Im Schnee
Die Schneeflocken fielen sacht von dem dunklen Himmel auf die schlafende Erde nieder. Sie fielen wie ein dichter Schleier, mal fuhr ein Windstoß zwischen ihnen hindurch und wirbelte sie herum.
Sie setzten sich auf jeden Ast, auf jeden gefrorenen Grashalm, der verzweifelt versuchte seinen Kopf über Schnee zu halten.
In einem Stadtpark, der an diesem Abend schon geschlossen worden war, schliefen die Tiere schon tief und fest. Doch sie wurden von einer schwarzen Gestalt aufgeschreckt, die eilig und mit geducktem Kopf über den Weg lief. Sie ging davon aus, dass niemand mehr im Park war, worin sie sich irrte.
So lief die Gestalt durch die schwarze Nacht und klammerte sich an den Gedanken fest, dass sie alleine war, dass ihr nichts geschehen konnte.
Doch sie hatte unbeschreibliche Angst, welche an ihr zehrte, sie schneller laufen lies, den Kopf immer wieder zurück drehen ließ, um zu schauen ob jemand hinter ihr war, doch lag der verschneite Weg immer breit und verlassen da, legendlich ihre Fußspuren konnte sie erkennen.
Eigentlich hatte alles so viel ruhe. Die große Hauptstraße war nicht zu hören. Der Schnee ließ alles verzaubert und märchenhaft wirken. Doch für den schönen Anblick hatte die Gestalt keine Zeit, bald war sie an ihrem Ziel. Bald würde sie die Antwort bekommen, die sie haben wollte. Doch würde er sich an die Abmachung halten?
Er hatte sie doch aufgestellt, doch die Angst saß tief, ja sie grenzte sogar fast an Panik.
Die Gestalt hatte den Rand einer Lichtung erreicht und sie konnte auch das sehen was sie haben wollte. Einen schwarzen Briefumschlag inmitten der dicken Schneedecke.
Ihr Herz hämmerte immer fester gegen ihre Brust, sie wusste es würde erst wieder normal schlagen, wenn sie zu Hause wäre.
Vorsichtig schob sie die dunkle Kapuze zurück, dass war ein Teil der Abmachung. Doch warum sollte sie es tun, wenn er selber nicht mehr hier sein würde? Schnell wurde der Gedanke beiseite geschoben. Der Brief rief sie!
Und die junge Frau trat aus dem Schatten der Bäume.
†
Da kam sie. Sie schritt eilig aus dem Schutz der Bäume hinaus, direkt auf den Brief zu. Als sie ihn erreicht hatte bückte sie sich und hob ihn auf.
Fest entschlossen stand er auf und kam mit langsamen Schritten näher, der Schnee knirschte unter seinen Schuhen.
„Hallo.“
„Was?“, das Wort wurde noch auf ihren Lippen erstickt, denn er hatte ihr das Messer, das er gut in seiner linken Hand gehütet hatte in den Bauch gerammt.
Sie taumelte rückwärts, entsetzt. Doch die Spannung und die Angst waren aus ihr gewichen, sie fühlte sich seltsam schwerelos, spürte keinen Schmerz. Sie spürte wie das warme Blut ihre Jacke tränkte. Plötzlich sackten ihre Beine ein. Der Brief segelte langsam, wie ein trockenes Blatt zu Boden.
Er kam näher, kniete sich neben die Frau und sah in ihr Gesicht. In ihre Augen die mit Tränen gefüllt waren.
„Aber, aber man wird doch nicht gleich weinen“, er fing eine Träne auf, die schnell in seiner Behandschuhten Hand zerrann.
„Weist du noch wie schön es war? Wir beide. Aber du hast alles zerstört!“ Er schlug ihr mitten ins Gesicht.
„Schade Veronika, wirklich“, sie stöhnte auf.
„Bitte, George!“, die Worte kamen mühsam und brüchig über ihre Lippen gekrochenen.
„Nein, du hast alles zerstört, dafür musst du büßen.“ Er legte seine Hände auf ihre Brüste und fühlte ihr Herz, das langsam und unregelmäßig dahin trottete. Er spürte, wie das Leben aus dem schönen Körper wich, er spürte wie die Wärme der Kälte Platz machte.
Dann hob sich ihr Brustkorb ein letztes Mal an und senkte sich wieder.
Ihr junger Geist war entschwunden.
Tag der Veröffentlichung: 15.05.2009
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