles da?“

„Ja“, erwiderte Daeng knapp und überlegte.

 

Jemand tauchte auf einmal auf und fragte … ob er bei ihm wohnen konnte? Ob er nicht doch wusste, was das alles sollte, und etwas verheimlichte? Er sah nicht wirklich danach aus, aber … warum musste er sich jetzt sofort entscheiden, was er tun sollte? Warum entscheiden? Er würde ja nicht so schnell weglaufen, und wenn doch, wäre das die Bestätigung, dass etwas mit ihm nicht stimmte.

 

„Treffen wir uns morgen am Vormittag wieder, in der Mitte, ich möchte hier noch schauen ob ich was finde – also dein Haus ist da drüben?“, schlug Daeng vor. Dabei wusste er noch nicht einmal sicher, ob wirklich in der Nähe auf der anderen Seite noch ein Gebäude stand.

„Könnten wir nicht …?“, erwiderte der andere. „Ja, gut, machen wir das, ich werde dann noch bei mir alles erkunden.“

 

Wollte er doch am liebsten gleich mit ihm ins Bett, wie alle anderen? Andererseits, es wäre doch wirklich sinnvoll, wenn jeder für sich noch eine Weile nach Spure suchte und er dann alles mit ihm besprach. Daeng unterdrückte den Reflex, ihm freundschaftlich oder etwas mehr auf die Schulter klopfen zu wollen und drückte ihm lieber fest die Hand. Sein Lächeln und das Augenzwinkern als Verabschiedung war wohl auch ein Instinkt, der ihm zwei Sekunden später leicht unangenehm war.

 

Daeng spürte wieder dieses flaue Gefühl, als er zurück zu seinem Haus ging. Ob er nicht doch mit ihm zusammen …? Er nahm sich vor, das Gebäude noch genau zu erkunden und später einen Blick auf die andere Seite zu werfen. Doch was sollte er viel entdecken? Es gab sogar warmes Wasser und was zu essen, aber nicht einmal Strom. Statt einer undefinierbaren Konstruktion suchte er lieber ein abgelegenes Gebüsch auf. Ob jemand einen etwas größeren Geräteschuppen in ein Wohnhaus umbauen wollte und nicht fertig geworden war? Das Gerümpel musste bereits jahrelang herumstehen. Wenn er den Typ am nächsten Tag traf, konnte er ja ihn erkunden.

 

* * *

 

Katja

 

Die meisten anderen mussten auf dem Strand herumliegen – nur ihr nicht so großes Objekt der Begierde saß an dem Tisch. Sie trank etwas aus einem großen Becher und ließ ihren Blick schweifen, schien geistig abwesend. Katja spürte, wie ihr bei jedem Schritt heißer wurde. Sie schluckte ein Gefühl herunter, von dem sich nicht genau wusste, was es bedeuten sollte. Wenn es hier geschah und nicht vor seinen Augen, würde es kaum etwas bringen. Vielleicht akzeptierte er ihr Ehrenwort, doch was würde sie dazu sagen, wenn er ihr von einem Kuss mit Sunny nur erzählte?

 

„Hallo, was trinkst du da?“

„Grapefruit-Saft?“

„Kann ich auch einen haben?“

„Ist noch genug da … ist schon toll, was die für Vorräte haben.

 

„Du kennst die Geschichte schon, oder?“, setzte Katja nach kurzem Herumsuchen an der Freiluft-Bar fort, die nun offenbar dauerhaft aufgebaut blieb. „Er hat was gehabt, theoretisch müssten es jetzt alle haben, aber es ist weg. Wenn du willst, können wir noch einen Test …“

„Uff … ja ich weiß, ich hätte nicht sollen und so. War mir dann auch schon egal. Und sogar die schlimmsten Sachen verschwinden mit Sonnenlicht und frischer Luft?“

„Das ist keine wissenschaftliche Antwort, aber … es sieht so aus. Ja, und, ich habe es noch niemand erzählt …“

„Ja was denn, Mädel?“

„Auf dem Weg hier her bin ich bei einem Brombeerstrauch hängengeblieben. Ich hätte den ärgsten Kratzer haben müssen, wahrscheinlich blutig … aber fast nichts.“

 

Katjas Gesprächspartnerin stellte den Becher ab und sah sie mit einer Miene an, die „Du spinnst ja!“ auszudrücken schien, gefolgt von einem „Was immer du willst, ist mir doch egal“. Wenn sie es sagte, dann in diesem Augenblick oder nie. Das stechende Gefühl schien nach tiefem Durchatmen sofort wieder zu verschwinden und rückte verblasst in den Hintergrund.

 

„Was ich sagen wollte … ich habe mich heute mit jemand unterhalten, und er würde gerne sehen …“

„Eine Lesben-Show! Klar!“

„Nein! Nur wie wir uns küssen.“

„Wenn's sonst nichts ist … aber dann zwei Männer auch bitte. Muss ich nicht wirklich haben, aber die wollen das immer von uns sehen, und selber … ah, nein, sicher nicht …“

„Da weiß ich schon welche“, strahlte Katja und stand auf.

 

* * *

 

Auf dem Strand aus feinem Kies bemerkte sie zum ersten Mal wirklich die Floße, die dort zwischen den Bäumen lagen. Die anderen benutzten sie als Liegeflächen, doch sie sahen aus, als würden sie gut auf dem Wasser treiben. Manche trugen Badeshorts, manche überhaupt nichts. Katja setzte sich an eine halbwegs vor Blicken geschützte Stelle in den Halbschatten und sah sich um. Ihre Begleiterin versuchte wohl immer noch, mit ihrem Telefon eine Verbindung zu bekommen und steckte es nach zwei Minuten hektisch weg. Es sendete sehr wohl etwas hier, doch es war nichts, das sich mit einem gängigen Smartphone empfangen ließ.

 

Katja erkannte, wie Fabian gerade aus dem Fluss steig. Er gehörte zu jenen, die nackt badeten, hängte sich jedoch ein großes Badetuch über die Schulter. Auf dem zentralen Platz war das nicht üblich, meistens, auf dem Strand liefen alle herum, wie sie wollten. Wer sich daran störte, musste ihn ja nicht besuchen, und das war mittlerweile offenbar niemand mehr. Seine Unterhaltung mit Sunny, öfters von kurzem Lachen unterbrochen, schien viel zu versprechen.

 

„Wie geht es euch?“, wurden sie von Katja begrüßt.

„Äh, ja, ganz gut!“, entgegnete Fabian. „Oh, ich sehe … ja, das ist ja lächerlich bitte, was ist dabei bitte?“

„Dann kannst du ja anfangen, aber nicht nur eine Sekunde.“

 

Er drehte sich zur Seite, trat einige Schritte zurück und wurde von Sunnys Blick erfasst. Dieser lächelte vorsichtig und ließ seine Zunge entlang seiner Lippen wandern. Fabian verzog das Gesicht, ließ seine linke Schulter kreisen und trat näher. Seine rechte Hand legte sich vorsichtig auf den nackten Rücken seines Gegenübers, leicht über der sehr knappen Hose. Seine andere legte er auf seine Schulter. Sunny lächelte deutlicher, neigte seinen Kopf leicht – und ihre Lippen berührten sich. Das Badetuch rutschte zu Boden, Fabian zuckte für einen Moment zusammen, doch er unterbrach die Verbindung nicht. Katja konnte ihr Lächeln kaum kontrollieren, und trotz ihres starren Blickes entging ihr der ihrer Begleiterin und der offene Mund ebenfalls nicht. Sie spürte, wie sich ihre Hand zu ihrer tastete.

 

Während Fabian tief durchatmete, klopfte ihm Sunny noch kurz auf den Rücken. Es sah so aus, als ob der Skaterboy ausspucken wollte, doch er tat es nicht. Die Hand, die Katja berührte, fühlte sich wärmer an, und zwei Blicke waren nun nicht nur auf sie gerichtet. Ihre Begleiterin trug, wie sich zeigte, außer einem weiten T-Shirt und einer sehr knappen Hose an diesem Tag ebenfalls nicht viel. Katja dachte an eine johlende Männerrunde, die sie vielleicht bald um sich hatten, doch die anderen waren weit weg. Sie zog auch ihr T-Shirt aus und warf es Fabian zu.

 

Sie schloss kurz die Augen und spürte die aufkommende Hitze. War da auch aufkommende Nässe, nicht nur Schweiß auf ihrer Haut? Ihr Gegenüber verzog das Gesicht womöglich weniger als sie und rückte näher. Die fremde Zungenspitze fühlte sich im ersten Moment kalt an, so wie die Lippen. Ihre Kurven drückten sich an dem fremden Körper, so wie ihr Mund. Hände pressten sich an ihren Rücken, sie strich ihr durchs Haar, spürte ein zunehmend warmes Gefühl durch sich fließen … doch es genügte erst einmal.

 

„Gut, ok, aber auf das trinken wir einmal was … oh!“

 

Sie hatte so wie Katja bemerkt, dass sich bei beiden Männern etwas verfestigt hatte. Niemand hätte Fabian gebeten, seine Hand auf den Oberschenken von Sunny zu legen, doch sie lag dort.

 

„Ja was solls … wenn schon, dann …“, meinte die andere und drückte Katja mit den Händen sanft auf den Boden. Sie schloss die Augen, blickte in den tiefblauen Himmel und die Blätter über sich, und spürte erneut die Hände an sich. Wer brauchte in diesem Moment noch eine Hose? Ja, sie war feucht, wodurch die zwei, drei Finger leichtes Spiel hatten. Es waren nun nicht mehr nur Finger – es war die Zungenspitze von vorhin, nur viel wärmer. Katja öffnete die Augen, und beim Anblick ihrer Kollegin, die über sie gebeugt war, überkam sie ein kurzer Schweißausbruch.

 

Ob eine Frau wirklich besser wusste, was einer Frau angenehm war? Als die flinke Zunge mehr in Fahrt kam und von einem Paar Lippen begleitet wurde, strecke und bog sie sich durch. Lag es doch nur am Gedanken daran, dass einen Meter neben ihr ein schwuler Mann stand, der das, wenn sie ihn fragte …? Sie musste scharf ausatmen und wieder nach Luft schnappten, als ihre weiblichen Säfte ausgesaugt wurden und die Zunge an der richtigen Stelle herumtanzte. Was geschah mit ihr?

 

Ihre Partnerin schob sich über die verschwitzte Haut weiter nach oben – und begann sich an ihr zu reiben. Was immer mit ihr geschah, wurde nun stärker. Sie klammerte sich an den Rücken über ihr und rückte sich zurecht, wurde mit ihr ein einziges weibliches Wesen. Die spitzen Schreie geschahen einfach, und sie versuchte nicht, sie zu unterdrücken. Sollten sie doch alle herkommen und zuschauen, na und? Der Kuss fühlte sich viel wärmer an, viel tiefer und so lange, bis sie keine Luft mehr bekam. Etwas spitzte sich zu, die Bewegungen schaukelten sich auf, und sie wollte es nicht aufhalten, wollte nichts aufhalten.

 

Was machten die beiden neben ihnen? Sie bekam es kaum mit, ließ einen spitzen Schrei los und wurde von einem Erdbeben erfasst. Das warme Prickeln in ihrem ganzen Körper war kaum verlaufen, schon rollte das nächste an. Fingernägel krallten sich in ihre schwitzende Haut, Schreie begleiteten die Sturzbäche, die sich aus ihrer Lustgrotte ergießen mussten …

 

Sie spürte das fremde und nicht nur ihr eigenes Herzrasen, als der heiße, von Schweiß bedeckte Körper über ihr zur Ruhe kam. Fabian lag auf dem Rücken und zitterte, scharrte mit den Beinen, während Sunny seine Erektion mit dem Mund beglückte. Ein langgezogenes Jammern lag in der Luft, das kein Schmerz sein konnte, Sunny wurde schneller. Die Finger von Fabians Hand krampften sich um die von Sunny, und er stieß ein lautes Stöhnen aus, bis seine Bewegung erstarrte. Sunny setzte zu seinem tiefen Blick ein vorsichtiges Lächeln auf. Katja erkannte, dass er noch einsatzbereit war. Entweder half er sich selbst, oder …

 

Katja nahm Blickkontakt zu ihm auf, versuchte ihm dieses „Bitte, ich möchte so gern, nur dieses eine Mal!“ anzudeuten. Wollte sie wirklich? Ja, sie wollte! Ihre Nachbarin schien es aber noch dringender zu wollen. Sie hatte etwas gemacht, was sie sonst nie gemacht hätte. Vor ihr stand ein schwuler Mann, der jeden Moment explodierte und dann auch machen könnte, was er sonst nie machte. Sollte sie doch, das wäre wenigstens der endgültige Beweis für ihre Theorie.

 

Sunny kam auf Katja zu, sah ihr tief in die Augen, kam näher, sie überlegte … und im nächsten Moment spürte sie einen langen Kuss. Sie wollte sich zuerst von ihm trennen, doch sie zog ihn näher an sich, nur ein bisschen. Er verzog das Gesicht, Fabian etwas weniger, und sie warf ihm einen „Toll, danke!“-Blick zu.

 

Die andere Frau saß mit von sich gespreizten Beinen auf dem Boden und bewegte den Kopf in einer „Na komm schon her!“-Weise. Sunny holte tief Luft, trat näher und half noch ein bisschen seiner Standfestigkeit nach. Vielleicht wusste er nicht genau, wo … und im nächsten Moment war er mit ihr vereint. Obwohl, Katja schien es eher, als ob sie sich am meisten bewegte und ihn zu sich zog. Es dauerte keine Minute, bis sie ihm seinen Saft nahm und sie vielleicht noch ein letztes Mal ein Höhepunkt ereilte.

 

„Und, wie war es?“, fragte Katja in die Runde. Sie bemerkte die weit entfernt im Hintergrund stehenden Männer.

„Schrecklich!“, meinte Sunny, als er sich gerade aufraffte.

 

Die anderen lachten spontan, und alle drängten sich an Katja und umarmten sich für einen Moment.

 

Kapitel 6 – [Aktion in der Dusche mit Daneg]

Warmwasser + Ergänzung

Warmwasser – die andere Seite

Die andere Seite des Warmwassers

 

Daeng

 

Als Daeng erwachte, blitzte in seinen Gedanken eine Erinnerung auf. Er war sich nicht sicher, ob es nicht doch ein Traum war, doch er war sich sicher. Darin stand er in einem großen Garten, der Garten seiner Agentur, und war als Gast auf einer Party. Jemand servierte was zu trinken – und vielleicht hatte er zu viel erwischt. Da er sonst eher selten oder nicht so viel trank, könnte das einen Teil erklären.

 

Er schob das dicke, fasrige Tuch zur Seite, das sich nach wie vor als Decke bewährte, streckte sich noch einmal durch und rieb sich die Augen. Beim Gedanken an den letzten Nachmittag und sein Erlebnis mit sich selbst, dieses Mal auf der Liegefläche, musste er kurz lachen. Ganz sicher war er sich nicht, ob er einfach Lust gehabt, oder ihn doch dieser Typ dazu angeregt hatte. Aber er konnte ihn doch nicht einfach fragen, ob er zu ihm ins Bett wollte, oder zu eindeutige Andeutungen machen.

 

Mit Vorfreude auf das warme, beinahe heiße Wasser machte er sich in den Nebenraum auf. In irgendeiner Stellung lieferte das große Metallrad stets warmes Wasser – doch es wurde nur mäßig warm. In die andere Richtung gedreht war es klares, kühles Trinkwasser – und in der anderen nun ebenfalls. Er hielt die Füße etwas darunter, spritzte sich ein bisschen ins Gesicht, doch so hatte er sich das nicht vorgestellt.

 

Er verfolgte die Rohrleitungen und ging nach draußen. Neben grellem Sonnenlicht begrüßte ihn eine kleine Überschwemmung. Wurde das Wasser nicht von einem Fluss oder so abgezweigt? Wie wärmte es sich überhaupt auf? Toll. Dafür schmeckte das abgepackte Vollkornbrot, oder was immer es war, nach wie vor sehr saftig und war auch bei genauer Betrachtung nicht schimmelig. Nicht schlecht dafür, dass es womöglich 10 Jahre in einer staubigen Ecke gelegen hatte. Und dieser Aufstrich erst, und das Obst …

 

Was würde der andere wohl sagen, wenn er nackt vor dem Haus herumturnte? Nein, Daeng wollte sehen, welche Kleidungsstücke noch so da waren und etwas essen. Diesen Dreck konnte er später noch genau begutachten. Am Vormittag, hatte er gesagt – wie spät war es überhaupt?

 

* * *

 

„Hallo“, wurde er nach kurzem Blickkontakt aus einigen Metern Entfernung auf einmal angesprochen. Toll, in der Mitte hatte der andere gesagt. Er hätte sich nicht so lange mit der Dusche aufhalten sollen … egal.

„Oh, hallo.“

„Was gibt es denn?“

„Kaltes Wasser.“

„Und gestern war es noch warm? Hast du auch eine Solaranlage auf dem Dach, oder funktioniert das mit Holz, oder sonst was?“

„Ja, war es … keine Ahnung.“

 

Daeng setzte sich auf dieses Brett neben der Hecke aus einigen Bäumchen. Zumindest sah es so aus, als ob sie vor einigen Jahren oder länger jemand angepflanzt hatte. Der andere setzte sich neben ihn, ziemlich nah und jedenfalls näher, als er sich selbst auf einer Parkbank neben einen Fremden gesetzt hätte. Doch es war kein Fremder mehr, und die Frage vorhin von ihm klang irgendwie nicht nur so nebenbei gesagt. Ob er sich mit Haustechnik und solchen Sachen auskannte?

 

„Ich könnte mir das einmal ansehen, aber versprechen kann ich nichts“, meinte er.

„Und du hast warmes Wasser?“

„Ja, sogar ein richtiges Bad mit Dusche.“

 

Daeng sah sofort das Bild eines Badezimmers vor sich, wie es in jedem etwas besseren Hotel zu finden war. Ganz so würde es sicherlich nicht sein, doch er musste dort hin. Er umfasste den vorderen Rand des Brettes und spürte auf einmal, wie sich der andere auf seinen Fingern abstützte.

 

„Oh, tut mir leid!“, rechtfertigte er sich und zog die Hand sofort weg.

„Kein Problem“, entgegnete er und strich kurz darüber, als er sich daneben abstützte. Einige Sekunden lang sah er ihm direkt in die Augen.

 

„Was ist?“, fragte der andere.

„Ach, gar nichts.“

 

Daeng lächelte und konnte seine Finger kaum kontrollieren. Aber er konnte doch nicht einfach … Händchen halten. Sein Besucher sprang auf und suchte am und im Haus herum. Wie es aussah, fiel ihm ebenfalls keine Lösung ein.

 

„Wie war das noch einmal?“, fragte Daeng aus ein bisschen kürzerer Entfernung als vorhin. „Du hast eine Dusche mit warmem Wasser?“

„Äh … ja.“

 

Bedeutete das nun, dass er sich die Luxusdusche mit ihm teilen konnte, oder dass es ihm unangenehm war? Wie würde sie überhaupt aussehen? Oder so wie bei ihm, nur eben funktionierend? Daeng raffte sich auf und drehte sich in die Richtung, in der das andere Haus liegen musste.

 

„Gut, wenn du mich lässt, denke ich drüber nach“, entgegnete er und setzte sich wieder.

 

Er plauderte mit dem anderen darüber, dass er nichts wusste – bis auf seine zurückgekehrte Erinnerung an die Party seiner Model-Agentur. Das erklärte zwar nichts, doch welche Anhaltspunkte gab es sonst? Bei der Erwähnung der Art der Agentur erfasste ihn wieder dieser Blick, von oben bis unten. Dieses Mal schien er bereits gelernt zu haben und es dezenter zu machen. Wo gab es überhaupt kilometerweit menschenleere Landschaften? Vielleicht auf einer Insel? In Irland? Klar.

 

Erneut stand sein Besucher auf und rüttelte an einem außen montierten Rohr. Etwas zu essen konnte er ihm ruhig anbieten, oder nicht? Was er wohl zu diesem Brotaufstrich sagte, der nach reiner, dicker Tomatensauce aussah und nach viel mehr schmeckte?

 

Sein Gesichtsausdruck nach dem ersten Bissen ging in ein mehrere Sekunden andauerndes Lächeln über.

 

„Und, möchtest du?“, fragte sein Besuch.

„Was?“

„Zu mir mitkommen.“

„Ach so … ja.“

 

In diesem Moment wurde alles klar, ganz klar. Was immer es war, dass er nach zwei, drei Tagen nicht aufgeklärt hatte – nun gab es jemand, mit dem er das konnte. Der andere war bereits am Aufbrechen, Daeng räumte nur noch einige Sachen ins Haus – und machte sich mit ihm auf.

 

Er erklomm neben ihm den langsam ansteigenden, einigermaßen zu erahnenden Weg den Hügel hinauf. Am höchsten Punkt bot sich ihm ein Blick auf ein weites Grasland und hunderte solcher Hügel, genau wie auf seiner Seite – und auf ein Gebäude. Es schien größer und sogar vollständig von einem Garten umgeben zu sein.

 

„Ach ja, was ich noch fragen wollte … “, wandte sich der andere an Daeng.

„Was denn?“

„Ich wollte den Antennenmast im Garten verdrehen, aber allein ist das schwierig. Glaubst du, du könntest …?“

 

Was wollte er? Vielleicht etwas mit dieser mehrere Meter hohe Stange probieren, die er in der Nähe einer Hecke erkannte? Ob Elektronik mehr sein Fachgebiet war, und er die Sache damit weiterbrachte? Es war wohl zu anstrengend für ihn, und er sollte ihm einmal zeigen …

 

Daeng streifte einen Ärmel seines T-Shirts zurück, strich über den Oberarm und spannte die Muskeln an. Nach kurzem Zögern strich der andere mit einigen Fingern darüber, kommentierte es mit „Nicht schlecht!“, und klopfte ihm auf die Schulter.

 

Er betrat den Garten und umklammerte das hohe Metallrohr. Es steckte wohl lose in der Erde und ließ sich irgendwie drehen. Der andere mühte sich deutlich mehr ab, ließ jedoch nicht locker. Die oben angebrachten Antennen wackelten und drehten sich nach wiederholtem, ruckartigen Zerren und Reißen zumindest ein kleines Stück.

 

Drinnen lief einer dieser alten Fernseher mit Bildröhre. Es waren senkrechte graue Balken zu sehen, von einem Rauschmuster überlagert. Manchmal wurden sie kurz farbig. Der andere meinte, es sei ein Testbild, also müsste aus der Richtung, aus der die Antenne zeigte, etwas senden. Zumindest bedeutete das noch einen Anhaltspunkt, auch wenn sich die genaue Entfernung des Sender schlecht schätzen lies.

 

Daeng ließ sich auf das Sofa fallen und umfasste die Rückenlehne. Eine fremde Hand legte sich auf seine und fühlte sich ebenfalls ein bisschen verschwitzt an – na und?

 

„Wo war noch einmal deine Dusche?“, erkundigte er sich.

 

Sein Gastgeber erklärte ihm den Weg, stand auf und suchte … nach einem Handtuch. Er ging voraus und zeigte ihm den Eingang zu einem angebauten … Badezimmer? Ob das nicht unpraktisch war? Er wollte einen Durchgang aussägen, meinte er, das nötige Werkzeug vorausgesetzt vielleicht keine schlechte Idee. Daeng vergewisserte sich aus irgendeinem Grund, ob sonst wirklich niemand in der Nähe war. Bei anderen Leuten wäre es ihm vielleicht unangenehm gewesen, sich vor ihnen auszuziehen, aber vor ihm …

 

Gerade als er seine Hose ausziehen und hineingehen wollte, machte ihm der andere die Tür auf, einige Schritte zur Seite und sah in eine andere Richtung. Der Raum wirkte größer als von außen und bot sicherlich mindestens Platz für zwei. Er schien mit einer Art länglichem Duschkopf ausgestattet zu sein.

 

„Was denn?“, fragte Daeng.

„Nichts, überhaupt nichts.“

„Möchtest du nicht auch?“

„Äh … ich kann später duschen.“

 

„Bei uns gibt es einen Spruch – spart Wasser, duscht zusammen“, entgegnete er nach einigen Momenten der Stille und musste ein bisschen lächeln. Wo war „bei uns“ überhaupt? Einmal in diesem Fotostudio bei 40 Grad und mit den beiden anderen Typen dabei?

„Ja, also … bei uns auch, ich meine … es wird nach einer Weile wirklich kalt, geht zwar ziemlich lang, aber …“

 

Egal, er konnte wenn er wollte, und wenn nicht, dann nicht. Daeng zuckte mit den Schultern, zog sich komplett aus, wartete noch ein bisschen – aha, er wollte doch. Hatte der Typ jetzt vorhin seinen Namen erwähnt? Er betrat den Raum, entdeckte ein Metallrad ähnlich wie bei ihm, und ein warmer Sprühregen erfüllte den gesamten, an die zwei Meter langen Raum. Er ging weiter hinein und entdeckte auf einer Ablage zumindest ein Stück Seife. Indirekt bekam er mit, dass neben ihm nun ein nackter Mann stand. Er ließ sich den warmen Regen in die Haare prasseln und schloss die Augen. Oh, und vielleicht wäre es besser, in Richtung der halbdunklen Ecke gedreht zu bleiben. War ihm das schon einmal passiert? Es würde schon verschwinden, oder …

 

Auf einmal spürte er einen Finger auf seine Schulter tippen. „Ist was nicht in Ordnung?“

 

Toll, und weiter? Ja, dann war eben etwas nicht in Ordnung. Eine private Dusche, ein freundlicher Mann, eine Erektion – ja und?

 

„Ach, das kann schon einmal sein“, meinte der andere.

 

Natürlich, alles konnte sein, aber … dort war doch eine Seife, oder? Er massierte sich den Schaum in die Haare ein, auch zwischen seine Beine, aber nur mit einer Hand. Seine festen Formen wurden noch fester, und er vermied es, sich dort zu berühren. Obwohl …

 

„Mach es doch wenn du Lust hast, kein Problem“, redete erneut nur seine Bekanntschaft.

 

Klar, sogar heterosexuelle Männer duschten an manchen Orten zusammen. Es war nicht ungewöhnlich, dass es sich einer im Bad selbst besorgte. Aber direkt nebeneinander? Es war kein Geheimnis, alle machten es, aber sollte er wirklich? Andererseits, es war nur, was er an diesem Morgen geplant hatte – und nach dieser Einladung kostete ihn der Entschluss nur ein Schulterzucken. Vielleicht ließ er ihn allein?

 

Er atmete tief durch, legte los – und es fühlte sich ungefähr doppelt so gut wie das letzte Mal an. Ob er …? Nein, er beschloss, die Sache ganz für sich selbst zu erledigen, so wie ein Mann, der eben Lust dazu verspürte. Irgendwann hatte er sich gefragt, warum er sich dabei nicht mit der freien Hand ein bisschen massierte und streichelte, und genoss das seither. Er konnte ruhig ein bisschen stöhnen, dann würde er sich in der Sonne trocknen lassen. Ob der andere mit ihm etwas trinken wollte, oder lieber nicht?

 

Er musste schneller atmen, nicht mehr lange … und stütze sich auf der Schulter neben ihm ab. Na und? Wo sollte er sich anhalten, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren? Trat sein Nachbar näher? Kurz blickte er noch zur Seite, dann gab es kein Zurück mehr. Ein gewaltiges Kribbeln erfasste ihn, er versuchte, nicht ganz so laut zu schreien – nicht schlecht. Lachend strich er durch seine Haare.

 

Erneut drehte er sich zur Seite und wartete, bis sich sein Herz einigermaßen beruhigte. Er bemerkte die angeschwollene Luststange neben sich und antwortete nun endlich mit „Mach es ruhig, wenn du willst“. Hatte der Typ die ganze Zeit … ohne Hände?

„Ja, ich wollte sowieso schon.“

 

Die Hand von Daeng ruhte nach wie vor auf der Schulter des anderen, während dieser der Aufforderung folgte. Natürlich durfte er auch, ganz für sich – aber das war doch langsam lächerlich. Zwei Männer, beide hatten große Lust und waren ganz allein, und sogar wenn er nicht so sehr auf Männer stand …

 

Daeng ließ die Hand weiter nach unten wandern und tastete sich vorbei an der arbeitenden Faust in Richtung seiner Anhänge. Was war schon dabei? Er konnte ihm dabei helfen, den Rücken zu waschen – oder ihm eben noch anderswo kratzen, wo es sich angenehm anfühlte. Der andere zuckte kurz zusammen, lächelte jedoch wenige Sekunden später. Er wechselte auf seine andere Hand – und nahm auf einmal beide weg und deutete etwas an.

 

Er kannte diese Sorte, die sonst mit Männern nicht zu tun haben wollte, aber dennoch bis zu diesem Punkt ging. Wollte er tatsächlich? Ja, er wollte … na gut, dann sollt er es bekommen. Daeng umfasste ihn fest und blieb bei langsamen Bewegungen. Schien ihm zu gefallen, und wenn es nötig war, konnte er sich ruhig festhalten. Es hörte sich auch so an, als ob es ihm gefiel – aber nur nicht zu schnell. Er wartete einige Momente, setzte die Sache fort – doch irgendwann wäre es grausam gewesen, ihn noch länger zappeln zu lassen. Trainierte Arme hatten schon ihre Vorteile und konnten jemand zum Höhepunkt bringen, ohne Ermüdung und Muskelschmerzen überwinden zu müssen. Sein Nachbar versank in ein starkes Zucken, und beinahe glaubte Daeng, das Kribbeln bis zu sich zu spüren.

 

Der andere bedankte sich mit einem Schulter- und Rückenklopfen und einer Umarmung für einige Sekunden. Er drehte das Wasser ab und griff nach dem draußen hängenden Handtuch. Daeng trat damit in das Sonnenlicht. Trocken geworden, zog er sich die nur die Hose an, die an sich nur eine Unterhose war, und ging in das Haus.

 

Er breitete sich auf dem Bett aus und bemerkte, wie sich der anderen auf den freien Platz neben ihm legte. Finger strichen seinen Körper entlang, und er blieb einfach liegen und genoss das angenehme Gefühl auf seiner aufgeweichten Haut. Er hielt die Hand fest und duldete das fremde Bein, das auf seinem ruhte. Einzelne grelle Sonnenstrahlen drangen in den halbdunklen Raum, ebenso wie Blätterrauschen und vielleicht das Zwitschern von Vögeln.

 

* * *

 

Daeng musste kurz eingeschlafen sein und der andere auch. Draußen erzählte er, woran das Problem mit dem Warmwasser wahrscheinlich lag, und dass er es in Ordnung bringen konnte. Auf dem Weg dorthin erwähnte er wieder die Antenne. Ob eine gemeinsame Wanderung in die Richtung, in die sie nun zeigte, eine gute Idee war? Es gab genug Vorräte, um auch an Ort und Stelle noch Nachforschungen anzustellen – aber wenn sie zu Ende waren?

 

„Geht es nicht, anhand der Sterne auf die Koordinaten zu kommen?“, fragte Daeng.

„Ich glaube, aber da kenne ich mich zu wenig aus. Ich habe GPS am Handy, aber die Position ist nur wirr hin und her gesprungen, bis es gar keine mehr gefunden hat.“

„Vielleicht stört ja etwas?“

„Oder ich habe es ruiniert … na egal.“

 

Er erreichte mit ihm das andere Haus. Nach kurzem Hantieren und Herumschrauben am Rohrsystem wurde das Wasser langsam wärmer und blieb so. Das auf dem Dach schienen Schlangen aus schwarzen Rohren zu sein, die sich nun wieder in der Sonne aufheizen konnten.

 

„Ja, also wegen der Aktion vorhin …“, sagte sein Gegenüber.

„Danke nochmals dafür.“

„Nein, du weißt was ich meine.“

„Ach so, ja, und?“

„War es dir unangenehm?“, fragte ihn der andere und stellte sich direkt gegenüber. „Wenn du nicht darauf stehst, dann müssen wir nicht …“

„Das war schon in Ordnung. Ich war mir nur unsicher, ob es dein Geschmack ist.“

„Ja, ist es“, antwortete er leicht außer Atem, „und ganz besonders mit dir.“

 

Daeng sah ihm tief in die Augen, trat noch näher und legte eine Hand auf seine Schulter. Ein alles durchdringendes Gefühl schnürte ihm auf einmal die Luft ab und hielt ihn sehr fest. Er drehte den Kopf leicht zur Seite, bewegte seine Lippen auf sein Gegenüber zu – und küsste ihn einen langgezogenen Moment lang.

 

„Oh!“, lautete die gehauchte Reaktion.

„Gut, dann … treffen wir uns morgen wieder, bei dir.“

„Wir könnten ja auch einmal zusammen … also ich meine …“

„Wir sollten noch genau schauen, ob wir irgendwas in den Häusern finden, zumindest heute.“

„Na gut“, meinte der andere und reichte ihm die Hand, die er nur zart zudrückte.

 

Der andere verließ ihn in Richtung der untergehenden Sonne, und Daeng wurde erneut von diesem Gefühl erfasst. Was war das bitte? Deutlicher konnte er sich kaum mit jemand anfreunden, und dann schickte er ihn weg? Klar, Männer gaben sich auch so einmal freundschaftlich ein Küssen, nur so im Vorbeigehen. Ja, alle hatten ihre eigene Unterkunft, in der nun alles funktionierte, aber …

 

Er begann zu laufen, wollte ihn erreichen, noch bevor er hinter der Bergkuppe verschwand. Ein spitzer Stein schmerzte auf seiner nackten Fußsohle, doch Sekunden später verblasste das Gefühl.

 

„Was ist los?“, fragte der andere und drehte sich hektisch um.

„Vielleicht sollten wir doch zusammen übernachten, wer weiß was alles passiert. Privatsphäre haben wir sowieso keine mehr. Dein Name war … Marcel, richtig?“

„Fast richtig“, erwiderte er, und nahm ihn an der Hand. „Und du warst schnell noch einmal …?“

„Daeng … also eigentlich Arthit.“

„Ja, ich weiß schon wieder, das kann ich sogar aussprechen.“

 

Daeng verzog einige Sekunden lang das Gesicht und starrte Marcel an – und lächelte.

 

Kapitel 7 – [Erster **** mit Daeng / Wanderung von Katja und Sunny zum Sender]

Vertrauen

 

 

Daeng

 

Der Halbschlafzustand von Daeng ging in ein endgültiges Aufwachen über. Ja, er lag in diesem Haus, das sogar über elektrisches Licht verfügte. Seine erste Nacht in beinahe völliger Dunkelheit, nur mit seinem Handy, war beinahe unheimlich gewesen. Obwohl, ob er bereits in dieser geahnt hatte, dass dieser Mann ganz in seiner Nähe war?

 

Marcel schlief noch und ließ sich vom hellen Lichtstrahl auf seinem Gesicht offensichtlich nicht beeindrucken. Am Nachmittag und Abend hatte sich Daeng noch mit ihm unterhalten, aber weniger über Theorien, wo sie sein konnten. Das Thema war auf gutaussehende Männer gesprungen, die sich fotografieren ließen, und welche der zu erahnenden Wege in der Nähe sich noch erforschen ließen. Irgendwann war ihm danach gewesen, sich auf dem Bett auszubreiten und einfach so neben Marcel zu liegen. Dieser hielt es dort offenbar nicht mehr für nötig, etwas anzuziehen, warum sollte er das dann tun? Nur ein bisschen wollte er sich an ihn zu kuscheln – bis er fast die ganze Nacht durchgeschlafen hatte.

 

Daeng schlug das große, weiche Tuch zur Seite. Er bemerkte bei Marcel eine steil aufgerichtete Erektion. Das konnte beim Aufwachen schon einmal vorkommen, aber sah die Größe nach noch etwas mehr als am vorherigen Tag aus? Es juckte ihn, seine eigene zu bearbeiten, mit der anderen Hand auf seinem Bettpartner, aber er konnte doch nicht …

 

Öffnete er die Augen und drehte sich mehr auf den Rücken? Noch schien er zu schlafen, und er wollte ihn in Ruhe liegen lassen – aber was er neben sich sah, ließ ihn nicht los. Sehr ansehnlich und trotzdem nicht übertrieben groß, ziemlich wie seine eigene Ausstattung. Ein Handgriff schien nur einen Gedanken entfernt – doch dann konnte er auch gleich …

 

Zart legte er eine Handfläche auf ihn, befeuchtete seine Lippen mit der Zungenspitze und beugte sich über sein Objekt der Versuchung. Er schmeckte die warme und weiche Haut, erforschte sie nur sehr langsam und achtete auf die Reaktionen und das Zucken unter ihm. Es fühlte sich gut an, also ging er tiefer, ohne sehr viel schneller zu werden. Öffnete er die Augen und suchte nach der Ursache für ein ungewöhnliches Gefühl.

 

„Guten Morgen!, begrüßte ihn Marcel gähnend und wand und streckte sich unter ihm.

 

Daeng unterbrach die Arbeit für ein knappes „Dir auch“ und wurde etwas schneller. Statt eines Protestes bemerkte er das Streicheln der nicht mehr so fremden Hände über ihn. Sie streichelten nicht nur sein Haar, sondern ebenso über seinen Rücken, wo es sich besonders angenehm anfühlte. Bevor noch etwas passierte, entließ er ihn lieber aus seinem Mund.

 

Als er einfach so ausgestreckt auf der Liegefläche lag und nach oben starrte, spürte er auf einmal eine Zungenspitze an seiner kaum eingeknickten Männlichkeit. Beinahe unwillkürlich spürte er ein Zucken, das sich bis in seine Zehenspitzen zog. Oh, das war süß, aber musste er deswegen immer so herumkichern? Marcel schien sich davon nicht stören zu lassen und stülpte nun seine Lippen über ihn, auch wenn er sich noch etwas zögerlicher vorwagte. Trotzdem fühlte sich das Zucken noch stärker an. Er würde es ihm sagen, bevor es zu stark wurde … in diesem Moment schien er es selbst zu ahnen.

 

Eng aneinandergepresst ergab sich ein hektischer Kuss, und seine Hände gerieten mit den anderen durcheinander. Alles schaukelte sich auf, wurde zusehend schneller, doch irgendwo hing es. Daeng musste das in diesem Moment für sich allein zu Ende bringen und gab alles, was er konnte. Trotzdem war er dabei nicht allein, weil sich die Hand von Marcel fest in seine drückte, immer stärker.

 

Er war zu schnell, löste sich aus der Umklammerung, und es passierte. Die Gewalt, die ihn erfasste, schien noch stärker als beim letzten Mal zu sein. Dafür verebbte sie rasch wieder, während sich noch ein, zwei Fontänen über seinen Bauchmuskeln verteilten. Seine Hand tastete sich zu Marcel und bekam Sekunden später noch etwas Feuchtigkeit ab.

 

„Die Tattoos sind wirklich süß“, meinte sein Bettpartner und strich mit einem Finger über die ein paar Zentimeter großen, geschwungenen Muster. Ja, er hatte sich das irgendwann machen lassen und damals das Muster interessant gefunden, doch nun würde er das nicht mehr. Den Kinnbart, der Daeng in den letzten Tagen gewachsen war, liebkoste Marcel ebenso.

 

„Was soll ich machen, bitte? Bei mir ist sogar ein Vorrat an Zahnbürsten, aber sonst nicht viel.“

„Ich habe ein paar Nassrasierer gefunden.“

„Wirklich? Super!“

 

Der Bart nervte Daeng wirklich, weil er einen bis auf seine schwarzen Kopfhaare eine überall ziemlich glatte Haut gewohnt war. Immerhin, es lohnte sich sehr wohl, in den Häusern noch nähere Nachforschungen anzustellen. Zumindest tauchten dann noch nützliche Drogerieartikel auf, wenigstens in diesem.

 

Das Wasser in der Dusche war nach wie vor warm. Marcel duschte sich neben ihm und stellte sich wie er zum Trocknen in die Sonne, statt nach einem Badetuch zu suchen. Daeng war nach etwas Morgengymnastik und zog sich dafür die kurze Hose an – das genügte aber. Wie spät war es überhaupt, 11 Uhr? Manchmal fragte er sich, wie er zu seiner Figur gelangt war, denn Extremsport oder Gewichtheben lagen ihm nicht wirklich. Er nahm sich jedoch vor, nach einer Verabschiedung bis irgendwann später an diesem Tag bis zu seinem Haus und solange es ging weiter zu laufen, nicht zu schnell.

 

* * *

 

Katja

 

Katja wunderte sich beinahe, warum sie Sunny auf der Wanderung begleiten und sich nicht herausreden wollte. Andererseits – er schien zu verstehen, dass er, so wie sie, mehr als die anderen wusste und mit ihr zusammenarbeiten sollte. Allein schon sein Mess- oder Navigationsgerät war interessant, das sie inzwischen eher mehr als er durchschaut hatte. Es schien analoges Fernsehen empfangen zu können, das üblicherweise nicht mehr gesendet wurde, und irgendwelche zusätzlichen Hinweise. Was konnte der Punkt „Intern 43“ bedeuten, bei dem je nach Drehung der Antenne ein mehr oder weniger verrauschtes Testbild erschien? Vielleicht eine Kanalnummer? Je weiter sie gingen, desto stärker wurde das Signal. Was war mit der Meldung „geschlossen“ auf schwarzem Hintergrund in der anderen Einstellung gemeint?

 

Sie war mit ihm nun seit einigen Stunden durch dichten Wald und über einige Lichtungen unterwegs. Öfters war der Fluss aufgetaucht, und nun schien überhaupt ein Weg direkt neben diesem zu verlaufen. Der breite Streifen neben dem Fluss, mit Gras oder Moos bewachsen, erinnerte sie an einen Landschaftsgarten. Ob es einer war, in einen langen Schlaf verfallen? Das Gebirge, das sich deutlich von den flacheren Ketten von Hügeln abhob, war praktisch zum Greifen nah.

 

„Also wie war das jetzt noch einmal?“, fragte sie ihn nach einer Weile wieder etwas. „Ihr seid alle drei kurz nacheinander irgendwo durchgegangen, und dann bist du allein aufgewacht?“

„Ja … wie ich dir erzählt habe.“

„Und du bist dir sicher, dass sie nicht dort wo in der Nähe waren? Wo du aufgewacht bist, war auch kein … FKK-Badestrand?“

„I don't think so … nein … da war sicher niemand.“

„Das kann alles nur bedeuten … dass sie woanders herausgekommen sind.“

„Wie meinst du … herausgekommen?“

„Ich bin mir nicht sicher, aber es muss ein Durchgang sein, der jetzt geschlossen ist. So wie es auf dem Bildschirm steht. Und … du glaubst, dass sich die zwei mögen?“

„Was … warum?“

„Ach, nur so. Irgendwann und irgendwo tauchen sie schon auf.“

 

Katja versuchte immer wieder, sich anhand der Beschreibung von Sunny diesen anderen Asiaten vorzustellen … oder ihn zusammen mit seinem möglichen Begleiter. Wo sollte sie Antworten finden außer dort oben? Den ganzen vergangenen Tag hatte sie im Lager abgewartet, ob dieser Reiseleiter noch auftauchen würde. Das Signal war mit der dortigen Technik genauso empfangbar und wies in die Richtung, in die sie nun unterwegs war. Sie hatte sie Sache verdrängt und sich vorgenommen, Sunny nicht mehr zu nahe zu treten, doch beinahe hätte er ihr ihren Traum erfüllt. Noch dazu war da die Sache mit den nicht vorhandenen Krankheiten. Es schien verrückt, doch nach allen ihren Recherchen war es so. In einen Abgrund springen würde keine gute Idee sein, doch sonst sollte nicht viel passieren.

 

Unterwegs hatte ihr Begleiter Obst entdeckt, das noch interessanter als die Vorräte im Lager schmeckte. Es schien ein Apfel zu sein, doch er schmeckte ein bisschen sauer und bitter und sehr süß und saftig. Irgendwie ganz genau so, wie sie wollte, ungefähr wie ein Cocktail, und nicht wie eine Apfelsorte, die sie kannte.

 

Womöglich konnte sie mit ihm eine längere Strecke laufen oder schnell gehen, doch den Rückweg hatte sie für diesen Tag ohnehin nicht wirklich eingeplant. Wirklich kalt schien es in der Nacht nicht zu werden, aber ob die Ausrüstung für eine Übernachtung taugte? Trotz des dichten Blätterdaches schaffte es helles Sonnenlicht bis zum Boden, nur am Horizont waren Wolken zu sehen.

 

Der Weg mündete in eine größere Lichtung, die bis zum Fuß des steil aufragenden Gebirges reichte. Zumindest war es eine beinahe senkrechte, da und dort mit Gebüsch bewachsene Wand. Ein schmaler Wasserfall stürzte sich in die Tiefe. Wo außer an seinem Ursprung konnte das Ziel zu suchen sein? Ob es doch in Richtung dieser zu erahnenden Abzweigung lag, wo der Ausschlag der Signalstärke nicht ganz eindeutig schien?

 

„Was machen wir?“, fragte Katja. „Suchen wir einen Weg nach oben, oder schlagen wir ein Lager auf?“

„I don't know, ich weiß nicht … machen wir eine Pause.

„Na gut, eine kurze.“

 

Sunny breitete seine auf den Rucksack gepackte Matte aus und setzte sich in einem halben Meter Abstand neben Katja. Sie merkte, wie er in seinem Rucksack kramte – und etwas entdeckte.

 

„Massageöl?“, fragte er, und hielt ihr die kleine Flasche vor das Gesicht. „Ist das aus den Vorräten?“

„Ich habe mir nur gedacht …“

„Was … hast du dir gedacht?“

„Weil du erzählt hast, du massierst gerne einmal jemand. Frauen auch?“

„Wenn es sein muss.“

 

Sie lachte kurz und blickte zu Boden, und es wurde still. Sogar der Wasserfall gab eher ein angenehmes Plätschern statt eines tosenden Rauschens von sich, und dann und wann zwitscherten Vögel.

 

„Ein Vorschlag“, setzte sie die Unterhaltung fort. „Suchen wir einen Weg nach oben, bauen wir die anderen Sachen auch noch auf, und dann, wenn du wirklich möchtest …“

„Ok … werde es mir überlegen.

 

* * *

 

Daeng

 

Daeng war sich im Moment nicht ganz sicher, in welche Richtung er zurückgehen musste. Auch an diesem Tag hatte er neue, mehr oder weniger gut zu erahnende Pfade entdeckt, die sich zwischen den sanften Hängen der Hügel und den Feldern schlängelten. Es musste wildes, hohes Gras sein, doch irgendwie wirkten diese Flächen manchmal wie vergessene Getreidefelder. Wenn sich die Wolken weiter verdichteten und dunkler wurden, würde vielleicht eines der Wäldchen Schutz bieten, aber ob das bei einem Gewitter eine gute Idee war? Bei manchen Bäumen war ihm, als hätte er Reste von farbigen Markierungen gesehen, doch das konnte alles sein.

 

War das dort vorne …? Ja, es musste Marcel sein, wer sonst? Daeng beschleunigte seine Schritte und erkannte ihn deutlich.

 

„Oh, hallo, auch auf Erkundungstour?“, fragte Marcel.

„Ja, ich muss schon am ersten Tag 10 Kilometer gegangen sein, und kenne immer noch nicht alle Wege.“

„Wir sollten wirklich einmal zusammen eine längere Tour machen.“

„Können wir, aber es sieht jetzt schon nach Regen aus“, meinte Daeng und zeigte in den dunklen Himmel.

„Na dann komm lieber zu mir.“

 

Marcel klopfte ihm auf den Rücken und machte sich mit ihm in Richtung des Weges zwischen den Häusern auf, den er zur Genüge kannte. Toll, nun begann es wirklich zu regnen, und der trockene Boden fühlte sich ohne Schuhe ganz anders als vorhin an.

 

* * *

 

Katja

 

Katja klammerte sich um den dünnen Baumstamm, reichte Sunny ihre andere Hand und zog ihn mit einem Ruck bis nach oben. Ein Stück weiter unten hatte er das gemacht. Ob sie noch länger die Steilwand entlangwandern hätten sollen, bis sich ein flacherer Aufstieg fand? Vielleicht war die Wand keine 100 Meter hoch, doch es schien sehr, sehr weit bis zu diesem kleinen Waldstreifen am Fuß nach unten zu gehen.

 

Oben breitete sich eine bewaldete Hochebene aus, zumindest ging es nicht mehr so steil nach oben. Katja ging geradeaus weiter, Sunny ein Stück voraus – und er rief ihr ein „Was ist das dort?“ zu. Ein kleines Bauwerk war zwischen einigen größeren Bäumen zu erkennen, ungefähr wie eines dieser Gerätehäuser aus Blech. Sie erkannte einen Mast auf dem Dach, den Wald nicht sehr weit überragend.

 

„Ich schätze, das ist es“, meinte Katja.

„Ja … da sind verschiedene Antennenfelder.“

„Moment … eines geht in unsere Richtung, und das andere …“

 

Sunny öffnete die Tür, und Katja stand mit ihm in einem Raum voller elektronischer Geräte. Einige Leuchtanzeigen blinkten oder zeigten rote und grüne Ziffern. Manche Dinge wirkten staubig oder schienen längst abgeschaltet zu sein, andere neueren Datums. Ihr Blick fiel auf ein Heft oder Notizbuch mit der Aufschrift „Projekt 43“ in einem der seitlichen Regale. Sie blätterte es durch, verwarf den Gedanken, dass sie vielleicht Handschuhe hätte tragen sollen, und entdeckte nichts außer Zahlenkolonnen mit einigen Buchstaben. Sunny deutete auf jene Stellen, die jemand markiert hatte. Ob es verschlüsselte Datumsangaben mit technischen Daten waren?

 

„Moment, gib mir einmal dieses Dings“, forderte Katja ihren Begleiter auf. „Was steht bei dir gerade in der Anzeige?“

 

* * *

 

Daeng

 

Draußen schüttete es, und Daeng hatte sich auf diesem Sofa ausgebreitet. Sonst interessierte er sich nicht so sehr für das Herumbasteln an technischen Dingen, sie sollten einfach funktionieren. Der Gedanke an diese nun richtig gedrehte Antenne draußen vor dem Haus ließ ihn jedoch nicht los, und er probierte etwas an diesem Fernseher herum. Beim Drehen an jenem Regler, mit dem sich wohl der Kanal genau einstellen ließ, erschien wieder das Testbild aus Balken. Der Empfang schien nun noch besser zu sein, fast immer farbig und mit kaum auffälligem Rauschen. Auf einmal wurde der Bildschirm schwarz und blieb einige Sekunden so. Begleitet von kurz auftauchenden Störstreifen kehrten die Farbbalken zurück.

 

„Hast du das gesehen?“, rief er zu Marcel, der neben dem Sofa stand.

„Ja, und das Signal ist auch stärker geworden, und mit dem Wetter hat das wahrscheinlich nichts zu tun. Aber wie gesagt, da könnte auch automatisch irgendein Bildgenerator laufen, wenn es niemand bemerkt noch Jahre.“

 

Marcel starrte noch eine Weile auf das Bild, um dann nach etwas zu suchen. Gleich darauf kehrte er mit etwas in der Hand zurück. Er meinte, das Stück Papier mit vielen darauf gekritzelten Linien sei ein Plan der Umgebung. Durch das nun eingeschaltete Licht erkannte Daeng tatsächlich ein Abbild der Gegend – und den Gebirgszug, auf dem etwas sein musste. Dahinter breitete sich das große Unbekannte aus. Marcel setzte sich neben ihn, breitete sich mit den Armen auf der Rückenlehne aus und war ebenfalls der Meinung, dass sich dort etwas verbarg.

 

Daeng legte das Blatt zur Seite und spielte sich wortlos mit den Fingern seines Sitznachbarn. Er nahm Blickkontakt mit ihm auf und versuchte ruhig zu bleiben, doch in seinem Inneren wurde es zunehmend heißer. Durch das Fenster drang trotz der dünnen Vorhänge kaum noch Licht herein, dafür ließ der Lichtschein im Haus das Bett in einem schummrigen Halbdunkel erscheinen. Was immer draußen geschah, in dieser Ecke war es sicher, trocken und warm. Der Regen war in ein stetiges Rauschen und Plätschern im Hintergrund übergegangen und beruhigte irgendwie das starke Kribbeln in seinen Händen. Wann, wenn nicht in genau diesem Moment, sollte er ihn fragen?

 

„Hast du hier auch …“, unterbrach Daeng die Stille und versuchte etwas anzudeuten. Sein Herz schlug schneller, und umso überraschter war er über sich selbst, als es Sekunden später wieder völlig ruhig wurde.

„Was?“

„Du weißt schon was.“

„Nein, was denn?“

„Kondome!“

 

Musste er ihm alles erklären? Vielleicht war es doch keine gute Idee. Andererseits, vielleicht war er noch zu nervös? Er war manchmal selbst ein bisschen unruhig, nicht wirklich, aber …

 

„Oh, das …“, entgegnete Marcel, „ja, also ich bin mir nicht sicher, da waren Zahnbürsten und Rasierer, und Seife, und …“

 

Nun schien sein Gefährte unruhiger als er zuvor zu sein. Daeng unterbrach ihn, indem er ihn sanft streichelte, und die Bewegung wurde erwidert. Was wäre, wenn … er würde das niemals machen, aber etwas sagte ihm, dass er hier … und was würde er dazu sagen?

 

„Andererseits“, wurde Daeng leiser, „ich habe immer aufgepasst, vor einem Monat sogar einen Test gemacht, nur zur Sicherheit.“

 

Ein lauter Knall von draußen schreckte ihn auf und eine tiefe Erschütterung durchdrang alles. Der Regen brachte sich wieder mehr in Erinnerung, prasselte noch stärker von allen Seiten gegen die dünnen Wände – doch sie hielten.

 

„Siehst du, da kommt schon die Warnung – also wenn du …“, reagierte Marcel ruhiger, als Daeng gedacht hatte.

„Aber du hast sicher auch immer aufgepasst, oder?“

„Ja sicher, mit irgendwelchen Leuten, die ich gerade erst getroffen habe“, begann Marcel zu stottern, „… das geht einfach nicht. Außer …“

„Ja, was?“

„Wenn ich jemand schon länger kenne und vertrauen kann … oder wie lange kennen wir uns jetzt schon?“

„Drei Tage?“, erwiderte Daeng nach kurzem Nachdenken.

„Nein im Ernst, wir sollten wirklich vernünftig bleiben.“

„Was ist hier noch vernünftig?“

 

Wenn jemand anders so dahergekommen wäre, hätte er die Flucht ergriffen. Doch er wusste, dass er sauber war, und was außer Vertrauen sollte zwei Männer in dieser Situation zusammenhalten? Was auch immer ab diesem Moment geschehen würde, es war richtig, beschloss Daeng für sich.

 

Marcel deutete ein paar Gesten an, ließ nur eine knappe, enge Unterhose an und warf sich auf das Bett. Auf dem Rücken lag er dort und streckte sich aus. Daeng überlegte nicht lange und presste sich auf ihn, nur in seinen Shorts mit nichts darunter. Seine Lippen fanden die seines Gespielen, die Zungenspitze ebenso. Irgendwie schien er kaum noch Luft zu bekommen, und der Inhalt seiner Unterhose ebenso. Er schien sehr erleichtert, als Daeng ein bisschen mehr locker ließ. Trotzdem spürte er, wie sich seine Bauchmuskeln an dem Körper unter ihm rieben. Er mochte das Gefühl, wenn er sie kurz einzog und spielen ließ.

 

Irgendwie kämpfte sein Gegenüber mit ihm, und er wälzte sich von ihm und drückte sich seitlich von hinten an ihn. Auch die Hose von Daeng konnte nichts mehr verheimlichen, und er ließ es Marcel spüren. Manchmal erschrak er beinahe über sich selbst, weil er ohne große Mühe jemand festhalten konnte. Seine Kraft würde er an diesen Ort, wo immer er genau war, sicher noch für ganz andere Dinge einsetzen können. Er gab nach und hätte das nicht so leichtfertig tun sollen, denn nun drehte sich alles in die Gegenrichtung zur Seite.

 

Daeng spürte, wie sich Marcel an seinen Hintern drängte. Durch zwei Schichten dünnen Stoff getrennt vollführte er mit schnellen Bewegungen, was vorhin bei ihm selbst nur durch seine Gedanken gegangen war. So herum war es nicht ganz, was er mochte, oder doch? Er konnte doch nicht … oder wäre es … ? Daeng musste einfach lachen, als er das laute Stöhnen vernahm, und versuchte es zu unterdrücken.

 

Er spürte eine große innere Leichtigkeit, als er wieder neben Marcel lag. Alles war in diesem Moment möglich, warum nicht auch, ganz zart zu bleiben? Daeng nahm die sanfte Berührung durch die längst nicht mehr fremden Fingerspitzen in sich auf und gab sie gleichzeitig wieder zurück. Er schloss die Augen und bemerkte, wie ihm seine Hose ausgezogen wurde – na endlich. Auch sonst hatte er selten Schwierigkeiten, doch die flüchtigen Berührungen mit Fingern und Zunge richteten bei ihm noch mehr auf. Konnte es sich noch besser anfühlen? Daeng ließ seinem Lustschrei freien Lauf und lehnte den Kopf noch mehr zurück.

 

Marcel zog sich komplett aus und kniete sich über ihn. Sein Gesicht erschien irgendwie zur Hälfte im Dunkeln, und strahlte keine Angst oder Unsicherheit aus – sondern Vorfreude? Hätte er auch noch leise gestöhnt oder etwas gehaucht, wäre es womöglich im stetigen Rauschen und Rumoren des Gewitterregens untergegangen. Daeng spürte, wie sein stahlharter und noch ein bisschen nasser Liebespfeil die Nähe der Gefahrenzone berührte.

 

Marcel beugte sich nach unten und verzog das Gesicht noch mehr. Was sollte das werden? Wollte er nun oder nicht? Daeng wurde unruhiger. Er wollte jedenfalls, und gab es seiner Versuchung mit einem langen, hoffentlich eindeutigen Blick zu verstehen. Leichte Anspannung ging in ein warmes Prickeln über, als ein kurzer, tiefer Kuss alles besiegelte. Marcel richtete sich auf – und was machte er da? Es sollte mit sehr viel Spucke funktionieren, aber …

 

Daeng spürte eine Hand an sich. Seine Spitze wurde herumgeführt, strich einige Male um den Zugang zum Paradies und drängte sich näher. Die Haut fühlte sich sehr heiß und weich an, und feuchter als erwartet. Daeng drängte sich noch näher – und spürte das Eindringen. Noch ein bisschen mehr, ganz zart – und plötzlich war er drin. Ein Zucken und Zittern, kaum merklich aber doch, verriet ihm, zu schnell gewesen zu sein. Er zog sich beinahe zur Gänze zurück und spürte deutlich das Pochen, das ihn umschloss. Daeng atmete ganz ruhig durch, blieb nur ein bisschen so liegen.

 

Erneut schritt er zur Tat, und dieses Mal fühlte es sich anders an. Nichts hielt ihn auf, als er den ersten Widerstand überwand, und er drang weiter in die heiße Enge vor. Er war komplett mit seinem Partner vereint, ihm so nah wie es möglich war – und merkte, wie sich dieser nicht einfach nur ruhig nehmen ließ. Die Stöße von Daeng und die Bewegungen von Marcel verbanden sich zu einem wilden Ritt, der zunehmend im Schweiß versank. Daeng spürte, wie sich zwei Hände auf seinem Oberkörper klammern wollten und nicht so recht Halt fanden. Wieder durchfuhr ihn dieses Gefühl, ob das alles richtig war, ob er mit diesem süßen Mann nicht einfach nur kuscheln hätte sollen. Doch er war ein Mann, der wusste was er wollte, wenn ein anderer wollte. Wenigstens schien Marcel nicht einer von diesen Typen zu sein, die geschlagen oder gefesselt werden wollten.

 

Daeng wurde schneller, bekam bei jedem Stoß genau, was er wollte. Die unruhigen Hände an sich verstärkten das Kribbeln und das große, mächtige Gefühl, das kaum noch zu bändigen war. Bei Marcel sah es ebenso nicht übel aus, wie eine Handberührung ständig wieder bestätigte. Ob er ihm noch viel helfen musste oder konnte? So wie der zuckte und atmete, würde es womöglich ohne Hände …

 

Es erwischte Daeng mit voller Wucht, seine Beine konnte er nicht mehr kontrollieren, und sein Saft schoss in seinen Partner. Er bekam es kaum noch mit, doch passierte in diesem Moment noch etwas? Alles wurde feucht und heiß, Muskeln zuckten, der Höhepunkt schien kein Ende zu nehmen. Nur langsam verschwand das ziehende Gefühl und ließ wohlige Wärme zurück, verstärkt durch einen anderen Körper.

 

Daeng starrte auch nach einigen Minuten noch mit halboffenem Mund nach oben. War er immer noch drin? Marcel schien es gut zu gehen, sehr gut? Hatte er wirklich gerade …? Regnete und donnerte es noch? Toll, er sollte mit ihm bald in die Dusche gehen, so wie er … aber Hauptsache, er würde hier mit ihm schlafen.

 

* * *

 

Katja

 

Katja dachte nochmals an den schwachen Lichtpunkt. Sogar während des Gewitters hatte sie ihn in der nicht ganz flachen und endlosen hügeligen Landschaft deutlich gesehen, die sie von einem Punkt weiter vorne überblicken konnte. Ob dort noch ein Bauwerk wie die Sendestation hier war? Warum hatte niemand an ein Fernglas oder ein Zoom-Objektiv gedacht? Irgendwann war das Licht auf einmal weg gewesen. Wenn es nicht jemand von den beiden vermissten Männern war, musste jemand anders dahinterstecken. Die, die auch hinter der Reise steckten?

 

Empfangen hatte sie zusammen mit Sunny aus dieser Richtung nichts, trotz langem Herumprobieren an den Geräten. Eines der Antennenfelder sendete in diese Richtung, genau dieses Testsignal, das sie kannte. Die Sendeleistung war aus irgendeinem Grund viel schwächer, als sie sein konnte, und ließ sich immerhin etwas mehr aufdrehen. Aus einer anderen Richtung kam etwas an, weder von dort noch vom Lager der Reisegruppe. Es entsprach ungefähr dem, was in ihrem Auftrag besprochen worden war. Doch sie wusste noch nicht einmal sicher, ob dieser Reiseleiter vielleicht wieder zurück war, uns sie sich herausreden musste, wo sie war – und ihr Begleiter.

 

Er hatte ihr versprochen, sie zu massieren, gleich am nächsten Morgen. Es war nichts, dass sie am späten Abend nach all dem Herumgetue noch schnell erledigen wollte. Sie würde ihn nicht daran erinnern, wenn er es vergessen sollte. Ob er die Flasche mit dem Öl einfach dezent einpacken würde?

 

Der kleine asiatische Mann schlief auf einer der beiden Matten, die gerade so nebeneinander auf dem Boden der Blechhütte passten. Er trug nur seine Hose, sie hingegen beinahe ihre ganze Kleidung. An sich konnte sie ruhig auch nur eine knappe Hose tragen, doch das wollte sie ihm nicht zumuten – erst am nächsten Morgen.

 

 

Kapitel 8 – [Massage Sunny-Katja / Wanderung Daeng-Marcel zum Sender]

 

- Aufwachen Daeng / Marcel und Beschluss zum Aufbruch

 

- Katja wacht halt später auf, macht sich frisch, dann Massage, dann „knapper“ Aufbruch bevor Daeng-Marcel auftauchen

 

 

- Sunny massiert sie, und ***** sie vielleicht, nur vielleicht, es fühlt sich nur so an … oder sie *******? … beim Sender oder direkt in der Nähe.

 

 

 

[wird fortgesetzt - Ende von "Projekt 42, Teil 1" ist voraussichtlich zeitlich beim Ende von "Projekt 43, Teil 1" angesiedelt]

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Bildmaterialien: Pixabay
Tag der Veröffentlichung: 07.01.2016

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