Durch Franco zum Glück
Oh nein! Ich habe die Balkontür offen stehen lassen, was normalerweise kein Problem für meinen Kater darstellt, denn in der Regel verlässt er nur sehr ungern die Wohnung, die wir uns teilen. Ab und an lässt er sich auf den Korridor der zweiten Etage blicken, um bei meiner Nachbarin ein Leckerli zu ergattern. Franco, ein Kartäuser, weiß eben, wie man die Frauen um den Finger wickelt. Bei mir sieht es etwas anders aus. Ich bin eher ein Durchschnittstyp, der mit seiner Größe und Umfang nicht sonderlich auffällt. Gerade mal ein Meter und siebzig bin ich groß und mein Gewicht liegt bei … na ja, das ist nicht so wichtig. Meine weiten T-Shirts können auf jeden Fall den kleinen Bauch gut kaschieren. Was meine Haare betrifft, die finde super. Sie sind dunkelblond, kräftig und kurz geschnitten, so dass ich kaum Mühe habe, sie zu bändigen. Und außerdem suche ich keine Frau, sondern einen Mann, an den ich mich anlehnen und geborgen fühlen kann. Natürlich darf da noch mehr sein, doch welcher Mann beachtet mich schon? Bisher leben Franco und ich alleine, eben eine reine Männer-WG. Wir passen wirklich gut zusammen, denn leckeres Essen und Faulenzen sind unsere Lieblingsbeschäftigungen.
Nur heute, ausgerechnet heute, wo ich so schlechte Laune habe, verschwindet Franco. Wo kann er nur sein? Zunächst suche ich den kleinen Balkon ab. Unter den zwei Stühlen und dem Tisch kann ich ihn nicht entdecken. Auch hinter dem Bambustopf ist kein Franco zu sehen. Hm, wo kann er nur stecken? Ein flüchtiger Blick auf den Nachbarbalkon verrät mir, dass er auch dort nicht ist. Dann werde ich wohl meine Nachbarin besuchen müssen, vielleicht hat sie ihn gesehen.
Oh Mann, es ist heute echt arschkalt, gefühlte minus zwölf Grad. Für einen zweiten Dezember eigentlich ganz normal, doch irgendwie muss ich es vergessen haben. Jetzt schnell bei Gerda klingeln, Franco entgegennehmen und dann rasch zurück.
„Hallo Jerome, schön dich zu sehen. Möchtest du hereinkommen?“, fragt mich Gerda, nachdem sie die Tür geöffnet hat.
„Nein, Gerda, eigentlich wollte ich nur fragen, ob du Franco gesehen hast?“
„Schade, ich habe gerade einen leckeren Apfelkuchen auf dem Tisch, den können wir uns gerne teilen.“ Dabei drückt sie ihre Unterlippe nach vorne und sieht mich enttäuscht an.
„Gerda!“ Strafend blicke ich sie an und stöhne.
„Was denn? Einen Versuch war es wert. Ich weiß doch, dass du auf deine Linie achten willst. Wobei, wenn du mich fragst, dann würde ich dir …“
„Nein“, unterbreche ich Gerda. „Du brauchst gar nicht weiterreden. Ist mein Kater nun bei dir oder nicht?“
„Du darfst dich gerne bei mir umschauen“, säuselt sie und drückt die Tür noch weiter auf. Oh nein, Gerda kann es einfach nicht lassen, mich in ihre Wohnung zu locken. Dabei habe ich ihr schon des Öfteren gesagt, dass ich kein Interesse an ihr habe. Doch sie gibt nicht auf. Genervt wende ich mich von ihr ab, um den Fahrstuhl aufzusuchen, während ich ihr zurufe: „Nein danke.“
„Vielleicht nächstes Mal? Und nein, Franco ist nicht hier, leider.“ Bevor ich darauf antworten kann, schließt sich die Fahrstuhltür.
Verärgert über mich selbst und Gerda, gehe ich ziellos durch die Nachbarschaft, bis mich eine sehr angenehme Stimme aus meinen Gedanken reißt. Neugierig suche ich nach dessen Eigentümer. Aus einem schönen Vorgarten spricht ein Mann mit einer Katze. Er hat sich in die Hocke gesetzt und streichelt liebevoll das Fell, dabei schnurrt sie vor sich hin. Ein schöner Anblick. Besonders fasziniert mich das Gesicht des Fremden. Seine langen braunen Haare hat er zu einem Knoten gebunden, sodass die buschigen Augenbrauen, die markante Nase und der sinnliche Mund gut zur Geltung kommen. Wie hypnotisiert starre ich auf diese Lippen, während er mit dem Tier spricht: „Dir gefällt es hier, Katerchen, nicht wahr? Doch dein Herrchen wird dich bestimmt vermissen und sich Sorgen machen. Mal sehen ob du an deinem Halsband eine Marke hast, damit ich dich zurückbringen kann.“
Vermissen … das ist das Stichwort, sogleich ist meine Konzentration auf den Kater gerichtet. „Franco? Bist du es?“ „Miau“, knurrt er mich vorwurfsvoll an und drückt sich an die Beine des Fremden. Na super, das war jetzt sehr deutlich, wie sauer Franco auf mich ist.
Während sich der Mann langsam aufrichtet und sich mir zuwendet, fragt er in einer tiefen Bassstimme: „Oh, sein Name ist Franco?“ Mein Herz fängt sofort wild an zu klopfen und schreit: Ja, das ist er, dein Traummann!
Nun mal langsam, so schnell läuft das nicht, schelte ich zurück. Doch das Hämmern in der Brust verdeutlicht mir etwas anderes.
Stammelnd antworte ich: „Ja, ein besserer Name viel mir nicht ein.“ Jetzt lächelt mich der Fremde an, dabei nehme ich ein leichtes Funkeln in seinen Augen wahr. Fuck, wo soll das hinführen? Ich muss hier schnell weg, bevor ich mich mit einem roten Kopf blamiere.
„Können Sie mir bitte den Kater herüberreichen?“ Ein kleiner Zaun trennt uns voneinander.
„Ich werde sehen, was sich machen lässt. Ansonsten müssen Sie ihn selber holen.“
Und schon wieder beginnt er zu grinsen. Will er etwas von mir? Nein, wieso auch. Im Stillen bete ich zu Gott, dass Franco sich von dem Mann auf den Arm nehmen lässt, damit wir so schnell wie möglich gehen können. Denn die Nähe dieses Fremden macht mich irgendwie unruhig. Gemächlich geht er zu Franco, der nur darauf wartet, auf den Arm genommen zu werden, um weiterhin Streicheleinheiten entgegenzunehmen. Du Schuft, was denkt jetzt der Mann von mir. Es wird mir hier immer unangenehmer.
Lächelnd überreicht er mir Franco und meint neckend: „Da haben Sie einen sehr verschmusten Kater. Vielleicht sieht man sich mal wieder. Tschüss, Franco.“ „Ja, er kann vom Kraulen nicht genug bekommen, genauso wie …“ Ups, beinahe wäre mir ich herausgerutscht. „ … manch anderer“, vervollständige ich den Satz.
„Da kann ich nur zustimmen“, sagt er schmunzelnd. Hastig drehe ich mich mit Franco im Arm um und flüchte von diesem Ort.
„Du bist mir vielleicht ein feiner Kater, haust einfach ab und schmust dann mit einem anderen Mann. Was soll ich davon halten?“ Franco sieht mich schief von der Seite an, drückt abwechselnd seine Vorderpfoten gegen meine Brust und beginnt zu schnurren. „Ach Katerchen, dir kann ich einfach nicht lange böse sein. Und das weißt du.“
In unserer Wohnung mache ich uns erst mal etwas zu essen. Er bekommt sein Katzenfutter und ich einen leckeren Gemüseauflauf. Den Rest des Tages verbringen wir auf der Couch. Mit dem Laptop bewaffnet begebe ich mich an das Schreiben für einen Song. Denn in zwei Wochen muss dieser fertig sein. Mein Arbeitgeber ist eine populäre Jazzband, die in kürzester Zeit einen Erfolg nach dem anderen absahnte. Nun komme ich mit dem Songtextschreiben kaum hinterher. Zum Glück fehlt nur noch der Schluss vom Lied, den Rest habe ich schon stehen. Doch irgendwie fällt mir nichts Gescheites ein. Stattdessen taucht das Gesicht von dem Fremden auf, das mir sehr gefällt.
Am nächsten Morgen reiße ich die Türen und Fenster zum Lüften auf. Das mache ich immer so, denn die frische Luft tut so gut. In der Zwischenzeit bereite ich das Frühstück für uns beide zu. Kaum sitze ich am Tisch, da macht sich Franco über sein Fressen her. Ich hingegen genieße den Kaffee und das Brötchen beim Zeitung lesen. Viel Neues steht da heute nicht drin. Na, dann begebe ich mich an das Schreiben und danach wird Großputz gemacht.
Den Staubsauger hasst Franco, deshalb öffne ich die Balkontür, damit er das Weite suchen kann. Nach getaner Arbeit verstaue ich alle Putzmittel und Geräte. Anschließend setze ich mich mit einer Tasse Cappuccino in den Sessel. Jetzt nur noch die Beine hoch und dann … Oh nein, die Tür ist ja noch offen! Mit einem Seufzer hieve ich mich aus dem Sessel, gehe zur Balkontür und sehe nach, wo Franco steckt. Nein! Schon wieder ist er verschwunden. Was ist nur mit ihm los? Und wo soll ich jetzt nach ihm suchen?
Bei meiner Nachbarin werde ich mich nicht blicken lassen, die ist nur auf ein Kaffeekränzchen oder mehr aus. Hm, dann ist da noch der Fremde, den Franco gestern angehimmelt hat. Das passt mir nun gar nicht. Allein die Vorstellung, in seiner Nähe zu sein, verschafft mir eine Gänsehaut und wildes Herzklopfen. Doch was bleibt mir anderes übrig, als bei ihm nachzusehen. Vielleicht finde ich mein Kater auf dem Weg dorthin und mir bleibt dann die Begegnung mit dem Fremden erspart. Jeder Baum und Busch wird von mir genauer betrachtet, in der Hoffnung, Franco zu erblicken. Jedoch ist das Glück heute nicht auf meiner Seite. Nur noch ein paar Schritte und schon stehe ich vor seinem Gartentor.
„Hallo Fremder, suchen Sie Ihren Kater? Wie heißt er noch mal? Nein, warten Sie, ich hab es gleich. Franco, nicht wahr?“ Langsam kommt der Mann auf mich zu. Ein freundliches Lächeln bildet sich um seinen Mund, während er mich beobachtet. Wow, sind das wunderbare braune Augen, ich bin ganz hin und weg. Äh, was hat er gerade gesagt? Irgendwie habe ich nicht alles mitbekommen. Stattdessen frage ich: „Haben Sie Franco gesehen?“
„Nein, tut mir leid. Kann ich bei der Suche behilflich sein?“
„Eigentlich gerne, doch ich kann unmöglich Ihre Zeit in Anspruch nehmen, denn Sie haben bestimmt noch etwas Besseres zu tun.“
„Wenn ich doch den Vorschlag mache, habe ich Zeit. Und übrigens heiße ich …“
„Da!“, unterbreche ich ihn und zeige mit dem Finger in die Richtung, wo plötzlich ein Miauen ertönt. Schnell laufe ich, ohne weiter auf den Fremden zu achten, zum Baum, der am Ende des Gartenzauns steht.
„Franco, was machst du nur für Sachen?“ In einem der oberen Äste sitzt er und miaut vor sich hin. „Bleib da oben sitzen, ich bin gleich bei dir!“ Suchend sehe ich mich nach dem Fremden um. Mit einer Leiter unter dem Arm kommt er uns entgegen.
„Hatte gerade eine Leiter im Garten liegen“, sagt er und zwinkert mir zu. Na klar, wer´s glaubt. Dennoch finde ich es toll, dass er mir hilft, meinen Kater aus der Notsituation zu befreien. Noch bevor ich etwas sagen oder handeln kann, klettert der Mann die Leiter hoch und schnappt sich Franco. Der kuschelt sich wie selbstverständlich in seinen Arm und schnurrt. Ich stehe wie versteinert da, beobachte die beiden und denke: Du Arsch, Franco! Willst du mich etwa eifersüchtig machen? Nein, nicht mit mir! Doch innerlich bin ich total aufgewühlt. Als ich dann meine Arme nach ihm ausstrecke und er sich weigert, rüberzukommen, ist es um mich geschehen. „Franco!“, fauche ich ihn an. „Jetzt lass den Unsinn, damit wir endlich gehen können!“
„Oh, hast du es so eilig, von mir wegzukommen? Gerade wollte ich dich fragen, ob du auf eine Tasse Kaffee bleiben möchtest?“ Bittend sieht er mich dabei an.
Ein tiefer Seufzer löst sich aus meiner Kehle. Wie komme ich nur aus dieser Sache glimpflich heraus? Sauer, besser gesagt wütend, bin ich auch noch, und zwar auf alle beide. Der Mann bringt mich zum Wahnsinn mit seiner liebevollen und zugleich neckenden Art. Ich muss auf der Hut sein, sonst verliebe ich mich noch in ihm. Denn so ein Supertyp, kann unmöglich etwas Ernstes von mir wollen. Der hat bestimmt einen oder mehr Lover. Aber einen Kaffee kann ich wohl kaum abschlagen.
„Ok, eine Tasse Kaffee ist noch drin, danach würde ich wirklich gerne gehen. Da Franco sich bei dir so wohlfühlt, lasse ich ihn direkt auf deinem Arm.“
„Prima, dann folge mir einfach.“ Er dreht sich um und steuert die Haustür an.
Wann sind wir eigentlich zum Du übergegangen? War ich das oder er? Na ja, ist jetzt auch egal.
Der Flur des Einfamilienhauses ist so breit, dass wir zu zweit gerade nebeneinander laufen können. Das ist viel zu nah! Hoffentlich merkt der Mann nicht, wie nervös er mich macht. Und dann kommt noch sein intensiver Duft dazu, den ich am liebsten in mir aufsaugen möchte. Ablenkung! Am besten frage ich ihn einfach aus.
„Wohnst du hier alleine?“ Ein breites Grinsen huscht über sein Gesicht.
„Ja, wieso fragst du? Möchtest du mich öfters besuchen kommen oder deinen Kater bei mir abgeben?“ Schockiert starre ich ihn an. Was für eine blöde Frage habe ich gerade gestellt! Natürlich muss er sich solche Gedanken machen. Das kommt davon, wenn man verknallt ist. Ja, so weit ist es schon mit mir! Mit einem knallroten Kopf stottere ich: „Äh … nein, natürlich nicht. Ich dachte nur, bei dieser Größe vom Haus und dann noch der Garten, dass …“
„… dass ein Mann nicht in der Lage ist, dieses allein zu bewerkstelligen? Wolltest du das sagen?“, vervollständigt er meinen Satz.
„Ja, so ungefähr.“
„Ich fühle mich geschmeichelt. Dann wird es jetzt Zeit, eine ausführliche Hausführung zu unternehmen.“ Er schnappt sich meine Hand und führt mich in den nächsten Raum. Ups, so war es doch nicht gemeint.
Seine Hand ist groß und warm, genau passend für meine, als ob sie zusammengehören. Ein leichtes Prickeln breitet sich von hier durch meinen gesamten Körper aus. Wie benommen folge ich ihm durch das Wohnzimmer, danach ins Bad und Gästezimmer. Alle Räume sind in Weiß und Braun gehalten. Alte Holzbalken, die teilweise ins Mauerwerk integriert sind, geben jedem Zimmer eine besondere Note. Jetzt stehen wir in der Küche, die im Landhausstil eingerichtet ist.
„Wow, ein Raum ist schöner als der andere.“ Ich nicke ihm anerkennend zu.
„Danke, als Innenarchitekt sollte es auch so sein“, erwidert der Fremde strahlend. Nur zögernd löst er meine Hand und setzt Franco auf den Boden, der sogleich an meinen Beinen schnurrend entlangstreicht. „Ach Katerchen, dir kann ich einfach nicht lange böse sein.
Während der Mann an der Kaffeemaschine hantiert, fragt er mich: „Wie magst du den Kaffee? Und wie heißt du?“
„Schwarz“, kommt es wie aus der Pistole geschossen. Lachend dreht er sich um.
„Schwarz den Kaffee oder Schwarz heißt du?“
„Äh, Jerome heiße ich und den Kaffee mag ich schwarz.“ Mann, was ist nur mit mir los? Jetzt reiß dich mal zusammen! schelte ich mein Gewissen.
„Das ist ein sehr schöner Name.“ Mit seiner Bassstimme wiederholt er leise meinen Namen: „Jerome.“ Und schon wieder überzieht mich ein Prickeln bis in meinem Unterleib. Wie macht er das mit seiner Stimme, dass ich sofort darauf reagiere? Dabei beobachtet er mich ganz genau.
„Und ich heiße Marno“, säuselt er. Puh, jetzt muss ich mich erst mal setzen, da sich meine Beine wie Wackelpudding anfühlen.
Kurze Zeit später reicht mir Marno einen Pott Kaffee. Wie zufällig sieht er mir tief in die Augen, sodass ich leicht errötet auf meine Tasse blicke.
„Was machst du so, Jerome?“
„Ach, ich schreibe ein wenig und unterhalte meinen Kater.“ Dabei richte ich den Blick auf ihn.
„Bist du Schriftsteller?“, will er von mir wissen.
„Nein, ich bin Songwriter.“
„Das ist ja cool. Für welche Band schreibst du? Oder darf man das nicht wissen?“
„Sei mir bitte nicht böse, doch im Moment möchte ich nicht genauer darauf eingehen. Sorry.“
„Nein, ist schon gut. Bin eben etwas neugierig.“ Wieder zwinkert er mir zu. Erleichterung macht sich breit und ein Lächeln huscht über meine Lippen. Irgendwie baut sich gerade ein Knistern zwischen uns auf. Ganz langsam beugt sich Marno über den Tisch. Wie gebannt heften sich meine Augen auf seinen Mund. Heiser flüstere ich: „Oh, komm nicht näher, denn ich bin gerade unberechenbar.“
„Ist das so?“, fordert er mich heraus. Fuck, was sollst, er hat es so gewollt! Augenblicklich treffen unsere Lippen aufeinander. Erst hart und fordernd, anschließend ganz sanft und zärtlich. Das war der Hammer! Keuchend drücke ich Marno von mir. Ich bin total aufgewühlt, weiß gerade nicht, wie ich mit dem Gefühlschaos umgehen soll. Deshalb schnappe ich Franco und flüchte aus dem Haus, ohne mich nochmals umzudrehen. Vage meine ich, dass Marno hinter mir herruft, doch die Worte kommen nicht mehr bei mir an.
Auf dem Weg nach Hause ärgere ich mich lauthals über mein blödes Verhalten. Einige der Passanten mustern mich skeptisch, die müssen glauben, ich bin ein wenig verrückt. Doch das interessiert mich nicht die Bohne. Mit Hard Rock versuche ich die miese Laune zu vertreiben, wogegen meine Nachbarin mit ihrem Klopfen an der Wand anderer Meinung ist. Dann werde ich mir mit Franco einen Film reinziehen.
Nun sind schon zwei Tage vergangen, ohne dass ich die Wohnung verlassen habe. Zum Glück gibt es das Internet, somit litt meine Arbeit keinesfalls darunter. Und beim Lüften musste Franco in ein anderes Zimmer, damit er mir nicht abhauen konnte. Bloß glücklich waren wir beide in keiner Weise. Franco hielt sich vorwiegend bei der Balkontür auf oder saß auf den Fensterbänken und miaute. Auch ich konnte Marno bis jetzt keineswegs vergessen.
Ständig sehe ich seine wundervollen Lippen und die braunen Augen vor mir, sodass es mir schwerfällt, mich auf etwas zu konzentrieren. Dennoch fehlt mir der Mut, ihn zu besuchen. Was denkt er denn von mir? Erst küsse ich ihn und dann haue ich ab. Wie kurios ist das denn? Nein, der will bestimmt nichts von mir wissen. Doch nun muss ich erst mal einkaufen gehen.
Gerade will ich die Tür aufschließen, da klingelt der Postbote. Freudig öffne ich ihm und nehme das Paket entgegen. Dabei habe ich kein bisschen gemerkt, wie sich ein Fellknäuel an meinen Beinen entlang schleicht und das Weite sucht. Kaum ist die Haustür geschlossen, begebe ich mich ans Auspacken. Zum Vorschein kommen zwei große Lautsprecher, die ich schon vor einer Woche bestellt hatte. Schnell hole ich sie aus der Verpackung, stelle die Boxen auf, verkable sie und schon kann die Musik genossen werden. Ach halt! Erst kommt mein Kater ins Schlafzimmer, damit ich die Lautstärke voll aufdrehen kann. Denn Franco und auch andere Katzen mögen keinen Lärm. Suchend blicke ich mich um. „Franco! Wo bist du?“ Jedoch ist weit und breit nichts von ihm zu sehen. Wut keimt in mir auf, ebenso auch die Sorge, ob es ihm gut geht. Ist er vielleicht wieder bei Marno? Zweimal hat er den Weg zu ihm gefunden, dann wird es Franco heute wohl auch geschafft haben, beruhige ich mich.
Schleunigst suche ich das Haus von Marno auf. Leider befindet er sich nicht wie sonst in seinem Garten. Somit ist der Gang zur Haustür unumgänglich, wenn ich meinen Kater zurückhaben möchte. Jetzt heißt es, allen Mut zusammenzunehmen und Marno unter die Augen zu treten. Nachdem ich den Klingelknopf betätigt habe, wird mir rasch die Tür geöffnet, so als ob er schon auf mich gewartet hat.
„Hallo Marno.“
„Hi, Jerome. Warum bist du hier? Um deinen Kater abzuholen?“
„Ja und nein. Ich möchte mit dir re…“
Zum Aussprechen gibt er mir keine Möglichkeit, denn plötzlich schnappt Marno meine Hand, zieht mich ins Haus, schmeißt die Tür zu und drückt mich an die Wand des Flures. Links und rechts neben meinen Schultern sind seine Hände abgestützt, sodass kein Entkommen möglich ist. Tief schaut er mir in die Augen und flüstert mit rauer Stimme: „Pst, nichts sagen, denn jetzt bin ich dran, Jerome!“
Mein Herz klopft wie wild. Angst und Verlangen macht sich in mir breit. Was nun? Zum Nachdenken ist keine Zeit mehr, denn er raubt mir den Verstand mit seinem fordernden Kuss, den ich gerne erwidere. Meine Hände suchen Halt an seinen Hüften, als das Zungenspiel intensiver wird. Wie zwei Ertrinkende klammern wir uns aneinander und küssen ums Überleben. Keiner möchte wirklich aufhören, doch die Pumpe sieht es anders. Keuchend lassen wir voneinander ab und sehen uns an, bis Marno wispert: „Ich habe dich vermisst.“
Wie, er ist nicht auf mich sauer? „Marno, eigentlich küsse ich keine Fremde einfach so. Das solltest du wissen, bevor du dir ein Bild von mir machst. Und außerdem spukst du jeden Tag in meinem Kopf herum, seit wir uns das erste Mal begegnet sind. So, jetzt ist es raus.“
„Die Vorstellung gefällt mir, dass ich in deinem Gedächtnis bin. Ist es nur, weil ich so gut küssen kann?“, neckt er mich. Oh, sehr selbstverliebt. Na warte, da spiele ich mit.
„Nö, es sind nur deine Haare und die Lip…“ Sein Mund presst sich auf meinen.
„Lippen wolltest du bestimmt sagen, nicht wahr?“ Er grinst mich unverschämt an. „Und mehr nicht?“, schmollt Marno.
„Dafür musst du mir schon etwas mehr bieten“, fordere ich ihn heraus und blicke demonstrativ auf seinen Schritt. Für einen kurzen Augenblick sieht er mich verblüfft an, doch dann huscht ein geheimnisvolles Lächeln über sein Gesicht.
„Habe ich dir eigentlich schon mein Schlafzimmer gezeigt?“, raunt er.
„Nein“, hauche ich zurück.
„Als guter Gastgeber werde ich das schleunigst nachholen.“ Sofort nimmt Marno meine Hand und steuert eine Tür an, die sich am Ende des Flures befindet.
In dem Raum steht an einer Wandseite ein großes, graues Boxspringbett mit einem weißen Kopfteil. Direkt daneben führt eine Tür in den Garten. Gegenüber vom Fußende befindet sich eine grau-weiße Kommode und zur rechten Seite ein Schwebetürenschrank in der gleichen Optik. Zwei große Pflanzen, einige Bilder von ihm geben dem Raum seine persönliche Note. Hinzu kommt noch die Deckenbeleuchtung, an der er keinesfalls gespart hat. Wie ein Sternenhimmel leuchten die kleinen LED-Lichter von der Decke, als Marno einen Schalter berührt. Für kurze Zeit bin ich von diesem Anblick abgelenkt, jedoch holt mich sein Kuss schnell in die Realität zurück. Seine Hand liegt nun in meinem Nacken und die andere zupft mein Hemd aus der Hose, um kurz darauf darunter zu verschwinden. Hm, ein wohliger Schauer breitet sich über den ganzen Körper aus. Mehr, noch viel mehr wünsche ich mir insgeheim und schließe die Lider, um mich der Situation voll hinzugeben. Marnos Zunge erforscht inzwischen immer tiefer meinen Mund. Mhm, schmeckt er gut. Hastig helfe ich ihm beim Entkleiden, bis ich nackt vor ihm stehe. Bloß auf einmal fällt mir ein, dass ich doch keine Schönheit mit meinem kleinen Bauch bin. Sogleich macht sich die Schamröte in meinem Gesicht breit, während ich den Kopf nach unten senke. Unwohl starre ich dabei meine Füße an.
„Nicht doch. Du siehst wunderschön aus.“ Zwei seiner Finger legen sich unter mein Kinn und drücken es vorsichtig nach oben, sodass ich ihn anblicken muss. Mit strahlend braunen Augen lächelt er mich an. Der meint es wirklich ernst. Aber das kann doch nicht sein? Mit seinem Aussehen und der Wahnsinnsfigur, schlank und dennoch muskulös, die durch die enge Jeans und das T-Shirt zum Vorschein kommen, kann ich niemals mithalten. Wieso meint er, dass ich schön bin?
„Nun hör auf zu grübeln. Dein tolles Gesicht bekommt sonst noch Falten. Und jetzt hilf mir lieber beim Ausziehen, damit ich dich endlich auf meiner nackten Haut spüren kann.“ Just in diesem Moment sind alle meine Bedenken auf einmal verschwunden, denn die Neugierde und Erregung haben mich voll im Griff.
Nach wenigen Minuten liegen auch Marnos Klamotten auf dem Boden verstreut und wir in seinem Bett. Schmachtend begutachte ich nun seinen Körper, wobei meine Finger auf Erkundungstour sind. Erst ein wenig zögerlich streicheln meine Hände über seine Brust, bis ich ein Brummen von ihm vernehme. Das wiederum spornt mich an, weitere Initiativen zu ergreifen. Schnell befinden sich seine Nippel zwischen meinen Fingern, die ich liebevoll zwirble, bis sie hart werden. So wie mein gutes Stück, das nach Aufmerksamkeit bettelt. Ich presse meinen Körper fest an seinen, um anschließend meinen Steifen an ihm zu reiben. Oh, wie geil das ist. Abermals stöhnt Marno, als ich über seine Hüften nach unten gleite. „Wow, genau so habe ich mir unsere nächste Begegnung gewünscht“, keucht er deutlich gequält.
Wenn er wüsste, was ich mit ihm in meinen Träumen gemacht habe; da war ein Blowjob, den ich ihm jetzt gerne geben möchte, recht harmlos. Mit der Zungenspitze ich lässig über die Oberlippe, um anschließend Marnos geilen Schwanz genüsslich in meinem Mund zu versenken. Geschickt verwöhnen meine Lippen und die Zunge seine Eichel, während meine linke Hand seine Hoden massiert. Wimmernd rekelt er sich mir entgegen.
„Bitte mach weiter“, bettelt Marno, als ich meine Hand wegziehe. Fasziniert betrachte ich sein erhitztes Gesicht, als ich die Tätigkeit wieder aufnehme. Er sieht einfach umwerfend aus. Der Rhythmus wird jetzt zunehmend schneller, unterdessen verrät ein leichtes Zucken seines Ständers, dass er kurz vorm Abspritzen ist.
„Jerome“, kommt es keuchend von ihm. „Ich kann nicht länger …“ Und schon kommt die geballte Ladung in meinen Rachen. Ich habe viel zu tun, um diese leckere Sahne herunterzuschlucken, aber das war es wert. Genüsslich lecke ich auch den letzten Rest von seinem Glied ab, als Marno erschöpft die Augen schließt und brummt: Du bist der Hammer. Komm zu mir!“ Dabei streckt er mir die Arme entgegen. Schnurrend wie ein Kater schmiege ich mich an ihn, wobei Marno mich ganz fest drückt. Genau das brauche ich gerade – und Erlösung für meine stark pulsierende Latte.
Noch bevor ich Hand anlegen will, liegt seine blitzartig über meinem Schwanz und beginnt ihn zu massieren. Wow, der versteht sein Handwerk. Nur lange werde ich es wohl nicht genießen können, da mich umgehend eine heiße Woge von Verlangen und Hingabe erfasst. Ein Schauer der Erregung überfällt mich innerhalb der Ekstase, als ich in seiner Hand abspritze. Nun liege ich auch stöhnend neben ihm, während mein Atem stoßweise aus der Brust tritt.
„Oh Mann, normalerweise komme ich nicht so schnell“, kommentiere ich ein wenig verlegen mein Verhalten. Grinsend drückt er seine heißen Lippen auf meine und wispert anschließend: „Willkommen im Club. Mir geht es gerade auch nicht viel anders. Und Dankeschön für das tolle Nikolausgeschenk.“
„Was meinst du damit?“, raune ich ihm ins Ohr.
„Hey, das weißt du …“ Jedoch wird Marno überraschend von Franco unterbrochen, der sich besitzergreifend auf meine Brust legt und zu schnurren beginnt. Kopfschüttelnd fangen wir gleichzeitig an zu lachen, wobei unsere Hände den Kater streicheln.
Von da an trafen wir uns regelmäßig in seinem Haus oder in meiner Wohnung. Natürlich durfte Franco stets dabei sein, denn ohne ihn hätten wir uns schließlich nicht kennengelernt.
An Heiligabend trafen wir uns bei ihm. Ein wundervolles Essen hatte Marno für uns aufgetischt. Als Vorspeise gab es eine Kürbissuppe, zum Hauptgericht Kartoffelsalat mit Würstchen und als Dessert Bratäpfel. Er weiß eben ganz genau, was ich mag. Anschließend begaben wir uns auf das Sofa und knutschten miteinander, bis ein Miauen unsere Aufmerksamkeit unterbrach.
„Was denn? Hast du nicht gerade Futter bekommen?“ Fragend sehe ich auf Franco, der zu unseren Füßen sitzt. „Miau“, kommt prompt die Antwort. Sogleich springt er mit einem Satz vom Sofa und läuft zum Tannenbaum. Dort liegen in schönem Weihnachtspapier verpackt, ein paar Geschenke, die nur darauf warten, ausgepackt zu werden. Über eines macht er sich gerade her.
„Ich glaube, Franco ist der Neugierigste von uns dreien“, schmunzelt Marno. „Gut, dass er weiß, was für ihn bestimmt ist“, fügt er hinzu.
„Ehrlich gesagt, bin ich auch sehr neugierig“, gebe ich zwinkernd zu.
„Na, dann lass uns beginnen“, schlägt Marno vor und reicht mir ein kleines Geschenk. Geschwind löse ich das Papier, dabei kommt ein Kästchen zum Vorschein. Flink öffne ich dieses und starre erfreut auf einen Wohnungsschlüssel. Nicht irgendeiner, sondern der von Marno. Strahlend blicke ich ihn an, als er mich fragt: „Kannst du dir vorstellen, bei mir einzuziehen? Ich weiß, wir kennen uns noch nicht so lange. Doch mir kommt es so vor, als wären wir schon ewig zusammen. Für dich, nein für euch beide, würde ich sogar einiges verändern, wenn es nötig ist. Nur bitte, komm zu mir, denn ich kann nicht so lange ohne dich sein. Ich liebe dich.“
Wow, Marno meint es ernst. Zum Glück, denn ich habe mich Hals über Kopf in ihn verliebt.
„Was soll ich dazu sagen?“ necke ich ihn. Verwirrt und enttäuscht zugleich sieht er mich an. Langsam öffnet er den Mund, um etwas zu sagen. Jedoch komme ich ihm zuvor.
„Natürlich nehme ich den Schlüssel an. Du wirst uns ab jetzt nicht mehr los, denn wir beide lieben dich ebenso.“
„Du hast mich ganz schön erschreckt. Umso glücklicher bin ich jetzt, mein Leben mit euch zu teilen.“ Gierig dringt seine Zunge in meinem Mund und seine Hände wandern …
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Texte: Marel.a
Bildmaterialien: Pixabay
Cover: Pixabay
Satz: Marel.a
Tag der Veröffentlichung: 15.01.2021
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
DANKE
an meine Beta-Leser, die sich die Zeit genommen haben, die Geschichte zu lesen und zu kommentieren.