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Wilkesland

Wilkesland

 

Ingo blieb stehen als er erkannte, dass die Spuren denen er folgte verweht waren. „Was ist los?“, rief Carsten und wollte wissen, warum er anhielt. „Ich hab sie verloren!“, grummelte Ingo. „Ausgerechnet jetzt, wo wir doch schon fast da sind!“ Carsten setzte die Schneebrille ab und schaute in die von Schneekristallen geschwängerte Luft. Keine zwei Meter weit konnte man blicken. Er klopfte Ingo auf die Schulter und lobte ihn, dass er es überhaupt so weit geschafft hatte, den Fuß und Schlittenspuren des ersten Teams zu folgen. „Zum Schluss gewinnt die Antarktis halt immer! Den Rest dann mit GPS!“, wies er Ingo an. Sichtlich enttäuscht griff Ingo in seine Jacke, um das Gerät hervor zu holen. Eine halbe Minute später hatte er ein Signal vom Satelliten und die Gruppe konnte ihre Reise fortsetzen. Der Rest vom Team erkundigte sich bei Carsten, dem Leader der zweiten Gruppe, nach dem Grund der Verzögerung, um danach kopfnickend wieder zurück in die Formation zu gehen.

 

Das Klima im Osten der Antarktis war für diese Jahreszeit ungewöhnlich harsch. Zwar herrschte Spätfrühling, und damit bereits Polartag, aber bei -40°C und einem schweren Sturm der Schneeverwehungen brachte, war bis auf das wenige Licht, welches den Boden erreichte, nicht viel davon zu merken! Die beiden Teams die zum Wilkesland Krater unterwegs waren, konnten sich aber auch mit diesen Bedienungen anfreunden. Waren sie doch mit die Besten auf ihrem Gebiet. Abgehärtete Forscher, von denen jeder schon mehrere Jahre an den Polen der Erde verbracht hatte und welche sich einen Namen unter den renommierten Forschen der Welt gemacht hatten. Namenhafte Geophysiker, Biologen, Chemiker und weitere Fachrichtungen, waren unter den ausgewählten beteiligten dieser Mission. Einer Mission die vielleicht, wie keine zweite, Aufschluss über die Geschichte der Erde zu erbringen vermochte. Die Exploration des Wilkesland Kraters. Des größten Asteroidenkraters, welchen die Menschheit je entdeckt hatte! 500 Kilometer im Durchmesser maß er und zerklüftete vermutlich die Kontinentalplatten dermaßen, dass sich das heutige Australien von dem damaligen Großkontinent Gondwana separierte. Diese Theorie wurde nach der Entdeckung des Kraters vorgeschlagen und musste sich nun einer Belastung stellen, nachdem es in einer globalen Zusammenarbeit gelungen war, einen über 3000 Meter tiefen Schacht durch den Eispanzer der Antarktis zu treiben und in einem Stollensystem, einen Teil des Kraters begehbar zumachen.

 

Aus unzähligen Bewerbern hatte die Weltgemeinschaft nun jene 16 Menschen ausgewählt, um eine Antwort auf die unzähligen Fragen zu finden. Fragen die der Menschheit wieder einmal vor Augen führte, wie unwissend sie doch eigentlich war, was die Geschichte der Menschheit der Erde, ja des Universums anging. Aber mit der Neugier, welche den Menschen motiviert, sollte nun ein weiteres Puzzleteil um die Geschichte der Erde gelöst werden!

 

„Die Hunde werden langsam müde Carsten. Wir sollten vielleicht unser Nachtlager aufschlagen und den Tieren eine verdiente Pause zu gönnen. Du weißt besser als ich, dass dieser Kontinent keine Fehler verzeiht.“, mahnte Christoph, der Chemiker des Teams. Carsten, der Biologe der zweiten Gruppe besprach sich mit dem Geophysiker Ingo, welcher das Team durch den Sturm navigierte. Nach einer kurzen Unterhaltung mit Ingo gab er das Signal zum halten und zum Aufbau der Zelte. Scheinbar war der Weg, welchen es noch zurückzulegen galt, zu weit für die Schlittenhunde und unnötiges Risiko würde sich hier niemals auszahlen.

 

Mit Erleichterung nahm der Rest des Teams die Entscheidung des Chefs auf und machte sich daran die Zelte aufzubauen und die Hunde zu verpflegen. „Wir sind erstaunlich weit gekommen, wenn man sich das Wetter vor Augen führt!“, rief Christoph zu Carsten, der gerade dabei war einen Zelthering in das Eis zu versenken. „Oh ja! Die letzten 12 Kilometer schaffen wir morgen locker! Auch wenn das Wetter so schlecht bleiben sollte. Ingo ist ein guter Navigator, auch ohne GPS. Das erste Team ist übrigens schon am Schacht. Aber das hier ist ja kein Wettlauf oder?“, fragte Carsten. „Nein ist es nicht!“, antwortete Ingo, der sich in die Runde gesellte. „Es war die richtige Entscheidung zu übernachten. Tiefgefroren nützen wir niemanden etwas!“, sagte Christoph und machte sich wie die anderen wieder an die Arbeit die zwei Zelte aufzubauen.

 

Trotz einiger Schwierigkeiten aufgrund des starken Windes, gelang es dem Team relativ zügig die Zelte aufzubauen und in ihnen Schutz vor dem ungemütlichen Wetter der Eiswüste zu finden. Nicht der Stand der Sonne bestimmte die Tageszeit, sondern die Uhrzeit. Es wurden einige mitgeführte Konservendosen geöffnet und sich für den nächsten Tag gestärkt, bevor es nach einem unterhaltsamen und humorvollen Plausch, wohlverdient in die Schlafsäcke ging. Das Ziel war zum Greifen nah und morgen würden sie es erreichen, die Männer und Frauen des zweiten Teams, sagte man sich.

 

Wie erwartet, mussten sich die Forscher am nächsten Morgen aus dem Schnee befreien. Doch wurden sie mit strahlenden Sonnenschein und blauen Himmel empfangen. Die sanften Schneehügel in der Umgebung verrieten wo sich die Huskys zum ausruhen hingelegt hatten. Mit einem beherzten Pfiff weckte der Mediziner Marc die Schlittenhunde, die sogleich aufsprangen und angelaufen kamen. Nachdem sich Hund und Mensch gestärkt hatten, war es an der Zeit die Zelte abzubrechen und die letzten 12 Kilometer bis zum Eingangsschacht des Wilkesland Kraters zu stemmen. Ingo stellte sich auf die Kufen des Schlittens und gab das Signal zum Aufbruch. 90 Minuten waren für den Weg geplant. Das schöne Wetter machte die Planung realistisch. Auch wenn die Sonne sich nur wenig über den Horizont stemmte, war ihre Strahlung doch warm und aufmunternd. Ein Segen für die von tagelangen Stürmen geschundenen Forscher, welche das Sonnenbad sichtlich genießen konnten.

 

„Ich kann den Turm sehen!“, rief Carsten in die Runde. „Ja, wir sind gleich da! Endlich!“, antwortete Ingo erleichtert. Da die Gruppe am heutigen Tage noch nicht mit den Untersuchungen beginnen würde, freute man sich auf einen freien Tag im Schutze der Einrichtung. Vernünftiges Essen würde sie erwarten, sowie Tee und Gebäck. Fachsimpeln unter Kollegen und ein richtiges Bett! Man konnte die Stimmung unter den Forschern nur als ausgelassen bezeichnen und als Ingo als Erster den Eingang zum Schacht erreichte, schienen sich ihre Erwartungen auch zu bestätigen.

 

„Willkommen in Wilkesland Herrschaften. Die erste Forschergruppe ist schon gestern eingetroffen. Wir hatten auch sie schon gestern erwartet.“, sagte der schlanke, sportlich wirkende Mann am Eingang zum Schacht. „Im Ernst!?“, fragte Christoph verwirrt und zeigte auf die Pistole, welche der Wachmann hab verdeckt an der Hüfte trug. „Ist schon auffällig, wenn man bedenkt wo wir sind. Hier gibt es gar nichts wovor Sie sich zu verteidigen hätten.“, ergänzte Ingo. „ Ja verstehe … Diese Diskussion hatte ich Gesten schon mit Ihren Kollegen geführt, und ich werde sie heute kein weiteres Mal führen. Folgen sie mir, bitte.“, sagte der Wachmann, der nun anhand seiner Abzeichen als Soldat zu erkennen war. „Überaus gastfreundlich ...“, brummte Carsten, als wir uns in den Aufzug begaben.

 

Mit 10 Metern pro Sekunde ging es in den fast 2500 Meter tiefen, dunklen Schacht hinab, wo nach der ca. 6 Minütigen abfahrt der Aufzug zum stehen kam. Die Tür sprang auf und die Forscher waren immer noch sichtlich damit bemüht, einen Druckausgleich zwischen Außen und Innenohr herzustellen. Die Temperatur war hier mit nur wenige Grade unter Null recht angenehm und bis auf einen leichten Zug, welchen die Wetteranlage zur Belüftung des Stollens erzeugte, windstill.

 

Zögernd verließ die Gruppe den Aufzug, der nach dem schließen seiner Tür, wieder nach Oben fuhr. Zur Verwunderung seiner letzten Fahrgäste. Der spärlich beleuchtete Gang, welchem sie folgten, machte keinen gastfreundlichen Eindruck und auch

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 16.09.2014
ISBN: 978-3-7368-3955-7

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