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Das Weihnachtshuhn

Das Weihnachsthuhn 

 

In der Krippe unter unserem Weihnachtsbaum liegt ein schwarzes Jesuskind und daneben steht ein Huhn. 

Nun das Christkind ist nicht wirklich schwarz. Es hat nur ein verbranntes Gesichte und warum im Stall zu Bethlehem ein Huhn steht, das will ich Euch an dieser Stelle berichten …  

 

Weihnachten ist die Zeit der Besinnung und der fröhlichen Familienzusammenkunft. 

Eigentlich … 

 

Aber nicht bei uns, denn hier trifft sich die Familie, oder besser gesagt die ganze Familie, nur an Weihnachten. Da reisen mürrische Verwandte aus weiter ferne an, nicht weil sie es wollen, sondern weil es Tradition ist. 

Aber in diesem Jahr wollte man es anders machen. 

Das will man eigentlich jedes Jahr, aber dieses Jahr war es zumindestens einem Teil der Familie wirklich ernst damit. 

 

Der Heilige Abend begann damit das der Baum geschmückt wurde. 

Dieser wurde am Vorabend bereits aufgestellt. 

Aus, wie so viele Dinge in dieser Familie, traditionellen Gründen, wurde immer ein Baum gewählt der nicht größer als 120cm war. 

 

Das ganze lang an einer Geschichte aus alten Kriegstagen oder danach. So genau vermag ich das nicht mehr zu berichten. 

Jedenfalls hatte man damals wohl keinen anderen Baum und wenn man den familiären Chroniken glauben schenken durfte, war es wohl das glücklichste Weihnachtsfest aller Zeiten. 

 

Meine Oma erzählte immer wieder davon das sie damals als Kind Äpfel geschenkt bekamen und welch ein Schatz das in der damaligen Zeit doch war. Auch das sie sich eigentlich nur auf den bunten Teller freute, den ihre Mutter immer aus den wenigen Dingen die sie hatte liebevoll hergestellte. Plätzchen, Nüsse und verschiedene Süßigkeiten ja sogar Marzipan zauberte sie in jenen Tagen, die meine Oma immer als die schlechte Zeit bezeichnete.  

 

Manchen wünschte ich mich selber in diese Zeit, denn ich würde auch gerne mal ein wirklich besinnliches und glückliches Weihnachten erlben. 

Die meisten Heiligabende endeten in dieser Familie immer in einem Desaster. 

Es wurde zu viel getrunken und danach fühlten man sich meisten stark genug den anderen mal gehörig die Meinung zu sagen.

Das diese Abende nicht in Schlägereien oder Mord und Totschlag endeten, ist ein wahres Wunder. 

 

Doch in diesem Jahr wollte man auf Schnaps am Weihnachtsabend verzichten. Denn man hatte schon längst herausgefunden das die Wurzel allen Übels diverse selbstgebrannte Alkoholika waren, welchen zu gegebener Zeit gereicht und vertilgt wurden. 

 

Man bereitet sich also wie jedes Jahr auf ein turbulentes Weihnachtsfest vor, hoffte aber das Beste. 

 

Der immer noch ca. 120cm große Baum wurde also am Vorabend aufgestellt. 

Auf einen wackeligen kleinen Tisch, damit er größer wirkte.  

Die Abstellfläche des Tisches wurde mit einer aufgeleten Holzplatte vergrößert, damit die Krippe unter dem Baum Platz finden konnte.  

Über diesen Platte und den Tisch wurde eine schon sehr alte aber saubere und gepflegte Zeltplane gelegt, um dieses Tisch Provisorium zu verstecken.  Diese Tuch stammte noch aus der schlechten Zeit und aus den Militärbeständen meines Opas. 

Sie war in einer Art Tarnmuster bedruckt, war dem Stall zu Bethlehem den Eindruck verlieh er stünde auf einer Art Waldboden oder auf einer Wiese. 

In der alten schlechten Zeit war das bestimmt ein Hingucker und angebracht, da man ja nichts hatte, aber heute regte sich meine Mutter seit Jahren immer wieder darüber auf. Sie hasste diese alte Tarnplane. 

Aber solange Oma lebte und das sagen hatte blieb sie Teil des Weihnachtsfestes, der Krippe und des Weihnachtsbaums. Sie gehörte halt dazu wie das Lametta, die Kerzen und Kugeln. 

 

Unter dem Baum stand eine Krippe die ihres Gleichen suchte. 

Ein kleiner selbstgebauter Stall, mit Stroh, Moos, rustikalen Eichenbalken und anderem DekoKram, in diesem Stall standen uralte und seit Anbeginn der Zeit existierende Krippenfiguren. Maria, Josef und in einer Krippe das Jesuskind. 

Draussen vor dem Stall warteten drei Hirten und fünf Schafe. 

Auch gab es drei Könige. Diese waren nicht alt, sie wurden in den 1970 igern mal dazu gekauft und wirkten irgendwie fehl am Platz da sie modern, aus Plastik und viel bunter waren als die Uralten aus Holz geschnitzten anderen Figuren.

Deswegen standen diese drei auch etwas Abseits. Besser gesagt sie standen am Rand des Tisches, weit ab vom Schuß. 

Das hatte nichts damit zutun das sie hässlich waren, nein sie kamen ja erst am 6. Januar an und so wollte man aussagen das sie ja noch unterwegs sind. 

 

Wie auch immer, der Baum wurde auf das Tischchen gestellt, geschmückt und die Krippe aufgestellt. 

An dieser Stelle sei noch gesagt das in dieser Zeit immer eine echte Flamme als Lagerfeuer vor der Krippe brannte. Eine extra für diesen Zweck angeschaffte kleine flache Öllampe die hin und wieder nicht nur flackerte sondern auch ruste. Sie wurde morgens und Abends neu befüllt und brannte bis zum sechsten Januar durch. 

 

Nun war alles perfekt vorbereitet und man wartet auf die Ankunft der Verwandtschaft. 

 

Ab dem späten Nachmittag trafen sie dann nach und nach auch ein.

Die wenigsten konnten sich gegenseitig leiden, machten aber eine Gute Mine zum sonst langweiligen und bösen Spiel, das Familientreffen hieß.  

 

Alle waren da - bis auf ein Onkel, nennen wir in Börny. 

Man wartete zunächst noch auf Onkel Börny, doch dann beschloss man ohne ihn zu beginnen. 

Es wurde Kartoffelsalat mit Würstchen gereicht. 

 

Auf Bescherung und Geschenke wurde seit Jahren verzichtet, da es keine kleinen Kinder mehr gab. 

 

Die Stimmung war trotz, oder eben wagen dem Schnapsverbot recht gut. 

Die einzige die sich Sorgen machte war Tante Trulla. Sie wartete ungeduldig auf Börny. Da er ein frisches Suppenhuhn mitbringen sollte. 

Dieses sollte nämlich Tante Trullas weihnachtliche Vorsuppe zum Festmahl am ersten Feiertag verfeinern.

 

Gegen 20.00 Uhr klingelte es dann und Onkel Börny traf ein. 

 

“Hast du an das Huhn gedacht?” fuhr ihn Tante Trulla sofort an.

 

“Ja - dir auch frohe Weihnachten und einen schönen Abend.” lacht er. Er war sichtbar leicht angetrunken und schwank einen selbstgebauten Käfig aus Weidenstecken. In dem ein lebendes Huhn flatterte. 

 

“Hier ganz frisch, das schlachte ich morgen früh schnell in der Waschküche, frischer geht es bestimmt nicht in die Suppe.”

 

Alle starrten auf den Käfig und das riesige Huhn was darin gackerte. 

 

“Du bist ja verrückt, ausserdem bist du betrunken, was hatten wir in Sachen Schnaps für dieses Jahr ausgemacht?” stieß Tante Trulla aus und schubste Börny, der direkt vor ihr stand und den Käfig unter die Nase hielt, leicht weg. 

Dieser kleine Schubs war aber für den angetrunkenen Börny zu viel. 

 

Er taumelte. 

Ruderte mit den Armen und konnte gerade noch ein “Oh, Oh!” rufen, bevor er der länge nach hin schlug. 

Was nun folgte geschah in nur wenigen Sekunden.

 

Der Käfig schlug gegen die Türzarge und löste sich auf. 

 

Jetzt machte sich Panik breit denn das Huhn flatterte in einem Hohen Bogen auf die immer noch festlich gedeckte Tafel. 

Es landete in er halbleeren Schüssel mit dem Kartoffelsalat. 

Während sich einige der Onkels vor lachen nicht mehr bewegen konnten, verfielen andere in eine Art Schockstarre.  

 

Nur Tante Trulla versuchte kreischend das flatternde Huhn, das bei der Landung die Schüsse umgeworfen sowie ausgeleert hatte und jetzt über den Tisch rannte, einzufangen.   

 

in diesem Augenblick erhob sich Börny stöhnend und versuchte aufzustehen. 

Ein Anderer Onkel reichte ihm lachend die Hand um ihm aufzuhelfen, doch Onkel Börny, verweigerte dieses und zog sich statt des am Tischtuch hoch. 

Oder besser gesagt er versuchte es. 

 

Jetzt schrien alle panisch laut auf, denn das gute Geschirr wanderte durch die Börnys aufstehversuch deutlich in Richtung Tischrand. 

Auch das Huhn sah sich jetzt, durch die sich bewegende Tischdecke, das wandernde Porzellan und Trullas lauter werdendes Geschrei, genötigt einen weiteren Fluchtversuch zu unternehmen. 

 

Es gackerte laut los und flog im Hohen Bogen los.

 

Jetzt rannten alle panisch durcheinander, es wurde geschrien, gefuchtelt und versucht zu retten was zu retten war. 

Das Geschirr hatte für den Moment entschieden, sich noch nicht vom Tisch zu stürzen, da die Wanderung der Tischdecke durch zwei weitere Familienmitglieder aufgehalten wurde. 

Eine Tante und meine Mutter zogen auf der einen und Onkel Börny auf der anderen Seite.    

Während das Huhn zunächst auf Omas Kopf landete, wo es von ihrem Bruder verscheucht wurde um nur knapp einem Fangversuch in der Luft, meiner Cousine zu entgehen. 

 

Das Chaos regierte. 

Krachend hatte sich das Porzellan jetzt doch entschieden sich vom Tisch zu stürzen. 

Doch bevor irgendwer registrieren konnte was da gerade geschah, segelt ein Vetter Mütterlicherseits durch die Luft und versuchte das Huhn mit eine Torwart Artigen Glanzparade davon abzuhalten im Weihnachtsbaum zu landen. Doch der Vetter war kein Torwart und der landete krachend neben dem kleinen Tisch auf dem der Weihnachtsbaum stand. 

Das Huhn saß jetzt triumphierend in der Weihnachtsbaumspitze.   

 

Der Baum wackelte. 

 

Der sich jetzt wieder aufrichtende Vetter machte den entscheidenden Fehler. 

Er stützte sich auf eine Ecke des vermeintlichen Tisches auf dem der Weihnachtsbaum immer noch wackelte. 

Im selben Moment macht sich das Huhn zu einem weiteren Flugversuch auf, kam aber nicht mehr dazu da sich besagter Vetter jetzt mit vollem Gewicht auf die Platte auf dem der Baum stand stützte. 

 

Der Baum kippte.

Der Vetter ging erneut zu Boden und bekam jetzt die hochschließende Platte sammd Plane an den Kopf gedonnert. 

 

Der Baum landete krachend auf den Resten der Festtafel.

Mehr Panik, mehr Geschrei, wilde Flüche und auch helles Gelächter machten sich breit. 

 

Die Krippe wurde unter dem Baum begraben, zwei Könige verloren ihre Köpfe, das echte Lagerfeuer entzündet des Baum und es loderten sofort einige Flammen auf. 

Panisch rannte die Familie durcheinander, das Huhn rannte jetzt zwischen den Füssen der anwesenden umher.  

Am Boden in einem Haufen aus Geschirr und Kartoffelsalat lag Onkel Börny und versuchte immer noch aufzustehen. Während der Vetter jetzt auf allen Vieren hinter dem Huhn her jagte. 

Dabei verlor der dritte und letzte König sein Leben, den er hielt dem Druck eines Fußes der auf ihm lastete nicht stand. 

 

“Feuer! Feuer!” rief jetzt Tante Trulla und stand wie angewurzelt da und starrte auf den Baum der langsam immer mehr Feuer fing. 

 

In dem ganzen Chaos hörte man immer noch das helle Laches eines Mannes der als dritter oder vierter Mann einer meiner Tanten mal in die Familie eingeheiratet hatte. 

Er hatte einen weißen Bart und wirkte wie der Weihnachtsmann.  

 

Beherzt griff der die alte Plane und warf sie über den immer stärker brennenden Baum. 

So erstickte er die Flammen und das Wohnzimmer hüllte sich in grauen Raum. 

 

Wenig später traf die Feuerwehr ein. Irgendjemand hatte sie in dem ganzen Chaos gerufen und es wurde uns ein Vortrag über echte Kerzen am Baum gehalten, wenn es doch nur so gewesen wäre. 

 

Dann starrten wir auf das Trümmerfeld in dem immer noch laut gackernt das Huhn umher lief- 

Das Porzellanservice war kaputt. 

Der Stall zu Bethlehem halb verbrannt. 

Die drei heiligen Könige tot. Zwei ohne Kopg einer total zerquetscht.

 

Josef hatte einen Arm verloren und das Jesuskind jetzt ein verbranntes schwarzes Gesicht. 

Maria was ohne Schade davon gekommen.  

Die alte militärplane hatte ebenfalls wie die Tischdecke Brandflecken, beide landeten im Müll. 

 

Heute ist wieder Weihnachten und es steht wieder ein Familienfest an. 

 

Immer noch mit ca. 120 cm großen Baum. 

Allerdings auf einem richtigen Tisch. 

 

Die angebrannte Krippe wurde notdürftig repariert. 

Josefs Arm wurde nicht gefunden und so blieb er eben der einarmige Jupp. 

In der Krippe liegt das Jesuskind mit dem schwarzen Gesicht immer noch. 

Hirten und Schafe sind immer noch wohlauf und die drei Könige wurden von späteren Kindern und Enkeln irgendwann durch eine Karawane der Safarie Edition von Playmobile ersetzt.  

 

Es wird wieder Schnaps getrunken, aber nicht mehr alle Verwandten eingeladen. 

 

Und das Huhn?

 

Ja das Huhn landete nicht in der Suppe, sondern bekam sein Gnadenbrot im Garten wo es noch lange lebt. 

Heute erinnert an diesen Vorfall nur noch ein kleines sehr echt aussehendes Gummihuhn der Firma Schleich welches neben dem Jesuskind mit dem schwarzen Gesicht in der Krippe steht. 

 

Frohe Weihnachten

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 22.12.2019

Alle Rechte vorbehalten

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