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Mitten durch einen Rosengarten zu rennen, ist dumm. Doch wenn man keine Wahl hat, weil man von der Polizei verfolgt wird, hat das ganze doch wieder einen Sinn, auch wenn man sich dabei noch einige Fragen stellen muss. Maddie muss dies nie tun, sie lebt auf der Straße und ihr ist es für gewöhnlich egal, was andere Menschen über sie denken. In ihrer Welt spielen nur ihre Freunde, ihr Alkohol und ihre Partys eine Rolle und sonst nichts. Doch wie schnell sich das ändern kann, wenn alles außer Kontrolle gerät, hat sie grade erst am eigenen Leib erfahren.
Sie lebt in den Tag hinein, sie hat keine Sorgen, obwohl sie, in schrecklich heruntergekommene Klamotten gekleidet, auf einer Bank in einem Park aufwacht und nicht einmal mehr weiß wo sie ist. Sie hat nach der letzten Party einfach dorthin fallen lassen, wohin ihre Beine sie gerade noch hintrugen. Ihr Freund, den sie vor ein paar Stunden noch geküsst hat, ist nirgendwo zu sehen. Neben ihr, auf der Bank, liegt ihre Tasche, vollkommen leer. Sie stöhnt laut. Zwei Flaschen Bier und ein paar Gramm Koks hatte sie doch noch dadrin gehabt. Na super.
Doch sie steht auf, geht weiter. Sie hat Hunger, doch sie hat nicht mehr viel Geld und braucht dringend Drogen. Sie macht sich auf den Weg zu dem Händler ihres Vertrauens, doch der ist nicht da. Sie verliert jedoch nicht die Nerven, denn der Händler hat eine Vertretung geschickt. Sie will von ihrem gesamten Geld Kokain kaufen, doch der will es ihr nicht geben. Er will, dass sie für ihn einen Ring aus dem nahegelegen Juweliergeschäft klauen soll. Maddie wird nervös, sie zittert, sie braucht die Drogen wirklich und wenn sie ihren Freund wiedergefunden hat, muss sie auch dringend wieder ein bisschen Alkohol trinken. Sie willigt ein.
Sie kommt aus dem Juweliergeschäft, lächelt. Sie hält den Entzug keine Sekunde mehr aus, doch sie hat den Ring geklaut, alles ist nochmal gut gegangen, obwohl der Ring über zweitausend Euro wert ist und nicht einfach zu stehlen. Sie geht zu dem Händler, doch der will den Ring nicht mehr, sie steckt ihn in ihre Tasche. Sie reicht ihm nochmal das Geld hin, doch er schüttelt den Kopf. Er deutet auf seine Hose. Zieh sie aus, sagt er, Maddie denkt, sie hört nicht richtig. Er sagt es nochmal. Und dich kannst du auch gleich ausziehen.
Maddies Augen werden glasig. Sie will zu ihrem Freund. Sie braucht Kokain. Sie braucht Alkohol. Sie kann nicht mehr. Ihre Augen schmerzen jetzt. Sie ist fiebrig. Ihre Hände zittern so schlimm, dass sie die Hose nichtmal aufmachen könnte selbst wenn sie es wollte.
Der Händler sieht es, geht mit ihr, nein, zieht sie in einen geschlossenen Raum, zieht sie aus. Und vergeht sich an ihr. Für drei Stunden, vielleicht länger. Maddie weiß irgendwann nicht mehr weiter. Zwischendurch fällt sie ihn Ohnmacht,weil sie den verdammten Entzug einfach nicht mehr ertragen kann. Ihr geht es furchtbar. Ein paar Mal übergibt sie sich. Als er fertig ist, lacht er und sagt, ich hab überhaupt keine Drogen mit, du Schlampe.
Maddie schlägt den Kopf in ihre Hände. Sie weiß, dass er lügt und er weiß es auch. Aber er lacht. Er hat seinen Spaß. Maddie wird wahnsinnig. Langsam, aber sicher beginnt sie zu halluzinieren. Aber sie ist sich sicher, dass weiter hinten im Raum ein Messer liegt. Es muss ihm gehören. Jetzt oder nie denkt sie, als er sich gerade bückt.
Eine Sekunde dauert es nur, dann hat das Messer das Fleisch des Mannes komplett durchbohrt. Maddie steht daneben und starrt auf den zusammengesackten Mann hinab.
Ganz ruhig, sagt sie sich, er hat es verdient, und dann stürzt sie sich auf ihn, durchsucht seine Taschen, jede einzelne. Nichts! Der Mann hat zumindest in dem Punkt die Wahrheit gesagt. Sie findet aber die Schlüssel, schließt die Tür auf und geht hinaus. Vielleicht kann sie ihren Freund jetzt finden, der bestimmt etwas bei sich hat, obwohl sie nur noch ein Wrack ist.
Es geht weiter wie bisher.
Sie lebt in den Tag hinein, sie hat keine Sorgen, obwohl sie, in schrecklich heruntergekommene Klamotten gekleidet, auf einer Bank in einem Park aufwacht und nicht einmal mehr weiß wo sie ist.
Doch etwas ist anders. Sie hat einen Menschen getötet. Sie kann es nicht fassen. Selbst durch ihren Entzugsschleier hindurch wirkt alles so real. Und normalerweise fühlt sie sich auch besser, weil sie genug Drogen hat. Und da schaut sie in ihre Tasche. Das Messer. Sie hat das Messer eingepackt. Schuld daran musste wohl ihre Unfähigkeit zu denken gewesen sein, doch trotzdem ist es dumm. Wie durch den Rosengarten zu laufen, was sie jetzt tut, weil sie gemerkt hat, dass zwei Polizisten frontal auf sie zurennen.
Noch nie hat sie in einem solchen Schlamassel gesteckt, immer hatte sie sich Drogen besorgen können, doch ausgerechnet das eine Mal, an dem es nicht gerade ideal lief, hatte alles aus dem Ruder laufen müssen, alles.
Die Verfolgungsjagd ist vorbei, bevor sie richtig angefangen hat. Noch im Rosengarten bricht Maddie leblos zusammen. Auch im Krankenhaus kann sie nicht mehr gerettet werden. Da sie stark von Kokain und Alkohol abhängig war, waren sechsunddreißig Stunden Entzug für sie bereits eine Zumutung. Mit dem ganzen Stress, den ihr Körper noch aufgrund des Mordes und der Vergewaltigung aufgebaut hatte, war ihr Zustand bereits verherrend gewesen.
Sie wird im Alter von siebzehn Jahren ohne Zeugen beigesetzt. Ihre Familie lebt nicht mehr, ihr Freund ist im Vollrausch, als er es erfährt und hat außerdem schon eine neue Freundin, nachdem Maddie nach der letzten Party nicht mehr aufgetaucht ist. Ihre ganzen anderen Freunde, die sie gemeint hatte zu haben, waren entweder ebenfalls in Rausch oder sie kümmerte es nicht, solange sie noch das bekamen, was sie zum Leben brauchten, nämlich tonnenweise Alkohol und jede Menge Drogen.
Das sie sich damit selbst zugrunde richten, haben sie selbst nach dem Tod von Maddie noch nicht gemerkt.

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Tag der Veröffentlichung: 05.05.2011

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