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Prolog

Wieso kann das Leben nicht wie ein Film sein? Du könntest wann immer du willst auf Pause drücken. Bei schönen Momenten einfach zurück spulen und alles noch mal erleben. Du könntest es so viel Mal wiederholen, wie du willst. Und bei den schlimmen Momenten könntest du einfach vorspulen...

1. Kapitel

» Und? Was sagst du dazu? «, fragt mich der braunhaarige Junge, dessen Name mir mal wieder entfallen ist.

Julien? Oder war es doch Jonas?

» Wozu? «

Auch wenn ich seine letzten Worte nicht mitbekommen habe, kann ich mir schon denken, worum es geht. Ein Date. Meistens eine Einladung ins Kino oder ein ach so romantisches Essen beim Italiener.

» Mit mir einen Film ansehen. «, sagt Julien alias Jonas.

Na bitte schön, sage ich doch.

» Sorry, aber an dem Abend habe ich leider schon etwas anderes vor. «, gebe ich lächelnd zurück und drehe mich um, um zu verschwinden, doch Julien oder Jonas zieht mich an meiner Hand zurück, womit ich keine Chance habe zu entfliehen.

» Ich habe doch noch gar keinen Tag genannt und du sagst schon, dass du keine Zeit hast? «

Er klingt gereizt. Und genau aus diesem Grund sollte man seinem Gegenüber immer zuhören, damit solche unangenehmen Situationen nicht passieren.

» Ein anderes Mal sehr gerne, aber zurzeit habe ich da leider keine Nerven für. Tut mir leid Julien. «, sage ich klar und deutlich.

Ich hoffe mal einfach, dass er Julien heißt.

» Julien? «, gibt er angepisst zurück.

Dann ist es wohl doch Jonas.

» Tut mir leid Jonas, aber ich muss jetzt gehen. «

Ich drehe ihm meinen Rücken zu und laufe etwas schneller Richtung Parkplatz.

» Ich heiße auch nicht Jonas! «, ruft er mir hinterher.

Nicht? Hm… aber ich bin mir sicher, dass der Name mit J anfängt.

 

Als ich auf dem Parkplatz angekommen bin, sehe ich Nika, die an einer Bank lehnt und aufgeregt mit den Armen herum wedelt. Ich nehme an, dass sie mir zuwinkt. Ich winke natürlich genauso behindert zurück und muss direkt grinsen, da die Hälfte der Schüler uns komisch ansieht.

Ich gehe zu ihr, woraufhin sie direkt aufspringt und mir in die Arme läuft. Nika ist meine beste Freundin. Wir kennen uns schon so lange, dass ich gar nicht mehr weiß, wie wir uns kennengelernt haben. Sie ist einfach immer da gewesen.

» Und? Seid ihr beide miteinander verabredet? «, fragt sie direkt zur Begrüßung und sieht mich erwartungsvoll an.

» Kam er von dir? « frage ich sie, woraufhin sie etwas verlegen zu Boden schaut.

» Ja… Justin ist ein guter Freund von Luke und er meinte er wäre völlig in Ordnung! «, verteidigt sie sich und verschränkt demonstrativ ihre Hände vor der Brust.

Justin? Ich war nah dran. Aber bei einer Sache lag ich richtig. Der Name fängt mit J an.

Luke ist Nikas Freund und die beiden sind schon seit knapp 2 Jahren zusammen. Als Luke neu auf die Schule gekommen ist, war Nika hin und weg von ihm. Sie hat Tag und Nacht von ihm geschwärmt und zu ihrem Glück hat Luke sich auch in sie verguckt. Und wie soll‘s auch anders gewesen sein, sind die beide zusammengekommen. Mit ein wenig Hilfe von meiner Wenigkeit.

» Nika, Luke meinte auch, dass Luan in Ordnung ist und du weißt ja was passiert ist… «, sage ich, wobei meine Stimme am Ende nicht viel mehr als ein Flüstern ist.

Luan ist mein Ex-Freund. Er war mein erster und für die nächste Zeit auch mein letzter Freund. Er hat eis-blaue Augen und kurze blonde Haare. Er ist von der Statur her sehr groß und unsportlich ist er auch nicht. Er hat einen perfekten Körper, was wahrscheinlich daran liegt, dass er im Football-Team unserer Schule spielt. Ihr könnt ihn euch einfach als einen dieser gutaussehenden Arschlöcher in diesen ganzen High-School-Serien vorstellen. Er ist zusammen mit Luke neu auf unsere Schule gekommen und ich habe mich sofort auf den ersten Blick in ihn verliebt. Nika wusste natürlich von Anfang an, dass ich etwas für Luan empfand und als sie mit Luke zusammengekommen ist, organisierte sie ein Doppeldate. Nach diesem Doppeldate sind wir uns tatsächlich nähergekommen. Wir trafen uns immer öfter und wurden später ein Paar. 5 Monate lang lief alles perfekt, bis zu diesem einen Abend.

» Ah Emma. Nicht alle Jungs sind so wie Luan. Luke ist doch auch anders. «, sagt sie und bringt mich somit auch aus meinen Gedanken.

» Ja schon, aber… «

» Nein! Kein aber! Du willst doch darüber hinwegkommen oder willst du jetzt für immer die Finger von Jungs lassen? «

» Ich will doch bloß auf den Richtigen warten… «, flüstere ich.

Eigentlich habe ich den Glauben an die Wahre Liebe schon längst verloren, aber wer weiß, vielleicht existiert sie dort draußen doch noch irgendwo.

» Aber wenn du weiter jeden einzelnen abweist, wirst du nie den Richtigen finden! «, sagt sie.

Hm… da hat sie auch wieder irgendwie Recht.

» Okay okay… du hast gewonnen. Ich werde versuchen mich zu bessern, aber nur unter einer Bedingung! Keine Blind- und Doppeldates! «, sage ich und verschränke meine Hände vor der Brust, woraufhin Nika zu schmollen anfängt.

» Das ist aber mehr als nur eine Bedingung. «

» Nika… «

» Ja ja, schon gut. Keine Blind- und Doppeldates, schon verstanden. «, sagt sie enttäuscht, woraufhin ich erleichtert ausatme.

An sich hat Nika einen guten Geschmack was Jungs angeht, nur wenn sie dann einen für mich aussuchen muss, macht sie alles falsch, was man falsch machen könnte. Die meisten die sie angeschleppt hat, kamen so rüber, als wenn denen einige Gehirnzellen fehlen würden. Komischerweise trifft dies aber auch auf die meisten Jungs in unserem Football-Team zu.

» Okay, Themawechsel. Wo bleibt eigentlich Caius? Sollte er nicht schon längst da sein? «, fragt sie.

» Caius kommt heute nicht. Mein Dad holt mich heute ab. «, gebe ich stolz zurück.

Ihr wundert euch jetzt bestimmt, wieso ich so stolz bin, oder? Meine Eltern arbeiten im Außendienst und deshalb sehe ich sie auch kaum. Sie arbeiten in einem großen Unternehmen, welches weltweit vertreten ist. Komischerweise dürfen die beiden keinem sagen, wie das Unternehmen heißt oder wo es sich befindet. Jedes Mal, wenn ich frage, kommen nur Antworten wie, dass es nur zu unserer eigenen Sicherheit ist und dass sie uns beschützen müssen. Sie müssen dabei sehr oft für längere Zeit wegfahren. Natürlich finde ich es schade sie kaum zu sehen, aber es ist deren Beruf. Was kann ich denn schon dagegen machen? Aber immerhin bin ich nicht allein zuhause. Ich habe noch zwei kleine Schwestern. Tiara ist 12 Jahre alt und Dana süße 6 Jahre alt.

» Ah, haben die beide Urlaub? «

Ihre Stimme klinkt leicht sarkastisch. Verübeln kann ich ihr dies nicht. Es kommt sehr selten vor, dass die beiden mal Urlaub haben. Ich glaube, dass es knapp drei Jahre her ist, dass wir mit der ganzen Familie in den Urlaub gefahren sind.

» Nein. Die haben einen Tag frei bekommen, da sie morgen für 2 Wochen auf Geschäftsreise wegfahren. «, gebe ich leise zurück.

» Schon wieder?! Waren die nicht schon letzten Monat weggewesen? «, fragt sie etwas unfassbar.

» Ja … «

» Emma, das kann so nicht weiter gehen! Du ziehst deine Schwestern praktisch alleine auf. «, sagt sie.

Traurig, aber da hat sie Recht. Mich sehen die beiden öfter als unsere Eltern.

» Was soll ich denn deiner Meinung nach machen? «

Plötzlich hupt es von der Straße, woraufhin wir beide uns synchron umdrehen. Auf der Straße steht ein Audi RS7 aus dem Jahr 2020 in schwarz. Ein geiles Auto. Und es tut gut zu wissen, dass es uns gehört.

» Ich muss jetzt gehen. Wir sehen uns dann Montag. «, sage ich zu Nika und umarme sie.

» Ich hoffe nicht. Wir haben Ferien, du Trottel. «, gibt sie lachend zurück.

Stimmt, da war was. Wir haben Ferien. Das habe ich fast komplett vergessen. Nika fährt mit Luke weg nach Italien. Die glückliche.

» Stimmt. Euch dann einen schönen Urlaub und passt auf euch auf. «, sage ich und umarme sie nochmal zum Abschied.

Anschließend drehe ich mich um und gehe auf das Auto zu.

» Ah und Emma? Rede mit ihnen! «, ruft mir Nika noch hinterher.

Ich drehe mich nochmal kurz in ihre Richtung und nicke einmal.

Als ob ich das noch nie versucht habe. Ich habe schon oft mit ihnen geredet und sie versprechen mir immer wieder, dass sich was ändern wird, aber es wurde immer schlimmer. Sie fuhren immer öfter weg und auch für längere Zeit.

 

Als ich an dem Auto angekommen bin, mache ich die Tür auf und setze mich rein.

» Hallo Emma. Wie war die Schule? «, fragt mich Caius, unser Chauffeur.

Doch er ist mehr als nur unser Chauffeur. Er gehört praktisch zur Familie. Caius arbeitet schon seit 20 Jahren für unsere Familie. Ursprünglich kommt er aus Griechenland. Mein Vater hat ihn während einer Geschäftsreise unter einer Brücke gefunden. Schwer verwundet rief er nach Hilfe, doch niemand kam, mit Ausnahme von meinem Vater. Er nahm ihn mit und bot ihm diesen Job an. Natürlich hat er diesen auch direkt angenommen und war meinem Vater so dankbar. Dies alles kenne ich nur aus Erzählungen. Persönlich anwesend war ich bei diesem Vorfall nicht. Aber was macht er überhaupt hier? Soll nicht eigentlich an seiner Stelle mein Vater am Steuer sitzen?

» Hi Caius. Ganz gut, danke. Aber wo ist Papa? Er hat mir doch gestern versprochen, dass er mich heute von der Schule abholt. «, frage ich ihn.

Augenblicklich wird Caius etwas blass und scheint nervös zu werden. Ich habe einen leichten Verdacht was los sein kann.

» Es tut mir leid Emma, es gab ein paar Komplikationen im Unternehmen und aus diesem Grund mussten die beiden… «

» Wirklich? «, unterbreche ich ihn genervt.

Ich habe Caius zwar noch nicht ausreden lassen, aber ich weiß schon wie der Satz endet. Meine Eltern sind schon weg. Ohne sich von mir zu verabschieden. Mal wieder…

» Emma bitte, reg dich nicht auf… «, und schon wieder unterbreche ich ihn.

» Wie soll ich mich nicht aufregen? Ich sehe meine Eltern kaum und mal wieder sind sie weggefahren, ohne sich von mir verabschiedet zu haben! Das kann doch so nicht weitergehen. Wenn das Jugendamt davon wüsste… «, schreie ich, wobei meine Stimme am Ende nicht mehr als ein Schluchzen ist.

Super. Jetzt fange ich auch noch an zu weinen. Noch besser kann der Tag auch nicht werden.

» Du weißt doch, dass es deinen Eltern nicht leicht fällt euch zu verlassen, auch wenn es nur für kurze Zeit ist. Aber diesmal war es wirklich ein Notfall! Ich sollte dir ausrichten, dass dein Vater noch vorhatte dich anzurufen. «, sagt Caius ruhig.

Immerhin etwas. Normalerwiese dürfen sie mich nie während der Fahrt anrufen, aus welchen Gründen auch immer.

Ich hole mein Handy raus und schalte es an. Bei uns an der Schule gibt es ein striktes Handy-Verbot. Eigentlich dürfen wir unser Handy gar nicht mitnehmen, aber da sich die meisten Schüler eh nicht daran halten, hat die Schulleitung sich darauf geeignet, dass wir unsere Handys einfach ausschalten können. Und dies wird sogar jeden Morgen von unserem Lehrer kontrolliert. Hält sich da jemand nicht dran, heißt es Nachsitzen. Nach ein paar Sekunden ist mein Handy an, woraufhin ich in meine Favoriten gehe und auf das Bild von Papa tippe. Schon nach den ersten drei Piepen geht er an.

» Andreas. «, kommt es aus dem Hörer.

» Wieso Papa? «, flüstere ich.

» Emma, Schätzchen, es tut uns so leid, aber es ging nicht anders… «, sofort unterbreche ich ihn.

» Ist euch eure Karriere dort so viel wichtiger als eure Familie? «

» Natürlich nicht. Es ist ein Notfall!  Ohne uns könnte das ganze Unternehmen zusammenbrechen. «

Und schon wieder frage ich mich, was wohl ihr Beruf ist. Ein Unternehmen, das ohne zwei Arbeiter zusammenbricht? Ist so etwas überhaupt möglich?

» Papa, wo fahrt ihr hin? Und wieso ist es so wichtig, dass ihr dabei seid? «, kommt es fast schon verzweifelt von mir.

» Schätzchen, dass darf ich dir leider nicht erzählen… «

» Wieso denn nicht? Ist es was Illegales? «

» Natürlich nicht. «

» Was soll ich denn sonst denken? Ihr seid kaum zuhause und erzählt uns nichts. Arbeitet ihr für die Mafia oder so? «

» Was? Nein! Natürlich nicht! Das ist ein normaler Beruf, aber… «, plötzlich hört er auf zu reden.

Im Hintergrund hört man eine andere Stimme was sagen, woraufhin mein Vater auch was sagt. Wirklich verstehen kann ich es nicht. Aber es klingt wie eine andere Sprache.

» Emma, hör mir jetzt genau zu! Ich muss jetzt auflegen. Falls uns irgendwas passiert, pass bitte gut auf Tiara und Dana auf! Wenn ihr in Schwierigkeiten kommt, dann geh in mein Arbeitszimmer zum Schreibtisch. In der untersten Schublade findest du einen zweiten Boden, wo ein kleines braunes Lederbuch versteckt ist. Auf dem Buch ist ein rundes Symbol eingeritzt. Ganz hinten ist eine Telefonliste und dort findest du irgendwo den Namen Valerian Patel. Er wird euch helfen! Vertrau sonst keinem, nicht mal deinen Freunden! «, sagt er.

Bitte was? Ich hoffe ich habe mich gerade verhört. Falls ihnen was passiert? Valerian Patel? Keinem Vertrauen? Das hört sich eher nach einem schlechten Horrorfilm an. Jetzt weiß ich wenigstens, dass der Beruf meiner Eltern lebensgefährlich ist!

» Was meinst du damit Dad? Ihr könntet sterben? «, und schon wieder kommen mir die Tränen.

» Emma, versprich es mir! «

» Aber… «

»Versprich es mir! «, schreit er fast schon flehend in den Hörer.

» Ich verspreche es… «, flüstere ich und fange an zu weinen.

» Danke Schätzchen. Passt gut aufeinander auf! Wir lieben euch! «, sagt er und dann war die Verbindung weg.

Ist das gerade wirklich passiert? War dies gerade mein letztes Gespräch mit meinem Vater? Werde ich sie nie wiedersehen? Werden sie sterben? Und wenn ja, was soll ich tun? Wie soll ich Tiara und Dana erklären, dass unsere Eltern tot sind? Aber noch viel wichtiger, wie soll ich mich um die beiden kümmern?! Ich kann doch nicht so eine große Verantwortung allein übernehmen! Ich bin doch selber erst grad 18 geworden. Diese und viele weitere Fragen schwirrten mir im Kopf herum.

» Emma, wir sind da. «, ertönt es plötzlich von vorne.

Ich schaue aus dem Fenster und sehe unser Anwesen. Groß beschreiben gibt es da eigentlich nichts. Es ist groß und weiß. Es ähnelt dem Schloss von Versailles, nur das unser Anwesen viel kleiner ist.

» Emma, kommst du? «, fragt mich Caius, der plötzlich an meiner Tür steht und diese auch geöffnet hat.

Ich nicke bloß und steige aus dem Auto. Wahrscheinlich ist jetzt mein ganzes Make-Up verschmiert und ich sehe aus wie der Harley Quinn. Aber das interessiert mich gerade am wenigsten.

» Mach dir bitte nicht allzu viele Sorgen. Deinen Eltern wird schon nicht passieren. Das verspreche ich dir. «, sagt Caius und legt mir eine Hand auf die Schulter.

Weiß er vielleicht mehr als ich?

» Caius, weißt du mehr als Papa mir erzählt? «, frage ich ihn.

Urplötzlich versteift er sich und sieht mich entschuldigend an.

» Tut mir leid. Ich habe die ausdrückliche Anweisung, dir nicht mehr zu erzählen. «

Ernsthaft? Gerade er weiß was Sache ist und ich nicht?

» Weißt du was? Ihr könnt mich alle mal! «, zische ich mit Tränen in den Augen, drehe mich um und gehe Richtung Haustür, die eher wie ein Tor aussieht.

Bevor ich die Tür aufschließe, hole ich ein Taschentuch aus meiner Tasche und wisch mir damit unter den Augen das verlaufene Make-Up weg. Ob es was bringt, weiß ich nicht. Wahrscheinlich eher weniger.

Ich schließe die Tür auf, stelle meine Tasche auf den Boden und schließe die Tür hinter mir.

» Emmaa. «, kommt es auch schon kreischend von oben.

Ich schaue hoch und sehe Dana, die am Treppenansatz steht. Mit ihren braunen lockigen Haaren, die ihr über die Schulter fallen, sieht sie aus wie eine Prinzessin. Sie hat grüne Augen, eine kleine Stupsnase, rosa volle Lippen und einen zierlichen Körper. Heute trägt sie einen pinken Rock mit einer weißen Leggings darunter und oben ein weißes T-Shirt mit einer rosanen Jeans-Weste. An ihren Füßen trägt sie bloß weiße Söckchen. Kurz gesagt, mit ihren 6 Jahren ist sie jetzt schon eine wahre Schönheit.

» Emma. «, schreit sie, rennt die Treppe runter und springt in meine Arme.

Okay, jetzt bloß nicht anmerken lassen, wie traurig ich bin. Ich möchte ja nicht, dass Dana auch traurig ist. Sie und Mom sind immer die Sonnenscheine im Haus. Tiara und Dad sind eher die ruhigen. Und ich bin irgendwas dazwischen. Ich kann verrückt sein, bin gleichzeitig, aber auch ruhig.

» Hey Mäuschen, wie geht es dir? «, frage ich sie und streiche ihr über die lockigen Haare.

» Lass das! «, kichert sie, springt von meinen Armen, nur um daraufhin meine Beine zu umarmen.

» Mir geht’s super! Habe aber großen Hunger. Kannst du gleich was kochen? «, fragt sie und macht dabei so einen Hundeblick, bei dem man unmöglich nein sagen kann.

» Natürlich. «, sage ich liebevoll und strich ihr über die Haare, woraufhin Dana anfängt zu hüpfen und freudig in die Hände zu klatschen.

» Dana, wo ist den Tiara? «, frage ich sie.

» Die ist in ihrem Zimmer und guckt irgendeinen Film. «, antwortet sie.

» Okay. Ich gehe eben mal nach ihr gucken und dann koche ich uns was. «,

» Oki. «, kichert sie und hüpft ins Wohnzimmer.

Lächelnd schüttele ich den Kopf. Wie kann sie so gut gelaunt sein? Am liebsten wäre ich genauso wie sie. Klein, jung und unwissend. Naja, das sollte ich jetzt lieber aus dem Kopf kriegen. Irgendwann werde ich ihnen das erzählen. Aber garantiert nicht heute.

Ich gehe die Treppe hoch und steuere auf Tiaras Tür zu. Dort klopfe ich an, woraufhin ein leises » Herein. « ertönt. Ich öffne die Tür und sehe Tiara auf ihrem Sofa sitzen und irgendeinen Liebesfilm schauen. Sie hat die Beine an den Körper angewinkelt und die Arme um die Beine geschlungen. Sie trägt eine schwarze Leggings, ein langes weißes Top und darüber eine weite dunkelgraue Strickjacke. Ihre dunkelbraunen Haare hat sie heute ausnahmsweise offen gelassen, sodass sie ihr glatt über die Schulter fallen. Sie hat einen Pony der mal wieder unbedingt geschnitten werden muss, aber Tiara mag es so. Ihre grünen Augen sieht man deswegen schlecht, was ich eigentlich ziemlich schade finde. Sie hat schöne Augen, was sie aber anders sieht. Ihrer Meinung nach ist diese Farbe kotzgrün. Naja, Teenager halt. Sie hat etwa die gleichen Gesichtsauszüge wie Dana, nur dass ihre weniger kindlich sind.

» Tiara, wie geht es dir? «, frage ich sie, woraufhin sie sich leicht zu mir drehe.

» Passt schon. «, murmelt sie und dreht sich wieder zum Fernseher um.

Tiara und ich hatten noch nie eine so gute Beziehung zueinander. Ich weiß nicht warum, aber aus irgendeinem Grund mag sie mich nicht wirklich. Meistens gehen wir uns aus dem Weg, was wahrscheinlich daran liegt, dass sie fast immer in ihrem Zimmer ist. Außer wenn Mom und Dad zuhause sind, dann versucht sie so viel Zeit wie möglich mit ihnen zu verbringen. Aber da dies sehr selten der Fall ist, ist sie sehr oft allein in ihrem Zimmer. Ich persönlich finde das traurig. Immerhin sind wir Schwestern. Wir müssen uns gut verstehen und füreinander da sein. Insgeheime glaube ich, dass das alles daran liegt, dass Mom und Dad so oft weg sind. Immerhin braucht ein Kind seine Eltern.

» Okay, ich gehe jetzt Essen machen. Wenn es fertig ist, rufe ich dich. «, sage ich und gehe zur Tür zurück.

Da ich weiß, dass Tiara mir sowieso nicht antworten wird, gehe ich aus ihrem Zimmer und schließe die Tür wieder.

Ich gehe die Treppe runter und dann Richtung Küche. Wenn Tiara nur wüsste, was mir Dad am Telefon erzählt hat. Sie würde zusammenbrechen. Erzähle ich das den beiden überhaupt? Bei Dana bin ich mir nicht sicher, sie versteht ja noch nicht so viel. Aber Tiara ist schon älter und würde damit vielleicht klarkommen. Mit der Option beide zu belügen, fühle ich mich irgendwie unwohl.

» Was kochst du? «, ertönt es hinter mir, woraufhin ich erschrocken zusammenfuhr.

Etwas gereizt drehe ich mich um und sehe Dana mahnend an.

» Ich habe dir doch schon oft erklärt, dass du dich nicht von hinten an andere Menschen anschleichen sollst! «

Dana guckt beschämt auf den Boden und beißt ihre Lippen zusammen.

» Tut mir leid… «, murmelt sie.

» Schon gut. «

» Was gibt es den zu essen? «, flüstert sie.

So kann sie einem schon etwas leidtun. Ich drehe mich zu ihr um und lächele sie an.

» Ich weiß nicht, worauf hättest du denn Lust? «, frage ich sie.

» Ich darf aussuchen? «, gibt sie aufgeregt zurück, woraufhin ich nicke.

Augenblicklich fängt sie an zu quieken und hüpft auf und ab. Wie süß, sie ähnelt einem kleinen Baby-Känguru. Schon süße Dinger. Wir waren einmal mit der ganzen Familie in Australien und haben dort eine Safari-Tour gemacht. Auf dieser haben wir alle möglichen Tiere gesehen, Kängurus miteingeschlossen. Jedoch sind die ziemlich scheu gegenüber meiner ganzen Familie gewesen, außer bei mir. Ein Baby-Känguru ist sogar zu mir her gehoppelt und ließ sich streicheln. Mit Tieren konnte ich schon immer gut. Ich mochte sie und sie mochten mich. Aber eigene Haustiere durften wir leider nie haben. Mom hält nicht viel von Tieren und da sie hier mehr oder weniger das Sagen hat, gibt es leider keine Haustiere.

» Ähm, dann möchte ich Kartoffelbrei, mit Spinat, Frikadellen und Blumenkohlsalat. «, zählt sie auf und benutzt dabei sogar ihre Finger.

Alles klar. Andere Kinder würden sich jetzt Pommes mit Chicken Nuggets wünschen oder sagen, dass wir einfach zu McDonalds fahren sollen. Und sie wünscht sich relativ gesunde Sachen, bei denen andere Kinder streiken würden dies zu essen.

» Gut, dann machen wir das so, aber nur wenn du mir hilfst das alles zu machen. «, sage ich.

Dana nickt bloß, nimmt meine Hand und zerrt mich zur Glastür, die nach draußen führt. Von hier aus kann man in unsere Garage gehen.

Wir gehen raus und direkt begrüßt uns der Winter. Wir haben erst Mitte November und es sind schon knapp -10°C. Ich frage mich echt wie Dana jetzt mit einem Rock rumlaufen kann. Selbst ich friere, obwohl ich eine schwarze Röhrenjeans und einen schwarz-weiß gestreiften Pulli anhabe. Meine rot-braunen Haare habe ich offengelassen, wodurch sie wie bei Dana gelockt nach unten fallen, mit dem Unterschied, dass meine länger sind und eine andere Farbe haben. Ich habe braune Augen und mein Körper ist, wie Nika immer so schön sagt, einfach perfekt. Ich bin kein bisschen eingebildet. Ich wiederhole bloß Nikas Worte.

Als wir an der Tür zur Garage angekommen sind, macht Dana diese auf und geht voran in die Dunkelheit. Man kann einfach nichts sehen, so dunkel ist es hier. Aus welchem Grund auch immer. Ich drücke alle Schalter hoch um die Rollladen hoch zu machen. Augenblicklich wird es heller und man kann auch wieder was sehen. Unsere Garage besteht aus drei Räumen. Der erste Raum und in dem wir jetzt stehen ist der kleinere. Dieser ist unsere Vorratskammer. Hier stehen alle möglichen Sachen wie Gemüse, Obst und Konserven. Der zweite Raum ist etwas größer als der erste und ist ausschließlich mit Werkzeug und anderen Baumaterial übersät. Der dritte Raum und der größte ist mit unseren Autos gefüllt. Außerdem stehen hier große Schränke. Die meisten von ihnen sind leer, aber in manchen sind Winter- und Sommerreifen drin. Die Schränke sind so groß, dass dort locker 5 Personen reinpassen.

» Emma, kommst du endlich? «, fragt Dana und bringt mich somit aus meinen Gedanken.

Ich schaue zu ihr rüber und muss schmunzeln. Ihre ganzen Arme sind voll mit Kartoffeln und Blumenkohl. Dabei sieht sie ziemlich überfordert aus.

Ich laufe auf Sie zu und nehme ihr die Hälfte ab, woraufhin sie erleichtert aufseufzt und ein » Danke « von sich gibt.

Wir gehen zusammen zurück ins Haus und machen uns daran das Essen zu kochen. Genauer gesagt bin ich diejenige die alles macht, da Dana noch kein Messer in die Hand nehmen darf und die Gerichte, die sie ausgewählt hat, müssen alle mit einem Messer geschnitten werden.

 

Als die Kartoffeln und der Spinat am kochen waren und der Blumenkohlensalat fertig war, setze ich mich an den Esstisch und hole mein Handy raus. Vielleicht habe ich ja noch eine Nachricht von Dad bekommen, von wegen » Hallo Schatz, macht euch keine Sorgen, uns geht es gut und wir kommen bald wieder. « Aber nein, nichts.

» Warum guckst du so traurig? «, fragt Dana mich.

Ich gucke hoch und schaue sie an. Sie sieht mich fragend an und runzelt die Stirn. Für ihr Alter ist sie schon eine sehr gute Menschenkennerin. Sie sieht eigentlich sofort, wann es jemandem schlecht geht.

» Ah nichts Wichtiges, alles gut. «, gebe ich lächelnd zurück, woraufhin sie mich nur weiterhin misstrauisch anguckte.

» Na gut. Ich gehe dann mal fernsehen, solange die Sachen kochen. «, sagt sie und läuft direkt ins Wohnzimmer, ohne auf eine Antwort von mir zu warten.

Es tut mir einfach so leid, dass ich ihr nicht die Wahrheit sagen kann. So gerne würde ich alles erzählen, aber ich kenne Dana. Sie würde immer weitere Fragen stellen, auf die ich nun mal keine Antworten habe. Und eigentlich weiß ich genauso wenig wie sie.

Plötzlich ertönt ein lautes Geräusch von draußen, woraufhin ich erschrocken zusammenzucke. Etwas verwundert und mit leichter Angst gehe ich zur Terassentür. Ich schaue mich im Garten um, kann aber nichts entdecken. Auf dem Rasen liegen überall Blätter, in allen möglichen Farben rum. Man sieht sofort, dass unser Gärtner schon lange nicht da gewesen ist. Erneut ertönt das laute Geräusch, woraufhin ich wieder zusammenzucke. Wahrscheinlich kommt es aus der Garage.  Caius ist vielleicht dort und repariert etwas. Das wird es wohl sein. Aber gegen meinen Willen bin ich doch etwas neugierig, weshalb ich rausgehe.

Ich betrete die Garage und schließe die Tür hinter mir, da es sehr windig ist. Schwarz, alles schwarz. Ich kann nichts sehen. Irgendjemand muss die Rollladen wieder runter gemacht haben. Aber wer und wozu? So kann man doch nichts erkennen. Ich drücke die Schalter wieder nach oben, aber keine Reaktion. Es bleibt dunkel. Ich versuche es mit dem Lichtschalter, doch auch hier passiert nichts. Haben wir etwa Stromausfall?

Von dem Regal, dass neben der Tür hängt, nehme ich mir eine Taschenlampe.

Ich gehe in den zweiten Raum und schaue mich um. Auch wenn ich eine Taschenlampe habe, kann ich nicht sonderlich viel erkennen. Plötzlich ertönt wieder dieses Geräusch, nur diesmal viel lauter. Ich zucke stark zusammen und sehe mich panisch um. Was ist das? Irgendjemand muss hier doch sein. Es kann doch kein Zufall sein, dass es hier so dunkel ist und dass auch noch der Strom nicht funktioniert. Und dann auch noch dieses Geräusch. Es hört sich so an, als ob jemand mit einem Hammer auf Metall einschlägt. Was wenn es ein Einbrecher ist? Oder sogar ein Mörder? Was wenn er gerade eines unserer Autos aufbricht. Ich muss die Polizei rufen. Schnell drehe ich mich um, bleibe aber an der Tür doch erstmal stehen. Es kann aber auch sein, dass dies Caius ist. Am besten sehe ich nach. Ich meine was kann denn schon groß passieren? Wenn es wirklich ein Mörder oder ein Einbrecher ist, werde ich einfach schreien und dann wird wohl schon jemand kommen. Immerhin muss Caius auch irgendwo in der Nähe sein. Solche naiven Gedanken hatte ich schon lange nicht mehr.

Entschlossen drehe ich mich um und gehe weiter in den dritten Raum. Plötzlich ertönt wieder dieses Geräusch, diesmal ganz laut. Es kommt aus der Richtung wo normalerweise Papas Jeep steht. Ich gehe Richtung des Geräusches und stehe wie erwartet vor dem Auto. Es ist riesig. Die Reifen reichen mir ca. bis zur Hüfte. Ich gehe um das Auto herum und sehe plötzlich einen Schatten. Er ist groß und breit. Ich leuchte mit der Taschenlampe auf den Schatten zu und sehe einen Mann. Mann trifft es eigentlich nicht so genau. Eher wie ein Gott. Er hat einen sehr durchtrainierten Körper und er ist groß! Sehr groß. Mich überragt er bestimmt zwei Köpfe. Aber das faszinierendste sind seine Augen. Diese sind dunkelgrün und es ist so ein wunderschöner Grünton, welchen ich zuvor noch nie gesehen habe. Aber das komische ist, dass seine Augen funkeln. Ja, genau funkeln. Wie ein Smaragd im Sonnenlicht.

Wir stehen uns gefühlte Minuten gegenüber und starren uns einfach an. Ich bin mir sicher, dass ich schon anfange zu sabbern. Warum er mich so anstarrt, keine Ahnung. Eventuell hat er nicht damit gerechnet jemanden zu treffen.

Aber dann trifft mich auch der Schlag und ich komme zur Besinnung. Was macht dieser hinreisende, perfekte und wunderschöne Mann in unserer Garage? Und schon bereue ich es, nicht wieder reingegangen zu sein. Entweder ist er ein Einbrecher oder ein Mörder. Jedoch bringt diese Erkenntnis mich nicht dazu ihn nicht weiterhin mit offenem Mund anzustarren. Ich komme einfach nicht darauf klar, wie man so gut aussehen kann. Was für krasse Gene muss man haben um so auszusehen? So könnte das Kind von Adriana Lima und Channing Tatum aussehen.

Aber dann zum zweiten Mal wird mir klar, dass ich in Gefahr sein kann und statt der Schwärmerei machte sich Angst in mir breit. Schnell drehe ich mich um und wollte weglaufen, aber daraus wurde nichts. Wer hätte das nur gedacht.

Ich werde am Arm gepackt und an einen heißen Körper gedrückt. Und mit heiß meine ich heiß wie eine Heizung. Erschrocken über seine Körpertemperatur, lasse ich die Taschenlampe fallen, woraufhin ein dumpfer Aufschlag durch den Raum geht.

Um meine Taille schlingt sich ein muskulöser Arm und eine Hand landet auf meinem Mund. Na vielen Dank auch. Aber hey, wenigstens sterbe ich zufrieden, denn das gerade ist einfach sau-bequem. Ich kann so locker einfach einschlafen.

Plötzlich höre ich von draußen Stimmen und das Garagentor öffnet sich langsam. Mein erster Gedanke ist, dass es seine Freunde sind und die gleich alle zusammen unser Haus ausrauben. Aber diesen Gedanken vertreibe ich direkt, als der Mann zu fluchen anfängt. Vielleicht ist es ja auch Caius. Direkt macht sich Hoffnung in mir breit.

Er geht mit mir im Arm auf die Schränke zu und öffnet jeden nacheinander. Als er einen gefunden hat der nicht mit Reifen vollgestopft ist, geht er mit mir in den Schrank rein. Die Schranktür schließt er hinter sich, sodass mein Mund für kurze Zeit frei ist. Direkt sehe ich eine Chance. Ich öffne meinen Mund, aber wie nicht anders zu erwarten ist dort direkt seine Hand wieder drauf. Wäre ja auch zu schön, um wahr zu sein. Der Mann zieht mich zu sich in die Ecke, sodass ich mit dem Rücken zu ihm stehe. Die eine Hand bleibt an meinem Mund und die andere schlingt er um meinen Bauch. Ich versuche mich zu wehren, aber es bringt nichts. Der Mann ist unglaublich stark. Ja gut, was erwartet man auch anderes bei so einem Körperbau.

Urplötzlich spüre ich heißen Atem an meinem Ohr.

» Sei leise Kleine oder es kann sehr unschön für uns enden! «, droht mir der Mann.

Okay, drei Sachen sind schon mal klar.

  1. Wenn ich irgendeinen weiteren Fluchtversuch unternehme, bringt er mich um.
  2. Er ist ein ziemliches arrogantes Arschloch. Woher ich das weiß? Allein sein Tonfall und seine Stimmlage sagt dies aus.
  3. Er hat eine wundervolle und sehr angenehme Stimme.

Und wieder würde ich mich für diesen Gedanken am liebsten ohrfeigen. Das witzige ist, dass ich vor knapp einer Stunde noch dachte, dass der Tag nicht noch schlimmer werden kann. Tja, da habe ich mich wohl gewaltig geirrt.

Ich fange an zu zappeln und versuche mich irgendwie aus seinen Armen zu befreien. Doch das bewirkt nur das Gegenteil. Der Mann zieht mich näher an sich ran, sodass mir der Atem stockt. Wenn er weiter so drückt, wird mir bald die Luft ausgehen.

» Das wird nichts bringen Kleine! Hör endlich auf dich zu wehren, sei still und nerv mich nicht. «, flüstert er und lockert seinen Griff etwas.

Da kann er weiter träumen. Da ich keine andere Wahl habe und er es auch nicht anders will, bleibt mir nur eine Möglichkeit. Ich beiße ihm in die Hand, woraufhin er zusammenzuckt und seine Hand von meinem Mund nimmt. Sofort reiße ich mich von ihm weg und bringe Sicherheitsabstand zwischen uns, was ungefähr ein Meter ist, da dieser Schrank nicht besonders lang ist. Daraufhin knurrt der Mann mich an. Ja, ihr habt richtig gelesen. Er hat mich angeknurrt. Dieses Geräusch hat nichts Menschliches an sich! Nein, eher etwas Animalisches!

Der Mann geht zwei Schritte vor, sodass er nun genau vor mir steht. Er fasst mir grob an mein Kinn und hebt mein Gesicht an, sodass ich ihn anschauen muss. Mir bleibt nichts anderes übrig, als ihm in die Augen zu schauen. Und mal wieder frage ich mich, wie man nur so wunderschöne Augen haben kann.

» Wer bist du? «, flüstere ich.

Wer bist du? Was Besseres fällt mir nicht ein? Mein Mund ist frei und ich hätte wirklich alles machen können. Wie kann ich nur so ruhig bleiben? Hallo?! Erde an Emma. Vor dir steht ein Einbrecher und du bist fasziniert von ihm?

» Das geht dich leider nichts an Schönheit. «, flüstert er zurück, diesmal in einem sanften Ton und kommt mit seinem Gesicht immer näher.

Seine Hände legt er rechts und links von mir an die Wand, wodurch ich jetzt keine Fluchtmöglichkeiten habe. Prima, jetzt sitze ich in der Falle. Vor mir steht ein attraktiver Mann und ich habe keine Chance mich zu wehren, falls er irgendwas mit mir vorhat. Plötzlich kommt er mit seinem Gesicht so nah, dass unsere Lippen sich fast berühren. Oh Kacke. Ganz ruhig bleiben, Emma! Ich muss ganz ruhig bleiben, um nicht zu hyperventilieren, was aber bestimmt jeden Moment passieren wird. Kann ich überhaupt noch küssen? Ich meine, ich habe es jetzt schon seit 2 Jahren nicht mehr gemacht? Was wenn ich es verlernt habe? Kann man sowas überhaupt verlernen? Vielleicht ist es ja wie Fahrrad fahren. Hat man es einmal gelernt, wird man es nie wieder verlernen. Was denke ich hier überhaupt wieder für einen Müll? Eins ist jetzt jedoch noch klar geworden. Ich kann, wenn der Mann in meiner Nähe ist, nicht klar denken.

Der Mann, dessen Namen ich immer noch nicht weiß, überbrückt die letzten paar Zentimeter und legt seine Lippen auf meine. Als seine Lippen die meine treffen, kommt aus meinem Mund ein überraschter Laut. Es fühlt sich so unbeschreiblich gut und falsch zugleich an. Ich versteife mich und versuche mich von ihm zu lösen, drücke mit beiden Händen gegen seine Brust, doch er bleibt standhaft wie ein Fels. Das ist alles falsch hier! Ich darf diesen Typen nicht küssen! Am Ende verliebe ich mich auch noch in ihn! Und was dann? Ich werde ihn höchstwahrscheinlich nie wieder sehen und wieder mit einem gebrochenen Herzen leben müssen.

Plötzlich wird der Kuss zart… zu zart! Oh Mist! Wieso kann der Mann hier so gut küssen? Der Kuss hier ist sogar besser, als all die von Luan! Und die waren meiner Meinung nach schon perfekt gewesen! Ah, was soll’s. Es wird ja jetzt kein Weltuntergang sein, wen ich den Kuss erwidere. Oder doch? Ich schalte mein Gehirn einfach ab und erwidere den Kuss. Ich denke nicht daran, dass ich hier in einem Schrank stehe und mit einem fremden Mann rummache. Ich versuche auch nicht dran zu denken, dass der Mann ein Verbrecher oder ein Mörder sein könnte. Das alles vergesse ich. Doch eine Sache die wundert mich. Der Kuss ist nicht wie der von anderen Jungs. Die der anderen, waren immer drängend und schlabbrig. Nein, der hier ist sanft und leidenschaftlich.

Auf einmal spüre ich ein starkes Brennen an meiner Wirbelsäule, wodurch ich automatisch anfange zu schreien. Der Mann hält mir sofort den Mund zu und schaut mich böse an.

» Was soll der Scheiß? Ich habe dir doch gesagt, dass du leise sein sollst, sonst sind wir in wenigen Sekunden nicht mehr unter den Lebenden! «, flüstert er, doch das nehme ich gar nicht mehr wahr.

Der Schmerz ist so unerträglich, dass ich zu Boden falle und anfange zu weinen. Es fühlt sich wortwörtlich so an, als wenn mich jemand verbrennt. Der Mann lässt sich neben mich nieder und schaut sich hilflos um, lässt aber eine Hand auf meinem Mund.

» Hey Kleine. Was ist los? «, fragt er mich und wischt mir sanft die Tränen weg.

Etwas verblüfft starre ich ihn aus einem Tränenschleier an. Er hört sich plötzlich so nett und lieb an. Ich versuche nur irgendwie auf meinen Rücken zu zeigen und der Mann schien es direkt zu verstehen, denn er rückt mich sanft etwas nach vorne und hebt meinen Pulli hoch. Etwas empört keuche ich auf und will diesen wieder runterziehen, doch der Mann hindert mich daran. Er legt eine Hand an meinen Rücken, woraufhin der Schmerz etwas milder wird. Ich seufze erleichtert auf und bin einfach nur glücklich, dass es nicht mehr weh tut. Der Mann betrachtet meinen Rücken und ich konnte spüren, wie er sich augenblicklich versteift. Er schiebt mich mit dem Rücken wieder an die Wand und betrachtet mich von oben bis unten. Schnell schaue ich mich um und entdecke eine Bratpfanne. Warum zur Hölle liegt hier eine Bratpfanne? Sie sieht ziemlich abgenutzt aus, weswegen ich vermute, dass Tiara sie hier hingeschmissen hat. Mom gibt ihr öfters die Aufgabe den Müll wegzubringen. Da hat wohl jemand keine Lust gehabt weit zu laufen und hat die Bratpfanne einfach in den nächstbesten Schrank geworfen. Aber zurück zum Thema, soll ich jetzt ernsthaft einen auf Rapunzel machen? Anscheinend bleibt mir keine andere Möglichkeit. Ich nehme mir so unauffällig wie möglich die Bratpfanne in eine Hand und schaue kurz wieder zu dem Mann. Er sitzt immer noch wie erstarrt an der gleichen Stelle und schaut mich mit leeren Augen an, als wenn er gerade in einer anderen Welt ist. Doch in seinem Gesicht kann man ein paar Gefühle erkennen. Er sieht erschrocken, verblüfft und glücklich aus? Okay, der hat doch ganz sicher einen Dachschaden. Gut aussehen hin oder her, der gehört in eine Psychiatrie!

Ich nehme die Bratpfanne fester in die Hand, hebe sie langsam hoch und hole aus, woraufhin der Mann schlaff zu Boden fällt. Yeah! Besser hätte das keiner hinbekommen. Ich lege die Pfanne zur Seite und stehe langsam auf. Die Stelle, die vorhin so unerträglich brannte, tut jetzt etwas mehr weh. Zwar ist es etwas besser geworden, aber ganz weg ist es nicht. Aber was soll ich jetzt mit dem Mann machen? Die klügste Entscheidung ist wohl die Polizei zu rufen. Auch wenn der Mann mir etwas leidtut, muss ich es machen. Mein Handy habe ich im Haus, auf dem Esszimmertisch gelassen, also muss ich kurz reingehen.

Gerade als ich meine Hand an die Schranktür lege, höre ich Stimmen. Scheiße! Das müssen die Typen von vorhin sein! Ich stelle mich dichter an die Tür, um was hören zu können.

» Juri, ich schwöre dir, dass er hier reingelaufen ist! Ich habe es mit eigenen Augen gesehen! «, sagt eine tiefe Männerstimme, mit einem leichten Akzent. Ich vermute ein russischer Akzent.

» Wenn er hier reingelaufen wäre, stände er jetzt vor uns und das weißt du! «, sagt jemand anderes, der dann wohl Juri ist.

» Wir sind der Fährte gefolgt, aber hier drinnen rieche ich ihn nicht. Als wenn er gar nicht hier gewesen ist. «, sagt noch eine andere Stimme, mit einem ähnlichen Akzent wie die erste Person.

Fährte? Riechen?

» Du hast Recht Anton. Lass uns wieder in den Wald gehen und von vorne anfangen, vielleicht haben wir uns verlaufen. Wir müssen ihn unbedingt finden, die Karta an uns reißen und ihn beseitigen! «, sagt Juri.

Sie wollen ihn töten. Ein kleiner Schluchzer verlässt meine Lippen. Fuck! Ich bin sowas von erledigt! Kann ich nicht einmal meine Klappe halten? Schnell krieche ich in die Ecke und halte mir den Mund mit beiden Händen zu.

» Psst! Habt ihr das gehört? «, fragt Anton.

» Ja, ich habe es auch gehört. Als wenn jemand weinen würde. Aber noch viel wichtiger, riecht ihr das? «, sagt diesmal eine andere Stimme, die mir irgendwie bekannt vorkommt.

» Mhh… ja. Krov… «, flüstert Anton.

» Das sind bestimmt nur Blutbeutel. Immerhin leben hier Ochotniki. Und das Geräusch kam bestimmt aus dem Haus. Wir müssen hier jetzt weg. Wir haben schon genug riskiert, indem wir überhaupt in die Nähe dieses Hauses gekommen sind. «, sagt Juri.

Blutbeutel? Und was zur Hölle sind Ochotniki? Klingt wie eine Beleidigung.

In dem gleichen Moment bewegt sich der Mann auf dem Boden. Oh Nein! Kann er nicht für noch eine Weile bewusstlos sein? Gerade wollen die Freaks gehen und jetzt wacht er auf. Das Glück ist heute anscheinend nicht auf meiner Seite.

Ich lege dem Mann eine meiner Hände auf den Mund, damit er bloß still ist. Der Mann öffnet seine Augen und schaut sich verwirrt um. Als er mich erblickt, hellt sich sein Gesicht auf und er beginnt zu lächeln. Ja gut, das ist jetzt auch kein bisschen verstörend oder so. Das Lächeln bleibt aber nicht lange, stattdessen wird sein Gesicht böse. Wow, der hat ja noch größere Stimmungsschwankungen als ich. Ich lege einen Finger an meine Lippen und deute auf die Tür. Zuerst schaut er mich verwirrt an, doch dann verhärten sich seine Gesichtsauszüge und er wird ernst. Er setzt sich auf und rückt neben mich.

» Nein! Ich bin mir sicher, dass es aus der Garage kam! Riech noch mal genau. Das ist frisches Krov. «, sagt Anton und ich höre wie sich Schritte nähren.

Ich rutsche näher zu dem Mann, da ich panische Angst habe was als nächstes passiert. Mit meinen beiden Händen halte ich immer noch meinen Mund fest, da ich Angst habe, dass irgendwelche Geräusche aus meinem Mund kommen. Klar, ich kenne denn Mann neben mir genauso wenig wie die Freaks dort draußen, aber aus einem mir unerfindlichen Grund, vertraue ich dem Mann neben mir etwas. Die anderen wollen den Mann hier töten, wodurch ich die als die Bösen sehe. Und wenn der Mann neben mir mich wirklich töten gewollte hätte, wäre ich das wahrscheinlich schon längst.

Der Mann legt mir einen Arm um die Taille und zieht mich an sich, sodass ich es schön bequem habe. Ich schaue zu ihm hoch und sehe ihn stirnrunzelnd an. Er nimmt meine eine Hand von meinem Mund und nimmt diese sanft in seine. Anschließend nährt er sein Gesicht des meinem und legt seine Lippen auf meine. Etwas verwirrt schließe ich meine Augen und lasse es wieder geschehen. Aber anders als gedacht, ist es ein kurzer Kuss. Ich öffne meine Augen und sehe in das grinsende Gesicht des Mannes. Anscheinend findet er das lustig. Zwar war der Kuss kurz, aber dafür war er wunderschön. Ich verdrehe meine Augen und mache es mir so gut es geht bequem. Ich schließe die Augen und versuche den Schmerz so gut es geht zu ignorieren, was gar nicht mal so einfach ist. Da meine zweite Hand jetzt frei ist, gehe ich mit dieser über meinen Rücken und stelle fest, dass dieser nass ist. Ich ziehe meine Hand zurück und rieche daran. Es riecht metallisch und irgendwie unangenehm. Augenblicklich wird mir klar, dass es Blut ist und das nicht gerade wenig. Ich kann einfach kein Blut sehen. Es widert mich an. Auch wenn jemand erzählt, wie er vom Fahrrad gefallen ist und sich das Knie aufgeschürft hat, kann ich das nicht haben. Ich bekomme dann direkt weiche Knie und drohe jeden Moment umzufallen. Der Mann nimmt meine Hände und legt diese auf meinen Schoß, sodass ich sie nicht mehr angucken muss. Anschließend legt er eine Hand an meinen Rücken, wodurch der Schmerz tatsächlich weniger wird. Ich weiß nicht, wie er das machte, aber es ist mir in diesem Moment eigentlich auch vollkommen egal und recht. Langsam werde ich müde, weshalb ich meine Augen schließe. Das letzte was ich höre ist ein lautes Knurren, dann falle ich in einen traumlosen Schlaf.

2. Kapitel

 

Schlagartig schlage ich meine Augen auf, sitze kerzengerade auf meinem Bett und schaue mich um. Hatte ich vielleicht einen schrägen Traum. Schräg, verstörend aber auch irgendwie amüsant. Kurzfassung: Wir hatten einen Einbrecher in der Garage, mit dem ich rumgemacht habe. Ahja, und da waren noch irgendwelche andere Typen, die den anderen umbringen wollten. An weitere Einzelheiten erinnere ich mich gerade nicht. Will ich auch nicht unbedingt.

Ich lege mich entspannt wieder ins Bett und schließe meine Augen. Plötzlich umarmt mich jemand von hinten und ich werde an einen warmen Körper gezogen.

» Alles gut Kleine? Hattest du einen Albtraum? «, ertönt es hinter mir.

Diese sanfte tiefe Stimme kenne ich doch. Nein, bitte nicht. Das kann doch jetzt nicht wahr sein. Das muss einfach ein Traum gewesen sein. Aber die Heizung hinter mir beweist mir genau das Gegenteil.

Ich will gerade zum Schreien ansetzen und den Mistkerl fragen was zur Hölle er in meinem Bett verloren hat und was er sich überhaupt darauf einbildet mich zu umarmen, aber viel kommt nicht aus meinem Mund. Nach den Worten » Du mieser Penner, was bildest… «, habe ich eine Hand auf dem Mund und der Typ liegt auf mir drauf. Er funkelt mich böse an, aber das ist gerade Nebensache. Das ist das erste Mal, dass ich ihn im Licht sehe und wow… unbeschreiblich. Wie schon gestern gedacht, sieht er aus wie ein Gott. Er hat dunkle Haare, eine Mischung aus schwarz und dunkelbraun und seine Augen erst. Sie funkeln so schön grün. Aber das habe ich ja schon gestern bemerkt. Der Junge, der da auf mir liegt, sieht nicht älter aus als Mitte 20. Ich lasse meinen Blick nach unten wandern und muss erst einmal schlucken. Er hat nichts weiter als eine Boxershorts an. Er hat einen sehr durchtrainierten Körper und… ist das ein Six-Pack? Ja, eindeutig.

» Und? Gefällt dir was du siehst? «, kommt es belustigt von ihm.

Ich schaue hoch und sehe, wie er mich, genauso wie ich ihn gerade, von oben bis unten mustert. Ich erröte leicht und räuspere mich.

» Nicht so wirklich. Dir? «, frage ich zurück und schaue in sein Gesicht.

Es scheint, als hat er die Lüge aus meinem Satz herausgehört, denn er grinst mich an und sekundenspäter fängt er an zu lachen. Wow… er hat ein wunderschönes Lachen.

» Bist du dir da sicher? So wie du mich gerade angeschaut hast, meinst du wohl eher das Gegenteil. Und zu deiner Frage. Ja, mir gefällt es. Sehr sogar. «, sagt er und kommt mir wieder bedrohlich nahe.

Ist das jetzt ein Kompliment?

» Ähm… danke? «, flüstere ich etwas verwirrt, da ich nicht weiß, was ich sonst sagen kann.

Auf einmal höre ich wie eine Tür zugeknallt wird. Der Typ scheint es auch gehört zu haben, denn er setzt sich etwas auf und schaut mir tief in die Augen.

» Hör zu. Ich weiß, das ist jetzt alles sehr viel für dich, aber anders ging es echt nicht. Gestern, nachdem du eingeschlafen bist, habe ich dich reingebracht und habe deine Schwestern getroffen. Ich habe ihnen folgendes erzählt: Ich bin Noah, 23 Jahre alt und wir beide sind seit 2 Jahren zusammen. Ich komme aus Russland und bin für ein paar Monate hier, um Zeit mit dir zu verbringen. Als du gestern in die Garage gegangen bist, habe ich dich dort überrascht. Du warst so glücklich mich zu sehen, dass wir erst mal eine Zeit lang in der Garage geblieben sind und dort… naja… halt so unseren Spaß hatten. «, sagt er, wobei er sich beim letzten Satz ein Grinsen nicht verkneifen kann.

» Was? «, kommt es entgeistert von mir.

Ist das sein Ernst? Er hat meinen kleinen Geschwistern erzählt, dass ich mit ihm etwas “Spaß“ in der Garage hatte? Der will mich doch hoffentlich bloß verarschen! Dana hat das wahrscheinlich nicht verstanden. Sie dachte dann bestimmt an Monopoly spielen oder so. Sie ist ja auch erst 6. Aber bei Tiara bin ich mir da nicht so sicher.

» Wie bist du auf so einen Scheiß gekommen? «, zische ich und schlage ihm dabei auf den Hinterkopf.

» Aua. «, sagt er bloß und reibt sich traurig den Hinterkopf.

Schauspielern kann er schon mal gar nicht.

» Jetzt heul nicht rum. Als wenn das weh tat? «, murmele ich etwas genervt.

» Ok, erwischt. Aber der Schlag von gestern tat schon um einiges mehr weh. Wie kamst du überhaupt auf die Idee mich mit einer Bratpfanne zu schlagen? «, fragt er etwas amüsiert, zieht mich auf seinen Schoß und legt beide Hände an meine Taille, sodass ich keine Chance habe wegzukommen.

Am meisten verblüfft mich die Tatsache, dass er amüsiert darüber ist und kein Stück sauer.

» Mein Vorbild ist halt Rapunzel und jetzt lass mich los! «, schreie ich so leise wie möglich und trommele dabei gegen seine Brust, damit er mich endlich loslässt.

Kleine Info nebenbei, seine Brust ist stark und durchtrainiert! Ich sag‘s euch… ein Traum einer jeder Frau.

Aber Noah scheint das gar nicht zu beeindrucken, denn er fängt bloß an dumm zu lachen. Sein Lachen klingt so melodisch und einfach wunderschön.

» Hör auf so dumm zu lachen. «, flüstere ich etwas beleidigt.

» Und wenn ich nicht damit aufhöre? «, kommt grinsend seine Gegenfrage.

» Idiot. «, flüstere ich wütend.

» Du lässt dir aber schöne Namen für mich einfallen Schönheit. «, sagt er belustigt und dreht uns so um, sodass ich unter ihm liege und er auf mir.

Erschrocken keuche ich auf und stemme meine Hände gegen seine Brust, damit er von mir steigt. Zuerst sitze ich auf seinem Schoß und jetzt liege ich unter ihm! Ich meine hallo? Geht’s noch?

Als ich nach einigen Sekunden merke, dass ich keine Chance gegen ihn habe, verschränke ich meine Hände vor der Brust und ziehe einen Schmollmund.

» Was bildest du Neandertaler dir eigentlich ein wer du bist? Geh sofort von mir runter!! «

» Die Namen werden ja immer schöner Häschen. «, lacht er an meinem Ohr.

Der hat sie doch nicht mehr alle.

» Häschen? «, kommt es entgeistert von mir.

» Soll ich doch lieber bei Schönheit bleiben? «, fragt er mich belustigt.

» Nein du Arschloch! «

» Na na na, keine Kraftausdrücke Schönheit. «, flüstert er lachend.

» Ohh… Fick dich! «, schreie ich und schubse ihn von mir runter.

» Sorry, ist kein Einzelsport. «, sagt er und grinst mich anzüglich an.

Tief durchatmen Emma. Langsam ein- und ausatmen. Das ist genug des Guten. Gerade als ich aufstehen will, springt auf einmal die Tür auf, weshalb ich erschrocken zurück in die Kissen falle. An der Tür steht Dana. Sie sieht echt niedlich aus mit ihrem weißem Nachthemd, wobei ihr auch noch all ihre Haare in alle Richtungen abstehen. Als sie uns auf dem Bett erblickt, hellt sich ihre Miene auf und sie rennt kreischend auf uns zu. Als sie aufs Bett hüpft, springt sie in Noahs Arme, anstatt in meine und kreischt » Noah « dabei. Habe ich hier was verpasst? Wieso springt sie in seine Arme? Sie umarmt in stürmisch und scheint sich wohl echt zu freuen ihn zu sehen.

» Na Sonnenschein. Wieso bist du schon wach? Guck mal, wie dunkel es draußen noch ist. «, fragt er sie und streicht ihr zärtlich die Haare aus dem Gesicht.

» Ich habe Emma schreien gehört. «, murmelt sie, löst sich aus seinen Armen und krabbelt zu mir rüber, woraufhin ich sie sofort in die Arme nehme.

» Ich habe mir so große Sorgen gemacht. «, flüstert sie und kuschelt sich an mich.

Wieso kuscheln sich heute bloß alle an mich?

» Wieso hast du dir den Sorgen gemacht? Mir geht es doch prima. «, sage ich und schaue sie verwirrt an.

Und dann fängt Dana auch schon an zu brabbeln:

» Als Noah dich gestern reingebracht hat, dachte ich, dass er dir wehgetan hat. Weil ich ihn noch nie gesehen habe und er sah so böse aus und da war auch überall ganz viel Blut. Aber dann hat Noah uns erzählt, dass ihr in der Garage nur gespielt habt und dass alle gut ist. Aber geglaubt habe ich ihm nicht so ganz, also habe ich noch mehr Fragen gestellt und dann mochte ich ihn. « Zum Ende hin grinst sie wie ein Honigkuchenpferd.

» Ahja… Ja, Noah ist auf jeden Fall ein ganz Lieber. «, kommt nur aus meinem Mund.

Noah findet das Ganze wahrscheinlich auch noch richtig witzig, denn er fängt an leise zu lachen. Wenn Dana nicht mehr hier ist, bringe ich ihn sofort um! Ich verstehe auch nicht ganz, wieso ich ihn beschütze und auch auf seine ach so tolle Geschichte eingehe. Aber irgendwie kann ich ihn nicht verraten. Wieso weiß ich nicht. Es ist so, als wenn mich mein Unterbewusstsein daran hindert.

» Okay, mache ich. «, lacht Dana und geht von meinem Schoß.

Etwas verwirrt schüttele ich meinen Kopf und sehe sie fragend an. Was macht sie?

» Weiter schlafen gehen. Noah hat doch gerade gesagt, dass ich wie Pipi Langstrumpf aussehe und schlafen muss, damit ich wieder schön aussehe «, sagt sie und gähnt wie auf Kommando.

Komisch habe ich gar nicht mitbekommen, dass er etwas gesagt hat.

» Ist gut Maus. Schlaf schön. «, sage ich.

» Mach ich! «, gibt sie zurück und tapst aus dem Zimmer, sodass Noah und ich wieder allein sind.

Ich schaue auf meine Uhr, die an der Wand hängt. Es ist erst kurz nach 5. Ich kann noch eine Ewigkeit schlafen, bis Tiara und Dana aufstehen und ich ihnen Frühstück machen muss.

» Ich bin also ein ganz Lieber, mhh? «, kommt es belustigt von ihm.

Genervt schaue ich an.

» Nein du Idiot. Sie ist meine kleine Schwester und ich kann ihr ja schlecht erzählen, dass du ein mieses Arschloch bist. Ich passe im Gegensatz zu dir auf was ich kleinen Kindern erzähle! «

» Ah Süße… Mir ist so schnell nichts anderes eingefallen. Du hast Glück, dass ich nichts Schlimmeres erzählt habe. «, gibt er lachend zurück.

» Halt einfach die Klappe! «, flüstere ich und lasse mich in die Kissen fallen.

Ich spüre, wie er es mir gleichtut, sich neben mich legt und einen Arm um mich legt, woraufhin ich genervt aufseufze.

» Muss das sein? «

Er soll bloß nicht auf den Gedanken kommen, dass es mir gefällt. Denn genau das tat es. Leider!

» Ja das ist nötig! «, meint er nur und geht mit seinem Gesicht runter zu meinem Hals, wo er dann langsam anfängt diesen zu liebkosten.

Scheiße, wenn er so weiter macht, verliere ich komplett die Beherrschung.

» Hör auf... «, flüstere ich schwach.

» Nein… «, gibt er zurück und zieht sich etwas hoch, sodass er jetzt an meiner Wange ist.

» Sofort… «

» Nein. «

» Du bist echt ein richtiges Arschloch. «, sage ich und schubse ihn von mir.

» Und du eine kleine Hexe. «

» Was? «, kommt es etwas verblüfft von mir.

Hat er mich gerade ernsthaft als eine Hexe bezeichnet? Okay, zwar habe ich ihn als ein Arschloch bezeichnet, aber das ist doch kein Grund mich als Hexe zu bezeichnen.

» Du hast mich schon richtig verstanden. «, gibt er nur grinsend zurück.

» Du… du… du Opfer! «, kommt es etwas verzweifelnd von mir.

Okay. Diesen Kampf habe ich auf jeden Fall verloren…

» Miststück. «, flüstert er, immer noch mit einem fetten Grinsen im Gesicht.

» Halt einfach die Fresse. «, gebe ich wütend zurück und drehe mich von ihm um.

» Wie du willst, Schönheit. «, sagt er und küsst mich auf die Wange.

So langsam brennen bei mir alle Sicherungen durch! Wenn er so weiter macht, kann ich für nichts garantieren! Ich schließe meine Augen und versuche einzuschlafen. Doch das geht reichlich in die Hose, den Noah streicht mit seinen Fingern die ganze Zeit meine Wirbelsäule entlang. Hat er nichts Besseres zu tun, als mich vom Schlafen abzuhalten?

» Noah, hör auf. «

» Wie wär’s mit ein bisschen mehr Freundlichkeit und dem Zauberwort? «, kommt es von ihm.

Ist das sein Ernst? Der will mich doch verarschen! Freundlich? Zauberwort? Sind wir hier im Kindergarten, oder was? Aber da ich unbedingt schlafen will, bleibt mir nichts anderes übrig als seiner "Bitte" nachzugehen.

» Noah, könntest du 'Bitte' damit aufhören? «, kommt es gezwungenermaßen freundlich von mir, wobei ich das Wort 'Bitte' am meisten betone.

» Nein. «, meint er bloß und ich kann deutlich hören, wie er grinst.

Ich setze mich etwas auf und funkele in böse an.

» Sag mal, was ist dein Problem? «, fahre ich ihn an, nehme seine Hand und versuche diese von meinem Körper wegzuzerren, aber vergebens.

» Ich habe kein Problem, Süße. Wenn hier jemand ein Problem hat, dann bist du das. Du bist doch diejenige die andauernd rumschreit. «, sagt er belustigt.

» Mein Problem bist du! «, schreie ich.

Wenn ich weiterhin so laut bin, steht wahrscheinlich bald die ganze Nachbarschaft vor unserer Haustür, um sich über die Lautstärke zu beschweren.

» Siehst du, schon wieder. «, sagt er lachend und zieht mich wieder auf seinen Schoß.

Das ist genug! Ich löse mich mit Gewalt von ihm und lege mich an das andere Ende vom Bett. So habe ich genug Abstand zwischen uns. Immerhin ist mein Bett zwei Meter breit.

» Lass mich jetzt in Ruhe, ansonsten rufe ich die Polizei. «, flüstere ich ihm zu, schon halb am Schlafen.

Keine Ahnung warum ich so ruhig bleibe und ihn auch noch hier liegen lasse. Immerhin kenne ich ihn nicht und er könnte sonst wer sein. Heißt er überhaupt Noah? Kommt er wirklich aus Russland? Vielleicht ist er auch ein internationaler Verbrecher und sucht einfach irgendwo einen Unterschlupf. Werde ich ihn decken? Oder rufe ich die Polizei? Schon witzig wie viele Probleme eine Person an einem Tag bekommen kann. Zuerst die Sache mit meinen Eltern und jetzt auch noch Noah. Urplötzlich muss ich wieder an den Namen denken, den Dad mir genannt hat. Valerian Patel. Wer das wohl ist. Ein Arbeitskollege von Mom und Dad? Vielleicht weiß er ja mehr und ist auch bereit mir alles zu erzählen. Aber ich sollte ihn erst bei Problemen kontaktieren… Theoretisch ist das mit Noah auch schon ein Problem. Immerhin ist er hier eingebrochen. Aber andererseits hat er mich auch vor den anderen Typen beschützt… Ah keine Ahnung. Das sind alles Probleme, denen ich mich nach meinem Schlaf widme.

Das Letzte was ich höre, ist ein leises » Schlaf gut. « und dann falle ich auch schon wieder in das Land der Träume.

 

 

Wach werde ich durch die Sonnenstrahlen, die mir ins Gesicht scheinen. Welcher Vollidiot hat vergessen die Rollladen runterzumachen. Ahja stimmt, das war ich. Stöhnend krabbele ich aus meinem Bett und strecke mich erst mal. Ich bin immer noch müde. Ein Blick zur Uhr verrät mir, dass es kurz nach 12 ist. Krass, ich habe knapp 14 Stunden geschlafen. Außer man rechnet die 1 Stunde von heute morgen raus, wo ich so schön genervt wurde. Apropos nervig, wo ist eigentlich Noah? Ich sollte wohl lieber nicht nochmal hoffen, dass es ein Traum gewesen ist.

Ziemlich unmotiviert gehe ich zu meinem Schrank und betrachte mich im Spiegel. Statt der Jeans und dem Pulli, habe ich eine schwarz-rot karierte Pyjama-Hose und ein schwarzes Top an. Ich hole mir eine etwas größere Strickjacke raus und ziehe mir diese über. Mir ist grad ziemlich egal wer mich umgezogen hatte und wie ich aussehe, Hauptsache ich friere nicht mehr und ich habe möglichst bald etwas im Magen. Wie auf Kommando fängt dieser an zu knurren.

 

Ich gehe aus meinem Zimmer raus und gehe die Treppe runter, rein in die Küche, wo ich schon die ersten Geräusche raus höre. Ob das wohl Noah ist? Ich bezweifle, dass dies Dana oder Tiara sind, denn die machen sich eigentlich nie selbstständig etwas zu essen. Locker haben die jetzt die ganze Zeit in Ihrem Zimmer gewartet bis ich wach bin. Als ich jedoch die Küchentür öffne, trifft mich erneut der Schlag. Ich starre die zwei Personen vor mir an. Zwei Gründe hat dies. Erstens: die beiden sehen umwerfend aus. Beide sehen Noah etwas ähnlich. Von der Statur her sind die etwa genauso groß und breit wie Noah und ihre Haut hat genauso einen Braunton. Der eine hat dunkle Haare, welche mit einem Orangenen Stich versäht sind und der andere weiße, fast schon so weiß wie Schnee. Beide haben schöne schokoladenbraune Augen. Direkt habe ich auch passende Namen für die beiden. Anna und Elsa. Und als zweites frage ich mich, wie man nur so perfekt aussehen kann. Innerhalb von 24 Stunden lerne ich drei Typen kennen und alle sehen einfach aus wie Götter.

Der eine dunkelhaarige Typ, ab jetzt auch Anna genannt, steht am Herd und hat eine Pfanne in der Hand. Sieht aus als wenn er Pfannenkuchen macht. Heiß. Finde ich persönlich ziemlich attraktiv, wenn Männer kochen können. Daneben steht Dana auf einem Hocker und schaut gespannt zu. Der andere, Elsa, sitzt zusammen mit Tiara am Esstisch, was mich nur noch mehr verwirrt. Normalerweise ist sie immer in ihrem Zimmer und sperrt sich ein, wenn unsere Eltern unterwegs sind. Und jetzt sitzt sie hier in der Küche und gafft einen bestimmt 10 Jahre älteren Typen an.

 

» Na, genug gestarrt Hübsche? Gefallen wir dir? «, kommt es belustigt von Anna. 

Man, ich sag‘s euch, seine Stimme ist Erotik pur. Sofort erröte ich leicht, sehe ihn gleichzeitig böse und genervt an und verdrehe die Augen. So ein ähnliches Gespräch habe ich ja schon mit Noah geführt.

» Es gibt besseres. «, antworte ich genervt. 

» Das glaubst du doch wohl selbst nicht. «, gibt er grinsend zurück.

Schön, noch so ein eingebildeter Vollidiot. Wäre ja zu schön gewesen, wenn es nur einer wäre. Aber zurück zur Realität. Wer sind die beiden und warum sind die in unserem Haus?

» Dürfte man jetzt auch erfahren wer ihr seid? «, frage ich beide, diesmal mit einer etwas ernsteren Tonlage.

» Schatz, hast du etwa Alex und Finn vergessen? «, ertönt es plötzlich hinter mir.

Ein Arm schlingt sich um meine Taille und zieht mich an einen warmen Körper. Genervt schließe ich langsam meine Augen. Das hier wird echt zu viel für mich.

Ich drehe mich in seinen Armen um und starre ihn böse an. Ich will jetzt kein unnötiges Theater vor Dana und Tiara veranstalten. Wer weiß was die den beiden noch erzählt haben.

» Nein Schatz. Tut mir leid, das muss ich wohl vergessen haben. Erzähl doch bitte mal. «, gebe ich zwischen zusammengepressten Zähnen raus.

Allein das Wort Schatz auszusprechen, bringt mich fast zum Kotzen. Noah jedoch findet das Ganze ziemlich witzig, denn er grinst nur wie ein Honigkuchenpferd und gibt mir zu allem Überfluss noch ein Kuss auf die Wange. An der Stelle bleibt er jedoch noch etwas länger und wandert mit seinem Mund rüber zu meinem Ohr.

» Danke fürs Mitspielen. «, flüstert er mir ins Ohr.

Freu dich nicht zu früh Freundchen. Wenn ich meinen Verstand wiedergefunden habe, fliegt ihr alle hochkant hier raus. Und auch die Polizei wird verständigt.

» Also Emma, das sind Alex und Finn. Zwei sehr gute Freunde von mir. Man könnte uns schon praktisch als Brüder bezeichnen. «, sagt Noah und deutet bei dem Namen Alex auf den dunkelhaarigen und bei Finn auf den weißhaarigen.

Ne, die Namen gefallen mir nicht. Ich bleibe lieber bei meinen Kreationen.

» Sehr schön und was genau machen Alex und Finn hier? «, frage ich zurück.

» Ich glaube das sollten wir eben kurz allein besprechen. «, sagt Noah, nimmt meinen Arm und zieht mich aus der Küche raus.

Mich dagegen zu wehren versuche ich erst gar nicht, da ich schon aus Erfahrung weiß, dass dies nicht viel bringt.

Als wir im Flur stehen, schließt er die Küchentür zu und dann sind wir wieder alleine. Minutenlang sagt niemand etwas. Wir starren uns bloß in die Augen. Ich höre mein Herz so schnell pochen, wie normalerweise nach einer Runde joggen. Er bringt mich dazu nervös zu sein. Nicht gut. Gar nicht gut.

» Also, erzähl. Was soll das Ganze? «, fange ich das Gespräch an, verschränke meine Arme und bleibe dem Augenkontakt stand.

Er soll bloß nicht merken, wie nervös ich eigentlich bin.

Noah blickt nach unten und beendet somit unseren Blickkontakt. Jetzt sieht auch er etwas nervös aus. Er kratzt sich am Hinterkopf und sieht mich nach einigen Sekunden wieder an.

» Naja, wie schon gerade gesagt, die beiden sind wie Brüder für mich und haben zurzeit zuhause einige Schwierigkeiten… «, fängt er an, beendet den Satz aber nicht.

Ich kann mir aber schon denken, wie er den Satz beenden will. Die beiden haben Probleme zu Hause und müssen deswegen für eine Weile hierbleiben. Guter Witz. Nie, ich wiederhole Nie werden die beiden in diesem Haus bleiben! Vorher würde ich sterben.

» Du meinst, die zwei «, dabei deute ich zur Küchentür, » sollen hierbleiben? «, kommt es belustigt und entgeistert zugleich von mir, woraufhin er nickt. 

» Träum weiter. Diese zwei Kobolde bleiben nie im Leben hier! Und du auch nicht! «, sage ich ernst, wollte an Noah vorbei in die Küche gehen und die zwei hochkantig rausschmeißen, aber Noah ist schneller. 

Er stellt sich mir in den Weg und packt mich an meinen Schultern. 

» Bitte Emma. Lass uns bitte hierbleiben. Es ist auch nicht für lange. «, sagt er bittend und zieht einen Schmollmund. 

Oh, das sieht so süß aus, wenn er das macht. Aber ich gehe auf seine Spielchen nicht ein und schüttele stur den Kopf. Endlich habe ich meinen Verstand wiedergefunden.

» Komm, lass uns erstmal etwas essen. Nachher können wir gerne weiter diskutieren, aber du wirst schon nachgeben, keine Sorge. «, sagte er, packt meine Hand, dreht mich einmal im Kreis und zieht mich wieder zurück in die Küche.

Das alles passiert so schnell, dass ich gar keine Zeit habe in irgendeiner Art zu reagieren. Er zieht mich zu dem bereits gedeckten Esszimmertisch und zieht mir Gentleman-mäßig den Stuhl nach hinten und deutet mir mit seinem Blick an, dass ich mich setzten soll. Na gut, aber diesmal nehme ich mir wirklich vor, nach dem Frühstück das Final-Gespräch zu führen und alle drei rauszuschmeißen. Was für ein krankes Selbstbewusstsein muss man haben, um einfach so behaupten zu können „keine Sorge, du wirst schon nachgeben“. Klarer Fall von Arschloch. Dem werde ich mal nachher meine Meinung sagen.

Ich setze mich an den Esstisch und wieder meldet sich mein Magen. Der Tisch ist schön gedeckt und bei dem Essen wurde auch keineswegs gespart. Der Teller mit den Pfannenkuchen ist riesig, ein Teller mit allem möglichen Aufschnitt ist auch dabei und dann noch ein Obst- und ein Gemüseteller. Gedeckt wurde für sechs Personen. Dana sitzt neben mir, Tiara sitzt mir gegenüber zwischen Anna und Elsa und scheint ihren Platz mehr als zu genießen. Und zuallerletzt Noah, der natürlich auch neben mir sitzt.

» Na dann, guten Appetit. «, sagt Anna.

Kaum haben die Worte seinen Mund verlassen, hat er schon einen Pfannenkuchen im Mund. Die anderen zwei lassen sich das auch nicht zwei Mal sagen und machen sich daran den Tisch leer zu essen. Ich mache es ihnen gleich und fange an zu essen.

 

Nachdem alle fertig sind mit dem Essen, ist auch nichts essbares mehr auf dem Tisch. Die drei haben echt meinen Respekt. So viel wie die drei gerade gegessen haben, esse ich an einem ganzen Tag nicht. Wir räumen alle zusammen die ganze Küche auf, bis diese wieder wie neu aussieht.

» Könnt ihr vier ins Wohnzimmer gehen? Ich muss mich mit Noah eben unterhalten. «, sage ich in Richtung Anna und Elsa und deute dabei auf Dana und Tiara, damit die die beiden mitnehmen.

Anna nickt einmal, nimmt Danas Hand und geht mit ihr aus der Küche. Elsa folgt ihm stillschweigend und Tiara folgt ihm ebenfalls wie ein kleines Hündchen. Ich glaube sie hat sich echt in Elsa verguckt. Hinter sich schließt Tiara die Tür. Als die Tür zuknallt, zucke ich leicht zusammen. Genau in diesem Moment verlässt mich wieder mein ganzer Mut. Ich drehe mich zu Noah um. Er lehnt lässig an der Küchenzeile und sieht mich erwartungsvoll an. Er wartet wahrscheinlich darauf, dass ich mit dem Gespräch fortfahre. Widerwillig fange ich auch an:

» Also, wie schon vorhin gesagt, ihr könnt hier auf keinen Fall bleiben… «

Er lässt mich nicht ausreden und gibt nur ein unhöfliches » Warum? « von sich. Durch seine schlechte Laune, wird meine Laune auch nicht wirklich besser.

» Lass mich doch mal einfach ausreden? «, gebe ich genauso pampig zurück.

» Fahren Sie fort, Ihre Hoheit. «, gibt er nur genervt zurück, geht auf den Esszimmertisch zu und setzt sich auf einen Stuhl.

Was hat der denn geraucht, dass er auf einmal so eine scheiß Laune hat und sich mir gegenüber wie das Allerletzte verhält?

» Weil ich dich und auch die anderen beiden Affen nicht kenne? Du tauchst von jetzt auf gleich auf, spielst dich wie der größte Macho auf, verführst mich und von deinen Lakaien will ich gar nicht erst anfangen. Ihr drei seid arrogant, unhöflich und einfach nur unverschämt. Ich habe hier zwei jüngere Schwestern. Warum zur Hölle sollte ich euch hier wohnen lassen? «

Noah schaut mir während meinem Monolog die ganze Zeit in die Augen und es scheint so, als wenn er mir nicht zuhört, denn nachdem ich fertig war, steht er auf und geht selbstsicher auf mich zu, als ist er der König höchstpersönlich. Als er direkt vor mir steht, greift er mein Kinn, zieht dieses hoch und streicht mit der anderen Hand über meine Wange.

» Du wirst uns hier wohnen lassen, weil du mich liebst. «, gibt er mit so einer Selbstsicherheit von sich, dass es wahrscheinlich andere geglaubt hätten.

Aber da mein Verstand mittlerweile wieder komplett da ist, fange ich nur an zu lachen.

» Sonst geht’s dir gut? Wir kennen uns erst ein paar Stunden? Wie zur Hölle kommst du darauf, dass ich auch nur ansatzweise irgendetwas für dich fühle? «, gebe ich nur unglaubwürdig von mir.

Dabei schubse ich ihn wieder von mir. Von Sicherheitsabstand hat er wohl auch noch nie was gehört.

Er schaut mich ziemlich verwirrt an und stottert leicht: » Weil ich… ich bin halt ich. Ich meine schaue mich an. « Dabei zeigt er mit seinen Händen an seinen Körper.

Sobald diese Worte seinen Mund verlassen habe, kann ich nicht mehr. Ich fange nur noch mehr an zu lachen. Merkt er denn selbst nicht, wie lächerlich er sich gerade macht? Aber nachdem er nach einer Minute immer noch nichts dazu gesagt hat und auch nicht am Lachen ist, ist auch mein Humor verschwunden. Er meint das wohl echt ernst.

» Das kannst du doch nicht ernst meinen? «, kommt nur aus meinem Mund.

Als er auch dazu nichts sagt und wie eine Statue dasteht und mich ansieht, habe ich genug von dem Theater.

» Verschwindet bitte einfach von hier. «

Endlich regt sich in seinem Gesicht etwas. Er hat wohl endlich verstanden, was ich ihm die ganze Zeit versuche zu sagen. Er schaut mich verletzt an und flüstert: » Bitte lass uns hier bleiben… «

» Nein! «

» Emma bitte. Ich tue auch alles. «

Versteht der kein nein?

» Noah, ich habe nein gesagt und wenn ich das sage, dann meine ich es auch so. Du kannst so viel rumbetteln wie du willst, aber die Antwort wird nein bleiben. «, sage ich klipp und klar.

Ich denke er hat es so langsam verstanden, denn aus seinem Mund wird ein Strich und er sieht mich böse an. Was ein Blick. Da bekomme ich echt schon bisschen Angst.

» Emma, ich habe bitte gesagt… «, bringt er zwischen zusammengedrückten Zähnen raus.

Haben ihm seine Eltern nie nein gesagt? Oder ist er einfach etwas begriffsstutzig?

» Und ich habe nein gesagt. Sag mal bist du etwas schwer vom Verstand? «, gebe ich zurück und höre plötzlich nur noch ein lautes ohrenbetäubendes klatschen, woraufhin ich leicht nach hinten stolpere.

Das alles passiert so schnell, dass ich keine Zeit habe zu reagieren. Im nächsten Moment spüre ich nur noch ein starkes Brennen an meiner Wange.

Hat er mich gerade ernsthaft geschlagen? Mit meiner kalten Hand wandere ich zu meiner Wange, die glühend heiß ist und schmerzt. Tatsächlich, ein fremder Typ hat mich gerade in meinem eigenen Haus geschlagen, weil ich im verboten habe mit seinen Kumpels hierzubleiben. Sehr schön. Neuer Höhepunkt in verrückte Sachen an einem Tag erleben erreicht.

Ich schaue ihn ziemlich entgeistert an und bin schon kurz davor ihn richtig zur Sau zu machen, aber er kommt mir zuvor.

» Dann halt nicht, aber wag es ja nicht mich je um irgendwas zu bitten. Die Antwort wird eh nein sein. «, gibt er wütend von sich und läuft aus der Küche.

Das nächste was ich höre ist, dass die Haustür aufgemacht wurde und sekundenspäter wieder zugeknallt wird.

Was zur Hölle war das? Der hat vielleicht Stimmungsschwankungen. Von „Emma, ich tue alles für dich“ auf „Ich hasse dich, lass mich in Ruhe“ in nur paar Sekunden. Respekt. Sag ich ja, dass er ein Verrückter ist. Und genau aus diesem Grund muss ich so langsam weiter handeln. Auch wenn alle drei gutaussehende Typen sind, sie haben sich unerlaubt in unserem Haus eingenistet und der eine schlägt mich auch noch. Ich denke, da ist die Polizei wohl auf meiner Seite. Aber zuerst schmeiße ich die anderen beiden noch raus. Nicht dass die Dana und Tiara noch etwas tun.

Ich gehe schnell in das Wohnzimmer, wo alle vier auf dem Sofa sitzen und sich Spongebob anschauen.

» Wo ist Noah hin? «, begrüßt mich Anna.

» Der ist schon mal vorgegangen, um euch eine andere Bleibe zu finden. «, sage ich und lehne mich an einer Kommode ab, da mir so langsam etwas schwindlig wird. Mit der Kraft hat sich Noah jedenfalls nicht zurückgehalten.

Anna und Elsa sehen mich verwunderlich und auch etwas besorgt an. Hauptsächlich kann man die großen Fragzeichen in ihren Gesichtern sehen.

Wie die einfach alle davon ausgegangen sind, dass die hierbleiben dürfen. Welche normale Person lässt drei fremde Menschen bei sich wohnen? Richtig, niemand.

Bevor jemand von den beiden den Mund öffnen konnte, um mich anzuflehen sie hier zu lassen, sage ich: » Ich möchte euch jetzt bitten zu gehen. Danke für das Frühstück, aber ab hier übernehme ich jetzt wieder. «

Nach diesem Satz steht Anna auf und kommt auf mich zu. Als er genau vor mir steht, sieht er mich genauer an und runzelt die Stirn.

» Was hat er dir angetan? «, flüstert er mir zu, sodass nur ich es hören kann.

Augenblicklich spüre ich den Schmerz wieder und Tränen kommen in meinen Augen hoch. Durch die ganze Wut habe ich den Schmerz komplett vergessen.

» Das geht dich nichts an und jetzt verschwindet. Sonst rufe ich gleich sofort die Polizei. «, zische ich zurück.

Bloß nicht die Tränen laufen lassen. Dies zeigt nur Schwäche und Schwäche kann ich gerade gar nicht gebrauchen. Ich muss stark und selbstbewusst wirken, damit ich meinen Willen durchsetzen kann.

Anna schaut mich noch einmal besorgt an, gibt Elsa jedoch eine Handbewegung, dass er ihm folgen soll.

Erleichtert seufze ich auf. Geschafft.

Elsa steht auf und geht direkt Richtung Tür. Er schaut mich noch einmal an und gibt noch ein » Hat mich gefreut. « von sich, bevor er dann aus dem Wohnzimmer verschwindet.

» Wenn irgendwas sein sollte, kannst du uns immer anrufen. Und nimm Noah das nicht übel. Ich sehe, dass er dich geschlagen hat. Er hatte schon immer ziemliche Aggressions-Probleme, hat etwas mit seiner Vergangenheit zu tun. Weißt du, er hatte es nie ziemlich leicht… Also hass ihn bitte nicht dafür. «, sagt Anna, aber wieder so leise, dass nur ich es hören kann und reicht mir ein abgerissenes Stück einer Serviette wo eine Nummer draufgekritzelt ist.

Ich nehme diese entgegen und legte sie auf die Kommode, wobei ich die eh nicht brauchen werde. Wenn die weg sind, versuche ich das alles nur noch so schnell wie möglich zu vergessen.

Anna haucht mir schnell noch einen Kuss auf die Wange und dann ist auch er weg.

Etwas benommen stehe ich da wie bestellt und nicht abgeholt und konnte es nicht so wirklich glauben, dass die jetzt weg sind. Ich gehe aus dem Wohnzimmer, rein in den Flur aber auch hier ist alles leer. Ich habe erfolgreich das Ungeziefer aus unserem Haus vertrieben.

3. Kapitel

ch weiß nicht, wie lange ich hier schon stehe und in die Leere starre. Gefühlt sind es Stunden. Worüber ich nachdenke? Wo soll ich anfangen? Es schwirrt so viel in meinem Kopf herum, ich weiß gar nicht worauf ich mich genau konzentrieren soll. Einerseits bin ich echt froh, dass ich die drei los bin und alles vorbei ist, andererseits bin ich auch etwas traurig. Traurig, weil es jetzt komplett still ist und alles mit Mom und Dad hochkommt. Ebenso tut mir das mit Noah leid. Irgendwie ist er mir in den paar Stunden ans Herz gewachsen, was ich selbst nicht wirklich verstehen kann. Wie schon gesagt, es sind paar Stunden, die wir miteinander verbracht haben, wie kann man da schon jemanden zu mögen anfangen? Und dazu bin ich stinksauer, wegen dem Schlag, was ich immer noch nicht wirklich glauben kann.

Wie auch immer, lächeln und weitermachen. Was anderes bleibt mir nicht übrig. Ich gehe zurück in das Wohnzimmer, wo Tiara und Dana auf dem Sofa sitzen.

Ich setze mich zu den beiden und schaue zum Fernseher. Es läuft „Die Schöne und das Biest“.

» Emma? «

Ich schaue hoch und sehe in Tiaras fragende Gesicht.

» Was? « Ich bin wohl so in Gedanken gewesen, dass ich nicht mitbekommen habe, dass sie mich etwas gefragt hat.

» Hast du nicht zugehört? «

Logischerweise nicht, sonst würde ich ja nicht fragen, oder? Ich schüttel als Antwort bloß mit dem Kopf.

» Wir haben gefragt wo Noah, Alex und Finn hingegangen sind. «, sagt diesmal Dana.

» Die sind weg. «, gebe ich nur schnell zurück und hoffe einfach, dass die beiden das Thema sein lassen.

» Und wohin? «, kommt auch direkt die Gegenfrage.

» Keine Ahnung. «, gebe ich nur zurück.

» Und warum sind die weg? «, fragt nun wieder Tiara.

» Das geht euch nichts an. «, sage ich diesmal etwas lauter und genervter.

So langsam reicht es auch. Man merkt doch, dass ich nicht drüber reden will. Selbst wenn man noch nicht so alt ist.

Tiara verengt etwas ihre Augen und sieht mich böse an.

» Immer machst du alles kaputt. «, schreit sie, springt vom Sofa auf und rennt aus dem Wohnzimmer nach oben, wahrscheinlich in ihr Zimmer.

So habe ich sie noch nie erlebt. Sie kennt die drei doch auch erst einige Stunden. Und was meint sie damit, dass ich immer alles kaputt mache? Was soll ich ihrer Meinung nach schon alles kaputt gemacht haben. Ich habe ja schon mal erwähnt, dass ich die Vermutung habe, dass Tiara mich nicht sonderlich mag, aber jetzt bin ich mir da ziemlich sicher.

Ich schaue zu Dana rüber, die dort mit großen, ängstlichen Augen sitzt.

» Hey, wollen wir schon mal aufräumen und dann zusammen in den Zoo fahren? «, schlage ich vor um sie etwas aufzumuntern und auf etwas andere Gedanken zu bringen, was mir auch nicht schaden könnte.

Nicht dass bei Dana auch noch alles hochkommt, dass unsere Eltern weg sind. Und Mission erfüllt. Danas Miene hellt sich direkt auf, als ist plötzlich alles vergessen.

» Ohja, da waren wir schon so lange nicht mehr. «, ruft sie aufgeregt.

Direkt musste auch ich grinsen. Diese Mädchen ist auch ein wandelndes Honigkuchenpferd.

» Na dann lauf schon mal nach oben und such dir Sachen raus. Ich komme gleich nach und helfe dir. «, sage ich zu ihr.

Das lässt sie sich nicht zweimal sagen. Nachdem die Worte meinen Mund verlassen haben, höre ich nur ein hohes Quietschen, was sich bisschen nach einem „Ja“ anhört und dann ist sie schon weg, woraufhin ich nur lächelnd meinen Kopf schüttle. Auch ich mache mich auf den Weg nach oben und gehe in mein Zimmer um mich umzuziehen. Im Zimmer angekommen sehe ich mich erst mal um. Es ist nichts Besonderes. Mein Zimmer ist relativ groß. An der einen Wand ist ein etwas größeres Fenster, rechts, links und unter dem Fenster sind schwarze Regale voller Bücher. Ich lese für mein Leben gerne Bücher. Ein Lieblings-Genre habe ich nicht. Von Fantasy bis Krimi ist alles dabei. Auch die Klassiker wie Shakespeare kann man in meinem Regal finden. Auf dem Regal unter dem Fenster habe ich quasi meine Leseecke. Dort liegt alles voll mit allen möglichen Kissen in allen möglichen Farben. Rechts an der Wand steht mein etwas zu großes Bett, um genauer gesagt ein schönes schwarzes Boxspringbett. Rechts und Links von dem Bett stehen schwarze Nachtischschränke mit je einer Lampe drauf. Links an der Wand steht mein Schrank, auf den ich besonders stolz bin. Er ist ca. 7 Meter lang und hat wunderschöne Schiebetüren die alle gespiegelt sind. Ansonsten ist an der linken Wand noch ein Eckschreibtisch und eine Tür die in mein Badezimmer führt. Dieses teile ich mir aber mit Dana. Ja, das zu meinem Zimmer. Aber heute kann man sich überall noch Klamotten hindenken. Es ist so unaufgeräumt. Auf dem Tisch, dem Stuhl, meiner Leseecke, meinem Bett und natürlich auch auf meinem Fußboden liegen überall Klamotten. Was so etwas angeht, bin ich ziemlich unordentlich. Ich habe einfach nie Lust aufzuräumen, aber ich denke mal das geht den meisten hier so.

Ich gehe zu meinem Kleiderschrank und hole dort eine schwarze enge Jeans raus und einen dicken schwarzen Pullover. Auf Farbe habe ich heute nicht wirklich Lust.

Dazu Socken und weiße Sneakers und ich bin fertig. Schnell bürste ich meine Haare und schnappe mir meine Handtasche.

Als ich aus meinem Zimmer und zu Danas gehe, was genau neben meinem liegt, sehe ich zu Tiaras Zimmer rüber. Soll ich sie fragen, ob sie mit will? Eigentlich kenne ich die Antwort eh schon, aber was solls. Fragen schadet nicht.

Ich klopfe an ihrer Tür, woraufhin nur ein genervtes „Was“ aus ihrem Zimmer kommt.

» Tiara, ich bin es. Ich wollte dich nur fragen, ob du mit… «, fange ich an, aber weiter komme ich nicht, da ich von Tiara mit dem Worten: » Verschwinde und lass mich in Ruhe! «, unterbrochen werde.

Gut, dann halt nicht. Ich will ja nicht noch mehr kaputt machen.

Ich gehe weiter in Danas Zimmer, wo die Tür offensteht. Ich klopfe am Türrahmen und paar Sekunden später steht Dana auch schon fertig angezogen am Türrahmen. Sie hat eine schwarze Strumpfhose an, dazu ein dunkelgrünes Strickkleid was ihr bin zu den Knien geht und darüber eine weiße gepolsterte Winterjacke mit schwarzem Fell an der Kapuze. Da fällt mir auch auf, dass ich meine Winterjacke vergessen habe. An Ihren Füßen trägt Sie etwas längere schwarze Winterboots. Im Ganzen sieht sie sehr süß aus, nur ihre Haare sind eine Katastrophe. Sieht halt noch aus wie heute morgen. Sie kann sich zwar schon ziemlich gut kleiden und hat aus meiner Sicht einen sehr guten Geschmack, aber Haare kann sie sich selber noch nicht machen.

» Du siehst toll aus. Aber deine Haare müssen noch gemacht werden. «, sage ich.

» Ja ich weiß. Machst du mir bitte einen Zopf? «, fragt sie mich, woraufhin ich nicke.

Direkt läuft sie nach unten und ruft mir ein » Ich bin dann schon mal unten « hinterher.

Ich gehe wieder in mein Zimmer und hole meine knallrote gepolsterte Winterjacke raus die an der Kapuze schwarzes Fell hat. Dana und ich haben die gleichen Winterjacken, nur halt in verschiedenen Farben und unterschiedlichen Größen.

Dazu nehme ich noch eine Haarbürste, ein Haargummi mit und gehe wieder nach unten in den Flur. Aber keine Spur von Dana.

» Dana, wo bist du? «, rufe ich, woraufhin direkt die Antwort » Hier « aus dem Wohnzimmer kommt.

Ich gehe in unser Wohnzimmer, wo Dana auf dem Sofa sitzt und eine Folge Mickey Mouse schaut. Für Disney Filme und Serien schwärmen wir alle, selbst Tiara. Wir sind quasi nur mit Disney aufgewachsen.

» Wollten wir nicht eigentlich los? «, frage ich sie lächelnd.

» Aber du machst mir doch sowieso noch einen Zopf, dann kann ich doch weitergucken. «, gibt sie etwas fragend zurück.

Sie sieht mich so an, als wenn das selbstverständlich ist und sich fragt warum ich nicht an so etwas denke. Ich fange dann einfach ohne weitere Diskussion an Ihr einen Zopf zu machen.

Als ich damit fertig war, macht Dana direkt den Fernseher aus und wir gehen raus zur Garage. Diese öffne ich mit der Fernbedienung, woraufhin Dana direkt zu meinem Auto läuft und sich auf den Beifahrersitz setzt, wobei sie dabei schon einige Schwierigkeiten hat und öfters springen muss. Mein Auto ist ein Jeep Renegade vom Jahr 2017 in weiß. Mein ganzer Stolz. Ich liebe Geländewagen über alles, mit einem Sportwagen braucht man bei mir gar nicht erst ankommen. Mama ist die einzige die einen Sportwagen fährt. Der besagte Audi mit dem mich Caius gestern von der Schule abgeholt hat. Und Papa hat so wie ich einen Geländewagen, nur das seiner viel größer ist.

Ich gehe in die Garage und muss plötzlich automatisch zu den Schränken rüber schauen. Direkt muss ich an Noah denken und daran wie ich ihn das erste Mal sah. Wie erstarrt ich von seiner Perfektion gewesen bin. Seine wunderschönen Augen, seine Stimme, sein Geruch… selbst den habe ich noch in Erinnerung. Ist ja auch erst einige Stunden her. Ich verstehe immer noch nicht warum und wie ich ihm nach dieser kurzen Zeit so verfallen bin. Typen wie den findest du doch an jeder Ecke. Schnell rufe ich mir in Erinnerung, wie er mich geschlagen hat und zack ist die Schwärmerei verflogen und leichter Hass macht sich in mir breit.

Ich gehe zu meinem Auto und setze mich rein, wo ich auch schon von Dana freudig erwartet wurde.

» Fahren wir jetzt los? «, quietscht sie.

Ich nicke nur lächelnd, starte den Motor und fahre los Richtung Zoo.

 

Nach 15 Minuten Fahrt, sind wir am Zoo angekommen. Viele Autos kommen uns entgegen, als wir auf den Parkplatz fahren. Sieht aus, als wenn die ganzen Besucher verschwinden. Ich schaue auf die Uhr, aber es ist gerade mal 15 Uhr. Eigentlich müsste der Zoo noch 3 Stunden aufhaben. Als wir an der einen Schranke ankommen, mache ich das Fenster runter, um ein Parkticket zu ziehen, aber ein Mann stellte sich mir in den Weg.

» Es tut mir leid. Wir müssen den Zoo heute leider früher schließen. Sie können nicht mehr rein. «, sagt der Mann zu mir.

» Aber warum? Es ist gerade mal 15 Uhr. «, gebe ich verwirrt zurück.

Heute ist echt nicht mein Tag. Hoffentlich verbleibt die Pechsträhne nicht den restlichen Tag.

» Es gab einen Vorfall im Zoo. Ein Tier wurde verletzt. Wie und von wem, steht noch offen. Die Polizei ist gerade am ermitteln. «, sagt der Mann.

Wie auf Kommando fängt auf einmal eine Sirene an. Ich schaue an ihm vorbei zu dem Eingang und tatsächlich. Alles steht dort voll mit Einsatzwagen. Polizei, Feuerwehr und Notarzt, alles ist dabei.

» Oh nein, geht es dem Tier gut? «, meldet sich nun auch Dana zu Wort.

Ich schaue zu ihr rüber und sehe wie sie den Tränen schon ziemlich nah steht. Wenn der Mann gleich etwas Falsches sagt, wird Dana direkt in Tränen ausbrechen.

» Das wissen wir noch nicht. Die Ärzte schauen sich gleich alles in Ruhe an. Aber ich muss Sie jetzt bitten wieder zurückzufahren. «, gibt er leicht lächelnd zurück.

» Machen wir. Vielen Dank für die Info. «, sage ich und lege den Rückwärtsgang ein, um zurückzufahren.

Als wir wieder auf der Straße sind, schaue ich zu Dana rüber. Sie sitzt dort ruhig und starrt in die Ferne. Die arme… Ich wollte sie doch eigentlich ablenken und auf andere, fröhliche Gedanken bringen, aber das ist wohl nichts geworden.

» Wollen wir in den Park fahren? Da gibt es doch diesen riesigen Spielplatz. Danach könnten wir ein Eis essen. «, schlage ich vor.

Direkt dreht sie ihr Gesicht zu mir, schaut mich freudestrahlend an und nickt wie verrückt. Das nehme ich mal als ein Ja. Hoffentlich kommt jetzt nichts mehr dazwischen. Ansonsten schlage ich hier irgendwas kaputt.

 

Als wir auf dem Parkplatz am Stadtpark angekommen sind, steigen wir beide aus und laufen Richtung Spielplatz. Unser Stadtpark ist sehr schön. Alles ist umgeben von Bäumen verschiedener Arten. Da wir mittlerweile Herbst haben, haben alle Blätter einen schönen gelb-orangenen Ton. In gleichmäßigen Abständen stehen weiße Bänke an den Seiten, die auch wirklich weiß sind, da diese immer regelmäßig gesäubert werden. In der Mitte vom Park, befindet sich ein riesiger Teich, wo alles voll ist mit verschiedenen Teichpflanzen in allen möglichen Farben. Über den Teich geht eine Brücke, diese ist ebenfalls schön weiß und ziemlich altmodisch gehalten. Hier hätte damals eine alte Romanze gedreht werden können. Etwas weiter links vom Teich befindet sich der große Spielplatz. Als Dana diesen erblickt, löst sie sich von meiner Hand und läuft los. Ich gehe ihr hinterher und setze mich etwas am Rande auf eine Bank, sodass ich sie noch gut im Blick habe. Dana unterhält sich schon fleißig mit einem anderen Mädchen in ihrem Alter und beide scheinen sich gut miteinander zu verstehen. Dana hatte nie das Problem neue Bekanntschaften zu machen. Sie ist schon immer sehr aufgeschlossen gewesen. Dies hat sie wohl von Mom geerbt.

» Hallo schöne Frau. Darf man sich zu Ihnen setzten? «, ertönt es plötzlich hinter mir.

Die Stimme kenne ich doch. Zwar ist es nicht wirklich lange her, dass ich diese gehört habe, aber ich glaube vergessen könnte ich die Stimme niemals.

Ich drehe mich um und sehe in Noahs grün strahlende Augen. Sein Blick zeigt vieles. Aber zwei Eigenschaften stechen hervor: Glück und Reue.

» Klar, mach es dir gemütlich. «, gebe ich zurück und setze mich ans andere Ende der Bank.

Noah setzt sich neben mich und schaut auf seine Hände. Minutenlang sagt niemand etwas. Scheint so als ist Schweigen bei uns normal. Ich schaue ihn mir aus dem Augenwinkel genauer an. Er trägt eine schwarze etwas engere Jeans, ein weißes Shirt und darüber eine etwas dickere schwarze Lederjacke. Seine dunkeln Haare stehen unordentlich in alle Richtungen ab, aber dies lässt in nicht ungepflegt wirken, nein, es steht ihm sogar ziemlich gut. Plötzlich schaut auch er zu mir rüber, woraufhin ich meinen Blick schnell abwende und Dana suche. Sie schaukelt mit dem Mädchen von gerade.

» Emma… es tut mir leid, wirklich. Ich weiß man kann einem so etwas nicht verzeihen und es gibt nicht genug Entschuldigungen dafür, aber ich kann dies manchmal einfach nicht kontrollieren… «, fängt er an und kommt mir bei jedem Wort, das er sagte näher.

Dies hat Alex auch schon gesagt. Dass er nichts dafür kann und dass er es nicht immer leicht hatte. Aber ist dies ein Grund ihm zu verzeihen?

» Könntest du da vielleicht auch was zu sagen? «, fragt er, diesmal etwas vorsichtiger und leiser.

» Keine Ahnung Noah. Was soll ich dazu sagen? Ich verstehe das alles einfach nicht. Du platzt von jetzt auf gleich in mein Leben, brichst erst mal in unsere Garage ein, küsst mich, schläfst mit mir in einem Bett, behandelst mich in einem Moment so als wenn ich dir was bedeuten würde, bist dann aber in dem anderen Moment so ein Arschloch, schlägst mich dann ohne Grund und verschwindest einfach? Ich verstehe es alles einfach nicht. Warum sitze ich noch hier und unterhalte mich mit dir? Warum bin ich kurz davor dir trotz deiner so schlechten Entschuldigung zu verzeihen? «, bringe ich in einigen Atemzügen raus und hole erstmals tief Luft.

Jetzt ist alles raus. Alles was ich auf dem Herzen hatte, ist raus. Noah starrt mich bloß mit großen Augen an, als bin ich ein Alien. Er überbrückt den letzten Meter zwischen uns und nimmt mich in den Arm. Wie aus dem nichts kommen mir die Tränen und ich fange an zu weinen. Es kommt einfach alles hoch. Dass meine Eltern, höchstwahrscheinlich nicht wieder kommen, dass ich mich um Dana um Tiara allein kümmern muss, dass Tiara mich hasst und wie Noah mich verletzt hat. Ich habe echt gedacht, dass es mir nichts ausgemacht hat, aber jetzt merkte ich wie falsch ich lag. Auch wenn ich das nicht gerne zugebe, er bedeute mir etwas. Erst jetzt bemerke ich, wie ich diese Umarmung gebraucht habe.

» Es tut mir wahnsinnig leid, ich werde dir so etwas nie wieder antun. Versprochen. Und nur zur Info. Du bedeutest mir sehr viel. «, flüstert er mir ins Ohr und nimmt mich noch fester in den Arm.

Bei den Worten bekomme ich direkt Gänsehaut. Es tut so gut das zu hören. Ich löse mich aus seinen Armen und lächel ihn leicht an. Damit habe ich ihm wohl verziehen. Aber ich werde die Sachen jetzt trotzdem langsamer angehen. Vor jedem Schritt werde ich meinen Verstand dreimal fragen, ob das so auch wirklich in Ordnung ist.

» Danke. «, sagt er nur lächelnd.

Dieses Lächeln… zum hinschmelzen. Ich nicke als Antwort nur und drehe mich wieder Richtung Spielplatz um Dana zu suchen. Nach einigen Sekunden finde ich sie auf einem Klettergerüst, diesmal mit einem Jungen. Dana ist schon ganz oben angekommen, während der Junge gerade mal die Hälfte geschafft hat. Dana ist glücklich am Lachen, während der Junge ziemlich angestrengt versuchte weiterzukommen.

» Deine Schwester ist echt süß. «, sagt Noah.

Ich drehe meinen Kopf in seine Richtung und sehe, dass auch er sie lächelnd beobachte.

» Ja, das ist sie. Ein richtig süßer Sonnenschein. «

Minutenlang sitzen wir nebeneinander und beobachten Dana mit ihrem neuen Freund. Nach ca. 10 Minuten hat der Junge es auch endlich bis nach ganz oben geschafft. Die beiden unterhalten sich noch eine Weile, klettern dann nach unten und kommen in unsere Richtung gerannt. Als Dana Noah erblickt, hellt sich ihre Miene noch weiter auf, wenn dies überhaupt möglich ist. Bei uns angekommen, fällt sie Noah direkt in die Arme. Der Junge hält etwas Abstand und schaut sich das Geschehene an.

» Ich habe dich vermisst. Schön dass ihr nicht mehr streitet. «, sagt Dana zu Noah und wendet sich danach mir zu.

» Das ist Ben. Ben ist so alt wie ich und wir haben uns gerade kennengelernt. Er hat einen großen Bruder, der ist genauso alt wie du. Kann er morgen zum spielen kommen? «, plappert Dana drauf los, zieht Ben zu sich und umarmt ihn.

Das ist ja niedlich. Als ich in Ihrem Alter war, habe ich Jungs ekelhaft gefunden. Aber was die Info mit dem großen Bruder soll, verstehe ich selber nicht so ganz.

» Natürlich, hast du Ben schon unsere Adresse gegeben? «, frage ich sie.

» Ja, Ben hat gesagt, dass sein Bruder in morgen vorbeibringt. «, gibt sie strahlend zurück.

» Mein Bruder wartet schon auf mich. Dann bis morgen. «, sagt diesmal Ben mit leiser Stimme und läuft direkt weg.

» Fahren wir jetzt auch nach Hause? Mir ist kalt. «, sagt Dana und schlingt zur Verdeutlichung ihre Arme um ihren Körper.

Als Bestätigung nicke ich und stehe auf. Noah tut es mir gleich und läuft neben mir. Nicht dass er jetzt auf die Idee kommt, dass ich es doch in Ordnung finde, wenn die drei paar Monate bei uns wohnen. Wenn es bei einigen Tagen bleibt, würde ich vielleicht noch mit mir diskutieren lassen, aber nicht wenn es um mehrere Monate geht. Und natürlich auch nur, wenn die drei was im Haushalt machen. Wir sind ja immerhin kein Hotel.

» Wo sind eigentlich Alex und Finn? «, frage ich Noah.

» Weiß nicht, die sind irgendwo etwas essen gegangen. Als ich dich auf dem Parkplatz gesehen habe, bin ich dir direkt hinterhergelaufen. «, gibt er zurück.

Wie süß. Langsam wird er mir sympathischer.

» Hör mal. Ich kann euch drei keine Bleibe für mehrere Monate geben. Einige Tage sind vielleicht noch in Ordnung, aber echt keine mehreren Monate. Aber das auch nur unter einigen Bedingungen. «, sage ich direkt heraus.

Direkt kam mir in den Sinn, dass Noah sich vielleicht nur deswegen mit mir versöhnt hat und das der einzige Grund für seine Entschuldigungen ist. Damit die vorläufig eine Bleibe haben. Aber da ich nicht so pessimistisch sein will, gehe ich da erstmals nicht von aus.

» Danke dir. «, gibt Noah bloß zurück und nimmt meine Hand in seine.

Und so laufen wir händchenhaltend zurück zum Parkplatz. Dana springt vor uns durch die Gegend und sammelt Blätter.

 

Am Parkplatz angekommen steigen wir ins Auto, ich auf der Fahrerseite, Dana neben mir und Noah nach hinten. Dass wir noch auf Alex und Finn warten sollen hat Noah nicht gesagt, also fahre ich Richtung nach Hause.

Die Fahrt über sind alle still, nur das Radio spielt. Ich konzentriere mich aufs fahren, Dana begutachtet ihre Blättersammlung und wie ich im Rückspiegel sehe, ist Noah mit seinem Handy beschäftigt.

Als wir zu Hause angekommen sind, parke ich das Auto auf dem Hof. Ich habe irgendwie das Gefühl, dass ich heute noch los muss. Wir drei steigen zusammen aus und gehen ins Haus rein.

» Können wir alle zusammen einen Film gucken? «, fragt Dana uns beide.

Noah zuckt bloß mit den Schultern, woraufhin ich nicke. Dana läuft wieder mit der besten Laune ins Wohnzimmer, wahrscheinlich um sich schon mal einen Film auszusuchen.

» Du musst nicht mitgucken, wenn du nicht willst. Das wird wahrscheinlich eh ein Disney-Zeichentrickfilm sein. «, sage ich zu Noah.

Ich kann mir kaum vorstellen, dass Noah so einer ist der gerne Zeichentrickfilme guckt. Würde so gar nicht zu ihm passen.

» Machst du Witze? Ich liebe Disney. Natürlich gucke ich mit. «, gibt Noah nur zurück, nimmt meine Hand und zieht mich mit ins Wohnzimmer.

Und genau ab diesem Punkt ist alles perfekt.

 

Und so sitzen wir zu dritt auf unserem Sofa und schauen uns „Die Eiskönigin“ an. Dana liegt rechts in einer Decke eingewickelt und Noah und ich sitzen rechts mit je einem Meter Abstand zueinander. Hin und wieder schaue ich unauffällig zu ihm rüber, um zu gucken, ob er wirklich mit guckt oder es einfach über sich ergehen lässt. Aber er schaut tatsächlich mit. Hin und wieder verlässt seine Lippen auch ein leises Lachen, bei den witzigen Stellen im Film. Er hat so ein hinreißendes Lachen. Dana bekommt davon nichts mit, denn sie selber lacht immer mit und bei den Liedern singt sie lauthals mit. Jedes Mal wenn Dana anfängt zu singen, dreht Noah seinen Kopf in ihre Richtung und schaut sie belustigt an. Zwar klingt es ziemlich süß was Dana da von sich gibt, aber es ist mehr als schief und passt nicht so ganz mit der Tonlage im Film überein.

» Wie oft habt ihr den Film schon gesehen? Die Kleine singt alles mit. «, flüstert Noah mir zu, woraufhin ich selbst lachen muss.

Wenn er wüsste. Wir schauen uns die Filme so oft an, dass ich bei einigen sogar schon mitsprechen kann. Einige Traditionen haben wir sogar. Zu Weihnachten schauen wir uns immer „A Nightmare before Christmas“ an. Mein persönlicher Favorit. Ich liebe diesen Film über alles.

» Ah, nur ein paar Mal. «, gebe ich lächelnd zurück.

» Als wenn. Ich habe den Film schon drei Mal gesehen und kann vielleicht bei zwei Liedern den Refrain mitsingen, aber da hört es auch schon auf. «, sagt Noah kopfschüttelnd.

» Du hast den Film schon drei Mal gesehen? Warum denn das? «, gebe ich verwundert zurück.

Das passt mal gar nicht zu ihm. Ich schätze Noah als so jemanden ein, der abends Fußball mit seinen Freunden schaut, aber dass er allein auf der Couch sitzt und Disney-Filme schaut. Ne, das kann einfach nicht passen. Das wäre so, als wenn ein Bodybuilder mit Barbiepuppen spielt.

» Naja, wenn man eine jüngere Schwester hat muss man so etwas über sich ergehen lassen. «, sagt er schulterzuckend.

Und jetzt fällt mir wieder auf, dass ich so gut wie nichts über ihn weiß. Ich weiß nicht wo er herkommt, kenne seine Lebensgeschichte nicht, einfach gar nichts weiß ich über ihn.

» Erzähl mal was über dich. Wo lebst du eigentlich, was machst du beruflich, hast du mehrere Geschwister? «

Noah sieht mich an und sagt nichts. Es sieht aus als wenn er überlegen muss. Überlegt er, ob er mir wirklich vertrauen kann und ob ich es wirklich wert bin?

Er klopft zweimal auf das Sofa links von ihm, um mir wahrscheinlich zu signalisieren, dass ich zu ihm kommen soll. Das lasse ich mir nicht zwei Mal sagen. In einigen Sekunden sitze ich neben ihm und schaue ihm erwartungsvoll in die Augen.

» Leben tue ich zurzeit noch nirgendwo. Alex, Finn und ich lebten bis vor kurzem in einer WG. Aus der Wohnung mussten wir leider raus und bis jetzt suchen wir noch was Neues. Mit einigen aus der WG haben wir zurzeit auch etwas Stress. Es ist alles gerade etwas kompliziert. Beruflich bin ich Kfz-Mechatroniker. Zusammen mit den anderen Jungs haben wir unsere eigene Werkstatt. Zurzeit nicht, da wir ja keine Wohnung mehr haben, aber sobald wir was Passendes haben, geht es auch hier weiter. Und ja, ich habe wie gerade schon gesagt eine jüngere Schwester, Halb-Schwester, um genauer zu sagen und einen älteren Bruder. «, erzählt Noah.

So viel Information auf einmal. Zusammengefasst: Zurzeit obdachlos, beruflich selbstständiger Automechaniker und kein Einzelkind.

» Und was ist mit deinen Eltern? Du meintest ja Halbschwester. Sind die geschieden oder wie kommt dies? «, frage ich weiter, woraufhin auch direkt die Antwort kommt.

» Meine Eltern sind gestorben. Meine Mutter habe ich nie wirklich kennengelernt. Kurz nach meiner Geburt wurde bei ihr Krebs diagnostiziert und dann dauerte es auch nicht mehr lange bis sie starb. Mein Vater hatte daraufhin eine neue Frau und mit ihr zusammen hatte er ein Kind, Nina. Vor ein paar Jahren sind beide bei einem Autounfall verunglückt. Nina hat als einzige überlebt, es war quasi ein Wunder. «, sagt Noah, wobei er bei jedem Wort leiser wird und zum Schluss nur noch auf seine Hände schaut.

Und ich dachte, dass ich mit meiner Familie Pech habe. Zwar sehe ich meine Eltern so gut wie nie, aber immerhin leben die noch. Und das habe ich nie so wirklich wertgeschätzt. Ich nehme Noahs Hände in meine und sehe ihn entschuldigend an. Er tut mir so leid.

» Und wo ist Nina jetzt? «, frage ich vorsichtig nach.

» Sie ist jetzt bei einer neuen Familie. Zum Zeitpunkt des Unfalls war Nina 2 Jahre alt gewesen. Ich war 16. Ich hätte mich in dem Alter auf keinen Fall um sie kümmern können. Also tat ich das einzig richtige und gab sie in ein Pflegeheim, wo sie einige Tage später direkt adoptiert wurde. Mit dem Ehepaar schloss ich eine Art Vereinbarung, sodass ich sie weiterhin sehen durfte. «, sagt er.

» Das tut mir alles so leid… «, flüstere ich zurück.

» Schon okay. «, gibt Noah zurück und schenkt mir ein leichtes Lächeln.

Ich erwiderte dieses und drückte seine Hand. Nach dem Gespräch sagte niemand mehr ein Wort. Wir schauen zusammen den Film und genießen einfach die Zeit zusammen.

 

Als der Film zu Ende ist, schaue ich zu Dana rüber und muss lächeln. Sie ist eingeschlafen. Mit einem Blick zu Noah, stelle ich fest, dass auch er eingeschlafen ist. Ich war wohl ziemlich vertieft in den Film gewesen, da ich dies gar nicht mitbekommen habe. Ich stehe vorsichtig auf, jedoch nicht vorsichtig genug, da Noah direkt wach wird.

» Was ist los? Ist der Film schon zu Ende? «, fragt er und gähnt zum Schluss.

» Ja, der Film ist zu Ende und ihr seid beide eingeschlafen. «, gebe ich schmunzelnd zurück und gehe leise auf Dana zu.

Ich nehme sie vorsichtig auf den Arm und gehe aus dem Wohnzimmer. Noah flüstere ich noch ein leises » Komm mit. « zu, damit er mitkommt.

Wir gehen die Treppe hoch und ich steuere Danas Zimmer zu, lege sie ins Bett und schließe die Tür hinter mir. Noah steht vor dem Zimmer und wartet auf mich. So, jetzt kommt die Frage aller Fragen: Wo soll Noah schlafen? Irgendwie habe ich kein gutes Gefühl dabei, wenn wir wieder in einem Bett zusammen schlafen.

» Komm mit, du kannst im Gästezimmer schlafen. «, sage ich und gebe ihm eine Handbewegung, dass er mir folgen soll.

» Gästezimmer? Warum? Ich kann doch bei dir schlafen? «, gibt er verwirrt zurück und bleibt auf der Stelle stehen.

» Ich glaube, dass das keine gute Idee ist. Immerhin bist du quasi immer noch ein Fremder. Wir kennen uns erst seit einigen Stunden. «, sage ich.

Ich schaue ihn an. Er zuckt mit den Schultern und folgt mir widerwillig. Hätte er weiter diskutiert, hätte ich wahrscheinlich früher oder später nachgegeben.

Das Gästezimmer befindet sich auf der nächsten Etage. Wir gehen die nächste Treppe hoch und ich öffne die erste Tür auf dem Gang. Das Zimmer ist relativ schlicht eingerichtet. In dem Zimmer ist ein Bett, ein Schrank, eine Kommode und ein Fernseher. Links ist noch eine weitere Tür, die zu einem kleinen Badezimmer führt.

» Fühl dich wie zu Hause. Falls du noch etwas brauchst, kannst du einfach runterkommen und bei mir anklopfen. «, sage ich.

Er geht rein und schaut sich um. Als er damit fertig ist, sieht er zu mir rüber und geht langsam auf mich zu. Ich vermute nichts Gutes.

» Danke dir, Süße. «, flüstert er, als er direkt vor mir steht.

Er legt mir einen Arm um die Taille und zieht mich an sich ran. Das alles geht so schnell, dass ich keine Zeit habe auf irgendeine Weise zu reagieren. Er haucht mir einen Kuss auf die Wange und als wenn es noch nicht genug ist, geht er dann langsam runter zu meinem Hals. Er fängt an diesen sanft zu küssen. Ich lege meinen Kopf in den Nacken und halte mich am Türrahmen fest. Es fühlt sich so schön an. Seine Hände liegen immer noch an meiner Taille. Als hat er meine Gedanken gelesen, wandert seine rechte Hand weiter nach unten zu meinem Oberschenkel. Als seine Hand dann zwischen meinen Oberschenkel ist, wird es zu viel für mich. Ich löse mich von ihm und schubse ihn von mir weg. In Noahs Gesicht kann ich einige Emotionen erkennen, nur keine Schuld. Er grinst mich anzüglich an und will wieder einen Schritt auf mich zugehen, aber ich komme im zuvor und gehe aus dem Zimmer. Oder laufe aus dem Zimmer, trifft es wohl besser.

» Perversling. «, zische ich ihn an und schließe die Tür zu, bevor noch etwas anderes passiert.

Ich gehe wieder die Treppe runter und anschließend in mein Zimmer. Die Tür schließe ich hinter mir zu. Die Uhr sagt mir, dass es 20 Uhr ist. Noch etwas zu früh, um schlafen zu gehen. Ich entschließe mich dazu, ein Entspannungs-Bad zu nehmen. Das habe ich mir sowas von verdient.

Ich gehe in das Badezimmer, schließe die Tür zu Danas Zimmer ab und mache das Wasser an der Badewanne an. In das Wasser kippe ich einen Entspannung-Schaum.

 

Sobald genug Wasser in der Badewanne ist, ziehe ich mich aus und steige in die Badewanne. Unglaublich tut das gut. Ich spiele etwas mit dem Schaum und musste warum auch immer an Noah denken. Was hat er sich aus der Situation vorhin erhofft? Dass ich mit ihm ins Bett steige? Glaubt er echt, dass ich so leicht zu haben bin? Ich verstehe auch nicht, warum er auf einmal wieder so ein Arschloch ist. In einem Moment ist er so lieb und würde alles für einen machen und in dem anderen Moment ist er ein richtiger Macho. Es ist so als wenn Noah zwei Persönlichkeiten hat. Ich nehme mir aus dem Regal, was neben der Badewanne steht, ein Kissen raus und lege es oben an meinen Kopf. Entspannt schließe ich meine Augen und denke weiter an Noah.

 

» Emma? Geht es dir gut? «, kommt es von der Tür. 

Augenblicklich öffne ich meine Augen und schaue zur Tür, aber dort steht niemand. Ich habe es mir wahrscheinlich nur eingebildet. Ich bin wohl eingeschlafen. Ich suche nach einer Uhr, finde aber keine im Badezimmer. Neuer Punkt auf meiner To-Do-Liste: Eine Uhr für das Badezimmer besorgen.

» Emma? «, kommt es wieder von der Tür, diesmal noch besorgter.

» Was ist? «, gebe ich genervt zurück. 

» Geht es dir gut? Du bist schon so lange dort? «

» Mir geht es prima, aber weißt du was mich noch glücklicher machen würde? « 

» Was? «, gibt er zurück. 

» Wenn du endlich die Fresse hältst und verschwindest! «, zische ich zurück und schließe wieder die Augen. 

Ich weiß selbst nicht, woher diese Aggressivität auf einmal herkommt. Ich merke, dass Noah nicht gerade meine beste Seite zum Vorschein bringt.

» Was machst du denn dort so lange? «, kommt auch schon Sekunden später die nächste Frage. 

Genervt öffne ich die Augen wieder. 

» Schon mal was von Baden gehört? «, kommt auch schon prompt meine Antwort. 

Hinter der Tür höre ich nur eine Art Knurren und dann war es leise. Endlich hält er die Klappe. Ich lehne mich wieder nach hinten und schließe wieder die Augen. 

 

 

» Verdammt, Emma! Mach sofort die Tür auf! «, schreit plötzlich jemand, woraufhin ich erschrocken aus dem Wasser hochschrecke. 

Shit, ich bin wieder eingeschlafen. Ich setze mich hin und schaue aus dem Fenster. Es war immer noch dunkel, aber deutlich heller als vorher. Wie lange ich wohl geschlafen habe? Eine Stunde? Zwei? 

» Emma... wenn du nicht sofort die Tür aufmachst oder wenigstens ein Ton von dir gibst, kann ich nicht dafür garantieren, dass die Tür heile bleibt! «, kommt es wieder von der Tür. 

Wow, so wie Noah sich anhört, habe ich wahrscheinlich lange geschlafen. 

» Beruhig dich. Mir geht’s gut. «, sage ich. 

» Was machst du dort so lange? Weißt du was ich mir für Sorgen gemacht habe? «, sagt er wütend. 

Sorgen? Als ob... Fast muss ich sogar lachen.

» Ist klar, als ob du dir um mich Sorgen machen würdest... «, gebe ich sarkastisch von mir, lehne mich zurück und schließe wieder die Augen. 

Aber wirklich genießen konnte ich es nicht, da das Wasser kalt ist und meine ganze Haut schrumpelig ist. Plötzlich geht die Tür auf, woraufhin ich erschrocken die Augen aufreiße. Noah kommt ins Bad herein und setzt sich auf den Klodeckel. 

» Sag mal geht’s noch? Verschwinde sofort! «, schreie ich fast schon hysterisch. 

Schnell schaue ich an mir hinab, ob auch wirklich alle wichtigen Stellen verdeckt sind. Aber Gottseidank ist das Glück heute mal auf meiner Seite, denn die ganze Badewanne ist immer noch mit Schaum bedeckt, inklusive mein Körper. Ein hoch auf den guten Schaum.

» Keine Sorgen Schönheit. Alles ist bedeckt, ... leider. «, sagt er grinsend. 

» Vollidiot! «, flüstere ich und zeigte ihm den Mittelfinger. 

» Was willst du hier? Hättest du nicht warten können, bis ich rausgekommen wäre? « 

Er schüttelt den Kopf und sieht mich belustigt an. 

» Wenn ich gewartet hätte, hätte ich nicht diesen Anblick genießen können. «, flüstert er zurück und steht auf. 

Oh nein, bitte lass ihn nicht näherkommen! Bitte lass ihn nicht näherkommen! Aber er kommt näher. Noah lässt sich genau vor der Badewanne nieder und legt seine Hände an den Beckenrand.

Schnell schließe ich die Augen und seufze genervt auf. Natürlich gespielt. In Wahrheit rast mein Herz gerade und ich werde immer nervöser. 

» Kannst du mir jetzt bitte erklären, weshalb du hier reingekommen bist? «, frage ich ihn und öffne meine Augen wieder, um seine Reaktion zu sehen. 

» Natürlich. Ich habe mir bloß Sorgen gemacht. «, sagt er und schaute mich an, woraufhin ich aus dem Fenster schaue, um seinen Blick zu entfliehen. 

» Du bist so schnell aus dem Zimmer gerannt, ohne etwas zu sagen. Und dann schließt du dich auch noch im Bad ein. «, erklärt er, wobei er zwischendurch mit seinen Fingern im Wasser herum planscht. 

Kann er das bitte lassen? Das bringt mich nur noch mehr durcheinander.

» Hm... «, gebe ich nur zustimmend zurück, weil ich nicht wirklich weiß, was ich dazu sagen soll. 

» Hast du mir überhaupt zugehört? «, kommt es wütend von ihm. 

Wieder nicke ich und schaue schnell aus dem Fenster, weil mir sein Blick viel zu intensiv wird.

» Emma! Was ist dein Problem? Ich versuche hier normal mit dir zu reden und du ignorierst mich! Wieso? «, flüstert er wütend und ballt seine Hände zu Fäusten.

Auch wenn es ihm nicht bewusst ist, aber in diesem Moment habe ich panische Angst, denn er hört sich gefährlich und bedrohlich an. Und auch seine Augen funkeln plötzlich in einem wunderschönen grün. Ich habe Angst, dass er wieder ausholt und mich schlägt.

» Weißt du, seit etwa 2 Jahren meide ich Jungs und lasse mich auch ungern von denen berühren und da kommst du, berührst mich und küsst mich einfach, als ob dies komplett normal wäre! «, flüstere ich und schaue wieder aus dem Fenster.

» Wieso meidest du Jungs? «, fragt er mich verwirrt. 

» Das geht dich nichts an. «, flüstere ich. 

Klar geht ihn das nichts an, aber das ist nicht der eigentliche Grund. Ich will ihm das nicht erzählen, da es zu große Wunden aufreißt. Ich habe Luan wirklich geliebt. Er war meine erste große Liebe. Zwar kannte ich ihn nicht lange, aber ich habe ihm vertraut... Ich habe ihm alles erzählt. Auch das ich mit meinem ersten Mal warten möchte, aber ihm war dies ganz egal.

» Natürlich geht mich das was an, immerhin gehörst du jetzt mir und... « 

» Wie bitte?! «, unterbreche ich ihn. 

Hat er gerade wirklich gesagt, dass ich ihm gehöre? Glaubt er wirklich nur weil er mich mehrmals geküsst hat und ich die Küsse eventuell auch erwidert habe, hat er irgendeinen Besitzanspruch auf mich? Der ist doch ein Irrer! Ein Irrer in den ich mich langsam verliebe... Nein! Ich verliebe mich nicht in ihn! Ich zeige bloß etwas Interesse... Das versuchte ich mir wenigstens einzureden. 

» Sag mir bitte, dass ich mich verhört habe? «

Natürlich habe ich mich nicht verhört, aber ich brauchte einfach die Zeit um zu überlegen, was ich dazu sagen könnte. Was sagt man zu sowas? Ich war einfach komplett überfordert.

Ich schaue in prüfend an. Er sieht etwas nervös aus. Sollte nicht ich diejenige sein, die nervös ist? Immerhin bin ich diejenige die Gefühle für ihn entwickelt und nicht andersrum.  

» Ähm... das… das war nicht so gemeint… ich wollte eigentlich … das irgendwie anders sagen … «, stottert er und streicht sich nervös durch die Haare. 

Wenn er das tut, sieht er zum anbeißen scharf aus! Und wieder schlage ich mir in Gedanken meinen Kopf tausendmal an die Wand. Wieso denke ich wieder so etwas?

» Du bist doch genau wie alle anderen! Hör mir jetzt genau zu! Ich gehöre nicht dir! Und jetzt verschwinde von hier! Ich kann deinen Anblick nicht länger ertragen. «, zische ich ihn an. 

Aber wie auch nicht anders erwartet, macht Noah keine dieser Sachen und bleibt stur sitzen, woraufhin ich genervt aufseufze... 

» Wieso gehst du nicht? «, frage ich ihn genervt. 

» Weil ich nicht gehen kann! «, flüstert er und schaut mir eindringlich in die Augen, aber ich wende den Blick sofort ab. 

» Wieso? «, frage ich zurück. 

Wieso macht er es mir so schwer? Kann er nicht einfach gehen und fertig ist? Ich darf noch mal andeuten: Ich sitze hier in der Badewanne ... NACKT! Und er kann nicht gehen?  

» Hör mal Emma... ich kann es dir nicht erklären, aber du musst mir einfach vertrauen... «, sagt er und streicht mir über die Wange. 

» Du meinst ich soll dir... «, dabei zeige ich ungläubig auf ihn, » vertrauen? «, frage ich ihn entgeistert. 

Er nickt bloß und streicht mir zum wiederholten Male über die Wange, wobei er seine Hand immer weiter nach unten zu meinem Hals gleiten lässt. Plötzlich wird mir ziemlich heiß. Das liegt bloß daran das ich so lange im Wasser liege. Oder vielleicht bin ich erkältet. Aber es liegt ganz sicher nicht an Noah! 

Augenblicklich lässt er seine Hand noch weiter runter gleiten, bis diese über meinem Herzen liegt. Peinlich. Jetzt kann er hören wie mein Herz rast... und wahrscheinlich denkt er auch noch, dass es wegen ihm ist! 

» Geht es dir gut? Dein Herz schlägt sehr schnell. «, kommt es stirnrunzelnd von ihm. 

Was für ne Frage. Nein, mir geht es nicht gut! Vor mir sitzt ein heißer Mann, ich sitze vor ihm nackt in der Badewanne und dabei befummelt der mich auch noch? Wie soll ich dabei ruhig bleiben?

» Wenn du mit deinem Gefummel hier fertig bist, geht es mir wieder gut. «, sage ich, nehme seine Hand von meinem Körper und schlage diese weg.

» Weißt du was ich glaube? «, kommt es von ihm. 

» Kann ich Gedanken lesen? «, gebe ich nur genervt zurück. 

Er tut so als ob er meinen Kommentar nicht gehört hat und fährt fort. 

» Du stehst auf mich. «, sagt er grinsend. 

Augenblicklich verschlucke ich mich an meiner Spucke und fange an zu husten. Kann er Gedanken lesen? Das ist doch genau das, was ich vorhin gedacht habe.

Gerade als Noah seine Hand heben wollte, wahrscheinlich um mir auf den Rücken zu schlagen, fange ich diese in der Luft auf. 

» Fass mich bloß nicht an! «, kommt es atemlos von mir. 

» Schönheit, ich kann dich anfassen, wo immer ich will. «, sagt er grinsend und befreit seine Hand aus meiner. 

» Bald wirst du mich darum anbetteln, dass ich dich anfasse. Glaub mir. «, gibt er noch dazu. 

Der ist doch echt unglaublich. Was denkt er was ich bin?

Ich hebe meine Hand hoch und... klatsch. Seine Wange ist knallrot und man kann sogar einen leichten Abdruck von meiner Hand erkennen. Jetzt bin ich endgültig stolz auf mich. Ich habe jemanden geschlagen. Ich habe noch nie jemanden geschlagen. Bis jetzt habe ich es auch noch nie gebraucht. Noah sieht mich entgeistert an und fasst sich mit einer Hand an die Wange. 

» Du hast mich geschlagen? «, flüstert er ungläubig. 

» Ja das habe ich, jetzt sind wir quitt. «, zische ich ihn an und will gerade wieder ausholen, aber Noah fängt meine Hand in der Luft auf. 

» Schlag mich noch einmal und du wirst es bereuen! «, knurrt er bedrohlich und packt etwas fester zu, sodass es langsam anfängt wehzutun. 

» Noah... lass das! «, flüstere ich zwischen zusammengebissenen Zähnen, wobei mir langsam sogar die Tränen kommen. 

» Hast du verstanden? «, gibt er noch wütender von sich. 

Aber das ist gerade Nebensache. Ich bin wie gefesselt von seinen Augen. Sie funkeln wieder in so einem schönen grünton das ich fast dahin schmelzen kann. 

» Ich fragte, ob du mich verstanden hast? «, knurrt er und packt noch fester zu, bis es plötzlich knackt.

Tja, das ist dann wohl mein Knochen gewesen. Ich fange augenblicklich an zu weinen, da es höllisch wehtut. Auch wenn ihm das vielleicht in diesem Moment nicht bewusst ist, jetzt hatte ich endgültig Angst vor ihm.

Da es Noah wahrscheinlich sowieso nicht kümmert, was mit meiner Hand ist und er immer noch auf meine Antwort wartet, nicke ich bloß. Aber selbst nach dem nicken, lässt er meine Hand nicht los.

» Jetzt lass mich schon los! Du hast doch was du wolltest! Falls du es wissen willst: Ich habe Angst vor dir! Ist es das was du erreichen wolltest? Bist du jetzt zufrieden? Dafür hättest du mir nicht extra die Hand brechen müssen...«, schluchze ich und versuche ihm meine Hand zu entziehen, was ich sogar schaffe. 

Plötzlich werden Noahs Augen wieder normal und das Funkeln verschwindet komplett.  Augenblicklich versteift er sich und schaut mich erschrocken, entschuldigend und besorgt an. 

» Emma... Es tut mir leid! Wirklich! Ich wusste nicht was ich tat! Ich wollte das nicht! «, sagt er panisch und will grad meine kaputte Hand in seine nehmen, aber ich bin schneller und verpasse ihm noch eine, diesmal andere Seite. 

» Verschwinde! Ich will dich nie wieder sehen! «, schreie ich mit Tränen in den Augen. 

Noah sieht auf einmal so verletzt aus, aber er steht auf und geht langsam aus dem Bad. Wahrscheinlich mit der Hoffnung, dass ich ihm sage, dass er doch bleiben soll.

Nur frage ich mich, warum er so verletzt aussieht. So schlimm habe ich auch nicht zugeschlagen, oder? Hat es ihm vielleicht wirklich wehgetan? Oder war es, weil ich ihn so abgewiesen habe? Immerhin habe ich zugegeben, dass ich Angst vor ihm habe und ihm gesagt, dass er verschwinden soll. Aber was hat er anderes erwartet? Er hat mich angeschrien und mir meine Hand wahrscheinlich gebrochen! Da kann er doch nicht ernsthaft erwarten, dass ich keine Angst bekomme und ihn nicht hasse! Ob ich ihn hasse, kann ich allerdings nicht sagen... Meine Gefühle haben sich ihm gegenüber kein bisschen geändert. Ich fühle mich noch immer zu ihm hingezogen. Das kann ja noch ein Problem werden... 

4. Kapitel

 

ch stehe auf, nehme mir ein Handtuch und trockne mich ab. Es fällt mir zwar etwas schwer, da ich nur eine Hand benutzen kann, aber es geht wohl. Als ich fertig bin, nehme ich mir ein großes Handtuch und wickle es mir um den Körper. Ich sehe mir meine Hand an und erschrecke augenblicklich. Sie ist etwas bläulich und dick angeschwollen. Wenn ich mit einem Finger die Hand anfasse, schmerzt es unglaublich und mir entfährt sogar ein kleiner Schluchzer. Was soll ich jetzt machen? In mein Zimmer gehen? Dort sitzt garantiert Noah... Und wenn er weg ist? Ich habe ihm gesagt, dass ich ihn nie wieder sehen will und dass er verschwinden soll. Was wenn er dies getan hat? Ich würde ihn nie wieder sehen! Aber ich mag ihn doch... und vielleicht bin ich sogar in ihn verliebt... Nein! Ich bin nicht verliebt! Nicht in ihn! Ich habe bloß starke Gefühle für ihn, aber mehr auch nicht! Das ist auf garkeinen Fall Liebe! 

Ich gehe zur Tür, öffne diese und betrete mein Zimmer. Sofort schaue ich mich um, aber konnte Noah nirgends sehen. Das war es jetzt also. Er ist diesmal endgültig weg. Oder sitzt er vielleicht unter und wartet auf mich? Sofort machte sich Hoffnung in mir breit. Und schon wieder frage ich mich, was genau mit mir nicht stimmt? Noah ist ein riesen-großes Arschloch, der mir gerade die Hand gebrochen hat und ich hoffe, dass er noch da ist? Was hat er nur mit mir angestellt, dass ich einfach nicht aufhören kann an ihn zu denken.

Ich gehe also zu meinem Schrank und werfe das Handtuch auf den Boden. Aus meinem Schrank hole ich mir eine schwarze Jogginghose, ein weißes Tank-Top und Unterwäsche. Die Unterwäsche ziehe ich zuerst an und betrachtete mich im Spiegel. Ich sehe richtig fertig aus. Meinen Gesichtsausdruck zeigt viele Emotionen. Trauer, Schmerz, Hoffnung und Sehnsucht. Alle diese Gefühle habe ich Noah zu verdanken. Ich schaue herunter an meine Taille und finde dort eine Art roten Strich. Verwundert streiche ich darüber. Es fühlt sich an wie ein frisch gestochenes Tattoo. Ich folge dem Strich und drehe mich mit dem Rücken zum Spiegel und erschrecke augenblicklich. An meinem Rücken ist ein riesiges Bild. Es sieht aus wie eine Art Puma. Das Tier geht über meinen ganzen Rücken. Es sieht eigentlich ganz schön aus. Das Tattoo fängt oben am Nacken an und geht meine Wirbelsäule runter bis zu meinem Steißbein. Recht und links befinden sich noch verschiedene Symbole, sieht aus wie eine andere Sprache. Kyrillisch oder so. Die Symbole sowie auch das Tier sind rot. Wie schon gerade erwähnt, es sieht eigentlich echt nicht schlecht aus. Es ist sogar hübsch, auch wenn ich mir das freiwillig nie selbst gestochen hätte. Statt dem Schreck macht sich plötzlich große Wut in mir breit. Ich habe keine Ahnung wie das Tier an meinen Rücken gekommen ist, aber ich weiß, dass Noah 100-prozentig etwas damit zu tun hat.

Ich stürme wütend aus meinem Zimmer und laufe die Treppe runter ins Wohnzimmer, mit der Hoffnung, dass Noah dasitzen würde. Und zu meinem Glück sitzt er tatsächlich im. Wohnzimmer auf dem Sofa und macht etwas an seinem Handy. Als er hört, dass ich durch die Tür komme, steckt er das Handy direkt ein und steht auf.

 

 

. Emma, es tut mir so schrecklich leid… . sagt er, aber ich unterbreche ihn sofort.

. Nein. Diesmal rede ich. Du wirst mir jetzt einige Dinge erklären und diesmal will ich die Wahrheit hören, ist das klar? . sage ich, woraufhin er nur nickt und sich wieder hinsetzt.

Ich setze mich ihm gegenüber und fange an: . Also, 1. Thema: Meine Hand. Ich kann deutlich spüren, dass die Hand gebrochen ist. Wie hast du das gemacht. Das ist doch nicht normal, dass jemand so viel Kraft hat? . sage ich und warte gespannt auf eine Antwort.

Ich kenne es wohl aus Serien wie Game of Thrones, dass jemand mit seinen bloßen Händen einen Kopf zerquetscht oder so. Aber wie soll ein 20-jähriger dies schaffen? Klar, Noah sieht schon ziemlich sportlich aus, aber irgendwie sagt mir mein Unterbewusstsein, dass da etwas anderes dahintersteckt.

Noah zuckt mit den Schulter und sagt bloß: . Adrenalin. .

Kurz fühle ich mich wie in einem Twilight-Film. Ich habe zwar auf eine etwas ausführlichere Antwort gehofft, aber ich merke schon, dass Noah mir nicht viel mehr zu diesem Thema erzählen wird. Gerade als ich den Mund öffnen will, um mit meiner zweiten Frage fortzufahren, kommt Noah mir dazwischen, indem er aufsteht, sich neben mich setzt und mir einen Finger auf den Mund legt.

. Bevor du weiterredest, lass mich eben etwas sagen. Das mit deiner Hand tut mir echt leid. Aber wir müssen damit schnell zum Arzt, bevor es schlimmer wird. . sagt er.

Zu meinem Bedauern hat er leider Recht. Wie auf Knopfdruck geht ein Schmerz durch meine Hand, woraufhin ich schmerzvoll aufseufze.

Zur Bestätigung stehe ich auf und mache eine Handbewegung, dass er vorgehen soll. Da es noch sehr früh ist, schlafen Dana und Tiara noch, weswegen ich denen auch nicht Bescheid geben muss. Ich schreibe nachher einfach eine Nachricht, sobald die wach sind.

Wir gehen raus, wo mein Auto schon wartet. Ich sagte ja, dass ich das Gefühl hatte, dass ich noch raus muss und ich hatte recht.

Ich gehe zur Fahrerseite und will grad die Tür aufmachen, als mich eine Hand daran hindert.

» Was willst du? «, gebe ich genervt von mir. 

» Setz dich auf den Beifahrersitz. «, sagt er bloß, schiebt mich zur Seite und setzt sich in mein Auto. 

Ich bin kein Stück besitzergreifend, aber wenn es um mein Baby geht, dann kann es schnell mal sehr ungemütlich mit mir werden.

» Steig sofort aus dem Wagen! «, zische ich. 

» Nein und jetzt steig ein! «

Ich bleibe genau an derselben Stelle stehen und denke nicht mal dran auch nur einen Schritt zu machen. Wieso auch? Klar, vielleicht, aber nur ganz vielleicht, ist es besser, wenn Noah fährt, da meine Hand gebrochen ist, aber trotzdem... es ist mein Auto.

» Sonst was? Du kannst den Wagen nicht starten, denn ich habe die Schlüssel! «, sage ich grinsend, nehme meinen Schlüssel aus meiner Hosentasche, winke damit provokant etwas rum und drehe mich um, um wieder ins Haus zu gehen. 

Gerade als ich den ersten Schritt machen will, legt sich eine Hand um mein Handgelenk, dreht mich herum und zieht mich an einen Körper. Man kann sich denken, dass es Noah ist. Meine Hände liegen an seiner Brust und seine liegen an meiner Taille. Er sieht mir tief in die Augen, sodass ich glaube, dass er bis in meine Seele gucken kann. Langsam kommt er meinem Gesicht näher, bis seine Lippen auf den meinen liegen. Verwirrt schließe ich meine Augen und lasse es einfach passieren. Tief in meinem Inneren verfluche ich mich für dieses Handeln, denn ich weiß, ich werde es später bereuen. Ich darf den Kuss nicht erwidern! Ich hätte Noah von mir stoßen sollen und ihn anschreien müssen, aber nicht das! Mein Verstand schreit mich deswegen gerade an und mein Herz macht Luftsprünge und jubelt. Auf wen soll ich hören? Herz oder Verstand? Ich erwidere den Kuss und schlinge meine Hände um seinen Hals, was Noah selbstfällig grinsen lässt. Idiot. Sogar in dieser Situation ist er ein Arschloch.

Noah rutscht mit seinen Händen immer tiefer, bis er an meiner Hüfte ist, dort lässt er diese etwas liegen und zieht mich näher an sich ran. Er küsst mich mit so einer Leidenschaft, dass mir fast schwindelig wird. Oder liegt das an dem gebrochenen Handgelenk?

Plötzlich packt Noah mir mit einer Hand in die Hosentasche und fischt mir meinen Autoschlüssel raus. 

» Hey! «, schreie ich und versuche ihn mir wieder zurückzuholen, aber vergebens. 

» Jetzt steig ins Auto, oder ich fahre dein Baby zu Schrott! «, sagt er, wobei er das Wort Baby am meisten betont. 

» Nein! «, keuche ich empört auf. 

Er setzt sich auf den Fahrersitz und schlägt die Tür zu. Da ich mal davon ausgehe, dass er das ernst meint, gehe ich zum Beifahrersitz und setze mich rein, woraufhin Noah den Motor anmacht. 

» Lass es bitte langsam angehen, okay? «, kommt es nervös von mir. 

Gespielt enttäuscht schaut er mich an. 

» Ich kann wohl Auto fahren. «, sagt er und fährt aus der Garage. 

» Pass trotzdem auf! «, weise ich ihn darauf hin, woraufhin er genervt aufseufzt.

 

Mittlerweile sitze ich wie versteift auf meinem Sitz, habe meine Hände in den Sitz festgekrallt und schreie Noah wie eine Verrückte an. Wieso? Ganz einfach! Er fährt wortwörtlich wie ein Irrer! Bis jetzt hat er 5 rote Ampeln überfahren und fast einen Hasen überfahren. Immer wenn ich sage er soll abbiegen, macht er eine scharfe Kurve, sodass ich einmal sogar fast auf seinem Schoß gefallen bin. Wenn ihr mich fragt, ich glaube er macht das mit Absicht, entweder um mich zu ärgern oder um mich umzubringen. Ich glaube es ist das zweite... 

» Emma? Wir sind da. «, kommt es von der Seite. 

Tatsächlich. Vor lauter Anstrengung, nicht zu kotzen habe ich gar nicht mitbekommen, dass wir da sind. Den Weg kannte er anscheinend auch. Ich drehe mich zu Noah um und schaue ihn an. Ich würde ihn am liebsten einfach nur verprügeln. Mir ist kotzübel und es ist echt ein Wunder, dass ich nicht in mein Auto gekotzt habe. 

» Was ist los? Geht es dir nicht gut? Ist dir übel? Tut dein Arm weh? «, fängt er an, aber ich unterbreche ihn prompt. 

» Was mit mir los ist? Dein Fahrstil ist los! Ich werde nie wieder mit dir in einem Auto sitzen! Nicht wenn du am Steuer sitzt! «, gebe ich mühsam von mir, schnalle mich ab und flüchte schnell nach draußen, an die frische Luft. 

Sobald ich draußen bin, atme ich gierig die Luft ein und lehne mich an das Auto. 

» Hast du genug? Wir müssen jetzt rein. «, kommt es von Noah, woraufhin ich nicke. 

Wir gehen zusammen in das große Gebäude. Drinnen angekommen, geht Noah sofort an die Rezeption, wo eine junge Frau sitzt. Sie ist etwa Mitte 20 und sieht ganz schön aus. Lange blonde Haare, blaue Augen und soweit ich sehen kann, ist sie schlank. Als wir genau vor dem Tresen stehen und die Frau uns immer noch nicht bemerkt, räuspere ich mich einmal stark, woraufhin sie genervt aufschaut. 

» Was kann ich für dich t...«, mitten im Wort bleibt ihr der Rest im Hals stecken, als sie Noah erblickt. 

» Oh... hey... was kann ich für euch tun? «, kommt es jetzt auch schon viel freundlich von ihr, wobei sie meinen Noah praktisch mit ihrem gierigen Blick auszieht. 

Meinen Noah? Warte, was? Was denke ich da? Er ist nicht mein Noah! Er gehört mir nicht! Und ich nicht ihm! 

» Hey, meine Schwester hat sich bei einem dummen Unfall die Hand gebrochen. Könnte sie vielleicht so schnell wie möglich zum Doktor? «, kommt es lächelnd von Noah. 

Toll, jetzt flirtet der Junge in den ich mich verliebe mit einer anderen Frau... Die Frau schaute schnell auf ihre Unterlagen. 

» Ähm... dazu müssen sie sich ins Wartezimmer setzten, es sind noch 2 andere Leute hier. «, gibt sie entschuldigt von sich. 

» Okay, danke. «, sagt Noah, zwinkert ihr zu, nahm anschließend meine Hand und geht mit mir ins Wartezimmer, wo wie gesagt zwei weiteren Personen sitzen. 

Einmal ein kleiner Junge, etwa 8 Jahre und ein alter Mann. Noah setzt sich auf einen der freien Stühle, ich tue es ihm gleich und setze mich neben ihn.

» Was sollte das Theater, dass ich deine Schwester bin? «, frage ich Noah misstrauisch. 

» Ah, nur so. Hätte ich der gesagt, dass du meine Freundin bist, glaube ich nicht dass sie besonders nett zu uns gewesen wäre. «, sagt er und lächelt mich dabei so süß an, dass ich fast dahin schmelzen könnte.

» Ich bin nicht deine Freundin. «, murmele ich, woraufhin er nur mit den Schultern zuckt. 

 

Als 10 weitere Minuten vergangen sind, wird Noah immer unruhiger, bis er plötzlich total den Verstand verloren hat. 

» Man wir warten hier nun seit gefühlten Stunden! Geht das nicht auch schneller? «, flüstert er genervt. 

» Pshh! «, gebe ich bloß zurück. 

» Hey Kleiner? «, sagt Noah plötzlich und schaut zu dem Jungen. 

Der Junge dreht sich erstaunt zu uns um. Wo sind eigentlich seine Eltern?

» Ja? «, fragt er vorsichtig. 

» Wieso bist du hier? «, fragt Noah. 

» Noah? Was soll das? «, frage ich ihn, doch auch er unterbricht mich, indem er mir einen Finger auf die Lippe legt. 

» Ähm... ich bin hingefallen und das blutet. «, meint er. 

» Mhm, okay. Und Sie? «, fragt er an den alten Mann gewandt. 

» Ich habe mir die Hand etwas aufgeschnitten. «, sagt er. 

» Ahja. «, gibt Noah nachdenklich von sich, steht auf und geht weg. 

Wo will der denn jetzt hin. Ich stehe ebenfalls auf und gehe ihm nach.

An der Tür bleibe ich stehen und betrache die Situation. 

» Das ist doch Schwachsinn! Der Junge hat nur eine kleine Wunde. Desinfizieren Sie diese und machen Sie einen Verband um. Und von dem Mann brauche ich gar nicht erst anfangen, oder? Er hat sich geschnitten?! Er wird wohl nicht innerhalb einer halben Stunde länger warten sterben! «, sagt er und wirft seine Hände in die Luft. 

» Tut mir leid, aber das ist nicht so einfach... «, sagt sie wieder entschuldigt. 

» Verdammt, ihre Hand ist zerquetscht! «, schreit er sie an, woraufhin sie leicht zurückschreckt.

Sie schüttelt als Antwort bloß mit dem Kopf. Einen Moment bleibt es still, doch dann lehnt sich Noah ganz nah an die sie ran und flüstert ihr etwas ins Ohr, was ich nur mit Mühe verstehen kann. 

» Was wenn wir ein Kompromiss schließen? Ich gebe dir meine Handynummer, wir treffen uns, machen uns einen schönen Tag und so... und dafür lässt du meine Schwester als nächstes rein? «, flüstert er ihr verführerisch ins Ohr, woraufhin sie ziemlich rot wird und nickt. 

» Ich sage dem Doktor eben Bescheid, dass es sich um einen Notfall handelt. Ca. 5 Minuten müsst ihr noch warten... «, flüstert sie zurück, zwinkert ihm zu, steht auf und geht durch eine der Türen. 

Augenblicklich werde ich wütend... und enttäuscht. Ich habe wirklich gedacht, dass Noah es diesmal wirklich ernst mit mir meint, aber siehe da... ich bedeute ihm nichts.

Traurig gehe ich wieder ins Wartezimmer und setze mich auf einen Stuhl. 

» Wieso bist du traurig? «, fragt mich plötzlich der kleine Junge. 

Ich drehe mich zu ihm um und sehe, dass er mich neugierig betrachtet. 

» Meine Hand tut nur etwas weh. «, antworte ich lächelnd. 

Schön, dass sich wenigstens einer Sorgen um meine Gefühle macht. Aber nicht meine Hand tut weh... nein es ist viel schlimmer. Mein Herz tut weh.

Noah kommt wieder ins Wartezimmer rein und setzt sich neben mich. Er lächelt zufrieden. Ist er jetzt auch noch stolz auf sich? 

» Und wo warst du? «, frage ich ihn monoton.

Er soll bloß nicht wissen, dass ich eifersüchtig, verletzt und traurig bin! Diesen Sieg bekommt er nicht.

» Ich habe noch mal versucht die am Empfang zu überreden und hab‘s geschafft. Du bist gleich dran. «, sagt er lächelnd und streicht mir über die Wange. 

Ich schlage seine Finger weg und setze eine ausdruckslose Miene auf. Würde ich mein wahres Gesicht zeigen, dann würde ich in Tränen ausbrechen.

» Mh... «, gebe ich nur von mir und schaue stur aus dem Fenster. 

» Was ist los mit dir? «, kommt es besorgt von Noah, aber ich halte meinen Mund. 

Wer weiß wie meine Stimme klingt... brüchig, traurig, schluchzend?

» Hallo? Erde an Emma? Bekomme ich noch heute eine Antwort? «, grinst er mich an.

Versucht der gerade wirklich mich zum lachen zu bekommen? Ich gucke ihn bloß böse an und drehe mein Gesicht wieder von ihm weg. Ich hoffe damit habe ich genug signalisiert, dass ich keine Kommunikation mehr mit ihm wünsche. Plötzlich steht Noah auf und kniet sich vor mir nieder.

» Prinzessin, ich kann es nicht leiden, wenn du mich ignorierst. Bitte sag mir was los ist. «, flüstert er.

Bei dem Wort „Prinzessin machte mein Magen mehrere Saltos. Seit wann kann er so nett sein?

» Denk doch mal bisschen nach? Erst machst du dich an die Frau da am Empfang ran und im nächsten Moment nennst du mich Prinzessin und alles ist wieder gut? «, flüstere ich zurück und schaue zur Seite.

Ich konnte ihn jetzt einfach nicht angucken. Noah kichert kurz und legt mir beide Hände an die Wangen, sodass ich ihn ansehen muss. Was lacht er eigentlich so blöd?

» Du bist eifersüchtig! «, stellt er grinsend fest.

» Nein du Affe! Ich bin doch deine Schwester, da kann es mir doch egal sein, mit wem du die ganze Zeit vor meinen Augen flirtest! «, flüstere ich und ich spüre wie sich in meinen Augen Tränen bilden.

Noah nimmt mich sofort in den Arm und streicht mir beruhigend über den Rücken. 

» Ich habe nicht mit ihr geflirtet. Ich wollte doch bloß, dass du so schnell wie möglich an die Reihe kommst. «, flüstert er mir ins Ohr. 

Ich schaue zu ihm hoch. 

» Dann triffst du dich auch nicht heute mit ihr? «, kommt es fast schon verzweifelt von mir. 

Noah lacht leise, aber ich merke, dass er mich nicht auslacht. Sein Lachen ist sanft, wie dies von einem Engel. 

» Natürlich nicht, ich werde ihr später einfach die Nummer von Alex geben. «, sagt er grinsend, zieht mir meine Mütze aus und streicht mir sanft durchs Haar. 

» Okay. «, murmele ich bloß und kuschel mich näher an ihn. 

» Du bist die einzige für mich! «, meint er ernst und gibt mir einen Kuss auf den Kopf. 

» Dir ist aber schon klar, dass ich immer noch nicht dir gehöre? « 

» Ja. Aber keine Sorge früher oder später werde ich dich bekommen! «, sagt er so selbstsicher, dass ich schon selbst Zweifel bekomme, wie lange ich es überhaupt noch schaffe, ihm zu widerstehen…

» Träum weiter. «, gebe ich bloß zurück.

» Emma, Sie sind dran? «, kommt es plötzlich von der Tür. 

Ich sehe hoch. An der Tür steht eine Krankenschwester und bittet mich rein. Ich stehe auf und gehe zu ihr. 

» Bitte folgen sie mir. «, sagt sie und geht voraus, woraufhin ich ihr folge. 

Wir gehen einen langen Flur entlang, bis wir an einer Tür stehen. 

» Es tut mir leid, aber nur Familienmitglieder dürfen mit rein... «, sagt sie an jemanden hinter mir gewandt. 

Verwirrt drehe ich mich um und entdeckte Noah. Den habe ich ja gar nicht bemerkt. 

» Ich bin ihr Verlobter. Das ist auch ein Familienmitglied. «, sagt er grinsend und legt einen Arm um mich, wobei ich mich an meiner eigenen Spucke verschlucke und anfange zu husten. 

» Verlobt? Sie sehen beide noch sehr jung aus. «, sagt sie verwirrt, und betrachtet uns misstrauisch. 

» Ja, und wir sind uns dieser Sache sehr sicher. Können wir jetzt rein? «, fragt er sie, woraufhin sie nur nickt. 

Noah zieht mich in den Raum und schließt die Tür hinter uns. 

» Verlobter?! «, quicke ich hysterisch und schlage ihn mit voller Wucht am Arm. 

» Aua... «, murmelt er und reibt sich mit der anderen Hand die Stelle an dem ich ihn geschlagen habe.

» Bist du jetzt total verrückt geworden? Schwester, Verlobte? Was kommt als nächstes? Ehefrau? «, frage ich ihn entgeistert. 

» Vielleicht... «, gibt er grinsend zurück. 

Plötzlich geht die Tür auf und der Arzt kommt rein.

» Guten Tag, mein Name ist Doktor Jones, Sie müssen dann Emma sein? «, fragt er, kommt auf mich zu und reicht mir die Hand. 

» Ja genau. «, sage ich lächelnd und nehme die Hand entgegen. 

» Und sie sind? «, wendet er sich an Noah. 

» Noah, ihr Verlobter. «, sagt er und grinst mich an. 

Idiot! In Gedanken schlage ich mir gerade an die Stirn. Oder nein, eher ihm.

» Tut mir leid, aber sie müssen rausgehen, hier sind keine weiteren Personen erwünscht. «, sagt der Doktor und deutet auf die Tür. 

» Aber... «, fängt Noah an, doch ich unterbreche ihn. 

» Noah, geh einfach. «

Er nickt ergeben, gibt mir noch einen kurzen Kuss, woraufhin sich bei mir wieder alles drehte und verlässt den Raum.

» So Emma, erzählen Sie mir mal was genau passiert ist. «, sagt der Arzt und setzt sich hinter seinen Schreibtisch.

Ich setze mich ihm gegenüber auf einen der zwei Stühle und fange an zu erzählen, aber natürlich nicht die Wahrheit. Nicht, dass Noah wegen häuslicher Gewalt noch in den Knast kommt.

» Das war ein ziemliches Missgeschick. Ich bin gestolpert und die Treppe runtergefallen. Dabei bin ich irgendwie auf meinen Arm gelandet. Seitdem tut es sehr weh und ich habe die Befürchtung, dass der Arm gebrochen ist. «

» Okay. Dass etwas gebrochen ist, bezweifle ich. Aber schauen wir uns das mal an. «, sagt er und steht auf.

» Setzen Sie sich bitte auf die Liege. «, dabei deutet er auf die besagte Liege.

Gesagt, getan. Ich stehe auf und setze mich drauf, woraufhin wir direkt mit der Untersuchung anfangen.

 

 

» Das ist alles dein schuld! «, schreie ich Noah an und schlage ihn zum gefühlt hundertsten Mal auf den Arm. 

» Ja, ja, ja! Ich habe es verstanden... «, murmelt er genervt und fährt sich durch die Haare. 

Aber diesmal werde ich nicht weich, denn ich bin wütend wie noch nie. Wieso? Weil ich wegen diesem Scheißkerl einen Gips bekommen habe. 

» Wegen dir sehe ich jetzt schlimm aus! «, sage ich weinerlich. 

Ja, ich und meine Stimmungsschwankungen. Noah stellt sich vor mich und schaut mir eindringlich in die Augen. 

» Du siehst toll aus! «, sagt er ernst. 

» Nein tue ich nicht, denn das hier... «, dabei wedele ich mit meinem Arm rum, der voll mit Gips beschmückt ist. 

» ...sieht alles andere als toll aus! «, gifte ich ihn an und schlage ihn mit dem Gips. 

Tja, jetzt habe ich wenigstens eine Waffe mit der ich ihn schlagen kann.

Noah legt seine Hände an meine Wangen und zwingt mich so ihm in die Augen zu schauen. 

» Zum hundertsten Mal, du siehst wunderschön aus, daran wird auch der Gips nichts ändern! «, sagt er ernst. 

» Lügner! «, flüstere ich sauer, woraufhin er sich genervt von mir abwendet und in Richtung Auto geht. 

» Warte! «, rufe ich ihm nach und renne ihm hinterher. 

Was ist das den für ein Gentleman? Geht weg, obwohl ich ein gebrochenes Handgelenk habe. Und das, nicht vergessen, nur wegen ihm. Als ich ihn eingeholt habe, sind wir bei meinem Auto angekommen. 

» Setz dich. «, weist er an und setzt sich selbst an den Fahrersitz. 

Genervt setze ich mich hin und schließe die Tür. 

» Was soll ich bloß meinen Eltern sagen wenn sie zurück kommen? «, frage ich ihn erschrocken. 

Falls sie zurückkommen…

» Lass dir was einfallen. «, gibt er zurück, startet den Motor und fährt los. 

» Ich soll mir was einfallen lassen? Das ist doch alles deine Schuld, also lass dir was einfallen! «, gebe ich schnippisch von mir und lehne mich im Sitz zurück. 

» Ja ja... «, gibt er nur genervt zurück und verdreht die Augen. 

Es war ja auch alles seine Schuld, er hat mir ja das Handgelenk gebrochen, also soll er jetzt auch eine Lösung finden.

 

Als wir bei mir zu Hause angekommen sind, steigen wir beide aus dem Auto und gehen in das Haus rein. Sofort rieche ich Pfannenkuchen. Marleen und Dana können nicht kochen, also vermute ich nichts Gutes. Wir gehen in Richtung Küche und als wir angekommen sind, bekomme ich direkt ein Deja Vu. Alex steht am Herd und zaubert einen Pfannenkuchen nach dem anderen und Finn saß neben Marleen und spricht mit ihr. Als Alex mich erblickt, hellt sich seine Miene auf und er kommt auf mich gerannt. Ich habe schon leicht Angst bekommen, dass er mich umrennt, aber als er bei mir ist, nimmt er mich nur in den Arm und hebt mich hoch. Dabei wirbelt er einmal im Kreis herum.

» Ah Zwerg, ist das schön dich wieder zu sehen. «, lacht er und lässt mich wieder runter.

Zwerg? Okay, ich gebe zu, dass ich nicht gerade die größte bin, aber auch nicht die kleinste. Nur weil die so übermenschlich groß sind. Alle drei haben ungefähr die gleiche Größe und überragen mich ca. um 2 Köpfe.

» Wenn dann seid ihr einfach zu groß. «, gebe ich nur stumpf zurück und strecke ihm meine Zunge raus.

Ich setze mich neben Dana und gebe ihr einen Kuss auf den Kopf.

» Guten Morgen. Wie geht es euch?“, frage ich Dana.

Danas Blick ist genauso wie der von Alex. Freude pur. Ihr Blick wandert jedoch zu meinem, woraufhin ein erschrockener Laut ihren Mund verlässt. Mist, ich muss mir noch etwas einfallen lassen, was ich sagen könnte.

„ Was ist mit deinem Arm passiert?“, fragt sie.

„ Nichts schlimmes, ich bin nur paar Stufen auf der Treppe runtergefallen und dann auf meinem Arm gelandet. Jetzt ist mein Arm gebrochen.“, erzähle ich Dana.

Ich habe einfach entschieden, dass sie die gleiche Geschichte bekommt wie der Arzt. Auch hier kann ich die Wahrheit nicht erzählen.

„ Oh nein, tut es sehr weh?“, flüstert sie und wieder einmal kommen ihr die Tränen.

Ich lache leise und streiche ihr die Tränen unter den Augen weg.

„ Ah Mäuschen, nicht weinen. Es tut fast nicht mehr weh.“, sage ich.

Mit einem Blick zu Alex und Finn, sehe ich wie die beiden Noah böse ansehen. Die können sich wohl denken, dass ich nicht die Treppe runtergefallen bin und dass das Noah war.

Da ich keine Lust mehr hatte, mich mit diesem Thema auseinanderzusetzen, nehme ich mir einen Pfannenkuchen und fange an diesen zu essen. Köstlich. Ich würde Alex sofort als Koch einstellen.

 

Nach dem Frühstück bin ich pappsatt. Wir räumen alle zusammen die Küche auf und waren nach fünf Minuten fertig.

„ Jungs, soll ich euch eben das Haus zeigen?“, frage ich an die drei gewandt, woraufhin nur ein nicken von allen kommt.

Ohne noch ein Wort zu sagen, zeige ich ihnen erstmal das Erdgeschoss. Hier befindet sich ein langer Flur mit einigen Türen, wo der Hauswirtschaftsraum, das Wohnzimmer, die Küche, das Esszimmer und ein Gäste-WC befindet. Als wir bei der letzten Tür angekommen sind, bleibe ich vor dieser stehen. Die Tür ist groß, schwarz und aus Metall mit vielen verschiedenen Schlössern dran. Ungefähr in der Mitte von der Tür ist ein Art Wappen eingraviert. Ich habe mich schon immer gefragt, was das für eine Tür ist, was sich dahinter verbirgt und was dies für ein Wappen ist. Aber die Antwort war immer dieselbe auf die Fragen: Der Keller ist eine Tabu-Zone und alle Fragen darüber ebenfalls. Klar war und bin ich immer neugierig gewesen, was sich hinter dieser Tür befand, aber dann hätte es Ärger mit Papa gegeben und mit ihm will man kein Ärger haben. Mein Vater ist ebenfalls sehr groß, hat braune Haare und blaue Augen. Er ist sehr muskulös, da er in seiner Freizeit sehr viel trainiert. Meine Mutter ist auch groß, ca. einen Kopf größer als ich, hat auch braunes Haar und grüne Augen. Ich habe keine Ahnung, von wem ich die kleine Statur geerbt habe, denn in meiner Familie sind alle groß. Selbst Marleen ist größer als ich und sie ist jünger.

„ Also, der Keller ist eine absolute Tabu-Zone. Hier dürft ihr auf gar keinen Fall rein!“, sage ich und drehe mich zu den Jungs um.

Alle sind kreidebleich und starren die Tür an? Was haben die denn jetzt? Einen Geist gesehen? Sieht auf jeden Fall sehr ungesund aus.

„ Hallo? Erde an Jungs? Was ist los mit euch?“

Der erste der sich regt ist Finn. Er schaut mich nur erschrocken an und geht einige Schritte zurück, sodass wir einen gesunden Mindestabstand haben. Was hat den denn jetzt gebissen?

Der nächste der sich regt ist Noah. Auch er schaut mich erschrocken an und stolpert leicht nach hinten.

„ Sollen wir mit der Tour fortfahren?“, fragt Alex.

Komische Typen, aber da ich wegen dem Gips immer noch schlechte Laune habe, nicke ich bloß und gehe die Treppe hoch. Die Jungs folgten mir. Oben befindet sich das Schlafzimmer meiner Eltern, von Marleen, von Dana und meins. Jeder hat ein eigenes Badezimmer, nur Dana und ich teilen uns eins. Anschließend gehen wir hoch, wo sich vier weitere Türen befinden. Jede Tür führt zu einem Gästezimmer.

„ So das ist unser Haus. Noah du kannst das Zimmer von gestern haben und Alex und Finn, ihr könnt euch ein Zimmer aussuchen. Noch Fragen?“

Als Antwort schütteln alle drei synchron den Kopf. Süß, wie kleine Welpen.

„ Wir würden uns dann jetzt gerne bisschen ausruhen, ist das in Ordnung?“, fragt Finn, woraufhin ich nicke.

Daraufhin gehen alle drei in das Zimmer von Noah und schließen die Tür hinter sich. Die verhalten sich echt komisch. Seitdem ich den Keller erwähnt habe. Aber was soll daran so eigenartig gewesen sein? Ich schütte mit dem Kopf und gehe wieder runter, diesmal in mein Zimmer. Dort ziehe ich meine Sachen aus und hole mir etwas Gemütliches aus dem Schrank. Eine Jogginghose und ein schlichtes schwarzes T-Shirt. Als ich mir das T-Shirt anziehen will, verspüre ich auf einmal einen starken Schmerz, der an meiner Wirbelsäule entlang geht. Erschrocken darüber, ziehe ich das T-Shirt wieder aus und gehe an meinen Spiegel. Ich drehe mich um, um meinen Rücken sehen zu können und erschrecke erneut. Das Tattoo ist riesig, aber auch wunderschön. Ahja, stimmt, ich wollte ja Noah fragen was das für ein Scherz sein soll. Ich hoffe für Ihn, dass das abgeht, ansonsten bringe ich ihn um.

Ich ziehe mir mein T-Shirt wieder vorsichtig an und gehe zu Tür. Diese öffne ich und gerade als ich einen Schritt mache, höre ich ein Papier-Raschen. Ich schaue runter und entdecke einen Zettel, auf dem ich stehe. Ich hebe diesen auf und lese das Geschriebene:

 

Es tut mir so unfassbar leid Emma, dass ich dich wieder verlassen muss. Aber keine Sorge, diesmal ist es für immer. Es liegt alles an mir, tut mir leid, dass ich dir Hoffnungen gemacht habe. Ich hoffe du kannst mir eines Tages verzeihen. Bitte pass auf dich auf und nochmal entschuldige für alles!

 

-Noah

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 01.05.2013

Alle Rechte vorbehalten

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