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Der Anfang vom Ende

NGC 3372

 

 

Wenn man durch einen Asteroidengürtel fliegt und nur noch das Hämmern der Mühlen und das Rattern der Siebe hört, wünschte ich mir, dass doch ein Brocken die Mühlen zerstört.

Nicht weil ich die Arbeit hasse, sondern weil die Reparaturen uns vielleicht eine Woche Aufschub

gewähren würden. Ein Schürfer durfte nur voll beladen andocken.

 

Das Hämmern und Dröhnen der Maschinen war ein Segen verglichen mit dem, was uns auf der Heimatbasis

erwartete.

 

Wir waren im Sektor NGC 3372 der Carinanebel. Der Stern, um den sich der Asteroidengürtel

erstreckte, war Eta-Carinae.

Ein Blauer Hyperriese, der sich im Wolf-Rayet Stadium befand.

Er hatte seinen Lebenszyklus fast beendet und neigte zu gigantischen Gas und Strahlungsausbrüchen.

Der Wolf wie er hier genannt wurde dominierte alles. Erwachte er so konnte kein Schiff mehr an noch abdocken, ohne das die Besatzung sofort von der Strahlung getötet worden wäre.

Viele Menschen fanden auf diese Weise den tot. Auch, weil das Konglomerat sich weigerte das marode Frühwarnsystem zu waten. Warum wahren wir überhaupt hier?

 

Als Heliee unsere Astrogeologin mir über Funk klar machte, dass sich in dem Erz eine hohe Nyobdin Konzentration befände, holte sie mich damit aus meinen Gedanken und Ernüchterung machte sich bei mir breit. Die Daten auf meinem Bildschirm ließen keinen Zweifel. In drei Tagen würden wir wieder auf der Heimatbasis sein. Verdammt!

 

Nyobdin! Deshalb waren wir hier in diesem verfluchten System. Ein Element, das die Menschen zu Höchstleistungen motivierte, ob nun in Edelmut oder grenzenloser Gier!

Nyobdin kann nur in einem Wolf-Rayet Stern erbrütet werden. Kein anderer Sternen Typ im Universum ist in der Lage solch hohe Energiedichten zu erzeugen um Nyobdin hervor zu bringen.

Der Sonnenwind entreißt dem Stern, zusammen mit sämtlichen anderen Elementen das Nyobdin und beschichtet damit die Asteroiden in seinem System.

Benötigt wird es zur Erzeugung von Antimaterie. Mit geringen Aufwand, kann man mit Nyobdin im Teilchenbeschleuniger, größere Mengen Antimaterie herstellen.

 

Die Entdeckung dieses Phänomens kostete Hunderttausende das Leben.

 

Kreise mit Macht begehrten mehr Macht und wer das Nyobdin unter seine Kontrolle bringt, besitzt die Macht.

 

Das Konglomerat ist ein Zusammenschluss elitärer Kreise, welches seit über 800 Jahren besteht. Mächtige Familien, Clans und Firmenimperien verteilt in alle Winkel der besiedelten Galaxis. Geeint in ihrem Streben nach Macht und Anspruch.

 

Dieses Sternensystem, die Heimatbasis, das Schiff ja selbst wir standen im Dienste des Konglomerat.

Wir alle wurden in ihrem Hoheitsgebiet geboren und dies machte uns de facto zum Bestandteil ihres Inventars.

 

Nein, weder waren wir Sklaven noch Leibeigene. Rechtlich zumindest. Realistisch gesehen waren wir aber nichts anderes als bezahlte Sklaven. Du brauchst nicht für sie zu arbeiten. Jedoch, brauchen sie dich dann auch nicht zu beherbergen oder zu verpflegen.

In einem System zu leben, welches 2 Lichtjahre von der nächsten Planetarischen Besiedlung entfernt liegt verpflichtet.

Es wäre mehr als nur dumm, es sich hier mit dem Konglomerat zu verscherzen. Und darum arbeiteten wir alle auf unserem Erzschürfer. Der Nem-Isis.

 

Dies in dem wissen, dass wir unsere Peiniger Tag um Tag mächtiger machten, ohne auch nur im geringsten angemessen dafür entlohnt zu werden.

Dabei spielte das Geld für uns eine untergeordnete Rolle. Uns ging es um bessere Lebensbedingungen, für die Menschen allgemein, in diesem System.

Zwar mussten wir zugestehen, dass es Fortschritte in diese Richtung gab, jedoch war uns allen auch klar, dass dies nicht im geringsten Verhältnis zu den Einnahmen stand, die durch uns erwirtschaftet worden waren.

 

Diese Tatsache spiegelte sich in den enttäuschen Gesichtern meiner Mannschaft wieder als Heliee uns von der hohen Nyobdin Konzentration im Asteroidengestein berichtete.

 

Die gesendeten Messdaten ließen mich erstaunen. 500 mg Nyobdin auf 1 kg Trägergestein.

So weit draußen wie wir waren, war eine solch hohe Konzentration nicht zu erwarten. Vielleicht ein Messfehler dachte ich mir.

Ich beschloss zusammen mit meiner Mannschaft Heliee einen Besuch abzustatten, um einen Blick auf die Probe zu werfen.

 

Normalerweise war ein Fußmarsch von der Brücke zum Frachthangar, ein sehr beschwerliches Unterfangen. Jedoch hatten wir mit unserem Chefmechaniker Joe Winters, einen absoluten Volltreffer gelandet. Er ließ es sich nicht nehmen während der letzten viereinhalb Jahre, die wir nun zusammenarbeiteten, das Schiff neu zu erfinden.

Wo es möglich war hatte er die Nem Isis optimiert und komfortabel ausgestattet. Alleine die vergrößerten Schleusen und die erneuerte Lebenserhaltung waren ein Traum.

So war es uns möglich Heliee binnen 15 Minuten zu erreichen. Immerhin waren gut 750 m zu überwinden.

 

Als sich die Schleuse des Frachthangars vor uns öffnete, kam uns Heliee schon freudestrahlend, mit der Probe in der Hand entgegen. Noch bevor ich ein Wort der Begrüßung sprechen konnte, passierte das worüber wir uns schon auf dem Weg hierher lustig gemacht hatten.

Aufgeregt und aufgedreht prasselten Ihre Sätze und Fetzen dieser auf uns ein...

 

Seit 6 Monaten war Heliee Vanguard nun ein Mitglied meiner Mannschaft und diente auf der Nem Isis. Die Astrogeologie war Ihr Leben. Zumindest zu diesem Zeitpunkt, denn mit ihren 19 Jahren hatte sie noch nicht wirklich etwas erlebt, was Ihr ihre Naivität und Romantik hätte nehmen können, mit der Sie ihre Arbeiten erledigte.

Ich bin mir sicher, dass der Rest meiner Mannschaft zusammen mit mir neidisch auf ihre Unbeschwertheit war.

Vielleicht war das der Grund warum Heliee noch nicht Ihren Platz bei uns gefunden hatte und wir Sie nicht mit der angebrachten Wärme behandelten, die Ihr aufrichtiger und gutmütiger Charakter verdient hätte.

 

Bei unserer ersten Begegnung vor 18 Monaten war Heliee weder forsch noch redselig.

Vor meiner Apartment Tür stand ein 17 Jähriges verkrampftes und schüchternes Mädchen, das um 10 Minuten meiner Zeit bat.

Als ich dies mit der Begründung, dass ich sie weder kennen würde, noch wüsste was sie wollte ablehnte, brachte ich Sie dermaßen aus dem Konzept, dass Sie mir zitternd und stotternd versuchte klar zu machen, dass es um ein Praktikum auf der Nem Isis gehen würde.

 

Mit einem Glas Wasser in der Hand erzähle mir Heliee nun 2 Stunden lang ihre Lebensgeschichte, verziert mit ihren Vorstellungen und Träumen für die Zukunft.

Letztendlich übergab Sie mir noch ein Empfehlungsschreiben von Professor Richard Compton, der Heliee als qualifiziert aber verpackt auch als Naiv richtete. Mir war klar, dass eine Dosis Realität dieses Problem zu lösen vermochte und nahm an.

 

Als Sie nun so vor mir stand und mich mit Ihren nicht enden wollenden Wortschwall in Trance redet, wurde mir eine Sache klar. Die Introvertierte und schüchterne Heliee war Geschichte! Ein klarer Erfolg den wir verbuchen konnten.

Insgeheim hoffte ich, dass Sie Ihre romantischen Ansichten beibehalten würde. Denn nur weil wir mit Ihrer Frohnatur nicht zurecht kamen, brauchte Sie diese entspannende Eigenschaft nicht aufzugeben.

 

Erst als Sid mit fester Stimme und dem Ausruf „ Moin Heliee“ einschritt, wurde es still im Frachtraum und die Trance wich von mir.

 

„Ich weiß das Ich eine Quasselstrippe bin aber diese Probe wirft Fragen auf!“, entgegnete Sie.

 

Als Sie mir die Probe in die Hand gab, wusste ich sofort was Sie meinte.

Die Probe war schwer, sehr schwer sogar. Die errechnete Metallizität der Probe lag bei unglaublichen 40%. Einen solchen Brocken hätte ich vielleicht mit Glück im ersten Hauptring erwartet aber auf keinen Fall im Dritten!

 

Eine Lichtwoche waren wir vom Wolf entfernt und aus dieser Entfernung kondensierten nur noch leichte Silikate aus dem Sonnenwind und dem Planetarischen Nebel. Zwar war der Sonnenwind des Wolf enorm aber selbst dieses Monster war nicht in der Lager so schwere Elemente in solch hohe Umlaufbahnen zu befördern.

 

Heliee hatte nicht übertrieben. Die Probe war etwas Besonderes und bedurfte der weiteren Abklärung auf unserer Heimatbasis Rayet33.

Bei einer so hohen Nyobdin Konzentration währe der Schürfer in errechneten 40 Stunden randvoll gefüllt gewesen. Und die Rückreise zur Rayet33 hätte ca. 5 Stunden gedauert.

Mit einer derartigen Entdeckung war ich schon fast froh wieder an der Rayet33 anzudocken.

Der einzige Wissenschaftler der meiner Meinung nach in der Lage war schnell eine plausible Erklärung für dieses Phänomen zu liefern, war Professor Richard Compton.

 

Heliees Förderer und langjähriger Freund meiner Familie. Ihm hatte ich es auch zu verdanken, dass ich ein Kapitänspatent abgelegt hatte.

Seiner Hingabe und Geduld hatte ich es zu verdanken, dass ich nicht auf der Rayet33 gefangen war.

 

Auf den Weg zurück zur Brücke nahm Tory, Joe in den Arm und dankte ihm für die hohen Schleusen und Gänge die er extra für sie umgebaut hatte. Es war ein skurriler Anblick, der sich uns bot.

Ein weiblicher Mutant von nicht weniger als 2,30 Meter Körpergröße legte Ihren Arm um einen 1,70 Meter großen Mann. Ihre grün-gelbe Hautfarbe rundete das Schauspiel ab. Als er nun seinen Arm um Ihre Taille legte, war es Perfekt!

Es war keine Romanze welche die beiden Verband sondern ihr gemeinsames Schicksal.

Ein Schicksal, das von Verlust, Vereinsamung und sozialer Verwahrlosung geprägt war.

Zusätzlich zu Joe bekam Tory nicht nur die gesellschaftliche Härte des Konglomerat zu spüren, sondern auch ihre Physische.

 

Als Tory Stargazer vor 32 Jahren das Licht der Welt auf der Rayet33 erblickte, wussten Ihre Eltern sofort dass es ein Grausames für ihre Tochter sein würde.

Die Strahlung des Wolf lies sich auf der Rayet33 auch durch magnetische Sperrfelder nicht gänzlich abschirmen. Fast 5% aller Lebendgeborenen auf Rayet33 waren von Mutation betroffen. So auch Tory.

Mutationen unterlagen laut Gesetz im Konglomerat der

Zwangsabtreibung. So, dass werdenden Müttern nichts weiter übrig blieb, als illegal auszutragen.

Bei der Erstuntersuchung konnte man noch auf die Gnade oder die Korrumpierbarkeit des Arztes hoffen. Spätestens im Kreißsaal wurden diese Hoffnungen jedoch durch anwesende Funktionäre des Konglomerat zerstört. So geschah es dass „unerwünschte Geburten“ heimlich und unter katastrophalen hygienischen Bedingungen zustande kamen. Nicht selten unter dem Verlust des eigenen Lebens trugen diese Mütter ihre Kinder aus.

 

Tory Stargazer hatte schwerste Mutationen. Ihre Augen waren bis auf die Violette Isis komplett Schwarz. Ihre Haut war unter normalen Umständen gelb-grün und in der Lage ionisierende Strahlung abzuschirmen. Mit ansteigender Strahlenbelastung änderte sich ihre Hautfarbe zu Schwarz hin, bis sie unter höchster Belastung blau-violett fluoreszierte.

Torys Sehbereich deckte das Spektrum von Infrarot bis einschließlich Ultraviolett ab.

Durch eine optimale Anordnung der Muskelzellen war es Tory möglich ein Vielfaches dessen zu bewegen was ein Muskel überhaupt physikalisch leisten konnte.

 

Ihre Mutter starb ein Jahr nach Ihrer Geburt an den Spätfolgen dieser.

Torys Vater versteckte sie danach erfolgreich ein weiteres Jahr vor dem Zugriff des Konglomerat.

 

Er hatte als Vermessungstechniker einen entschiedenen Anteil an dem Erfolg der Kolonie Rayet 33. Seinen Bemühungen zufolge, konnte die Effizienz der Erzschürfer durch Neuberechnung der Flugrouten um 10% gesteigert werden.

Corwin Stargazer starb am 14.05.170 AR. Zusammen mit seiner Mannschaft und 835 weiteren Personen bei Vermessungsarbeiten im 3. Asteroiden-Innenring um den Wolf, als dieser den Größten bis dahin erzeugten Strahlungsausbruch emittierte, den man in den letzten 250 Jahren beobachtet hatte.

 

Das Asteroidenfeld welches Stargazers Mannschaft untersuchte, wurde ihnen zu Ehre nach dem Schiff benannt in dem sie ihr Leben ließen. Das Ikarus Feld.

 

Als ein Reinigungstrupp Stargazers Quartier räumte um Platz für seinen nächsten Bewohner zu schaffen, wurde Tory entdeckt. Alsbald sie in den Händen des Konglomerat war, begann ihre Tortour. Sie war mit ihren Mutationen, die keine Einschränkung der Lebensfähigkeit nach sich zogen, nicht bloß ein Mutant, sondern eine völlig neue Spezies, die es zu untersuchen galt.

Da Tory, als Mutant, rein rechtlich nicht als Mensch im Gesetz verankert war, gab es bis auf die vorsätzliche Tötung kein Recht, was sie hätte vor diesen Barbaren schützen können.

Über Jahre hinweg hatte man versucht Tory zu klonen, um den perfekten Soldaten zu erschaffen. Das Potenzial oder besser das Kapital, was in diesem Mutanten ruhte, war dem Konglomerat nur zu gut bewusst. Ob Arbeiter oder Soldat. Absolute Überlegenheit!

 

Den Besten Genethikern ihrer Zunft, war es nicht möglich Tory zu klonen und das Geheimnis ihrer Beschaffenheit gänzlich zu lüften. Versuche ihre DNS mit der eines Menschen zu kreuzen, verliefen ebenfalls erfolglos.

Die sogenannten Belastungstests, sollten sich jedoch für Tory zu einer Folter hoch steigern, welche sie auf ewig verfolgen sollte.

„Mechanische Belastungsprüfung“ mit Eisenstangen. Verbrennen mit Feuer und Trockeneis, als auch Säurebehandlungen, um nur einige aufzuzählen. Als Tory mit 12 Jahren ihren ersten Eissprung bekam, blieb nur noch ein Akt übrig um dieses Barbarische Werk zu vollenden.

 

Die Sterilisation von Tory hatte nur einen Grund, der auf Wahrscheinlichkeit beruhte.

Sollte es trotz der sämtlicher Testergebnisse eine Restwahrscheinlichkeit für die natürliche Vermehrung geben, so war diese durchzuführen. Ein reiner Schutzmechanismus, sollte es Tory eines Tages schaffen sich dem Einfluss des Konglomerat zu entziehen.

 

Als man keine neuen Erkenntnisse mehr aus ihr ziehen konnte, beschloss das Konglomerat wenigstens einen Teil der investierten Forschungskosten aus Tory herauszupressen.

Professor Richard Compton wurde zu Ihrem Vormund bestimmt, um sie zum Kommunikationsoffizier ausbilden zu können. Anschließend sollte sie Dienst auf einem Erzschürfer verrichten.

 

Als Professor Compton mir die Akte Stargazers gab und mich bat, Sie bei mir in die Mannschaft aufzunehmen, war ich alles andere als begeistert. Das Risiko einen 2,30 Meter großen Mutanten an Bord zu haben, der zudem noch unter posttraumatischen Stress litt, war mir zu groß. Zudem währe Ihr es ein Leichtes gewesen die gesamte Mannschaft mit bloßen Händen zu töten sollte Sie eines Tages durchdrehen.

Compton tat das einzig Richtige. Er gab Tory meine Adresse.

 

Noch am gleichen Abend suchte Sie mich in meinem Quartier auf.

Als ich die Tür öffnete, fuhr mir ein solcher Schreck durch die Glieder, dass ich erst einmal einen Schritt zurückweichen musste.

 

„Sind Sie Cpt. Ami Vek?“, fragte Sie mich mit ruhiger Stimme. Nach kurzem Zögern bejahrte ich Ihre Frage sichtlich von Ihrer Erscheinung eingenommen. „Mein Name ist Tory Stargazer. Ich werde in Kürze mein Offizierspatent erhalten in der Fachrichtung Kommunikation. Professor Compton gab mir Ihre Adresse und meinte, dass Sie noch eine Mannschaft für die Nem Isis zusammenstellen. Ich hätte gerne gewusst, ob die Stelle noch zu besetzen ist?“

 

Ich weiß nicht, wie lange ich einfach nur da stand und Sie anstarrte, als Tory ihren Satz beendet hatte. Erst als Sie mich ein zweites Mal mit Cpt.Vek ansprach, bestätigte ich ihre Anfrage.

Ich bat Sie in mein Quartier und wir redeten über die zu vergebende Stelle. An diesem Abend, warf ich meine Befürchtungen Tory Stargazer betreffend hinter mich und stellte sie ein.

 

Die Zukunft sollte zeigen, dass dies die richtige Entscheidung war.

Es war erstaunlich das Tory trotz all der Qualen Ihren Lebensmut nicht verloren hatte und ihren Platz auf der Nem Isis fand.

 

Joes Freude über Torys Geste währte nur eine knappe Minute, als eine kleine Erschütterung und ein Knall unsere Aufmerksamkeit auf sich zog.

„Eine Kollision?“, fragte Sid. „Nein“, antwortete Joe Prompt. „Das war ein SLT“.

Als Joe den Schürflaser Transformator erwähnte, hatten wir alle eine Vorahnung. Mit den Worten „Bis später“ verabschiedeten sich Joe und Sid um den Transformator zu reparieren. Ich übernahm Joe´s Aufgabe und schritt Arm in Arm mit Tory zur Brücke.

Dort angekommen meldete sich Sid bei mir und bestätigte unsere Befürchtungen.

Heliee hatte den Laser, kurz nachdem wir den Frachthangar verlassen hatten, auf den metallreichen Asteroiden gewechselt, ohne dessen Frequenz neu zu modulieren.

Die Überlast veranlasste den Schiffscomputer dazu, die Transformator-Spule vom Energiekern zu trennen, damit dieser nicht zerstört wird.

Joe und Sid gelang es binnen 30 Minuten den SLT. mit dem Hauptreaktor zu synchronisieren und neu zu booten.

Einen solchen Anfängerfehler hätte ich von Heliee eigentlich nicht mehr erwartet. Scheinbar hatte die Probe Eindruck hinterlassen!

 

Unser erster Versuch mit Compton Kontakt aufzunehmen scheiterte. Sein Assistent Harry Waltan teilte uns mit, dass er sich auf eine Expedition befände, um dem Wolf weitere Geheimnisse zu entreißen. Seine aktuelle Position lag etwa 5 Lichttage von unserer entfernt.

Als Tory Kontakt mit der Horizon aufnahm, meldete sich Compton mit ausgekratzter und besorgter Stimme. Als er bemerkte wer ihn da sprechen wollte, schlug seine Besorgnis in Freude um.“ Ami Vek und Tory Stargazer! Schön euch zu hören! Was verschafft mir die Freude?“ „Der Fund eines anormalen Asteroiden im dritten Hauptgürtel. Heliee konnte dessen Anwesenheit nicht erklären.“, antwortete ich.

Auf meine Frage hin, ob er zu uns an Bord kommen wollte, um das Geheimnis der Probe zu lüften, reagierte er ungewohnt zurückhaltend. Er würde uns gerne Besuchen kommen aber die Vermessungsarbeiten des Wolf duldeten im Moment keinen Aufschub. Mit dieser Antwort hatte er mich sehr überrascht. Ich wusste dass er am liebsten sofort herkommen würde. Wenn er sich jedoch freiwillig im inneren Gürtel aufhielt, um den Wolf zu vermessen, gab es einen sehr guten Grund oder ein seriöses Problem.

Die dort herrschende Strahlung war sehr hoch und gefährlich. Es musste wirklich sehr wichtig gewesen sein.

 

Wie entschieden uns Compton eine Analyse der Asteroidenprobe zu übermitteln, die wir erstellt hatten.

Von Wasserstoff über Eisen bis Nyobdin waren alle Elemente in der Probe nachweisbar. Der Hauptanteil bestand aus Silizium, der Eisenanteil lag um die 15%.

Als Compton die Daten auswertete, sagte er schließlich zu, sich nach Abschluss seiner Untersuchungen auf die Reise zu machen.

„Über eine Tasse Earl Grey würde ich mich natürlich freuen Ami“, sagte der Professor noch.

„Sehr gerne Professor“, erwiderte ich.

 

Professor Compton hatte schon immer ein lebhaftes Interesse an meiner Hobby Teeplantage.

Ich kann es ihm nicht verübeln, denn der synthetische Tee war eine einzige Katastrophe.

Aber gutes Wasser zu finden war mindestens genau so schwierig. Bei unseren Einsätzen flogen wir regelmäßig in ein Kometenfeld um unsere Wasservorräte aufzufüllen, weil es das beste Wasser im Eta-Carinae System war. Wir brauchten es lediglich zu mineralisieren.

 

Auch Joe konnte ich von der Qualität meines Tees überzeugen. Ein guter Ersatz für Alkohol und andere Drogen die früher Joes Leben bestimmten.

 

Anfangs hatte ich Probleme damit, Joe größere Mengen losen Tee in die Hand zu geben, da man ihn problemlos auf den Märkten unter der Hand für Alkohol oder andere Drogen Tauschen konnte. Und jedes Mal war ich heilfroh, wenn er sich danach clean zum nächsten Einsatz meldete.

 

Jeder fünfte Bewohner der Rayet33 hatte im Laufe seines Lebens mindestens einen Suizidversuch hinter sich. 70% der armen Teufel waren dabei erfolgreich und ich wollte Joe nicht unter ihnen wissen. Er hatte zu viel Scheiße in seinem Leben gesehen und daher hatte ich ein wachsames Auge über ihn.

Und solange er auf meinem Schiff war, hatte ich sorgen freiere Nächte. Auch, wenn wir wie jetzt auf Professor Compton warten mussten ...

 

Da Sid und Joe das SLT zügig wieder in Betrieb nehmen konnten, hatte ich mich entschlossen, bis zur Ankunft von Compton weiter unserer Arbeit nachzugehen.

In diesem Asteroidengürtel, gab es einige nicht zu verachtende Siliziumvorkommen. Reichhaltig genug, um daraus Halbleiterkomponenten produzieren zu können.

 

Die hohe radioaktive Strahlung in System zerstörte laufend elektronische Bauteile und so errichtete das Konglomerat ein Halbleiterlabor in der Rayet33, um den eigenen Verschleiß in Schiffen und Station zu decken.

Wir hatten noch genug Platz, um eine brauchbare Menge unterzubringen.

 

Die Schürfmethoden hatten sich in den letzten 150 Jahren stark gewandelt. Vom MSG oder Manuelles Schürf Gerüst,

zum Schürflaser, welcher die Effizienz dramatisch steigerte.

 

Als die Rayet33 vor 200 Jahren hier im Eta Carinae System errichtet wurde, hatten die Pioniere nach ersten Analysen der vorhandenen Erze erkannt, dass ein Großteil der zum Stationsbau benötigten Materialien, aus den Asteroidengürteln gewonnen werden konnten, welche im System zugegen waren. Die Aufbereitung und Verhüttung der Erze war jedoch ohne entsprechende Anlagen nicht möglich, sodass die ersten 5 Jahre Bauzeit damit zugebracht wurden, Fertigungsanlagen aus dem zwei Lichtjahre entfernten System HDE 303308 heranzuschaffen.

Die dem Eta-Carinae System nächstliegende planetare Kolonie des Konglomerat.

So kam es, dass erst nach jenen 5 Jahren die ersten Versuche unternommen wurden, Erze in diesem System zu gewinnen.

Damals wurden kleinere ungeschützte Frachtschiffe verwendet die man, mithilfe der MSG, mit Asteroiden belud, um damit dann zu einer Verhüttungsanlage zu fliegen.

Puller, so wurden die Piloten der MSG bezeichnet, da sie einen ausgesuchten Asteroiden in den Laderaum des Schiffes gezogen hatten. War der Asteroid zu groß um ihn mir den Greifarmen zu packen, konnte der Puller einen Schleppharken in den Asteroiden schießen, um ihn so zu bewegen. Eine mühsame Knochenarbeit vergangener Tage.

Dieses System hatte nicht nur eine geringe Effizienz, sondern war überdies noch sehr gefährlich. Der Sonnenwind und die Strahlenbelastung, die das Zentralgestirn in seine Umgebung abstrahlte, machte es unmöglich mit dieser Technologie, die Inneren Asteroidengürtel auszubeuten. Aber schon in den äußeren Gürteln sorgte die immense Strahlenbelastung dafür, dass die Piloten in 15 Minuten Schichten arbeiten mussten. Dabei schafften die meisten der armen Schweine kaum 2 Jahre, bevor der Krebs ihre Körper zerfraß.

 

In dieser Zeit wurden dann die ersten Schürfer entwickelt.

Größer als die Frachtschiffe und mit einem Magnetfeld Schirm gegen den Sonnenwind und mit schwerer Abschirmung gegen Gamma als auch Neutronenstrahlung geschützt.

Die Schürfer waren in der Lage die Puller unter ihrem Magnetfeld vor dem Teilchenschauer des Wolf zu schützen aber die Gammastrahlung konnte ungehindert passieren.

Dann kam der Schürflaser als Konsequenz dieser unhaltbaren Zustände. Die MSA und die Puller wurden mit dieser Entwicklung überflüssig und die Effizienz stieg rapide an.

 

Um den Laser einzusetzen, wurde ein Zielasteroid ausgewählt, auf Vorkommen abgescannt und spektral analysiert. Aus den gewonnenen Daten wurde die effizienteste Frequenz errechnet, mit der man den Asteroiden verdampfen und ionisieren konnte. Dies war immens wichtig, da es sonst zu unerwünschten und gefährlichen Streuungen am Asteroiden kommen konnte.

Mit den passenden Parametern programmiert, verdampfte der Laser den Asteroiden nun so stark, dass der Dampf ionisierte und mithilfe eines Magnetfeldes in die Kondensationskammer des Schürfers gelenkt wurde.

Dort angekommen kondensierte das Gas und fiel als Staubregen in den Presszylinder. Hier wurde dann der Staub zu stapelbaren Barren verpresst. Je nach Erz, konnte auf diese Weise bis zu 100 kg in der Minute gewonnen werden.

Nun konnte auch der vorhandene Laderaum des Schürfers durch die Barren vollends ausgenutzt werden.

Nur der Energieverbrauch des Lasers stellte die Ingenieure anfangs vor Herausforderungen, welche man jedoch mit verbesserten Fusionsreaktoren halbwegs entgegenwirken konnte.

 

Der Fusionsreaktor eines Schürfers war prinzipbedingt nicht beliebig erweiterbar, sodass trotz einer 30-prozentigen Leistungssteigerung der Reaktor nicht in der Lage war, den magnetischen Schutzschild und den Laser zusammen mit Maximalenergie zu versorgen.

Zur Kompensation dieses Defizits wurden die Abschirmstärken der Schürfer stark erhöht.

Ein Schürfer wie die Nem Isis ist daher Träge und schwer im Asteroidengürtel zu manövrieren. Volle Effizienz war daher nur in den Äußersten Gürteln gegeben. Die mittleren Gürtel, die näher an dem Wolf lagen und höhere Strahlungsemissionen aufwiesen, konnten von einem Schürfer wie dem unseren nur aufgesucht werden, wenn ein Teil der Laserenergie auf den Schild umgeleitet wurde.

Nur Forschungsschiffe und Prototypen sogenannter Bergbauschiffe, waren damals in der Lage die inneren Gürtel bemannt zu untersuchen bzw. auszubeuten.

Hätte Eta-Carinae jedoch einen Strahlungsausbruch erlitten, so währen auch jene Piloten in den Inneren Gürteln, einen Sekundentod geweiht gewesen.

 

Die Neutrino-Detektoren um Eta-Carinae wurden nur unregelmäßig gewartet und so kam es vor, dass eine Besatzung von einem Ausbruch überrascht wurde. Mit tödlichen Konsequenzen.

Es war ein Glücksspiel hier draußen zu arbeiten und obwohl einen die Rayet33 nur anwiderte, war man doch froh nach 3 Wochen Schichtarbeit wieder mehr oder weniger gesund anzudocken.

 

Wenn Professor Compton auf der Nem Isis eintrifft würden wir schon vollgefüllt mit Erzen sein und dass hieß dann zurück zur Rayet33.

Bis es jedoch soweit was mussten noch ein paar Stunden ins Land gehen. Genug Zeit für einen Kontrollgang. Heliee´s faux pas mit der Frequenzmodellierung machte diesen Kontrollgang notwendig. Glücklicherweise gab es keine Schäden.

So machte ich mich bestens gelaunt in Richtung Maschinenraum auf. Durchgebrannte Relais hätte ich jetzt am wenigsten gebraucht.

Man kann die Bauteile nur über Wartungsschächte erreichen, weil sie einen ausreichenden Abstand zu den Hauptgängen aufweisen mussten.

Die Leistungsübertragung der Relais war dermaßen hoch, dass die Hauptgänge auf über 50°C aufgeheizt wurden. Daher mussten sie tiefer im Schiff untergebracht und aktiv gekühlt werden.

Bis jetzt hatten wir es nicht geschafft auch die Wartungsschächte zu kühlen und sollte man ich die Verlegenheit kommen, defekte Relais reparieren zu müssen, so erwarten einen 45°C im Wartungsschacht.

Derart aufwendige Reparaturen wurden auch überwiegend im Hangar auf der Rayet33 durchgeführt und nicht während des Betriebs im freiem Weltraum.

 

Wir waren nun dabei die Nem Isis bis zum eintreffen von Professor Compton mit Erzen zu füllen. Sid meldete sich bei mir, um mir mitzuteilen, dass er den Schürflaser auf volle Leistung hochfahren wollte, um den SLT zu überprüfen, den er und Joe repariert hatte.

Zu diesem Zeitpunkt, befanden wir uns immer noch im äußeren Asteroidengürtel, sodass ich ein zurückfahren der magnetischen Schilde zugunsten des Lasers verantworten konnte.

Dieses OK sollte der Beginn einer Verkettung unglücklicher Umstände werden und mich meine Entscheidung noch bereuen lassen.

Nicht dass es eine leichtsinnige Entscheidung war, es war eine Standardprozedur, den Laser nach einem Lastabwurf des SLT mit Maximalenergie zu fahren.

 

Als sich die Schotte zum Maschinenraum öffnete, schaute ich in zwei selbstzufriedene Gesichter, die keinen Zweifel daran ließen, dass das SLT repariert und einsatzbereit war.

 

Sid nahm Kontakt zu Heliee auf die im Frachtraum die Erzbarren sortierte, welche der Presszylinder auswarf.

„So Mädchen, jetzt lernst du mal zu klotzen!“, gab er ihr abwertend zu verstehen.

Da Heliee nicht die Sorte Mensch war, welche sich gerne die Hände schmutzig machte und auch sonst versuchte Arbeit aus dem Weg zu gehen, die nur wenig mit ihrem Studienfach zu tun hatte, war der Kommentar von Sid mehr als passend.

Ich muss zugeben, dass wir drei ein gehässiges Grinsen auf dem Gesicht hatten, als Sid seinen Finger auf den Touchscreen legte.

Von Heliee kam kein Widerwort. Sie kannte unsere kleinen Spielchen und spielte mit. Das machte sie ja so sympathisch. Und trotzdem musste jedes Besatzungsmitglied eines Schiffes Grundkenntnisse sämtlicher Arbeiten aufweisen, welche der Schürfer abverlangte. Das war Pflicht!

 

Die Standardleistung des Lasers im Normalbetrieb betrug 60% der Nennleistung.

Ein guter Kompromiss, der es uns erlaubte produktiv zu arbeiten und gleichzeitig die Schilde nur leicht zurück zu nehmen. Den Laser nun auf 100% hochzufahren würde ca. 25 Minuten in Anspruch nehmen.

Es ist zwar möglich die Leistung schlagartig zu erhöhen jedoch würde der Asteroid in diesem Moment so stark verdampft werden, dass das Leitmagnetfeld des Lasers kaum eine Chance hätte, das Ionisiere Gas zum Kondensator zu leiten.

Und so erhöhte Sid die Leistung schrittweise um dem Asteroiden genug Zeit einzuräumen gleichmäßig zu verdampfen und um Heliee im Frachthangar zu schinden.

 

Tory war derweil auf der Brücke damit beschäftigt, das nun schwindende Schildmagnetfeld neu um die Nem Isis auszurichten, damit uns trotz der geringeren Schildleistung nur wenig Sonnenwind traf.

 

Als der Laser bei 100% angekommen war Bot sich ein Farbenspiel der Superlative. Die Plasmawolke hatte mittlerweile den halben Asteroiden eingehüllt und leuchtete im Zentrum in einem blauen Schimmer, der zu den Rändern hin ins Rot wechselte. Dabei war der Schild nun auf 30% Nennleistung zurückgefahren und der Sonnenwind der Wolf komprimierte das Magnetfeld um die Nem Isis in Strahlungsrichtung auf unter 180 Meter Stärke.

Dieser sorgte auch dafür, dass das Schiff nun in ein beeindruckendes Polarlicht getaucht wurde.

 

Da bis dahin alles nach Plan lief, wollten wir wissen, wie weit man das Spiel treiben konnte, wie weit man gehen konnte.

Tory gab das Ok für eine weitere Absenkung der Schildenergie. Noch nie hatten wir unter realen Arbeitsbedingungen einen Überladungstest durchgeführt und so wurde es Zeit den Schritt zu gehen.

Sid nahm weitere 10% Schildleistung zurück und leitete die Energie auf den Schürflaser um. Nun wurde das Magnetfeld, was die Nem Isis schützte, so schwach, dass seine Feldlinien durch den Sonnenwind verdrillt wurden. Sid verringerte die Schildleistung um weitere 5%, bis sich die Feldlinien schließlich kreuzten und das gesamte Schild schlagartig zusammenbrach.

Die Leistung des Lasers war nun so hoch, dass das Plasma um den Asteroiden so dich wurde, dass der Laser an diesem gestreut wurde und die Abbauleistung damit nicht mehr erhöht werden konnte.

Zusätzlich heizte sich das Plasma dermaßen auf, dass alleine durch die Wärmeabstrahlung kein erhöhter Energieeintrag in den Asteroiden mehr möglich war.

Der ausgefallene Schild und das Asteroidenplasma, welches schon im Röntgenbereich strahlte, erhöhten die Strahlenbelastung an Bord der Nem Isis signifikant.

Wir sammelten zügig die Messdaten und befanden einstimmig dass der Test ein Erfolg war.

 

Es war nun an der Zeit das Experiment zu beenden und Sid begann die Leistung des Lasers wieder zurückzunehmen während Tory sich bereit machte das Schild neu zu booten.

Als die Leistung um 2% gedrosselt war, endete das Experiment auf eine Art, mit der wir nicht gerechnet hatten.

Ohne jede Vorwarnung oder Anzeichen leuchtete die Plasmawolke blitzartig auf.

Der Blitz war so grell, dass nur das Automatische Abdunkeln der Scheiben unser Augenlicht rettete. Es folgte ein Knallgeräusch, das ich noch nie zuvor vernommen hatte, gefolgt von einem Zweiten, welches ich nur zu gut kannte.

 

Der erste Knall, den wir hörten, war das Schlagartige verdampfen der Schiffshülle im Bereich des Kondensators.

Der zweite darauf folgende Knall war das Schmelzen der Hauptenergieweiche und des ersten Hauptrelais.

Die Weiche und das Relais waren nicht einfach entkoppelt, wie es bei einem normalen Lastabwurf üblich gewesen wäre. Sie waren regelrecht explodiert.

Ein gewaltiger Funkenschlag erhellte den Maschinenraum und danach wurde es im gesamten Schiff stockfinster.

Nur ein kleines Feuer das sich durch die Funken im Maschinenraum gebildet hatte, bot noch ein wenig Licht bis Joe es austrat. Er zog seine Taschenlampe und bat mich diese zu halten, während er die Abdeckung zu einem Wartungsschacht entfernte und hinein kroch.

„Scheiße da ist richtig viel im Arsch!“, schimpfte er.

 

Zusammen mit 3 Stirnlampen kam er wieder aus dem Wartungsschacht heraus. Wir setzten uns die Lampen auf, die zum Standard eines jeden Wartungsschacht gehörten, und blieben ruhig stehen.

Die Stille wurde nur durch das zischende Geräusch austretender Luft gestört.

„Scheiße kannst du was sehen Joe?“ Wollte ich wissen. „Ich glaube der Kondensator ist weg. Und Gas strömt dort auch aus.“, sagte Joe. „Ist doch eigentlich nicht möglich! Der Kondensator ist sowieso Luftleer und die Verbindung zum Frachthangar ist total hermetisch!“, zickte ich. „Das weiß ich auch! Aber da tritt Gas aus ich bin doch nicht taub! Das Gas muss aus dem Frachthangar kommen und das meine ich ernst!“.

 

„Heliee!!“, schrie Sid plötzlich und rannte los. Dieser Schrei und sein Blick ließen mein Blut gefrieren! Erst als Joe mich anschrie, dass ich meinen Arsch bewegen sollte, kam ich wieder zu mir und rannte Sid hinterher.

Schon an der zweiten Schotte zum Frachthangar holte ich ihn ein. In dem Schiff ging nichts mehr! Keine Energie keine Kommunikation, gar nichts!

Jede Schotte, die wir passierten, musste manuell geöffnet werden und das kostete Zeit, die wir nicht hatten.

Sieben Schotten waren es bis zum Frachtraum vom Maschinenraum aus und vier hatten wir schon überwunden. Jedoch waren die Schotten schwer sehr schwer sogar und bei der Sechsten vor der wir standen war ich keine große Hilfe mehr. Meine Kräfte waren verbraucht. Sid riss verzweifelt den Sicherungshebel herum und versuchte unter Einsatz seiner letzten Reserven die Schotte mit schierer Gewalt zu öffnen. Stück für Stück wurde der Spalt der Schotte größer, bis wir schließlich hindurchpassten.

Bis hierhin waren uns schon unzählige Beschädigungen Energie leitender Systeme aufgefallen. Überall Rauch und Qualm, der zum Frachthanger hin immer dichter wurde. Zwischen der sechsten und letzten Schotte, war so kein Vorankommen mehr möglich. Ich kniete mich auf den Boden um einen Versorgungsschacht zu öffnen, um an Atemschutzmasken zu kommen die im Schacht verstaut waren. Sid dauerte das zu lange so das er mich kurzerhand wegschubste und die Klappe mit seiner Hacke eintrat.

Wir setzten die Masken auf und liefen weiter. Hoffentlich kommen wir nicht zu spät! Hoffentlich fackeln wir hier nicht alle ab! Diese Gedanken schossen mir durch den Kopf, als die Letzte Schotte ich Sichtweite kam.

Als Sid und ich die letzte Schotte erreichten sahen wir, dass diese einen Fingerbreit offen stand. Durch diesen Spalt strömte mit hoher Geschwindigkeit das Qualm-Luftgemisch in den Frachthangar.

„Scheiße die Schotte ist auf! Darum ist der ganze scheiß Qualm hier!“, rief ich. „Ja Heliee muss versucht haben sie zu öffnen!“, schrie Sid gegen den Lärm der austretenden Luft an. Im Frachthangar herrschte schon mächtiger Unterdruck und so war es uns nicht möglich, die Schotte zu öffnen. Nie wieder hätten wir sie geschlossen bekommen und hinter uns waren weitere sechs geöffnete Schotten.

Ich schaute durch den Spalt um Heliee ausfindig zu machen, Fehlanzeige! Auch als Sid aus Leibeskräften ihren Namen rief verhallte dieser unbeantwortet.

Als der Sog so stark wurde, dass wir Gefahr liefen die Atmosphäre aus der Hälfte der Nem Isis zu verlieren, blieb mir schweren Herzens nichts anderes mehr übrig als zu versuchen die Schotte manuell zu verschließen. „Nein auf keinen Fall!“, schrie mich Sid an, als ich ihm sagte, dass wir das Schott schließen müssten. „Du dämliches Arschloch, wir werden alle Sterben wenn wir das Teil nicht schließen! Hilf mir das ist ein Befehl!“, schrie ich zurück.

Sid war Realist und er wusste das ich recht hatte. So schafften wir es zusammen die Schotte luftdicht zu verschließen.

„Ich mache das doch nicht zum Spaß! Glaubst du mir fällt das leicht?“, fragte ich in die Stille, die sich nun ausbreitete.

Sid stand vor der Schotte und stieß seinen Kopf wieder und wieder gegen diese.

 

Das war er also, mein Emotionskalter cholerischer erster Offizier, der sich nie zu schade war einen dummen Spruch zu reißen, oder durch Klugscheißerei zu glänzen.

Da war er nun. In sich zusammengesunken den Kopf gegen die Schotte schlagend, verzweifelt den offenkundigen Verlust beklagend. Ich wusste nicht was schlimmer war, den Tod eines Besatzungsmitgliedes zu akzeptieren oder den totalen Zusammenbruch eines anderen mitzuerleben.

 

Nun mischten sich Schritte in die Stille. Feste Schritte schnell näher kommend. Die violett leuchtende Iris verriet Tory, noch bevor wir ihr Gesicht erkennen konnten.

„Joe war bei mir und sagte das ihr hier seid.“, keuchte sie.

„Sie muss versucht haben die Schotte zu öffnen die stand einen Spalt weit auf. Wir schauten, riefen keine Reaktion! Wir sind zu spät!“, faste ich die Ereignisse für Tory zusammen.

Sie ignorierte mich jedoch total und ging langsam auf die linke Wand im Hauptgang zu. Sie schaute uns mit todernsten Blick an und befahl ruhig zu sein.

Man traute sich kam zu atmen! „Heliee liegt im Wartungsschacht! Ich kann hören wie sie erstickt!“

Mit einem Knall riss Tory mühelos die Abdeckung zum Wartungsschacht ab und verlor keine Zeit hineinzukriechen.

„Ami krieg deinen Arsch hier rein, kletter durch den B-Schacht und besorge uns von dort zwei Sicherungsseile! Danach kommst du zu mir, und zwar sofort!“, hallte es aus dem Schacht. Um in den Vertikalen Schächten Arbeiten zu können, musste man sich mit Seilen absichern, die in jedem Wartungsschacht zu finden waren.

Ich schnappte mit 2 Seile und machte mich auf den schnellsten Weg zurück zu Tory.

„Knote die Seile zu einem langen zusammen! Sid soll es dann irgendwo festmachen!“, sagte Tory.

Auch die Wartungsschächte hatten Schotten aber wesentlich kleinere nur 1,50 Meter im Durchmesser, so groß wie der Wartungsschacht selber war. „Ami du musst das Seil fest um unsere Füße knoten. Wenn Sid fertig ist, öffne ich die Schotte und du greifst dir ihren Arm um das Seil festzubinden! Verstanden?“ Ich bejahte.

Sid gab das Go und der Riese öffnete langsam die Schotte.

Heliee lag tatsächlich dahinter, jedoch schob die einströmende Luft ihren Körper nach hinten. Nur eine blitzschnelle Reaktion von Tory konnte verhindern, dass sie aus dem Schacht geblasen wurde. Tory griff nach dem, was noch in Reichweite war, ihrem Kopf. Tory zog sie zurück und nun war ich in der Lage das Seil an Heliee zu befestigen. „Fertig!“, schrie ich und Tory öffnete die Schotte nun fast im vollen Querschnitt, sodass wir alle 3 Meter tiefer in den Schacht gesogen wurden, bevor das Seil anschlug.

Tory zog Heliee und mich am Seil entlang, wieder hinter die Schotte zurück und schloss diese wieder zusammen mit einem gewaltigen ausschrei.

Der Boden hatte uns wieder. Wir zogen Heliee schnellstmöglich aus dem Wartungsschacht in den Hauptgang zurück, um dort angekommen feststellen zu müssen das Sie zwar noch einen Puls hatte, aber nicht mehr atmete. Wir mussten sie volle zwei Minuten beatmen, bevor sie wieder selbstständig zu atmen begann. Wir waren überglücklich und heulten vor Freude. Auch Ihr ramponiertes Gesicht durch Torys Herzhaftes zupacken konnte unsere Freude nicht trüben. Ihr Unterkiefer und das Nasenbein wahren eindeutig gebrochen aber Heliee lebte!

Aber sie musste medizinisch behandelt werden, genau so wie Tory. Der Unterdruck in dem Wartungsschacht hatte Spuren bei Tory hinterlassen. Ihre Gefäße waren fiel fragiler und filigraner, als jener normaler Menschen. Schon in dieser kurzen Zeit war Stickstoff aus ihrem Blut ausgegast und machte ihr nun zu schaffen.

Auf Nachfrage sagte Tory das es ihr gut gehen würde, obwohl dem offensichtlich nicht so war. Sid und ich nahmen sie trotzdem beim Wort. So hoben wir Heliee auf Torys Rücken und sicherten sie dort mit dem Seil. Ein echt bescheuerter Anblick aber notwendig. Nur Tory war in der Lage, die Schotten die vor uns Lagen schnell zu öffnen und zu schließen. Dafür aber benötigte sie beide Arme. Also nahmen wir die Beine in die Hand.

 

Bis zum Rendezvous mit Compton waren es noch etwa 3 Stunden. Dabei hatten wir immer noch nicht die leiseste Ahnung, was uns eigentlich widerfahren war.

Im Schein unsere Kopflampen waren wir also unterwegs zur einzigen Medizinischen Einrichtung der Nem Isis. Glücklicherweise lichtete sich der Qualm allmählich denn ein Feuer währe jetzt das allerletzte was wir hätten gebrauchen können. Torys zustand jedoch beunruhigte mich immer mehr. Sie fing an einzutrüben und übergab sich des öfteren. Wir waren so richtig am Arsch!

Folglich war es wie ein Geschenk, als sich Joe über Bordfunk bei uns meldete.

„Jawohl! Ich hab´s geschafft! Die interne Kommunikation steht wieder! Ist bis jetzt alles was läuft, der Rest ist Tot. Die Ursache für dieses Chaos liegt damit weiter im dunklen aber was ich weiss ist, dass das Energiesystem zum teil fatale Schäden aufweist! Ami, ohne Externe Hilfe können wir die unmöglich hier beheben. Hör zu, wenn Sid abkömmlich ist soll er in den Maschinenraum kommen!“

Sid hatte mit Heliee und Tory schon genug am Hals und so machte ich mich auf den Weg zurück in den Maschinenraum. Wir hatten zumindest schon mal wieder Funkkontakt zueinander und alle waren Leben! Gar nicht so schlechte Voraussetzungen.

Ich kam zur ersten Schotte die mit den Weg versperrte und bemerkte, dass das Manuelle Bedienpult rechts neben der Schotte leuchtete. Ich versuchte mein Glück und tatsächlich öffnete sie. Stück für Stück schaltete ich auch wieder die Schiffsbeleuchtung ein. Nicht vollständig aber genug das man etwas sehen konnte.

Joe teilte mir mit, dass die Beleuchtung nur Deckweise funktionierte. Er hatte aber die gesamte Beleuchtung eingeschaltet. Das bedeute das mindestens ein Hauptverteiler und mehrere Nebenverteiler zerstört oder beschädigt waren. Über die Relais wollte ich nicht einmal wagen nachzudenken.

Als ich den Maschinenraum betrat, war Joe schon mit Vollgas dabei wieder Ordnung in das Chaos zu bringen.

Ich musste über unzählige Kabel steigen, mit dem er die Hauptenergieweiche überbrückte.

Die notwendige Energie wurde aus Solarwafern gewonnen, die sich bei dem Ausfall des Fusionsreaktor automatisch ausfuhren und in den Sonnenwind ausrichteten.

Ich gab Joe noch einmal ein Update, über das was sich im Frachthangar zugezogen hatte und das Heliee zwar verletzt, aber am Leben war.

Er atmete erleichtert durch und kramte einen alten, auf Papier gedruckten Schaltplan heraus. Ohne Bordcomputer mussten wir nun manuell eine Überprüfungsroutine ausarbeiten, um die Energiekreise zu überprüfen. Sehr schnell stellte sich dabei heraus, dass die Medizinische Einrichtung unversorgt sein musste. Das war der erste Verteiler den es zu reparieren galt.

Zu diesem Zeitpunkt hätte sich Sid schon längst bei uns melden sollen. Joe versuchte zwei Mal erfolglos mit Sid Kontakt aufzunehmen, bevor wir uns mit Werkzeug ausrüsteten und uns in Richtung medizinische Einrichtung aufmachten. Gewiss konnten wir ein Versagen im Kommunikationssystem nicht ausschließen aber wer wusste?

Um weitere mögliche Schäden zu finden, gingen wir einen anderen weg zur Medizinnischen Einrichtung, als jener den ich vorher zurückgelegt hatte um den Maschinenraum zu erreichen. Wir stellten fest, dass zusätzlich zum Energiesystem auch ein Teil der Außenhülle der Nem Isis angegriffen war. Es war der Teil der Hülle, die im Moment des Unfalls zum Blitz hin gerichtet war, als wir den SLT getestet hatten. Die Hitzewelle die der Blitz emittierte, verdampfte einen Teil der Hülle in Sekundenbruchteilen!

 

Auf dem Weg zur Krankenstation konnten wir auch beobachten, wie der Hüllenschaden zum Kondensator hin immer weiter zunahm. „Ein Asteroid?“, fragte ich Joe leise.

„Nein der hätte uns nur ein Loch in die Hülle geschlagen.“, antwortete er.

Aber jetzt zeigten sich erste Hinweise was geschehen war, als sich die Plasmawolke um den von uns beschossenen Asteroiden verflüchtigte. Es blieb ein grell weiß-bläulicher Kern zurück der nun langsam begann auszukühlen. Noch bevor wir die Krankenstation erreichten war das Objekt dermaßen ausgekühlt das wir es mit bloßen Auge nicht mehr erkennen konnten.

Das es in der Krankenstation dunkel sein würde, damit hatten Joe und ich fest gerechnet. Das wir die einzigen sein würden, damit rechneten wir nicht so fest. Sid,Heliee und Tory waren mehr als überfällig und schon wieder bekam ich dieses beschissene Gefühl im Magen.

„So eine verfluchte Scheiße!!“, schrie Joe und schmiss die Werkzeugtasche kraftvoll in die Ecke. Er schrie ihre Namen aber wir bekamen keine Antwort. Dann gab es eine Erschütterung auf dem Schiff, dass es uns von den Füßen riss und wir hinfielen. „Was war das denn wieder für eine Scheiße!? Ich dreh hier noch ab!“ Brüllte Joe. „Halt deine Klappe ich höre etwas.“ Schnauzte ich ihn entnervt an.

Die Geräusche kamen von der Andockschleuse. Das konnte nur Professor Compton mit seinem Forschungsschiff sein. Er hätte zwar noch über 2 Stunden Zeit gehabt, jedoch war sein Eintreffen nicht eine Sekunde zu früh.

Joe öffnete den Wartungsschacht der Krankenstation und verschwand in diesen. 20 Sekunden später war die Energieversorgung der Station wieder Hergestellt. Wir hatten Glück. Das Relais war nur entkoppelt und ein herzhaftes eindrücken zum Koppeln reichte aus.

So machte ich mich auf den Weg zur Andockscheuse während sich Joe aufmachte Sid,Heliee und Tory zu suchen. Ich wollte die Schleuse von innen entriegeln, aber das war nicht mehr nötig, weil er mir schon auf den Gang mit seiner drei-köpfigen Besatzung entgegenkam.

Mit den Worten „bin ich froh, dass ihr am Leben seid“ schloss er mich in die Arme. „Wir hatten ein gleißendes Licht gesehen wie ein Blitz! Als die Positionsdaten berechnet waren und ich sah das es von eurer Position kam, bekam ich ganz weiche Knie und rechnete mit dem Schlimmsten! Wir sind natürlich sofort los! Verdammt ich bin so froh!“ Der Professor zitterte am ganzen Körper.

„Wir haben auch eine Meldung an die Rayet33 gesendet und den Auftrag erhalten, die Lage zu untersuchen sowie gegebenenfalls Hilfe nach zu fordern.“

 

Ich begann Compton die Lage zu erläutern, als sich Joe meldete.

„Ich habe sie gefunden! Im D-Deck Gang 14, 2 Schotten vor der Krankenstation! Sind alle bewusstlos! Sid ist unter Tory begraben und die Blutet aus Ohren,Augen und Nase man die hat blutigen Schaum vor dem Mund! Scheiße was soll ich machen?? Bekommt euren Arsch hierhin! Los schnell bitte.Hilfe!“ Joe war total in Panik und Comptons

Crew machte sich sofort auf den Weg zu ihm. Auch Compton und ich schossen los. Jedoch war der Professor nicht mehr der Jüngste und so kam es, dass wir mit seiner Crew nicht mehr schritt halten konnten. Ich blieb bei Compton und erklärte ihm unsere Lage und was geschehen war. „Was macht Tory denn auch da ist die denn total bekloppt? Die weiß doch das der Unterdruck sie tötet!“Japste Compton, der vor Erschöpfung kaum reden konnte. „Ohne Tory währe Heliee jetzt Tot! Sie wusste genau was sie tat!“,bellte ich zurück. „Wir haben bei uns eine Überdruckkammer an Bord. Tory muss da unbedingt hinein sonnst können wir nichts mehr für sie tun!“ Compton wusste wovon es da redete! Er kannte Torys Anatomie besser als jeder andere. Er hatte alle Testberichte und Unterlagen über Tory aus den Händen des Konglomerat bekommen. Schließlich sollte er Tory gewinnbringend in die Gesellschaft eingliedern und das hatte er mit Bravour gemeistert.

Das Bild was sich uns bei unserer Ankunft bot war schrecklich. Sid war immer noch halb unter Tory begraben und Heliee noch auf Torys Rücken festgebunden. „Mein Mädchen!“ Schrie Compton und rannte in die Menge. Ich rannte hinterher und durchtrennte das Seil um Troy von Heliee zu befreien. Dann zogen wir Tory von Sid. Er war schwer eingetrübt und redete langsam in unvollständigen Sätzen. „Sie atmet nicht mehr! Platz!“ befahl Compton.

Da lag Sie. Reglos, leblos vor unseren Knien ihr Gesicht von ihrem gelben Blut überströmt. Ein Alter Mann mit tränen überströmten Gesicht der versuchte Tory zu beatmen. Ein Chefmaschinist der apathisch und mit der Situation total überfordert einfach da steht. „Ich brauche meinen Koffer und eine Trage sofort!“ „Wir haben eine Trage im Krankenzimmer Compton!“ „Gut! Jim du gehst mit Ami auf unser Schiff und holst mir den Koffer und die Medikamente! Der Rest holt die Trage! Los!“ Compton behielt trotz aller Emotionen einen klaren Verstand. Er schien die Lage zu beherrschen.

So jagten Jim und ich nun durch dunkle und halbdunkle Gänge zurück zur Andockschleuse. All die Schäden, an denen wir vorbei liefen, weckten jetzt zum ersten Mal Schuldgefühle in mir. Ich hatte die Überladung des Schürflasers genehmigt und mich gefreut Heliee im Frachthangar schwer arbeiten zu sehen.

Sollte der Laser schuld an den Ereignissen haben währe ich damit in besondererweise verantwortlich. Und hätte eventuell den Tod eines Besatzungsmitgliedes in kauf genommen. Abgesehen davon, dass mich das mein Kapitänspatent kosten könnte, würde ich mich nie wieder im Spiegel ertragen können.

Bis zur Andockschleuse waren es ca.4 Minuten wenn man wie Jim und ich Vollgas machten. Wir rannten durch die Schleuse in das Forschungsschiff und geradewegs durch zur sphärischen Brücke, die einen 360° Panoramablick in das Universum erlaubte. „Cpt. Vek, bitte nehmen sie die Medikamententasche und lassen sie uns zurück.“ Sagte Jim zu mir und gab mir den Rucksack. Auch Compton meldete sich und teilte uns mit, dass sich Torys Zustand schon ein wenig gebessert hätte, da sie mittlerweile wieder selbstständig atmete.

 

Mit den von Compton angeforderten Gegenständen machten wir uns nun auf den Weg zurück. Der gefühlte Rückweg war zwar nicht so quälend lang wie der Hinweg, jedoch fiel mir auf das sich wieder Qualm und Rauch in den Gängen ausbreitete. Tory war bei unserer Ankunft schon wieder halb ansprechbar und Compton verabreiche ihr einen Stoff, der den gelösten Stickstoff in ihrem Blut band. „Sie muss sofort in die Druckkammer! Los auf die Trage mit ihr! Wir haben keine Zeit zu verlieren!“, äusserte sich Compton knapp. 4 Leute waren notwendig um Tory auf die Trage zu heben, welche natürlich viel zu klein für sie war. Einen halben Meter ragten ihre Beine über das ende der Trage. „Wo ist der Rest?“, fragte Compton. „Heliee und Sid sind auf der Krankenstation und Joe steckt im Wartungsschacht um die Energieversorgung von hier zur Andockschleuse wiederherzustellen.“, antwortete ich und schob die Vier an sich zu beeilen. Und schon rannten sie Los in Richtung Forschungsschiff. Es waren auch vier Mann von Nöten um Tory auf der Trage zu halten. Gurte hatte das Teil nämlich keine.

Ich kletterte in den Wartungsschacht und machte mich auf die Suche nach Joe. Um Zeit zu sparen, schrie ich seinen Namen aus vollen Hals in den Schacht. Nur 10 Meter weiter hinter einer Abzweigung machte sich Joe durch ein aufgeschrecktes Kreischen bemerkbar. „Sag mal, hast du nicht mehr alle Tassen im Schrank mich hier so zu erschrecken?! Ich hätte mir fast in die Hose gemacht!“, keifte mich Joe an. Dieser hysterische Schrei war einfach göttlich und ich konnte mir das Lachen nun nicht mehr verkneifen. „Du schreist ja wie ein richtiges Weib Mr. Winters!“, verhöhnte ich ihn lachend. „Warte nur ab Captain, warte nur ab“. Joe war dabei die Spule eines Relais zu reparieren die bei dem Schürflaservorfall durchgeschmort wurde. Ich half ihm die Kassette mit dem Relais wieder in die Energieleitung zu drücken. Ein paar Sekunden später zog das Relais mit einem Knall an worauf sich die gesamte Beleuchtung des D-Deck wieder einschaltete.

Compton meldete sich über Funk um uns mitzuteilen, dass er mit Tory das Forschungsschiff erreicht hatte, sich aber auf dem Weg dorthin immer mehr Rauch ausgebreitet hätte. So viel Rauch bildete sich nicht einfach so. Wir mussten der Sache auf den Zahn fühlen und entschieden uns die gemeldete Sektion über die Wartungsschächte zu infiltrieren. Der Weg über den Schacht war wesentlich kürzer als über den Hauptgang und bei dieser Gelegenheit konnten wir sehen wie viele Schaden es noch gab die es zu beheben galt.

Ausgerüstet mit einer Stirnlampe, Atemschutzmaske und einem Helium Feuerlöscher machten wir uns auf den Weg.

Obwohl die Wartungsschächte relativ eng sind und man in ihnen nicht wirklich stehen kann sind sie doch so direkt angelegt, dass wir den Bandherd in 90 Sekunden erreicht hatten. 2 Separate Brände konnten wir ausmachen und mit dem Helium schnell ersticken. Qualm und Temperatur waren extrem. Die Relais die wir hier gelöscht hatten, sahen mehr als nur scheiße aus. Die supraleitenden Spulen waren scheinbar explodiert. „Joe, wie viel Energie benötigt man um das zu schaffen?“, wollte ich wissen. „Mehr als wir erzeugen können!“ Diese Antwort brachte nur noch mehr Fragen in das Rätsel, welches sich um unsere Havarie rankte. Es stand außer Frage, dass dieses Rätsel die nächste Aufgabe war welche es zu lösen galt. Die explodierten Relais jedenfalls konnten wir so nicht reparieren.

 

Ich nahm Kontakt zu Heliee und Sid auf und erkundigte mich nach ihrem Zustand. Heliee war wieder voll bei Bewusstsein jedoch aufgrund ihrer Gesichtsverletzungen konnte sie nur wenig und unter Schmerzen sprechen.

Sid war schon wieder auf der Brücke und versuchte die Langstreckenkommunikation wiederherzustellen. Zumindest lüftete sich nun das erste Rätsel. Sid berichtete uns das Er und Tory die vorletzte Schotte zusammen öffnen mussten, da Tory am Ende ihrer Kräfte war. Dabei gingen bei Tory dann die Lichter aus und sie begrub Sid unter sich. Das Worst Case Szenario.

Ich musste zu Professor Compton Ursachenforschung wegen des Unfalls zu betreiben! Aber die Heliee lag noch unter Schmerzen auf der Krankenstation und das ging gar nicht! Ich entschloss mich sie auf das Forschungsschiff zu evakuieren, damit sie adäquate medizinische Versorgung bekommen konnte. Da sie laufen konnte, beorderte ich sie zum D-Deck Sektion 12. Joe blieb im Wartungsschacht während ich mich auf den Weg in die Sektion 12 machte um Heliee abzuholen.

Als ich ankam und Heliee sah, traute ich meinen Augen nicht! Sie sah aus wie nach einer wilden Kneipenschlägerei. Das Gesicht schwer geschwollen und Blau vor Hämatome.

Blut sickerte aus ihrer gebrochenen Nase und der ebenfalls gebrochene Unterkiefer hing schief. Sie legte ihren linken Arm um mich und ich stützte sie auf den Weg zum Forschungsschiff ab, weil ihre Knie doch noch ein wenig weich waren. Sie versuchte mit mir zu reden doch ich verbot es ihr um sie zu schonen. Stattdessen erzählte ich ihr in aller kürze den aktuellen Stand der Dinge.

Meinem Verbot zum Trotz erzählte mir Heliee, dass sie eine Streuung des Schürflasers am Asteroiden beobachtet hatte.

Aber auch Heliee war sich sicher, dass die Energie des Lasers selbst bei Maximalleistung unmöglich einen Hüllenbruch erzeugen konnte. Die Impulszeit des Lasers währe viel zu kurz gewesen.

Es war an der Zeit nach Antworten zu suchen und Compton konnte dabei helfen. Als wir auf dem Forschungsschiff ankamen, brachte ich Heliee erst einmal in die Krankenstation. Wenigstens konnte man dort ihre Schmerzen lindern wenn auch nicht viel mehr.

Compton war zusammen mit Tory im Nebenraum, die er in der Druckkammer behandelte. Zu meiner Erleichterung war sie bei vollem Bewusstsein und ansprechbar. „Das war auf Messers Schneide!“, sagte Compton ohne den Blick von der Instrumententafel zu nehmen. „Sie muss noch ca. 8 Stunden in der Kammer liegen bleiben dann sollte es wieder gehen.“, Was Compton als liegen bezeichnete war wohl eher als eingepfercht zu verstehen. Für Tory war einfach alles zu klein. Es konnte es mir nicht verkneifen Tory durch die Glasscheibe der Druckkammer zu zuwinken

und ein paar Handzeichen zu geben. Sie hob den Daumen und ich wusste, dass alles in Ordnung war.

„Ami, kommst du bitte mal ein Stück in Richtung Brücke mit?“, sagte Compton leise zu mir. Ich nickte. „Also ich untersuche im Moment Eta-Carinae da er in der letzten Zeit einige ungewöhnliche Verhaltensweisen an den Tag gelegt hatte. Ich bin mir noch nicht so ganz sicher wohin mich diese Untersuchungen führen werden, aber möglicherweise werden die nächsten Tage, Wochen oder Monate turbulent. Aber was mich akut beunruhigt, ist die Tatsache das, die von mir ausgesetzten Neutrino Bojen einen moderaten Strahlungsausbruch des Wolf detektiert haben und uns dieser in etwa 15 Minuten erreicht. Ich werde meine Crew anweisen ein starkes Magnetfeld um die Horizon und die Nem Isis aufzubauen aber ihr verliert für diesen Zeitraum die Energie aus den Wafern.“

Bevor die Lichter auf der Nem Isis wieder erlöschen wollte ich Sid und Joe noch bei der Umprogrammierung einiger wichtiger Systeme helfen. Daher verabredete ich mit Compton zu 30 Minuten in seinem Quartier.

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Bildmaterialien: NASA, ESA The Hubble Heritage Team (AURA/STScI)
Tag der Veröffentlichung: 21.05.2014
ISBN: 978-3-7368-1346-5

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