Jack der Weihnachtsmann
Im Oktober nach dem Tot seiner Eltern erhielt Martin überraschend Post aus Amerika.
Seine Tante Charlotte betrauerte den Tot seiner Eltern und lud ihn ein zu ihnen nach Amerika zu kommen, um mit ihr und ihrer Familie das Weihnachtsfest zu feiern. Da er ja jetzt ganz alleine auf der Welt sei und so das Weihnachtsfest ganz alleine verbringen müsste.
Das er aber schon 30 Jahre alt war und im Begriff war, eine eigene Familie zu gründen, war ihr wohl entgangen. Sie schien ihn immer noch für den keinen 10 jährigen Jungen zu halten den sie auf ihrer letzten Reise nach Deutschland vor fast 20 Jahren kennen gelernt hatte.
Also besprach Martin das mit seiner Verlobten, die es für eine gute Idee hielt hin zu fliegen. Für weniger gut hielt sie die Idee mit zu kommen, da sie wie Martin eigentlich nichts für Weihnachten übrig hatte und über die Feiertage ihre Familie besuchte um das ganze ruhig an gehen zu lassen.
So kam es das er am 19. Dezember das Flugzeug in Richtung USA bestieg mit der Gewissheit am 27. Dezember wieder zurück zu fliegen.
Florida im Dezember hat wenig Weihnachtliches Flair. Bei seiner Ankunft herrschten 26 Grad und die Leute trugen T-Shirts und Shorts. Ein Taxi brachte ihn in eine gut Bürgerliche Siedlung von Miami. Vorbei an Villen, Pools, Golf und Tennisplätzen auf denen Menschen in leichter Sommerkleidung Spaß am Leben hatten.
Als das Taxi in den Kendale Blvd einbog, dachte er noch, hier lässt es sich leben. Ruhige Wohngegend und fast jedes Haus hatte einen Pool. Dann aber bog das Taxi in eine Seitenstraße ab die in einem Wendehammer endete. Das Haus auf das der Taxifahrer am Ende diese Platzes direkt zuhielten lies ihm den Atem stocken. Es unterschied sich zwar nicht in Größe und Eleganz von den anderen aber es wies in gewisser weise eine besondere Art auf.
Das Haus war als einziges weit und breit weihnachtlich dekoriert. Nein nicht dekoriert, es wurde vom weihnachtlichen Kitsch erschlagen. Um das Haus war ein weißer Gartenzaun aufgestellt worden der wohl nur für den Zweck errichte wurde um eine Blinkende Lichterkette aufzunehmen. Im Vorgarten standen mehrere beleuchtete Weihnachtsbäume die ebenfalls in verschieden Farben blinkten. Dazwischen stand ein großer Schlitten mit Rentieren deren Nase rot leuchteten. Der dicke Mann in den roten Mantel und dem weißen Bart, der auf dem Schlitten saß winkte fröhlich und rief immer: „Ho ho ho, merry Christmas!” Er wirkte in dieser Siedlung und bei gefühlten 30 Grad irgendwie fehl am Platz, eben so wie die ganzen anderen Figuren die verzweifelt versuchten an einem Hochsommertag Weihnachtsstimmung zu verbreiten. Da waren Rehe, Elfen und andere Wesen die Bund verpackte Geschenke schleppten oder Wunschzettel lasen. Alles blinkte, leuchtete, machte Musik oder gab sonstige Töne von sich, ganz schön bizarr für 3 Uhr Nachmittags und 26 Grad + Lufttemperatur. Martin betrat das Grundstück und war noch keine fünf Meter weit gekommen da bekam er eine volle Ladung Kunstschnee ab. Dieser stammt aus einer Kunstschnee Kanone die auf dem Dach stand und wohl jedem Besucher via Bewegungsmelder so begrüßte.
Er blieb kurz stehen um sich den Kunstschnee aus den Haaren und von den Klamotten zu schütteln als sein Blick auf das Dach des Hauses fiel. Es war mit weißen Matten belegt die den Anschein eines Schnee bedeckten Daches erregen sollten. Eiszapfen aus Plastik hingen von der Dachrinne herab und die heiligen drei Könige wanderten wie Schlafwandler über die Dachfirste zu einer Krippe die direkt am Kamin befestigt war. Auch sie blinkten und leuchteten auf Teufel komm raus.
Bevor Martin diesen Eindruck verdauen konnte öffnete sich die Haustür und Tante Charlotte stürmte heraus und auf ihn zu.
“Da ist ja der kleine Martin und so groß ist er geworden!” sie tätschelte seinen Kopf und kniff ihn in die Backen. “Hallo Tante Lotte.” sagte er missmutig und versuchte den Ärger über diese Kleinkind artige Begrüßung abzuschütteln.
“Sag Tante Charly, das tun hier alle.” bat sie ihn und zehrte ihn mit in das Haus.
In der Mitte des großen Eingangsbereich des Hauses hing ein gewaltiger Mistelzweig. Völlig aus dem Häuschen blieb Tante Charly, die jetzt Ende 60 sein musste unter ihm stehen. Sie zog Martin an sich ran und drücke ihm links und rechts zwei feuchte Küsse auf die Backen.
“Mistelzweig!” rief sie begeistert und zeigte nach oben. Martin verdrehte die Augen. In der Küche roch es nach Backwaren. Tante Charly backte Weihnachtsplätzchen. Noch bevor Martin sein Reisetasche abstellen konnte zog sie ihn weiter in die Küche um ihm gleich mal eine Handvoll Plätzen in den Mund zu schieben. Widerwillig befand er sie als gut. “Heute Abend kommen die Nachbarinnen, sie lieben meine Kekse.” verkündete sie stolz und schob Martin mit der Erklärung wo er sein Zimmer finden würde wieder aus der Küchentür in Richtung Flur. Martin stieg die Treppe hinauf. Überall wo er hinschaute waren Weihnachtsbäume, Engel, Weihnachtsmänner, Lichter, Sterne und viele mehr dekoriert. Sogar der Handlauf der Treppe war mit einer Tannenzweig Gerlinde umwickelt an der silberne und rote Kugeln hingen. In seinem Zimmer sah es nicht viel anders aus. Oh Gott in dieser Weihnachtshölle muss ich jetzt die nächsten Tagen verbringen. Martin richtet sich ein und gegen Abend lernte er den Rest der Familie kennen. Sie alle waren in einem waren Weihnachtsrausch, es wurde überschwänglich gelacht man trank Weihnachtspunsch und sogar das Baby trug einen Strampelanzug im Weihnachtsmann Stiel. Das alles bereitete Martin Kopfschmerzen. In seinem Kopf brummte es. Und alles drehte sich.
In dieser Nacht konnte er nicht schlafen, wie sollte er nur die nächsten Tagen in diesem Kitsch Paradies überleben? Draußen blickte und leuchtete es unaufhörlich. Sogar durch die zugezogenen Vorhänge war das Zimmer fast taghell erleuchtet.
Der nächste Tag wurde schlimmer als erwartet. Die Euphorische Weihnachtsstimmung der Familie gipfelte schon am Morgen darin das man zum Frühstück bereits Weihnachtslieder sang.
Martin wurde es am 22. Dezember zu viel. Das alles war zu viel Weihnachten. Er erklärte seiner Tante das er es im Moment noch nicht verkraften konnte so ausgelassen Weihnachten zu feiern. Tante Charly schien Verständnis dafür zu haben und so packe Martin am Morgen des 23. Dezember seine Sachen um mit einem Taxi zum Flughafen zu fahren. Was er seiner Tante nicht sagte war das er die nächsten Tage in Florida bleiben würde um einige wirklich ruhige Tage zu verbringen.
So fuhr er zum Flughafen, aber nicht um in ein Flugzeug zusteigen sondern um ein Auto zu mieten mit dem er noch einige Tage durch Florida reisen wollte.
Er verbrachte die Nacht in einem Motel und machte sich am Morgen des 24.Dezember auf in Richtung Süden um sich an einem Strand in die Sonne zu legen. Er war noch keine 10 Minuten unterwegs da wurde er Zeuge eines Unfalls. Ein LKW raste durch eine Wohnsiedlung, ein Mann im Weihnachtsmann Kostüm musste diesem ausweichen. Der Dicke Mann in dem roten Mantel, der gerade seinen Pickup belud musste zur Seite springen um nicht von dem LKW erfasst zu werde. Dabei taumelte er rückwärts auf den Gehweg und stürzte schwer. Schreiend blieb der Mann liegen und hielt sich das Bein.
Martin bremste scharf und lief zu dem Mann auf dem Gehweg hinüber.
„Sind sie verletzt? Soll ich einen Krankenwagen rufen?“
In diesem Moment kam eine Frau, die ein Elfen Kostüm trug, aus dem Haus gestürzt. Sie hatte das ganze beobachtet und war die Frau des Mannes. Ohne zu zögern bat sie Martin Ihren Mann einfach auf die Ladefläche es Pickup´s zu legen und ihn in das nur 3 Min. weit entfernte Krankenhaus zu fahren. „Wenn Sie helfen wollen dann helfen sie mir und kommen mit.“ sagt sie bestimmt und Martin folgte ihren Anweisungen schweigend.
Auf dem kurzen Weg dorthin erklärte die Frau das ihr Mann sowie so auf dem Weg in die Klinik war weil er dort jedes Jahr Geschenke an die Kinder verteilen würde.
Martin half den verletzten Weihnachtsmann in die Notaufnahme zu bringen wo er sofort versorgt wurde. Voller Sorge schaute die Frau es Mannes ihm nach als er in den OP geschoben wurden, der Arzt hatte einen Bänderriss diagnostiziert, welcher sofort operiert werden musste.
„Keine Sorge das wird schon wieder werden,“ sagte Martin zu der Frau „wenn ich sonst noch was tun kann sagen sie es ruhig.“ Sie sag in an und nickte. „Ja können sie.“ erwiderte sie leise. Sie reichte ihm das Kostüm. „Geh sie mit mir an seiner Stelle zu den Kindern.“ Martin schaue verstört drein, er als Weihnachtsmann im Krankenhaus, bei kranken Kindern? „Ich weiß nicht ich glaube so was kann ich nicht.“ sagte er. Die Frau schaute ihn vorwurfsvoll an. „Es ist im dritten Stock. Die Krebstation. Für viel dieser Kleinen wird es das vielleicht das letzte Weihnachten sein das sie erleben.“ Mit Nachdruck hielt sie ihm noch mal das Kostüm hin.
15 Minuten später stand Martin und die Frau des Weihnachtsmannes, welche sich jetzt als Ellen vorgestellt hatte auf dem Flur zu Kinderkrebsstation.“Sie schaffen das.“ sagte Ellen und öffnete die Flügeltür zu Station. Die Station war weihnachtlich geschmückt, leise hörte man Weihnachtslieder aus den Lautsprechern der Station und alles war so friedlich und stimmungsvoll. Ganz anders als bei Tante Charly, dachte Martin. Eine Schwester nahm sie in Empfang und wies sie noch mal kurz ein. “Die Kinder und ihre Eltern sind im großen Aufenthaltsraum. Es sind 22 Kinder. Die Geschenke tragen alle Namen und so bekommt jedes Kind das richtige Geschenk.“
Auf wackeligen Beinen und mit weichen Knien betrat Martin im Weihnachtsmann Kostüm und mit einen riesigen Sack den Raum in dem die Weihnachtsfeier für die Kinder stattfand.
Überraschenderweise herrschte hier ein ausgelassenes treiben. Obwohl einige Kinder an mobile Infusionen angeschlossen waren oder nur von ihren Betten aus das ganze verfolgen konnten, schienen sie doch recht fröhlich zu sein. Ellen übernahm die Führung und kündigte den Weihnachtsmann an. Martin hatte eigentlich erwarte das es jetzt toten still werden würde und ihn alle gebannt anschauten würden, dem war aber nicht so. Die Kinder die es konnten stürmten auf ihn los und umringten ihn fröhlich schreiend. Andere, ebenso die Eltern klatschen begeistert in die Hände so als wäre er ein Popstar. Ellen moderierte das Geschenke verteilen sehr geschickt so das Martin die ganze Zeit nur wenig sagen musste. ABer er kam sich unwohl vor. So viele Kinder die an ihm rum zogen und fragen stellten war er nicht gewöhnt. So begann er die Geschenke nach Ellens Anweisung zu verteilen. Dieses geschah bei fast totaler Stille. Erst als alle ihre Geschenke hatte durften sie geöffnet werden. Jetzt sah Martin das strahlen in den Augen der Kinder von dem Ellen gesprochen hatte als sie ihn zu diesem Job überredete. Er sah aber auch die Tränen in den Augen einiger Mütter und Väter die ihre Kinder genau beobachten.
Da nahm Marin auf einen Stuhl platz und lies das ganze auf sich wirken. Das war Weihnachten, für ihn die Freude in den Augen dieser Kinder zu sehen war mehr wert als er sich je erwartet hatte.
Plötzlich stand ein kleiner vielleicht fünf jähriger Junge vor Martin. In seinen kleinen Händen hielt er eine Buch. „Lies, lieber Weihnachtsmann.“ sagt er mit schwacher Stimme. Martin schaute ihn an, hob ihn vorsichtig auf seinen Schoß und öffnete das Buch. Charles Dickens Weihnachtsgeschichte. Marin begann zu lesen. Ohne das er es bemerkte war Elles Mann mit einem Gipsbein in einem Rollstuhl herein geschoben worden und hörte ebenfalls gespannt zu. Die Geschichte endetet mit dem Satz des keinen Timmy der sagte “Gott segne uns alle.“ doch bevor Martin diesen Satz ausspreche konnte tat das der kleine Junge auf seinem Schoß. Er schnappe sich das Buch wieder, rief „Danke, lieber Weihnachtsmann!“ und lief davon.
Martin, Ellen und Ihr Mann, von dem er jetzt erfuhr das er Jack hieß, feierten den ganze Nachmittag bis ihn den frühen Abend hinein bei Kinderpunsch und Kakao mit den Kindern, dem Pflegepersonal und den Eltern Weihnachten.
Er erfuhr das Jack und Ellen das seit vielen Jahren machten, seitdem sie ein Kind durch Blutkrebs verloren hatten. Auch das sie ihm sehr dankbar waren das er für Jack eingesprungen war und das ganze damit auch in diesem Jahr ermöglicht hatte. Martin aber war die Freude die er den Kindern machen konnte Dankbarkeit genug. Denn bei weitem empfand er hier ein wirkliches Weihnachtsgefühl, anders als bei Tante Charly in ihrem Weihnachtskitschparadies.
Als er einige Tage später in Frankfurt landetet und sein Reisetagebuch abschloss schrieb er alles letzten Satz hinein:
Gott segne dieses Kinder und Jack den Weihnachtsmann!
Texte: Alle Rechte bei Autor
Tag der Veröffentlichung: 05.12.2011
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