Regen
Er zuckte mit den Schultern, und ging. Ungläubig blieb sie auf der menschenleeren Straße stehen. Tränen kullerten ihre Wangen hinunter. Trotz dickem Pelzmantel wurde ihr kalt. Ihre Augen schauten ihm geistesabwesend nach. Sie war alleine an diesem kalten Novembertag.
Langsam verschwand er im Regen. Sein Bild wurde undeutlicher, bis sie nur noch einen schwarzen Punkt in der Ferne erkannte. Sie fühlte sich verlassen, kraftlos.
Das Dokument, glitt ihr aus der Hand, fiel auf den Asphalt. Ausdruckslos betrachtete sie, wie das Papier das Regenwasser aufsog. Die Tinte verschwamm, damit verschwanden die Sätze. Jedoch nicht der Teil von ihm in ihrem Bauch...
Nur ein Blick
Aus tränengefüllten Augen blickte er sie an. Sie legte ihre Hand auf die seine, schaute ihm tief in die Augen. Ihr Blick drang durch seinen Körper, in seine Seele hinein. Vor ihr lag ein weites Meer aus Leid, Schmerz, Trauer und Freude. Aus Liebe, Sehnsucht und Leidenschaft. Beide waren still, es reichte nur ein Blick, der mehr sagte als tausend Worte es jemals hätten ausdrücken können. Ein Blick, der Bände schrieb, Geschichten erzählte, der das offene Buch mit unzähligen Worten füllte. Langsam umschlossen seine Finger die ihren. Sie waren verbunden und doch alleine, glücklich und gleichzeitig traurig, Liebhaber jedoch Geschwister.
Weiß
Er floh vor dem sich in seine Ohren bohrenden Klang der Stille, der ihm umgebenden Kälte des Sommers, dem Weiß seiner dunklen Haut, dem Geruch des Krieges, der Zerstörung.
Er rannte so schnell er konnte, war jedoch langsamer als je zuvor. Mit jedem Schritt schlugen sich Falten in sein Gesicht.
Er erreichte seine Freunde, die ihn erwartungsvoll anblickten, gab ihnen ein Stück Brot.
Stimmen, und plötzlich stand ein Mann da.
„Zwei Schwarze, ein Weißer hier!“.
„Schwarze erschießen, Weißen herbringen!“
Zwei Schüsse, dann Stille.
Sein mageres Gesicht versteinerte, seine blonden Haare wurden weiß.
„Bin Jude!“
„Erschießen!“
Ein letzter Schuss, DANN Stille…
Tag der Veröffentlichung: 17.02.2010
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