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Vorwort

Auf den Rücken der Pferde

– Die Liebe

von

N.J Morgan

 

 

 

 

 

Was ist Liebe?

Ist es eine chemische Reaktion, ausgelöst auf Grund von Pheromonen und Hormonen, die die Vermehrung einer Art erhöhen und vereinfachen sollen, sodass diese nicht ausstirbt?

Ist es ein Begriff von den Dichtern erfunden, die lange vor uns lebten, Leser benötigten und somit einen Vermarktungsbegriff suchten?

Ist es…? Ja was ist es?

 

LIEBE  ist ein Chaos aus Gefühlen, die nicht immer beschreibbar oder schön sind, die dich in den Abgrund ziehen oder in den Himmel heben können.

LIEBE ist unberechenbar und fällt manchmal sogar  dorthin wo sie Probleme schafft.

LIEBE ist…

Alles was du dir vorstellst oder auch nicht.

Prolog

Prolog

Josephine Hermanns Familie hatte noch nie besonders viel Geld, doch es reichte  zum Leben und für ihre geliebten Pferde, die sie vergötterte. Als sie eines Tages von der Schule nach Hause kam und die Pferde verschwunden waren, war sie am Boden zerstört, so zerstört wie ein elfjähriges Mädchen es sein kann. Josephine war aber klug genug, um zu wissen, dass die Abgabe ihrer geliebten Tiere wichtig und richtig war, aber sie liebte sie immer noch. Sie träumte davon später wieder ein eigenes Pferd zu haben und auf einen Reiterhof zu leben.

Bis dahin ging sie eben auf den Hof ein paar Dörfer weiter. Dort war Josephine immer noch von Pferden umgegeben.

 

Josephine mit 15…

 

Josephine verbrachte jedes Jahr ihre Sommerferien liebend gern auf dem Gestüt eines Freundes der Familie und diesen Sommer würde sogar Geld damit verdienen.

Gerade mistete sie die zwölfte Box dieses Tages aus. Es war harte Arbeit, brachte sie aber auch den Pferden nahe und sie bekam Geld dafür. Nur einen Nachteil gab es diesen Sommer…

Die Schiebetür, die sie auf Grund des heutigen starken Windes verschlossen hatte, wurde geöffnet und jemand trat mit dem sogleich auftretenden Luftzug auf den Stallgang, jemand den Josephine gerade und eigentlich nie sehen wollte. Jessica Debussy, eine hochnäsige halbfranzösiche Vollzicke, die obendrein noch die Freundin vom Sohn des Gestütsbesitzers  war, kam, mit langsamen langen Schritten und einen prüfenden Blick in jede schon gemachte Box, auf Josephine zu. Jo behielt sie nur im Augenwinkel und machte ansonsten ihre Arbeit geflissentlich weiter. Heute durfte sie früher gehen, wollte aber trotzdem viel schaffen, erst recht da die anderen Arbeiter auf den Feldern zu Gange waren. Der Besitzer des Gestüts, Herr Sommerfeld, hatte ihr eigentlich vorgeschlagen nicht arbeiten zu müssen, da sie heute ihren Abschluss der zehnten Klasse hatte. Josephine lehnte jedoch ab und wollte stattdessen nur früher gehen.

„Josi wenn du heute schon früher gehen darfst, würde ich die Arbeit an deiner Stelle wenigstens einmal ordentlich machen.“, sprach, die ihr verhasste Stimme, zu ihr.

Nur diese Hexe nannte sie ‚Josi‘. Die Angesprochene erwiderte nichts, denn sie beide wussten, dass sie ordentlich gearbeitet hatte, denn das tat sie für die Pferde immer. Jessica schikanierte sie schon seitdem sie die letzten zwei Wochen als Praktikantin hier arbeitete. Jetzt wo Josephine angestellt und nicht nur noch als Freundin der Familie hier war, dachte Jessica sich sie hätte frei Bahn, um sich als Chefin vor ihr aufzuspielen. Jessica die so strohdumm war, wie es ihre gefärbten dunklen Haare und  ihr hübsch geschminktes Gesicht nicht unbedingt vermuten ließen, kommandierte die vier Jahre jüngere Josephine mit ihrem dunkelblondem mit goldenen Strähnen durchzogenen Haar herum. Es gab nur einen Grund warum sie sich dies gefallen ließ…

„So jetzt hör mal auf zu arbeiten und hör mir zu!“, forderte Jessica sie auf.

Jo legte die Mistgabel weg und erwiderte:

„Ich bin ganz Ohr, also los, was ist es diesmal? Was muss ich diesmal für dich tun?“.

Jessica hob kurz missbilligend ihre rechte Augenbraue. Lange musste sie nicht auf ihre Antwort warten. Jedoch würde diese neue Aufgabe vieles ändern.

         „Du wirst kündigen.“

Rein aus Reflex wollte Josephine schon mit einen „in Ordnung“ antworten, denn das tat sie immer, stattdessen sagte sie einfach nur:

         „Nein.“

Wieso sollte sie kündigen? Die Sommerfelds brauchten sie, denn auf der Schnelle würden sie keinen neuen Stallarbeiter finden und außerdem benötigte sie das Geld. Langsam musste sie anfangen sich etwas für Studium und Führerschein zusammen zu sparen, denn ihre Familie konnte nichts dazu steuern.

„Doch Josi und du wirst nicht nur kündigen, sondern auch nie wieder zum Gestüt kommen und dich von den Sommerfelds fernhalten. Ansonsten werde ich jedem den ich kenne oder den du kennst und ganz besonders den Behörden erzählen, dass deine Eltern Alkoholiker sind.“

Das war der Grund warum sie alles für Jessica tat, was diese wollte. Vor zwei Wochen als Herr Sommerfeld sie einstellte und damit einen anderen Bewerber ablehnte, war Josephine mal wieder völlig fertig auf den Hof gekommen. Ein Wochenende voll von Geschrei, Kochen, Beruhigen ihrer Geschwister, Sorgen machen über die Finanzen und Wegräumen von Schnapsflachen war zu Ende. Wie jeden Wochenanfang flüchtete Jo sich aus ihrem Alltag, bloß das sie diesmal nicht wie sonst zur Schule ging, sondern zu ihrem Praktikum das gleichzeitig ihr Ferienjob werden sollte. Äußerlich völlig ruhig, aber innerlich aufgelöst war sie am Gestüt angekommen und von Herrn Sommerfeld in Entfang genommen worden. Dieser hatte sie sogleich durchschaut und Jo auf die familiären Probleme angesprochen. Nach kurzem Zögern hatte sie ihm wieder einmal alles erzählt. Diesmal aber unter Beobachtung eines unerkannten Zuschauers- Jessica. Jessica, die seitdem sie mit Lucas Sommerfeld zusammen war auf den Reiterhof als Reiterin arbeitete und seit kurzem lebte und somit ein sehr bequemes Leben führte, hatte alles gehört. Außerdem war sie das Fräulein Debussy, das chronisch eifersüchtig war und Josephine loswerden wollte, nur weil sich Lucas und sie von Kindheit an kannten und Freunde waren und sich somit gut verstanden. Diese Person hatte von diesem Zeitpunkt an etwas in der Hand gegen ihre, für sich selbst auserkorene, Feindin.

Wenn Jessica das Gehörte jemanden verraten würde, konnte es nicht mehr lange dauern bis das Jugendamt davon erfahren und die drei Kinder von dort wegholen und vermutlich trennen würde. Nein, das konnte Jo nicht zu lassen. Egal wie oft sie sich mit ihren Geschwistern, erst recht mit ihrer kleinen Schwester stritt.

„In Ordnung“, antworte sie, schnappte sich die Mistkarre und brachte diese weg.

Sie hatte alles noch weggeräumt, ihre Sachen gepackt und war zu Bushaltestelle des Dorfes gegangen. Dort schrieb sie, während sie auf den Bus wartete eine Nachricht an Herr Sommerfeld ihren nun ehemaligen Chef.

„HERR SOMMERFELD; ES TUT MIR LEID: ICH KANN NICHT WEITER FÜR SIE ARBEITEN.“

 

Viel zu kurz und viel zu knapp. Ohne Erklärung, aber nur so würde sie sich an die Abmachung halten können. Den Grund für ihre ‚Kündigung‘ konnte sie ihm nicht nennen, denn dann würde Jessica ihre Drohung wahrmachen und dann könnte selbst der Freund der Familie nichts mehr tun. Das einzige was ihre Geschwister und sie davor schützen konnte getrennt zu werden, war dieser stille Abgang, um Jessica freie Bahn auf ihr Wunschleben zu geben. Lucas ihren jahrelangen Freund schickte sie erst gar nicht eine SMS, das würde sie nicht übers Herz bringen, denn aus Freundschaft, war von ihrer Seite aus, Liebe geworden, die sie aber als Teenagerschwärmerei abtat.

So saß sie nun da auf einer Bank wartend auf den Bus.

 

Das knapp ein 1, 80m große kluge Mädchen mit den Haaren, die in der Sonne goldblond schimmerten und den blaugrünen Augen, das nach außen hin stark wirkte, war für diesen Moment innerlich ein kleines Stück zerbrochen und würde 13 Jahre lang auf keine Kontaktaufnahme der Familie Sommerfeld reagieren.

Jo würde sich an die Abmachung halten.

 

 

1. Kapitel

Kapitel 1

 

„So Josephine Caitlyn Hermann, bald Schmehling sie werden dieses Wochenende mit uns ihre Verlobung feiern gehen, ob sie wollen oder nicht. Ihre Freunde unter andern ich werden sie dazu zwingen.“

 

Über den Wortlaut des Satzes muss ich schmunzeln. Wer würde das nicht tun, wenn zwischen zwei besten Freundinnen solche formellen Sätze fallen? Aber…

 

Unsicher knabbere ich an meiner Unterlippe bevor ich in mein Handy antworte:

„Marie es tut mir wirklich leid, aber ich kann nicht. Ich begleite Tobias zu einen Reitturnier in meine alte Heimat.“

 

Für mein Gesprochenes bekomme ich ein entrüstetes Schnauben vom anderen Ende der Leitung zu hören. Eines von den Tönen, die ich gerne selber von mir geben würde, wenn ich daran denke, das dieses Turnier auf einen Gestüt stattfindet, das ich seit dreizehn Jahren nicht mehr betreten habe und nie mehr betreten wollte oder besser gesagt sollte.

 

Ich war damals nach meiner kurzfristigen ‚Kündigung‘ mit Nachrichten, Anrufen und Besuchen zu Hause von Lucas und seinem Vater bombardiert worden, war aber nie auf irgendwas davon eingegangen. Sie hatten es über meine gesamte Familie und meinen Freunden versucht, Herr Sommerfeld über seinen Freund, meinen Vater, und über meine Mutter und Lucas über meine Geschwister und allen anderen, die mit mir Kontakt hatten. Ich reagierte nie, wich aus und erzählte keinen von ihnen, auch nicht meiner Familie, wieso ich so war. Irgendwann  hatten sie dann anscheinend verstanden, dass sie keine Chance hatten. Seit diesem Zeitpunkt hatte ich die Sommerfelds aus meinen Gedanken verbannt und sie komischer Weise nie mehr direkt gesehen. Immer nur von weiten, oder im Vorbeifahren und auf den Fotos von denen ich jedes Jahr eins zusammen mit einen Geschenk zu meinen Geburtstag bekomme habe… Selbst als sich Lucas von Jessica nach drei Jahren trennte, was ich nur über meine Mutter erfuhr, war die Scham auf Grund meines Abgangs zu groß, sodass ich mich nicht bei ihnen meldete und mich lieber in mein Studium stürzte.

 

Damals bestand zwar die Gefahr, dass wir Hermann Kinder getrennt werden könnten nicht mehr. Unsere Mutter war trocken geworden und unser Vater im Altersheim, also hätte Jessica nichts gegen mich in der Hand gehabt, aber wie gesagt die Scham- und die Schuldgefühle, darüber das ich sie im Stich ließ…

 

Egal. Vergangen ist vergangen.

 

Tobias hatte mich mit Hilfe meiner Mutter überredet, mein zu Hause besuchen zu fahren, denn seitdem ich Lehrerin geworden war und nebenbei mein Studium zur Tierärztin auf Spezialisierung zu Pferden machte, hatte ich meine Mama nie mehr zu Hause besucht, sondern sie immer mich.

 

„Jo das kannst du nicht machen! Nie lässt du dich feiern und Party machen tust du auch so gut wie nie. Wir haben deinen Abschluss des Lehrerstudiums nicht gefeiert, okay das habe ich mir ja noch alle gefallen lassen. Dann kam vor einen Jahr dein Doktortitel den du neben deiner Arbeit als Lehrerin geschafft hast. Keine Party. An deinen Geburtstagen feierst du auch nicht richtig und jetzt die Verlobung, für die du als Belohnung zu einen Reitturnier in deine Heimat fährst. Juhu. Du bist eine miese Freundin. Ich will endlich mal eine richtige Feier für dich planen“, schnauzt mich Marie durchs Telefon an.

 

Oh die ist aber sauer. Ich hasse Partys bei denen es um mich geht, aber diesmal würde ich eine solche mit offenen Armen entfangen. Marie weiß genau wie Tobias, als die zwei einzigen Personen alles über mich, auch die Jessica Geschichte, die sie aber nicht ganz verstehen wollen. Sie wissen sogar mehr als meine eigene Familie, deshalb spreche ich ganz ruhig.

 

„Ich würde lieber mit dir feiern. Das kannst du mir glauben, denn das Turnier ist nicht nur in meiner Heimat, sondern auf den Sommerfeld Gestüt, aber Tobias findet das es Zeit wird zurückzukehren und er meint, sie würden mich bestimmt eh nicht im Trubel des Turniers sehen, geschweige denn erkennen.“

 

Außerdem will er bei der Gelegenheit auch sehen, wo ich herkomme und die Orte meiner Kindheit mit mir zusammen kennen lernen. Bei der Gelegenheit werden wir meiner Mutter und meinen Geschwistern, die immer noch in der Gegend wohnen auch berichten, dass wir heiraten werden.

 

Kurz ist es still am anderen Ende der Leitung, doch dann sagt meine beste Freundin:

„Warum hast du das denn nicht gleich gesagt? In Ordnung unter den Umständen kann ich dir eine erneut verpasste Feier verzeihen. Eins sage ich dir aber, deine Hochzeitsfeier wirst du mitmachen müssen.“

 

Wir fangen beide an zu lachen. Die Befreitheit dieses Moments ist einfach zu schön. Ein hoffentlich guter Anfang dieses Wochenendes.

„Aye, aye Mam. Ich muss dann mal Schluss machen, denn ich muss noch zu Tobias und den Pferden. Wir hören uns.“

„Gut dann geh mal zu deinen Traummann und deinen geliebten Tieren. Bis dann und pass auf dich und Tobias auf. Have you love“

„Mach ich. Du auf dich auch. Have you love, too.“

 

Ich kenne Marie jetzt schon fast so lange wie ich Lucas damals kannte. Durch einen Zufall begegneten wir uns. Damals war ich auf der Suche nach einen billigen Zimmer, das ich während des Studiums bewohnen könnte. Ich kam gerade von einer WG in der ich auf keinen Fall ziehen wollte und war auf den Weg zur nächsten Wohnung, als vor meinen Füßen eine Reisetasche landete. Irritiert hielt ich nach dem Ursprungsort Ausschau. Dabei blickte ich nach oben direkt in das Gesicht einer wütend aussehenden Rothaarigen, die mich sogleich ankeifte:

 

         „Suchst du was, oder warum guckst du so?“.

Frustriert  von der erfolgslosen Wohnungssuche antwortete ich genauso zickig:

         „Ja, ein Zimmer und du?“.

 

Das war der Beginn unserer Freundschaft, denn Marie war diese rothaarige (kleine Power-) Frau gewesen und sie hatte mir die Sachen von ihren Exfreund und gleichzeitig Exmitbewohner  vor die Füße geworfen. Noch am selben Tag zog ich in das nun freie Zimmer.

 

Mit meinen Gedanken fertig stehe ich auf, schnappe mir meine Sachen und verlassen meine Wohnung. Ich wohne in dieser so gut wie alleine, denn Tobias ist den größten Teil seiner Zeit unterwegs auf Turnieren. Nur hin und wieder begleite ich ihn.

 

Die Treppe hinuntergelaufen öffne ich unten die Tür des Hauses und gehe zu meinen Wagen, der am Rand der Straße geparkt steht. Diesen schließe ich auf und verstaue meine Sachen auf der Rückbank. Danach steige in den Wagen und starte ihn, um mich auf den Weg zu dem Gestüt zu machen bei dem Tobias seine Pferde untergebracht hat und wo sich auch meine wunderschöne Friesenstute Sally befindet. Wenigstens ein Traum hat sich erfüllt. Ich habe wieder ein eigenes Pferd.

 

Auf der kurzen Fahrt zum Gut Alsthal denke ich darüber nach wie ich Tobias kennen gelernt habe. Zwischen ihm und mir gibt es keine so witzige Geschichte wie bei Marie. Wir waren uns schon öfter auf dem Gut begegnet, aber er war mir nie ins Auge gefallen. Irgendwann erkrankte dann sein Vollbluthengst Aron und da ich die auszubildende Tierärztin des Gutes war, kümmerte ich mich um ihn. Er hatte eine Kolik, denn Tobias ließ ihn als Belohnung nach einem Turnier (er ist Profireiter) auf eine gerade neu erschlossene Weide. Dort graste der Hengst in aller Ruhe, aber leider waren es viele wasserfüllige Gräser. Naja, Schlussfolgerung Kolik  das hieß, dass das Pferd in Bewegung bleiben musste und das konnte ich selbst ohne fertigen Doktortitel erkennen. Tobias und ich wechselten uns ab. Es dauerte einen Tag und eine Nacht bis man Aron wieder gefahrlos alleine lassen konnte. Danach lud mich Tobias zum Essen ein, aus einer Einladung wurden zwei und immer so weiter. Das war vor drei Jahren.

 

Gestern hat er mich gefragt, ob ich ihm heiraten will und da ich es als richtig ersah und ich ihn ja liebe, sagte ich „Ja“.

 

Ich betätige den Blinker, da ich jetzt nach rechts in die Ausfahrt zum Gut abbiegen muss. Ein Plattenweg erwartet mich. Diesen folge ich bis hin zu den mit Kies ausgelegten Parkplätzen, wo ich meinen umgebauten schwarzen Jeep, der energieeffizienter als andere seiner Art ist, abstelle. Ich steige aus und halte nach meinen Verlobten Ausschau. Am Paddock finde ich ihn, wo er gerade seinen Hengst einen Halfter anlegt. Meine Schritte führen mich zu ihm. Außer Tobias und Aron befindet sich dort noch meine Sally. Ich nehme ihren gelben Halfter und den Führstrick in derselben Farbe und trete auf sie zu.

„Hey meine Süße. Jetzt geht’s auf große Fahrt. Noch heute lernst du meine Heimat kennen“, murmele ich ihr etwas verbittert zu während ich sie streichele, tätschle und eine Stück Mohrrübe gebe, die ich immer in der Jackentasche habe.

 

Danach halftere ich sie und führe sie am Führstrick aus dem Paddock. Dort binde ich sie an einen Balken an. Erst jetzt begrüßen mein Verlobter, der bis eben neben seinen rotbraunen Hengst stand, und ich uns. Tobias mit seinen hellblonden raspelkurzem Haar und den braunen Teddybäraugen tritt zu mir, legt seine Arme um meine Taille und drückt mich an sich. Dann flüstert er ganz nah an meinen Lippen:

„Na meine wunderschöne Pferdenärrin hast du deinen Verlobten schon wegen den Pferden vergessen?“.

Ich muss schmunzeln. Wunderschön? Meine Oberschenkel sind etwas zu kräftig und ich habe auch einen leichten Bauch, aber welche Frau hört so etwas nicht gern und welche hat nicht so ihre Problemchen‘?

„Du alter Charmeur. Natürlich habe ich dich nicht vergessen, aber dich habe ich erst vor etwa eine Stunde gesehen und Sally nicht. Du kannst jedoch auch gerne eine Karotte bekommen, wenn du darauf anspielst.“

Dafür lächelt er mich an und zieht mich noch etwas enger an sich, bevor er erwidert:

„Danke für das Angebot, aber ich glaub ich lass den Pferden das Gemüse und nehme mir stattdessen etwas anderes.“

 

Nach seinen Worten küsst er mich. Es fühlt sich schön an und sicher. Die Art von Sicherheit die entsteht, wenn man weiß, dass der andere einen liebt.

 

         „Ich liebe dich“, spricht er. Worauf ich ein: „Ich dich auch“, erwidere.

Uns gegenseitig festhaltend stehen wir noch eine kurze Weile zusammen bis ich unsere Zweisamkeit unterbreche in dem ich frage:

„Kannst du den Anhänger schon mal an den Jeep hängen und her fahren? Dann könnte ich Aron begrüßen und die beiden noch kurz durchchecken.“

„Okay, aber wehe du fliehst. Dieses Wochenende zeigst du mir wo du herkommst und wir erzählen deiner Familie von unserer Verlobung.“

„Ich werde nicht fliehen. Es wird Zeit zurück in die Heimat zu fahren. Ich war schon zwei Jahren nicht mehr bei  meinen Vater.“

 

Zwei Jahre? Jetzt wo ich es ausgesprochen habe, ist noch schlimmer als gedacht. Ich bin eine Rabentochter. Was bringen einen Mann mit Alzheimer denn Anrufe? Die Sommerfelds sind mir jetzt egal, wie Tobias schon sagte, sie erkennen mich bestimmt eh nicht und wenn doch muss ich damit leben. Das einzige was jetzt zählt ist meine Familie und am meisten mein Vater. Wie es ihm wohl geht? Bei meinen Anrufen war er immer so teilnahmslos. Kein Wunder, denn als er vor etwas über zehn Jahre eingewiesen wurde, war er 68 und im Anfangsstadium seines Alzheimers. Meine Tränen unterdrücke ich…

 

Ich gebe Tobias die Autoschlüssel und gehe dann die drei Schritte zu den Pferden. Dort begrüße ich Aron und gebe ihm eins der drei Möhrenstücke, die sich noch in meinen Jackentaschen befinden. Danach taste ich seine Beine, Rücken, Schultern, Kruppe und Bauch ab. Als nächstes leuchte ich ihm mit einer kleinen Taschenlampe, die sich ebenfalls in meiner Jackentasche befand, in seine Nüstern und Rachen. Alles bestens. Das Gleiche tue ich auch bei meiner vierjährigen Friesenstute Sally. Bei ihr komme ich zum gleichen Ergebnis. Am Ende meiner Untersuchung parkt Tobias auch schon den Jeep samt Pferdeanhänger fünf Meter entfernt von mir und den Pferden. Er steigt aus und bringt die Tasche mit den acht Bandagenrollen für die Pferde mit, die ich anscheinend auf den Beifahrersitz vergessen hatte.

 

         „Die hab ich wohl vergessen. Danke dir“, sage ich zu meinen Verlobten.

„Bitte, bitte“, antwortet er mir mit einen Grinsen, das wohl so viel heißen soll wie: ‚Du vergisst auch immer wieder was‘.

 

Ich lächele nur zurück und entnehme der Tüte vier weiße Bandagen, die ich um den Bereich von Sallys Sprunggelenken wickele, damit sie sich beim Transport im Hänger nicht verletzt. Tobias tut das Selbe bei Aron. Danach binden wir die Pferde los und führen sie zum Anhänger in dem genau Platz für zwei Pferde ist. Mein Verlobter betritt mit seinen Hengst als erstes die Rampe, den er dort dann fest macht, bevor ich mit meiner Stute folge. Zu Glück ist diese zurzeit nicht rossig, denn dann hätte ich sie auf diese Fahrt nicht mitnehmen können. Aron wäre dann nicht so ruhig und handzahm wie jetzt.

 

 

Nach einer eigentlich mit sechs Stunden geplanten Fahrt, die am Ende acht Stunden dauerte, erreichen wir nun um halb sechs abends meine alte Heimat.

Tobias parkt das Auto mit dem Anhänger an einem Rondell aus Grün, das an einen Grundstück mit vier Wohnungen grenzt. In einer davon werden wir die nächsten Tage verbringen. Mein Verlobter stellt den Motor ab und wir steigen aus dem dunkelgrünen Jeep aus.

 

„So ich würde sagen, wir gehen als erstes hoch und begrüßen deine Mutter“, spricht mein Begleiter.

Ich antworte ihn zuerst nicht, sondern verfalle in Gedanken.

 

Seit sechs Jahren habe ich diese Wohnung, die hinter den sieben Fenstern von links im ersten Stock liegt, nicht mehr betreten. Die Gründe dafür sind alles andere als plausibel. Keine Zeit. Studium. Eine zu lange Strecke. Zu viel Arbeit…und, und , und die Sommerfelds. Wie lächerlich ich mich verhalten habe. Wieso habe ich die Sache nicht bereinigt, als meine Mutter wieder festen Boden unter den Füßen hatte und nicht mehr zur Flasche greifen musste? Scham- und Schuldgefühle? Auch, aber zum größten Teil unergründliche Angst. Angst die Flucht  hervor rufte.

 

Die Flucht war damals bis heute viel einfacher,  nicht besser, aber so schön einfach.

 

„Kommst du?“, unterbricht Tobias meine Gedanken.

Kurz überlege ich, obwohl ich die Antwort schon längst weiß. Sie stand schon fest als ich ins Auto gestiegen bin.

„Ja, ich komm gleich nach. Du kannst ja schon mal hoch gehen, derweilen schau ich kurz nach Aron und Sally.“

„Okay bis gleich.“

Ich lächele ihn zu und unserer Bewegungen gehen in verschiedene Richtungen. Seine zur Treppe, die an der Eingangstür liegt, und meine zur Heckklappe des Anhängers. Da fällt mir ein.

„Tobiii!“, rufe ich ihn, damit er noch einmal zurück schaut. Er hört mich auch und als Antwort kommt: „Ja?“.

„Wann wirst du Aron wegbringen?“, frage ich, da mir bewusst ist, dass er Aron auf den Sommerfeld Gestüt bringen wird.

 

Warum auch nicht? Dort ist das Turnier, also ist es nur logisch. Sally kann ich hoffentlich hier im Dorf unterbringen, denn ich möchte sie so nah wie möglich bei mir haben. Ich hab mir dieses verlängerte Wochenende ja auch für mich freigenommen. Meine Liste für diese vier Tage lautet:

  1. Zeit mit Tobias verbringen
  2. meine Mutter besuchen
  3. meine Geschwister und Leute von früher wiedersehen
  4. Sally verwöhnen und reiten
  5. die Vergangenheit ins Auge blicken (hoffentlich doch umgehen?)
  6. etwas Zeit für mich finden
  7. sonst alles tun, was getan werden muss

Eine relativ lange Liste…

 

Tobias muss wohl, während ich in Gedanken war, zurückgekommen sein, denn jetzt steht er vor mir und drückt die Heckklappe, die ich gerade geöffnet habe, wieder zu.

„Du meinst, wann ich Aron und Sally wegbringe. Gleich und das werden wir beide tun. Die Pferde brauchen nach der langen Fahrt etwas Bewegung und wer weiß ob sie auf der Koppel Platz finden, also werden wir zum Gestüt die elf Kilometer reiten.“

 

Entgeistert schaue ich ihn an. Wenn die Sommerfelds uns beide entfangen und das tun sie mit Besuchern immer, dann werden sie mich erkennen. Von wegen sie werden mich eh im Trubel des Turniers nicht sehen.

 

Ich blinzele einmal lange und streiche danach über meinen Pferdeschwanz bevor ich anfange zu sprechen:

         „Aber…“. Ich werde von Tobias unterbrochen.

„Nichts aber. Du musst dein Glück etwas reizen und so haben wir endlich mal wieder etwas Zeit für uns, in der wir nichts weiter tun, als auf einen Pferd zu sitzen. Deine Mutter ist eingeweiht. Sie wird uns dann mit dem Jeep abholen. Jetzt lass uns erst einmal hoch zu ihr gehen.“

 

Oben schließe ich ohne zu klopfen, die Haustüre auf, denn das habe ich früher auch immer, wie auch alle anderen meiner Familie gemacht. Dafür steckt ja auch immer der Schlüssel. Damals, wie auch anscheinend heute.

         „Wir sind da“, rufe ich und ziehe den Geruch von Kaffee und Cappuccino ein

Sogleich höre ich die Schritte meiner Mutter, die sich von der Küche auf uns zu bewegen.

„Hallo mein Schatz, hallo Tobias. Wie war die Fahrt?“.

Und das Gespräch beginnt.

 

 

Wie viel sich verändert hat in meiner Heimat, aber doch gleich geblieben ist. Langsam werde ich mir aber sehr unsicher über die Sache mit dem ‚nicht erkennen‘, denn die Leute denen wir unterwegs begegnet sind, haben mich zwar nicht immer sofort erkannt, aber auf den zweiten oder dritten Blick schon. Jetzt ist es aber zu spät für einen problemlosen Rückzieher. Mein Verlobter und meine Mutter haben sich gegen mich verschworen und haben mich davon ‚überzeugt‘ Sally auf den Sommerfeldhof unterzubringen, besser gesagt meine Mama hat jeden der Platz für meine Stute hätte, überredet zu sagen, dass sie keinen hätten. Ihr kann ich nicht mal die Schuld geben, denn in dieser Sache ist sie wie ein unschuldiges Kind. Sie weiß ja nichts von der Situation von früher. Tobias schon, aber in einer Beziehung, die bald eine Ehe ist, muss man ja Kompromisse eingehen. Also kann ich mir als Ausgleich einen  großen Kompromiss ausschauen.

 

         „Jo‘ komm lass uns ein Wettrennen machen.“, sagt Tobias.

Ein Wettrennen? Nichts lieber als das, deshalb erwidere ich:

„Okay. Du weißt wo es lang geht? Immer geradewegs aus, bist du auf eine andere Straße triffst. Die dann folgen und wenn du bei der Kirche ankommst einen kleinen Weg links rein und danach rechts. Dann siehst du den Hof schon.“

„In Ordnung.“

 

Tobias treibt seinen wunderschönen Hengst an und ich folge ihm mit der Entschlossenheit, dass er mir folgen muss, denn etwas anderes wird ihm nicht übrigbleiben, wenn ich gewinne.

Ein Lachen gleitet über meine Lippen

Sally und ich gleiten regelrecht über die Straßen hinweg. Die Leute, an denen wir vorbei galoppieren, lächeln uns an. Tobias und sein Pferd gleiten an mir vorüber. Kurz kann ich sein breites Lächeln sehen, dann bin ich aber schon in Gedanken und überlege mir, wo ich ihm ein Schnippchen schlagen und eine Abkürzung nehme kann.

 

Mir fällt sogleich eine ein. Es gibt einen kleinen Pfad, der zwischen zwei Gärten führt. Er ist zwar nicht breit genug für ein Auto, aber für ein Pferd allemal und führt direkt auf den schon für Tobi beschriebenen Weg. Ich überlege kurz ob es unfair gegenüber Tobias wäre, wenn ich diese Abkürzung nehme, aber verwerfe diese Überlegung sogleich, denn auch er hat einen Vorteil. Aron sein Hengst ist, auch wenn Sally sehr schnell für einen Friesen läuft, schneller.

 

An der Stelle, wo ich kurz vorher noch den dunkelbraunen Schweif von Aron gesehen habe, reite ich vorbei, um ungefähr zweihundert Meter weiter selbst in einen Weg links abzubiegen. Ich vertraue darauf, dass Sally nicht scheut, auch wenn der etwa einanhalb Meter breite Weg an den Seiten dicht mit Efeu bewachsen ist.  Sie enttäuscht mich nicht und zügig reiten wir den Gang entlang hin zum Weg auf den auch mein ‚Gegner‘ reitet.

 

Ich weiß. dass ich kurz vor Tobias rauskomme und freue mich darüber, denn er ist nun wirklich hinter mir, was er mit einen „Hey“ quittiert, worauf ich herzhaft lache.

 

Auch Sally scheint voller Elan, denn sie steigert noch einmal und ich sehe die Straße die mich vom Gestüt trennt immer näher kommen. Zu Glück ist es schon immer so gewesen, dass die Autos an dieser Stelle besonders langsam fahren. Das Schicksal muss es nur gut mit uns meinen und keinen Urlauber vorbei kommen lassen, denn die fahren gerne mal schneller.  Deshalb versuche ich schnell mich an die Verkehrsordnung zu halten und nach links und rechts zu schauen.  Jedoch bringt dies wenig denn dieser Straßenabschnitt ist von meiner Seite aus schwer einzusehen. Also spitze ich meine Ohren, um die Geräusche um mich herum wahr zu nehmen. Außer das Hufgetrappel nahe hinter mir ist nichts zu hören.

 

Ich verlangsame trotzdem etwas mein Tempo, aber höre es, kurz nachdem ich die Straße überquert habe, quietschen und hupen. Nein… Ich bringe Sally zum Stehen und wende sie, um nach Tobias und Aron zu sehen. Diese schießen im Selben Moment an mir vorbei. Was für ein Glück…

 

Auf der Straße steht ein silberner Jeep. Den kenn ich doch… Das ist der Jeep von Herr Sommerfeld. Vor Schreck rufe ich in das offene Fenster:

„Tut mir leid. Wirklich. Das wird nicht noch einmal passieren.“

 

Ich reite wieder an und passiere das Tor des Hofes. Lass ihn bloß nicht hinter mir her fahren. Mein Glück meint es gut mit mir, denn ich höre ihn wegfahren. Vielleicht kam er ja gerade durch das andere Tor des Hofes. Mein Weg führt mich vorbei an einen Strohunterstand und einen Grashügel, der dreizehn Jahre alt ist, wie ich weiß. Die Gedanken, die auf mich einprasseln, versuche ich zu verdrängen. Ich kann sie mir nicht leisten. Es gelingt mir auch, denn…

 

An der Tür des ersten Stalls treffe ich auf Tobi und gleich werde ich zornig. Bevor meine Friesenstute ganz steht, springe ich von ihr und schreite auf ihn zu.

„Bist du von allen guten Geistern verlassen. Dir und Aron hätte sonst was passieren können und erst der Autofahrer. Weißt du wer das war? Weißt du?“.

Das Grinsen, das er vorher zu Schau gestellt hat, verschwindet von seinem Gesicht.

„Es tut mir leid und nein das weiß ich nicht. Ist ihm denn was passiert?“.

„Du! Ich könnt dich umbringen, aber du bist ja auf den besten Weg um das selbst zu erledigen. Arbeitserleichterung. Dem Fahrer geht es gut. Zu Glück für ihn und für dich, denn das war einer der Sommerfelds. Ich hab den Jeep erkannt. Mach das ja nie wieder. Oah..“

 

Meine Schimpftirade wird unterbrochen, indem mich jemand von hochhebt und sagt:

„Du hast dich kaum verändert, kleine Jo. Kein Blatt vorm Mund und immer noch so laut, wie eh und je.“

Nein… Ich werfe meinen Verlobten einen finsteren Blick zu. Von wegen man erkennt mich nicht. Dann schlägt meine Stimmung aber in Freude um, denn nun ist es eh zu spät.

 

„Marcel, du alter Mann, du noch hier? Du hebst dir mit mir doch einen Bruch“, erwidere ich und drehe mich um.

58 Jahre müsste er jetzt sein, aber auf dem Land bleibt man länger fit. Das zeigt er mir auch- Er fängt nämlich an zu lachen.

„So alt bin ich nun auch nicht und seit damals hast du ein paar Kilos abgenommen. Kein Problem also, denn auch dein damaliges Ich konnte man leicht anheben.“

Nun lache auch ich und schlage ihm leicht auf die Schulter.

„Es war schade, dass du damals so schnell weg musstest und dann nicht wieder gekommen bist. Egal nun bis du ja wieder da, wie sich die andern freuen werden.“

 

Nein… Oh Nein…

 

„Hmm, Marcel darf ich dir meinen Verlobten Tobias Schmehling vorstellen. Tobi das ist Marcel Böcke.“

Die beiden schütteln sich die Hände und Marcel beäugt meinen Verlobten kritisch. Die Situation weis ich aber zu retten.

„Hey er ist in Ordnung. Ist ein echter Reiter, deshalb sind wir ja auch hier wegen dem Turnier.“, mit einen umherschweifenden Blick stelle ich fest, dass noch ein bisschen was zu tun ist, und spreche weiter:

„Hast wohl auch noch ein wenig zu tun, oder?“.

 

Mit einem Nicken stimmt er mir zu und schaut sich selbst um. Nun wird es ernst.

„Wie ich sagte, wir sind wegen dem Turnier her. Ich hab da ein Anliegen… So schön wie es war dich wiederzusehen… Ich weiß, dass die Sommerfelds es nicht so sehen werden, deshalb würde ich dich bitten, auch wenn ich weiß das es viel verlangt ist, dass du es für dich behältst.  Also das ich hier bin.“

 

Ich druckse unbehaglich herum, als ich Marcels Blick auffange. Der pustet seine Luft raus, fährt sich durch seine angegrauten Haare und antwortet mir endlich.

„Okay. Auch wenn ich denke, du irrst dich, werde ich nichts sagen, aber nur solange sie mich nicht explizit danach fragen. In Ordnung?“.

Stürmisch umarme ich ihn. „Danke, danke. Es tut mir leid, dass ich verschwunden bin.“, flüstere ich ihm zu.

Dann löse ich mich wieder von ihm. Er lächelt mich nur warm an. Wie bekannt mir dieses Lächeln ist. Kein Wunder. Als mein Vater hier noch arbeitete nahm er mich und meinen Bruder immer mit und später kam ich ja selbst bis…

 

„Die Pferde müssen abgerieben werden und dem alten Doktor Müller geht’s nicht gut, als das er wegen so etwas, wie ein Pferdeschnupfen kommen muss, wenn das nicht bald erledigt wird.“

 

Was?! Er und seine Frau waren einer der Gründe warum ich Tierärztin wurde…

 

„Wie er ist krank? Was ist mit ihm?“, frage ich deshalb völlig entgeistert.

„Krebs, sogar beide, aber bei ihm ist es schlimmer. Hat nicht mehr lange. Deshalb brauchen wir auch einen neuen Doc für die Pferde.“, antwortet Marcel mir mit einen gequälten Lächeln.

 

Ich bin wie paralysiert. Wie viel habe ich denn verpasst? Bilder, wie ich mir als von ‚Doc Mill‘, wie ich ihm immer nannte und seiner Frau schießen mir durch den Kopf…

 

Eine Hand, die mich am Arm berührt, holt mich zurück in das Jetzt. Erst in diesem Moment fällt mir auf, dass Tobi noch da ist.

 

„Was… Was ist mit seiner Enkelin. Ich dachte sie hat Tiermedizin studiert. Sie müsste doch schon lange fertig sein. Sie könnte ihnen doch helfen oder nicht?“.

 

Oder ich… Nein ich bin hier nicht mehr zu Hause.

 

„Sie ist ausgewandert mit ihren Mann und ihren beiden Kindern. Nach Kanada. Müllers wollen ihr Leben nicht zerstören. Sie weiß es zwar, aber… Es wird sich schon finden.“

 

Ich könnte wenigstens für das Wochenende, das bin ich ihnen schuldig aushelfen.

 

„Marcel weißt du überhaupt irgendwas von dem was ich in den letzten Jahren getan hab?“, frage ich vorsichtig nach.

„Nein, das letzte was wir wissen ist, dass du dein Abitur mit 1,2 gemacht hast und damit in der Zeitung warst. Der Artikel hängt in der Küche des Haupthauses am Korkbrett. Danach… Wir hatten gedacht, du willst deine Ruhe vor uns, deshalb…“.

„Keine Sorge ich hab es ja so gewollt. Mehr oder weniger. Also mit diesem Abschluss habe ich studiert aber nicht Humanmedizin oder Lehramt, wie ich es immer wollte, sondern Veterinärmedizin. Vor dir steht Doktor Josephine Caitlyn Hermann, mein Spezialgebiet sind Pferde. Ich würde meine Hilfe anbieten für das Wochenende, also wenn du es irgendwie schaffen würdest, die Medizinabteilung für das Turnier zu bekommen. Ansonsten… naja wir werden sehen. Ich müssten mit Doc Mill sprechen.“ 

 

Unsicher schaue ich zu ihm und ignoriere dabei den Blick von Tobias.

Ich glaube, das lässt sich machen ich spreche mit Klaus, der wird das regeln. Lucas ist im Arbeitsstress da lässt er sich von mir sicherlich helfen… Doktor  Josephine… Ich glaubs nicht. Ich bin so stolz auf dich. Nun müssen die Pferde aber wirklich trocken gerieben  un fertig gemacht werden.“

 

Wie auf Stichwort fährt mein schwarzer Jeep, mit dem Anhänger vor.

„Da kommen ja auch die Mittel dafür.“

Alles geplant

"Ich dachte, wir schlafen in meinem alten Kinderzimmer?! Hattest du das nicht gesagt?", frage ich Tobias zumindest etwas wütend, auch wenn ich dafür demonstrativ nicht die Aussicht bewundere.

 

Ich hasse es, wenn ich von etwas nicht weiß, außerdem konnte ich noch nie so gut mit Veränderungen...

 

"Überraschung?!", ruft er diesmal verunsichert noch einmal aus.

 

Das macht es auch nicht bbesser und das zeige ich ihm auch mit einem Blick, den sogar er kennt, trotz der Zeit, die er sooft nicht da ist. Nur selten stört es mich, wenn er weg ist, aber in Momenten wie diesen fällt mir immer wieder auf, das er vielleicht doch zu oft auf Reisen ist, denn manchmal schien er mich kein Bisschen zu kennen. Aber wiederum dann genieße ich es auch, dass ich von niemanden eingeengt werde. Genieße meine Freihet.

 

Mein Zukünftier tritt von hinten an mich ran, legt seine Arme um meine Schulter und platziert seinen Kopf auf meine Schulter. Was für ein Glück für ihn, dass ich auf Grund meiner Arbeit so selten hohe Schuhe trage, denn Tobias hat leichte Komplexe wegen seiner Größe, obwohl er schon recht groß war für einen Reiter, aber da er mich als seine Freundin auserkohren hat, fällt das für sein Leidtragen nicht so auf. 1,80 zu 1,82, wie er immer wieder betont...

 

Lukas war auch Reiter mit seinen knapp 1,96 m , bevor er nun den Hof übernahm. Tja, das sollte meine innere Stimme wohl für sich behalten, bevor Tobias anfängt zu schmollen...

 

"Ach ist schon gut Tobias, der Ausblick entschädigt alles. Ich liebe diesen See, sooft war ich als Kind hier. Danke, das ist echt eine liebe Idee."

 

 

Impressum

Texte: me
Bildmaterialien: me und google
Tag der Veröffentlichung: 09.11.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
LIebe.... Alle denen dieses Wort ein Begriff ist...

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