Wir treffen uns in einem angesagten Lokal in der Innenstadt. Ein paar Freunde sind schon da und schauen sich um, wen sie hier noch kennen. Felix musste aufs Klo, also warte ich derweil alleine an der Bar.
Ich heiße David, wie feiern meinen achtzehnten Geburtstag. Ich hatte ihn eigentlich schon letzte Woche, aber da war der Familienkram dran. Heute gehört die Zeit ganz Felix, mir und unseren Freunden. Man sagt mir nach, ich sähe gut aus. Man kann das von sich nie behaupten, ohne arrogant zu wirken, aber ich habe im letzten Jahr ganz schön Muskeln bekommen. Meine Schwester beneidet mich um das dichte, glänzende, schwarze Haar. Ich habe beschlossen, es wachsen zu lassen, und daher habe ich eine Frisur, die diese Bezeichnung nicht verdient. Aber sie sieht nicht aus wie die von Prinz Eisenherz. Das sagt Felix immer, um mich aufzuziehen. Ich finde, sie hat eher was von Grunge. Außerdem habe ich lange Wimpern und ein angeblich trotziges Kinn. Ich wünschte mir aber, etwas herber auszusehen, männlicher. Meine Mutter sagt, das kommt noch, aber der Jugend ist die Ungeduld eigen.
Da kommt Felix. Er ist fast einen Meter achtzig groß, hat braunes Haar, das in der Sonne kupferfarben schimmert und ebenfalls längst einen neuen Schnitt vertragen könnte. Er trägt einen ebenmäßigen Vollbart, um den ich ihn beneide, hat breite Schultern und neigt ein bisschen dazu, Speck anzusetzen, aber nur ein bisschen. Wenn man genau hinschaut, entdeckt man auf seiner blassen Haut Sommersprossen. Wirklich phänomenal an ihm aber sind seine Augen – wie Wasser: blau, glänzend, sanft und frech. Auf die wird er oft angesprochen. Und auf seinen Bart. Letzteres von neidischen Jungs in unserem Alter, um ihn aufzuziehen.
Er fällt mich von hinten an, schlingt die Arme um meine Schultern, wobei er mir fast den Hals abdrückt, nimmt mein halbes Ohr in den Mund, bis es klatschnass ist und die Luft sich kühl daran reibt.
„Na, Homo?“, grölt er. Es ist ein Scherz. Wir necken uns ständig, reden kaum in normalem Ton miteinander. Felix glaubt nicht, dass ich ein Homo bin, und ich selber glaubte es lange Zeit auch nicht. Mittlerweile ist das etwas anders geworden. Felix bestellt eine weitere Runde Bier, rempelt mich an, zieht an meinem Haar, macht sich auf kumpelhafte Art über mich lustig, erklärt mir, dass ich bald an Altersschwäche sterben werde. Dann erzählt er mir von den abstrusen Ideen, die ihm beim Pissen eingefallen sind. Dort hat er die besten Einfälle, versichert er immer. Beim Schiffen und beim Scheißen sei er richtig kreativ. Na denn.
Kennengelernt habe ich ihn vor einem halben Jahr bei meinem Praktikum in einer Agentur. Er hat dort ebenfalls ein Praktikum gemacht. Wir haben uns auf Anhieb verstanden, was zunächst so aussah, dass wir uns nur mit Schimpfwörtern ansprachen. Danach folgten absurde Mutproben, mit denen wir uns gegenseitig anstachelten. Bescheuerte Sachen. In den Kaffee des Chefs spucken, sich in unmöglichen Situationen einen runterholen, Unterlagen oder ganze Schubladen vertauschen, besonders blöde Fragen stellen. Solche Sachen. Auch an den Rechnern der Kollegen tobten wir uns aus, verschoben Ordner, installierten Fake-Warnungen oder luden Pornos drauf. Nicht besonders nett, aber die hatten das verdient. Sie waren ignorant, erübrigten keine Zeit für uns, ließen uns links liegen. Dabei hatten wir eigentlich richtig etwas lernen wollen.
Jedenfalls wurde aus unserer gemeinsamen Zeit dort eine Freundschaft und wir kleben seitdem fast jeden Tag zusammen. Freunde finden uns unerträglich, Mädchen kichern über unsere Albernheiten. Wir triezen uns ständig und lassen uns von Publikum anstacheln. Am liebsten ziehen wir die Homo-Nummer ab. Sprechen uns mit 'Schätzchen' an, machen übertriebene Fickbewegungen, bei denen wir laut stöhnen und uns auf den Hintern schlagen. Nicht gerade politisch korrekt, ich weiß, aber immer eine gute Show.
Ich glaub‘, die Mädchen stehen auf so etwas. Felix redet mir dauernd ein, welche der Tussis angeblich scharf auf mich ist, bei welcher ich sofort landen könnte. Manchmal schubst er mich gegen sie, oder grölt lauthals Verkupplungsslogans in die Runde. Damit bringt er nicht nur die Mädchen in Verlegenheit, sondern auch mich. Aber das ist Absicht, und ich zahle ihm das mit gleicher Münze heim.
In der Tat aber ertappe ich mich dabei, eifersüchtig zu sein, wenn er sich länger als eine halbe Stunde gut mit einem Mädchen unterhält. Vielleicht habe ich Angst, ihn als Kumpel zu verlieren, wenn er erst eine Freundin hat. Wäre nicht der erste Freund, der auf einmal von der Bildfläche verschwindet, weil er jede freie Sekunde bei seiner Schnalle sein muss. Vielleicht wird mir seine stürmische Art irgendwann einmal auf die Nerven gehen, und dann werde ich mich freuen, wenn sich ein Mädchen bereit erklärt, ihn auszuhalten. Aber im Moment will ich ihn für mich alleine.
Meine Schwester witzelt oft, wir beide wären wie ein altes Ehepaar. Wir zicken uns, zur Belustigung unseres Umfelds, gerne an.
Seit einigen Wochen habe ich ein Problem. Als Felix mich vorhin so von hinten umarmt und mein Ohr abgelutscht hat, wurde es eng in meiner Hose. Für ihn sind diese Anspielungen nach wie vor ein Spaß, er will mich ärgern und bis vor kurzem habe ich es auch so gemacht.
Aber es hat sich etwas verändert. Für Felix ist alles so wie immer, für mich nicht mehr. Wenn er mich Homo spottet, lache ich zwar, aber ich fühle mich ertappt.
Ich habe bis jetzt noch nichts mit Mädchen gehabt, auch mit Jungs nicht. Mich hat das Thema bisher nicht so interessiert. Meine Schwester behauptet, ich sublimiere meinen Sexualtrieb in die Kunst.
Ich habe meine Energie lieber darauf verwendet, illegale Grafikprogramme zu kriegen und sie auszutesten. Habe einige kaputte Kameras auseinandergenommen, repariert, und fotografiere seitdem leidenschaftlich. Ich schreibe Liedtexte und spiele mit Musikprogrammen auf dem Computer. Ich schaue mir Werbung so interessiert an wie Kinofilme, und schreibe lange Analysen über Filme, die mich besonders inspirieren, schaue sie dazu mitunter fünfzig Mal an. Hintereinander. Völlig bescheuert, meint meine Schwester, ein Zeichen für Autismus, Schizophrenie, dafür, ein Serienkiller zu werden und so weiter. Sie attestiert mir jede Woche neue psychische Störungen.
In Felix habe ich den ersten Menschen gefunden, der ähnlich verrückt ist wie ich. Wir schauen uns zusammen drei Tage lang ein und denselben Film immer wieder an, schreiben das Drehbuch ab, machen Anmerkungen und Entwürfe, verändern es und erbauen uns daran, um wie viel besser wir das Thema umgesetzt hätten.
Ein harmloser, kleiner Unfall auf Felix’ Geburtstagsparty veränderte alles für mich. Es gab Alkohol, laute Musik und eine Menge gut gelaunte Gäste. Felix und ich verarschten die Leute und redeten einander ein, welche der Frauen wir an diesem Abend todsicher poppen würden. Natürlich kommt es nie dazu, das wissen wir, aber es ist ein Spiel, das wir konsequent verfolgen.
Zwischendurch sprangen wir wie besinnungslos auf der Tanzfläche herum und rempelten uns gegenseitig an, tanzten Pogo, sofern man das tanzen nennen konnte. Wir hatten schon einiges getrunken und immer wieder prallten wir grob gegen andere. Jedenfalls reichte es offenbar irgendjemandem, und als Felix wieder mit Wucht gegen mich hüpfte, gab derjenige ihm noch zusätzlich einen Stoß, sodass wir gemeinsam mit voller Wucht auf dem Boden landeten.
Felix auf mir. Vielleicht war es der Schock, sich auf einmal auf dem Boden wiederzufinden, Verwirrung, sich im Raum neu orientieren zu müssen, denn für einige Sekunden rührte er sich nicht. Er war von dem Sturz wohl genauso überrumpelt worden, wie ich. Eigentlich keine große Sache. Doch als wir uns so nah waren, ich spürte seinen Atem, sein überraschter Blick durchdringend, sein Körper atmete schwer auf meinem, wurde ich hart. Mein Magen zog sich zusammen, mein Herz raste, und ich hatte den überwältigenden Wunsch, ihn zu küssen. Ich traute mich nicht.
Er begann zu grinsen, schlug demonstrativ sein Becken gegen meines und stöhnte laut zur Belustigung aller. Bisher hatte ich immer mitgemacht, „Ja! Härter! Fester! Tiefer! Gib`s mir!“ geschrien, doch in dieser Situation quälte es mich, bohrte sich der Spott schmerzhaft in mein Herz. Ich stieß ihn von mir `runter, pöbelte ihn an und stellte mich ohne Jacke kurzärmelig in die Kälte `raus, um wieder zu mir zu kommen.
Felix hatte nicht verstanden, was mit mir los war. Wie auch? Ich verstand es selber nicht. Ich schluckte meine verwirrenden Gefühle und Gedanken herunter und ging wieder `rein.
Seitdem ist nichts mehr wie zuvor. Ich spiele zwar mit, aber in mir lähmt mich Schwermut. Ich ertappe mich dabei mir zu wünschen, die Scherze wären keine Scherze. Ich träume davon, er würde eines Tages wirklich zupacken, weil er will, und nicht, um einen Scherz zu machen und die Leute zu unterhalten.
Jetzt sitzt Felix neben mir, redet, lacht, unbeschwert wie ein Kind, und ich kämpfe noch immer mit den Gefühlen, die seine Berührungen hinterlassen haben. Ich grinse, ich mache geistreiche oder blöde Bemerkungen und würde am liebsten in seinen Bart greifen oder meine Lippen ganz sachte über seine Sommersprossen streichen lassen. Ich lache übertrieben über seine Witze, lasse mir sein Rempeln gefallen, wünsche mir mehr, provoziere, remple zurück. Es sind die einzigen Berührungen, also möchte ich davon so viele haben wie möglich, und wenn mein Körper dabei grün und blau wird. Aber ich halte viel aus. Blaue Flecken bekomme ich kaum.
Einmal habe ich einen bekommen, und ich habe ihn getragen wie einen Knutschfleck. Den Beweis seiner Berührung, sein Körper hatte ein Mal auf meinem hinterlassen. Ich habe ihn jeden Tag begutachtet, den Fleck, war traurig, als er langsam verblasste und verschwand. Ich bin krank, richtig krank nach diesem Mann, der mein argloser Kumpel ist und ich fürchte, ich werde ihn nie wieder sehen, wenn er davon erfährt. Ich glaube, seine Homo-Scherze sind ein Hinweis darauf, dass er mit dem Thema nicht umgehen kann. Wenn er erfährt, was ich bin, wird er sich verraten fühlen.
Manchmal legt Felix ein Verhalten an den Tag, das mir unnötig Hoffnung macht. Ein Symptom der Verliebtheit, hinter jedem netten Wort, jedem sanften Blick, jeder harmlosen Berührung sofort zu vermuten, die Gefühle könnten erwidert werden. So wie vorhin, als er mich von hinten umarmt und mein Ohr in den Mund genommen hat. Warum hat er das gemacht? Okay, es gibt Publikum und es passt dazu, wie wir miteinander umspringen, aber es war gerade keiner unserer Freunde dabei. Einige sind zwar schon da, tummeln sich aber woanders herum.
Ich interpretiere in die kleinsten Gesten so viel hinein, denke viel zu viel darüber nach. Felix hat die Umarmung und den Geschmack meines Ohres sicher schon völlig vergessen, und wenn ich ihn darauf ansprechen würde, würde er lauthals witzeln, ob ich noch mehr will, dass er eben unwiderstehlich sei, ich auf echte Kerle mit Bart stehen würde. Und ich würde lachen, grölend zustimmen, das alles lächerlich machen und ins Absurde ziehen, während meine Seele schreien würde: ‚Ja, ja, ja, alles das und noch viel mehr!‘
“Was ist?“, fragt Felix. Offenbar habe ich ihn angestarrt. Ich will einen blöden Scherz machen, ihm sagen, dass ich gerade gesehen habe, wie die Kralle seines Vogels kurz aus seiner Nase glitt oder so etwas Ähnliches, aber ich werde nur rot und sage nichts. Was mit mir los ist weiß ich, wie ich damit umgehen soll weiß ich nicht. Es wird mit jedem Tag schlimmer und ich habe Angst, dass ich es eines Tages nicht mehr verheimlichen kann. Ich schüttle also den Kopf und grinse in mein Bier. Felix rempelt mich an und ich erschauere unter dieser willkommenen Berührung.
“Hey, raus damit!“, ruft er dabei, obwohl ich neben ihm stehe. Ich muss mich wirklich zurückhalten, mich nicht einfach gegen ihn fallen zu lassen, nur um zu spüren, wie er mich auffängt und auf meinen Platz zurückstößt. Mir ist egal, ob er dabei grob wäre, ich will ihm nahe sein.
“Nichts“, sage ich und mir fehlt die Energie, es mannhaft herauszubrüllen, aus seiner Frage eine lächerliche Unterstellung zu machen.
Im nächsten Moment legt er einen Arm um meine Schultern, rüttelt mich, ich erschauere unter seiner Kraft, und er schreit mir ins Ohr: „Ach komm. Mir kannst du`s doch sagen. Hah? Ich bin doch dein Felix, dein guter Kumpel, dein Mann. Los. Außerdem krieg ich`s ja doch `raus!“
Die Worte gehen mir durch und durch, treiben mir fast die Tränen in die Augen. Sie tun weh, weil ich sie hören will, aber nicht in diesem Ton, nicht so. Sie verspotten meine Gefühle, aber wie könnte ich Felix böse dafür sein? Er weiß nicht, was er anrichtet. Ich möchte mich in den Arm schmiegen, doch ich verspanne mich und schüttle ihn ab.
“Lass mich!“, fauche ich und es tut mir prompt leid. Sein Blick verrät, dass ich ihn überrascht habe. Er kann doch nichts für meine Gefühle. Für einen Moment überlege ich, ob ich ihm alles gestehen sollte, verwerfe diese Idee aber sofort wieder. Völlig ausgeschlossen. Ich will durch sein Haar wuscheln, suche einen Vorwand dafür. Mir fällt keiner ein.
“Und schon fängt sie an“, grinst er, „Die Boshaftigkeit des Alters. Als Nächstes fallen dir die Haare aus.“ Er zupft an einer Strähne und ich möchte meine Wange an seine Hand schmiegen. Er drückt einen Finger auf mein Kinn und ich will ihn mit meinem Mund einfangen.
“Dann fallen deine Zähne aus …“, in meiner Hose beginnt es schwer zu pochen, „… und dann macht ER schlapp“, lacht Felix und fasst mir doch tatsächlich in den Schritt. Er spürt, was er nicht hätte spüren sollen. Seine Augenbrauen zucken überrascht hoch und er prallt zurück, als hätte er auf eine heiße Herdplatte gegriffen. Ich könnte im Boden versinken, weiß gar nicht, wie ich reagieren soll, falle in ein panisches Nichts. Felix starrt mich an. Ich starre Felix an. Das war zu viel Beweis für einen blöden Witz. Wie wird er mit der Situation umgehen? Ich habe Angst, kralle mich heimlich an der Theke fest, versuche so cool wie möglich dreinzuschauen. Vielleicht lässt es sich irgendwie auflösen.
“Die da hinten ist echt heiß“, sage ich rasch, ohne zu wissen, ob da hinten auch eine entsprechende Frau steht. Ich sehe an Felix vorbei und suche nach irgendeiner, die für meine Latte verantwortlich sein könnte. Das Angebot ist verdammt beschränkt. Ich habe die Wahl zwischen einem mausgrauen Mädchen mit Brille, aschblonden kurzen Locken, oder einer aufdringlich geschminkten Frau mit rot gefärbtem Haar, sexy gekleidet, aber mindestens fünfunddreißig. Ich zeige auf die Rothaarige da ich davon ausgehe, dass Felix mir niemals abnimmt, von dem Mauerblümchen so erregt zu werden. Er staunt ungläubig. Zu recht.
“Das ist nicht dein Ernst, oder?“, fragt er und sein Blick wandert zwischen meine Beine. Es scheint für ihn wie ein Unfall zu sein, schrecklich, aber er kann nicht wegsehen. Ich grinse schief und zucke mit den Schultern.
“Wo die Liebe hinfällt“, sage ich zu ihm, meine dabei so sehr ihn, dass ich ihn am liebsten sofort packen und küssen würde. Stattdessen schaue ich zu dieser Fremden, versuche, schmachtend dreinzuschauen. Es misslingt.
“Du hast doch bisher nicht einmal `rüber gesehen“, stellt Felix fest und ich frage mich, wo seine blöden Scherze bleiben. Das ist doch das gefundene Fressen für anzügliche Witze. Er könnte damit drohen, sie für mich anzusprechen oder mich herausfordern, es selber zu tun. Nichts von dem tut er und das macht mir Angst.
“Woher willst du das wissen? Vielleicht hatten wir ja was miteinander, als du auf dem Klo warst“, setze ich ihm vor, übernehme das Herumalbern.
“Ist das wegen mir?“, fragt er so geradeheraus, dass es einem Schlag in die Magengrube gleichkommt. Mir klappt der Kiefer herunter.
“Wie kommst du darauf?“, rufe ich empört, aber mein Blick verrät mich. Ich sehe ihn viel zu flehend an, habe viel zu viel Angst, entdeckt zu werden. Er kennt mich zu gut, um das nicht zu merken.
“Nur so“, sagt er, zuckt mit den Schultern und fährt fort, von irgendwelchen Visionen zu schwafeln. So lässt er mich einfach zurück. Ich kann mich nicht konzentrieren. Frage mich, warum er auf die Idee kommt, dass ich wegen ihm einen Steifen habe. Frage mich, wie er darüber so einfach hinweggehen kann. Wäre ihm das wirklich egal, wenn ich schwul wäre? Wenn ich in ihn verliebt wäre?
Nach und nach gesellen sich unsere Freunde zu uns, es wird getrunken und ich werde mehrmals hochleben gelassen. Ich bekomme von den Mädchen Küsse auf die Wangen, ihre Arme schlingen sich um meinen Hals, sie drücken sich an mich `ran und ich wünsche mir jedes Mal, das wäre Felix. Ich spüre, wie er mich beobachtet. Sucht er nach Indizien? Mich macht das nervös. Noch nervöser als ich ohnehin schon bin. Meine Freunde schlagen mir auf die Schulter oder geben mir pathetisch die Hand. Wie verklemmt wir Männer mit Berührungen umgehen, denke ich. Mädchen dürfen sich sanft berühren, ohne als lesbisch zu gelten, wir Kerle müssen rempeln, boxen bestenfalls klapsen. Jede Berührung muss grob sein oder eine Karikatur ihrer selbst. Aber ich weiß, das ist nicht mein wahres Problem. Ich würde Felix auch darüber hinaus berühren wollen.
Die Stimmung ist ausgelassen, eine perfekte Feier – so möchte vermutlich jeder seinen achtzehnten Geburtstag feiern. Dennoch fällt es mir immer schwerer, mich mitreißen zu lassen. Ich lache und fühle mich schwer. Ich will fröhlich sein, wirklich, ich bemühe mich, ich drehe auf, aber innen drin gehe ich nicht mit. Ich werde fast hysterisch, so verzweifelt übertreibe ich, um zu verbergen, wie schlecht es mir geht. Ich beschließe mich volllaufen zu lassen. Wenn nicht zu meinem Achtzehnten, wann sonst? Doch dann höre ich, wie jemand sagt:
„Was ist heute mit Felix los?“
„So still hab ich den echt noch nicht erlebt.“
Ich schaue zu meinem Freund und unsere Blicke treffen sich. Ich schlucke. Sie haben recht. Ich bin so beschäftigt gewesen mich von meinen Gefühlen abzulenken, und damit auch Felix zu ignorieren, dass mir das nicht aufgefallen ist. Er hat sich tatsächlich im Hintergrund gehalten. Das ist untypisch für ihn.
Mein Plan, mich zu besaufen, erstirbt augenblicklich. Ich bin schon hundertmal auf ihn zugegangen. Ich wünschte, auch jetzt könnte ich eine Show abziehen, ihn anfallen, mich grölend an ihm reiben, er würde mitmachen, übertrieben stöhnen, wir würden uns anfeuern lassen und keiner würde etwas merken. Keiner würde merken, wie es mir dabei geht, würde merken, dass für mich das alles nur ein Vorwand ist, Felix nahe zu sein. Doch ich kann nicht. Nicht nur, weil er wegen vorhin argwöhnisch ist, sondern auch, weil mir einfach nicht danach ist meine eigenen Gefühle zu verarschen. Bezieht er meine Erregung wirklich auf sich? Hält er sich deswegen zurück? Ist dies das Ende? Wird er nie wieder solche Scherze machen? Mich nie wieder anfassen? Die anderen tanzen, lachen, manche schmusen, einige diskutieren verbissen oder reißen dumme Scherze.
Felix sitzt etwas abseits, das Shirt liegt an manchen Stellen eng an seinem Körper an, zeigt seine Muskeln und ein bisschen sein Figurproblem. Problem? Von wegen, mich machen diese kleinen Fettpölsterchen an, ich möchte meine Finger hinein graben. Ich stelle mir vor, wie erotisch, wie geil es sein muss, ihn zu packen, das Gesicht in seine weiche Haut zu drücken. Ich will ihm das Shirt vom Leib reißen und in ihn hinein beißen. Doch ich blicke nur verlegen zu ihm hinüber, versuche, meine aufsteigende Röte wegzuatmen. Ich ringe eine ganze Weile mit mir. So selbstverständlich wir in den letzten Monaten miteinander umgegangen sind, so verkrampft bin ich nun. Doch dann komme ich mir blöd vor. Mensch, das ist Felix, ohne ihn will ich mir nicht einmal einen Tag vorstellen. Ich kann das nicht vermasseln. Ich muss das wieder in den Griff kriegen. Irgendwie. Vielleicht kann man sich entlieben. Ich muss daheim im Internet nachsehen, es gibt sicher Methoden.
Als ich ihn erreiche weiß ich gar nicht, wie ich ihn ansprechen soll. Haben wir uns wirklich immer nur mit Homo oder Schwuchtel angesprochen?
“Was für eine öde Party!“, brülle ich gegen die Musik an und mache ein paar blöde Tanzbewegungen.
“Sterbenslangweilig“, geht er darauf ein und gähnt gespielt.
Ich freue mich wie ein Schneekönig. Alles wird gut. Als hätte er nur auf ein Lebenszeichen von mir gewartet, lebt er auf. Sofort erklärt er mir, welches der Mädchen mir als Geburtstagsgeschenk einen blasen würde und wenige Minuten später springen wir im Pogo zu wildem Punkrock herum und den Leuten auf die Zehen. Sie weichen aus, und wir springen noch übertriebener umher.
Unsere Freunde beginnen mitzutanzen. Na, das ist doch was! Vielleicht ist der Abend doch nicht so schlimm. Jemand beginnt, den Arm um den nächsten zu legen, und wie ein Lauffeuer geht es im Kreis. Als Felix mir seinen Arm um die Schultern legt werden meine Ohren heiß. Ich schlinge meinen Arm um seinen Rücken und grabe die Finger in das Fleisch seiner Taille. Ich höre mein Herzklopfen und kann an nichts anderes denken, als daran, dass meine Hand auf seinem erhitzten Körper liegt. Ich muss mich wirklich zurückhalten ihn dabei nicht zu streicheln, genieße aber, dass durch unseren Tanz meine Hand ohnedies über seinen Körper rutscht. Ich spüre, wie seine Hand sich an meiner Schulter festhält, sich seine Finger in meinen Körper bohren. Unsere Hüften berühren sich, manchmal auch die Beine. Die anderen grölen, ich mache mit. Ich höre Felix neben mir johlen, sein kräftiger Körper neben mir arbeitet, er schwitzt, wie wir alle, aber bei ihm fällt es mir auf. Ich kämpfe dagegen an, hart zu werden.
Die Punkrock-Nummer ist zu Ende, die Leute lassen sich der Reihe nach los. Der Rhythmus des nächsten Songs passt nicht, um dazu herumzuhüpfen wie Vollidioten. Ich will Felix nicht loslassen, will jede Sekunde bis zuletzt auskosten. Tatsächlich sind wir die Letzten, die sich voneinander lösen und ich fange schon wieder an, darin ein Zeichen zu sehen. Ich denke darüber nach, dass er sich in meine Schulter gekrallt hat. Ich spüre es noch. Aber andere taten das auch, es war ein wilder Tanz, da hält man sich fest. Ich suche nach jedem Strohhalm, auch wenn ich weiß, dass ich das lassen sollte.
Es kommen neue Leute hinzu, es wird erneut auf meinen Geburtstag angestoßen, neue Scherze über mein hohes Alter gerissen und darüber, was ich ab jetzt juristisch darf und wofür ich belangt werden kann. Wieder bekomme ich duftende Küsse auf die Wangen, erhalte aufmunterndes Klopfen auf meine Schultern. Wir saufen unser Bier, tauschen Neuigkeiten aus, weichen hier aus und da, weil sich das Lokal füllt. Immer wieder werden wir zusammengeschoben. Ich wünsche mir, näher bei Felix zu stehen, möchte gegen seinen Bauch gepresst werden, seinen Rücken, seine Arme. Aber er steht immer zu weit weg. Vielleicht weicht er auch absichtlich aus.
Der DJ legt einen Kuschelsong auf und einige raunen genervt. Pärchen finden sich. Felix und ich gehören normalerweise zu jenen, die sofort wie aus einem Mund ätzen, wie schwul das wäre. Heute nicht. Ich betrachte die Tanzenden und finde es nicht halb so doof, wie ich immer behaupte.
“Willst du tanzen?“, fragt mich jemand. Ich erstarre. Es ist Felix und er grinst mich frech an. Das war nur ein Witz, ermahne ich mich. Jetzt wollen wir uns über die tanzenden Pärchen lustig machen, denke ich.
“Klar“, sage ich betont cool. Zur Sicherheit werfe ich den anderen einen albernen Blick zu. Was für Scherzbolde wir doch sind!
Felix fackelt nicht lang herum. Er legt mir einen Arm in den Rücken und zieht mich fest zu sich, presst seinen Körper an meinen. Er legt den zweiten Arm um meinen Rücken und schaut über meinen Kopf hinweg. Ich habe ihn so schon oft mit Mädchen tanzen sehen. Ich schlinge meine Arme um ihn, so wie er das bei mir tut, und falle in den unbeholfenen Wiegeschritt mit ein. Ich versuche, die Lächerlichkeit in unserer Pose zu forcieren, aber ich bin viel zu aufgeregt dafür. Mein Herz hämmert heftig, ich lasse meinen Blick zu den anderen schweifen. Auf keinen Fall darf ich mich darauf einlassen, was hier mit mir passiert.
Ich kämpfe. Ich kämpfe gegen mein aufgeregtes Beben, ich kämpfe gegen das Kribbeln in meinem Bauch, ich kämpfe gegen meine Latte, ich kämpfe gegen den Impuls, über seinen Rücken zu streicheln. Aber ich merke, wie ich verliere. Die Musik löst meine Verkrampfungen und Felix’ Nähe sabotiert meinen Willen. Ich schmiege mich an ihn. Mir ist egal, dass er mich dafür vielleicht gleich schlagen wird. Ich atme seinen Duft ein und komme ihm mit meiner Wange so nah, dass ich seinen Bart an ihr spüre. Ich will es nicht, aber ich stöhne auf. Und Felix kichert. Ich bin irritiert, aber er pustet mir dabei an den Hals, und daher wird mir ganz schwindlig.
Er muss sie spätestens jetzt spüren, meine Erregung, aber anstatt mich empört wegzuschieben, schlingt er seine Arme noch fester um mich. Und was ist das? Er lehnt seinen Kopf an meinen. Schläfe an Schläfe, er muss sich dabei herunter neigen und ich mich etwas strecken, atmen wir uns in die Ohren. Ich schließe meine Augen, vertraue mich ganz seiner Führung an, kuschle mich an ihn.
Das Lied geht zu Ende und der DJ erlöst die Schmusemuffel mit deftigem Hardrock. Als wir uns voneinander lösen fühle ich mich noch wie in Trance. Als würde ich aus greller Sonne in einen finsteren Keller wanken, muss ich mich an die körperliche Trennung von Felix gewöhnen, wie an andere Lichtverhältnisse. Die anderen kreischen und lachen. Wir haben es mal wieder gebracht.
“Wir haben uns schon fast Sorgen gemacht!“, witzeln sie, erleichtert offenbar, dass wir wieder unsere Homo-Nummer abziehen.
Felix steigt auch prompt darauf ein, erklärt, dass ich die Frau wäre und alle lachen. Mir ist das im Moment egal. Wie tief bin ich gesunken? Ich nehme den Spott hin, wenn ich Felix nur nahe sein darf? Ich verkaufe mich für ein paar flache Witze! Das ist nicht gut, aber ich mache mit. Ich mache auf tuntig, bringe alle mit Klischees zum Lachen und sterbe innerlich. Aus dem Augenwinkel beobachte ich Felix und hasse mich, ihn lieben zu müssen. Das ist nicht fair. Wer hat das so bestimmt? Warum lasse ich mich darauf ein?
„Ich muss mal!“, rufe ich in die Runde. Das stimmt zwar, ist aber auch ein Vorwand um wegzukommen. Ich muss durchatmen.
Die Toiletten liegen in einer höheren Ebene; von dort aus kann man alles von oben beobachten, weswegen da immer Leute herumstehen und runter glotzen. Meistens einsame Menschen, die alleine kommen, alleine gehen. Ich gehörte auch mal dazu. Auf der anderen Seite der Brüstung kommt man ins Freie, ödes Buschwerk, Schutt, vertrocknetes Gras, der Boden voller Splitter. Hier tummeln sich in erster Linie Raucher, später dann Betrunkene zum Ausnüchtern.
Nach der Toilette gehe ich da `raus, anstatt zu meinen Freunden zurück. Es ist finster, kalt, und es sieht aus, als würde ich selber rauchen, so sehr dampft mein Atem. Eine einsame Glühbirne spendet rudimentär Licht, aber den hartgesottenen Rauchern und den Betrunkenen reicht das. Mir auch. Ich beobachte, wie diverse orangefarbene Punkte auf und ab schwirren, am oberen Umkehrpunkt aufleuchten. Ich sehe, wie aus den Mündern der Rauch und die Atemluft dampft, gut akzentuiert durch das schwache Licht. Das könnte ein nettes Motiv sein. Das nächste Mal sollte ich den Fotoapparat mitnehmen.
Plötzlich wird es warm in meinem Rücken, Arme legen sich um meine Brust, umschlingen mich, mein Ohr wird warm und feucht umfasst.
„Da bist du ja, Homo“, brummt Felix. Wie er das sagt! Ich bekomme Gänsehaut, aber nicht von der Kälte. Er hat es neckend gesagt, nicht spöttisch. Er hat es leise gesagt, nicht zu Demonstrationszwecken. Er hält mich fest und löst sich nicht sofort wieder. Meine Knie werden weich, mein Schwanz hart. Ich schließe die Augen und ringe um Luft.
„Und? Bist du wieder steif?“, flüstert er mir ins Ohr und wäre ich es bis dahin nicht, spätestens jetzt wäre ich es geworden. Ich sage nichts. Ich kann das nicht einordnen, weiß nicht, ob das Teil eines Witzes ist. Es ist zu schön, um wahr zu sein, also kann es nur ein Scherz sein. Ich versuche, es vorsichtshalber nicht allzu ernst zu nehmen, auch wenn mein Körper reagiert.
„Ich habe dich gespürt. Beim Tanzen vorhin“, haucht er, die Arme noch immer um mich geschlungen, den warmen Körper noch immer an meinen Rücken gepresst. Wenn er so weiter macht, komme ich. Sein Bart kratzt in meinem Nacken, reibt über meinen Hals. Er beißt sanft in mein Ohr, der heiße Atem kriecht bis in meinen Kopf und macht mich ganz wirr.
„Prüf selbst“, fordere ich ihn auf, halb im Witz und halb voll Erwartung. Noch immer glaube ich, dass das Teil eines Scherzes ist, bin auf der Hut. Viel zu oft haben wir so gescherzt, aber nie so, so nah, so leise. Ich rechne jederzeit damit, dass er mich boxt, dass er die Bewegungen des Sexualakts karikiert, dass er spöttisch stöhnt und versaute Sachen schreit. Dass alle lachen und ich mitmache, mich ein weiteres Mal verrate. Doch nichts dergleichen kommt.
„Nein. Sag es mir“, flüstert er stattdessen an meinem Hinterkopf und ich kann hören, und spüren, dass er an mir riecht, seine Nase in mein Haar gräbt. Mir entkommt ein Ächzen, aber das scheint keinen hier zu interessieren. Viel zu sehr sind sie mit der Kälte und ihrer Sucht beschäftigt. Ich will ihn anfassen, traue mich aber nicht.
„Ja“, gebe ich zu und höre, wie Felix leise stöhnt. Kann das sein? In meinem Kopf schwirrt alles. Ich verstehe gerade gar nichts. Das ergibt keinen Sinn. Vielleicht ist es ein sehr seltsames Geschenk? Zu Felix würde so etwas passen. Weiche Lippen betasten meinen Nacken und dann wird es kalt im Rücken. Felix hat sich von mir losgerissen und ich sehe, wie sich seine Silhouette im schwachen Licht der Glühbirne zwischen den Rauchern wieder ins Lokal begibt. Er dreht sich kein einziges Mal um. Was. War. Das?
Ich bin so geladen, dass ich überlege, mich weit weg ins Gebüsch zu verziehen und mir einen `runter zu holen, halte das aber für erbärmlich. Auch wenn ich es bereuen werde, so belasse ich es dabei, die Kälte bis an meine Knochen kriechen zu lassen. Ich warte, bis ich mich nach der stickigen Luft von drinnen sehne, lasse mich von ihr fast erschlagen, als ich das Lokal wieder betrete, und wanke zu meinen Freunden, als wäre nichts gewesen. Dabei treffen sich Felix' und meine Blicke. Nichts in seinen Augen verrät, was gerade draußen passiert ist und ich frage mich, ob ich das nur geträumt, mir das nur eingebildet habe.
Nach und nach verabschieden sich meine Freunde, das Lokal leert sich und so beschließen auch Felix und ich, zu gehen. Es ist geplant, dass ich bei ihm übernachte. Ein Plan, den ich jetzt mit sehr gemischten Gefühlen betrachte. Wenn er mich nur verarscht hat, auf diese Weise, was hat er dann noch alles mit mir vor? Dass er es ernst meinen könnte kann ich mir nicht vorstellen. Ich wünsche mir das viel zu sehr, um es an mich heranzulassen. Zu groß wäre die Enttäuschung, zu heftig der Schmerz, wenn es doch nur ein blöder Witz war.
“Was sollte das vorhin?“, frage ich ihn.
“Weiß nicht, was du meinst“, sagt er wie selbstverständlich. Das kann ja wohl nicht so unwichtig gewesen sein, dass er es vergessen hat. Er spielt mit mir.
“Das weißt du genau.“
“Du musst mir schon auf die Sprünge helfen.“
“Draußen. Als du bei mir draußen warst.“
“Ach das“, erwidert er betont beiläufig. Ich warte auf eine Erklärung, sogar auf ein Geständnis, aber er sagt nichts und ich bin zu feige darauf zu bestehen. Immerhin müsste ich ihm auch einiges erklären. Und das möchte ich nicht.
Wir erreichen das Haus, in dem er wohnt, schleichen den Gang hoch, in die Wohnung, weiter bis zu seinem Zimmer. Außer ihm wohnt nur seine Mutter hier und die schläft schon. Sie trinkt recht gerne und ist daher auch ziemlich lärmresistent. Wenn sie bisher wirklich mal durch uns wach geworden ist, hat sie uns lediglich etwas zu trinken angeboten.
Das letzte Mal, als ich bei Felix schlief, war ich noch nicht in ihn verknallt. Seitdem habe ich es vermieden, immer neue Ausflüchte gefunden. Aber diesmal hat er darauf bestanden und ich hatte kein Gegenargument mehr.
Felix dreht Musik an und lässt sich in sein Bett plumpsen. Das Licht der Nachttischlampe bemalt eine Seite von ihm mit sanftem, gelben Licht. Sein Shirt rafft sich, hat sich verschoben, als er sich ins Bett setzte. Er hält das Buch in der Hand, auf das er sich beinahe gesetzt hätte und betrachtet den Einband. Die Szene wirkt so malerisch, dass mir das Herz übergeht. Ich halte die Luft an. Ich warte, bis sich mein Körper gegen das Ersticken wehrt und sich meine Brust zusammenzieht. Erst dann erlaube ich mir, wieder zu atmen. Er schaut zu mir her.
„Nicht bewegen“, sage ich und mache mit der Hand eine Geste, um den Befehl zu unterstreichen. Ich schaue mich in dem Zimmer um. „Wo ist deine Kamera?“, frage ich.
„Hängt noch am Computer“, erklärt er gelassen, als nähme er wie ein Vater meine Faxen gelassen hin. Ich hole sie, eine Spiegelreflex, stimme Blende, Belichtungszeit, ISO aufeinander ab und knipse los. Überprüfe das Bild auf dem Display, verändere die Einstellungen, ich will die Lichtstimmung perfekt einfangen. Ich schieße ein weiteres Foto. Perfekt.
„Schau auf das Buch …“, befehle ich, „… so wie vorhin.“ Als wäre er daran gewöhnt, sich von mir herumkommandieren zu lassen, folgt er mir, betrachtet das Cover.
„Soll ich intellektueller drein schauen?“, fragt er. Das ist typisch Felix. Ich muss grinsen, lasse den Finger am Auslöser, klicke immer wieder drauf, auch, als er Faxen macht, sich in Posen wirft, die er für malerisch hält. Erklärt dazu, dass er nun der depressive Poet sei, der erfolglose Schriftsteller, der manische Wissenschaftler, der gebrochene Musiker … Ich knipse, obwohl ich weiß, dass das richtige Bild bereits gemacht wurde. Irgendwann beende ich das Fotografieren und klicke mich durch die Vorschau auf dem Display, immer weiter zurück, bis zu diesem einen Bild, weswegen ich den Fotoapparat geholt habe. Ein Grinsen zwingt sich in mein Gesicht.
„Zeig her!“, ruft er, wirft das Buch in einem hohen Bogen in einen der vielen Dreckwäschehaufen, die wie Ameisenhügel über den Boden verstreut sind. Ich will ihm die Kamera reichen, aber er klopft neben sich auf die Matratze, will, dass ich mich zu ihm setze. Das ist kein abartiger Wunsch. Ich habe schon öfter bei ihm gesessen, wir haben im selben Bett geschlafen. Aber jetzt ist es etwas völlig anderes. Und das weiß er. Das muss er wissen. Er weiß es sicher. Ich bekomme schlagartig weiche Knie, als ich mich zu ihm setze. Kämpfe gegen meinen Wunsch, an ihn heranzurücken.
„Bin ich auf einmal giftig?“, fragt er gespielt beleidigt, auf die Kluft zwischen uns blickend. Ich schlucke. Mein Herz rast. Ich rutsche näher.
„Schon besser“, sagt er und legt einen Arm um meine Schultern, drückt mich dabei an sich, bis ich an ihn gelehnt dasitze. So sind wir noch nie zusammengesessen. Mein Hals wird staubtrocken und ich kämpfe darum, mit der Kamera nicht zu sehr zu zittern. Ich halte sie vor uns, klicke durch die Bilder mit seinen albernen Posen. Er hält den Kopf dicht an meinem, um mit ansehen zu können. Ich bräuchte mich nur noch etwas zu ihm zu lehnen und könnte mein Gesicht an seines schmiegen. Ich tu es nicht.
Er legt seine Hände über meine, um die Kamera näher an sich heranzuführen, als wäre er kurzsichtig. Ist er aber nicht.
Ich kann meine Augen vor Aufregung kaum offen halten, sie flattern, ich atme heftig. Seine warmen, großen Hände liegen auf meinen, ich bin ihm so nah, dass ich spüre, wie sich sein Brustkorb hebt und senkt. Er hat das Weiterklicken übernommen, indem er auf meinen Daumen drückt.
Als dieses eine Foto erscheint flüstere ich: „Das ist es.“
Er blickt lang drauf. So lange, bis das Display in den Stand-by-Modus geht. Er sagt nichts, bewegt sich nicht. Ich schaue aus dem Augenwinkel in sein Gesicht, will wissen, was er denkt. Ob er es auch gut findet. Man mag sich selber auf Fotos ja selten.
Doch er hat die Augen geschlossen. Mein Herz setzt aus, pocht dann umso heftiger. Er schläft doch nicht, oder? Aber er hat doch vor wenigen Sekunden noch meinen Daumen gedrückt, er hält meine Hände mit der Kamera.
Ich bin versucht, ihn zu küssen. Er würde es nicht kommen sehen. Ein schneller Kuss wäre möglich. Den könnte ich rauben, auch wenn er mich dann seines Zimmers verweisen würde, was ich sehr gut verstehen könnte. Ich betrachte seine geschlossenen Augenlider, überlege, ob ich es riskieren kann, oder doch nicht.
Da blickt er mich an.
Moment vertan.
Er lässt meine Hände los. Ich schalte die Kamera aus und möchte mich erheben, um sie zum Computertisch zurückzutragen. Er nimmt sie mir aus der Hand, beugt sich über mich und legt sie auf dem Nachttisch ab. Ich halte die Luft an und schließe die Augen.
Warm und schwer legt sich seine Hand in meinen Schritt. Ich zucke, starre geschockt an mir herunter. Felix' Finger tasten durch die Hose meine Erregung nach. Nachdem er in Erfahrung gebracht hat, wie hart ich bin, grinst er mich an. Auch, weil ich unter seinen Berührungen stöhne. Da kann ich nichts gegen machen. Ich bin so erregt, dass ich mich nicht beherrschen kann.
“Was machst du da?“ stoße ich heraus, meine Muskeln ziehen sich zusammen, meine Beine rutschen verzweifelt über die Matratze.
Felix beobachtet begeistert mein Gesicht und seine Hand bearbeitet mich durch die Hose hindurch. Ich könnte ihn wegstoßen, aber ich tu es nicht. Als hätte ich keine Arme, um mich zu wehren. Ich brauche sie, um meine Hände ins Laken zu krallen.
Viel muss Felix nicht machen und ich komme. Dabei hält er mich in seinen Armen, beobachtet mich wie ein interessantes Naturphänomen.
Als ich wieder einigermaßen denken kann kommt die Scham. Ich habe mich gehenlassen.
Mich ihm ausgeliefert. Mich bloßgestellt.
Dass er mich noch immer hält, verstehe ich nicht. Ich wende mein Gesicht ab. Jetzt weiß er über mich Bescheid. Wie peinlich. Ich winde mich aus seinen Armen und drehe mich von ihm weg, rolle mich zusammen wie ein Embryo.
“Bist du schwul?“, fragt er nach ein paar endlosen Sekunden des Schweigens.
Was für eine Frage, denke ich. War das eben nicht Beweis genug?
“Oder ist das nur so etwas Hormonelles. Überdruck oder so?“
Gute Idee, ich könnte mich damit `rausreden. Er weiß, dass ich noch nie Sex hatte. Die Sehnsucht danach haben wir schon mal thematisiert. Ziemlich am Anfang, im Praktikum noch. Ihm geht es dabei genauso. Ich könnte erklären, dass ich nur notgeil war, ein schnüffelnder Hund hätte mich zum Orgasmus bringen können.
Aber dann flüstere ich: „Du bist das.“
Genau das hab ich nicht sagen wollen. Ich schlage mir die Hände ins Gesicht. Sehr erwachsen.
“Wie meinst du das? Du meinst mich? Ich löse das aus?“
Stellt er sich nur so begriffsstutzig? Ich habe ihn bisher für clever gehalten, für jemanden mit einer raschen Auffassungsgabe. Oder ist das nur ein Spiel? Quält er mich?
“Ja“, antworte ich, weil es jetzt egal ist.
Es ist raus. Es ist verpatzt.
Ich habe mir manchmal die Fantasie erlaubt, er würde meine Gefühle erwidern. Da war das alles aber ganz anders abgelaufen. Ihr wisst schon – feurige Geständnisse, heiße Küsse und ein Sonnenuntergang.
Ein bisschen an der Hose kraulen, abspritzen, dann wie ein Embryo daliegen und stammeln, dass Felix schuld am feuchten Fleck ist, war nie Teil meiner Fantasie gewesen.
“Cool“, sagt er.
Das auch nicht. Er soll das nicht cool finden! Auch wenn ich froh bin, dass er es nicht Scheiße findet.
Ich habe mir nicht vorgestellt, dass ich ihm meine Liebe gestehe, und er sagt: „Cool, Mann.“
Andererseits – das hier ist Felix. Wie sonst soll er reagieren?
Ich verhalte mich auch nicht gerade wie ein verwegener Erzengel.
Und – wirklich gestanden habe ich auch noch nichts …
„Du bist der erste Mensch, der wegen mir gekommen ist“, sagt Felix. Er macht mich wahnsinnig. Ich setze mich auf und schaue ihn an. Sein verwuscheltes Haar und der Bart schimmern rötlich im warmen Licht, das Shirt gibt ein bisschen Haut und Härchen auf seinem Bauch frei. Seine wasserblauen Augen glänzen mich an und in seinem Schritt wölbt sich ein Zelt. Irritiert bleibt mein Blick daran hängen. Ich schaue ihm ins Gesicht und dann wieder in seinen Schritt.
„Hoppla“, grinst er, als habe er das bisher noch gar nicht bemerkt. Ich weiß nicht, ob ich ihn dafür hassen oder lieben soll, küssen oder schlagen.
„Ist das …“, beginne ich, lege meine Hand auf die Beule und bin überrascht, wie hart er ist; er stöhnt auf, „… weil ich der einzige Mensch bin, der auf dich kann?“ Ich bewege meine Hand ein wenig. Er wird noch härter, wirft den Kopf zurück, lässt einen kehligen Schrei los. „Oder weil du ein Homo bist?“ Und noch ehe ich das ausgesprochen habe, schnappt er nach meiner Hand und hält sie fest, um sich dagegen zu drücken.
Er kommt und ich liebe es, wie hilflos, wie verzweifelt er dabei aussieht. Er ist schön und ich kann nicht glauben, dass ihn bisher niemand sexy gefunden hat. Sicher, er ist nicht der Archetyp, der als Verkaufsargument zu einem Deo geparkt werden kann, in dieses Schema passe ich viel mehr. Aber er ist der sensible, verrückte Chaot. Ich bin vernarrt in seine sanften Augen, die zugleich so frech blitzen, und seine feine, helle Haut, die mit zarten Sommersprossen angezuckert ist. Ich stehe auf seinen männlichen Körperbau, wenngleich er nicht der sehnige Typ ist, sondern fester, er wird mit dem Alter mal so ein richtiger Bär werden. Ich hoffe, ich darf dann noch bei ihm sein.
„Na? Schau ich auch so belämmert drein wie du, wenn ich komme?“, fragt er, scheinbar ungerührt. Mit Felix kann ich mir Sonnenuntergangsfantasien sparen. Nicht, dass mich das überrascht. Im Gegenteil. Und das ist perfekt.
„Nein“, antworte ich, „noch viel belämmerter.“
Und dann beginnt er zu lachen. Es ist ein herzliches Lachen. Ich weiß nicht, worüber, irgendetwas ist ihm wohl gerade durch den Kopf gegangen. Ich bin mir sicher, ihn noch nie so lachen gehört zu haben. So ehrlich, so gelöst aus dem Inneren heraus. Er versucht normalerweise viel zu sehr, auf Entertainer zu machen. Nein, dieses Lachen ist nur für ihn und ich bin Zeuge. Ich will es nicht unterbrechen, nicht fragen, warum er lacht, sondern genieße es wie einen seltenen, teuren Wein. Ich habe noch nie seltenen, teuren Wein getrunken, und ich weiß nicht, ob ich ihn genießen könnte, aber Felix' Lachen, das kann ich genießen.
Er beruhigt sich, setzt sich auf und mustert mich, das Lachen steckt noch in seinen Augen. Aber nicht nur das. Mein Magen flattert.
„Das Foto …“, sagt er, „… ist gut, da gefalle ich mir sogar selber drauf.“ Dann wird er rot und fügt leise hinzu: „Ich mag, wie du mich siehst.“
Mir wird schwindlig. Ich will ihm sagen, dass ich in ihn verliebt bin, dass ich seit Wochen wegen ihm leide.
Dass ich mit ihm zusammen sein will, so richtig, wie ein Paar.
Dass ich seinetwegen kaum schlafe, und wenn doch, dass ich von ihm träume.
Dass ich kaum essen kann weil mich die Frage, wie ein Kuss von ihm schmecken würde, fast um den Verstand bringt.
Stattdessen grinse ich nur und sage: „Homo.“
Mit dieser Antwort hat er nicht gerechnet. Kurz flackert Empörung in seinem Gesicht auf, doch dann schnappt er sein Kissen, knallt es mir so heftig ins Gesicht, dass ich nach hinten wegkippe, und sagt: „Selber Homo.“
Ich komme gar nicht dazu ihm das Kissen zurückzuschießen, denn im nächsten Moment ist er über mir. Er zieht mir das Kissen mühelos aus der Hand, wirft es hinter sich und macht damit klar, dass er kräftiger ist als ich. Das wusste ich schon, aber diese Demonstration macht mich heiß.
Er stützt sich auf meinen Handgelenken neben meinem Kopf ab und schaut mich herausfordernd an. Ich schlucke. Jetzt küsst er mich gleich, denke ich. Mein erster Kuss überhaupt. Sein Blick wird weich. Wir sehen uns in die Augen. Es kommt dieser Moment, in dem ich sonst immer wegsehen muss. Mir ist es unangenehm, Menschen länger in die Augen zu sehen. Es verunsichert mich. Aber ich sehe nicht weg, ich überwinde den Impuls.
Felix scheint auch so eine Schwelle zu haben, ich sehe, wie seine Augen leicht zucken. Auch er überwindet sie. Ich bekomme Herzrasen, mir läuft ein Schauer nach dem anderen den Rücken hinunter, zwischen den Beinen nach vorne und von da wieder hinauf bis unter die Kopfhaut.
Und dann senkt er langsam, ganz langsam den Kopf. Ich öffne erwartungsvoll meinen Mund, erwarte ihn mit pochenden Lippen. Erst, als er seine Augen schließt, schließe ich meine, sein Atem streicht über mein Gesicht, seine Nase streift meine ganz leicht und endlich, endlich drücken sich seine weichen Lippen auf meine.
Die erste so zärtliche Berührung unserer Körper ist fast schmerzhaft, die Muskeln in meinem Gesicht ziehen sich zusammen und mir ist, als wollte ich sofort losheulen. Ich bin so übervoll von Gefühl, so überwältigt, dass ich nicht reagieren kann. Wir haben keine Übung im Küssen, wissen nicht, wie wir atmen sollen. Zumal unsere Aufregung nach Luft giert.
Wir sind so unbeholfen und nervös, dass es ein völlig verrutschter Kuss wird und wir ihn rasch beenden müssen, weil wir das Gefühl haben, zu ersticken. So wie im Film läuft die Sache also nicht ab, oder nur mit viel Übung. An mir soll es nicht liegen. Wir lächeln uns an, amüsiert über unser ungelenkes Vorgehen und versuchen es noch einmal. Diesmal wird es besser, viel besser. Wir lernen, wie wir unsere Lippen über die des anderen gleiten lassen und trotzdem atmen können. Beginnen mit vielen kleinen, zarten Küssen, verleihen diesen immer mehr Nachdruck. Ich schnappe nach Felix' Unterlippe, beginne daran zu saugen. Er nimmt meine Oberlippe, macht dasselbe. Wir wechseln uns ab, probieren aus, was sich gut anfühlt.
Felix stöhnt, legt sich auf mich und drückt seine Erregung hart gegen mein Becken. Er ist heiß, sein Brustkorb wölbt sich rasch unter seinem heftigen Atmen. Er lässt meine Handgelenke los, legt seine Hände dafür um meinen Kopf, vergräbt seine Finger in meinem Haar. Ich tu, was ich schon so lange machen will und kraule seinen Bart. Streichle über seine Wangen, die Schläfen, sein Haar und lasse die Zunge in seinen Mundwinkel gleiten. Felix erwidert diese Zärtlichkeit, tastet mit seiner Zunge nach meinen Lippen. Ich fange sie mit meiner Zunge ab. Er ist darüber so erstaunt, dass er zurückzuckt und mich ungläubig anschaut.
Ich lächle unschuldig, hebe das Kinn, ziehe ihn zu mir herunter und warte nun nicht mehr, bis er mir mit seiner Zunge entgegenkommt, sondern dringe einfach zwischen seine Lippen hindurch in seinen Mund. Er brummt und drückt sein Becken heftiger gegen mich, erwidert den Kuss.
Felix küsst wohl so gerne wie ich, denn wir hören einfach nicht mehr auf damit. Wir verlagern unsere Körperhaltung, eine ganze Weile liegen und sitzen wir eng umschlungen, erforschen unsere Lippen, unsere Zungen, genießen den Geschmack, das Prickeln und den Rausch. Immer wieder werden wir dabei so erregt, dass wir fast kommen. So direkt wir uns vorhin gegenseitig in den Schritt gefasst haben, so strikt verbieten wir es uns jetzt. Weder erlauben wir es, uns selbst anzufassen, noch den anderen. Hin und wieder entsteht ein zärtliches Gerangel darum, wenn einer es kaum mehr aushält.
Schließlich aber tun wir doch, was so lange fällig ist. Felix zieht mir das Shirt aus, betrachtet mich mit bewunderndem Blick. Ich streife ihm seines ab und merke, dass dieser sonst so selbstsichere Mann verlegen wird. Er hat nicht den geringsten Grund dazu, er ist perfekt in meinen Augen. Ich nehme seine Hände und lege sie auf meine nackte Haut.
Er zögert, doch dann streichelt er mich, so zart, als könnte er mich zerbrechen. Ich fasse ihn wesentlich fester an, drücke meine Finger in sein Fleisch, knete und packe zu. Ermutigt fasst er mich auch härter an, aber er bleibt dabei behutsam, beginnt meine Schultern zu küssen, meinen Hals, drückt mich sanft gegen den Wulst aus Decken und Kissen, um seine Lippen an mir hinab gleiten zu lassen. Sein Bart erzeugt Gänsehaut, er leckt über meine Nippel, saugt an ihnen, lässt seine Nasenspitze drum kreisen, haucht sie an, reizt sie und erquickt sich an meinem Stöhnen.
Rasch wandern seine Lippen weiter an mir herunter, den Händen hinterher, seine Finger gleiten unter den Bund meiner Hose, heben ihn an; er haucht hinein. Ich helfe ihm, die Jeans zu öffnen, hebe den Hintern, damit er sie mir abstreifen kann, ziehe gleich auch die Shorts aus, mein pralles Verlangen springt ihm entgegen.
Ich bin völlig nackt vor ihm, möchte auch ihn entkleiden, doch er packt meine Schenkel, versenkt seinen Kopf zwischen ihnen und nimmt mich unvorbereitet in den Mund. Ich schreie lauter auf, als ich wollte, und er legt mir sofort eine starke Hand fest auf den Mund und macht mit der Zunge, was er offenbar in meinem Mund gelernt hat.
Ich blicke an mir herab, ergötze mich an dem Anblick, wie ich immer wieder in ihm versinke, spüre das vertraute Ziehen und Zucken. Felix scheint zu schmecken, wie weit ich bin, saugt an mir und verleiht mir den letzten Kick, hält mir dabei energisch den Mund zu. Ich bäume mich auf, kralle mich ins Laken, meine Beine zittern, ich zucke und ergieße mich in Felix’ Mund, der unablässig an mir saugt.
Er grinst, als er von mir ablässt, wischt sich über den Bart, klettert über mich und lässt mich von seiner Zunge kosten, wie ich schmecke. Atemlos versinke ich in diesem Kuss und schlinge meine Arme um ihn. Dann merke ich, wie seine Hose, mit einer mächtigen Latte darin, gegen mein nacktes Becken drückt.
Ich nestle an seinem Gürtel und er stützt sich ab, damit ich besser drankomme. Er lässt sich von mir ausziehen, genießt, wie ich ihn langsam entblöße, die Kleidung von seinen behaarten Beinen streife. Er blickt erregt und verschämt, als sein Schwanz mir entgegenschlägt. Ich betrachte ihn ausgiebig, finde ihn schön, geil. Er liegt vor mir, auf die Ellenbogen gestützt, die Beine gespreizt, beobachtet, wie ich meine Hände über seinen Körper gleiten lasse.
Ich knete seine Schenkel, den Hintern und sauge an seinen Nippeln. Immer wieder schnappe ich mit geöffnetem Mund gierig nach Brust, Bauch, Hüfte, züngle in die Falte seiner Leiste, beiße sanft in die Innenseiten seiner Oberschenkel. Er lässt mich nicht aus den Augen, nicht einen Moment, stöhnt, prustet, zittert, aber er blickt nicht weg.
Ich sehe ihn an, als ich meine Zunge an seine Spitze tippe. Er ächzt und verzieht das Gesicht, als hätte er Schmerzen. Ich kralle meine Hände in seinen Hintern, umschließe seinen Schwanz fest mit meinen Lippen und gleite an ihm entlang, nehme ihn so tief auf, wie ich kann, um den Rest bis zur Wurzel schlinge ich eine Hand.
Das Gefühl seiner sensiblen Haut auf meiner Zunge und der Geschmack seiner Erregung spornen mich an. Ich lecke heftiger an ihm, sauge, gerate richtig in Fahrt und kriege mit, dass er etwas sagt. Ich unterbreche mich, sehe ihn an. Er ist schwer erregt, die Beine hat er angezogen und über seine Lippen dringen Worte, die ich nicht verstehe. Auch, weil er sie leise sagt, verlegen, als schäme er sich dafür, spräche absichtlich undeutlich, damit man ihm nichts nachsagen kann.
“Sag es mir noch mal“, bitte ich. Ich will ihm doch jeden Wunsch erfüllen, egal welchen, will alles richtig machen. Ich giere darauf zu erfahren, wie ich ihm das geben kann, was er braucht, was er möchte. Und so genau er bisher alles beobachtet hat, mir in die Augen gesehen hat, nun schließt er sie, als er es sagt. Schwer klettern die Worte aus seinem Mund.
“Ich will, dass du einen Finger in mich einführst.“
So gestelzt sagt er es und öffnet dann ängstlich die Augen, als befürchte er, von mir dafür verachtet zu werden. Doch da kennt er mich schlecht. Ich beuge mich über ihn, küsse ihn, dankbar dafür, mir einen Hinweis gegeben zu haben und lasse den Blick über seine Erregung, weiter über seine Hoden gleiten, bis dahin, wo er mich haben will.
Ich nehme einen Finger in den Mund, befeuchte ihn und schiebe ihn zu seinem Eingang.
Felix beobachtet genau, was ich tu, hält den Atem an, als er meinen Finger spürt. Ich ertaste den Muskel, der zuckt, als ich ihn berühre. Ich sehe Felix in die Augen, er erwidert den Blick und ich überwinde den Widerstand, gleite in ihn, beobachte sein Gesicht. Den Mund zu einem heiseren Schrei weit geöffnet, zieht sich seine Stirn in tiefe Falten. Sein Blick gleitet weg von meinem, hin zu meiner Hand und der Stelle, an der ich in ihm versinke.
Ich weiß, was er sehen will, ziehe mich fast ganz heraus, versenke mich wieder so weit wie möglich. Neugierig taste ich dabei in seinem Inneren herum und treffe offenbar den richtigen Punkt. Er fleht gut ein Dutzend Mal ein „Ja“ und im nächsten Moment spritzt seine heiße Lust knapp an meinem Gesicht vorbei, ohne dass ich seinen Schwanz berührt habe. Ich bin fasziniert.
Ich lege ich mich auf ihn, schmiege das Gesicht an seinen Hals, spüre den Bart an meiner Schläfe, umschlinge ihn mit Armen und Beinen.
„Endlich“, seufzt er bald und ich hebe den Kopf, um ihn fragend anzusehen. „Ich hätte es nicht mehr lange ausgehalten“, sagt er und ich frage mich, ob ich verstehe, was er meint. Ich erwidere nichts, schichte meine Fäuste auf seiner Brust übereinander, lege das Kinn darauf ab und betrachte ihn, wie er an der Decke nach weiteren Erklärungen sucht. Schließlich blickt er zu mir herab und mit einem Lachen in den Augen spricht er weiter.
„Die letzten Monate waren die reinste Hölle.“
„Monate?“
„Ich hab schon bei unserem Praktikum versucht, dich herumzukriegen, aber du hast das als Scherz aufgefasst. Ich war zu feige zuzugeben, dass ich es ernst meinte, und hab mitgespielt.“
Mir wird ganz anders. In meinem Bauch breitet sich heiße Flüssigkeit aus. Er steht seit dem Praktikum auf mich? So lange schon? Und ich habe gar nichts mitgekriegt? Felix fährt mir durchs Haar, malt mit seinem Daumen meine Lippen nach. Ich denke an einige der Mutproben, vor allem jene, in unmöglichen Situationen zu wichsen. Und ich erinnere mich an seinen Blick dabei.
„Du Luder! Du wolltest nur meinen Schwanz sehen!“, schelte ich ihn, „Und ich dachte, es ginge um den Sportsgeist und die Ehre!“
„Ehre?“, kichert er, „Du dachtest ernsthaft, du wichst um deine Ehre?“
„Und wenn schon!“, lache ich.
„Du bist unglaublich“, sagt er, zieht mich sanft zu sich hoch, küsst mich und schlingt seine Arme fest um mich.
„Und du bist unmöglich!“, grinse ich und beiße ihm spielerisch in die Nase.
„Du bist unwiderstehlich“, knurrt er, packt meinen Hintern, knetet ihn und macht ein paar rhythmische Bewegungen mit seinem Becken. Nur sind diesmal keine Jeans dazwischen und keine grölenden Freunde um uns herum. Vor allem über Letzteres bin ich froh, denn ich kann nicht verbergen, was seine Bewegungen anstellen.
„Und du unerträglich!“, stöhne ich auf, fange seinen Mund ein, erobere seine Zunge und sauge so lange an ihr, bis auch seine Erregung hart an meiner pocht.
„Pass auf!“, warnt er, „Ich werde dir all die Monate heimzahlen, in denen du mich angemacht und dann weggestoßen hast. Da hat sich ganz schön was aufgestaut.“
„Ich hab dich nicht angemacht“, verteidige ich mich, „Du warst es doch, der dauernd diese Nummer abgezogen hat, nur um mich heimlich zu befummeln.“
„Du hast dich nicht gerade dagegen gewehrt.“
„Es war doch nur Herumalbern.“
„Wie viele Männer kennst du, die beim Herumalbern das Ohr des anderen lutschen? Und da kannst du dich nicht herausreden, das hast du bei mir genauso gemacht!“
„Das ist noch kein Beweis!“, führe ich energisch an.
„Das nicht, mein naiver Freund …“, sagt Felix, wirft mich auf den Rücken, greift beherzt zwischen meine Beine, packt mich, „… aber DAS ist ein Beweis.“
Ich stöhne auf, versuche aber sofort so zu tun, als ließe mich das kalt. Felix lässt seine Hand im langsamen Rhythmus an meiner Erregung auf und ab gleiten und mein Körper verrät mich.
„Einspruch, Euer Ehren!“, ächze ich und winde mich unter seinen entschlossenen Bewegungen.
„Ach, ja, die Ehre“, grinst er und legt einen Zahn zu.
Er nimmt mein Ohr in den Mund, so wie er es immer wieder bei der Begrüßung gemacht hat und ich frage mich, ob ich wirklich so naiv gewesen war, DAS für kumpelhaftes Herumalbern zu halten.
„Soll ich dir ein Geheimnis zeigen?“, haucht er mir verheißungsvoll ins nasse Ohr und stoppt zu meiner Empörung seine Hand.
Was auch immer er damit meint, ich bin so geil, dass ich zu allem nicke und ja sage, Hauptsache, er macht weiter.
Was dann kommt, überrumpelt mich, erschreckt mich, entsetzt mich, überrascht mich und überwältigt mich schließlich. Sein Finger gleitet so rasch und unerwartet in mich, dass ich mich nicht einmal rechtzeitig verspannen kann, ihn voll aufnehme.
Ich schleudere ihm ein hysterisches „Spinnst du total?“ entgegen, da berührt er schon eine so empfindliche Stelle in mir, dass ich Sterne sehe. Ich begreife gar nicht, was er macht, bin nur noch zuckendes Fleisch.
Er grinst mich überlegen, ja, wissend an, wartet, bis ich wieder fähig bin ganze Sätze zu denken.
„Davon hab ich geträumt.“ gluckst er.
Ich weiß noch nicht, ob ich ihm diesen Überfall verzeihen soll, auch wenn er zugegebenermaßen geil war und nach Wiederholung schreit.
„Davon, mir den Finger in den Arsch zu stecken?“, frage ich entrüstet und sehe an mir herab. Ich spüre ihn noch, aber er hat seine Hand längst auf meinem Bauch liegen.
Er lacht.
„Dich in die Erkenntnisse meiner sexuellen Entdeckungsreise einzuweihen.“
„Ich dachte, du hattest noch nie Sex. Das hast du doch gesagt.“
„Das stimmt nicht ganz.“ Er zwinkert., „Sex hatte ich genug. Nur nicht mit anderen.“
„Du meinst, du …?“, stutze ich, er nickt grinsend.
Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll. Ich habe zwar von diesem Punkt gehört, wäre aber im Traum nicht auf die Idee gekommen, selber danach zu suchen. Bei mir selbst.
„Ich bin eben neugierig …“, erklärt er, „… und experimentierfreudig.“
„Okay“, sage ich und ziehe dabei die Vokale in die Länge.
„Apropos Neugier. Seit wann bist du so total verrückt nach mir?“, säuselt er und sein Bart kitzelt meinen Hals.
„Eingebildeter Homo. Ich bin nicht verrückt nach dir“, sage ich gespielt herablassend.
„Na gut. Seit wann erigiert dich meine schnöde Existenz?“
„Du erinnerst dich an …“, beginne ich.
„Sag es nicht!“, stoppt er mich und legt dazu rasch eine Hand auf meinen Mund. „Ich errate es!“
Dann funkelt er mich mit seinen wasserblauen Augen belustigt an, mustert mich, als stünde es mir ins Gesicht geschrieben und er bräuchte es nur abzulesen.
Er reißt die Augen auf, als wäre er ein wahnsinniger Wahrsager, und formuliert mit geheimnisvollem Zischen: „Pogo!“ Dann verändert er die Stimme und sagt in ärztlich-fürsorglichem Tonfall seriös: „Zwinkere einmal mit den Augen, wenn ich richtig liege. Zweimal, wenn ich falsch liege.“
Ich zwinkere einmal.
Er verfällt wieder in seine Rolle des Wahrsagers und sagt verschwörerisch: „Auf meiner Geburtstagsparty.“
Ich bin ehrlich überrascht und zwinkere einmal.
„Als uns der Vollkoffer gestoßen hat und wir gestürzt sind.“
Ich zwinkere, er gibt meinen Mund wieder frei.
„Woher weißt du das?“, frage ich.
„Erstens: Du hast ausgesehen, als würdest du mich gleich vor allen küssen. Zweitens: Du hattest einen Steifen. Drittens: Als ich unsere übliche Show abgezogen habe, bist du ausfällig geworden. Viertens: Danach hast du eine halbe Stunde kurzärmlig bei null Grad draußen herumgestanden. Fünftens: …“
„Stopp“, bitte ich, „Wenn du es damals schon wusstest, warum hast du nicht eher was gesagt?“
„Ich wusste es nicht. Aber ich habe es gehofft. Ich hatte Angst, falsch zu liegen, denke ich. Hätte ja auch wegen irgendjemand oder irgendetwas anderem sein können.“
„Und warum warst du dir heute so sicher?“
„War ich nicht“, erklärt er. „Ich will seit letzter Woche damit herausrücken, hätte ein besonderes Geburtstagsgeschenk werden sollen, aber ich war zu feige. Als ich dich dann heute direkt auf mich angesprochen habe, hast du so süß ertappt dreingeschaut, dass ich dich am liebsten auf der Stelle vernascht hätte, obwohl ich auch kurz Angst hatte, du scheuerst mir jetzt eine. Ich hab es dir beim Tanzen sagen wollen, aber – tja, zu feige – und vor allen anderen? Ich wollte dich nicht kompromittieren. Als du rausgegangen bist, dachte ich, das ist meine Chance, aber …“
„Zu feige“, vervollständige ich den Satz, er nickt verlegen.
„Allerdings war ich mir danach sehr sicher. Zu mindestens fünfzig Prozent.“
„Fünfzig Prozent? Nur?“
„Mehr als du, oder etwa nicht?“
Er hat recht.
„Und jetzt?“, frage ich.
„Vierundfünfzig Prozent“, grinst er.
Ich rolle mich auf ihn, drücke ihn in die Matratze, fixiere seine Arme über seinem Kopf, lecke über seine Lippen und sage: „Dann muss ich dich wohl noch einmal überzeugen.“
Und das tue ich seitdem. Jeden Tag.
Texte: Kooky Rooster
Bildmaterialien: Kooky Rooster
Lektorat: rotezorahamburg/Sissi Kaipurgay - Vielen Dank!
Tag der Veröffentlichung: 06.01.2013
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