I remember tears streaming down your face
When I said, I'll never let you go
When all those shadows almost killed your light
I remember you said, Don't leave me here alone
But all that's dead and gone and passed tonight
Just close your eyes
The sun is going down
You'll be alright
No one can hurt you now
Come morning light
You and I'll be safe and sound
Don't you dare look out your window darling
Everything's on fire
The war outside our door keeps raging on
Hold onto this lullaby
Even when the music's gone
Just close your eyes
The sun is going down
You'll be alright
No one can hurt you now
Come morning light
You and I'll be safe and sound
Just close your eyes
You'll be alright
Come morning light,
You and I'll be safe and sound...
{Safe & Sound - by Taylor Swift ft. The Civil Wars}
Es war ein Montagmorgen, wie jeder andere. Der nervige Alarm meines Funkweckers riss mich, wie jeden Morgen, aus meinem Traum und ließ mich hochschrecken. Langsam richtete ich mich auf. Einzelne Sonnenstrahlen drangen durch die Jalousien und erhellten den Raum. Mühsam hievte ich mich aus dem Bett und schlenderte zur Kommode auf der gegenüberliegenden Seite. Während ich die oberste Schublade aufmachte und mir etwas heraussuchte, öffnete sich die Tür einen Spalt breit und Mum spähte hinein.
„Du bist schon wach?“
Ich nickte und schaute zu ihr auf. „Ich habe heute Frühstunde.“
„Achso...“, sie nickte, wie zur eigenen Bestätigung. Besorgt musterte ich sie. Ihr kastanienbraunes Haar fiel in leichten Wellen auf ihre Schulter und sah nicht mehr so kraftlos, wie gestern aus. Ihre Augen waren von leichten Schatten umrandet, aber ihre grünen Augen glühten förmlich vor Energie. Auch ihr Gesicht wirkte wieder lebendig.
Mum war eine sehr aufrichtige und sympathische Person. Sie arbeitete als Kundenberaterin in einer Bank und musste für eine ihrer Kolleginnen einspringen, da diese wegen familiären Gründen nicht kommen konnte. Das waren ganz schön viele Überstunden. Das Ganze hatte sie am Ende so erschöpft, dass sie eine Woche mit hohem Fieber im Bett lag. Doch es ging ihr schon besser.
Was meinen Dad betrifft...Er ist an meinem vierten Geburtstag abgehauen. Ich weiß bis heute nicht, was der Grund für sein Verschwinden war. Alles was mir damals noch von ihm geblieben war, war ein altes Foto auf dem wir beide vor einem Fischerhaus stehen, aber ich hatte es weggeworfen. Als Mum den Müll wegbrachte, bemerkte sie das Foto. „Wieso schmeißt du deine einzige Erinnerung an deinen Vater weg?“, fragte sie mich. Ich antwortete mit Schweigen.
Allmählich zog ich mich an. Ich warf einen Blick auf den Wecker. 06:12. Ich hatte noch genug Zeit, also ging ich ohne Eile in die Küche, schmierte mir ein Brot für die Schule, welches ich in meine Brotdose und dann in meine Tasche packte und eins für jetzt. Dann schlenderte ich ins Wohnzimmer, schaltete den Fernseher an und fing an zu essen. Im Fernsehen lief nichts besonderes. Nur Nachrichten, eine Wiederholung, Nachrichten, Kleinkindersendungen und noch mehr Nachrichten. Gelangweilt schaltete ich ihn wieder aus und ging ins Badezimmer.
An der Decke des Raumes hing eine ausgefranste alte Lampe. Der Schein der Lampe tauchte den Raum in ein mattes gelb. Der Raum allein war bis auf die Hand- und Badetücher sehr farblos gestaltet. Das Waschbecken, die Badewanne, sowie alle weiteren Gegenstände bestanden aus weißem Porzellan. Außer einem Apothekenschrank aus weißer Esche, hing nichts an den Wänden. Aus diesem holte ich meine Zahnbürste und Zahnpasta heraus, um mir die Zähne zu putzen. Nachdem ich die Sachen weggepackt hatte, verdeckte ich meine leichten Augenringe mit einem Concealer und schminkte mich dezent. Nach einer Weile ging ich aus dem Bad und latschte in den Flur. Langsam zog ich mir meine Jacke an. Ich drehte mich in Richtung des großen Wandspiegels. In seiner goldenen Umrahmung waren kleine Figuren eingraviert, welche mich auf eine merkwürdige Weise einladend anschauten.
Also warf ich einen Blick hinein.
Ein letztes Mal musterte ich mich in ihm. Ich trug verwaschenen Jeans, ein cremefarbiges Top und darüber eine schwarze Lederjacke. Mein schmales, zartes Gesicht wurde von wilden kupferfarbenen Locken umrahmt, welche im Licht goldig schimmerten. Meine Wangen hatten ein natürliches rosa angenommen und... Ich blickte mir in die Augen. Etwas merkwürdiges lag in ihnen. Etwas fremdes... und doch sehr vertrautes. Meine sonst düster verhangenen blauen Augen, strahlten von einem intensiven saphirblau. Lange stand ich nur da und starrte mir wie gebannt in die Augen.
Schließlich konnte ich mich von ihrem Spiegelbild lösen. Mein Blick traf auf die Uhr über der Eingangstür. Shit!
Schnell griff ich nach meiner Tasche, zog mir meine schwarzen Stiefeletten an und eilte hetzend aus der Wohnung.
Es war recht kühl draußen. Auf dem Gras, sowie den kahlen Ästen der Bäume hatte sich Frost niedergelassen. Lauter kleine Kristalle, die im hellen Schein der Sonne glitzerten. Der Himmel war klar. Ein leichter Wind streifte mich und ließ mich erzittern. Die Straßen waren leer. Wie ausgestorben. Ich war ganz allein.
Allein, allein..., hallte es in meinem Kopf wieder. Erst leise und schwach, dann immer lauter und kräftiger. Mit gesenktem Kopf ging ich zur Bushaltestelle und unterdrückte die Leere, die sich in mir ausbreitete. Als der Bus kam, stieg ich lautlos ein und setzte mich ganz hinten auf einen Einzelplatz. Seufzend schaute ich aus dem Fenster und beobachtete den Weg, der sich mir schon seit Jahren ins Gedächtnis gebrannt hatte, während ich die Fragen, die meinen Kopf füllten und alles um mich herum, verdrängte.
Ich stieg aus. Über mir hörte ich die U-Bahn. Ich begab mich zum Zebrastreifen und ging auf die andere Seite. Der Eingang zur Bahnhaltestelle war schmutzig. Der Boden war nass und matschig und die Wände mit Graffiti besprüht. Der mit Keramikfliesen belegte Weg war breit, wurde aber zur Treppe hin schmaler. An einer der Wände hing ein riesiges Werbeplakat auf dem eine Frau mit einem Schokoriegel in der Hand abgelichtet war. Ich ging weiter. Die Treppe hinauf und den Bahnsteig entlang.
Ein neuer Schultag. Montag. Der Beginn einer neuen Woche. Ich fragte mich, wie ich diese Woche überleben sollte. Der Gedanke, die nächsten fünf Tage mit meiner Klasse verbringen zu müssen, verursachte mir Bauchschmerzen. Sie hassten mich. Und, oh, wie ich sie hasste. Er hasste mich bestimmt auch. Mein Blick schweifte in die Ferne und erfasste den Augenblick, als wir uns das erste Mal trafen.
Ich hatte meinen Bus verpasst und meine Bahn hatte Verspätung, deswegen rannte ich auf nichts achtend zur Schule und rannte dabei geradewegs in ihn hinein. Wir fielen zusammen hin. Ich auf ihn.
„Oh, tut mir leid! Ich hab dich...“, ich stockte und verlor mich in seinen Augen. Grün. Sie waren von einem intensiven grün. So grün, wie das Gras im Hochsommer auf einer Weide. Sie erinnerten mich an unseren Familienurlaub in Irland.
„Schon in Ordnung“, seine Stimme brachte mich wieder zurück. Ich wandte meinen Blick von seinen Augen ab. Wie in Trance stand ich auf und half ihm hoch, wobei ich ihn weiterhin musterte. Seine Haare waren von einem goldigen Blond und standen wirr von seinem Kopf ab. Sein Gesicht schien perfekt. Er hatte hohe Wangenknochen, eine klassische gerade Nase und sein Mund... Ein merkwürdiges Kribbeln durchfuhr meinen Körper. ...so sinnlich, beendete ich den Satz. Mein Herz schlug plötzlich schneller. Ich spürte, wie mir die Röte ins Gesicht schoss und wandte mein Gesicht zur Seite. Was...ist das...für ein Gefühl? , ging es mir durch den Kopf. Krampfhaft versuchte ich an etwas anderes zu denken, damit die Röte abwich. Nach einer Weile schaute ich zu ihm rüber. Ein Lächeln umspielte seine Lippen. Ich schluckte. Was sollte ich sagen?
„Ist alles in Ordnung? Hast du dich verletzt?“, fragte er. Sorge lag in seinen Augen. Verwirrt schaute ich ihn an. Er fragte mich, ob ich verletzt war? Benommen stand ich da und schüttelte leicht den Kopf.
„Okay, dann ist ja gut! Ich muss gehen...Man sieht sich – vielleicht“, er winkte mir beim Vorbeigehen leicht zu und lief dann den Weg, den ich gekommen war, zurück.
Am darauffolgenden Tag, stellte sich heraus, dass wir einen neuen Schüler bekommen würden. Natürlich waren alle Mädchen aufgeregt und spekulierten darüber, wie er wohl aussehen würde. Aber das interessierte mich nicht, denn der geheimnisvolle, freundliche Junge vom vorherigen Tag, ging mir einfach nicht aus dem Kopf. Plötzlich kam unser Lehrer Mr Temper herein, gefolgt von...
Ihm.
Alle setzten sich auf ihre Plätze, begrüßten den Lehrer und schauten den fremden Jungen gespannt an. Er stellte sich als Benjamin Gedney vor. Als er sich neben Luke, dem Quarterback unseres Footballteams, setzte, stürmten die Mädchen zu ihm und bombardierten ihn mit Fragen. „Hast du eine Freundin?“ „Bist du Single?“ „Willst du meine Handynummer?“ „Soll ich dich in der Stadt herumführen?“ Es drehte sich alles nur um das eine. Ich hoffte inständig, er würde lügen, wenn die Antwort „Ja“ hieße. Aber er winkte nur ab und ignorierte alle, mich miteinbezogen. Er ignorierte mich, wie es alle anderen auch taten.
Ich blinzelte. Meine Sicht war verschwommen. Ich hatte die Tränen, die leise meine Wangen herunter rannen, nicht bemerkt. Hastig wischte ich sie mit meinem Handrücken weg und schaute mich etwas nervös um, als ich erleichtert feststellte, dass ich immer noch alleine war.
Der Unterricht hatte angefangen. Mathematik. Wie ich dieses Fach hasste. Gelangweilt warf ich einen Blick auf die Uhr, in der Hoffnung der Zeiger würde sich schneller fortbewegen. Ich erwischte mich dabei, wie ich verträumt zu Ben hinüber schaute. Er sah genauso gut au-... Halt! Konzentriere dich auf den Unterricht! Bei ihm hast du sowieso keine Chance, also lass den Blödsinn! , tadelte ich mich und versuchte Mr Tempers' Rede zu folgen. „Nehmen wir mal an ihr steht vor einem Gebäude. Und haltet einen 2 Meter langen Stab vor euch. Ihr schaut über die Kante hinweg auf das Gebäude und...“
In der Pause bildete sich eine riesige Mädchenmasse. Ich schaute zu ihnen rüber und hörte zu, konnte aber nur Fetzen von ihrer Unterhaltung verstehen. „...keine Gelegenheit dazu...für die Englischklausur...Schokolade mit?“
Schokolade?
Wozu?
„Hach,...gestern...romantischen Traum...Valentinstag...lange gewartet...“
Valentinstag.
Den hatte ich vollkommen vergessen.
„Das ist ja süß!“, kreischte eines der Mädchen. Es war Madeline. Mit ihren langen schwarzen Haaren und ihren tiefroten Lippen erinnerte sie einen an Schneewittchen. Sie hielt etwas in durchsichtiger Folie Verpacktes mit ihren langen, schmalen Fingern hoch.
Pralinen?
„Danke. Die habe ich gestern ganz alleine gemacht. Ich habe mir echt viel Mühe gegeben!“, erklärte ein anderes Mädchen und warf dabei ihr kastanienbraunes Haar zurück. Kat.
„Für wen ist es?“ Die Mädchenmasse um Kat herum vergrößerte sich und alle tuschelten aufgeregt durcheinander.
„Erst war ich mir unsicher...“, teilte sie laut mit. „Aber jetzt...steht meine Wahl fest“, Kat warf einen bedeutenden Blick auf Ben, der sich zu den anderen Jungen gesellt hatte und es nicht bemerkte. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen und ihre grau-grünen Augen funkelten Besitzergreifend.
Oh, nein! Das kannst du vergessen!, fuhr es mir durch den Kopf. Aber was hätte ich schon machen können?
Die Mädchen quietschten aufgeregt und befragten Kat näher.
„Wann willst du sie ihm geben?“ „Bist du nicht total nervös?“ „Was ist, wenn...“
„Alles zu seiner Zeit, Mädels! Alles zu seiner Zeit“, sagte sie nur dazu.
Endlich vorbei. Seufzend stand ich auf und packte meine Sachen zusammen.
„Und was machst du heute noch so?“, ich schaute auf und blickte in das Gesicht von Maddie. Sie stemmte die Hände in die Hüften und zwinkerte mir zu. Schwer zu glauben, aber sie war meine einzige Freundin auf der Schule. Auch wenn sie mit Kat befreundet war. Sie war anders, als die.
„Ich muss etwas für meine Mum abholen und dann“, ich stoppte, um mir meine Jacke anzuziehen, „fahre ich nach Hause.“
„Keine romantische Aktion? Sag bloß, du hast keinen Schwarm?“, mit leicht aufgerissenen Augen sah sie mich erwartungsvoll an.
Verlegen schaute ich zur Seite.
„Uh, wer ist es?!“, ihre Augen funkelten.
„Das spielt keine Rolle. Er interessiert sich sowieso nicht für mich.“
„Na gut, dann rate ich eben. Hmm...ist es Brad? Nein? Luke? Ähm...Ben?“ Ich spürte, wie mir die Röte ins Gesicht schoss. „Echt jetzt? B...“, schnell hielt ich ihr den Mund zu.
„Nicht so laut!“, zischte ich.
„Ja, tut mir leid...“, sagte sie, als ich meine Hand zurückzog. „Und? Willst du nichts unternehmen?“ Sie grinste breit.
„Was? Nein! Was sollte ich denn schon machen? Wie gesagt, er ist nicht interessiert.“
„Woher willst du das wissen?“, fragte sie und sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Sie hatte irgendwie recht. Ich...er...Ich seufzte.
„Erstens: Kat will ihn. Zweitens: Er ignoriert mich, heißt soviel wie er hasst mich, deswegen habe ich Drittens: etwas Besseres verdient!“, schlussfolgerte ich. Ja, so war es. Ich hatte etwas Besseres verdient, als ein...ein...Traurig spähte ich über Maddies' Schulter hinweg zu ihm herüber. Er sprach mit den anderen Jungen über irgendetwas spannendes, dass konnte ich seinem Gesichtsausdruck entnehmen. Sein Haar schien durch den hellen Schein der Sonne, der durch das Fenster drang, aus flüssigem Gold zu bestehen und seine grünen Augen leuchteten voller Aufregung. Allmählich schaute ich zurück zu Maddie, als ich bemerkte, dass sie mich mit einem traurigen Lächeln auf den Lippen musterte.
„Hast recht.“ Ich versuchte mich an einem Lächeln, doch nach Maddies' Grinsen zu urteilen, sah es eher wie eine Grimasse aus.
„Also, was musst du denn für deine Mum abholen?“, fragte sie nach einer Weile.
„Ich soll ein Paket für sie abholen und muss deswegen extra ins Veilleux“, seufzte ich.
„Veilleux?“
„Das Hotel über dem Levington.“
Das Levington war ein teurer, nobler Markenladen, der sich über drei Stockwerke ausstreckte. Maddie und Kat trafen sich dort immer zum Shoppen. Erst vor kurzem hatte Maddie mich mitgenommen, ganz zu Kats Ärger. Sie wollte mich abwimmeln, aber Maddie meinte, sie würde ohne mich nicht weitergehen. Kat brauchte Maddies Rat, also...durfte ich mitgehen.
„Da gibt es ein Hotel?“, verwirrt sah sie mich an.
„Jaa...“, lachte ich. Ein leises 'oh' entfuhr ihr und sie errötete. „Naja, ich geh dann mal. Bis morgen.“ Wir umarmten uns und dann verließ ich den Raum. Eilig stolperte ich die Treppen hinunter, ließ das schreckliche, hässliche Gebäude, das sich Schule nannte, hinter mir und atmete erleichtert auf, als ich in die nächst einfahrende Bahn stieg.
Das Veilleux befand sich fünf Minuten vom Hauptbahnhof entfernt, aber ich nahm einen Umweg, um dem alltäglichen Verkehr zu entrinnen. Der Weg führte durch einen Park. Kleine Kinder spielten fröhlich mit einem Ball auf einer Wiese, während ich den steinernen Weg entlangging und einen Blick auf den See, der sich hinter der Wiese erstreckt, warf. Vor dem See stand eine Bank auf der ein Mann saß. Ich glaubte, er beobachtetet die Kinder. Nach einer Weile drehte ich mich zur Seite und betrachtete ein alt-modernes Gebäude. Zügig ging ich darauf zu. Früher war das Gebäude nur ein überteuertes Hotel gewesen, doch es ging allmählich pleite, so beschloss man es abzureißen und auf der freien Fläche ein Shoppingcenter zu bauen. Kurz vor dem Abrieß erschien ein Geschäftsmann und sagte nur einen Satz: „Ich kaufe das Hotel.“ So hatte es mir Mum zumindest erzählt. Dad hatte dort gearbeitet, hatte sie gesagt. Aber das spielte keine Rolle mehr.
Das Gebäude sah beeindruckend aus. Die ersten drei Etagen bestanden aus gläsernen Wänden und man konnte die innere moderne Ausstattung sehen. Der restliche Teil – das Veilleux – hatte beanspruchte die anderen sieben Stockwerke. Man sah dem Teil an, dass er aus der Zeit der Renaissance stammte. Weißer Marmor. Wunderschöne angebaute, verzierte Säulen. Statuen...
Zögernd ging ich auf das seitliche Treppenhaus, über dessen Tür ein Schild mit der Aufschrift „Veilleux“ und klein darunter „Eingang“ stand, zu. Drinnen war es sehr kühl. Eine Treppe aus dunklem Gestein führte hinauf. Die Wände waren mit Graffiti besprüht und an einigen Stellen entdeckte ich eingeritzte Symbole. Typisches Werk von rebellierenden Jugendlichen, dachte ich. Langsam erklimmte ich die Treppen und musterte dabei die Wände. Wie würde es wohl drinnen aussehen?
Am Ende der Treppe war eine metallene Tür. Ich öffnete sie und sah einen schmalen Gang, auf dem ein schmutziger, alter Teppich ausgelegt war, der zu einer riesigen Doppeltür führte. Meine Hand legte sich um den goldenen Türknauf und ich öffnete eine der schweren Mahagoni Türen mit einem quietschenden Geräusch. Als ich eintrat, eilte eine Gruppe uniformierter Angestellter an mir vorbei.
Ich näherte mich dem Tresen.
„Guten Tag. Was kann ich für Sie tun?“, eine zierliche Frau schaute mich aus großen haselnussbraunen Augen an.
„Hallo. Ich soll ein Päckchen für meine Mutter abholen.“
„Name?“
„Carter.“
„Oh...“, die Frau begutachtete mich mit einem merkwürdigen Blick.
„Ist was?“
„Nein, nein... Das Päckchen befindet sich noch im Lagerraum. Ich benachrichtige einen meiner Kollegen. Er wird es dann für Sie holen. Nehmen sie doch so lange Pl-...“ Ich wusste, was sie sagen wollte, aber ich würde es niemals hören.
Sterben. Ich hatte schon oft über den Tod nachgedacht. Wie würde es sich anfühlen? Würde ich überhaupt noch etwas fühlen? Würde ich als Engel weiterleben und über meine Geliebten wachen? Oder würde ich in die Hölle kommen und eine Sklavin des Teufels werden? Könnte ich auf die Erde zurückkehren, wenn ich nur lieb darum bat? Ich wusste es nicht, ich wusste nur, dass ich nicht darüber nachdenken wollte. Immer wenn ich an den Tod dachte, überkam mich eine eisige Kälte. Mein Herz verkrampfte sich und meine Kehle war wie zugeschnürt. Nur selten konnte ich Tränen zurückhalten. Ich wollte das alles nicht. Ich wollte nicht!
An meinem zehnten Geburtstag starb meine Großmutter. Ich hatte sie geliebt. Sie war wie eine zweite Mutter für mich gewesen; hatte sich um mich gekümmert, wenn Mum es nicht konnte, hatte mich in den Schlaf gesungen, weil Mum es nicht konnte; hatte mit mir Kekse gebacken, weil Mum sich immer verbrannte. Sie war ein Teil von mir. Ihren Tod konnte ich nicht verkraften. Zu dieser Zeit hatte Mum mir erzählt, dass gute Menschen nach dem Tod in den Himmel aufsteigen und dort als Engel weiterleben. Damals hatte ich mich fest an diesen Gedanken geklammert. Wenn ich einsam war, schaute ich gen Himmel und sprach mit ihr. Ich glaubte, dass Grandma irgendwo dort oben auf mich hinab lächelte und mir sagte, wie stolz sie auf mich war. Manchmal wartete ich auf ein Zeichen ihrerseits, doch es kam nichts. Also vergaß ich nach einiger Zeit. Nur Leere und Schmerz blieben.
Ein ohrenbetäubender Knall unterbrach die Frau hinter dem Tresen. Da spürte ich auch schon, wie ich zur Seite geschleudert wurde. Der Aufprall gegen die Wand presste mir die Luft aus meiner Lunge. Schwer atmend nahm ich die kleinen auf mich hinunter prasselnden Betonbrocken wahr. Rauch umhüllte mich. Meine Augenlider wurden schwer, erschöpft kämpfte ich darum sie nicht zu schließen. Nein, ich durfte nicht... Ich gab nach. Und dann umfing mich Schwärze.
„Mia? Sie ist ins Veilleux ein Päckchen holen. Wie-...so?“
Eilig verließ er den Raum, ging die Treppe hinab und nahm dabei immer zwei Stufen auf einmal. Als er mit den Jungs gesprochen hatte, hatte er die Zeit vergessen. Er beschleunigte seine Schritte, nachdem er einen Blick auf sein Handydisplay geworfen hatte. 16:23. Verdammt! Wenn er Glück hatte, würde er sie im Veilleux erwischen. Die Bahnfahrt kam ihm, wie eine Ewigkeit vor. Komm schon!, schrie er innerlich.
Endlich kam er an. Hetzend suchte er den Weg nach ihr ab, entdeckte sie jedoch nicht und sprintete den restlichen Weg zum Veilleux. Ben näherte sich dem Treppenhaus, sowie ein lauter Knall ihn zusammen fahren ließ. Kleine Scherben klirrten auf den Boden und glitzerten gefährlich in der Sonne. Langsam schaute er hinauf und seine Augen weiteten sich. Das fünfte Stockwerk stand in Flammen. Die Fensterscheiben waren in dem Stockwerk, sowie dem darunter, zersprungen. Ohne zu zögern öffnete er die Tür mit solcher Wucht, sodass sie mit einem lauten Knall gegen die Wand stieß. Er erklimmte die Treppen und schaute sich leicht panisch um. Verzweiflung. Panik. Angst. Sorge. Schuld. So viele Gefühle drängten sich unter sein Bewusstsein und betäubten seine Sinne für kurze Zeit. Er war ein Narr gewesen, sie nicht sofort nach dem Unterricht angesprochen zu haben, stattdessen hatte er sich von den Jungs ablenken lassen und nun das. Was wenn sie...Nein!
Daran wollte er gar nicht erst denken! Und doch wäre es seine Schuld. Alles seine Schuld...
Das Treppenhaus war vollkommen zerstört. Durch ein riesiges Loch, wo wahrscheinlich eine Tür hätte sein sollen, gelangte er in einen schmalen Gang. Die Doppeltür die ins Vorderzimmer führte war in Flammen aufgegangen und die Umrahmung glühte noch ein kleines bisschen. Eine zusammengequetschte, metallene Tür versperrte einen Teil des Eingangs. Mit Bedacht schlüpfte Ben hindurch und ließ seinen Blick durch die Ruinen des Raumes gleiten. Der Raum war kaum zu identifizieren. Stühle, Tische, Theken...was auch immer dort gewesen war...es war nicht mehr. Mit zitternden Händen ging er weiter hinein. Eine zierliche Frau saß zusammengekauert unter einem zersprungenen Fenster. Ihre Lippen waren aufgesprungen, ihre Augen geweitet und leer. Ihre Glieder waren kaum zu erkennen...Schnell wandte er sich ab. Die Rote Farbe, die ihren Körper besudelte, hatte sich in sein Gedächtnis gebrannt. Er schüttelte den Kopf, um zu vergessen. Vergeblich.
Nach einigen Sekunden erreichte er einen sich bis zur Decke aufgetürmten Haufen Betonbrocken. Sie muss hier doch irgendwo sein! „Mia? Mia! MIA!“ Husten. Er hörte jemanden husten! „Mia, bist du das?!“ Keine Antwort.
Ich hustete. Meine Kehle brannte und fühlte sich trocken an. Langsam öffnete ich meine Lider, nur um wieder in völlige Dunkelheit zu starren. Wo war ich? Ein dumpfes Geräusch drang in mein Ohr. Schritte? Eine Stimme. Angestrengt lauschte ich, doch der Knall hatte mein linkes Ohr beschädigt, sodass ich die Person nur schwer verstehen konnte. Der Knall! Schlagartig war die Erinnerung wieder da. Ich stand am Tresen und dann...landete ich mit dem Rücken an einer kalten Wand. Schmerzen durchfuhren meinen Körper. Ich schloss meine Augen, presste meine Lippen fest zusammen und versuchte sie zu unterdrücken, während ich mich vorsichtig mit meinen Händen vor tastete, bis ich etwas berührte. Meine Finger fuhren über etwas hartes und kantiges. Steine? Vielleicht Beton...? Also bin ich eingeschlossen und befinde mich immer noch im Hotel, schlussfolgerte ich. Ich bin nicht tot. Erleichtert atmete ich auf, was aber einen ungeheuerlichen Schmerz verursachte. Tränen rängten sich in meine Augen und kullerten meine Wangen hinab.
Das Geräusch war lauter geworden. Ruhig wischte ich mir die Tränen weg und drückte mein rechtes Ohr gegen den Haufen Steine (oder was auch immer es war).
„Mia! MIA!“, hörte ich eine mir bekannte Stimme verzweifelt rufen.
„B-Ben...?“, krächzte ich leise und hustete abermals.
„Ben...“, versuchte ich es erneut, doch mein Hals war einfach zu trocken. Ich tastete mich ab. Wo ist nur meine Tasche?, fragte ich mich verzweifelt, als meine Finger plötzlich einen rauen Streifen Stoffs berührten. Weiterhin tastend suchte ich nach dem Reißverschluss. Zit. Ich durchwühlte sie bis ich endlich meine Wasserflasche ergriff, den Deckel abschraubte und die Flasche an meinen trockenen Mund führte. Ich nahm einen kräftigen Schluck. Die kühle Flüssigkeit rann meine Kehle hinab und erfrischte meine Sinne. Meine Augen hatten sich inzwischen an die Dunkelheit gewöhnt und ich konnte die Umrisse der 'Steine' erkennen. Irgendwo oben erblickte ich einen kleinen Schlitz durch den ein wenig Licht hin durchschimmerte.
Nach einer Weile räusperte ich mich und fragte wieder, den Schmerz, der von meinem Brustkorb aus kam, unterdrückend: „Ben?“
Hatte er sich etwa getäuscht? Das bezweifelte er. Das Husten war deutlich zu hören gewesen. Und was wenn es nicht Mia war...? Dann müsste sie wo anders sein, außerdem könnte er ja trotzdem helfen...Nein, sagte eine innere Stimme in ihm. Er wusste, dass er nicht könnte. Alles was ihn interessierte, alles was ihn kümmerte war Mia. Mia. Nur seine Mia. Nur sie. Sonst niemand. Er verfluchte seinen Egoismus, als...
„Ben?“
Seine Augen weiteten sich, sowie er seinen Namen hörte. Sowie er ihre Stimme hörte. Leise, brüchig, verzweifelt und doch war es die ihre. Er hätte fast aufgeschrien vor Freude und konnte sich nur schwer zurückhalten.
Erleichterung machte sich in ihm breit. Eilig ließ er sich neben dem Gesteinshaufen nieder. „Mia...Mia, geht es dir gut? Bist du verletzt?“, Sorge klang in seiner Stimme mit.
Schweigen. Dann...
„Ich...ich weiß nicht...mein Kopf und...“, sie schnappte nach Luft. „...u-und mir ist so kalt.“
Ach, Mia..., seufzte er innerlich und wünschte sich zu ihr. Er wünschte, er könnte sie umarmen, in ihre unergründlichen, blauen Augen schauen und ihr sagen alles würde gut werden. Aber das konnte er nicht.
Ich zitterte am ganzen Körper. Es war so kalt. Mir war so kalt. Ein taubes Gefühl durchströmte mich und für einige Sekunden war der Schmerz weg. Ich fühlte nichts. Und dann kam alles wieder auf einem Schlag zurück. Panisch schnappte ich nach Luft.
Bleib ganz ruhig...ein- und ausatmen...ein- und ausatmen..., rief ich mir in Gedanken auf.
Jeder Atemzug. Jede Bewegung. Jedes Wort, das ich über meine Lippen brachte. Es tat weh. So höllisch weh. Erneute Tränen sammelten sich in meinen Augenwinkeln. Nein, ermahnte ich mich. Ich musste bei Besinnung bleiben. Eilig durchforstete ich meinen Kopf nach einer beliebigen Frage, um ein Gespräch zu beginnen und mich von den Schmerzen und dem Drang zu schlafen abzulenken.
„Ben...wieso bist du mir gefolgt?“
Es ließ sich nicht leugnen. Er musste mir gefolgt sein. Die Chancen, dass er hier nur zufälligerweise vorbeigekommen war, waren genau so gering, wie beim Lotto zu gewinnen. „Ben?“, fragte ich unsicher, als ich immer noch keine Antwort bekam.
„Weil...ich...“, fing er stockend an. „heute...ist doch Valen-...“ Ich spürte förmlich, wie ich errötete. „...-tinstag und ich...Ich weiß, dass mag jetzt noch so bescheuert klingen,- immerhin rede ich nie mit dir und dafür musst du mich bestimmt echt hassen...“
Hassen? Wie könnte ich dich jemals hassen?
„Nie habe ich nach unserer ersten Begegnung ein Wort mit dir gewechselt und doch...Ich habe mich in dich verliebt, Mia. Ich weiß nicht, wie ich es anders sagen soll...“
„Ich liebe dich, Mia. Seit unserer ersten Begegnung. Ich hatte mich ganz schön darüber geärgert, weil ich dich nicht nach deinem Namen gefragt hatte. Es schien Glück gewesen zu sein, dass ich ausgerechnet auf deine Schule und dann auch noch in deine Klasse kam...“
Langsam schweifte ich mit den Gedanken weit weg von Ben und dem zerstörten Ort an dem ich mich befand - einfach nur fort. Ich wollte...
Glücklich.
Und schwerelos.
Nie hätte ich gedacht wieder glücklich sein zu können.
Nie.
Es war ein strahlend heißer Sommertag. Die Sonne schien prahlend auf mich hinab, sodass ich lieber im kühlen Schatten der alten Eiche in Grandmas Garten hockte. Lächelnd blickte ich in den Himmel, der sich in einem klaren hellblau über mir ins Weite zog. Keine Wolken. Ich seufzte. Dabei hätte ich ihnen doch so gerne Figuren zugeordnet.
Eine leichte Brise wehte mir durchs Haar und schien meinen Kopf von unnützen Gedanken zu befreien. Plötzlich hörte ich ein Rascheln über mir. Mein Kopf schnellte hoch und ich erblickte einen kleinen Vogel, der zwitschernd von Ast zu Ast sprang. Ein Lächeln umspielte meine Lippen.
„Mia! Besuch!“, hörte ich meine Mum auf einmal vom Weiten rufen.
Eilig rappelte ich mich auf und rannte durch den Garten direkt ins Haus hinein.
Ein Mann stand im Flur und unterhielt sich leise mit Grandma. Nachdenklich fuhr er sich einige Male durch sein dunkelbraunes- fast schwarzes, mittellanges Haar. Einige Strähnen klebten an seiner Stirn und seine Kleidung, die aus einem grauen T-Shirt und einer schwarzen abgenutzten Jeans bestand, sah ziemlich verschwitzt und dreckig aus. Unsicher haschte sein Blick über Grandmas verschlossene Gesichtszüge, während diese nach den richtigen Worten zu suchen schien. Kurz gesagt: Diese dunkle, ja fast wilde, Gestalt passte nicht in das kleine viktorianische Haus mit den hellblauen Wänden und den großen weißen Fenstern.
Und dennoch ließ ich mich davon nicht beiiren.
„Papa!“, rief ich und sprang dem Mann lachend in die mir nun ausgestreckten Arme.
Frei.
Ich hatte mich so frei gefühlt.
Und so glücklich.
Meine Liebe wurde erwidert.
„Mia? Mia, hörts du mich? Du darfst jetzt nicht einschlafen...Mia!“
„Ich...“, Tränen strömten meine Wangen hinab. Nur mit großer Mühe konnte ich einen Schluchzer unterdrücken. „...ich schlafe nicht“ Ein erleichterter Seufzer drang von der anderen Seite zu mir hin.
Mia.
Er verstand. Sie empfand nicht dasselbe, doch sie wollte ihn nicht verletzten. Klar, es war offensichtlich, dass er nicht gerade den besten Platz und den besten Moment ausgewählt hatte...und auch wenn sie nicht wollte...es tat trotzdem weh.
Keine Antwort verschlimmerte es eigentlich nur. Doch er durfte jetzt nicht an sich selbst denken. Er wollte Mia retten und das war das einzige was zählte.
Angst. Ich hatte solche Angst. Was sollte ich ihm bloß antworten? Wenn ich gar größere Angst davor hatte ihm zu antworten, als hier zu enden?
Meine Kehle war wie zugeschnürt. Von Panik gegriffen schnappte ich nach Luft. Die plötzliche Kälte, die durch meinen Körper fuhr, ließ mich unwillkürlich erzittern. Mein Magen verknotete sich. Alles in mir schrie nach Hilfe. Hilfe, die nicht kam.
Langsam versuchte ich regelmäßig zu atmen. Tief ein- und aus-...doch es half einfach nicht. Immer wieder und immer wieder probierte ich zu atem zu kommen.
Mit Erinnerungen. Mit Plänen. Mit meiner Fantasie. Und dann...
Nach einigen Minuten, die sich anfühlten, wie Stunden, beruhigte ich mich. Einfach so. Mein Puls verlangsamte sich und der Knoten in meinem Magen löste sich auch allmählich auf. Nichtsdestotrotz war da noch die Dunkelheit, die mich hineinziehen wollte. Mich dem Leben entreißen wollte. Sie hatte es beinahe geschafft...aber ich wollt nicht so schnell aufgeben. Nicht jetzt! Noch nicht...
„Ben?“, fragte ich leise, die Tränen wegblinzelnd.
„Mhm...?“, murmelte er und mit einem Schlag wurde mir klar, wie ernst er es gemeint hatte und was ich angerichtet hatte. Es machte kaum noch Sinn zu fragen, um vom Thema abzulenken. Um sich der Tatsache, dass sie sterben würde...würden, bewusster zu werden, denn das wusste sie schon und doch entkam die Frage ihrem Mund:
„Glaubst du, wir werden sterben?“
Eine unangenehme Stille erfüllte den Raum. Ein Gesteinsbrocken fiel auf den Boden und zersprang vor meinen Füßen in hunderte von kleinen Teilen. „Ben?“, fragte ich unsicher.
„Uns...wird schon nichts passieren. Das verspreche ich dir.“
Ich versuchte mich an einem Lächeln, während ein erneuter Tränenschwall leise auf meinen Wangen Spuren zog.
Erneutes Schweigen.
Also werden wir sterben, fuhr es mir durch den Kopf, als plötzlich ein ohrenbetäubender Knall zu hören war und das gesamte Gebäude erschütterte. Weitere Gesteinsbrocken fielen herab und streiften meine Schulter. Staub umhüllte mich und ließ mich husten.
„Mia?! Geht es dir gut?“
Ein merkwürdiger Geruch stieg mir in die Nase. Plötzlich wurde die Luft wärmer. Das Atmen fiel mir immer schwerer. Hat sich durch die erneute Explosion etwa ein Feuer ausgelöst?
Ich wusste es nicht.
Dunkel. Es wurde immer dunkler. Und kälter. Meine Lider wurden schwer, wie Blei. Ich bemühte mich sie nicht zu schließen, doch - so schwer...
„Mia?“, ertönte es von der anderen Seite.
„Mhm...“, gab ich müde von mir.
„Du darfst jetzt nicht einschlafen, Mia. Hörst du?“
„Aber ich...“
„Nichts aber!“, fiel er mir ins Wort. „Mia,...“
Seine letzten Worte konnte ich nicht mehr verstehen. Die Müdigkeit hatte mich überrannt. Nur noch verschwommen konnte ich die Umrisse der Steine erkennen. Meine Augen schlossen sich.
Dunkelheit umfing mich.
„Mia? Mia! MIA!“, schrie er verzweifelt. Wieso antwortete sie nicht? Scheiße! Er sprang auf und begann im Gestein zu graben, doch die riesigen Brocken waren zu schwer. Schon nach einiger Zeit ließ er sich erschöpft nieder und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Nein. Nein nein nein nein nein...!
„Da ist ein Junge!“, ein Mann trat in den Raum und ging den Flammen ausweichend auf Ben zu. „Hey, Junge! Steh auf und komm mit! Es...wird alles wieder gut.“
„Nein“, Ben schaute auf und musterte den Mann eingehened. Feuerwehr. Als ob die hier noch etwas ausrichten könnten..., fuhr es ihm durch den Kopf. Bitter lächelnd wandte er sich wieder ab.
„Ich brauche hier Verstärkung...Ja...ja...ok, gut“, sprach der Mann in ein Funkgerät.
Im nächsten Moment kamen zwei weitere Männer eilig in den Raum. Einer von ihnen packte Ben am Arm und zog ihn hinter sich her, dieser wehrte sich dagegen, aber der Mann war stärker.
„Nein! Lassen...Sie...mich...verdammt nochmal los! Nei-... Mia! MIA!“, rief Ben fast hysterisch. „Mia!“
In solchen Momenten scheint die Zeit still zu stehen.
Alles verstärkt sich.
Gefühle. Sinne. Aussagen.
Ihre Bedeutungen.
Sekunden dehnen sich zu Minuten.
Minuten zu Stunden.
Stunden zu Tagen.
Tage zu Wochen.
Wochen zu Monaten.
Monate zu Jahren.
Und Jahre zu Jahrunderten.
Es war kalt und dunkel wo Mia jetzt war.
Aber sie war warm und strahlte.
Texte: Text: alle Rechte liegen beim Autor; Songtext aus dem Epilog: copyright by songtextemania.com
Tag der Veröffentlichung: 14.01.2012
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