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Kapitel 1



Colin betrachtete seine beiden kleinen Neffen, die sich selig an den Wolf kuschelten, der mit ihnen auf dem Bett lag. Sean war das ideale Kuscheltier für sie. Patrick stand lächelnd am Fenster, für ihn waren Gordon und Cody viel mehr, als nur seine Neffen, für ihn waren sie der Ersatz seiner eigenen Töchter. Hoffentlich schafften Kilian und Kiran ihre Schwester wieder etwas aufzurichten. Sicher Jessica liebte Alistair, er hatte sie auch geliebt, jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, als sie den Bund der Ehe eingingen. Colins Blick ging wieder zu den schlafenden Vampir-Zwillingen und Sean, der sanft eine Pfote um sie gelegt hatte. Jessica brauchte sich wirklich keine Sorgen um ihre Jungs zu machen, sie wurden von allen hier geliebt. Selbst bei den neuen Kriegern mochten viele die beiden kleinen Racker. Sie waren im Dorf sicher aufgehoben, immer hatte jemand sie im Auge. Hinter Colin öffnete sich leise die Tür, Dorian brachte Patricks Motorradsachen zurück, er war bei seinem Bruder am See gewesen, brachte Alistair Vorräte und Kleidung. Sofort griff der Vampir nach dem Tabak in seinem langen Ledermantel, entschied sich dann jedoch, wegen den Kindern draußen zu rauchen. Colin folgte ihm leise, hier wurde er im Moment nicht gebraucht und Dorian sah aus, als bräuchte er jemanden zum Reden.
„Alistair hat heute morgen seinen Dolch und seine Spange abgegeben, wusstest du das Colin?“ Kam es leise von Dorian, Colin schüttelte den Kopf. „Er sagt, er wolle vorerst nichts mit den Krieger zu tun haben, außer mich und Corey auch keinen von ihnen sehen. Selbst Jessy und seine Söhne nicht. Vielleicht ändert er seine Meinung ja wieder, er war eben reichlich angetrunken.“
„Kann man verstehen, oder? Seine Ehe ist gerade beendet worden!“ Stellte Colin fest und sah den Kriegern zu, die sich im Kampf übten.
„Ja sicher, ich wünsche mir nur für Jessy und die Kids, dass er sich wenigsten Gordon und Cody zur Liebe etwas fängt. Er war schon ein glücklicher Vater, obwohl er es eigentlich nie wollte. Na ja, lassen wir die Sache auf uns zukommen!“ Bemerkte Dorian und machte sich nun wieder auf den Weg in seine Hütte. Colin schaute weiter Gavin und Vincente zu, die die neuen Krieger im Nahkampf trainierten, auch wenn Frieden herrschte, wollten sie weiterhin vorbereitet bleiben. Jeremy saß rauchend am Rand und beobachtete die Kämpfer, darunter auch sein jüngster Bruder Ronald, der sich gerade mit Gavin maß.
James Damon saß in der Hütte, die er sich ab heute mit Jeremy und Ronald teilen sollte. Ihm gefiel die kleine Hütte mit dem offenen Kamin, der kleinen Küchenzeile und einem eigenen kleinen Bad mit einem Waschbecken und WC. Das große Badehaus am Rand des Dorfes wollte er sich später noch anschauen. Ronald schwärmte jedenfalls davon. Jeremys Brief hatte er bis jetzt nicht geöffnet, doch viel länger wollte er auch nicht warten. Die beschriebenen Blätter wiesen deutliche Spuren von Tränen auf, dies war das erste was James Damon auffiel, noch bevor er zu lesen begann.

Mein Bruder Damon,
es tut mir unendlich leid, was ich dir damals angetan habe. Es hätte mir einfach nicht passieren dürfen! Ich war nicht nur sauer auf dich, nein in diesem Moment hab ich die Nerven komplett verloren. Heute bin ich mir sicher, dass dir Gavin das Leben gerettet hat! Damon ich weis, ich kann die Wochen auf der Krankenstation nicht wieder gut machen. Auch all die Jahre, die ich dir aus dem Weg gegangen bin nicht. Es war falsch, es war falsch von mir zu schweigen und es war falsch, dass ich Ron erzählt habe, du seist einfach abgehauen!
Bitte glaub mir, wenn ich dir jetzt sage, dass ich versuche mich zu ändern, dass ich versuche so ein guter großer Bruder zu sein, wie es Colin O´ Harra ist, oder wie es Vincente ist, genauso wie Dean!
Als wir uns am Flugplatz gegenüber standen, habe ich gespürt, dass du dich verändert hast. Du bist nicht mehr der Bruder, der sich, wie Ron die ganze Zeit, unterdrücken lässt. Du bist auch kein Mensch mehr, wie wir, sondern ein besonderes Wesen der Nacht! Ich liebe die Wölfe unter den Kriegern, Bruder! Sie geben einem Ruhe und trösten einen, ihr Fell ist so wundervoll weich! Ich wünsche mir so sehr, dass ich dich einmal in deiner Wolfsgestalt sehen darf. Noch mehr allerdings, dass wir uns vertragen können!
An dem Abend, als wir erfuhren, dass ihr kommt, entschieden die beiden hohen Krieger, Gavin, Kim und ich, wer vertrauenswürdig ist. Natürlich hatten wir alle, außer der Krieger der Schatten, der euch prüfte, bei einigen Leuten bedenken. Ich war der einzig, der bei dir bedenken hatte. Aber nicht, weil ich nicht wollte, dass du kommst, sonder weil ich Angst hatte, dass ich dich verletze, dich wieder schlage, wie damals. Erst als dich der Krieger der Schatten unter seinen Schutz stelle, war ich beruhigt. Ich möchte keine Geheimnisse mehr vor dir haben, deswegen sage ich dir, dass ich in dieser Nacht Kilians Fell ziemlich versaut habe. Bis du kamst hab ich kaum geschlafen, Damon, ich hab geweint, was Ron sicher mitbekommen hat.
Bitte versuch mich zu verstehen, ich sah wie Vater Mutter totschlug. Du hast mir selbst erzählt, dass du nicht glauben kannst, dass Ma einfach ging. Du hattest recht, Damon! Diese Sache hat mich kalt gemacht, ab diesem Moment konnte ich nicht mehr fühlen. Bis zu dem Moment, als Ron zu einem Vampir wurde, ich auch ihn zu verlieren drohte. Jetzt seit ihr beide wieder an meiner Seite und ich wünsche mir, dass dies für immer so bleibt. Damon ich hasse nicht dich, sondern mich selbst, dafür was ich dir angetan habe!
In Liebe
dein großer Bruder
Jeremy



James Damon dachte an Ronalds Worte, Jeremy habe in den letzten Tagen oft geweint. So offen, wie sein Bruder in diesem Brief schrieb, hatte er nie zuvor mit Damon gesprochen. Auch Fehler zuzugeben gehörte eigentlich nicht zu Jeremys Eigenschaften. Aus jedem einzelnen Wort sprach in diesem Brief Ehrlichkeit. Nicht nur er selbst hatte sich verändert, sondern auch dieser. In Gedanken vertieft griff der Waliser zu seiner Zinnflöte und begann zu spielen. Er hörte nicht, wie sich die Tür öffnete, bekam nicht mit, dass sich jemand neben ihn gegen die Wand lehnte. Er fühlte nur die Traurigkeit im Herzen, die Jeremy in seinem Brief wiedergegeben hatte. Den tiefen Kummer, über den der Älteste niemals sprach. Als James Damon das traurige walisische Lied beendete, hörte er das unterdrückte Schluchzen. Jeremy lag auf seinem Bett und presste sich das Kopfkissen vors Gesicht. James Damon nahm seine Wolfsgestalt an, sprang dann auf das Bett seines Bruders. Vorsichtig stupste er ihn mit der Nase an. Ohne hinzusehen begann Jeremy den Wolf zu streicheln, verbarg schließlich den Kopf in seinem weichen Fell. Eine ganze Weile verging, bis Jeremy den Wolf bewusst streichelte, schließlich holte er sogar ein feuchtes Tuch und wusch damit seine Tränen aus dem hellbraunen Fell mit den dunklen Flecken darauf. James Damon rührte sich nicht, ließ die liebevolle Prozedur über sich ergehen. Jeremy vergrub noch einmal den Kopf in seinem Fell, bevor er dem Wolf den Kopf tätschelte.
„Du bist der schönste Wolf von allen, Damon!“ Bemerkte er dann leise. James Damon schüttelte sich, sprang dann vom Bett und stand Sekunden später wieder als Halbling vor seinem großen Bruder.
„Ach was, Jey, es gibt sicher schönere Wölfe wie mich! Vincente zum Beispiel mit seinem pechschwarzen Fell, oder Ville, der aussieht wie ein Schneewolf!“ Gab er zurück, jedoch mit einem Lächeln auf den Lippen.
„Du bist der schönste Wolf für mich, Bruder!“ Verbesserte sich Jeremy, bevor er aufstand und James Damon in die Arme schloss. Jetzt war dieser es, der schluckte, denn soviel Wärme hatte ihm sein Bruder nie zuvor gegeben. Irgendwann saßen sie wieder gemeinsam auf dem Bett und begannen sich auszusprechen.
Dorian legte das Handy zur Seite, dass er sich von Dean geliehen hatte. Er stand in dem kleinen Dorfladen, den er weiter betreiben wollte, und betrachtete die Dinge, die sich dort befanden. Der Händler, der die Indianer beliefert hatte, sicherte ihm auch weiter die Lieferungen zu. Bezahlen konnten sie den Mann, denn genauso wie Cameron, besaßen auch Dorian, Alistair und Corey gut gefüllte Konten. Der Handel mit Fellen und anderen Dingen, würde sie ebenfalls über Wasser halten. Die vier Indianer stellten wieder ihren Perlenschmuck her, der in dem großen Reservat an die Touristen verkauft wurde. Sie brauchten sich also um Geld keine Sorgen zu machen. Dorian stand gerade vor dem Regal mit den Kinderspielsachen, betrachtete zwei Stoffteddybären. Sie würde er später für Cody und Gordon mitnehmen. Hinter ihm betrat jemand den Laden, ging durch die Regalreihen und sah sich um. Er spürte den Schattenkrieger, ließ ihn jedoch in Ruhe. Dieser hatte scheinbar das Regal mit den Gewehren und Pistolen entdeckt, denn der Schotte hörte, wie er eine Waffe entsicherte, den Abzug betätigte und sie wieder sicherte. Schließlich trat Shane O´ Kenmore zwischen den Regalen hervor, zuckte zusammen, als der große schottische Vampir vor ihm stand. Der Ire hatte immer noch Ehrfurcht vor den Wesen, die MacNamara schuf, trotzdem faszinierten ihn die Vampire besonders. Dorian lächelte ihn freundlich an.
„Suchst du was bestimmtes Shane?“ Wollte er dann wissen.
„Zigaretten und Kleidung, ich konnte leider nicht viel mitnehmen, als mich meine Frau aus der Wohnung warf!“ Shane senkte traurig den Kopf, Dorian sagte nichts. „Du hattest auch Frau und Kinder, so wie du mit den beiden Kleinen hier umgehst. Wo sind sie jetzt?“ Stellte der Schattenkrieger fest.
„Ja, ich hatte eine Frau und einen Sohn.“ Antwortete ihm Dorian ruhig. „Komm lass uns ein Glas zusammen trinken, Shane! Geteiltes Leid ist halbes Leid!“ Fügte er hinzu und führte den Schattenkrieger zum Verkaufstresen, wo bereits eine Flasche Whiskey und ein Glas stand. Bis zum Abendessen saßen sie beisammen und sprachen über ihre Ehen, Kinder und die Gefühle, die sie jetzt empfanden. Shane tat das Gespräch mit Dorian gut, denn der Schotte war verständnisvoll und hörte scheinbar gerne zu.
Die Drillinge kamen kurz vom Abendessen zurück, Colin und Sean lächelten, als Jessica mehrere Tüten in die Ecke neben der Tür schmiss. Sie nahm zuerst Gordon auf den Arm, gab dem Kleinen einen Kuss auf die Stirn, dann tat sie das Gleiche mit Cody. Ohne Scheu stillte Jessica anschließen ihre Söhne vor den Augen ihrer Brüder, den einen links, den anderen rechts. Etwas das sie in Alistairs Anwesenheit niemals durfte, doch für sie war es das Schönste der Welt, ihren beiden Jungs auf diese Art nah zu sein. Auch als Conner hinzukam, änderte sich daran nichts, sondern lieferte ihm ein Augenblick den er malen würde. Kilian und Kiran hatten sich nämlich links und rechts neben Jessica gesetzt, sahen zu, wie ihre kleinen Neffen tranken. Ein Bild voller inniger Vertrautheit und Liebe. Ein Bild, das zeigen sollte, egal was ist, wir sind für euch da, denn sowohl Kilian als auch Kiran hatten einen Arm um ihre Schwester geschlungen. Sie trugen ihr die Tüten hinterher, als sie mit den beiden kleinen Vampiren auf dem Arm in ihre Hütte ging. Patrick versprach sie später zum Abendessen abzuholen. Jessica fiel sofort auf, dass jemand Alistairs Sachen geholt hatte, sicher Dorian oder Corey, dachte sie. Sie legte die Zwillinge auf die Decke, die vor dem Kamin lag, schüttete dann die Tüten auf dem Bett aus. Drei von ihnen waren mit Babykleidung für Gordon und Cody gefüllt, zwei mit Sachen für sie selbst. Sie machte als erstes ihre Söhne frisch, stellte fest, dass einer ihrer Brüder die beiden gebadet haben musste, denn dies hatte sie gestern Abend nicht mehr gemacht. Dann kümmerte sich Jessica um ihr eigenes Äußeres, dass heute morgen sehr gelitten hatte. Zog Alistairs Kette ab, genauso wie seinen Ring, legte dafür den Schmuck um, den ihr Conner, Matthew und Cameron geschenkt hatten. Die langen Haare flocht sie sich über der Schulter zum Zopf, steckte die silberne Spange in dessen Ende. Zur schwarzen Schnürlederhose wählte Jessica das schulterfreie Top, welches Kiran aussuchte. Alistair hatte nicht gewollt, dass sie vor den Kindern ihren Dolch trug, also befestigte die junge Mutter ihn jetzt wieder an ihrem Gürtel, schließlich war sie Schattenkriegerin und Gordon und Cody wuchsen in einem Kriegerdorf auf. Hinter Jessica war ein leiser Pfiff zu hören, so dass sie sich vom Spiegel abwandte. Dorian stand in der Tür, zwei Teddybären in der Hand und betrachtete seine nun ehemalige Schwägerin, bevor er die beiden Plüschtiere den Zwillingen hinlegte.
„Warst du noch mal bei Alistair, Dorian, wie geht es ihm?“ Fragte Jessica und setzte sich auf ihr Bett.
„Er kommt schon klar, Jessy!“ Wich dieser der Schattenkriegerin aus, kassierte dafür jedoch einen strafenden Blick. „Ich kann dich nicht belügen oder?“ Ein Kopfschütteln folgte. „Er war angetrunken, hat heute Morgen Dean seinen Dolch und die Spange gegeben. Den Ehering trägt er auch nicht mehr. Alistair will keinen sehen außer Corey und mir!“
„Nicht einmal seine Söhne?“ Wollte Jessica traurig wissen, warf einen Blick auf die beiden kleinen Rabauken, die gerade entdecken, dass man die Teddys beißen konnte.
„Nein nicht einmal Gordon und Cody! Jessy es tut mir so leid für dich!“ Dorian nahm sie in die Arme. „Vielleicht nehme ich die Zwei einfach mal mit, wenn ich in ein paar Tagen wieder zu meinem Bruder fahre! Komm Jessy, nicht weinen, dass ist die Sache nicht wert!“ Trotzdem tränkte Jessica Dorians schwarzes T-Shirt mit Tränen. Cody und Gordon sahen ihre Mama verständnislos an, beschäftigten sich dann wieder mit ihren neuen Plüschfreunden. Patrick schloss lautlos die Tür hinter sich, als er sah, dass der Schotte sich bereits um seine Schwester kümmerte.
„Wie kann ein Mann nur so herzlos sein!“ Brummte er in sich hinein.
„Brauchst du nach dem Ritual eine Runde Kampftraining, Rick?“ Kam es von Cameron, den Patrick fast umrannte.
„Wenn du willst, dass ich dir reichlich die Fresse poliere, ja Cam!“ Gab dieser ihm vollkommen kalt zurück.
„Hätte ich gewusst, was ich anrichte, wäre ich nicht mit deiner Schwester gegangen. Polier lieber mir die Fresse wie ihm!“ Mischte sich Rea auf dem Weg zur Gemeinschaftshütte ein.
„Wäre Alistair nicht bei dir ausgerastet, dann sicher später bei jemand anderem, Rea!“ Stellte Patrick klar. „Ich reg mich lieber gleich auf der Jagd ab, sonst könnte es sein, dass ihr ziemlich matschig seit, wenn ich mit euch fertig bin! Keiner tut meiner Schwester weh!“ Noch wütend, stieß er die Tür auf und betrat den Raum. Lief geradewegs Kilian in die Arme, dem einzigen, der wusste, wie er Patrick beruhigen konnte. Fünf Minuten später kamen auch Jessica und Dorian mit den Zwillingen. Der jungen Vampirin folgten so einige männliche Blick, als sie zu ihren Brüdern ging und zwischen Kilian und Kiran Platz nahm. Auch jetzt aß Jessica nicht besonders viel, obwohl ihre Brüder sie fast schon zwangen. Cody und Gordon zerrissen unterdessen ihre Stoffteddys mit den kleinen Fängen, bis sie ihnen Kiran abnahm. Sein gespielt böser Tonfall brachte die kleinen Vampire und die Männer in ihrer Umgebung zum Lachen. Jessica lächelte nur, ihr sah man noch immer den Kummer an.
Während des Abendrituals passten die Indianer auf die Zwillinge auf. Kilian entgingen die Blicke nicht, die Nico Jessica schon die ganze Zeit über zuwarf. Der Seelentröster schien zu merken, wie schlecht es ihr wirklich ging. Denn Colin hatte bereits gesagt, dass Jessica mal wieder ihren Kummer für sich behielt. Wie damals, als sich nicht sagen wollte, was Miller mit ihr angestellt hatte. Nach dem Ritual verschwand Jessica mit den Kindern in ihrer Hütte. Legte die beiden schlafen und steckte sich dann gedankenverloren eine Zigarette an. In der Einsamkeit, alleine mit Gordon und Cody kamen die Tränen zurück. Dieser Schmerz war stärker, wie damals bei Cameron und auch bei Kim. Damals gab es keinen Anderen außer sie, der leiden würde, jetzt waren da die beiden kleinen weißblonden Zwillinge mit ihren dunkelblauen Augen. Die beiden kleinen Vampire, die ohne ihren Vater aufwuchsen, wenn sich Alistair nicht doch anders entschied. Leise begann Jessica das Bett neben ihrem abzuziehen, Tränen fielen auf die Bettwäsche, aber es war ihr egal. Oberbett und Kopfkissen landeten im Badezimmer, genauso wie die Bezüge und das Lagen. Auch wenn das Bett massiv war, gelang es ihr das Gestell leise auf die andere Zimmerseite zu schieben. Schließlich schlief die Vamprin erschöpft und niedergeschlagen in ihrem Bett ein, Cody und Gordon in den Armen haltend.
Drei weitere Tage sah Nico still zu, wie sich Jessica mit den Zwillingen durchs Leben schleppte. Wie sie trotz der Hilfe ihrer Brüder weiter zerbrach. Dann platzte dem sonst so ruhigen Spanier der Kragen. Er nahm sein Motorrad und fuhr zum See, wo Alistair in seiner alten Hütte saß und las. Nico machte sich nicht die Mühe, sein Kommen zu verbergen. Doch Alistair schien es kaum zu interessieren. Er nahm den jungen Spanier erst wahr, als dieser schon vor ihm stand. Gereizt schlug der Schotte sein Buch zu.
„Ich hab gesagt, ich möchte keinen außer meinen Bruder und Corey sehen. Auch dich nicht Nico!“ Giftete Alistair diesen an.
„Weist du wie egal mir das ist, Alistair? Ich bin auch nicht gekommen, weil ich dich sehen wollte, Céllí Mór!“ Gab Nico ruhig zurück.
„Warum bist du dann überhaupt hier?“ Das wütende Funkeln in den eisblauen Augen machte Nico keine Angst mehr.
„Wegen der Frau, die einmal die deine war und wegen deinen Söhnen!“ Antwortete Nico immer noch ruhig. „Jessica geht es sehr schlecht Alistair! Ich glaube, dass sie alleine wegen Gordon und Cody versucht stark zu sein! Warum tust du ihr das an?“ Jetzt senkte der Vampir tatsächlich den Blick, betrachtete die Tischplatte und seine verschränkten Finger. Lange Zeit antwortete Alistair nicht auf Nicos Frage. Er wusste selbst nicht, warum er Jessica dies angetan hatte, warum er sie geheiratet hatte und mit ihr Kinder zeugte. Er war immer noch der einsame Soldat, fühlte sich so, wie er jetzt lebte wohler wie in dem großen Dorf mit den vielen Kriegern. Dorian kam alle zwei Tage, Corey war erst am Morgen dagewesen. Die beiden schwiegen über Jessica und die Kinder, akzeptierten zumindest nach außen, dass er nichts darüber hören wollte. Nico hatte sich mittlerweile an den Tisch gesetzt, rauchte schweigend und wartete auf eine Antwort.
„Ich hab sie geliebt Nico, ich hab Jessica tatsächlich geliebt!“ Flüsterte Alistair schließlich leise. „Aber ich bin seit so vielen Jahrhunderten Soldat, dass ich nicht weis, wie ein anderes Leben ist. Ich hab Jessy verletzt, Nico, sie eingekerkert und ihr die Freiheit genommen, die sie braucht. Aus Angst sie zu verlieren, ihr verboten die zu sein, die sie ist! Was hab ich damit erreicht, genau das was ich nicht wollte! Vielleicht bin ich irgendwann dazu bereit, meine Söhne zu sehen, aber jetzt nicht. Ich muss erst mit mir selbst klar kommen, bevor ich das Dorf wieder betrete. Jessy und ihre Brüder sollen sich beruhigen können, ich weis wie sauer sie auf mich sind, Nico! Patrick hasst mich regelrecht, dass hat mir Dorian gesagt. Würde mich Kilian sehen, dann bekäme ich die Macht des Kriegers der Schatten zu spüren, nicht im positiven Sinne. Colin, Sean und Kiran würden kein Wort mit mir reden, genauso wie viele andere auch. Lass mir einfach meinen Frieden hier und euch den Frieden im Dorf, Nico!“ Als Alistair den Kopf hob, sah Nico Tränen in den eisblauen Augen. Der Vampir zog die Hand fort, nach der der Wolf griff.
„Es ist besser du fährst wieder Nico! Versprich mir, dass du auf die Kleine und unsere Söhne achtest!“ Meinte Alistair leise.
„Sicher, wir passen alle auf sie auf, Alistair! Danke für das Gespräch!“ Nico stand auf, legte dem Vampir nur kurz die Hand auf die Schulter, bevor er die Hütte wieder verließ. Alistair litt genauso wie Jessica, das war ihm jetzt klar. Er hatte gerochen, dass der Vampir getrunken hatte. Auch die Tränen in seinen Augen, zeigten, dass es ihm nicht egal war, was mit seiner Familie geschah. Alistair würde nicht zurück ins Dorf kommen, das wusste er jetzt. Doch vielleicht würden er und Jessica sich irgendwann aussprechen, auch wenn es nur aus Liebe zu Gordon und Cody passierte. Zurück im Dorf sprach Nico bis zum Abendessen mit Vincente über Jessica und Alistair. Diesmal erschien die Vampirin erst gar nicht zum Essen, Patrick und Gavin brachten jedoch die Zwillinge mit, die schon den ganzen Tag bei ihnen waren. Nach dem Essen kümmerte sich Dorian um seine Neffen, Nico machte sich auf den Weg zu Jessicas Hütte.
Er fand sie mit verweinten Augen und zerzausten Haaren auf dem Bett liegend. Eine Flasche Whiskey neben diesem, aus ihrem Handgelenk tropfte das Blut. Keiner würde später sagen können, woher Jessica das mit Silber beschichtete Messer hatte. Nico verband zuerst das Handgelenk, bevor er zurück in die Gemeinschaftshütte stürmte. Aufgeregt und in Spanisch nach Pádraig und Brendan rief. Ihm war egal, das letzterer noch mitten in seinem Ritual steckte. Kilian unterbrach dieses und folgte den beiden Sanitätern und Nico. Schnell stellte sich heraus, dass Jessica nicht so viel Blut verloren hatte, sich wohl erst kurz bevor Nico kam, die Ader öffnete. Pádraig flößte der völlig am Boden zerstörten Schattenkriegerin seinen eigenen Lebenssaft ein, während Brendan Jessica in den Armen hielt und Nico Kilian daran hinderte, zu Alistair zu fahren. Trotzdem strafte der Krieger der Schatten den Schotten mit Gedankenschlägen und Bildern. Jessica kam derweil weint zu sich, schaute hilfesuchend im Raum umher. Die dunkelblauen Augen blieben an Kilian hängen, der mit verschränkten Armen vor Nico stand. Jetzt den Anderen rau befahl, dass sie gehen sollten. Brendan und Pádraig gehorchten, Nico ging nur widerwillig.
„Rick und Gavin kümmern sich heute Nacht um deine Kinder, Jessy! Kannst du aufstehen, Schwesterchen?“ Kilians Stimme klang sanft und voller Sorge, Jessica nickte nur. „Gut, dann komm mit und such dir eine andere Hütte aus. Neben unserer ist noch eine kleine frei, ich glaub die zwischen Dorian und Patrick ist auch noch frei. Hier erinnert dich doch eh alles nur an ihn!“ Kilian sprach Alistairs Namen nicht aus. Als Jessica nach der Bürste griff, die auf dem Tisch lag, nahm er sie ihr ab, begann vorsichtig die offenen Haare seiner Schwester auszubürsten. Sie lehnte sich gegen seine Brust, genoss die sanfte Berührung von Kilian und Black. Ein zweiter schwarzer Drachen mischte sich ein. Kiran setzte sich zu ihr aufs Bett.
„Nach meiner Scheidung ging es mir auch schlecht, Jessy! Ich hab Nächte lang geheult und mich damals tierisch besoffen. Sean wusste teilweise nicht, was er machen sollte. Conner konnte mir auch nicht helfen. Erst als ich nach Köln zog, raus aus der Wohnung in der ich mit Sue gelebt habe, wurde es besser! Du bist auch in eine andere Wohnung gezogen, nach dem das mit Fiona passiert, Lian oder?“ Kiran sah seinen Bruder an, strich Jessica weiter über den Rücken.
„Ja, in eine kleinere Wohnung in Köln, ans andere Ende der Stadt. Ich wollte schließlich meinen Job beim SEK damals nicht aufgeben! Jessy, wir sind für dich da, glaub mir! Wenn du möchtest, dann kannst du heute Nacht auch bei uns in der Hütte schlafen. Ich hab kein Problem damit, mich vor dem Kamin zusammen zu rollen!“ Bot Kilian dann noch an. Jessica hob langsam den Kopf, ihr rollten wieder Tränen über die Wangen, doch diesmal vor Rührung.
„Würdest du das tatsächlich für mich machen, Lian!“ Er nickte nur. „Danke, dann komm ich jetzt mit zu euch, eine andere Hütte können wir morgen auch noch suchen. Darf ich noch gerade nach Gordon und Cody sehen?“ Kilian und Kiran sahen sich lächelnd an.
„Sicher darfst du und einen Zwischenstopp in der Gemeinschaftshütte machen wir auch noch. Conner und Jimmy haben dir nämlich etwas zu Essen verwahrt!“ Erklärte jetzt Kiran sanft, Jessica band sich die langen Haare zu einem Zopf. Sie sahen zuerst nach den Zwillingen, die friedlich links und rechts an einen dunkelbraunen Wolf gekuschelt schliefen. Das Bild rang Jessica ein Lächeln ab. Patrick lag auf seinem Bett und las, erwiderte jedoch das Lächeln seiner Schwester. Gavin stieß ein zufriedenes Knurren aus. Die Gemeinschaftshütte war noch gut besetzt, als sie sie betraten. Die vier Indianer saßen mit den Brüdern McLoud und einigen der neuen Krieger zusammen und redeten, oder sahen sich Musikvideos auf einem Laptop an. Mittlerweile war die Anzahl von Handys, Laptops und anderen neumodischen Geräten deutlich gestiegen. Dorian wollte sich bald um eine bessere Netzanbindung des Dorfes an die Außenwelt kümmern. Conner saß etwas abseits und malte an dem Bild, dass er vor einigen Tagen in der Hütte der O´ Harra-Geschwister gesehen hatte. Die Drillinge O´ Harra und die beiden kleinen Zwillinge. Auch in diesem Bild steckte die Wärme des Augenblicks und die Liebe des Zeichners. Conner hatte sich diesmal Kevins Buntstifte geliehen, das Bild sollte Farben haben, da er es für die Zwillinge gemalt hatte, die in zwei Tagen am See getauft werden sollten. Ob Alistair wohl wenigstens an dieser Zeremonie teilnehmen würde? Die Paten hatten Jessica und er noch gemeinsam gewählt. Dorian und Kim für Gordon, Patrick und Corey für Cody. Dean und Kilian hatten für die Taufe eine Stelle auf der gegenüberliegenden Seeseiter der Hütten gewählt. Damit sie Alistair nicht in die Quere kamen, wenn er es nicht wollte. Alle Bewohner des Dorfes würden kommen.
In den nächsten beiden Tagen war Jessica mit den Vorbereitungen der Taufe beschäftigt. Half beim Zubereiten des anschließenden Festessens, dem Schmücken der Gemeinschaftshütte und des Taufplatzes. Sie wollte ihren Söhnen die Taufe so schön wie möglich machen. Am Morgen der Zeremonie wusste Jessica noch immer nicht, ob auch Alistair an der Taufe teilnehmen würde. Dorian hatte es ihm zwar gesagt, aber eine Antwort hatte er nicht bekommen. Zur Feier des Tages hatte sich Jessica bei ihrem Ausflug mit Kilian und Kiran ein langes schwarzes Trägerkleid gekauft. Für die beiden kleinen Täuflinge gab es schneeweiße Strampler dazu für Gordon ein dunkelblaues Hemdchen und für Cody ein hellblaues. Während sich Jessica nun umzog passte Kilian auf die Zwillinge auf. Er lächelte als er die stolze Mama sah. Jessica wirkte zwar nicht ganz glücklich, jedoch auch nicht mehr so verzweifelt. Oder lag es daran, dass sie in den letzten beiden Tagen keine Zeit zum Nachdenken gehabt hatte. Gemeinsam mit Kilian und Dean fuhr sie in einem der Jepps zum Zeremonieplatz. Die anderen Dorfbewohner hatten sich schon alle eingefunden, standen zusammen und unterhielten sich. Jessica sah sich nach Alistair um, doch von ihm fehlte jede Spur, ihr Wunsch wurde nicht erfüllt, so glaubte sie. Den Mann, der versteckt hinter den Sträuchern stand und sie beobachtete, nahm keiner außer Dorian und Corey wahr, doch sie schwiegen ihm zur Liebe. Jessica liefen Tränen über die Wangen, als sie alleine auf den Kreis zu schritt, ihre beiden Söhne in den Armen. Plötzlich trat der Krieger an ihre Seite, der sie schon zweimal verlassen hatte. Cameron nahm mit aller Vorsicht Cody auf den Arm. Ging den Weg mit Jessica, den eigentlich hätte Alistair gehen müssen. Die ganze Zeit über weinte die junge Mutter, war froh als ihr Dorian und Patrick die Zwillinge abnahmen und ins Dorf brachten. Cameron und Kilian blieben schließlich mit ihr zurück. Der Rothaarige nahm sie nun in die Arme, Alistair der weiter in seinem Versteck blieb, spürte nichts dabei. Jessica gehörte nicht mehr ihm! Er hörte auch was Cameron der Vampirin sagte.
„Ich hab dir versprochen dazu sein, wenn du mich brauchst Jessy!“
„Danke Cam, ich weis deine Hilfe zu schätzen, genauso wie die der Anderen im Dorf!“ Schluchzte Jessica und schmiegte sich gleichzeitig an den Halbling. Kilian stand schweigend neben ihnen, sah jedoch in Alistairs Richtung. Wenn er spürte, dass der Vampir dort war, so ließ er es sich nicht anmerken. Dessen Gedanken suchten jetzt Camerons, fanden sie auch. Der ehemalige Highlord empfing ihn wütend.
„Was willst du von mir Highlander? Du hättest an meiner Stelle mit Jessy gehen sollen!“ Dachte er gereizt, während er Jessica weiter in den Armen hielt.
„Ich bin dir dankbar dafür, dass du es getan hast, Cameron! Es war ein Fehler von mir, Jessy zu heiraten und ihr Kinder zu schenken!“ Gestand Alistair und sah den Dreien nach, die jetzt den Zeremonieplatz verließen.
„Hast du sie nie geliebt, McDonald, war alles nur eine Show?“ Wollte Cameron wissen, während er sich neben Jessica setzt, Kilian fuhr den Jeep. Einen Moment blieb es in seinen Gedanken still.
„Ich habe Jessy geliebt, wirklich geliebt! Doch ich bin nicht der Mann, der sich binden sollte. Ich kann ihr nicht geben was sie braucht, O´ Gardey!“ Kam es dann traurig von Alistair zurück.
„Ich kann ihr auch nicht geben, was sie braucht, Alistair, das weist du!“ Bemerkte Cameron ebenso traurig. „Vielleicht findet sie jemanden, der sie besser behandelt, wie wir beiden!“
„Du bist mir nicht böse, Cameron?“ Fragte Alistair plötzlich überrascht.
„Ich kann dir nicht böse sein, Highlander! Ich bin enttäuscht, dass du sie sitzen gelassen hast, ja. Aber böse nicht, weil ich sie genauso sitzen gelassen habe, und das zweimal! Alistair ich bitte dich nur, lass deine Söhne nicht ganz im Stich, sie sind ein Teil von dir und ich weis, wie es sich anfühlt, wenn dein Vater dich nicht liebt!“ Wieder herrschte eine Weile schweigen in Camerons Gedanken, dann klang Alistairs Stimme als würde er weinen.
„Ich liebe Gordon und Cody, Cam! Ich hab Dorian gesagt, dass er die beiden Rabauken in ein paar Tagen mitbringen darf. Erst muss ich jedoch wieder richtig zurechtkommen, sicher ist es nicht schön, wenn sie ihren Papa betrunken vor sich sehen!“ Alistair gab seine Schwäche zu. „Ich leide genauso wie Jessy, hoffe, dass sie wenigstens meine Taufgeschenke für die beiden Racker akzeptiert. Cam es ist besser, wenn ich jetzt gehe, Kilians Gedanken kommen deinen näher!“ Es stimmte, Cameron merkte, dass Kilian versuchte seine Mauer zu durchbrechen.
„Schon in Ordnung Alistair! Ich versprecht dir, dass ich auf die Drei aufpassen werde. Vielleicht sieht man sich mal wieder!“ Damit brach Cameron den Kontakt zu Alistair ab, warf Kilian einen kurzen Blick zu, der deutlich machte, dass er nicht hier reden würde. Der Krieger der Schatten akzeptierte es. Jessica beruhigte sich langsam wieder, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht, als Kilian den Jeep vor der Gemeinschaftshütte parkte. Drinnen war das Fest bereits im Gange, fröhliches Gelächter empfing die drei Schattenkrieger. Natürlich waren Gordon und Cody die Stars der Feier, wurden von allen geherzt, auch wenn sie den grauen und den schwarzen Wolf mit den roten Flecken im Moment interessanter fanden. Patrick und Kim spielten ausgelassen mit ihren Patenkindern. Als sie jedoch Jessica bemerkten, verwandelten sich die beiden Wölfe erst einmal zurück. Während Gordon sich nun mit Coreys langen Haaren beschäftigte, begann Cody zu weinen, weil der Wolf weg war. Jessica nahm ihren Sohn auf den Arm, tröstete den kleinen Vampir. Der sich schnell beruhigte, als es die ersten Geschenke für ihn und seinen Zwillingsbruder gab. Conners Bild rührte Jessica erneut zu Tränen, selbst den Rahmen hatte er selbst gezimmert. Tröstend legte sich jetzt Reas Arm um ihre Schulter, gab Jessica auf die gleiche Weise halt, wie sie es bei ihm getan hatte. Die letzten Geschenke gab ihr Dorian. Zwei aus weichem Leder gefertigte Teddybären, die die Zwillinge mit ihren kleinen Fängen nicht so leicht zerstören konnten. Der eine war hellbraun, der andere dunkelbraun. In einem der Päckchen lag zudem ein Brief, den Jessica jetzt jedoch nicht öffnen wollte. Sie würde sich später die Zeit dazu in ihrer Hütte nehmen, wenn die Zwillinge ihren Mittagsschlaf machten. Ihr neues Zuhause befand sich neben dem ihrer Brüder. Dort war sie nah bei Kilian und Kiran, die ihr jetzt den meisten Halt gaben. Mit Colin hatte Jessica begonnen lange Gespräche über ihre Beziehung mit Alistair zu führen. Verschwieg jedoch weiterhin große Teile.
Als jetzt das Essen aufgetragen wurde, aß sie seit Tagen noch einmal richtig. Die vielen verschiedenen und internationalen Gerichte waren zu verlockend. Es gab irische, schottische, walisische, deutsche, finnische und spanische Leckereien. Nach dem Essen machten die Krieger Musik, zwei Zinnflöten, eine Trommel, Gitarren und zwei Dudelsäcke brachten Gordon und Cody zum Glucksen. Bis sie schließlich müde von dem anstrengenden Morgen in den Armen von Jessica und Patrick einschliefen. Mutter und Onkel brachten sie in ihre Bettchen. Jessica musste ihrem Bruder versprechen, dass sie wieder in die Gemeinschaftshütte käme, wenn die beiden Vampir-Zwillinge wach waren. Jetzt fand sie die Zeit, den Brief zu lesen, der bei den beiden Teddys gelegen hatte, die mit den Zwillingen schliefen. Als erstes bemerkte Jessica die alt wirkende Handschrift des Verfassers.

Liebste Jessy!
Ich hoffe die beiden kleinen Rabauken hatten eine schöne Taufzeremonie. Es tut mir leid, wenn ich diesen Weg nicht mit dir gegangen bin. Aber diesen Schmerz wollte ich uns beiden ersparen.
Du sollst wissen, dass ich meine Söhne liebe, so wie ich auch dich geliebt habe! Die Zeit mit dir war unendlich schön, mo beag! Doch ich bin ein Soldat und ich habe gemerkt, dass es nicht mein Weg ist, mich ewig zu binden. Vielleicht hätten wir nicht heiraten dürfen, denn erst danach hab ich dir die Freiheit genommen. Es war falsch, dass ich dir alles mögliche verboten habe. Es war falsch, dir deine Freiheit zu nehmen, denn die ist es, die du am Meisten brauchst!
Ich bin ein Einzelgänger, kann mich anderes wie Dorian und Corey nicht wirklich binden. Als wir noch nicht verheiratet waren, war es für mich einfacher. Das ich den Bund nicht richtig geschlossen haben, ist mir übrigens erst aufgefallen, als Dean und Kilian ihn wieder lösten. Ich hatte nach der Hochzeit Angst dich zu verlieren, Jessy. Doch gerade das hab ich nun erreicht! Jetzt ist es für mich zu spät, es zu ändern.
Du sollst wissen, dass ich es dir gönne, wenn du wieder einen Partner findest, jemand der dich und die Zwillinge liebt. Für Gordon und Cody möchte ich gerne der Papa bleiben, ich möchte unsere Söhne aufwachsen sehen!
Ich werde die Zeit mit dir nie vergessen und der Platz in meinem Herzen, wird immer deiner bleiben. Doch es würde keinen Sinn machen, wenn wir es noch einmal gemeinsam versuchen, mo beag! Ich würde dich nur wieder verletzen!
Hoffentlich gefallen Gordon und Cody die Teddys, Dorian hat mir erzählt, dass sie die Stofftiere mit ihren kleinen Fängen zerfetzen, diese dürften hoffentlich etwas länger wie einen Abend halten. Ich habe sie mit Liebe für die beiden selbst gemacht!
Dir wünsche ich, dass du wieder glücklich wirst!
In Liebe zu meiner Familie
Alistair McDonald



Jessica wischte sich die Tränen aus dem Gesicht, so viel Ehrlichkeit hätte sie niemals von Alistair erwartet. Er hatte doch noch verstanden, was er falsch machte. Sah für sich selbst ein, dass es keinen Sinn ergab, wenn er zurück kam. Jessica tat es im Moment weh, trotzdem war sie dankbar dafür, dass er ihr die Wahrheit gesagt hatte. Wieder spürte sie einen Arm um ihre bebenden Schultern. Dunkelbraune Augen schauten sie besorgt an. Nico saß neben ihr auf der Bettkante. Der Mann, der ihr jetzt schon zweimal das Leben gerettet hatte. Der Seelentröster, der noch immer auftauchte, wenn es jemanden schlecht ging. Der in den letzten Tagen wieder an zwei Betten gewacht hatte, denn die Menschen unter den neuen Krieger entschieden sich langsam für ein Dasein als Wolf oder Vampir. Da sie feststellten, dass diese doch keine Monster waren, wie es MacNamara gesagt hatte. Nico zog Jessica jetzt ganz in die Arme, legte den Kopf auf ihren Scheitel und gab ihr seine Wärme. Die Geborgenheit, die sie genauso brauchte, wie damals als Cameron sie das zweite Mal verließ. Erst als die Zwillinge aufwachten, löste Nico die feste Umarmung. Ohne ein Wort nahm er Gordon auf den Arm, der in seinem Bettchen unruhig wurde, ließ den kleinen Vampir an seinem Finger nuckeln, als sich die winzigen Fänge hinein bohrten. Jessica stillte derweil Cody, der ebenso Durst hatte, wie sein größerer Bruder. Der Spanier hatte sich diskret abgewandt schaute mit Gordon aus dem Fenster.
„Ich war, bevor du dich verletzt hast, bei Alistair, Jessy!“ Kam es nun leise vom Fenster. „Konnte einfach nicht mehr sehen, wie du leidest!“
„Und hat er dich rausgeschmissen, wie den Krieger des Lichts, der auch mit ihm reden wollte?“ Nico wand sich halb Jessica zu, als sie sprach. Sah dass sie den Träger des Kleides wieder nach oben schob.
„Nein, zwar war er nicht begeistert, als ich kam, aber rausgeworfen hat Alistair mich nicht! Vielleicht war Dean einfach zu hart mit ihm. Alistair war sogar ziemlich ehrlich mit mir, Jessy, er hat vor mir geweint. Außerdem konnte ich riechen, dass er getrunken hat, auch wenn nirgendwo Alkohol stand.“ Beantwortete Nico die Frage und setzte sich mit Gordon neben Jessica.
„Ich weis, er hat in seinem Brief geschrieben, dass er trinkt. Wenigstens will er die Zwillinge wiedersehen, was mir für sie wichtig ist! Kommt ihr zwei, wir haben versprochen, dass wir wiederkommen, wenn ihr ausgeschlafen habt!“ Jessica stand auf, kam allerdings nur bis zur Tür. Die jetzt von Dorian versperrt wurde. Er nahm ihr Cody aus dem Arm. Nico reichte über Jessica hinweg Gordon an Gavin weiter.
„Die beiden gehen feiern, du unterhältst dich jetzt erst mal mit Nico! Jessy, dir geht es mehr als schlecht und keiner von uns hat Lust, dich leiden zu sehen. Besonders deine Brüder und ich nicht! Alistair sagt nicht viel über eure Beziehung, nur dass er ein paar sehr große Fehler begangen hat. Jessy ich weis, wie sehr du Nico vertraust, rede mit ihm, bitte und nicht wegen Gordon und Cody, sondern deinetwegen!“ In Dorians Augen lag Sorge und Traurigkeit, als er sprach. Jessica spürte Nicos Hände auf ihren Schultern, warm und sanft. Dann schloss sich die Tür vor ihr, die beiden Schotten und die Zwillinge waren fort. Nico ließ ihre Schultern los, trat wieder ans Fenster, um ihr etwas Zeit zu lassen. Die Vampirin betrachtete den Wolf. Die langen dunkelbraunen Haare wurden von der Spange nur an den Seiten zurückgehalten, ergossen sich in sanften Locken über seinen Rücken und das kurzärmlige dunkelblaue Hemd. Man sah dem Wolf an, dass er seinen Körper in Form hielt, er war noch immer schlank, doch hatte er deutlich an Muskelkraft zugelegt, was ihm stand. Der Silberdolch mit den funkelnden Steinen und die geschnürte Lederhose machten den Krieger komplett. Nico hatte sich von allen hier am meisten verändert. Er setzte sein Talent als Betriebswirt für die Gruppe ein, plante mit Dorian die Geschäfte des Dorfs. Übten jedoch genauso mit den anderen Kriegern seine Kampftechniken, oder saß mit Colin und Ville zusammen, die ihm ihr psychologisches Wissen beibrachten. Dorians Spanischunterricht kam dabei auch nicht zu kurz, war Nico beschäftigt, brachte ihm Vincente seine Muttersprache bei. Jessica stellte fest, dass Nico eigentlich die Art von Mann war, die sie mochte. Liebevoll und ruhig, darauf bedacht, dass er einem seine Freiheit ließ, gleichzeitig hielt er jedoch schützend seine Hände über die Krieger im Dorf. Er war da, wenn man jemanden zum Reden brauchte, ließ einen in Frieden, wenn man seine Ruhe wollte. Auch jetzt stand Nico nur am Fenster und drehte sich eine Zigarette für später. Jessica fühlte sich plötzlich in ihrem Kleid unwohl. Sie stand auf und zog es aus, im Spiegel neben ihrem Bett, sah sie, dass der Spanier sie betrachtete. Lächelnd zusah, wie Jessica das lange Kleid gegen ihre Lederhose und das schulterfreie Top tauschte, sich die Haare zu einem Zopf flocht und auch ihren Dolch wieder anlegte.
„So eine hübsche Kriegerin und so von der Männerwelt verletzt!“ Bemerkte Nico leise, fügte etwas auf spanisch hinzu, dass Jessica wohl nicht verstehen sollte.
„Nicht von der ganzen Männerwelt, nur von ein paar Nico!“ Bemerkte Jessica leise und schaute zu, wie er näher kam. „Cam versteht mittlerweile, dass er mich nicht mehr bekommt, genauso wie Kim. Ich hoffe, Alistair und ich können irgendwann auch wieder normal miteinander reden. Obwohl ich bei ihm sicher lange dafür brauchen werde, nach allem!“ Gestand sie und ließ zu, dass Nico die Arme um ihre Mitte legte. Mit dem Kopf auf ihrer Schulter, sah er ihr im Spiegel in die Augen. In traurige und verletzte dunkelblaue Augen.
„Er hat dir ganz schön weh getan, nicht wahr? Fast so, wie dieser John Miller, von dem mir Kiran und Conner erzählt haben.“ Jessica nickte, ihre Augen füllten sich wieder einmal mit roter Flüssigkeit. „Du wusstest vor ein paar Tagen, dass ich komme, oder? Du liebst deine beiden Jungs zu sehr, um sie alleine zu lassen! Es war ein Hilferuf, weil du es anderes nicht konntest. Blockiert Alistair immer noch deine Gedanken, wie nach dem er das Dorf verlassen hat?“ Wieder erhielt Nico ein Nicken und die Tränen begannen zu laufen. Im Spiegel sahen beide den großen weißblonden Vampir, der urplötzlich in der Tür stand. Alistair wirkte müde, die eisblauen Augen waren leer. Nico spürte, wie er seine Gedanken blockierte, nur für ein paar Worte. Er wolle mit ihnen wo anders sprechen, ließ er die beiden vor dem Spiegel wissen. Corey warte mit einem der Jeeps vorm Dorf, er solle sein Zeuge sein. Während Jessica weiter leise weinte, verstand Nico und ließ seinen Bruder, Dean, Kilian und Dorian wissen, dass er mit Jessica spazieren gehen würde. Alistair verschwand auf dem gleichen Weg zwischen den Hütten, den er gekommen war. Nico ging mit Jessica langsam durchs Dorf. Er wusste, was Alistair gesehen hatte, wie nah er der Mutter seiner Söhne gekommen war. Trotzdem spürte er, dass der Vampir diese Nähe akzeptierte.


Kapitel 2



Gemeinsam mit Corey und Alistair, der sich in Schweigen hüllte, fuhren Jessica und Nico zu den heißen Quellen. In der zweiten Höhle, hatte sich scheinbar jemand auf dieses Gespräch vorbereitet. Die Höhle war in warmes Kerzenlicht getaucht. Ein kleines Feuer brannte in der Mitte, eine Kanne mit Indianertee stand klappernd daneben. Um das Feuer lagen ein paar Decken, auf die man sich niederlassen konnte. Wortlos wies Alistair die Anderen an sich zu setzten. Er achtete darauf, dass er nicht neben Jessica saß, sondern ihr gegenüber, das Feuer zwischen ihnen, Nico und Corey jeweils an ihren Seiten. Die Stimme des Schotten klang rau und ausgezehrt, als er das Schweigen brach.
„Ihr sollt wissen, dass mir dieser Schritt nicht leicht fällt. Deswegen bitte ich euch, lass mich zu Ende sprechen, bevor ihr Fragen stellt! Ich bitte euch Corey und Nico, haltet Jessy, denn ich werde sie wieder verletzen, wenn ich euch erzähle, was geschehen ist. Dich, Jessy, flehe ich an, hör mir zu! Ich weis, ich habe meine Chancen, dich zu halten schon lange verspielt, schon bevor die neuen Krieger kamen!“ Alistair machte eine Pause, goss sich selbst und den Anderen Tee ein, steckte sich dann zu Nicos Überraschung eine Zigarette an. „Ich habe wohl das Wort Ehe falsch verstanden, vielleicht sehe ich dies alles noch zu altmodisch. Denn früher war es so, dass die Frau dem Mann zu gehorchen hatte, sie war sein Eigentum. Doch wir leben nicht mehr in der Zeit, in der ich aufgewachsen bin. Du bist eine starke und selbstbewusste Frau, Jessy, eine Kriegerin, die ihren eigenen Willen hat. Ich jedoch hab dich zu Dingen gezwungen, die du nicht wolltest. Beruhte unsere Liebe vor der Ehe auf Gemeinsamkeit und freien Willen, so war es nach der Hochzeit nur noch mein eigener Wille, der für mich existierte! Ich hab meine Frau dazu gezwungen mit mir ins Bett zu gehen, wann ich es wollte! Wolltest du nicht, hab ich mir einfach genommen, was ich wollte. Du hast es aus Liebe zugelassen, doch wenn du dich wehrtest, hab ich …“ Alistair schluckte, Tränen traten in seine Augen. „… hab ich dich nicht nur einmal geschlagen. Ich hab dich behandelt, wie es früher die Offiziere mit ihren Soldaten taten. Gehorchten sie nicht, wurden sie gefügig gemacht! Ich hab dir sämtlichen Umgang mit den Anderen verboten, damit meine Schandtat nicht ans Licht kam! Ich hab dich versucht deinen Brüdern zu entziehen, deinen anderen Freunden, zeitweise wollte ich sogar nicht, dass du zu den Ritualen gehst. Ich hab dir alle Freiheit genommen, die du hattest, Jessy, bin dir überall hin gefolgt, wenn du unsere Hütte verließest! Ich hab dich praktisch zu meiner Sklavin gemacht! Ja, Corey und Nico, ich hab diese wunderschöne selbstbewusste Frau gebrochen, in dem ich sie schlug und missbrauchte!“ Beim letzten Satz brach Alistair die Stimme. Er weinte nun genauso wie Jessica, die zitternd in Nicos Armen lag, kaum mehr in der Lage ihre Teetasse zu halten. Was der Schattenkrieger Corey dann tat, ließ auch Nico vor Entsetzen zittern.
Corey erhob sich, zog Alistair auf die Beine. Zu erst bekam der Schotte nur eine Ohrfeige, dann folgten Tritte und Schläge aller Art, bis Alistair alleine dadurch auf den Beinen blieb, weil ihn Corey fest gegen die Höhlenwand drückte. Zuletzt jagte ihm der ältere Vampir die Fänge in die Kehle, hinterließ eine blutige Spur. Dann fiel der geschundene Körper dumpf zu Boden. Alistair war noch immer bei Bewusstsein, krümmte sich jedoch vor Schmerzen, schrie auf als Corey ihm in die Rippen trat, dass Nico und Jessica sie brechen hörten.
„Jeden Anderen würde ich jetzt umbringen, Alistair McDonald! Doch die jahrhundertealte Freundschaft zu Dorian und dir hindert mich daran. Ich werde dafür sorgen, dass die beiden hohen Krieger erfahren, was du getan hast! Und auch dafür, dass du deine Söhne erst wiedersiehst, wenn sie laufen und sprechen können! Das Dorf wirst du nicht mehr betreten und auch nicht mehr im Kreis der Krieger beten, das schwöre ich dir Alistair McDonald!“ Mit schwarzen Augen wand er sich dem Höhlenausgang zu. „Wir fahren Nico, helf bitte Jessica hier raus!“ Immer noch entsetzt über Corey brutales Handeln, gehorchte Nico ohne Widerspruch, nahm Jessica auf die Arme. Erst am Ausgang fand der Spanier seine Stimme wieder.
„Willst du Alistair hier liegen lassen, Corey?“ Wollte er leise wissen und warf einen Blick auf den Vampir, der sich laut schluchzend vor Schmerz auf dem Boden wand.
„Dorian kann sich später um ihn kümmern.“ Bemerkte Corey kalt, öffnete Nico die Tür des Jeeps, damit er die völlig apathische Jessica hineinsetzten konnte. Bis zum Dorf fiel kein einziges Wort mehr, Corey konzentrierte sich auf den schmalen Weg, über den sie fuhren. Nico hielt einfach nur Jessica fest in seinen Armen. Bestellte über seine Gedanken Lior mit einer hohen Dosis seines Beruhigungsmittels in die Hütte der Schattenkriegerin. Als Corey schließlich den Jeep davor abstellte und selbst die junge Vampirin aus dem Wagen hineinbrachten, war nicht nur Lior dort, sondern auch Raven, Kilian und Dean. Während sich die Indianer um Jessica kümmerten, Kilian mit Corey die Hütte wieder verließ, fiel Nico auf einen Stuhl. Die Gefühle kamen plötzlich bei ihm hoch, er spürte die heißen Rinnsale, die ihm über die Wangen liefen und Deans Hand, die sich auf seine Schulter legte. Dankbar nahm Nico die Rauchkräuter an, als ihm der Lichtkrieger davon hinhielt. Sie beruhigten ihn wieder, sie und Vincente, der irgendwann schweigend die Hütte betreten hatte. Lior und Raven gingen, als Jessica feste schlief. Leise begann jetzt Nico zu erzählen, was sich in den Höhlen abgespielt hatte. Wie wütend und brutal Corey nach Alistairs Geständnis vorgegangen war.
Kilian saß mit Kiran in seiner Hütte, in seinen Armen lag Cody und schlief. Gordon lag in Kirans Armen, schien jedoch noch nicht müde zu sein. Die kleinen Finger zogen immer wieder an dem geflochtenen Zopf, der Kiran über die Schulter hing. Kilians Schultern bebten, er hatte Mühe seine Gefühle zu unterdrücken, legte schließlich Cody behutsam auf sein Bett, wo der kleine Vampir einfach weiter schlief. Kiran zog mit einer Hand die Decke von seinem Bett legte sie vor dem Kamin auf den Boden und Gordon darauf. Dann nahm er Kilian in die Arme, der nun endlich seinen Gefühlen nachgeben konnte. Er strich ihm über den Rücken, behielt jedoch weiterhin den kleinen Vampir im Augen, der jedoch friedlich auf seiner Decke lag und seinen Onkel Kilian beobachtete. Irgendwann begann er zu glucksen, ihn schien der zitternde und schluchzende Wolf zu belustigen. Kilian wand sich aus Kirans Umarmung, sah Gordon einen Moment verständnislos an, dann lachte der Krieger der Schatten.
„Na du bist mir ja vielleicht ein kleiner Blutsauger! Findest es witzig wenn dein Onkel weint! Dir werde ich es zeigen!“ Scherzte Kilian, hob Gordon auf und verschwand mit dem Kleinen nach draußen. Kiran sah vom Fenster aus zu, wie er, den vor Vergnügen quietschenden, Minivampir durch die Luft wirbelte. Dorian kam von Alistair zurück, man sah dem jüngeren Schotten an, dass dieser Besuch ihn bewegt hatte. Der Krieger der Schatten hörte auf, seinen Neffen durch die Luft zu wirbeln und wurde schlagartig wieder Ernst. Drückte den Kleinen liebevoll an sich.
„Wie geht es Alistair?“ Erkundigte er sich.
„Fünf gebrochene Rippen, eine zertrümmerte Nase und ein ange-brochenes Handgelenk. Dazu einige Prellungen und sonstiges, er wird wohl ein paar Tage im Bett liegen, bis die Verletzungen verheilt sind. Hab ihm starkes Schmerzmittel dagelassen. Schlimmer wie die Verletzungen ist jedoch Alistairs seelischer Zustand, Kilian. Ich hab meinen Bruder schon in anderen Situationen erlebt, aber niemals zuvor hab ich ihn mit vom Heulen geschwollenen Augen gesehen. Ich werde wohl die nächsten paar Tage am See bleiben, so kann man Alistair nicht alleine lassen. Egal, was er Jessy angetan hat, wie wütend ich auf ihn bin, er ist mein Bruder und braucht mich jetzt!“ Gestand Dorian leise, tätschelte dabei Gordon den Kopf.
„Das kann ich gut verstehen, wir lassen Jessy ja jetzt auch nicht alleine! Sicher versteht auch Dean dein Handeln, schließlich weis er, wie wichtig Brüder sind! Geh zu Alistair, Dorian, und sag ihm, dass ich ihn nicht noch extra dafür strafe, was er Jessy angetan hat. Coreys Strafe war schon ausreichend genug.“ Dorian nickte, verschwand dann in seiner Hütte, um sich dort einige Sachen zu holen. Kilian ging mit Gordon wieder in seine eigene Hütte.
Jessica erwachte am nächsten Tag wieder, es musste schon fast Mittag sein, denn die Sonne schien nicht mehr direkt durch das Fenster neben ihrem Bett. Etwas warmes und weiches kuschelte sich an ihren Rücken. Vorsichtig wand sich Jessica um, sah dem dunkelbraunen Wolf mit den ebenfalls dunkelbraunen Augen ins Gesicht. Ein leises aber zufriedenes Knurren kam von diesem, als sie ihm das Fell kraulte. Die Vampirin kuschelte sich noch einmal an das weiche Fellknäuel. Schloss noch einmal für einige Minuten die Augen, um die Wärme zu genießen. Dann fielen ihr doch wieder die Zwillinge ein, die ihre Mama jetzt schon einen ganzen Tag nicht gesehen hatten. Schnell war die junge Mutter aus dem Bett. Der Wolf sprang ebenfalls auf, stieß mit der Schnauze gegen die Tür, damit sie ihm Jessica öffnete. In Gedanken ließ Nico sie noch wissen, dass die Anderen bereits beim Mittagessen saßen. Diesmal wählte Jessica die dunkelblaue, ebenfalls schulterfreie Korsage zur Lederhose, ließ die Haare offen und steckte sie nur mit der Silberspange zurück, wieder fehlte der Dolch am Gürtel nicht. Erst als sie die Gemeinschaftshütte betrat, stellte sie fest, dass sie eigentlich nur einem bestimmten Mann gefallen wollte. Dem Mann der gerade einen ihrer Söhne im Arm hielt. Cody begann zu plappern, als er seine Mama wahrnahm. Dunkelgrüne Augen wanden sich Jessica zu, sie lächelten, was sie selten taten. Tristan, der ruhigste Schattenkrieger von allen. Derjenige, der oft nur in Jessicas Gedanken anwesend war, ihr jedoch auf eine Art half, die ihr selbst Nico nicht gab. Sie war sich fast sicher, dass er den Spanier unbemerkt beeinflusst hatte, als sie sich die Adern auftrennte. Während der Deutsche ihr nun Cody reichte, berührten seine Finger kurz ihren Arm. Ein warmer Schauer lief über Jessicas Körper, hinterließ ein Prickeln auf ihrer Haut. Tristan lächelte mit gesenkten Augen, strich Cody noch einmal über das kleine Köpfchen. In der Geste lag so viel Liebe, wie sie Jessica nie von ihm erwartet hätte. Dann ging der Vampir zu seinem Platz zwischen Jeremys Männern. Immer wieder spürte sie jedoch die kurzen Blicke in ihre Richtung. Seine Gedanken streiften sie gelegentlich, er sprach sie jedoch nicht an. Gordon wollte nun ebenfalls nach seiner Mama, Conner setzte sich neben Jessica, behielt den Jungen jedoch auf dem Schoß. Damit sie wenigstens eine Hand zum Essen frei hatte. Nach diesem gingen die neuen Krieger zum Kampftraining, die Anderen auf die Jagd oder in ihre Hütten. Nico, Vincente und Tristan hatten heute Spüldienst. Jessica blieb einfach bei ihnen, da Gordon und Cody gerade entdeckten, dass man ja auch über den Boden robben konnte. Sie gönnte sich eine Zigarette und sah ihren Söhnen zu. Dem etwas ungestümen Gordon und dem ruhigen Cody. Nur einen Moment sah Jessica nicht hin, als einer der Beiden sich an einem Stuhl das kleine Köpfchen stieß und zu schreien begann. Tristan war schneller bei dem kleinen Schreihals, hob Gordon auf.
„Hey kleiner Krieger, ist doch nicht so schlimm! Komm schon Gordon nicht weinen, Onkel Tris ist ja da, bringt dich nach deiner Mama!“ Der Schattenkrieger wiegte den kleinen Vampir sanft in den Armen. Wieder lag unendliche Liebe in den dunklen Augen. Er brachte Jessica ihren Sohn, erneut war es eine zufällige Berührung, die Jessica einen Schauer über den Rücken trieb. Kurz funkelten die dunkelgrünen Augen, dann wand sich Tristan wieder seiner Arbeit zu. Sie schnappte sich die Zwillinge und ging mit ihnen im Dorf spazieren. Vor dem Kampftrainingsplatz blieb sie stehen, ihr letztes Training war schon Monate her. James Damon und Patrick übten sich gerade im Schießen mit den neuen Gewehren, die Kilian aus Anchorage mitgebracht hatte. Jessica stellte den Kinderwagen ab, ging zu den beiden Schattenkriegern und bat Patrick darum auch einmal schießen zu dürfen. Ihr Bruder erklärte ihr die neue Waffe, sie traf nicht schlecht, bemerkte jedoch, dass sie etwas aus der Übung war. Genauso erging es ihr beim Zweikampf mit Conner, der sie natürlich mal wieder nicht schonte. Kilian sah ihr dabei zu.
„Du solltest dein Training wieder anfangen Schwesterchen!“ Bemerkte er mit einem Lächeln. „Die beiden kleinen Rabauken sind hier auch gut aufgehoben.“ Meinte er mit einem Blick auf Raven und White Snow die mit den Zwillingen im Kinderwagen alberten, Fratzen schnitten und Indianerkinderlieder zum Besten gaben.
„Ja da hast du Recht, jetzt verbietet es mir ja keiner mehr!“ Meinte Jessica dazu, Kilians Grinsen wurde schelmisch, er zog seine Schwester von den Anderen fort.
„Tristan ist nicht so einer wie Alistair, Jessy! Er mag dich mehr, als er zugeben will!“ Flüsterte Kilian nun ganz leise. „Ich vertrau ihm!“
„Du hast es doch bemerkt, oder?“ Jessica sah auf den Boden.
„Er passt schon länger auf dich auf, außerdem hat er mich gefragt, ob ich etwas dagegen hätte! Magst du Tris?“ Kilian ging mit seiner Schwester zum Kinderwagen.
„Ja, ich mag ihn, er ist oft einfach nur in meinen Gedanken. Was mir wirklich hilft, Lian! Außerdem scheinen Gordon und Cody ihn auch zu mögen. Aber ich brauch etwas Zeit, möchte jetzt einfach nur in die Arme genommen werden. Ich weis nicht, ob es das ist, was Tristan will!“ Gestand Jessica, während sie Kilian zurück zu ihrer Hütte begleitete.
„Ich könnte damit leben, Jessy!“ Bemerkte plötzlich eine ruhige Stimme hinter ihnen. „Ich will ja nur, dass du wieder glücklich wirst, dass wir vielleicht, wenn du es willst, zusammen glücklich sein können!“ Tristan legte vorsichtig die Hand auf Jessicas Arm. Der Krieger der Schatten ließ die Beiden alleine, sah zu, wie Tristan Jessica den Kinderwagen abnahm.
„Ich hab Kinder Tris, ich kann nicht mit dir und den Anderen Party machen!“ Hörte er sie jetzt sagen.
„Damit kann ich auch leben! Wenn du mir zeigst, wie es geht, wechsle ich sogar noch Windeln. Jessy, ich mag dich so wie du bist und ich mag die beiden kleinen Blutsauger hier im Wagen! Ich will wirklich, dass ihr glücklich werdet, dass Gordon und Cody nicht ganz ohne Papa aufwachsen müssen! Du sollst nachts nicht mehr weinen, Liebling!“ Tristan hob die Hand und strich Jessica über die Wange. „Wenn ich dich nur in den Armen halten darf, ist das schon viel für mich, Jessy!“ Die dunkelgrünen Augen funkelten glücklich. Jessica sah wieder die Liebe die darin lag, das innere Glück, welches Tristan im Moment empfand. Sie konnte nicht anders, nahm den Deutschen in die Arme.
„Dann kannst du gleich mal Windeln wechseln üben, Tris!“ Grinste Jessica gemein und bekam einen Knuff in die Rippen.
„Hexe!“ Zischte Tristan gespielt böse.
„Nö, Vampirin und die beiden Kleinen auch!“ Jessica landete in ihrer Hütte auf ihrem Bett, Tristan über ihr. Seine Rache war ein zarter und sanfter Kuss auf die Lippen. Jessica schloss die Augen, genoss die so leichte Berührung.
Dorian betrachtete Alistair, der in Nicos altem Bett lag und dank einer Dosis von Liors Medizin schlief. Niemals zuvor hatte der Vampir seinen Bruder so gesehen. Völlig gebrochen, vom Schmerz gezeichnet, kaum fähig seine Gefühle zu beherrschen. Alistair war eine starke Person, körperliche Schmerzen machten ihm nicht viel aus, er hatte sie schon oft gespürt. Doch dieses Mal waren es nicht nur die körperlichen Wunden, sondern auch die seelischen, die zur Qual wurden. Dorian fand vor ein paar Minuten einen Abschiedsbrief, in dem dieser noch genauer beschrieb, was er seiner Exfrau angetan hatte. Der Brief hatte bei einem mit Silberkugeln gefüllten Revolver gelegen. Der Jüngere war sich sicher, hätte Corey seinen Bruder nicht auf brutalste Weise zusammengeschlagen, dann wäre dieser jetzt nicht mehr am Leben. Dorian spürte, dass jemand die Hütte betrat, er stand auf und ging in den Wohnraum. Überrascht stellte der Vampir fest, dass der Krieger des Lichts selbst an der Anrichte stand und Kaffee kochte. Dean wand sich ihm zu, musterte den silberblonden Vampir, dem man deutlich die Sorgen um seinen Bruder ansah. Wortlos reichte Dorian dem Krieger des Lichts Alistairs Abschiedsbrief. Dieser ließ sich am Tisch nieder und begann zu lesen. Jedes einzelne Wort ging unter die Haut, trieb Dean, genauso wie Dorian zuvor, Schauer über den Rücken. Wie hatte es Jessica geschafft so lange durchzuhalten? Wie Alistair, den Schein von einer glücklichen Ehe zu wahren? Fragen die sich nicht nur Dean stellte. Keiner von ihnen bemerkte etwas, weder Kilian noch ein Anderer, oder gab es doch jemanden, der etwas bemerkte? Was war mit Tristan und Patrick, die in den letzten Monaten zunehmend kälter gegenüber Alistair wurden? Dean schaute auf, als ihm Dorian eine Tasse Kaffee hinstellte. Der Schotte hatte eine Zigarette im Mundwinkel und ein roter Tropfen hing in den silberblonden Wimpern. Er bemerkte zum ersten Mal, dass dieser wirklich zwischen Jessica und Alistair stand. Der Schotte versuchte für beide und die Zwillinge da zu sein. Vergaß dabei seine eigenen Probleme, die er zweifellos hatte. Dorian war in den letzten Monaten noch ruhiger geworden, doch Dean wusste, dass der Vampir sein Lachen nicht verlernt hatte.
„¿Quieres hablar, mi amigo? Möchtest du reden, mein Freund?“ Wollte Dean leise wissen. Dorian griff nach dessen Tabakbeutel, er wusste, Dean hatte immer ein wenig der Rauchkräuter darin.
„Kümmert sich Tris um die Kleine? Jessy braucht jetzt jemanden, der sie zu nichts zwingt!“ Stellte Dorian fest, ging allerdings nicht direkt auf die Frage des Lichtkriegers ein.
„Ja, Tristan kümmert sich um Jessy, Dorian! Aber ich will wissen, wie es dir geht, nicht über Jessy und die Kids reden!“ Gab Dean zurück.
„Wie soll es mir gehen? Hier liegt Alistair in einem Zustand, der mir bald schon Angst macht und im Dorf leidet eine Frau, die mir zudem sehr viel bedeutet! Ich steh zum zweiten Mal vor dem Scherbenhaufen einer Familie, meiner Familie. Denn das sind Alistair, Jessy und die Zwillinge! Mein Bruder entpuppt sich als skrupelloser Vergewaltiger, der meiner Schwägerin so viel Leid angetan hat. Ich hab versucht, mit ihm zu reden, aber ich hab total versagt! Dean, wenn ich nicht aufpasse, bin ich der Nächste, der hier zusammenbricht!“ Gestand Dorian nun leise ein. Die Träne löste sich aus den silberblonden Wimpern.
„Du wusstest, dass Alistair Jessy verletzt?“ Wollte Dean hart wissen, begann jetzt ein Verhör. Der Vampir vor ihm, hielt jedoch dem bohrenden Blick stand.
„Ich wusste, dass die beiden Probleme miteinander hatten, mehr nicht Dean! Jessy hat mir mal gesagt, dass Alistair sie einengt, deswegen hab ich mit meinem Bruder versucht zu reden. Aber gebracht hat es ja nichts, wie du siehst!“ Er senkte den Blick auf seine Kaffeetasse.
„Mach dir keine Vorwürfe, Dorian! Wir waren doch alle machtlos! Jessy kommt schon wieder in Ordnung, mit der Hilfe von Tristan, Nico und ihren Brüdern. Alistair sicher auch, bis der Winter kommt, wird es deinem Bruder wieder besser gehen!“ Dean legte ihm die Hand auf den Arm. Bis zum Winteranfang war es nicht mehr sehr lange. Der erste Schnee würde sicher schon in zwei Monaten kommen. Die Indianer waren sich einig, dass dieser Winter schlimmer werden würde, wie der letzte. Dean verbrachte die Nacht bei Dorian und Alistair, fuhr erst vor dem Morgenritual zurück ins Dorf. Ließ somit die beiden Schotten wieder alleine. Der Jüngere ging zurück zu seinem Bruder, kniete dort vor dem Fenster nieder und verrichtete sein Ritual. Während hinter ihm der Ältere sich in einem Alptraum auf dem Bett wälzte. Gemurmelte Worte in gälischer Sprache, die Dorian nicht verstand. Doch dann wurden sie deutlicher und er begriff, dass Alistair von der Nacht träumte, in der er ihm das Leben rettete. Weitere Situationen folgten, bis dem Schotten Schweiß aus den Poren trat und er mit einem Schrei aufwachte. Die eisblauen Augen glitten verstört durch den Raum, blieben in einem Paar türkisblauen Augen hängen, die sich über ihn beugten. Dorian wischte ihm den Schweiß von der Stirn, nahm dann die zitternde Hand, die seine suchte. Niemals zuvor hatte er Angst in den Augen seines Bruders gesehen, jetzt sah er sie nur all zu deutlich. Draußen näherte sich ein Motorrad den Hütten am See, doch es war nicht Corey der kam, denn dieser hatte geschworen, Alistair nicht mehr zu besuchen. Der Krieger, der sich den Hütten näherte, ließ keinen in seine Gedanken. Es gab nur wenige, die es schafften, sich vor Dorian und Alistair im Verborgenen zu halten. Dean, Kilian, Colin und Patrick gehörten dazu, genauso wie Tristan und Vincente, die sich als sehr starke Schattenkrieger entpuppt hatten. Die Hüttentür wurde geöffnet, Alistair drückte Dorians Hand fester, Schritte von schweren Motorradstiefeln erklangen. Ein Helm und eine Lederjacke wurden im Wohnraum abgelegt. Nur Augenblicke später stand ein schwarzhaariger Schattenkrieger in der Tür, die dunkle Sonnenbrille lässig in den offenen Haaren. Waffenlos, wie Dorian feststellte, allerdings nicht wehrlos, denn dieser junge Mann gehört zu den besten Nahkämpfern. Patrick O´ Harra musterte den Schotten, der blass und zitternd im Bett lag, wirklich wehrlos. Ohne ein Wort setzte sich der junge Wolf auf die Bettkante, hielt ihm sein Handgelenk an die Lippen. Der Vampir wand den Kopf ab, sah seinen Bruder an.
„Keiner der Anderen weis, dass ich hier bin Alistair. Ich weis, es ist gemein von mir, zu kommen, wenn du wehrlos bist!“ Patricks Stimme war ruhig und erstaunlich warm. Der Angesprochene wand nun doch den Kopf zurück, stieß schwach die Fänge in das dargebotene Handgelenk und trank. Dorian stand auf, er würde nun auch jagen gehen, erklärte er, ließ dann den Iren und seinen Bruder alleine.
„Warum bist du gekommen Patrick? Gerade du, der Mann der schon vor ein paar Tagen mit der Pistole in der Hand vor mir stand!“ Alistair dachte an das Erlebnis vor der Taufe seiner Kinder, daran, dass ihn Patrick gezwungen hatte, der Zeremonie fernzubleiben. Damit er Jessica nicht noch mehr Schaden zufügte.
„Jessy hat heute Nacht ihr Schweigen gebrochen McDonald! Selbst Colin konnte die Geschichte nicht glauben, er ist weinend zu Ville, um ihm sein Herz auszuschütten. Sean und Kiran besaufen sich gerade, Kilian und Tristan kümmern sich um Jessy und die Kinder. Gordon und Cody fangen übrigens bald an zu krabbeln. Ich bin gekommen, weil ich nicht nur Jessys Version hören wollte. Ich will wissen, was der Mann gefühlt hat, der meiner Schwerster dieses Leid angetan hat!“ Erklärte Patrick und sah auf Alistair hinab.
„Warum, Rick, was bringt es dir? Ich hab meine Ex-Frau geschändet, geschlagen und wie eine Gefangene behandelt! Was ich gefühlt habe? Macht, die Macht jemanden voll und ganz zu besitzen! Ich wollte sterben, nach dem ich mit Jessy, Nico und Corey gesprochen hatte. Ich wollte meinen Kindern ein besseres Leben bieten, mit einem Papa der für sie da ist, der ihre Mama liebt. Die Pistole lag schon geladen auf dem Tisch, der Abschiedsbrief daneben. Doch Corey hat alles zu Nichte gemacht, weil er mich zusammenschlug! Ich bin es nicht mehr wert zu leben, Patrick!“ Er schloss die Augen, lieferte sich in diesem Moment aus.
„Das erzählst du einem Mörder? Jemandem der mehrere Menschen auf dem Gewissen hat?“ Kam es jetzt von Patrick. „Was du meiner Schwester angetan hast, McDonald, war ein riesiger Fehler! Aber deswegen zu sterben, lohnt sich nicht. Jessy geht es schon etwas besser, sicher sie leidet sehr, aber sie hat so viele Leute, die für sie da sind. Sie ist in die Hütte neben Lian und Kiran gezogen, Alistair. Dort hin, wo sie nicht mehr alleine ist. Tristan verbringt oft die Nacht bei Jessy, tröstet sie, wenn sie weint. Nein Alistair, die beiden sind nicht zusammen, nicht auf diese Art!“ Warf Patrick ein, als er den traurigen Blick des Schotten sah.
„Ich hab kein Anrecht mehr auf deine Schwester. Wenn ihr Tristan das geben kann, was ich nicht konnte, dann ist es gut!“ Eine Träne rollte über Alistairs Wange, machte klar, dass er wirklich litt. „Bitte Patrick geh, lass mich alleine, bis Dorian zurückkommt. Mach dir keine Sorgen, Schattenkrieger, ich werde weiter existieren!“
„Ville lässt ausrichten, dass er bereit ist dir zu helfen, wenn du jemanden zum Reden brauchst!“ Ließ Patrick den Schotten wissen.
„Sag ihm, dass ich vielleicht später darauf zurückkomme, Rick! Und sag Corey, dass ich ihm verzeihe, ich es verdient habe!“ Patrick nickte schon an der Tür, schloss sie dann hinter sich. Gedankenverloren verließ er die Hütten am See, fuhr noch eine Weile einfach mit dem Motorrad durch die Wälder bevor er zum Abendessen ins Dorf zurückkehrte. Sein Weg führte sofort in Deans und Pádraigs Hütte, wo auch Kilian auf ihn wartete. Die beiden hohen Krieger hatte er nicht aus seinen Gedanken ausgeschlossen, so dass sie sahen, wie schlecht es Alistair ging.
Dorian blieb eine ganze Woche bei seinem, so lange, bis er sich sicher war, dass dieser keine krummen Dinger drehen würde. Von Patrick, Kilian und Dean, erhielt er oft Gedankenbilder, die er an Alistair weitergab. Bilder von den beiden kleinen Zwillingen, die ihre Teddys für nichts auf der Welt hergaben. Sie waren ihr liebstes Spielzeug, lieber noch, als die geschnitzten Tier von Kevin und den Indianern. So oft es ging, nahm jemand die beiden Rabauken Jessica ab, damit diese ein wenig Zeit für sich selbst hatte. So sah Alistair seine Söhne aufwachsen, auch als Dorian schon längst wieder im Dorf war. Corey besuchte seinen Freund oft, hatte sich für die Schläge entschuldigt. Tristan und Jessica fanden immer mehr zusammen, gingen jedoch noch getrennte Wegen. Der Deutsche schaffte es immer wieder, die junge Frau zum Lachen zu bringen. Gab ihr die Kraft die sie für ihre Kinder brauchte. Kurz vor dem ersten Schnee waren es Steven Aidan, Matthew und Dean, die Jessica für einen Tag nach Anchorage entführten. Gordon und Cody erlebten ihren ersten Flug, besuchten mit den Erwachsenen ihren ersten Zoo. Seit langer Zeit erlebte Dean noch einmal die Jessica, die er von früher kannte. Sie alberte mit ihren Söhnen, schäkerte mit Matthew und rutschte gemeinsam mit Steven Aidan auf einem Spielplatz mit den Kindern. Irgendwann ließen die MacNamara-Brüder sie eine Weile alleine, nahmen dabei die beiden Zwillinge mit. Der der Krieger des Lichts entführte die Schattenkriegerin in ein kleines Cafe, wo sie in Ruhe reden konnten. Denn Kilian und er hatten beschlossen, dass Alistair den Winter nicht alleine am See verbringen sollte.
„Jessy, Lian und ich haben beschlossen, dass Alistair den Winter nicht am See verbringen soll! Ich wollte dich fragen, ob du etwas dagegen hast, wenn er für ein paar Monate ins Dorf zieht. Natürlich nicht direkt in eure Nähe!“ Dean trank einen Schluck von seinem Kaffee, beobachtete über den Tisch hinweg Jessicas Gesicht.
„Für mich ist es schon in Ordnung, Dean! Egal was mir Alistair angetan hat, er ist der Vater meiner Jungs und verdient es in Sicherheit zu sein. Außerdem weis ich, dass Tris, Nico und ihr anderen schon auf mich aufpassen werdet!“ Sie lächelte leicht, ihr war der Schotte immer noch nicht egal, etwas Liebe zu ihm würde immer bleiben, alleine weil ihm Cody immer ähnlicher wurde. Dieser war genauso ruhig wie sein Papa, während Gordon so ungestüm war, wie sie es als Kind. Cody konnte sich jedoch auch gegen seinen älteren Bruder durchsetzten, machte jetzt schon klar, was er wollte.
So kam es, dass Alistair vierzehn Tage später nach vier Monaten das erste Mal wieder im Dorf erschien. Kurz vor dem Abendessen stand der Vampir plötzlich in der Gemeinschaftshütte. Ein völlig anderer Mann, wie der der das Reservat im Sommer. Zwar trug er immer noch seinen langen Ledermantel, doch es fehlte das Schwert und der Dolch. Ein langer geflochtener Zopf fiel dem Schotten über die Schulter. Er hatte den Blick gesenkt, sah keinem der Männer in die Augen, wohl auch, weil in seinen eigenen das Wasser stand. Cody und Gordon betrachteten den für sie fremden Mann. Die beiden konnten mittlerweile sprechen und laufen, waren sie doch Vampirkinder und somit den Menschenkindern in ihrer Entwicklung voraus.
„Tris ist der Onkel?“ Wollte plötzlich Cody wissen, Tristan sah Jessica an, die nun doch mit den Tränen kämpfte, griff dann nach ihrer Hand. Weder er noch Jessica konnten dem kleinen weißblonden Vampir die Frage beantworten. Alistairs Kopf sank noch tiefer, eine Träne viel vor seinen Söhnen auf den Boden.
„Jetzt hast du Onkel aua macht, Dody!“ Stellte Gordon fest, Cody konnte der Kleine noch nicht sagen. Immer noch herrschte schweigen unter den Erwachsenen. So lange bis es schließlich Kilian brach.
„Das ist eurer richtiger Papa, Alistair!“ Erklärte er den beiden kleinen Vampiren und kniete sich vor sie. „Er wird den Winter hier verbringen! Willkommen zu Hause, Alistair!“ Fügte er dann hinzu und stand wieder auf. Der Vampir betrachtete nun doch die Anwesenden, auf den Lippen des Lichtkriegers lag ein feines Lächeln. Trotzdem sah er in einigen anderen Gesichtern auch Hass. Auf Kilians freundlichen Gruß reagierte Alistair mit einem leisen Danke und einem verhaltenen Nicken. Wortlos nahm er dann zwischen Dorian und Corey auf dem einzigen freien Stuhl Platz. Er aß an diesem Abend nichts, sprach nicht viel mit Dorian und Corey, sah allerdings seinen beiden Söhnen beim Spielen zu. Irgendwann nahm Cody seinen hellbraunen Teddy und ging zu Jessica. Gordon folgte ihm, den dunkelbraunen Teddy in der Hand. Die Vampirin sah kurz zu Tristan, der einen Moment die dunkelgrünen Augen senkte. Ihr dann liebevoll über den Arm strich, bevor sie aufstand und Cody auf den Arm nahm.
„Hilfst du mir die beiden kleinen Racker hier ins Bett zu bringen, Alistair?“ Kam unverhofft die Frage, die dem Vampir Tränen in die Augen trieben. Dorian nickte ihm aufmunternd zu, als Tristan ihm schließlich Gordon in die Arme drückte. Der kleine Vampir schlief schon fast, die dunkelblauen Äuglein fielen immer wieder zu. Der winzige Körper kuschelte sich an seine Brust, verstand nicht, warum er weinte. Zum ersten Mal seit Monaten waren sich Vater und Sohn nah, betrat Alistair die Hütte, in der Jessica jetzt lebte. Über einem Stuhl hing Tristans Lederjacke, das zweite große Bett schien auch benutzt zu werden. Doch er empfand sogar etwas Wärme bei dem Gedanken, dass Jessica nicht mehr alleine war. Sie beobachtete, wie der Schotte seinen Sohn ins Bettchen legte, ihn sogar noch zärtlich zudeckte.
„Rauchst du dir draußen noch eine mit mir, Alistair? Dorian hat mir erzählt, dass du dir das Rauchen angefangen hast.“ Jessica bekam ein Kopfnicken zur Antwort, also ging sie mit Alistair nach draußen, schloss leise die Tür hinter sich.
„Gordon und Cody sind groß geworden!“ Stellte dieser draußen fest, zündete sich dabei eine Selbstgedrehte an. „Bist du mit Tristan zusammen Jessy?“ Wollte er dann leise wissen.
„Wir sind uns näher gekommen, Alistair! Aber so wie uns beiden, ist es bei Tristan und mir noch nicht!“ Gestand Jessica.
„Er kümmert sich um die Jungs und er lässt dir deine Freiheit, Jessy! Ich hab nichts gegen Tristan, außerdem habe ich keinen Einfluss mehr auf dein Leben!“ Stellte Alistair klar. „Wenn du mit ihm glücklich bist, gönne ich es dir!“ Fügte er noch ohne Trauer hinzu.
„Danke Alistair! Du liebst deine Söhne aber auch sehr! Warum warst du nicht auf der Taufe, nur wegen unseres Streits? Das glaube ich dir nicht, wenn ich diese Liebe in deinen Augen sehe. Welcher meiner Brüder wollte nicht, dass du kommst?“
„Das ist doch jetzt gleichgültig, Jessy! Ich hab demjenigen längst verziehen. Außerdem habe ich zugeschaut, gesehen, wie du in Camerons Armen geweint hast, wie Cody und Gordon den Segen bekommen haben. Ich wollte dir wirklich keinen Kummer machen! Jessy du wirst die einzige Frau bleiben, die ich jemals geliebt habe!“ Alistair wand sich ab und ging in die Richtung der etwas abgelegenen Hütte, die ihm Kilian und Dean zugeteilt hatten. Jessica sah dem gebeugten Mann hinterher, der nun in der Dunkelheit verschwand. Dann spürte sie Tristans Arme, die sich um ihren Körper schlangen.
„Wie wäre es, wenn wir Alistair morgen die Zwillinge zum Aufpassen geben und mal etwas entspannen? Einfach ein paar Stunden für uns beide haben und er seine Söhne kennenlernen kann!“ Jessica nickte und schmiegte sich etwas näher an Tristan.
Halb blind vor Tränen ging Alistair zu seiner kleinen Hütte. Es war schwer, wieder im Dorf zu sein. Er spürte die Ablehnung, die von einigen der Krieger kam. Jedoch nicht von denen, die ihn schon länger kannten. Jessicas Brüder versuchten einfach freundlich zu sein, die Anderen hielten sich zurück. Gavin hatte kein Wort mit seinem Landsmann gewechselt, was Alistair nichts ausmachte. Er lernte in der einsamen Hütte am See zu schweigen. Das schönste Willkommensgeschenk hatte ihm trotz allem Jessica gemacht, seinen Sohn so nah spüren zu dürfen, war etwas, dass sein Herz wärmte. Fast schon erschrocken betrachtete der Schotte den blonden Finnen, der in seiner Hütte am Kamin stand und rauchte. Bis jetzt lehnte er Villes Hilfe ab, doch nun konnte er ihm nicht mehr sagen, dass er zurecht kam. Denn seine Tränen waren diesen sichtbare Zeichen. Wortlos nahm der Finne den Schotten in die Arme, hielt ihn fest, als er in einem regelrechten Weinkrampf zusammensackte. Bei Ville konnte sich Alistair fallen lassen, denn er wusste, dass dieser so etwas nicht zum ersten Mal sah. Der Psychologe sagte keinen Ton, strich nur gelegentlich beruhigend über den bebenden Rücken. Erst als sich der Schotte beruhigte, jedoch nach einer Flasche Whiskey griff, die auf dem Tisch stand, machte sich Ville bemerkbar.
„Stell die Flasche fort, Alistair und rede mit mir!“ Bat er freundlich. Dieserr gehorchte zu seiner Überraschung, zündetet sich jedoch eine Zigarette von Villes Tabak an.
„Worüber soll ich reden? Darüber wie ich meine Exfrau behandelt habe?“ Wollte der Vampir etwas kühl wissen.
„Erzähl mir, wie du dich jetzt fühlst, was du eben beim Abendessen gefühlt hast, beim Anblick deiner Familie.“ Antwortete ihm Ville ruhig.
„Meine Söhne zu sehen, war das schönste Erlebnis seit langem. Gordon in den Armen zu halten, seinen kleinen Körper zu spüren, einfach wie ein Traum für mich! Zu wissen, dass Jessy nicht alleine ist, beruhigt mich. Sie hat es verdient jemanden an ihrer Seite zu haben.“ Erklärte Alistair, Ville betrachtete ihn.
„Hast du es nicht verdient, jemanden zum Reden zu haben?“ Fragte der Finne vorsichtig nach, sah wie die eisblauen Augen dunkler wurden, Selbsthass darin.
„Ich hab den Hass verdient, der mir entgegengeschlagen ist, als ich zum Abendessen erschien! Ich hab die Verachtung der Krieger verdient, für das was ich einer Schattenkriegerin angetan habe! Ich habe es verdient, dass mir die Männer hier aus dem Weg gehen!“ Kam es voller Selbstverachtung von Alistair zurück.
„Du hast die Liebe deines Bruders verdient, die Freundschaft von Corey! Die Sorge von Dean und Kilian, dass wir dich nicht am See verpflegen können, wenn der Winter kommt! Du hast es verdient, dass ich jetzt hier sitze und dir meine Hilfe anbiete! Das hast du verdient, Alistair, ebenso, wie deine Söhne kennenzulernen, Zeit mit ihnen zu verbringen!“ Hielt Ville gegen seine Selbstvorwürfe. Der Schotte senkte den Blick noch tiefer, griff nun doch zur Flasche.
„Nein Ville, ich bin und bleib ein Vergewaltiger!“ Flüsterte Alistair leise.
„Ich möchte dir eine Geschichte erzählen, von einem jungen Mann, der in Irland einer meiner Klienten war. Diesen jungen Mann traf ich in einer kleinen Wohnung in Derry, völlig mit den Nerven am Ende. Er hatte gerade alles verloren, was er liebte. Eigentlich wollte dieser junge Mann sterben, seinem Leben ein Ende machen, doch man rettete ihn, brachte ihn in Sicherheit. Er sagte damals zu mir, er habe dies nicht verdient, weil er ein Mörder sei. Drogen, Alkohol und Selbstzerstörung prägten das Leben dieses Mannes. Manchmal war es so schlimm, dass wir ihn nicht eine Minute aus den Augen lassen konnte. In der Wohnung gab es keine Gläser, keine Messer oder andere Dinge, mit denen er sich verletzen konnte. Doch irgendwann fand dieser junge Mann zurück in ein vernünftiges Leben, dank seiner Familie und Anderen die ihn liebten. Heute ist dieser junge verzweifelte Mann ein junger und starker Mann. Der seine Geschwister liebt und viele Freunde hat! Er ist ein stolzer Schattenkrieger geworden! Ich denke du weist, von wem ich spreche Alistair und ich weis, dass dieser Mann dich gebeten hat, nicht aufzu-geben!“ Ville legte die Hand wieder auf Alistair Arm.
„Patrick schlägt nicht dieser Hass entgegen!“ Bemerkte der Schotte kühl.
„Doch das tut er, jeden Tag aufs Neue, seit die neuen Krieger da sind!“ Erklärte eine ruhige und raue Stimme von der Tür. „Aber ich spüre auch jeden Tag die Liebe meiner Brüder und Schwester, die Freundschaft von Kevin, James Damon, Gavin und Ronald. Genauso die Anerkennung der Krieger! Alistair ich muss mit mehr als dreißig zerstörten Leben zurecht kommen. Mit dem Wissen, dass ich als Mensch, Werwolf und Schattenkrieger eine tödliche Waffe bin! Damit, dass wenn ich auf etwas schieße, es kein Zurück dafür gibt! Ich sag dir etwas Alistair, der Mörder bietet dem Vergewaltiger hier und jetzt seine Freundschaft an!“ Patrick sah die Tränen in Alistairs Augen, trat nun ganz in die Hütte, um einem anderen Schattenkrieger Platz zu machen.
„Ich weis, was du Jessy angetan hast, vielleicht weis ich es besser als jeder andere, weil sie es mir anvertraute. Aber ich habe auch gesehen, wie sehr du deine Söhne liebst, McDonald! Ich möchte, dass du sie kennenlernst, sie ihren richtigen Vater kennenlernen! Gordon und Cody werden niemals zu mir Papa sagen, Alistair, weil ich es nicht will, ich bin nicht ihr Papa! Ich stehe nicht nur hinter Jessy, sondern auch hinter dem Vater eurer Söhne!“ Tristans ehrlichen Worte brachen den Damm vollkommen. Alistair schluchzte vor den drei Schattenkriegern, die nicht einmal halb so alt waren wie er. Schließlich bat der Schotte selbst um etwas Beruhigungsmittel. Ville blieb über Nacht bei ihm, genauso wie Dorian, der kam, als Tristan und Patrick gingen.
Ville durfte am Morgen feststellen, dass Alistair eines nicht verloren hatte, seinen Glauben. Denn bevor er gemeinsam mit dem Schotten zum Frühstück ging, kniete dieser vor dem Kamin nieder, das Schwert, welches ihm jemand in der Nacht wiedergebracht hatte, über den Knien. Ville konnte es nicht lassen, er öffnete sich den beiden Kriegern, die nun in der Gemeinschaftshütte das Morgenritual begingen. In Kilians Gedanken spürte er nicht viel, was für den Krieger der Schatten jedoch normal war. In den Gedanken des Kriegers des Lichts, fühlte der Finne Freude darüber, dass man dem Schotten doch nicht alles genommen hatte. Er schickte Ville ein anderes Gedankenbild für Alistair, Jessica und Patrick standen im Schatten, die beiden kleinen Zwillinge auf den Armen und wachten über die betenden Krieger. Tristan betrachtete die Szene von der anderen Seite der Hütte, ein Lächeln auf den Lippen. Das dieser geschützt von einer starken Mauer in Alistair Gedanken drang, wusste selbst der Krieger der Schatten nicht. Den Patricks und Kevins Mauern waren gemeinsam stärker, wie Colins und Coreys. Der Deutsche versprach dem Schotten einen Tag mit seinen Söhnen, auch versprach er ihm etwas, dass Alistair rührte. Er versprach niemals der Vater von Gordon und Cody sein zu wollen, jedoch für Jessica der Halt, den diese noch immer brauchte. Mit einem dankbaren Lächeln löste sich der gefallene Krieger von dem Schattenkrieger, den er immer für kühl gehalten hatte, der jedoch ein äußerst großes Herz zu haben schien. Alistair glaubte nicht, dass Tristan nur aus Kameradschaft zu einem anderen Soldat handelte. Was weder er noch Ville mitbekamen, war dass der ruhig Deutsche vor ihrem Erscheinen einigen seiner ehemaligen Kameraden aus Wales gehörig den Kopf wusch. Sie hatten sich darüber unterhalten, dass es unzumutbar währen, einen Vergewaltiger im Dorf zu haben. Tristan sagte ihnen darauf, dass es auch unzumutbar währen, diesen Mann einfach seinem Schicksal zu überlassen. Sie sollten erst einmal den Winter hier erleben, bevor sie darüber entschieden was richtig und falsch wäre. Als zwei dieser Männer nicht nur verbal auf ihn einschlugen, demonstrierte Tristan geschickt seine kämpferische Stärke. Ehe sich die beiden einzigen noch Menschen versahen, lagen sie auf dem Boden. Der Vampir stand jedoch schon wieder hinter Jeremy und Gavin.
„Sivers, Anderson lasst den Mist!“ Fuhr Jeremy schließlich seine Männer rau an, für einen Moment kam der alte Hauptmann durch. „Wenn es die beiden hohen Krieger akzeptieren, dass Alistair hier ist, dann haben wir es auch zu akzeptieren! Tris beruhig dich wieder, okay!“ Fügte er nur für diesen und Gavin hörbar hinzu. Während sie zum Frühstück Platz nahmen, achteten die beiden ehemaligen Hauptmänner darauf, dass die beiden Menschen weit genug von Alistair und Tristan entfernt saßen. Der Deutsche würdigte sie keines Blickes mehr, der Schotte sah sowieso angestrengt auf seinen Teller. So lange, bis eine kleine Hand an seinem Hemd zog. Cody stand diesmal vor ihm mit traurigen dunkelblauen Augen.
„Dordon hat Teddy aua macht!“ Klagte der Kleine, tatsächlich hing ein Ohr des Kuscheltiers nur noch an einem dünnen Faden.
„Oh, dann muss der Teddy aber zum Onkel Doktor, Cody!“ Alistair hob seinen jüngsten Sohn auf seinen Schoss.
„Warte ich hol eben den Teddy-Verbandskasten!“ Stellte Dorian fest und war im nächsten Moment mit einem Lächeln verschwunden. Der Vater strich seinem Sohn durch die hellen Haare, sah zu Jessica, deren Augen einen sanften und liebevollen Glanz hatten.
„Komm dann geben wir deinem Teddy schon mal eine Narkose. So schön austrinken!“ Alistair hielt dem Lederbären die Kaffeetasse hin, machte dabei Geräusche als würde das Tier trinken, Cody gluckste. Kuschelte sich näher an den Schotten. Dorian kam derweil mit dem Nähzeug zurück. Mittlerweile war auch Gordon auf das Geschehen aufmerksam geworden, zog am anderen Arm seines Vaters.
„Teddy auch aua, auch Onkel Doc!“ Bemerkte der kleine Vampir, zeigte dabei auf ein etwas lädiertes Auge. Alistair lächelte, setzte sich Gordon auf das andere Bein, gab auch seinem Teddy eine Kaffeenarkose, bevor er liebevoll beide Kuscheltiere nähte. Schweigend sahen die Männer dem verstoßenen Krieger zu. Nun nahmen auch die beiden Menschen, die Liebe in den Augen des Vaters wahr. Die Wärme mit der er seine Söhne behandelte und die Blicke, die er mit der Mutter der Kinder tauschte. Oft war es eine Art von fragendem Blick. Darf ich meine Söhne noch einem Moment bei mir behalten? Stand nur all zu deutlich in den eisblauen Augen, die langsam ihren Glanz zurück bekamen. Irgendwann begann sich die Hütte zu leeren, nur Dorian, Gavin und Corey blieben zurück. Räumten den Tisch ab, an dem Alistair immer noch mit seinen Söhnen saß. Spülten das Geschirr und bereiteten das Mittagessen zu. Dorian sah lächelnd zu, wie Alistair seinen Söhnen zu trinken gab, ihnen Geschichten erzählte und sich gelegentlich eine Freudenträne aus dem Augenwinkel wischte. Jessica und Tristan erschienen nicht zum Mittagessen, gaben ihm weiterhin Zeit mit seinen Kindern. Als sie müde wurden verwandelte sich Gavin in einen Wolf, Gordon und Cody kuschelten sich an den weichen Wolfskörper. Schliefen einfach auf einer dicken Decke in der Gemeinschaftshütte ein. Patrick blieb diesmal bei den Schotten, redete mit Alistair über alles Mögliche und lernte so auch den Soldaten Alistair McDonald besser kennen. Hinter dessen zurückhaltender und kühler Art ein Mann mit sehr viel Herz und Liebe steckte. Ein Mann der unendliche Reue für das empfand, was er der Mutter seiner Söhne angetan hatte. Er gestand vor Patrick und Gavin ein, dass er noch immer trank, dass er im Grunde die gemeinsamen Gebete mit den Kriegern vermisste. Dabei bemerkte er nicht, dass sowohl Kilian als auch Dean hinter ihm standen. Schweigend Blicke und Gedanken austauschten, die Hand des Kriegers der Schatten lag locker auf dem Dolchgriff, eine Angewohnheit, die er nicht los wurde. Es war einer der beiden kleinen Vampire, der schließlich die hohen Krieger verriet. Gordon flitzte auf seinen Lieblingsonkel zu, ließ sich von ihm durch die Luft wirbeln und lachte fröhlich dabei. Dean nahm nun doch am Tisch Platz, musterte Alistair, dessen Zügen immer noch hart und von Kummer gezeichnet waren. Der sich nichts daraus machte vor seinen Kindern zu rauchen, wie es auch Patrick und jetzt Gavin taten. Langsam füllte sich die Gemeinschaftshütte am späten Nachmittag wieder. Die Schattenkrieger kamen zu ihrem Ritual, auch Jessica und Tristan kehrten nun zurück. Freudestrahlend erzählten die Zwillinge ihrer Mama, dass Alistair ihre Teddys ganz gemacht hätte, ihnen Geschichten erzählt habe und sie auf seinen Beinen reiten durften. Jessica hörte ihnen mit einem Lächeln zu. Überließ Alistair auch während des Gebets ihre Kinder. Tristan sah allem mit einem glücklichen Gesichtsausdruck zu, die Zwillinge schienen den verzweifelten Vampir schon in einem Tag zu verändern, dieser lachte ausgelassen mit ihnen. Diesmal war es Cody der in den Armen des Schotten einschlief, sich noch enger, wie Gordon zuvor, an dessen starken Körper schmiegte. Heute brachten die beiden Männer die Jungs in ihr Bett, Jessica unterhielt sich noch mit ihren Brüdern. Tristan sah, wie liebevoll Alistair Cody schlafen legte und dieser die Liebe des Deutschen zu den Kindern. Gerne nahm der Schotte das Glas Whiskey an, dass ihm angeboten wurde. Tristan war wirklich ein offener Vampir, gab ihm die Gelegenheit über viele Dinge zu reden, auch über die Beziehung mit Jessica. Er verurteilte ihn nicht für seine Taten, sagte ihm jedoch offen, dass er sie nicht gut fand. Er weiterhin auf Jessica achten würde. Alistair akzeptierte die Nähe der Beiden zu einander, dass Tristan fast jede Nacht bei seiner Exfrau verbrachte. Er akzeptierte auch, als ihm der Deutsche gestand, dass die Vampirin und er sich ein Bett teilten, wenn diese von Alpträumen geschüttelt aufwachte und nicht mehr schlafen konnte. Tristan war gerührt, dass ihm Alistair sagte, wie froh er sei, dass die Mutter seiner Söhne nicht alleine durch diese schlimme Zeit gehen müsste. Jessica kam gegen Mitternacht, der Schotte verabschiedete sich von den beiden, gab seiner Exfrau einen nur freundschaftlichen Kuss auf die Wange.
„Du kümmerst dich so liebevoll um die beiden kleinen Krieger, Jessy!“ Stellte er mit Anerkennung in der Stimme fest und betrachtete dabei die Ecke vor dem Kamin, in der das Spielzeug der Kleinen lag.
„Du aber auch, Alistair! Cody hat dich schon jetzt in sein Herz geschlossen und Gordon ebenso. Gib mal acht, bald sagen sie wieder Papa zu dir!“ Erwiderte Jessica und strich Alistair eine Träne von der Wange, so viele Tränen wie in den letzten beiden Tagen, hatte sie noch nie bei ihm gesehen. Doch als sie den Schotten zur Tür brachte, sah sie auch, dass er sich Hilfe für seine Seele geholt hatte, Alistair ging geradewegs auf die Hütte zu, die sich Ville mit Rea Tullamore teilte. In ihr brannte noch Licht.
In den nächsten Tagen machten die Krieger ihr Dorf winterfest. Brendan, Cameron und Pádraig flogen noch einmal nach Anchorage und eine weitere Stadt, um die Vorräte aufzubessern. Dank Pádraigs vampirischer Gabe, gelang es ihren sogar einige Vorräte an Tierblut zu erhalten. Er nahm den Menschen einfach die Erinnerungen an sich und seine Freunde. Alistair packte an, wo er konnte, versuchte so sich wieder in das Dorfleben einzugliedern, jedenfalls für den Winter. Die beiden Menschen akzeptierten ihn immer noch nicht, doch das änderte er, scheinbar, auf seine Weise. Er lieferte sich am Nachmittag einen Übungskampf mit Corey. Die beiden ältesten Vampire benutzten dazu nicht die stumpfen Schwerter, sondern ihre eigenen, so wie die Dolche. Alistair lieh sich für den Kampf Dorians Dolch, da er seinen noch nicht wieder hatte. Funkensprühend schlug Stahl auf Stahl und lockte die Dorfbewohner aus ihren Hütten. Nach einer Weile wurde der Schlagabtausch schneller, fand der Schotte seinen Kampfrhythmus wieder. Selbst die kleinen Zwillinge sahen den beiden fasziniert zu. Es gab keinen Sieger in diesem Kampf, nur zwei verschwitzte Vampire, die sich ins Badehaus zurückzogen. Trotzdem hatte sich Alistair den Respekt der neueren Krieger und Schattenkrieger im Dorf gesichert. Noch dazu die kindliche Bewunderung seiner beiden kleinen Söhne. Die aufgeregt ihrer Mutter und Tristan versuchten zu erklären, was sie gesehen hatten.
In der darauffolgenden Nacht fielen die Temperaturen rapide ab. Tristan spürte zum ersten Mal in seinem Leben, die wahre Wärme einer Familie. Er und Jessica hatten ihre großen Betten zusammengeschoben. Jetzt lagen Gordon und Cody zwischen ihnen, eng an ihre Körper gekuschelt. Er hatte einen Arm um sie und Jessica geschlungen. Die Tränen der Rührung, über dieses kleine Stück Geborgenheit und Liebe, kamen so unverhofft, dass sie Tristan kaum bemerkte. Ein kleiner Körper kuschelte sich noch näher an ihn, im Schlaf fasste Cody nach seinem T-Shirt, suchte sich noch mehr körperliche Wärme. Der Schattenkrieger streichelte vorsichtig über den weißblonden Kopf. Jessica strich ihm durch die Haare, dann sah sie die lautlosen Tränen, wischte ein paar von ihnen fort. Ein langer Blick aus ihren dunkelblauen Augen folgte.
„So viel familiäre Nähe hab ich noch nie gespürt! So etwas gab es im Hause Kaufmann nicht!“ Gestand Tristan und rutschte noch etwas näher an Jessica und die Kinder, streichelte nun auch über Gordons kleines Köpfchen. „Ich liebe euch drei! Möchte das hier nie wieder missen!“ Tristan schloss die tränenden Augen, nur um ein paar weiche Lippen auf den seinen zu spüren.
„Ich liebe dich auch Tris! Ich bin so dankbar für deine Nähe und die Liebe, die du den Zwillingen gibst. Auch dafür, dass du Alistair als ihren Vater siehst!“ Wieder berührten sich ihre Lippen über die Zwillinge hinweg. „Vielleicht bekommst du ja selbst mal Kinder, du bist auch ein guter Vater, Tris!“ Ein vorsichtiges Nicken war seine Antwort, noch eine ganze Weile lag Tristan danach wach, dachte an Jessicas Worte. Sie hatte das erste Mal gesagt, dass sie ihn liebte. Es war nicht mehr das Ich-empfinde-auch-viel-für-Dich. Sondern ein klares und deutliches Ich-liebe-dich. Mehr als er noch vor ein paar Tagen erwartete. Am nächsten Morgen weckte ihn eine kleine Hand, die an seinen offenen Haaren zog. Cody zog nicht sehr feste daran, da sich der kleine Vampir wohl eher noch im Halbschlaf befand. Tristans Blick fiel aus dem Fenster, auf dem Dach von Kilians und Kirans Hütte hatte sich ein dünne Schneeschicht gebildet. Gordon krabbelte aus den Armen seiner Mutter, schnell war er auf den Beinen, bevor der vorwitzige junge Mann mal wieder vom Bett fiel. Leise hob er den kleinen Vampir auf, machte ihn im Badezimmer frisch, während Cody lieb auf dem Bett sitzen blieb und mit seinem Teddy spielte. Zur Sicherheit setzte Tristan dann Gordon mit ein paar Spielsachen in sein Gitterbettchen, machte auch Cody für den Tag fertig. Als er auch ihn in sein Bettchen setzt wurde Jessica wach. Ihr Blick glitt über den Schattenkrieger, der nur in Shorts und T-Shirt vor den Kinderbetten stand. Ja sie liebte Tristan wirklich, das war ihr in der Nacht klar geworden. Sie mochte seine Art mit den Kindern umzugehen, denen er grade versprach, dass sie heute einen Spaziergang durch den Schnee machen würden. Genauso mochte es Jessica, dass ihr Tristan viel Freiheit ließ, nichts gegen ihren Umgang mit den anderen Kriegern hatte, oder dagegen, dass Jessica Zeit mit ihren Brüdern verbrachte. Langsam drehte er sich jetzt um, betrachtete seinerseits sie. Das glückliche Funkeln in den dunkelgrünen Augen, spiegelte sich auch in ihren. Aus dem Guten-Morgen-Kuss auf die Wange, wurde diesmal ein leidenschaftlicher Kuss auf den Mund. Den keiner von beiden beendete, sondern Tristan zog Jessica einfach mit sich in das kleine Badezimmer, wo sie sich gemeinsam fertigmachten. Zusammen mit den beiden Zwillingen gingen sie dann zum Frühstück, wo Alistair mit einer kleinen Überraschung wartete. Jessica hatte zwar mitbekommen, dass der Schotte an etwas bastelte jedoch nicht an was es war. Jetzt sah sie den Schlitten, den er für seine Söhne gebaut hatte. Mit Tränen in den Augen bedankte sich Jessica für das Geschenk. Tristan klopfte dem Schotten anerkennend auf die Schulter. Nach dem Frühstück gingen die beiden Männer mit den Zwillingen Schlitten fahren, Jessica bekam so etwas Zeit für sich. Sie beschloss als erstes schon einmal nach Weihnachtsgeschenken zu schauen, auch wenn das Fest noch ein paar Wochen in der Ferne lag. Doch nun war die Auswahl im Dorfladen noch groß, da Dorian vor ein paar Tagen eine Lieferung bekommen hatte.


Kapitel 3



Es war wohl eher Zufall, dass die Vampirin ein Gespräch zwischen Dorian, Shane und Rea mitbekam, wie so oft drehte sich dieses um Alistair und die beiden noch Menschen.
„Er hat ihnen doch nichts getan!“ Bemerkte Shane irgendwo hinter den Regalen. Dorian schaute zu ihm hinüber, schwieg jedoch.
„Ich weis auch nicht, Shane! Was ist, wenn es hier nicht um Alistair geht, sondern um etwas anderes?“ Stellte Rea von irgendwo her fest. Jetzt entdeckte Dorian Jessica, bat sie in Gedanken zu schweigen und sich unauffällig zu verhalten.
„Meinst du sie wollen Unfrieden stiften? Vielleicht sollten wir dann Jey und Gavin Bescheid geben. Sie gehören zu Jeremys Männern!“ Kam es nun wieder von Shane zurück. Dorian verhielt sich weiterhin ruhig.
„Ich würde lieber erst wissen, was sie vorhaben, bevor wir sie melden! Steven und Neil hängen doch nur alleine rum!“ Stellte Rea fest. „Komm lass es uns versuchen, sie sind normale Krieger, dürften es nicht einmal merken!“ Fügte der Vampir hinzu.
„Es ist nicht fair ihre Gedanken zu lesen, Rea!“ Weigerte sich Shane. Draußen wurden nun Stimmen laut, ein Schuss halte durchs Dorf. Dorian stürmte genau so schnell nach draußen, wie Jessica, die an ihre Kinder dachte. Zwei Wölfe eilten an ihnen vorbei, wiesen ihnen die Richtung, aus der die Schüsse, jetzt waren es zwei, wohl gekommen waren.
Alistair sah mit schmerzverzerrtem Blick zu, wie sich Tristan aufrappelte. Er selbst drückte die Zwillinge fest an sich. Das Silber in der Wunde an seiner linken Schulter schmerzte. Cody und Gordon weinten unter seinem Körper, denn er hatte sich schützend über die Zwillinge gebeugt. Zwei markerschütternde Schreie halten jetzt durch das Dorf, zwei menschliche Schrei. Alistair schwanden langsam die Sinne, der Schmerz und das Silber raubten ihm die Kraft. Er sah den Vampir nicht, der über einem der beiden Menschen lag. Tristan trank das Blut, aus der Kehle, die er zerfetzt hatte. Ein schwarzer Wolf mit roten Flecken betrachtete kalt sein Werk. Das Letzte was Alistair spürte, waren Hände, die ihn von seinen Söhne fortzogen, ihn in Sicherheit brachten. Dann wurde es für den Schotten dunkel. Sean und Colin führten Jessica, Dorian und die Zwillinge in die Gemeinschaftshütte. Dorthin wo sie das Geschehen nicht mehr sahen. Tristan zog sich selbst die Silberkugel aus dem Arm, unterdrückte seinen Schmerzensschrei in dem er in das Leder seiner Jacke biss. Patrick stand noch immer fassungslos neben ihm, blickte auf den zerfetzten Körper von Steven Anderson. Nicht das er zimperlich mit Neil Sivers umgegangen war, doch Tristan hatte in einem Blutrausch gehandelt. Er selbst lediglich dem Mensch die Kehle durchtrennt. Rote Vampirtränen liefen über die Wangen des Deutschen, er zitterte nicht nur wegen dem Silber in seinem Blut. Jeremy kniete sich neben ihn, verband die Wunde an seinem Arm.
„Tris es ist gut, du wolltest sie nur schützen! Ich denke das verstehen die beiden hohen Krieger!“ Versuchte er den Kameraden zu beruhigen, dessen dunkle Augen sich senkten, als sie in Kilians fast schwarze Augen blickten.
„Sind Gordon und Cody in Ordnung?“ Wollte dieser jetzt wissen.
„Ich weis es nicht, mo Thiarna!“ Antwortete Tristan leise. „Ich weis nur, dass sie auf uns geschossen haben, es Alistair erwischt hat und mich auch. Der Schotte hat versucht seine Söhne zu schützen! Mehr weis ich nicht!“ Gestand er dann kaum hörbar. Kilian machte eine Geste und Jeremy half Tristan auf die Beine, brachte ihn nun ebenfalls vom Tatort fort. Patrick meldete sich zu Wort. Er stand noch immer an der gleichen Stelle, neben ihm Raven, der zweite Wolf.
„Als wir kamen schrien die Zwillinge, Lian, Alistair lag schützend über ihnen. Ich denke die beiden Jungs haben sich nur ziemlich erschreckt. Neil wollte noch einmal auf Alistair schießen, aber ich war schneller! Tá brón orm, mo Thiarna! Es tut mir leid!“
„Was, dass du gehandelt hast Rick? Es war richtig, was du und Tristan getan habt! Ihr habt ihnen das Leben gerettet!“ Mischte sich jetzt Dean ein. „Paddy lässt mich gerade wissen, dass die Chancen für Alistair nicht schlecht stehen. Sie werden sein Blut waschen können! Woher wusstet ihr Beiden, dass etwas passieren würde? Ihr habt eben noch trainiert!“
„Ich hatte eine Art Vision, mo Thiarna! Ich sah wie die beiden Menschen den Vampiren folgten, mit Gewehren in den Händen!“ Erklärte Raven. „Patrick hatte daraufhin ein ungutes Gefühl und so haben wir Tris und Alistair gesucht. Zum Glück ist schlimmeres verhindert worden!“ Dean und Kilian nickten nur, gingen dann um nach Jessica und den Kindern zu sehen. Jeremy würde entscheiden, was mit den beiden Männern passierte. Kilian wand sich nun doch noch einmal um.
„Ihr geht alle in eure Hütten, ich will keinen im Dorf sehen!“ Als Patrick den Mund öffnen wollte, fügte Kilian hinzu. „Das ist ein Befehl, Schattenkrieger Patrick O´ Harra!“
„Ai, mo Thiarna!“ Antwortete schließlich der jüngere dem älteren Bruder. Ging mit hängenden Schultern davon, jedoch nicht in seine Hütte, sondern zu Kiran. Der in seiner und Kilians Hütte am Fenster stand und rauchte. Von ihm erfuhr er, dass es den beiden kleinen Zwillingen körperlich gut ging.
Jeremy hatte Tristan in die Obhut seiner Liebsten gegeben. Jessica würde besser wie er und Ville wissen, wie sie Tristan beruhigen konnte. Gordon und Cody schliefen, dank einem kleinen Bisschen von Liors Beruhigungsmittel. Tristan lag nur in seiner Hose auf den zusammengeschobenen Betten. Ließ zu, dass Jessica ihm den Arm nun ordentlich verband, ihm seines und das Menschenblut von Gesicht und Armen wusch. Diese zärtlichen Berührungen und das sanfte Eingreifen ihres grünen Drachens beruhigten seinen Körper und die Seele. Er ließ sich fallen, fühlte wieder diese innige Geborgenheit. Er war nun ein zweifacher Mörder, hatte nach der Sache in Cardiff ein zweites Mal die Nerven verloren. Doch Jessica schien die Sache anders zu sehen, sie sah, dass er ihre Kinder beschützt hatte, sie und Alistair. Die sanften Berührungen verschwanden, Tristan öffnete die Augen.
„Trink von mir Tris!“ Flüsterte Jessica und schob sich den geflochtenen Zopf über die rechte Schulter, gleichzeitig zog sie das Handgelenk fort, welches Tristan ergreifen wollte. „Nein Tris, du sollst mich dabei richtig spüren!“ Flüsterte sie und kam ihm näher, er löste ihr die Spange aus dem Zopf. Gab ihr einen zärtlichen Kuss auf die Lippen. Langsam wanderte sein Mund tiefer, schlangen sich Tristans Arme um ihre Mitte. Zärtlich durchstachen seine Fänge ihre Haut. Was Jessica jetzt spürte, hatte sie bei Alistair nicht so intensiv gespürt. Das Feuerwerk der Sinne explodierte regelrecht. Seine Hände wanderten über ihren Rücken, drückten sie noch fester an seine nackte Brust. Tristan unterbrach den Körperkontakt auch nicht, als er die Wunde zärtlich verschloss.
„Dein Blut schmeckt so wunderbar süß und doch herb! So unbeschreiblich lecker!“ Flüsterte er leise ihn ihren Haaren. Er Jessica auch dann noch fest, als es an der Tür klopfte. Kilian trat ein schloss die Tür leise hinter sich und setzte sich auf einen der Stühle am Tisch. Jetzt wollte Tristan doch seine Liebste loslassen, da es sich für ihn nicht ziemte, so vor seinem Herrn zu liegen.
„Nein, Tristan behalt sie ruhig in deinen Armen. Solang du Jessy nicht vor mir an die Wäsche gehst, ist es egal!“ Lächelte Kilian ruhig. „Ich war gerade bei Brendan, Lior und Pádraig. Sie sagen, dass die Blutwäsche bei Alistair funktioniert, er aber lange brauchen wird, bis sein Körper ganz geheilt ist, da die Schusswunde noch näher an seinem Herzen ist wie damals Pádraigs. Dean und ich haben entschieden, dass die Krieger heute in ihren Hütten bleiben sollen. Gavin und Ville entsorgen die Körper am See!“ Kilian steckte sich gedankenverloren eine Rauchkräuterzigarette an. Jessica schwieg, denn normal wurde in der Hütte nicht geraucht, Gordon und Cody zur Liebe.
„Welche Strafe erwarten Patrick und mich für unser Handeln?“ Fragte Tristan nun vorsichtig. Sie hatten schließlich die Menschen getötet.
„Keine, denn ihr habt Alistair und die Kinder beschützt. Sicher hättest du nicht solch ein Blutbad anrichten müssen, Tristan. Aber ein Mann der liebt, tut alles um seine Familie zu schützen!“ Erklärte Kilian offen.
„Der Satz stammt jetzt nicht von dir, Lian!“ Bemerkte Jessica.
„Du kennst mich gut, Schwesterchen, nein er stammt von jemandem, von dem ich es nie erwartet hätte. Corey verbirgt wohl noch einige Geheimnisse über seine lange Existenz! Er möchte übrigens mit euch beiden reden, er sagt, dass ihm etwas aufgefallen sei, was euch interessieren könnte! Corey wartet draußen vor der Tür, wenn ihr wollt, bitte ich ihn rein.“ Kilian wusste, dass Jessica viel zu neugierig war, um nein zu sagen. Tristan schaute sie unterdessen fragend an, sie nickte. Und so ging der Krieger der Schatten, dafür trat sein Schattenkrieger ein. Der Vampir sah nach den beiden schlafenden Kindern, dann das Paar an, das noch immer eng umschlugen auf einem der Betten lag. In den braunen Augen funkelte es, Coreys Lächeln war voller Herzenswärme. Jessica bemerkte etwas, dass ihr zwar vorher schon aufgefallen war, worüber sie sich allerdings niemals Gedanken gemacht hatte. Er trug einen goldenen Ring an der rechten Hand. Hieß dies etwa, dass auch er … Nein, das glaubte sie nicht. Der alte Vampir setzte sich auf die Bettkante am Fußende. Tristan zog Jessica mit sich in die Höhe, behielt jedoch ihre Hand in der seinen.
„Für unsere Rasse bedeutet Liebe etwas anderes, als für einen Menschen!“ Begann Corey, drehte dabei den Ring an seinem Finger. „Sie ist nicht nur intensiver, sondern auch bindender, wenn man den richtigen Partner gefunden hat. Jessy, ich weis, dass du und Alistair von einander getrunken habt. Wie schmeckte sein Blut für dich?“
„Mmh, eigentlich wie jedes andere, es waren mehr die Gefühle, die wir beim Trinken hatten. Die die Sache zu etwas Besonderem machten!“ Corey stand auf, strich über die beiden noch leicht sichtbaren Bissspuren an Jessicas Hals. Der Deutsche zog die Augenbrauen hoch, schwieg jedoch.
„Du hast von ihr getrunken Tristan, wie schmeckte ihr Blut für dich?“ Wollte er dann wissen. In den dunkelgrünen Augen funkelte es.
„Wunderbar süß und herb, einfach perfekt!“ Kam die verträumte Antwort von ihm. Er zog Jessica wieder fester an sich, streichelte ihren Nacken dabei zärtlich. Coreys Lächeln wurde breiter.
„Ich denk mal, deine Lady hat ein Großfeuerwerk der Gefühle erlebt, als du trankst. Einen Rausch, den du bei Alistair nicht erlebt hast, Jessy!“ Corey erhielt ein heftiges Kopfnicken zur Antwort. „Genauso wie bei den Menschen, können wir uns an verschiedene Partner binden. Es gibt allerdings nur einen wahren Partner. Jemanden der absolut zu uns passt, bei dem wir vollkommen glücklich sind! Für den ein männlicher Vampir sein Leben lassen würde und ein weiblicher genauso. Diesen Gefährten zu finden ist nicht einfach. Doch wenn man ihn gefunden hat ist es das Schönste auf der Welt, ein Rausch der niemals endet, so lang beide existieren! Darf ich rauchen?“ Wollte Corey plötzlich wissen.
„Dann bitte hier am Fenster und mach es etwas auf Corey!“ Antwortete Jessica. „Hast du diesen Rausch der Gefühle erlebt?“
„Ja ich durfte ihn ein halbes Jahrhundert erleben! In einer Zeit, in der man noch an die Ammenmärchen glaubte, dass Vampire Menschen töteten. Ich wohnte damals in Rumänien. In Bukarest, da meine große Liebe dort her kam. Die Menschen glaubten an Graf Dracula, den bösen Vampir. Sie jagten uns Vampire, so auch meine schwangere Frau und mich. Jelena und ich waren stets auf der Flucht! Es war die Nacht in der unser Kind auf die Welt kommen wollte. Als man uns in einer Scheune in einem kleinen Dorf fand. Das ganze Dorf war auf den Beinen, zu viele für mich alleine, …“ Corey schluckte, sah mit feuchten Augen aus dem Fenster. „… ich hatte keine Chance! Sie schlugen Jelena und mich, bis wir uns nicht mehr rührten, dann zündeten sie die Scheune an. Ich konnte mit meiner Frau fliehen, doch die Geburt und der vorherige Blutverlust schwächten Jelena und das Kind. Ich verlor sie beide in jener Nacht und fast auch mein eigenes Leben. Alistair und Dorian fanden mich Wochen später in Rom, ich sah sie nach fünfundsiebzig Jahren das erste Mal wieder. Sie wussten und wissen bis heute nicht, warum ich damals am Rande meiner Existenz stand. Doch ihre Freundschaft half mir weiter zu existieren. Für Jelena und mein ungeborenes Kind! Ich hab in dieser Nacht mein Leben riskiert, alles gegeben, auch wenn ich verloren habe. Eine Liebe wie Jelena fand ich nie wieder! Du hast eben deine Liebe beschützt Tristan, du hast so gehandelt, wie ein Vampir handelt, der seine Gefährtin und deren Kinder in Gefahr sieht! Ihr werdet spüren, wie sich das Band zwischen euch festigt, wenn ihr voneinander trinkt, ihr werdet spüren, wie stark eure Liebe wird! Sie ist jetzt schon sehr stark, stärker wie deine Liebe zu Alistair jemals war, Jessy. Ich wünsch euch beiden alles erdenkliche Glück dieser Welt und dir Tristan, dass du irgendwann deine eigenen Kinder in den Armen halten darfst!“ Corey stand auf und ließ das Paar wieder alleine.
In der Krankenhütte saß Dorian an Alistairs Bett. Hielt weinend die Hand seines Bruders, auch wenn die Blutwäsche funktionierte, war er noch nicht über den Berg. Zu viel Silber hatte sich mit seinem Blut gemischt, nur langsam wusch die Maschine es aus dem Körper des Schotten. Brendan rechnete vorsichtig damit, dass Alistair in den nächsten beiden Tagen nicht aufwachen würde. Schweigend stand dieser in einer Ecke, betrachtete die Schotten, denen er im Moment nicht helfen konnte. Weder Alistair noch Dorian, durch dessen linke Handfläche ein tiefer Schnitt verlief. Auch wenn der Blutracheschwur eigentlich nutzlos war, da Patrick und Tristan die Tat bereits gerächt hatten. Für ihn stellte er die Bewältigung seiner Gefühle dar, genauso wie die Tränen, die ihm ungehindert über das Gesicht rollten. Leise trat nun Corey ein, setzte sich neben Dorian und legte ihm den Arm um die Schultern. Der Schotte lehnte sich an die Schulter des Iren, suchte Halt bei einem Mann, der ihn schon lange begleitete. Corey schob Dorian seinen Tabak mit den Rauchkräutern von Lior zu. Der Krieger erhob sich, stellte sich in die offene Tür und rauchte. Brendan trat neben den Highlander, dessen Körper noch immer zitterte, dem auch jetzt Tränen übers Gesicht liefen.
„Brendan, bring ihn in seine Hütte, es ist nicht gut, wenn du bleibst Dorian!“ Bemerkte Corey, der Angesprochene wand sich um, die türkisblauen Augen funkelten fast schon wütend.
„Nein MacNamara, ich bleibe, egal ob ich zusammenbreche oder nicht! Alistair ist mein Bruder, meine Familie und ich will ihm beistehen!“ Fauchte Dorian gereizt. Der Ire schüttelte nur den Kopf, den Schotten aufzuhalten war jetzt genauso schwierig, wie einem Sturm zu befehlen zu schweigen. Er ging nicht, blieb ganze zwei Tage an Alistairs Bett sitzen, aß kaum und trank nur das Nötigste an Blut. Es war der dritte Tag, an dem er zusammenbrach, wie es Corey vorhergesehen hatte.
Tristan fand in diesen Tagen bei Jessica Liebe und Geborgenheit, Ruhe suchte er in langen und einsamen Spaziergängen durch das verschneite Dorf. Seine Liebste ließ ihm diese Einsamkeit, genauso wie er ihren Freiheitsdrang akzeptierte. Es war einer dieser Spaziergänge, als er eine dunkle Gestalt am Waldrand knien sah, ein Schattenkrieger, der in der Stille der Nacht betete. Zuerst dachte Tristan es sei Kilian der dort hockte, denn er spürte den Wolf im Schattenkrieger. Doch dann sah er den Dolch, den der Schattenkrieger in den Händen hielt, es war Colins Dolch. Noch etwas bemerkte der Deutsche, als er näher kam, der Ire weinte. Flüsterte leise vor sich hin, spanische Worte, die er nicht verstand. Doch den Namen Alistair hörte Tristan heraus, er hätte sich Vincente öffnen können, damit der Spanier ihm übersetzte, allerdings wollte er den Moment nicht zerstören. Die Magie, die von Colin ausging, die beiden Drachen in seiner Seele, die Tristan nun berührten. Er war einer der wenigen Krieger, die sich einem wachen Dragon ohne Angst näherten. Vielleicht, weil er Jessicas Dragon kannte, vielleicht, weil sie ihn einfach nur faszinierten. Tristan spürte plötzlich einen Schattenkrieger, den er nie zuvor gespürt hatte. Corey MacNamara drang fast unsichtbar in seine Gedanken ein. Zeigte ihm ein Bild, das ihn hoffen ließ. Dorian schlief auf einem der anderen Betten, Corey hielt Alistairs Hand in der seinen. Langsam legten sich die Finger des Schotten um seine Hand, das erste kleine Lebenszeichen von Alistair. Tristan trat hinter Colin, warum wusste er selbst nicht, legte diesem die Hände auf die Schultern. Er fühlte, wie nun auch dieser nach seinen Gedanken griff, wie die beiden Dragon in seiner Seele sich beruhigten, um ihm nicht zu schaden. Corey ließ die beiden Männer wissen, dass sich Alistair nun ganz langsam zurück ins Leben kämpfen würde. Tatsächlich sahen die beiden Schattenkrieger nun die Hoffnung in Pádraigs Augen, der momentan an dessen Bett wachte.
„Papa krank?“ Fragte ein piepsige Kinderstimme.
„Ja, Cody, der Papa ist krank, aber er wird ganz bestimmt wieder gesund!“ Erklärte ein Männerstimme, die Alistair bekannt vor kam.
„Dürfen wir mit Papa kuscheln?“ Wollte eine andere Kinderstimme wissen. Alistair spürte zwei kleine Körper an seinem.
„Sicher, das tut ihm gut, Gordon! Aber seit ein bisschen vorsichtig und tut dem Papa nicht weh!“ Jetzt hörte Alistair den leichten walisischen Akzent in der Stimme, den Tristan hatte. Eine kleine Kinderhand strich ihm sanft durchs Gesicht, die kleinen Körper drückten sich vorsichtig näher an ihn. Gordon und Cody, seine Söhne, dachte er. Hatten sie wirklich gerade Papa zu ihm gesagt? Dann fiel dem Vampir wieder ein, was geschehen war, die beiden Menschen hatten auf Tristan und ihn geschossen. Er warf sich schützend über seine Söhne, während der Deutsche auf die Angreifer losging. Was danach geschah, wusste er nicht, denn seine Erinnerungen endeten mit zwei Schreien und dem ängstlichen Wimmern seiner Kinder. Zärtlich legte der Schotte die Arme um seine Söhne, die linke Schulter schmerzte dabei etwas. Sicher noch von der Schussverletzung. Wie viel Zeit war eigentlich seit dem vergangen? Alistair gelang es endlich seine Augen zu öffnen. Zwei paar große dunkelblaue Kinderaugen schauten ihn an.
„Tris, guck mal!“ Meinte einer seiner Söhne. Ein paar dunkelgrüne Augen erschienen neben den dunkelblauen.
„Oh, wurde auch mal Zeit, dass der Papa aufwacht, oder? Wir wollten doch endlich den Schlitten ausprobieren!“ Bemerkte Tristan und zwinkerte eine Träne fort. „Wollt ihr Onkel Brendan holen, der draußen vor der Tür ist?“ Fragte er, die beiden kleinen Vampire nickten, er hob sie schließlich vom Bett und Alistair hörte, wie sie davon liefen.
„Wie lange war ich fort?“ Wollte err nun leise wissen, Tristans Gesichtszüge verhärteten sich etwas.
„Ganze fünf Tage, wovon wir drei nicht einmal wussten, ob du überhaupt wach wirst!“ Gestand der Schattenkrieger. „Dorian ist heute morgen umgekippt, weil er kaum getrunken hat, in diesen fünf Tagen! Alistair dein Bruder war die ganze Zeit hier. Du hast wirklich einen bemerkenswerten kleinen Bruder.“
„Wo ist Dorian jetzt? Was ist eigentlich passiert, nachdem diese Menschen auf uns geschossen haben?“ Begann sich dieser bereits wieder mit dem Geschehenen zu beschäftigen.
„Oh Mann, Highlander mach mal langsam! Kaum wach und schon wieder mitten im Leben! Tristan erklär ihm kurz was passiert ist und dann lass Alistair ein wenig Ruhe.“ Bemerkte Brendan, der nun die Zwillinge wieder auf dessen Bett setzte. Tristan erzählte von seinem Blutrausch und Patricks Rachefeldzug, von Dorians aufopfernden Liebe zu seinem Bruder und Coreys Freundschaft. Dass der ältere Vampir den jüngeren vor zwei Stunden zur Jagd gezwungen hatte. Als er Gordon und Cody mitnehmen wollte, sah ihn Alistair fast schon flehend an. Dann mit einem Lächeln zu den beiden kleinen Vampiren, die links und rechts von ihm lagen und die Augen geschlossen hatten. Brendan versprach die Zwillinge zu ihrer Mama zu bringen, wenn sie wieder wach würden. So ging Tristan ohne die Minivampir zurück in seine und Jessicas Hütte. In der er auch auf ihre Geschwister traf. Kilian zog die Augenbraue hoch, als der Schattenkrieger sein Lächeln nicht verbergen konnte.
„Der Highlander ist wach, er hat die Zwillinge sofort erkannt. Jessy ich hab sie ihm da gelassen, weil sie eingeschlafen sind! Brendan bringt die Rabauken zurück, wenn sie aufwachen!“ Tristans Augen glänzten seit Tagen noch einmal richtig. Auch wenn er es nie sagte, so merkte man ihm doch an, dass ihm Alistair wirklich nicht egal war. Er sich Gedanken um den Schotten machte. Er brachte den beiden Zwillingen auch bei, dass Alistair ihr Vater war. Er wollte die Kinder bereits gestern mitnehmen zu diesem nehmen.
„Das ist ja mal eine schöne Nachricht!“ Bemerkte Kiran und griff nach Kilians Hand. „Dann haben sich deine Gebete für Alistair ja gelohnt, Lian!“ Fügte er hinzu, ein kurzes Lächeln glitt über dessen Züge. Er schaute jedoch den Schattenkrieger an, der mit dem Rücken zu ihnen am Fenster stand. Colin war in den letzten fünf Tagen immer ruhiger geworden, zog sich oft alleine zurück. Tristan wusste, dass der Ire jede Nacht für Alistair zu den Göttern sprach. Jessica erklärte ihm schließlich, dass Colin sein vampirisches Blut von diesem habe, er den Iren verwandelte. Ein Klopfen ließ die O´ Harra Geschwister und Tristan zur Tür blicken. Dorian trat ein, grüßte sie alle freundlich und mit vor Glück leuchtenden Augen. Dann ging er geradewegs auf Colin zu, nahm den Halbling in die Arme. Er schien zu wissen, wie sehr dieser litt, was seine nächsten Worte bewiesen.
„Wir haben Alistair wider, Colin, wir haben den Mann, wider der uns unsere Existenz geschenkt hat!“ Kam es mit tränenerstickter Stimme vom Schotten. Colins Kopf sank auf seine Schulter, dann weinten die beiden Männer gemeinsam. Kilian griff nach Seans Hand, drückte sie fest, denn er wusste, dass sich dieser noch immer Gedanken machte, ob er damals bei ihm richtig handelte. Gemeinsam mit Dorian verließ schließlich Colin die Hütte.
Im Badehaus betrachtete ein anderer Mann sein Gesicht im Spiegel, harte Züge lagen um seine blauen Augen mit dem schmalen grauen Rand um die Pupille. Bis jetzt hatte keiner seine Tarnung entdeckt, doch wie lange würde es noch so bleiben. Jemand betrat hinter ihm das Badehaus, dann legte derjenige eine Hand auf seine Schulter. Ebenfalls blaue Augen betrachteten sein Spiegelbild, dem klare Tränen in den Augen schimmerten, Wolfstränen. Gavin griff nach der Packung mit dem Färbemittel, die vor dem Spiegel stand.
„Johnny hör auf, dich selbst zu verstecken!“ Flüsterte der Schotte.
„Sehe ich genauso, amigo!“ Meldete sich Vincente zu Wort. Sie waren die Einzigen, die das Geheimnis von John Glenmore kannten.
„Ich fühl mich besser so, schließlich denken sie ich sei genauso wie Miller draufgegangen. Mein Bruder hat gesehen, wie seine Männer mir die Pistole in den Mund hielten!“ Antwortete eine raue Stimme.
„Ja klar fühlst du dich besser, John! Du heulst dich jeden Abend in den Schlaf, weil es so schön ist! Deshalb möchtest du auch keinen Anderen in deiner Hütte haben, weil du dich so gut fühlst!“ Stellte Vincente kühl fest. „Ganz davon zu schweigen, dass sich Dorian langsam fragt, warum du alle vierzehn Tage dunkelblondes Haarfärbemittel brauchst!“
„Es ist meine Sache, del Niro, halt dich gefälligst daraus!“ Giftete John zurück. Gavin trat schweigend ein paar Schritte von ihm fort, verschränkte die Arme vor der Brust. Er steckte das gebrauchte Färbemittel in seine Kulturtasche, als zwei weitere Wölfe das Badehaus betraten. Die drei ehemaligen MacNamara-Kämpfer hörte eine Unterhaltung zwischen den O´ Sullivan-Zwillingen mit an.
„Weist du eigentlich, wo sie Johns Leiche hingebracht haben? Ich meine er hat doch ein Recht auf eine ordentliche Ruhestätte. Dir würde es auch gut tun, wenn du irgendwo trauern könntest, Jimmy!“ Stellte der Dragon Lord fest.
„Ich hab keine Ahnung Joey, alle Versuche es herauszufinden sind gescheitert!“ Kam es traurig von James zurück. „Nach der Sache mit Patrick, wünsche ich mir sogar, dass Johnny vielleicht noch lebt. Sie ihn genauso wie Rick gerettet haben! Egal was John angestellt hat, er bleibt doch unser großer Bruder, Céllí Mór, ich liebe ihn genauso wie dich!“
„Erzähl mir was aus eurer Kindheit, du sprichst nicht so viel davon, bitte Jimmy, hier sind wir alleine!“ Conner spürte die drei Wölfe im hinteren Teil des Badehaus, er spürte auch das starke Schutzschild, welches zwei von ihnen aufrecht hielten. James begann nun doch zu erzählen, erst zögerlich, dann immer offener. In seinem Versteck presste sich John Glenmore-O´ Sullivan das Handtuch vors Gesicht, sank langsam an der Wand zu Boden. Vincente setzte sich neben ihn, nahm ihn in die Arme. Er konnte genauso wie sein Bruder Nico trösten, wenn er es wollte. So vergingen die beiden Stunden bis zum Abendessen. John erfuhr viel über die Gefühle seines Bruders James, wie sehr dieser ihn doch liebte, vor allem, dass sich dieser Vorwürfe machte, weil er nicht für ihn dagewesen war. John entschloss sich, wie so viele andere auch, einem seiner Brüder einen Brief zu schreiben. Er bat darum, dass ihn Gavin und Vincente beim Abendessen entschuldigten. Da es nicht das erste Mal war, dass er wegen starker Kopfschmerzen in seiner Hütte blieb, glaubte man ihm. Auch Kim bekam gelegentlich noch seine Migräneanfälle. So dass sich keiner darüber wunderte. Dorian und Corey waren seit Tagen auch noch einmal anwesend. Sie hatten die Zwillinge von Alistair mitgebracht, dem es etwas besser zu gehen schien. Conners Augen wanderten unauffällig zu Gavin, der wie immer bei den Schotten saß. Mittlerweile bildeten sich doch kleine Grüppchen. Es gab die Ecke der Highlander, dann eine Ecke in der man fast nur Spanisch hörte. Doch im großen und ganzen hielt die Gruppe zusammen. Die neueren Krieger integrierten sich nun auch bestens in die bestehende Gruppe. Der Schotte erwiderte seinen bohrenden Blick ohne eine ersichtliche Geste. Conner fragte sich, wer der dritte Krieger gewesen war, der Mann, den Gavin und Vincente geschützt hatten. Außer Alistair fehlten heute auch John Glenmore und Pádraig, der eben das Essen für Alistair und sich geholt hatte. Allerdings konnte sich Conner nicht vorstellen, warum die beiden Schattenkrieger Deans Bruder schützen sollten. Nach dem Essen ging der Dragon Lord in seine Hütte. Sofort fiel sein Blick auf den Brief, der auf seinem Bett lag. Der Schreiber hatte förmlich seinen vollen Namen darauf geschrieben. Dragon Lord Joey Conner O´ Sullivan, stand auf dem Umschlag, der in einer sauberen Handschrift beschriftet worden war, die Conner nicht kannte.

My Lord,
ich bitte Euch auf diese Weise, mich anzuhören, da ich weis, dass einige Krieger und Schattenkrieger unsere Gedanken lesen würden, wenn ich so auf Euch zu treten würde! Mir ist klar, dass Ihr gespürt habt, dass Gavin McCampbell und Vincente del Niro heute im Badehaus einen Krieger geschützt haben. Ich war der Krieger, dessen Anwesenheit Ihr und Eurer geliebter Zwilling nicht spüren solltet.
Ich bin einer der Wölfe und ein Krieger des Lichts, wie Ihr es seit, Dragon Lord. Doch meine Geschichte ist dunkler, wie die Eures Bruders James. Ich war einer der Männer, die bereits am Anfang gegen euch waren. Gegen die Drillinge O´ Harra. Ja ich habe sogar versucht einen von ihnen umzubringen. Ich stand unter Millers Befehl, dem von John Miller und seinem wahren Sohn. Ich möchte in diesem Brief nicht um Vergebung für meine Taten bitte, sondern darum, dass ich vor das Gericht der wahren Krieger und Dragon gestellt werde. Eine Strafe empfange, die meinem Verrat gerecht wird.
Ich war der Mann, der in Köln auf Jessy geschossen hat. Ich war der Mann, der seinen Bruder belogen hat. Ich bin der Mann, der jeden Tag in dessen Augen sieht und weis, wie sehr er unter meinem angeblichen Tod leidet. Ich bin der Mann, der sich unter einer Maske verbirgt, damit er nicht erkannt wird.
Ich bitte Euch Dragon Lord of Wicklow, mir meine Schuld anzuerkennen, die Schuld am Verrat der Dragon, der Krieger, meiner Familie und eines guten Freundes! Ich bitte Euch, mich nicht aus Liebe zu schonen, denn diese hab ich nicht mehr verdient! Weder die Liebe des Bruders, der mich kennt, noch die des Bruders, der nur meinen Namen kennt.
Mein Name ist John O´ Sullivan, doch Ihr kennt mich unter dem Namen John Glenmore!
In Treue zu meinem Dragon Lord
und dem Krieger des Lichts
John O´ Sullivan



Conner steckte den Brief in seine Hosentasche, stand auf und goss sich ein Glas Whiskey ein. Er ließ es fallen, als er sich vor einem Schatten erschreckte, der im Halbdunklen neben der Tür stand. Pádraig war normal kein Vampir vor dem er zurückschreckte.
„Sorry, ich dachte du hättest mich kommen hören!“ Entschuldigte sich Deans kleiner Bruder und begann die Scherben aufzulesen. „Kann ich mit dir sprechen Conner?“ Wollte er dann vorsichtig wissen.
„Sicher, setzt dich doch Paddy!“ Antwortete dieser, während er zwei neue Gläser aus einem Schrank holte und ihnen beiden ausschenkte.
„Ich wollte nicht mit Jimmy reden, weil ich dachte, dass es ihn zu sehr beschäftigt. Es geht um euren Bruder John, Conner!“ Eröffnete Pádraig seinem Dragon Lord zaghaft. Dieser nahm einen Schluck Whiskey.
„Was ist mit Johnny?“ Fragte er nach, lehnte sich dabei etwas auf seinem Stuhl zurück. Sein Gegenüber betrachtete derweil den Tisch.
„Ich hab die Vermutung, dass sie John nicht umgebracht haben, oder dass er wie Rick von jemandem gerettet wurde! John hatte ein Tattoo auf dem rechten Oberarm, ein keltisches Ornament. Jessy kann es dir sicher bestätigen. Das gleiche Ornament hab ich vor einiger Zeit bei einem von Gavins Männern gesehen. Er hat es im Badehaus mit Schminke überdeckt. Scheinbar bemerkte der Wolf meine Anwesenheit nicht. Conner, wenn Johnny wirklich leben sollte, dann bitte ich dich und die anderen hohen Krieger, hört euch seine Geschichte an, bevor ihr ihn verurteilt! Er hat eine Anhörung durch euch verdient!“ Jetzt schaute Pádraig auf, Conner in die blaugrauen Augen.
„Sagst du mir den Namen des Kriegers, den du für meinen Bruder hältst, Paddy?“ Er wollte die Antwort auf seine Frage von Pádraig hören, auch wenn er sie kannte.
„John Glenmore! Er kam erst spät zu Gavins Leuten, so viel ich weis zu der Zeit, als dein Bruder angeblich starb.“ Antwortete Pádraig offen, er wunderte sich nicht, als Dean und Kilian eintraten.
„Dann sag diesem Krieger, dass wir ihn hier sprechen wollen! Con, Jimmy ist mit meinen Brüdern jagen gegangen. Colin wird dafür sorgen, dass wir genügend Zeit haben, um mit John zu reden!“ Erklärte jetzt Kilian, Pádraig gehorchte seinem Befehl, während Conner nur nickte. Er stand auf, um zwei weitere Gläser auf den Tisch zu stellen. Als Conner Pádraigs Glas abwaschen wollte, schüttelte Dean den Kopf, er würde es einfach noch einmal nehmen.
„Kennst du das Tattoo, dass mein Bruder hatte, das keltische Tribal?“ Wollte Conner von Kilian wissen, der sich gelassen eine Zigarette drehte, er nickte. „Gut dann brauchen wir Jessy noch nicht einzuweihen.“ Stellte er fest und beantwortete das vorsichtige Klopfen an der Tür mit einem Herein. Der Krieger, der nun eintrat, hielt den Kopf gesenkt und seinen Dolch und die Spange in der Hand. Er legte die beiden Dinge vor Dean auf den Tisch. Nahm dann selbst auf einem der Betten Platz. Als der Krieger des Lichts ihm befahl, seinen Pullover auszuziehen, leistete er wortlos dem Befehl folge. Das Tattoo war nicht sichtbar! Kilian stand auf, holte ein feuchtes Handtuch aus dem Badezimmer. Der Krieger zuckte zusammen, als der Krieger der Schatten nach seinem Arm griff. Kilian wusch die Schminke von der Tätowierung und tatsächlich kam ein keltisches Tattoo zum Vorschein. Conner schluckte sichtbar, wand nun den Kopf ab, denn er hatte gesehen, dass dieser Mann tatsächlich auch einer seiner Dragon war, mehr noch, er spürte den schwachen Dragon in seiner Seele. John war wie er und James, ein wahrer Dragon, doch was für einer, konnte Conner nicht sagen. Er biss sich auf die Lippe, als er hörte, wie Kilian seinen Dolch zog. Diese Sache war für ihn schwerer, wie damals für Matthew zu sprechen. Dean begann kühl das Verhör.
„Wie lautet dein richtiger Namen, Krieger und Dragon?“
„John O´ Sullivan, mo dThiarnaí!“ Kam leise die Antwort.
„Warum hast du uns diesen verschwiegen, Krieger?“
„Aus Angst, dass ihr mich nicht aufnehmt!“
„Wir klagen dich wegen Verrats an den Kriegern und den Dragon an, wegen versuchtem Mord an einem wahren Dragon und wegen Verleugnung! Möchtest du dich verteidigen, Krieger?“ Sprach jetzt Kilian mit der Eiseskälte des Kriegers der Schatten, John schwieg eine Weile. Als Conner schon glaubte, dass sein Bruder nichts sagen würde, hörte er wieder dessen leise Stimme.
„Mich zu verteidigen, wäre zwecklos, denn alle Anklagepunkte entsprechen der Wahrheit! Ich bekenne mich vor dem Krieger des Lichts, dem des Schattens und vor dem Dragon Lord, als schuldig!“ Conner drehte abrupt den Kopf, schaute den Mann an, der auf seinem Bett saß. Kilian kniete hinter ihm, hielt ihm mit einer Hand seinen Dolch an die Kehle, die andere lag auf Johns Schulter. Die blauen Augen schauten ihn nun an. Sie waren Tränen gefüllt und doch wirkte John erleichtert.
„Warum?“ Kam es leise über Conners Lippen, mehr brachte er nicht heraus. Dean der neben ihm saß, legte ihm die Hand auf den Arm. Wider schwieg John eine ganze Weile, sah erneut auf seine Hände.
„Miller zwang mich dazu, genauso wie er die anderen Männer gezwungen hat, Pádraig MacKeating und Duncan McLoud. Der einzige, der dieses Spiel wirklich freiwillig spielte, war Daniel! Ich hätte nicht auf Jessy schießen können, wenn ich nicht unter Drogen gestanden hätte! Ich gebe zu, dass ich damals fast nur von Schmerzmittel und Beruhigungsmittel gelebt habe. Es war leicht zu bekommen, denn als Kommissar stand ich unter Stress. Du glaubst, Daniel hätte auf mich geschossen, weil er Jessy schützen wollte, Kilian? Nein, er schoss, weil ich versagt habe! Auf Millers Anwesen haben sie seinen Sohn nicht so gefoltert, wie sie mich folterten! Sie haben mir Dinge angetan, über die ich nicht sprechen möchte, da ich es kaum ertrage, daran zu denken!“ Die ersten Tränen tropften vor John auf die Bettdecke, Kilian senkte den Dolch, hielt ihn jedoch weiter an den Schultern fest. „Am Abend vor der Sache mit der Pistole kamen zwei Männer zu mir. Gavin und Vincente, wie ich heute weis. Sie gaben mir ein Fläschchen mit einer Flüssigkeit, sie sagten mir, ich solle sie am nächsten Morgen trinken, bevor man mich holte. Dann schnitt sich Vincente mit seinem Dolch, legte die blutende Hand auf eine meiner Folterwunden! Ich trank das Mittel aus dem Fläschchen, es schmeckte scheußlich und ich bekam im Laufe des Morgens Fieber. Dann folgte mein angeblicher Tod, aber ich wachte nach tierischen Schmerzen in einer Wohnung in Derry wieder auf. Gavin saß an meinem Bett. Erst als er mir sein Blut gab, verstand ich, dass ich nun anders war. Er gab mir die neuen Papiere, half mir die Haare zu färben und nahm mich mit auf MacNamaras Anwesen. So wurde ich einer seiner Männer. Keiner bemerkte, dass ich mich hinter einer Maske versteckte! Nur Vincente und Gavin kannten die Wahrheit, sie haben immer versucht mich zu schützen. Sie hielten mich immer aus den Kämpfen raus! Wären sie nicht sicher gewesen, dass es mir hier gut geht, hätten sie mich nicht mit Denver herkommen lassen! Ich hab niemals meinen Schwur als Dragon gebrochen, den der Krieger auch nicht wirklich, denn ich verriet nie euren Aufenthaltsort, oder meinen Highlord. Versagt hab ich allerdings als beides. Ich werde das Urteil demütig annehmen, welches ihr über mein Schicksal fällt, mo dThiarnaí!“ Endete John seine Erklärung, mit feuchtem Gesicht von seinen Tränen. Conner hob den Kopf, den er auf die verschränkten Arme gelegt hatte, er schaute nicht besser aus, wie sein großer Bruder. Er stand auf, nahm weinend den Mann auf seinem Bett in die Arme. Kilian setzte sich neben Dean an den Tisch, stürzte seinen Whiskey herunter. Die beiden hohen Krieger sprachen nur in ihren Gedanken.
„Du hast Bilder gesehen Lian!“ Stellte Dean nun fest.
„Ja und sie überstiegen das Maß an Grausamkeit, welches ich erlebt habe, deutlich!“ Antwortete ihm Kilian entsetzt.
„Welches Urteil würdest du auf Grund dessen fällen, Lian?“ Wollte Dean nun wissen, Kilian sah auf sein Glas, schenkte sich noch einmal nach. Erst dann antwortete er.
„Ich würde ihn nicht wegen Verrat verurteilen, Dean. Er sollte viel mehr seine Vergangenheit aufarbeiten, lernen über seine Problem zu sprechen. Wir sollten ihm die Chance geben, selbst zu entscheiden, wann Jimmy die Wahrheit über John Glenmore, oder O´ Sullivan erfährt!“ Erklärte er dem Krieger des Lichts nun offen.
„Gut, dann soll es so sein! Möchtest du es ihm sagen?“ Als Antwort erhob sich Kilian, jetzt war es Dean der hinter John trat, ihm den Dolch an die Kehle legte. Conner trat einen Schritt zurück, er hatte sich von Anfang an geweigert ein Urteil zu sprechen. Er würde Kilians und Deans Urteil anerkennen ließ er die beiden Krieger bereits vor Johns Eintreffen wissen. Der Krieger rutschte nun vom Bett, kniete sich mit gesenktem Kopf vor Kilian und Conner auf den Boden. Dean stand hinter ihm, den Blick ebenfalls gesenkt.
„Da dein Bruder der Dragon Lord uns gesagt hat, dass er unser Urteil akzeptieren wird, haben der Krieger des Lichts und ich über dein Schicksal entschieden, Dragon und Krieger John O´ Sullivan!“ Verkündete Kilian ruhig. „So höre dein Urteil, Krieger! Wir sprechen dich nicht des Verrats schuldig, wie es eigentlich sein müsste! Denn du warst wirklich deinem Schwur treu. Wir verlangen allerdings, dass du dich einem meiner Schattenkrieger anvertraust. Ob du mit Colin oder Ville redest, bleibt dir selbst überlassen! Da ich die Folter aus deinen Gedanken kenne, werden ich wissen, was du ihnen anvertraust. Ich möchte, dass du deine Seele ganz von dieser Zeit reinigst, John! Was deinen Bruder James betrifft, so möchten wir es dir überlassen, wann er die Wahrheit erfährt!“ Dean ließ den Dolch sinken, gab seinem Krieger die Freiheit. Dieser blieb jedoch noch einen Moment knien.
„Danke mo dThiarnaí! Ich werde mich dem Schattenkrieger Colin anvertrauen. Ich bitte meinen Bruder Conner darum, dass er bis Weihnachten schweigt. Wenn mir eine Bitte an die hohen Krieger gestattet ist, so möchte ich bis Weihnachten von meinen Pflichten befreit werden und in dieser Zeit das Dorfleben meiden!“ Flüsterte John mit stockender Stimme. Dean nahm als Antwort Johns Spange und Dolch an sich, wie er es bei Alistair getan hatte. Kilian nickte nur, während sich jetzt Conner vor John kniete.
„Ich werde schweigen Johnny, aber nur, wenn du aufhörst deine Haare zu färben und dann dein wahres Gesicht zeigst! Ich hab ein Foto von dir gesehen, dass Jimmy bei sich trägt, du gefällst mir mit deinen rotbrauen Haaren besser, wie so.“ Gestand Conner und lächelte seinen Bruder an. Dieser nickte nur und verließ noch immer dankbar über das Urteil die Hütte.
„Ich danke euch beiden, dass ihr so mild geurteilt habt!“ Gestand Conner Dean und Kilian, als sie alleine waren.
„Ich weis doch selbst, wie es ist, wenn dein Bruder dort steht und Kilian weis es auch! Conner, John hat ein wirklich offenes und ausführliches Geständnis abgelegt, so etwas ist uns wichtiger!“ Erklärte Dean jetzt, Kilian nahm den vor Glück weinenden Dragon Lord in die Arme. Er verstand Conner noch mehr, wie Dean, dachte in diesem Moment an den Morgen nach Kirans Urteil, das Gefühl, dass er damals hatte, als er Kiran neben sich spürte.
„Ich hätte niemals zugelassen, dass John des Todes verurteilt wird, Con. Ihr habt damals auch Kiran verschont und es war, wirklich nicht gut, was er angestellt hat!“ Gestand Kilian. Noch lange saßen die Drei zusammen und sprachen über die Liebe zu ihren Geschwistern und vor allem über die Kaltblütigkeit von John Miller und dem Clan MacNamara.


Kapitel 4



Die Wochen bis Weihnachten vergingen für die Krieger schnell. Keiner machte sich etwas daraus, dass sich John Glenmore vollkommen zurückzog. Da dieser sich auch sonst ziemlich im Hintergrund hielt. Dorian, Rea und Shane hatte in dem kleinen Dorfladen gut zu tun, weil alle Krieger dort Geschenke kauften. Alistair erholte sich von seiner Verletzung und verbrachte viel Zeit mit Tristan, Jessica und den Kindern. Er akzeptierte, dass der Deutsche und Jessica nun ein festes Paar waren. War Tristan unendlich dankbar, dass er ihm seine Söhne näher brachte und darauf bestand, das sie ihn Tris nannten statt Papa. Colin verbrachte jeden Tag mindestens eine Stunde bei John, der ihm nach und nach wirklich alles anvertraute. Dass Kilian von jedem ihrer Gespräche erfuhr, schien den Bruder von Conner und James nicht zu stören.
Es war allerdings ein anderer Schattenkrieger, der einen Tag vor Weihnachten plötzlich in dessen einsamer Hütte erschien. Brendan stellte wortlos eine Packung Haarfärbemittel auf den Tisch, er war gemeinsam mit Cameron und Conner noch einmal nach Anchorage geflogen. Der Dragon Lord hatte für diesen Flug, heimlich das Foto entwendet, welches sein Zwilling von ihrem Bruder besaß. In der Stadt waren sie dann in einem Friseurladen gewesen und hatten sich die Haarfarbe mischen lassen. Brendan half jetzt, immer noch schweigend, John dabei, die noch dunkel-blonden Haare zu färben. Am Ende stand dann wider John O´ Sullivan vor seinem ehemaligen Highlord. Der Krieger würde jedoch erst zum gemeinsamen Festessen zurückkehren. Dean brachte ihm am Nachmittag seine Spange und den Dolch wider, er betrachtete den Krieger, der nun vor ihm stand. Das Gesicht, in dem vor einigen Wochen noch Härte und Angst stand, hatte die alten Gesichtszüge wieder. Unter dem kurzärmligen schwarzen Hemd, das John trug, blitzte ein Teil des Tattoo hervor. In den blauen Augen mit dem grauen Rand lag ein erwartungsvoller Glanz. Dean freute sich regelrecht darauf, wie James schauen würde, wenn er seinen großen Bruder vor sich sah.
Conner hatte in den letzten Tagen immer wieder kleinere Andeutungen gemacht, dass John noch lebte. Kilian verlegte das Abendritual der Schattenkrieger auf den Nachmittag, so dass pünktlich um sechs Uhr die Bescherung beginnen konnte. Cody und Gordon betrachteten mit großen Kinderaugen den geschmückten Tannenbaum in der Gemeinschaftshütte. Matthew hielt sich im Hintergrund, er versuchte heute erneut die Erinnerungen zu ertränken, was ihm Steven Aidan und Corey etwas übel nahmen. Doch wenigstens zog sich der Schattenkrieger nicht zurück, wie letztes Jahr. Vielleicht auch, weil Ville und Colin stets in seiner Nähe waren. Bevor es Essen gab, bekamen natürlich die beiden kleinen Zwillinge ihre Geschenke. Jessica achtete darauf, dass sie nur etwas von ihren Paten, Alistair, ihr und Tristan bekamen, damit die kleinen Vampire nicht überfordert wurden. Begeistert spielten die Zwillinge mit ihren neuen Sachen. Ihr fiel plötzlich der Mann auf, der mit dem Rücken zum Geschehen am Fenster stand. Dieses Jahr war es James, den der Heiligabend völlig aus der Bahn zu reißen drohte. Sie ging zu ihm, sah dem Schattenkrieger in die tränengefüllten Augen.
„Warum bist du so traurig Jimmy?“ Wollte Jessica wissen und legte ihm den Arm um die Mitte, Tristan nickte ihr nur zu, tolerierte es einfach, da er wusste, dass sie ihren Platz kannte.
„Deine Brüder haben Patrick zurück bekommen. Jeremy, Damon und Ronald haben sich wieder vertragen. Ich sehne mich irgendwie nach Johnny, Jessy. Egal was er getan hat, er ist mein großer Bruder!“ James schluckte einmal kräftig. „Joey macht schon seit Tagen solche Andeutungen, dass er noch lebt! Vielleicht genauso wie Rick gerettet wurde! Wenn er weis, wo Johnny ist, warum sagt es mir Joey nicht? Ich würde mich gerne mit ihm aussprechen!“ Langsam liefen nun doch Tränen über sein Gesicht. Er blieb auch stehen, als das Abendessen aufgetragen wurde. Conner stand nun auf, trat hinter seinen Zwilling und nahm ihn in die Arme.
„Möchtest du nichts essen, Jimmy?“ Fragte er besorgt, ein Kopfschütteln war die Antwort. „Ach komm schon, sei doch nicht traurig!“ Bemerkte er, jetzt sprach James und klang zudem gereizt.
„Ich soll nicht traurig sein? Céllí Mór, du machst seit Tagen Andeutungen, dass Johnny lebt! Heute ist Heiligabend und wer weiß an welchem trostlosen Flecken Erde er jetzt alleine sitzt!“ Fuhr der Schattenkrieger seinen Zwilling vor allen Anderen an. Drehte sich dann um und verließ die Gemeinschaftshütte, in seiner Hütte warf sich James auf sein Bett und schluchzte. Jemand trat ein, strich ihm tröstend über den Rücken. John hatte durch Deans Gedanken gesehen, was in der großen Hütte geschah. Eigentlich wollte er erst kommen, wenn die Geschenke verteilt wurden, doch nun würde James sicher nicht dabei sein.
„Johnny, áit a bhfuil tú? Wo bist du?“ Schluchzte James auf.
„Tá mé anseo, deartháir! Ich bin hier, Bruder!“ Bekam er überraschend zur Antwort. „Don´t cry, Jimmy, I´m here!“ Die Stimme war so nah und so vertraut, dass James tatsächlich aufhörte zu weinen, stattdessen herumfuhr. Seine Bewegung riss den Krieger von der Bettkante, er landete neben dem Bett auf dem Hosenboden, schob sich die Haare aus dem Gesicht. So vertraute blaue Augen blickten James lächelnd an. In der Tür stand Conner, ebenfalls mit einem Lächeln im Gesicht.
„Das ist jetzt ein Traum, oder Joey?“ Wollte James irritiert wissen.
„Nein Jimmy, es ist kein Traum!“ Kam die Antwort jedoch von John. „Ich bin tatsächlich hier, schon seit Monaten. Ich hab überlebt, weil mir Gavin und Vincente geholfen haben! Jimmy es tut mir leid, dass du so gelitten hast, ich …“ Jetzt war es John, der weinend abbrach.
„So das ist also das Geheimnis, warum sich John Glenmore zurückgezogen hat. Es gibt ihn nicht wirklich oder, du wolltest dich nur vorbereiten!“ Bemerkte James vorsichtig, John nickte. „Und du, Joey Conner O´ Sullivan kanntest die ganze Zeit die Wahrheit! Ich könnte dich umbringen, Céllí Mór, so einen miesen Zwilling hab ich mir nicht gewünscht!“ Ein knurrender Wolf riss Conner zu Boden, leckte ihm quer übers Gesicht. Lachend kraulte Conner seinem Bruder die Ohren.
„Ich wollte dein Weihnachtsgeschenk von John ja nicht verraten. Du solltest es nicht wissen, es war nicht meine Idee. Jimmy hör endlich auf, das kitzelt!“ Japste Conner verzweifelt, John vergaß seine Tränen und begann nun ebenfalls zu lachen. Es sah zu schön aus, der Dragon Lord lag mit Lachtränen in den Augen unter einem rotbraunen Wolf, der ihm immer noch das Gesicht leckte.
„Jimmy bitte, ich stink gleich nach Wolf, wenn wir wieder feiern gehen!“ Bemerkte Conner nun, diesmal ließ sein Zwilling von ihm ab.
„Du stinkst nach Wolf, Joey, weil du selbst einer bist!“ Lachte James und richtete die Silberspange in seinen kastanienbraunen Haaren. Jetzt war er es, der von Conner auf eines der Betten gestoßen wurde, der rote Drachen erhob sich fauchend und stürzte sich auf seinen Zwilling. Plötzlich und unerwartet erschien ein reiner blauer Drachen, hielt Conner mit sanfter Liebe zurück. John sank schon fast entsetzt auf das andere Bett, er wusste zwar, dass er ein wahrer Dragon war, weil es ihm Colin sagte. Doch nicht welcher der vier Sorten er angehörte.
„Tja, Bruder könnte schwierig für dich werden, an zwei blauen Dragon vorbei zu kommen!“ Stichelte James mit einem breiten Grinsen.
„Ach lass mich doch, immerhin bin ich der Dragon Lord!“ Konterte Conner und stieß James zurück aufs Bett.
„Schluss jetzt ihr zwei, ich will endlich mit euch feiern gehen!“ Mischte sich John ein und schubste Conner einfach neben James. „Bin ich froh, dass dieses Versteckspiel ein Ende hat!“ Fügte er hinzu und umarmte seine beiden jüngeren Brüder.
„Beantwortest du mir noch eine Frage Johnny? Warum hast du nie mit mir gesprochen? Wenn du selbst ein Krieger bist, dann wusstest du was ich bin.“ James sah in die Augen seines Bruders.
„Ich bin Dunkelkrieger, wie es Duncan war, Jimmy! Außerdem wollte ich dich nicht mit hinein ziehen, meinen kleinen Bruder schützen, wie es alle großen Brüder tun. Noch dazu hab ich bis vor einiger Zeit gedacht, dass du mich wegen der Sache in Köln abgrundtief hassest!“ Gestand John leise und sah nun Tränen in James Augen, dann sank sein Kopf auf Conners Schulter.
„Ich hass dich nicht, Johnny! Ich wollte nichts sehnlicher, als dass du so wie Rick zurückkommst!“ Flüsterte James. „Jetzt bist du wieder hier und wir sollten endlich aufräumen, lernen wie Brüder miteinander zu reden. Du kannst endlich meinen Zwilling richtig kennenlernen!“ Jemand öffnete die Tür, blieb jedoch dort stehen. James spürte den Schattenkrieger, der sich ruhig verhielt, scheinbar die Szene auf dem Bett beobachtete. Die drei Brüder, die so eng beieinander lagen.
„Ich wollte nur schauen, ob bei euch alles okay ist!“ Bemerkte Ville ruhig. „Wir warten mit den Geschenken auf euch, wollt ihr mitkommen?“ Natürlich wollten die drei O´ Sullivan Brüder mitkommen, so gingen sie gemeinsam mit Ville zurück in die Gemeinschaftshütte. Jessica hatte die Zwillinge bereits in ihre Betten gebracht, auf den Tischen stand jetzt Whiskey und Aschenbecher. Musikinstrumente wechselten ihre Besitzer, verstummten jedoch, als die vier Männer eintraten. Über Gavins Gesicht glitt ein Lächeln, in Anderen war Verwunderung zu sehen. Denn John Glenmore hatte sich in den letzten Tagen deutlich verändert. Der Wolf, der von Natur aus rostbraun war, hatte nun auch die passende Haarfarbe. In den blauen Augen mit dem grauen Rand lag ein Glanz, den es vorher nicht gab. Jessica stand auf, blieb vor John O´ Sullivan stehen und schlug ihm die flache Hand ins Gesicht.
„Das war für die Sache in Köln, Johnny! Schön das du doch noch lebst, Kollege!“ Bemerkte Jessica und nahm ihn in die Arme. Pádraig war ebenso aufgestanden, in seinen Augen schimmerten zu aller Überraschung rote Tränen. Er nahm seinen ehemaligen Kollegen still in die Arme. Wieder einmal machte sich Deans kleiner Bruder Vorwürfe, dass er damals nicht handeln konnte. John strich ihm beruhigend über den Rücken, ließ ihn in Gedanken wissen, dass er ja seinen Weg selbst gewählt habe. Pádraig lächelte nun doch wieder etwas.
Dann gab es Geschenke, selbst Alistair wurde dabei reich beschert. Das schönste aller Geschenke war natürlich die Zeit mit seinen Söhnen. Danach folgte ein Geschenk mit dem der Schotte nicht rechnete, er hatte zwar einige Male erwähnt, dass er die Gebete mit den Kriegern vermisste, jedoch akzeptierte Alistair seinen Ausschluss aus der Gemeinschaft der Krieger. Kilian und Dean überreichten ihm gemeinsam ein Geschenk. Zuerst wickelte der Schotte ein Lederbündel aus, dann kamen seine Spange und sein Dolch zum Vorschein. Alistair weinte nun vor Dankbarkeit, legte vor allen Krieger gleich seinen Schwur noch einmal neu ab. Die beiden hohen Krieger nahmen ihn mit einer freundschaftlichen Umarmung an. Was Tristan dann sagte, rührte Alistair noch mehr zu Tränen. Er wünsche sich, dass der Schotte im Dorf bleibe, sie gemeinsam ihre Kinder aufziehen könnten. Für Tristan gehörten Gordon und Cody genauso zum Leben, wie deren Mutter Jessica. Zu Alistair pflegte er eine sichtbare und gute Freundschaft. Wie der Schotte mittlerweile wusste, war dieser jeden Tag an seinem Bett gewesen. Hatte auch Dorian in den fünf Tagen viel Mut gemacht. Jessica sah zu dem Mann, der ihr das letzte Geheimnis, welches Tristan noch vor allen verbarg, verraten hatte. Kim McLoud nutzte noch immer das Internet um Informationen über die Krieger und ihre Feinde zu sammeln. So hatte der ehemalige Yard-Agent auch herausgefunden, dass Tristan Kaufmann einen Halbbruder besaß. Sein Vater war, als er noch einen Job hatte, mit seiner Sekretärin fremdgegangen. Aus dieser Beziehung entstand ein Sohn in Tristans Alter. Jessica schrieb diesem Mann vor einiger Zeit einen Brief. Die Antwort kam vor ein paar Tagen. Von einem englischen Soldat, der bei der Royal Navy auf den Bermudas stationiert war. Es war ein langer und gefühlvoller Brief gewesen, in dem der Schreiber von einer traurigen Kindheit ohne Vater berichtete, eine zerbrochene Ehe, wie sie viele hier hatten und der Sehnsucht nach einer richtigen Familie und einem Bruder. Jessica schrieb ihm noch am gleichen Abend, als Tristan nicht in der Hütte war zurück, machte ihm den Vorschlag, dass er sie im Frühling besuchen sollte. Sie zeigte den Brief ebenso Colin, der dem scheinbar wirklich einsamen Soldaten seine Hilfe anbot. Er erlaubte Jessica sogar seine Handynummer anzugeben, damit ihn dieser noch unbekannte Soldat anrufen konnte, wenn er wollte. Im Brief schrieb dieser nur seinen Vornamen Chris-Angel. Das Klingeln eines Handys riss nicht nur Jessica aus ihren Gedanken, sondern brachte alle zum Schweigen. Colin wühlte in seiner Lederjacke, sah auf das Mobiltelefon und verschwand nach draußen. Die Anderen widmeten sich wieder ihren Gesprächen, oder machten weiter Musik. Es dauerte eine ganze Weile bis er zurückkam, er ging direkt auf die beiden besten Piloten zu. Steven Aidan und Dean. Nach einem kurzen Gespräch nickten die beiden zustimmend. Der Krieger des Lichts gab Conner ein Zeichen, dann gingen sie gemeinsam mit Kilian aus der Hütte. Colin setzte sich wieder auf seinen Platz, schaute nun Jessica an, die sich von Tristan löste. Doch bevor er etwas sagen konnte, kam Dean zurück, holte Brendan und Pádraig. Auch wenn man Colin nichts ansah, so spürte seine Schwester doch, dass etwas geschehen war. Die drei wichtigsten Männer der Krieger und die beiden Sanitäter, so wie Lior, der nun auch ging, waren schon verräterisch. Noch dazu hatte Colin mit Steven Aidan gesprochen, eindeutig ihr bester Pilot, da er selbst einen Hubschrauber fliegen konnte.
Als Jessica sagte, dass sie nach ihren Söhnen sehen wollte, folgte ihr ältester Bruder ihr einfach. Das sie beide nur eine Ausrede suchten, um Reden zu können bemerkte dabei keiner. Genauso wenig, wie die leichte Anspannung zwischen den beiden hohen Kriegern, dem Dragon Lord, Steven Aidan und den Sanitätern. Colin setzte sich an den Tisch in Jessicas und Tristans Hütte, während seine Schwester nach ihren Kindern sah. Die blauen Augen des Wolfes beobachteten sie liebevoll.
„Das war eben Chris-Angel, Jessy. Es geht ihm wirklich dreckig, er ist vor vier Tagen mit dem Heli abgestürzt, liegt mit mehreren Knochenbrüchen im Lazarett. Die Ärzte haben ihm gesagt, dass er wahrscheinlich seinen Dienst bei der Navy quittieren kann. Chris-Angel ist mit den Nerven am Ende!“ Erklärte Colin jetzt leise.
„Hast du deswegen mit Dean und Aidan gesprochen?“ Wollte Jessica wissen. „Damit sie ihn her holen?“
„Ja, denn anders können wir ihm nicht helfen! Ich hab gesagt, dass er ein Freund von mir ist, weil Angel nicht wollte, dass ich ihnen die Wahrheit sage. Tris soll selbst herausfinden, wer er ist! Ich bin ehrlich gespannt auf diesen Mann. Mal einen Marine statt der Piloten und anderen Soldaten, die wir haben!“
„Ist er nicht Pilot? Angel ist doch mit dem Helikopter abgestürzt!“ Fragte Jessica, Kilian betrat ohne Klopfen die Hütte.
„Nein er ist nicht selbst geflogen, Jessy! Soviel ich weis ist Angel Kapitän eines kleineren Schiffes. Der Heli stürzte beim Landeanflug auf einen Flugzeugträger ab, mehr hat mir Chris-Angel nicht erzählt!“ Colin sah Kilian an, der sich zu ihnen setzte.
„Aidan und Ryan starten noch heute Nacht mit Brendan und Paddy, Sie holen Chris-Angel her! Colin ich sollte dich eigentlich fragen, woher du Chris-Angel kennst, aber ich lass es! Jessy zeigst du mir seinen Brief?“ Schuldbewusst senkten sich zwei Köpfe, denn auch bei seinen Geschwistern bemerkte Kilian eine Lüge sofort. „Ich verrate euch nicht Jessy! Aber eins sag ich euch beiden. Ihr übernehmt die Verantwortung für diesen Chris-Angel!“ Jessica nickte, gab Kilian den Brief des Marines, damit war das Gespräch beendet, denn Tristan hatte Sehnsucht nach seiner Liebsten. Kilian und Colin ließen die beiden alleine.
Chris-Angel sah dem Kameraden zu, der seine Habseligkeiten in den Seesack packte. Viel hatte er nicht, nur ein paar Kleidungsstücke, ein Bild seiner Ex-Frau und sonstige Kleinigkeiten. Der Abschied fiel dem jungen Kapitän trotzdem schwer. Die letzten fünf Jahre war die Navy sein Zuhause gewesen. Die Ablenkung von seiner gescheiterten Ehe. Jetzt stand ihm eine Reise ins Ungewisse bevor, denn Chris-Angel hatte keine Ahnung, was ihn in Alaska genau erwartete. Der Mann mit dem er gesprochen hatte, klang zwar freundlich, was jedoch nicht viel aussagte. Zwei ehemalige Militärpiloten und zwei Rettungssanitäter sollten ihn abholen. Der Arzt kam ein letztes Mal, gab ihm seine Krankenakte und wünschte dem nun Ex-Marine alles Gute für die Zukunft. Es war bereits Abend, als zwei Männer das kleine Krankenzimmer betraten. Beide trugen die Haare lang und normale Rettungsdienstuniformen.
„Guten Abend, Sie müssen Chris-Angel sein. Mein Name ist Pádraig!“ Stellte sich der dunkelhaarige Mann vor. „Das ist mein Kollege Brendan!“ Dann auch den rothaarigen Mann, der sich etwas zurück hielt. Chris Angel nickte nur, reichte beiden die Hand.
„Ihr holt mich nach Alaska, oder?“ Wollte er wissen, setzte sich so gut es ging im Bett auf. „Ich gebe zu, ich hab etwas Angst vor dem Flug.“ Gestand er, während ihm Brendan in einen Rollstuhl half.
„Kann ich mir vorstellen, aber du brauchst wirklich keine Angst zu haben. Unsere beiden Piloten waren selbst Kampfflieger und sie verstehen sicher deine Bedenken. Wenn es allzu schlimm wird, geben wir dir schon etwas, Chris-Angel!“ Beschwichtigte ihn Pádraig, während sie nun gemeinsam das Lazarett verließen. Ein Militärfahrzeug brachte sie zum Flughafen, wo ihre Piloten warteten. Steven Aidan und Ryan salutierten, als die Soldaten ausstiegen, um Brendan und Pádraig zu helfen. Ein Lächeln glitt über die Gesichter der Männer. Dann sahen die beiden Piloten zum ersten Mal den verletzten Marine. Ryan wand sich ab, Aidan dachte einen Moment lang an ihren eigenen Absturz, wand sich dann jedoch Chris-Angel zu. Der Ex-Air-Force-Offizier stand vor dem Ex-Navy-Kapitän stramm. Dieser lächelte etwas zurückhalten, da Steven Aidan nicht mehr aussah wie ein Soldat.
„Captain!“ Kam es militärisch von Steven Aidan. „Ich hoffe du fühlst dich auf dem Flug wohl. Wenn nicht, stehen wir gerne für Kritik zur Verfügung. Mein Name ist Aidan und das ist mein Co-Pilot Ryan!“ Wieder reichte Chris-Angel ihnen die Hände. Ryan betrachtete die Gipsverbände am rechten Arm und Bein des Kapitäns, als ihn Brendan auf einen der Sitze sinken ließ.
„Möchtest du eine Weile Co-Pilot spielen Brendan?“ Wollte Ryan wissen, während er sich eine Zigarette drehte.
„Gerne, vielleicht kannst du unserem neuen Gast etwas die Angst nehmen, Ryan.“ Bekam er zur Antwort, bevor Brendan im Cockpit verschwand. Pádraig sich irgendwo in den hinteren Reihen verzog, um dort zu rauchen, was eigentlich unnötig war.
„Wie ist das denn passiert?“ Begann Ryan das Gespräch, mit einer Kopfbewegung auf die Verletzungen.
„Wir hatten ein Manöver, ich sollte als zweiter Kapitän auf einen Flugzeugträger. Eine Windböe riss den Helikopter im Landeanflug ins Meer!“ Chris-Angel griff nach der Zigarette, die ihm Ryan hinhielt. „Vier meiner Kameraden kamen um, ich konnte mit zwei anderen gerettet werden. Einer von ihnen fiel im Lazarett, der andere wird wohl ebenso seinen Dienst quittieren müssen, wie ich!“ Ryan legte dem Soldaten mitfühlend die Hand auf den Arm.
„Ich kann verstehen, dass du Angst vorm Fliegen hast, aber wir passen schon auf! Aidan und ich haben das Gleiche hinter uns, wir wurden im Kampf abgeschossen, es dauerte Stunden, bis sie uns holen konnten. Aidan wurde sofort notoperiert, ich hätte ihn fast da draußen verloren! Trotzdem sind wir beide wieder geflogen, es ist die beste Medizin dafür seine Angst zu verlieren!“ Gerade in diesem Moment hob der Flieger ab, Chris Angel schloss die Augen. „Ganz ruhig Kamerad, wir sind bei dir!“ Von hinten legte jetzt Pádraig die Hände auf Chris-Angels Schultern. Als sie in der Luft waren beruhigte er sich etwas. Das nächste Problem folgte einige Stunden später, als Aidan zum Tanken landete. Chris-Angel begann zu zittern, wurde plötzlich kreideweiß, der kalte Schweiß brach dem Marine aus. Zu allem Überfluss stiegen ihm vor Angst Tränen in die Augen. Pádraig tauschte mit Ryan den Platz, redete leise und beruhigend auf den Soldaten ein. Dieser schluchzte, als sie sicher auf dem Boden waren, die beiden Sanitäter entschlossen sich, ihm doch ein Beruhigungsmittel zu geben. Sie gaben ihm so viel, dass er erst in Alaska wieder aufwachte.
Im Dorf bereiteten Lior, Raven und Jessica gemeinsam die Krankenhütte für ihren neuen Bewohner vor. Gordon und Cody spielten zwischen den Betten, plapperten unverständliches vor sich hin. Jessica beobachtete die beiden Indianer bei der Arbeit. Lior und Raven waren mittlerweile unzertrennlich, gingen voller brüderlicher Liebe miteinander um. Der Jüngere kannte sich ebenso, wie sein älterer Bruder mit Kräutern aus, interessierte sich jedoch noch mehr für die Sprachen der Krieger. Neben seiner eigenen und Englisch, sprach er bereits Gälisch und etwas Spanisch. Als nächstes wollte er noch Finnisch und Deutsch lernen. Beide Indianer trugen die silbernen Spangen der Krieger in den dunklen Haaren. Raven ebenso seinen Dolch, Lior trug diesen im Moment nicht, besaß jedoch ebenfalls einen. Die beiden Männer veranstalteten jetzt zur Belustigung von Gordon und Cody eine Kissenschlacht. Jessica lächelte, als ihre Söhne ausgelassen lachten. Hier im Dorf wuchsen die beiden kleinen Vampire wirklich sicher auf. Wand sie sich einmal ab, war sofort ein anderer da, der auf sie aufpasste. Für Patrick waren die beiden der Ersatz für seine eigenen Töchter. Seit die Zwillinge auf der Welt waren, sah man kaum noch seine kalte Seite. Er und Raven unterrichteten jetzt die Schützen. Selbst Kilian musste vor seinem kleinen Bruder zurückstecken. Jessicas Gedanken wanderten wieder zu Chris-Angel und den Bildern, die zuletzt von Pádraig gekommen waren. Der dunkelblonde Soldat mit den so traurigen Augen, dessen Farbe Jessica nicht eindeutig bestimmen konnte. Sie lag, genauso wie bei Steven Aidan früher, irgendwo zwischen grün und braun. Ob sich der Mensch hier wohlfühlen würde, wie Tristan auf seinen Halbbruder reagierte? Fragen die sich Jessica nun schon seit zwei Tagen stelle. Tristan hatte am Abend zuvor unverhofft von der Affäre seines Vaters erzählt. Er gab zu, niemals nach seinem Halbbruder gesucht zu haben, weil es seine Eltern nicht wollten. Er wusste nicht einmal den Namen des Mannes. Auf Jessicas Frage, ob er ihn denn nicht jetzt suchen wollte, zuckte der Vampir die Schultern. Er wisse ja noch nicht einmal, ob sein Vater diesen Sohn anerkannt habe.
Es war Gordon, der seine Mama aus den Gedanken riss, sich müde vom Spielen an ihre Hose klammerte. Raven strich Cody über den Kopf, setzte den Kleinen dann auf Liors Wolfsrücken. Jessica platzierte Gordon hinter seinen Zwilling und so trug ein dunkler Wolf die beiden Minivampire zum Mittagsschlaf in ihre Betten. Tristan, der am Tisch saß und schrieb blickte lächelnd auf. Die Indianer gingen nachdem Jessica die Zwillinge in ihre Betten gelegt hatte. Sie setzte sich zu Tristan an den Tisch, betrachtete das ordentliche Schriftstück, welches vor ihm lag.
„Was schreibst du, Tris?“ Fragte Jessica vorsichtig.
„Ich war eben bei den McLouds, Kim hat mir versprochen, dass er die Adresse meines Halbbruders herausfinden will. Ich möchte ihm einen Brief schreiben, darum bitten, dass wir wenigstens einmal miteinander reden können.“ Jessica nickte nur, während sich Tristan wieder seinem Brief zuwand und in der Ferne einer der großen Jeeps zu hören war, so wie das knattern zweier Schneemobile. Die drei Krieger und Brendan kehrten mit Chris-Angel zurück.
„Dann lass ich dich mal alleine, Tris, damit du in Ruhe schreiben kannst! Ich bin draußen wenn du mich suchst!“ Bemerkte Jessica und versuchte sich ihre Neugierde nicht anmerken zu lassen.
„Danke Darling, ich kümmere mich dann später auch um die Knirpse!“ Tristan drückte Jessica einen liebevollen Kuss auf den Mund, bevor sie die Hütte wieder verließ. Langsam ging sie zurück zur Krankenhütte, vor der jetzt der Jeep stand. Kilian und Dean kamen gerade sich leise unterhaltend aus der Hütte, sie bemerkten Jessica nicht. Pádraig und Lior waren noch bei Chris-Angel, der etwas blass im Bett saß, eine Tasse des berüchtigten Indianertees in der Hand. Seine Augen fanden sofort die hübsche junge Frau, die nun in die Hütte trat. Jessica wusste, was er sah. Eine schlanke Schönheit mit dunkelblauen Augen, fast hüftlangen pechschwarzen Haaren, die an den Seiten von der silbernen Spange gehalten wurden. Und in schwarzes Leder gekleidet, unter der Lederjacke trug Jessica das schulterfreie Top, welches Tristan so liebte. Die Augen des Verletzten leuchteten bei diesem Anblick.
„Mach den Mund zu, Marine!“ Bemerkte Pádraig ohne sich umzudrehen. „Die Frau ist vergeben und hat zwei wunderschöne Söhne!“ Fügte er lächelnd hinzu. Chris-Angel sah ihn nur perplex an, schloss allerdings erst einmal seufzend den Mund. Jessica trat ganz in den Raum, stieß Pádraig in die Rippen.
„Lass ihn doch gucken, Paddy! Schließlich werde ich mal seine Halb-schwägerin!“ Nahm sie dann den Mann im Bett in Schutz. „Ich bin übrigens Jessy, diejenige, die dir den Brief geschrieben hat. Schön, dass du hier bist Chris-Angel! Ich hoffe du findest dich schnell in diesem Irrenhaus von Kriegern zurecht!“ Jetzt erhielt Jessica einen Rippenstoß.
„Hey lass …“ Tristan schwieg plötzlich, er war doch neugierig auf Colins Freund geworden. Da Patrick bei den Zwillingen war, konnte er getrost seine Neugierde stillen. Die dunkelgrünen Augen glitten über den Mann im Bett, betrachteten ihn lange Zeit schweigend. Pádraig wusste auch so, was der Deutsche sagen wollte, er solle seine Frau in Ruhe lassen. Leise gingen die beiden Krieger jetzt, ließen die zwei Schattenkrieger mit Chris-Angel alleine.
„Tristan, alles in Ordnung mit dir?“ Wollte Jessica wissen, als sie die geballten Fäuste und das geschockte Gesicht ihres Liebsten sah.
„Ja, alles in Ordnung!“ Tristan sprach deutsch, was ihm auch heute noch passierte, wenn er aufgeregt war. „Jessy wer ist dieser Mann? Ich fühl mich mit ihm verbunden!“ Chris-Angel sah ihn an, er verstand keinen Ton, sprach, im Gegensatz zu Jessica, nur sehr schlecht Deutsch. Trotzdem wusste er, dass dies sein Halbbruder war, Tristan Kaufmann, wie Jessica in ihrem Brief geschrieben hatte. Diese legte einen Arm um die Hüfte ihres Partners, lächelte ihn dabei vorsichtig an.
„Tris, dass ist Chris-Angel, ein Marine von den Bahamas!“ Kam die Antwort ruhig und diesmal auf Englisch, damit sie der Besagte auch verstand. Tristans Gesichtszüge entgleisten nun völlig. Den Namen seines Halbbruders hatte Kim ja bereits herausgefunden.
„Chris-Angel!“ Wiederholte Tristan leise. „Kim hat mir bereits gesagt, dass mein Halbbruder so heißt. Jessy sag bloß … Nein!“ Kam es wieder auf Deutsch von ihm, dann verließ Tristan die Hütte, schlug die Tür hinter sich zu. Viel zu schnell für einen Mensch, denn er hatte vergessen, dass Chris-Angel noch nicht wusste, was sie waren. Der Marine starrte fassungslos auf den Fleck, wo vor ein paar Sekunden noch sein Halbbruder stand. Doch ihm blieb nicht viel Zeit zum Nachdenken, denn schon öffnete sich die Tür wieder. Zwei große Südländer betraten den Raum, Jessica hörte wie draußen Ville mit Tristan sprach. Chris-Angel betrachtete jetzt die beiden Männer, von dem einen ging deutlich etwas kämpferisches aus. Er trug wie, die meisten Männer und Jessica auch, seinen Dolch sichtbar am Gürtel. Die dunkelbrauen Augen sahen wach und aufmerksam aus. Der Soldat bemerkte, dass dieser Mann ein Kämpfer war, auch wenn die langen Haare und die lässige Haltung etwas anderes denken ließ.
„Buenas noches capitán!“ Begrüßte Vincente den Neuankömmling. „Mein Bruder Nico und ich, wollten nur Hallo sagen. Ich bin Vincente. Ach Jessy, ich soll dir ausrichten, dass die beiden Rabauken bei Gavin und Patrick sind. Ville kümmert sich um Tris!“ Jessica registrierte es mit einem Nicken, Chris-Angel schien nun wieder nachdenklich.
„Was seit ihr? So wie Tristan eben verschwunden ist, so schnell kann keiner laufen! Ich bin übrigens Chris-Angel, aber Angel reicht, sorry wenn ich unhöflich war!“ Kam es dann von ihm. Die drei Anderen tauschten schnell einige Blicke. Nico nahm schließlich auf der Bettkante Platz, sah dem Engländer einen Moment lang tief in die Augen.
„Glaubst du an Übernatürliches, Vampire, Geister und so etwas?“ Wollte Nico vorsichtig wissen. Einen Moment lang schien Chris-Angel zu überlegen, ob er überhaupt darauf antwortete.
„Ich glaube schon, dass es etwas Übernatürliches gibt. Erstrecht nach meinem Unfall. Ich hatte echt einen Schutzengel oder so! Aber die Vampirsache müsste man mir schon beweisen können, damit ich sie glaube!“ Gestand er dann.
„Was würdest du denn tun, wenn ich dir jetzt sage, dass du bereits einige übernatürliche Wesen kennst?“ Die Frage kam von Vincente, der neben Jessica stand. Wieder dauerte es etwas bis Chris-Angel eine Antwort darauf geben konnte.
„Ich weiß es nicht! Vielleicht würde ich nachfragen, was eure Sanis mir auf dem Flug für ein Medikament gegeben haben! Oder glauben es seien die Nachwirkungen von meinem Unfall!“ Meinte er dann, Vincente und Nico wechselten wieder einen Blick.
„Okay, dann besorg mal bitte das Medikament vom Flug, Nico! Ach und vielleicht solltest du Colin mitbringen, falls unser Soldat gleich einen Anfall bekommt!“ Gab Vincente zu verstehen, Jessica hielt sich immer noch zurück. Es dauerte nicht lange, bis Nico mit dem Narkosemittel und Colin wieder die Hütte betrat. Vincente wand sich ab, während sich Jessica jetzt auf Chris-Angels Bettkante setzte. Der Soldat sah die hübsche Frau an, die nun richtig lachte und ihre Fänge zeigte, zu erst wich er zurück, dann streckte er doch die Hand aus. Berührte vorsichtig Jessicas Fänge, als er an die Spitze packte, stach er sich in den Finger. Sie wich etwas zurück, schluckte schnell, blieb jedoch ganz ruhig dabei. Chris-Angel starrte die Vampirin an, deren dunkle Augen etwas dunkler wurden.
„Aber ihr trinkt doch kein Menschenblut oder?“ Fragte er dann vorsichtig, als etwas warmes und weiches von hinten gegen seinen Arm stieß. Ein pechschwarzer Wolf setzte sich auf seine Bettdecke. Vorsichtig streichelte ihn Chris-Angel mit der unverletzten Hand.
„Nein Angel, wir trinken kein Menschenblut. Es sei denn so etwas passiert in einem Kampf. Aber sonst trinken wir von Tieren aus dem Wald. Jetzt im Winter haben wir Tierblut auf Vorrat, oder die Werwölfe bringen den Vampiren etwas mit, da für sie der Schnee zu hoch ist, um selbst zu jagen!“ Erklärte Nico und kraulte dabei Vincente die Ohren.
„Wie seit ihr zu diesen Wesen geworden? Was ist Tristan? Was passiert mit einem, wenn man so wird?“ Sprudelten die Fragen aus Chris-Angel hervor. „Entschuldigt, ich bin zu neugierig!“
„Schon okay, Angel! Wir waren alle mal Menschen wie du!“ Antwortete jetzt Colin, der sich eine Zigarette drehte. „Vielleicht sollte dir Corey die Fragen zur Verwandlung beantworten, er ist der Älteste von uns. Tristan ist übrigens ein Vampir, wie Jessy! Aber erhol dich jetzt erst einmal von deiner Reise, Angel. Du schaust müde aus!“ Bemerkte er dann, es stimmte, der Marine war erschöpft vom Flug und den vielen Besuchern, obwohl es sicher noch nicht alle Dorfbewohner waren.
In dieser Nacht blieb Jessica alleine mit den Kindern, Tristan brauchte einfach seine Ruhe, wollte nachdenken. Sie ließ ihm diese, da er ihr auch ihre Freiheit ließ. Lange wanderte der Vampir durch das verschneite Dorf. Dachte an seine Vergangenheit und die Tatsache, dass er jetzt wieder einen Bruder hatte. Auch wenn es nur sein Halbbruder war. Tristan hatte lange mit Ville gesprochen, auch mit Kim und Duncan, die sich erst später kennengelernt hatten. Jetzt überlegte er, wie er sich gegenüber Angel verhalten sollte. Er war sechzehn, als er seinen Bruder verlor. Nun war Tristan zweiunddreißig und hatte einen neuen Bruder an seiner Seite. Dass Angel nur sein Halbbruder war, interessierte ihn dabei wenig. Manchmal spürte er die Blicke der anderen Dorfbewohner. Mittlerweile wussten sie alle, dass Chris-Angel sein Halbbruder war. Auf einer Art war dies gut, denn so störte ihn keiner in seiner nächtlichen Wanderung. Auf der anderen Seite wollte Tristan nicht alleine sein, doch zu Jessica und den Kinder wollte er im Moment auch nicht. So ging er weiter spazieren, an den leeren Hütten vorbei, zur Gemeinschaftshütte, in der er sich einige Minuten aufwärmte. Dann kurz vor Morgengebet zog es den Deutschen in die Hütte, in der Chris-Angel noch feste schlief. Er setzte sich an das Bett seines Halbbruders, studierte die Gestalt des Marinesoldaten. Die Haarfarbe hatte Chris-Angel eindeutig von seinem Vater, auch die Größe stammt aus dem Hause Kaufmann. Die kurzen Haare waren vom Schlafen zerwühlt. Nach einer Weile begann Tristan den Seesack auszuräumen, die Kleidungsstücke legte er ordentlich in den dafür vorgesehen Schrank. Die zwei Bücher, die Chris-Angel mitgenommen hatte, auf den Nachttisch, einige andere Dinge hinein. Zuletzt fand Tristan ein Bild, eine hübsche blonde junge Frau war darauf abgebildet. War Chris-Angel verheiratet oder hatte eine Freundin? Wo war diese Frau jetzt, sollten sie sie benachrichtigen? Tristan stellte das Foto auf den Tisch, setzte sich dann wieder auf den Stuhl neben dem Bett. Lior brachte schweigend das Frühstück für Chris-Angel, fragte nur in Gedanken, ob der Schattenkrieger auch etwas wolle. Dieser antwortete ihm, dass er sich später etwas holen würde. Lautlos verschwand der Wolf wieder, ließ den Vampir alleine. Tristan holte sich eine Tierblutflasche aus der Kühlung, die eigentlich für Blutkonserven gedacht war. Er trank sie noch in dem kleinen Raum aus, Chris-Angel sollte ihn so nicht sehen. Als er zurückkam war der Soldat wach, schaute zu ihm herüber. Er stand militärisch stramm, es war seine Art, seinem Bruder etwas Respekt zu zollen. Chris-Angel musterte ihn, die langen braunen Haare, grüne Augen, schwarze Lederkleidung und Kampfstiefel, die vom Schnee beschmutzt waren.
„Wo hast du gedient, Tristan?“ Wollte er dann wissen.
„Wieso fragst du? Royal Welsh zuletzt in Cardiff! Merkt man mir das immer noch an?“ Tristan lächelte, zeigte dabei jedoch nicht seine Fänge.
„Dir genauso wie Ryan und Aidan!“ Gestand jetzt Chris-Angel. „Warum bist du aus dem Militär gegangen? Oder möchtest du mir das nicht erzählen?“ Tristan setzte sich auf den Stuhl goss, wie selbstverständlich, seinem Bruder Kaffee ein. Dieser registrierte es mit einem warmen Lächeln. Nahm dankbar die Tasse entgegen.
„Ich hab Mist gebaut, was ist jetzt egal! Deswegen musste ich das Militär verlassen und bin schließlich hier gelandet. Möchtest du deine Frau nicht anrufen, ihr sagen wo du bist?“ Tristan machte eine Kopfbewegung zu dem Bild auf dem Nachttisch.
„Sie wird es nicht interessieren! Ich bin geschieden, schon seit einiger Zeit. Die Navy war mein Zuhause, Tristan!“ Antwortete ihm Chris-Angel nun leise und traurig.
„Sorry, ich wollte dich nicht verletzen!“ Entschuldigte sich nun Tristan. Die Tür wurde geöffnet und zwei kleine Jungen stürmten in den Raum, gefolgt von Jessica.
„Tris, Tris, Onkel Rick und Lian wollen mit uns Schlitten fahren!“ Erzählte einer der beiden Wirbelwinde fröhlich, der andere kletterte auf Tristans Schoß, betrachtete einen Moment den fremden Mann im Bett.
„Dody guck mal, der Onkel sieht ganz komisch aus!“ Bemerkte der kleine Blondschopf dann. Jessica nahm Cody auf den Arm.
„Onkel Angel ist krank, Gordon. So was bekommt man, wenn man sich den Arm bricht. Deswegen pass lieber auf, wenn du gleich mit Onkel Rick und Lian Schlitten fährst, sonst siehst du auch so komisch aus!“ Erklärte Jessica jetzt ihrem Sohn. Gordon griff nach Tristans Hand und biss herzhaft in seinen Zeigefinger. Chris-Angel beobachtete, wie der kleine Vampir trank.
„Sind sie auch verwandelt worden?“ Wollte er dann von Jessica wissen. Tristan zog eine Augenbraue hoch, brachte so Cody zum Lachen.
„Nein, die beiden sind geborene Vampire. Ich war schon Vampirin, als ich sie bekam!“ Erklärte Jessica Chris-Angel, wand sich dann an Tristan. „Möchtest du die beiden umziehen, sie haben dich heute Nacht schon vermisst?“ Er nickte nur, nahm jetzt auch Cody auf den Arm.
„Ich komm später noch einmal vorbei, wenn du möchtest!“ Richtete er das Wort an Chris-Angel der nun nickte. Dann war Tristan mit beiden Kindern auf dem Arm verschwunden.
„Ist er der Vater deiner Kinder?“ Wollte Chris-Angel von Jessica wissen. Sie lächelte jedoch die beiden Männer an, die jetzt in die Hütte kamen. Der eine weißblond mit eisblauen Augen, der andere silberblond mit türkisblauen Augen. Beide trugen sie lange Ledermäntel, bei dem einen konnte man den Griff eines Schwertes erkennen, bei dem Anderen erst, als er Chris-Angel die Hand reichte.
„Nein sie sind meine Söhne, allerdings hat sie Tris schon fast adoptiert!“ Lächelte Alistair freundlich. „Mein Name ist übrigens Alistair McDonald.“
„Schön dich kennenzulernen, Alistair!“ Chris-Angel hatte sich bereits daran gewöhnt, dass man sich hier duzte. „Ich bin Chris-Angel Bailey!“
„Dorian McDonald, Alistair kleiner Bruder!“ Bemerkte jetzt der Andere ebenfalls lächelnd. „Du stammst aber nicht aus Irland, oder?“
„Meine Urgroßeltern mütterlicherseits waren Iren!“ Erklärte Chris-Angel. „Schönes Schwert, ist das ein schottisches?“ Wollte er dann von Dorian wissen, der auch prompt das Langschwert aus der Halterung zog und ihm reichte.
„Echte Highlander-Wertarbeit! Wenn du willst, zeigen wir dir, wie man damit umgeht!“ Antwortete ihm Dorian offen, mit einem leisen Schaben glitt plötzlich Alistairs Schwert aus der Scheide, der Angriff wurde prompt parierte. „Nicht hier Bruder!“ Lachte der Silberblonde dann und scheuchte diesen mit seinem Angriff aus der Hütte. Jessica blieb nicht lange mit Chris-Angel alleine, denn jetzt betraten die MacNamara-Brüder den Raum. So ging es den ganzen Tag weiter, bis alle Dorfbewohner, dem neuen Mann einen Besuch abgestattet hatten und Chris-Angel erschöpft einschlief.


Kapitel 5



Tristan war noch einmal bei seinem Halbbruder gewesen, jetzt lag auch er im Bett, hielt Jessicas Hand in seiner und spürte Gordons kleinen Körper an seiner Brust. Immer mehr wünschte sich Tristan eigene Kinder. Wie es wohl wäre, selbst Vater zu sein? Wenn er mit Alistair, Dorian, Patrick, Shane und Conner zusammen saß, erzählten ihm die Krieger viel über das Vater sein. Manchmal kam auch Gavin hinzu, der sein Kind nur ein paar Stunden für sich hatte. Doch oft genug ging der Schotte schnell wieder, meistens mit traurigem Blick. Dann suchte er einen der beiden Psychologen auf und sprach über seinen Kummer. Tristan bewunderte den starken Schotten noch immer. Genauso wie er Jeremy bewunderte, der mit seinen Brüder mittlerweile bestens zurecht kam, James Damon und er waren unzertrennlich. Die drei Waliser schienen ihre verpatzte Kindheit aufholen zu wollen. Schneeballschlachten oder sonstiges standen bei ihnen schon auf der Tagesordnung. Jeremy war in den letzten Wochen regelrecht aufgeblüht, nicht mehr der kalte Ex-Dragon, sondern ein Mann, der Gefühle zeigte. Tristan zog die Decke fester um Gordons kleinen Körper, Jessica lächelte in der Dunkelheit. Sie drückte sich und die Kinder etwas näher an ihn, ergatterte sich so einen Kuss.
Schon am nächsten Morgen wagte Tristan das nächste Experiment, nachdem er Alistair erfolgreich wieder in die Dorfgemeinschaft gebracht hatte. Er fand in der Krankenhütte einen Rollstuhl. Kurzerhand half er Chris-Angel beim Anziehen und in diesen hinein. Dann nahm er seinen Halbbruder mit zum Frühstück in die Gemeinschaftshütte. Da sich alle an Tristans Reaktion bei Alistair erinnerten, schwiegen diejenigen, die insgeheim etwas gegen den Ex-Marine hatten. Chris-Angel erlebte eine Gemeinschaft, wie er sie selbst in der Kaserne auf den Bahamas nicht erlebt hatte. Auch fühlte er sich zwischen Tristan und Colin wohl. Dann geschah etwas, dass Chris-Angel rührte. Plötzlich kletterte ein kleiner Blondschopf auf seinen Schoß, sah ihn mit seinen großen dunkelblauen Augen an. Er wusste nicht, ob es nun Gordon oder Cody war, der vorsichtig nach seinem Gipsarm faste. Tristan beobachtete das Geschehen von der Seite.
„Tut das sehr weh, Onkel? Bist du auch beim Schlittenfahren gefallen?“ Wollte der kleine Vampir wissen, Chris-Angel lächelte, hielt mit der gesunden Hand den jungen Mann fest.
„Nein, Kleiner jetzt tut es nicht mehr weh. Die Ärzte haben mir den Arm wieder ganz gemacht!“ Erklärte er Jessicas Sohn.
„Kann das Onkel Lior auch, Tris?“ Fragte er dann Tristan.
„Ich weis es nicht, Cody. Dann musst du Lior schon selbst fragen.“ Stellte Tristan fest und hob Cody wieder von Chris-Angels Schoss.
„Wie haltet ihr die vielen Zwillinge hier eigentlich auseinander? Ich blick jetzt schon nicht mehr durch!“ Gestand Chris-Angel leise. Jessica sah zu ihren Brüdern. Natürlich saßen Sean und Colin nebeneinander, genauso wie Kiran und Kilian, Conner und James sowie Duncan und Kim. Corey war gerade aufgestanden, um mit einigen der neueren Krieger zum Schwertkampftraining zu gehen.
„Für uns ist es bestimmt einfacher, wie für dich! Wir können spüren, wer der eine oder der andere ist. Zum Beispiel ist Kiran ein Vampir, Kilian aber ein Wolf. Genauso geht es bei Duncan und Kim. Bei Colin und Sean, spüre ich entweder den Schattenkrieger oder den normal Krieger, genauso wie bei James und Conner. Meine zwei Rabauken halte ich auch so auseinander. Wenn du drauf achtest, merkst du, dass Gordon etwas wilder ist wie Cody. Das kommt schon mit der Zeit!“ Versicherte Jessica Chris-Angel, der allerdings den Wölfen nachsah, die nun die Hütte für die Jagd verließen. Einige der Vampire gingen ebenso, um den Kampf zu trainieren, Tristan gehörte zu ihnen. Alistair nahmen Cody und Gordon mit nach draußen, um mit ihnen einen Schneemann zu bauen. Mittlerweile standen auf dem großen Platz vor der Gemeinschaftshütte schon zwei Schneemänner. Vor Jessicas und Tristans Hütte sogar ein kleines Iglu, das Ville und Tristan mit den Kindern gebaut hatten.
Chris-Angel blieb schließlich mit Jessica, Kiran und den O´ Neil Brüdern zurück, nachdem auch White Snow und Lighting Bear die Hütte verlassen hatten. Ryan reichte ihm schließlich eine seiner Selbstgedrehten.
„Wie fühlt man sich eigentlich als einziger Mensch unter so vielen Vampiren und Wölfen?“ Wollte Evan nach einer ganzen Weile des Schweigens wissen. Chris-Angel fuhr sich mit der unverletzten Hand durch die Haare, die er schon jetzt wachsen lassen wollte.
„Schon etwas seltsam, aber ich weiß ja, dass ihr mich nicht angreift!“ Bemerkte er dann nachdenklich. „Mann kommt ins Grübeln, ob man nicht auch anders sein will. Aber was ich dann werden würde, weiß ich nicht!“
„Dann werde doch einfach beides, wenn du dich entscheiden solltest!“ Sagte jemand von der Tür aus, James Damon trat ein, klopfte sich den Schnee von der Hose. „Ich bring deinen Bruder eines Tages noch um, Kiran!“ Warf er dann dem Vampir an den Kopf.
„Welchen der vier denn?“ Gab dieser zurück und betrachtete den Halbling, der seine Jacke auszog.
„Versuch mal mit Colin zu kämpfen, in einem Moment schlägt er dir das Übungsschwert um den Schädel, im nächsten liegst du unter einem Wolf, der dich voll sabbert! Warum ist er so verdammt schnell!“ Beschwerte sich der Waliser.
„Weil du zu langsam bist, Damon!“ Stellte Kiran fest und wich einem fliegenden Geschoss aus, Chris-Angel starrte auf den Dolch der hinter Kiran in der Wand steckte. „Schon gut, ich nehm ´s zurück!“ Erklärte er und reichte dem grinsenden Waliser seinen Dolch über den Tisch.
„Schnelligkeit ist eine Fähigkeit der Vampire, die Wölfe sind jedoch in ihrer Wolfsgestalt noch schneller! Vampire können ihren Lebenssaft so trinken, wenn sie wollen. Wölfe müssen sich verwandeln, weshalb sie in ihrer Wolfsgestalt jagen. Vampire können den Menschen die Erinnerungen nehmen. Wölfe sind besonders gute Seelentröster. Eigentlich hat jede Art ihre Vorteile!“ Klärte James Damon jetzt Chris-Angel auf, der ihn fragend ansah. „Ich bin ein Halbling, halb Vampir und halb Werwolf, kann eigentlich alle Fähigkeiten nutzen. Brendan, Colin, Cameron und Frank sind ebenfalls Halblinge!“ Beantwortete er die unausgesprochene Frage.
„Wie habt ihr euch eigentlich für eure Art entschieden?“ Fragte Chris-Angel nun vorsichtig nach.
„Einige von uns hatten keine Wahl. Sie wurden von vergifteten Klingen verletzt, die ein Clan der IRA benutzt.“ Erklärte jetzt Jessica. „Cameron und ich wollten Selbstmord begehen. Cam wurde von Colin gerettet und somit ein Halbling. Ich von Dorian, der ja ein Vampir ist! Dann spielten auch die Geschwister eine Rolle. Zum Beispiel bei Frank McLoud. Kim und Kevin sind reine Wölfe, Duncan ein Vampir, als Frank Tabletten nahm, wurde er von Kim und Aidan gefunden. Sie haben als Krieger seine letzten Gedanken gelesen, er wollte beides sein. Aidan wiederum entschied sich für den Vampir, weil Corey und Matthew welche sind.“ Jessica stand auf, um sich einen neuen Kaffee zu holen.
„Erklärt ihr mir jetzt, wie das mit der Verwandlung funktioniert?“ Folgte Chris-Angels nächste Frage. James Damon setzte sich neben ihn.
„Hast du dich entschieden, muss dich einer von uns beißen, damit du sein Gift ins Blut bekommst. Dann gibt er dir sein Blut oder ein andere tut dies. Nach einer Weile verliert der Mensch in dir den Kampf, du bist praktisch tot. Dann setzt die Wirkung des Gift-Blut-Gemischs ein. Du bekommst schreckliche Schmerzen, das sag ich dir!“ Erklärte jetzt Ryan. „Zweimal musst du sie durchstehen, irgendwann hören sie zum Glück auf. Wenn du dann aufwachst, bist du so wie wir! Du hast keine Narben mehr, selbst die schlimmste Kriegsverletzung ist geheilt.“
„Ja und die Frauen laufen dir in Scharen nach, begaffen dich wie einen Alien! Du bist unwiderstehlich!“ Meinte James Damon und flirtete mit Jessica, die ihn jedoch abblitzen ließ. „Sei denn du legst dich mit dieser Vampirin hier an. Sie hat nur Augen für drei Männer!“ Protestierte er beleidigt, Jessica zeigte ihm grinsend den Mittelfinger, er begann nun doch zu lachen. Hörte jedoch auf, als er Chris-Angels nachdenkliche Mine sah. Der Marien betrachtete seine eingegipsten Körperteile, dachte an die angebrochene Rippe, die ebenso noch schmerzte.
„Wenn ich mich jetzt entscheiden täte, wäre ich dann wieder fit?“ Kam es schließlich irgendwann von ihm. Allgemeines Nicken erhielt Chris-Angel als Antwort. Keiner sah die beiden Männer in der Tür, Tristan und Gavin, der jetzt den Arm des Deutschen leicht drückte. Die dunkelgrünen Augen verfinsterten sich etwas.
„Meint ihr, dass Tristan mir helfen würde? Vielleicht auch du Kamerad Ryan?“ Die Frage war so leise, dass sie die beiden Männer an der Tür kaum hörten, Ryan schaute auf den Tisch vor sich.
„Es ist keine einfache Sache für mich, Marine, aber ich würde es tun!“ Antwortete Ryan nach einer Weile, jemand trat hinter den Rollstuhl.
„Ich weis nicht ob, ich es kann, Angel, verzeih mir!“ Tristans Stimme zitterte leicht. „Aber eines verspreche ich dir, ich werde an deinem Bett wachen, wenn du dich entscheidest es zu tun, Bruder!“ Als Chris-Angel jetzt aufsah, glänzten rote Tränen in Tristans Augen, er tat das, was Pádraig damals getan hatte. Fing wortlos eine der Tränen auf und entschied so sein eigenes Schicksal, als er sie vom Finger leckte. Der Schattenkrieger schob den Rollstuhl etwas zurück, kniete sich weinend vor ihn. Ryan stand auf, nahm dabei den Dolch aus der Scheide. Chris-Angel neigte den Kopf, als ihm Tristan näher kam. Spürte, wie dieser sanft in seine Kehle biss. Gleichzeitig spürte er Ryans Handgelenk an seine Lippen. Er trank mit geschlossenen Augen, hörte nur wie sich sein Halbbruder schluchzend erhob. Alles begann sich zu drehen, das Blut-Gift-Gemisch brannte etwas in den Adern des Marine. Dann verlor er sich in der Dunkelheit. Begann ein anderes neues Leben, hörte nur leise die Worte die Tristan noch sagte. Er würde bei seinem Bruder bleiben.
Behutsam legte dieser Chris-Angel auf das Bett einer der leeren Hütten in der Nähe seiner eigenen. Er war froh, dass Jessica ihn alleine gelassen hatte. Sie sollte nicht sehen, wie er verzweifelte. Tristan setzte sich neben seinen Halbbruder auf die Bettkante, schaute jedoch auf, als jemand die Hütte betrat. In den dunklen Augen sah er deutlich Verständnis und Kummer. Dean sprach kein Wort, während er sich zu ihm setzte, die Hand auf seinen Arm legte. Eine ganze Weile sah der Krieger des Lichts nur in die Augen des Schattenkriegers vor sich. Dieser zeigte offen seine Gefühle, Angst, Trauer, Verzweiflung, aber auch Gewissheit, dass er diesem Marine geholfen hatte. Tristan kannte die Geschichte von Pádraigs Verwandlung, wusste, dass Dean damals zusammengebrochen war. Jetzt saß der Krieger des Lichts hier, schien gerade erneut diese Zeit zu erleben. Jedoch sah der Deutsche auch, wie er jetzt mit der Sache umging, es waren nur traurige Erinnerungen für ihn, nicht mehr. Dean griff nach Chris-Angels Hand, legte sie vorsichtig in Tristans. Eine Geste die zeigen sollte, dass dieser die Nähe brauchte.
„Lian stellt dir frei, ob du zu den Gebeten erscheinst!“ Brach er leise das Schweigen, der Schattenkrieger nickte nur. „Ich geh und hol uns Kaffee, dann können wir reden, wenn du möchtest!“
„Go raibh maith agat, laochra an tsolais! Danke Krieger des Lichts!“ Hauchte Tristan, als sich Dean schon erhob und ging. Ein anderer Bruder betrat jetzt die kleine Hütte, auch in seinen Zügen sah man, dass er wusste, was der Deutsche fühlte. Alistair war unbewaffnet, was man selten bei ihm sah, seit er seine Waffen wieder hatte. Für den Schotten war es eine Art von Respektbeweis, wenn er so erschien. Er machte Feuer in dem kleinen Kamin, begann dann vorsichtig die Verbände um Chris-Angels Arm und Bein zu lösen, ebenso die Gipsschienen. Er schmiss sie anschließend einfach in die Flammen. Zwei Stunden waren seit dem Biss und Ryans Blutgabe vergangen, als Tristan plötzlich zu schluchzen begann. Dean und Alistair traten zu ihm, wussten was gerade geschehen war. Der Schotte nahm den Schattenkrieger in die Arme, strich tröstend über dessen bebenden Rücken.
„Dein Halbbruder wird ein starker Halbling, Tris! Er war auch als Mensch schon ein starker Soldat. So lange wie er gebraucht hat, bis sich das Gift und Blut ganz vermischte.“ Alistairs Stimme hatte wieder den sanften väterlichen Klang, den man sonst nur hörte, wenn er mit seinen Söhnen sprach.
Wie stark Chris-Angel tatsächlich war, bewies er, als die Schmerzen einsetzten. Wie Kevin McLoud schrie er nicht, sondern weinte nur leise in das Fell des Wolfes, der nun auf seinem Bett lag. Conner ließ es still über sich ergehen, auch als dieser an seinem Fell riss, lag er einfach da. Tristan spürte unterdessen einmal mehr, wie wichtig er den Männern hier war. Außer dem Dragon Lord, befanden sich auf die beiden hohen Krieger, Alistair und Corey in der kleinen Hütte. Die beiden ältesten Vampire betrachteten voller innerer Ruhe das Geschehen, gaben so auch den anderen Männern Kraft. Kilian der mit Tristan am Fenster stand, ihm seine Schatten- und Dragonmagie überließ, trocknete damit die Tränen des Deutschen. Im Morgengrauen gingen die Krieger, nur Tristan blieb alleine bei Chris-Angel. Wieder kamen die Tränen. Diesmal waren es jedoch zwei kleine Vampire, die sich an ihn schmiegten, deren kleine Händchen seine Tränen fort wischten. Jessica betrachtete diese Szene mit einem Gefühl, dass keiner beschreiben konnte. Hier saß wirklich ihre Familie, sie hatte in der Nacht mit Tristan gelitten. War froh darüber, dass sie mit den Kindern bei ihrem Bruder übernachten durfte. Kiran hatte seines und Kilians Bett zusammengeschoben, so dass er Jessica in den Arm nehmen konnte. Auf dem Bett zog Tristan die Zwillinge näher zu sich, suchte die Wärme der beiden kleinen Vampire. Jessica wollte eigentlich bleiben, bis die Anderen vom Frühstück zurückkamen, doch plötzlich wurde Chris-Angel unruhig. Der Ex-Marine begann sich wieder vor Schmerzen zu verkrampfen. Sie nahm ihrem Liebsten die Zwillinge aus den Armen, drückte ihm schnell einen liebevollen Kuss auf die Wange und ging. Was jetzt kam brauchten Gordon und Cody nicht zu sehen. Als Jessica die Tür öffnete schlüpfte ein dunkelbrauner Wolf an ihr vorbei, sprang zu Chris-Angel aufs Bett. Nico schien wieder einmal zu merken, dass es hier jemandem schlecht ging. Die Schattenkriegerin drückte ihre Kinder an sich, suchte so Trost, bis sie in die Gemeinschaftshütte kam. Wo Alistair als Erster die Tränen gefüllten Augen sah. Er nahm ihr die Kinder aus den Armen, dann zog er seine Ex-Frau gegen seine Brust. Das erste Mal, seit ihrem Streit, kamen sich Jessica und er wirklich nah.
„Ná caoin, mo beag! Nicht weinen, meine Kleine!“ Flüsterte Alistair und legte sein Kinn auf Jessicas Scheitel. Corey kam zu ihnen, der einzige der wusste, wie sich ein wirklich gebundener Vampir fühlte. Er legte Jessica die Hand auf den Rücken, sprach dann mit Alistair Französisch.
„Lass sie weinen, mein Freund. Sie spürt den Schmerz ihre Gefährten, so ist das Leben als gebundener Vampir!“ Alistair nickte verständnisvoll, er kannte mittlerweile Coreys letztes Geheimnis, verstand dadurch die Beziehung zwischen Jessica und Tristan besser.
„Soll ich heute die beiden Kleinen nehmen, Jessy? Damit du etwas Zeit für dich und Tris hast.“ Fragte er daher die jungen Frau in seinen Armen. Jessica sah ihn mit verweintem Gesicht an.
„Danke Alistair, das wäre lieb!“ Gestand sie dann leise, ließ zu, dass er ihr die Tränen aus dem Gesicht wischte.
„Ich werde immer für euch da sein, Jessy. Für meine Söhne, dich und Tristan, das sollst du wissen! Ich werde hier im Dorf bleiben, denn mein Platz ist eindeutig bei den Kriegern und Soldaten hier. Und bei meinem Bruder!“ Fügte er hinzu als Dorian zu ihnen trat, die türkisblauen Augen funkelten zufrieden. Jessica löste sich von Alistair, drückte ihm dankbar einen Kuss auf die Wange. Als Nico zurückkehrte ging sie zu Tristan, der vor der Hütte stand und rauchte. Er zog jedoch seine Gefährtin an sich, verbarg den Kopf an Jessicas Halsbeuge.
„Trink Tris, ich hab meine Ration heute schon bekommen!“ Flüsterte sie, während sie über seinen Rücken strich, die Hand dabei unter seine Lederjacke schob.
„Aber nicht hier draußen, Darling! Angel schläft feste!“ Bemerkte Tristan und hatte Jessica, ehe sie sich versah auf seinen Armen. Sie protestierte leicht und zappelte etwas herum. Jedoch nur so lange, bis Tristan sie auf das zweite Bett legte und ihr die Jacke auszog. Er stand noch einmal auf, um die Tür zu verschließen. Während er zurück zum Bett ging, fiel seine Lederjacke einfach auf den Boden. Jessica betrachtete den Mann unter dessen dunklem und engem T-Shirt man seinen durchtrainierten Körper erahnen konnte. Er beugte sich über sie, küsste sie leidenschaftlich auf den Mund, bevor seine Küsse tiefer wanderten. Ebenso wanderten seine Hände über ihren Körper, sie schloss die Augen, als er an ihrer Halsbeuge inne hielt, doch nichts geschah. Tristan löste sich schließlich, zog sein Shirt aus.
„Ich will dich vollkommen spüren, Jessy!“ Gestand er dann leise, bis jetzt war zwischen ihnen nichts weiter geschehen. Außer einigen Zärtlichkeiten, da meistens Gordon und Cody in der Nähe waren, oder die anderen Krieger. Hier waren sie bis auf Chris-Angel, der feste schlief alleine. Jessica lächelte nur, rührte sich jedoch nicht. So begann Tristan ihr zuerst die Schuhe und die Socken auszuziehen. Dann öffnete er die Knöpfe der engen schwarzen Bluse, die Jessica heute trug. Sie genossen beide die innige Zärtlichkeit und das leidenschaftliche Feuer, welches nun zwischen ihnen ausbrach. Für Jessica war es eine völlig andere Erfahrung, wie mit Alistair damals. Noch lange lagen die beiden nachher einfach nur zusammen, genossen die Nähe des Anderen. Standen später Chris-Angel bei, der eine dritte aber nur leichte Welle des Schmerz erlebte. Alistair ließ Jessica während des Abendessens wissen, dass er auch gerne noch die Nacht mit Cody und Gordon verbringen würde. Coreys Grinsen, als er während des Abendrituals neben Jessica Platz nahm, sprach Bände. Er wusste, was die Augen der jungen Vampirin so zum Glänzen brachte. Hier hatten zwei wirkliche Gefährten das Band zwischen sich ganz geschlossen.
Das Paar lagen eng umschlungen auf dem zweiten Bett, als Chris-Angels Schlaf in der Nacht unruhiger wurde. Sofort war der Vampir hinter Jessica auf den Beinen, setzte sich erneut zu seinem Halbbruder auf das Bett. Tristans Dolch lag schon länger auf dem Nachttisch neben diesem. Vorsichtig griff er nun nach der Hand seines Halbruders, strich mit dem Daumen über dessen Handrücken. Jessica sah von ihrem Bett aus zu. Chris-Angel begann im Schlaf zu sprechen, träumte scheinbar von seinem Absturz ins Meer. Leise und beruhigend sprach Tristan auf ihn ein, wischte dem Halbling Angstschweiß von der Stirn. Dann plötzlich fuhr dieser im Bett auf, Angst in den nun wirklich grünbraunen Augen. Nach etwas Vertrautem suchend wanderten sie durch den fremden Raum, bis sie schließlich in dunkelgrünen Augen Halt fanden. Tristan griff nach dem Dolch auf dem Nachttisch, die Augen des Soldaten folgten der Bewegung. Er trank wortlos, als ihm sein Halbbruder das Handgelenk an die Lippen hielt, löste sich nach ein paar wenigen Schlucken wieder.
„Wie fühlst du dich, Angel?“ Wollte Tristan nun ruhig wissen.
„Anders!“ Lächelte dieser und zog die Beine an den Körper. „Gesund, hey, die Schmerzen sind weg und ich kann mich wieder richtig bewegen!“ Chris-Angel stand auf, betrachtete sich in der Spieglung des Fensters. Keine blauen Flecken waren mehr auf seiner nackten Brust zu sehen. Die grünbraunen Augen funkelten etwas, wie die von Tristan und Jessica. Seine Gesichtszüge hatten ihre Härte verloren, waren markant und noch immer von der Sonne gebräunt. Nun sah man jedoch auch die Ähnlichkeit zu Tristan, wenn er hier blieb, würden auch die von Sonne und Meerwasser aufgehellten Haare, ihr eigentliches Braun wieder bekommen, so wie Tristans Haare werden. Dieser trat nun hinter ihn, legte seinem Halbbruder die Arme um die Schultern.
„Wenn du möchtest, dann kannst du mit uns trainieren! Wir Soldaten sind immer noch ziemlich diszipliniert damit!“ Meinte er leise.
„Ja du bist so diszipliniert, dass du dein Gewehr fallen lässt, wenn deine Frau um die Ecke kommt, Offizier Tristan Kaufmann!“ Kam es von der Tür aus, Aidan lächelte. „Sorry ich konnte nicht schlafen, wollte einfach mal vorbei schauen!“ Fügte er dann hinzu.
„Ach was du nicht sagst! Aber du lässt alles fallen, wenn du nur einen Flieger am Himmel siehst, Offizier Aidan MacNamara!“ Schoss Tristan zurück, schlug diesem dabei auf die Schulter.
„Ich schau dann mal nach meinen Kindern und verlasse das Offizierscasino! Wir sehen uns beim Frühstück!“ Mischte sich Jessica ein, Tristan wand sich zu ihr um.
„Tu das Liebling!“ Meinte er und gab ihr vor Chris-Angel und Aidan einen leidenschaftlichen Kuss. Der blaue Dragon spürte deutlich das Glücke des grünschwarzen. Von Corey lernten Matthew und er viel über Vampire. So wusste er, was diese glücklichen Augen zu bedeuten hatten. Jessica und Tristan waren nun wirklich und vollkommen ein Paar. Die schöne Vampirin schloss die Tür hinter sich.
Sie fand ihre Söhne noch friedlich schlafend bei Dorian und Alistair in der Hütte, seit Weihnachten wohnten die beiden Brüder wieder zusammen. Alistair hatte seinen Söhnen auch hier zwei Bettchen gebaut, falls sie mal dort schlafen sollten. Jetzt lagen sie mit ihren Teddys in den Armen darin. Dorian saß am Tisch und schrieb an einer Liste mit Dingen, die er im Dorfladen brauchte. Alistair kam gerade nur in seiner Lederhose aus dem Badezimmer, als Jessica eintrat. Er nickte ihr grüßend zu, beschäftigte sich dann grinsend mit dem Inhalt seines Kleiderschranks. Dorian versteckte sein dreckiges Grinsen hinter den Papieren, die er zusammen legte.
„Was habt ihr und Corey eigentlich?“ Wollte Jessica dann wissen. „Euer schmutziges Grinsen geht mir auf den Keks!“
„Weist du Darling, männliche Vampire können riechen, wenn eine Vampirin gebunden ist!“ Erklärte Dorian nun und ließ das Grinsen nicht sein. „Du stinkst regelrecht nach Tristan! Schon seit gestern Abend.“ Alistair wand sich vom Schrank ab, knöpfte dabei sein Hemd zu.
„Es freut mich sogar, dass ihr es endlich gemacht habt! Tristan ist eine gute Wahl für dich Jessy, er gibt dir, was ich nicht konnte!“ Gestand der weißblonde Schotte nun. „Und du gibst ihm ebenso was er braucht! Jessy ich hab dich wirklich von Herzen geliebt, aber Tristan ist der Vampir in deinem Leben! Ich war nur ein kurzes Stück dein Partner, er wird es immer sein!“ Alistair zog die Decke über Gordon zurecht.
„Du wirst aber auch immer der Vater von Gordon und Cody bleiben, Alistair! Danke, dass du Tristan an meiner Seite akzeptierst! Ich freu mich, dass du bleiben wirst, Highlander und ich höre es immer noch gern, wenn du mich deine Kleine nennst!“ Versicherte ihm Jessica, umarmte ihn dann freundschaftlich und spontan. Cody wurde einen Moment später wach, stellte sich in seinem Bettchen hin.
„Mama geht es Tris wieder besser?“ Wollte der kleine Vampir wissen.
„Ja mein Schatz, Tris geht es wieder besser und Onkel Angel auch!“ Erklärte Jessica, nahm ihren Sohn dann aus dem Bettchen. Gordon versuchte alleine aus dem Gitterbett zu klettern. Dorian war mit zwei schnellen Schritten bei dem kleinen Vampir, da Alistair sich abgewandt hatte, um seinen Dolch anzulegen. Jessica sah ihn dankbar an, nahm nun auch Gordon auf den Arm. Sie ging um ihre Söhne umzuziehen, ließ jetzt auch die beiden Schotten alleine.
Dorian betrachtete seinen Bruder, der seiner Ex-Frau mit einem traurigen Blick nachsah. Alistair hatte die Mutter seiner Söhne noch nicht ganz aufgegeben. Versuchte jedoch zu akzeptieren, dass sie und Tristan zusammen gehörten. Dorian wusste, dass Alistair immer noch heimlich trank, wenn ihn der Kummer übermannte. Auch hatte er bemerkt, dass sein großer Bruder Tagebuch schrieb, versucht auf diese Art seine Tat und sein Kummer zu bewältigen. Oft genug nahm er das Buch mit nach Ville, wenn er mit diesem sprach. Jetzt griff Alistair jedoch nach dem Tabak der auf dem Tisch lag, drehte sich gedankenverloren eine Zigarette. Er rauchte, während sie zum Morgengebet gingen, Gavin und Patrick schlossen sich ihnen an. Die Gemeinschaftshütte war bereits gefüllt, außer ihnen fehlten nur noch Tristan, Chris-Angel, Jessica, Kiran und die kleinen Zwillinge. Die beiden O´ Harra-Geschwister kamen mit den Kleinen kurz nach den Schotten und Patrick, gesellten sich still zu den Schattenkrieger, da Dean bereits mit dem Ritual begonnen hatte. Kilian lächelte, als er seine Geschwister bemerkte. Nach dem Gebet redeten die Krieger, oder halfen bei den Vorbereitungen für das Frühstück. Plötzlich verstummten die Gespräche, alle sahen zu den beiden Männer in der Tür. Tristan und sein Halbbruder Chris-Angel. Der Marine stand etwas zurückhaltend neben ihm, ließ die Musterung der Anderen über sich ergehen. Sicher er passte mit seiner Camouflage-Hose und dem olivgrünen Shirt nicht gerade in die Reihen der Krieger, die alle samt Lederhosen und dunkle Oberteile trugen. Auch hatte er sich verändert, seine Augen waren nun wirklich grünbraun, nicht mehr von diesem undefinierbaren Farbton. Das Wolfsblut hatte seine Muskeln hervorgehoben und das Shirt spannte etwas um die Brust. Plötzlich standen drei Männer vor ihm stramm, Ryan, Aidan und Alistair salutierten wie auf Kommando gleichzeitig, Tristan erwiderte den Gruß lächelnd, Chris-Angel gewohnt militärisch, bevor auch ihm ein Lächeln gelang. Was zu einem Lachen wurde, als zwei kleine Blondschöpfe mit großen Augen vor ihm standen, der eine feststellte, dass er nun nicht mehr komisch aussähe. Er nahm ihn lachend auf den Arm, erklärte, dass er nun auch wieder gesund sei. Dann verschwand der kleine Wildfang wieder zum Kamin, Gordon dachte Chris-Angel, als der Junge davon rannte, denn Cody ging etwas langsamer hinterher. Jetzt betrachtete er die Zwillinge, er spürte tatsächlich die Wölfe und Vampire unter ihnen, auch die dunkle Magie, die von Colin, James und Corey ausging. Tristan schob ihn schließlich zu dem freien Stuhl zwischen sich und Gavin. Wieder erlebte Chris-Angel die Gemeinschaft, die zwischen den Kriegern herrschte. Hier gab es keinen, der aus irgendeinem Grund ausgeschlossen wurde, so schien es ihm. Nach dem Essen blieb er ohne Tristan und Jessica sitzen, die gemeinsam mit den Kindern ins Badehaus wollten. Die drei Highlander hatten heute Spüldienst. Chris-Angel betrachtete die beiden Vampire, die den Wolf immer wieder aufzogen. Gavin schlug jedoch zurück, ließ sich nicht von ihnen ärgern. Irgendwann bemerkten sie den Halbling, der alleine am Tisch saß, sie grinsend beobachtete.
„Was warst du beim Militär, Alistair?“ Wollte Chris-Angel wissen, als dieser ihn ansah.
„Oh je, ich hab keine Ahnung, was ich alles war. Artillerie, Infanterie, doch die längste Zeit wohl Kavallerie-Offizier. Aber zu einer Zeit in der ein Krieg noch einigermaßen geregelt war. In der es noch keine Panzer und Langstreckengeschosse gab, wir haben unseren Feinden noch in die Augen gesehen! Nicht wahr Dorian?“ Der Angesprochene nickte auf Alistairs Feststellung. „Das Foto auf deinem Nachttisch, ist das deine Frau?“ Wollte er dann wissen, Chris-Angel suchte nach Zigaretten in seiner Kleidung, Dorian schmiss ihm Tabak zu.
„Sie war meine Frau, aber es ist schon länger vorbei! Sie wollte, dass ich die Navy verlasse, ein geregeltes Leben führe. Doch ich wollte es nicht, die Navy war meine Welt, sie und das Meer. Auf das Meer kann ich noch verzichten, allerdings auf das Kampftraining nicht lange.“ Gestand Chris-Angel leise, Alistair setzte sich neben ihn. „Ich hab diese Frau so sehr geliebt, gedacht auf den Bermudas vergessen zu können. Doch es ging nicht! Ich bin ein seelisches Frack, kaputt, weil ich nie wirklich leben konnte!“ Wolfstränen tropften auf den Tisch, keiner der Männer um ihn sagte etwas. Auch nicht der blonde Vampir in der Tür, Corey trat leise ein, lehnte sein Schwert gegen die Wand neben Alistairs und Dorians. Sanft berührte der blaue Drachen die Seele des Soldaten, als sich Corey auf Chris-Angels andere Seite setzte.
„Komm Angel ich zeig dir das Dorf!“ Meinte er, Alistair und Dorian spürten die Ausrede des ältesten Vampirs in der Gruppe. Corey führte den Marine tatsächlich durchs Dorf, nur um ihn auf Umwegen zu einer abgelegenen Hütte zu bringen. Dass in dem kleinen Badezimmer Colin stand, konnte dieser nicht spüren, dazu fehlte ihm noch die Übung, so dachten es sich zumindest Corey und der Halbling.
„Du bist nie wirklich geliebt worden, oder?“ Wollte Corey wissen, während er das Feuer im Kamin entzündete. Chris-Angel senkte den Kopf, sah auf seine Hände, eine ganze Weile schwieg der Halbling.
„Nein, meine Mutter hasste mich, weil ich meinem Vater ähnlich sah, Tristans Vater! Mein Stiefvater mochte mich auch nicht, er schrie nur mit mir. Die Navy war meine Rettung! Dort wurde ich zumindest halbwegs akzeptiert, konnte beweisen, was ich drauf habe. Dann lernte ich diese Frau kennen und glaubte plötzlich an die Liebe! Fehlanzeige, auch sie wollte nur mein Ansehen, aber nicht mich! Mit einem Navy-Kapitän verheiratet zu sein klingt doch gut, findest du nicht!“ Meinte Chris-Angel traurig und nahm die Teetasse entgegen, die ihm Corey hinhielt.
„Als du dann deinen ersten Einsatz hattest, änderte sie ihre Meinung, nehme ich an!“ Bemerkte Corey, Chris-Angel nickte. „Wie lange warst du mit ihr zusammen?“
„Ein dreiviertel Jahr so und zwei Jahre verheiratet. Ich glaubte endlich glücklich zu sein, doch es ging alles wieder schief. Mein Leben war schon von Anfang …“
„Jetzt reicht es Bailey!“ Fuhr Corey dem überraschten Chris-Angel hart ins Wort. „Kein Leben ist nicht gewollt oder umsonst!“ Fügte er dann etwas ruhiger hinzu. Der Marine sagte nichts mehr, schaute nur auf den Mann der vor ihm stand. Coreys Augen hatten sich leicht verdunkelt, eine Hand lag auf dem Griff seines Dolches. Lange schwiegen die beiden Männer, nur Corey spürte Colins Anwesenheit weiterhin, sie beruhigte ihn.
„Es tut mir leid, Angel, ich wollte nicht so grob sein!“ Flüsterte er nach einer ganzen Weile. „Ich war fünfzehn Jahre alt, ein armer Bauernsohn, als ich meine Familie verlor. Keiner wollte mich aufnehme, oder gab mir Arbeit und Essen! Monate lang kämpfte ich mich alleine durch, aß das was andere fort schmissen. Dann eines Tages tauchten Soldaten auf, sie waren nur auf der Durchreise. Einer von ihnen ließ mich an ihr Feuer, gab mir etwas zu essen. In der Nacht wurde ich zu dem, was ich heute bin! Der Soldat verschwand am nächsten Morgen spurlos, ließ mich wieder im Dreck liegen!“ Corey setzte sich mit einer Rumflasche in der Hand an den Tisch. Jetzt spürte er auch Alistair, der draußen stand, genauso wie Dorian. Colin war jetzt zu wenig Schutz für ihn, denn die Erinnerungen rissen den Vampir auch heute noch mit sich.
„Zwei Tage später wachte ich in der Gosse auf, kein Mensch hatte sich um den schreienden Jungen gekümmert, der dort lag. Meine Kleidung war nass und zerrissen. Ich verließ die Stadt in der Nacht, als mein Blutdurst kam. Im Wald konnte ich ihn stillen, jagen hatte ich ja bereits gelernt. Zwei Jahre zog ich durch Irland, nahm alle Arbeit an, die ich fand. Dann eines Tages stand der junge Vampir vor seinem Vampirvater. Der Soldat erkannte mich nicht wieder, doch ich ihn! In jener Nacht war es der Soldat, der durch meine Hand starb. Ich wünschte mir, sie würden mich richten. Doch stattdessen brachte man mich in das Zelt der Offiziere, dort musste ich meine Geschichte erzählen. Entdeckte, dass auch einer der Offiziere ein Wesen wie ich war. Er brachte mir kämpfen bei, ich wurde selbst Soldat, später auch Offizier. Mein Leben war immer noch einsam, ohne Liebe! Ich wollte jemanden an meiner Seite haben, auf einem Schlachtfeld in den Lowlands traf ich einen jungen Soldaten. Er konnte kämpfen, wie ich, also bot ich ihm an, ihm das Leben zu retten, da er schwer verletzt war. Ich dachte, dass er bei mir bleiben würde, doch der junge Soldat ging, rettete seinem Bruder das Leben und ich war wieder einsam. Ich war verheiratet, wie du Angel, verlor meine Frau durch die Menschen. Ich bin nicht nur einmal gefoltert worden, sondern so oft, dass ich es nicht mehr zählen möchte! Ich hatte zwar zwei Freunde, doch sie gingen ihre eigenen Wege, waren allerdings immer da, wenn es mir sehr schlecht ging. Ich hab getrunken, gekifft und weis der Geier was noch, nur um die Einsamkeit nicht mehr zu spüren!“ Corey schaute in die Augen des jungen Halblings, der ihn mitfühlend ansah.
„Wie konntest du das alles aushalten, Corey?“ Fragte Chris Angel leise und legte seine Hand über die des Vampirs.
„Weil ich nie aufgegeben habe an die Liebe zu glauben! Ich habe sie gefunden, bei einem Mann, den ich betrogen habe. Matthew ist nicht wirklich mein Zwilling, er hatte einen Zwilling, der jedoch umkam. Ich bin ein MacNamara wie Matthew und Aidan, allerdings einige Jahrhunderte älter als sie. Matthew glaubte meine Geschichte, bis er die Wahrheit erfuhr, ich ihm sagte, dass ich Angst hätte, wieder alleine zu sein. Matt brauchte nur eine Woche, dann stand er plötzlich vor mir!“ In Coreys Augen erschienen nun Tränen der Rührung. „Er sagte, egal wer oder was ich sei, er würde mich wie seinen Zwilling liebe! Angel, Tristan liebt dich, wie man nur einen Bruder lieben kann. Er wird nicht zulassen, dass dir etwas passiert! Wenn du Probleme hast, mach es nicht wie einige andere von uns und zieh dich zurück, sondern geh zu Colin oder Ville, die beiden können und werden dir helfen! Denn hier ist jeder Mann und jede Frau wichtig, hier wird jeder geliebt, wie er ist! Angel ich bitte dich, sag nie wieder, dass du nicht wichtig bist, denn du bist es!“
„Danke Corey!“ Flüsterte jetzt Chris-Angel gerührt. „Darf ich dich fragen, was aus dem Mann wurde, den du verwandelt hast? Wo ist er jetzt und wo sind deine Freunde?“ Corey lächelte nun doch wieder, sah einen Moment zur Tür, bevor er antwortet.
„Der Soldat den ich rettete ist auch hier, er steht draußen und gibt acht, dass sein Freund keinen Blödsinn macht, wie ich es schon oft genug getan habe. Er und sein Bruder sind meine Freunde, Alistair und Dorian!“ Erklärte Corey nun. „Ohne ihre Liebe zueinander, hätte sicher auch ich die Hoffnung aufgegeben!“ Die Tür öffnete sich langsam und Alistair trat ein.
„Und ohne deine Freundschaft, Corey, wäre ich jetzt kein glücklicher Vater, sondern im Jenseits!“ Gestand Alistair, Dorian stand still hinter ihm. „Hör zu Angel, ich kann verstehen, dass es schmerzt seine Frau zu verlieren. Ich weiß, wie weh es tut und ich sag dir, würdest du sie wiedersehen, wäre alles noch viel schlimmer!“
„Säufst du deswegen fast jeden Abend heimlich im Bad?“ Kam es jetzt kühl von Dorian, der seinen Bruder hart ansah. Alistair senkte ertappt den Blick, schwieg jedoch. Was der Jüngere dann tat, hätte noch nicht einmal Corey, der ihn kannte, erwartet. Er holte aus und schlug seinem Bruder die Hand ins Gesicht.
„Wenn jemand nach mir sucht, ich bin bei Ville!“ Mit diesen Worten verschwand Dorian. Colin stürmte aus seinem Versteck hinter dem Schotten her. Alistair stand genauso fassungslos da, wie die beiden Anderen. Auch wenn er wusste, dass Dorian ihn liebte, war der Kummer in den Augen seines Bruders zu viel für ihn.
„Stimmt das, was er sagt, Alistair?“ Fragte Corey nun leise, griff nach der Hand des Schottens, die sich um dessen Dolch legte.
„Die Gebete mit den Kriegern, meine Söhne und Tristans Freundschaft, denkst du wirklich, dass dies alles wieder gut macht? In all den Jahren als Soldat hab ich nicht so etwas grausames getan, wie ich es bei Jessy getan habe! Corey ich bin kaputt, fertig mit meiner eigenen Welt! Ich versinke in meinem Selbsthass und ja ich versinke in Alkohol und, was keiner weiß, Tabletten! Seit dem Tag, als ich nach dem Anschlag auf Tris und mich wach wurde!“ Alistair ging in die Knie, schluchzte plötzlich hemmungslos.
„Angel bleib bei ihm, ich hol Lior und einen der Sanis!“ Blitzschnell hatte Corey den Vampir entwaffnet, sah nur noch aus dem Augenwinkel Chris-Angels Nicken! Der Marine kniete neben dem Schotten auf dem Boden, hielt ihn an den Schultern fest.


Kapitel 6



Ville sah von seinem Buch auf, als sich die Hüttentür öffnete. Er ließ es fallen, Dorian bot einen Anblick, der ihn erschreckte. Zitternd und mit deutlichen Tränenspuren im Gesicht, stand der Vampir vor ihm. Unfähig zu sprechen, sank er auf einen Stuhl, versuchte verzweifelt sich eine Zigarette mit Villes Rauchkräutern zu drehen. Der Finne erhob sich vom Bett, als Dorian den Tabak fort legte. Wieder tropften Tränen auf den Tisch. Er setzte sich schweigend neben den Schotten, der von selbst zu erzählen begann. dieser schüttete unter Tränen sein Herz aus, sprach von seiner Angst um Alistair, seinen eigenen Problemen, die dadurch entstanden. Ville hörte einfach zu, unterbrach ihn nicht einmal in seinem Redefluss, entschuldigte sie in Gedanken zum Mittagessen. Auch ließ der Finne seinen Geist für Kilian und Dean offen, doch nur für diese beiden. Irgendwann betrat Raven still die Hütte, stellte einen Becher mit Tee vor Dorian, ebenso legte er eine Spritze mit Schlafmittel daneben. Denn man sah dem Vampir an, dass er in den letzten Tagen kaum ein Auge zugemacht hatte. Der Schotte umfasste die Tasse mit beiden Händen, trank den Tee in langsamen Schlucken. Die Spritze setzten konnte er sich nicht selbst, bat daher Ville darum, dass er sie ihm gab. Der Wolf half dem Vampir auf sein eigenes Bett, zog ihm die hohen Schnürstiefel aus, bevor er Dorian die Spritze in den Arm stach. Er blieb an seinem Bett sitzen, auch als Raven schon lange die Hütte verlassen hatte. Kurz vor dem Abendritual kam Pádraig in die Hütte, setzte sich schweigend und mit einem Buch in der Hand an den Tisch, er würde bleiben, bis Ville zurückkehrte.
Alistair war alleine in der leeren Hütte, hier gab es nichts außer einem Bett zum Schlafen und einem Tisch. Er wusste dass die Tür verschlossen war. Nachdem er Lior angegriffen hatte um an dessen Dolch zu kommen, war ihm klar, sie wollten ihn vor sich selbst schützen. Kevin, der bis zum Ritual bei ihm gewacht hatte, vergaß seinen Block auf dem Tisch, jetzt saß Alistair dort, hielt den Kugelschreiber zwischen seinen zitternden Fingern. Man verschwieg ihm nicht, dass Dorian zusammengebrochen war, auch dass sich Corey betrank, ließ man ihn wissen. Keiner gab ihm die Schuld dafür, doch es war seine Schuld. Besonders der Anblick seines Bruder, den ihm Ville sendete, schmerzte ihn. Zögernd begann der Vampir nun zu schreiben, er schrieb zum ersten Mal wirklich offen über seine Gefühle. Dorian sollte endlich wissen, wie es in ihm aussah. Wie sehr Alistair in den letzten Wochen mit sich selbst gekämpft hatte. Wie stark der Selbsthass war, den er empfand.

Liebster Bruder,
es tut mir leid, dass du so unter meiner Verfassung leidest! Ich weis, dass du genauso mit mir und auch Jessy fühlst. Du bist der feinfühligere von uns, warst es schon immer. Ich der kalte und oft auch herzlose Soldat, während du dich um unser Wohl gesorgt hast.
Dorian, du hast Recht mit dem, was du gesagt hast, ja ich saufe immer noch. Doch nicht nur das, ich bin tablettenabhänging, seit diese Menschen auf Tristan und mich schossen. Ich fühle mich als Versager, hasse mich selbst für die Sache mit Jessy, dafür, dass ich nicht derjenige war, der Tristan beschützt hat. Sondern er den großen Soldaten Alistair McDonald beschützen musste. Ich hasse mich auch dafür, dass ich nie versucht habe, deinen Schmerz zu teilen, nachdem du die Wahrheit über deinen Sohn erfahren hast. Ich hasse mich dafür, dass ich dir damals nicht gefolgt bin, als du draußen im Schneesturm warst. Es wäre meine Aufgabe als Bruder gewesen, an deiner Seite zu stehen. Stattdessen warst immer du es, der mir zur Seite stand!
Ich komme mit meinen Gefühlen immer noch nicht klar, Dorian! Ich rede mit Ville und gehe anschließen, ohne dass es mir besser geht. Ich kann nicht ausdrücken, wie ich mich wirklich fühle, es noch nicht einmal aufschreiben. Als Soldat habe ich gelernt, dass man keine Gefühle zeigen darf, sie machen einen schwach. Doch hier sehe ich, dass Gefühle einen auch stark machen können. Die Gefühle der MacNamara-Brüder stärken Corey. Die Gefühle von Tristan tun das Gleiche mit Jessy und umgekehrt. Sie sieht in mir einen Freund, doch ich sehe die Frau, die ich verletzt habe.
Dorian glaub mir, wenn ich dir jetzt sage, dass ich nicht nur einmal mit dem Gedanken an einen Selbstmord gespielt habe, doch ich möchte nicht, dass du leidest. Ich möchte nicht, dass ich dein Leben weiter zerstöre. Bruder sag mir, was ich tun muss, damit du nicht mehr unter mir leidest! Sag mir, was ich tun muss, damit du wieder lachst! Damit du nicht mehr die Rauchkräuter nimmst, um deinen Kummer vor mir zu verstecken. Dorian bitte lass uns es noch einmal versuchen! Du bist doch das Einzige, was mir hier geblieben ist!
Du bist mein geliebter Bruder, den ich nicht verlieren möchte!
In Liebe
Dein Bruder
Alistair



Dicke Tränenflecken tränkten das weiße Papier, als Alistair den Kugelschreiber sinken ließ. Auf ein weiteres leeres Blatt schrieb er den Namen seines Bruders, schlug die beschriebenen Blätter darin ein und versiegelte den Brief mit Kerzenwachs. Alistair setzte sich selbst die Spritze, die ihm Lior dagelassen hatte. Legte sich dann ins Bett und schlief dank des Mittels schnell ein. Er wusste nicht, wie lange er geschlafen hatte, als ihn eine Hand weckte, die seine fiebrige Stirn kühlte. Was er wusste, war, dass er wieder einmal Alpträume durchlebte. Schlachtfelder, Kriege, Angst, Schrecken vor dem gefürchteten und knallharten Offizier, der er gewesen war. Träume von Jessica, wie er sich nahm, was er wollte und von Dorian, der schluchzend in der Ruine ihrer Heimatburg kniete. Träume, die er in den letzten Monaten mit Alkohol und Tabletten betäubt hatte. Wieder berührte die Hand seine Stirn, wischte den kalten Angstschweiß fort. Fühlte sich so ein harter Drogenentzug an, waren das die Schmerzen von denen ihm Kilian und Conner erzählt hatten? Alistair wollte die Augen nicht öffnen, wollte nicht sehen, wer an seinem Lager saß. Wollte die unbändigen Schmerzen nicht mehr spüren. Erneut wischte man ihm über die Stirn, Schritte entfernten sich, kamen nach einiger Zeit zurück. Jemand hielt ihm etwas an die Lippen, er schmeckte ein Gemisch aus Kräutern und etwas Blut, Vampirblut. In seinen Gedanken sprach Coreys Stimme, fragte ihn erneut ob er leben wollte.
„Nein, lasst mich gehen, Sire!“ Kam es über Alistairs trockene Lippen. „Ich gehe als tapferer Soldat, Sire, schenkt mir ein schnelles Ende!“ Er sah nicht, wie sich die beiden Männer an seinem Bett anschauten.
„Dorian er fantasiert, komm geh dir eine rauchen!“ Bemerkte eine Stimme mit leichtem walisischen Akzent, sie kam aus einiger Entfernung.
„Damon bitte, ich möchte bleiben!“ Antwortete Dorian leise, auch er schien für Alistair aus weiter Ferne, nicht derjenige, der an seinem Bett saß. Dieser legte nun die Hand auf seinen Arm.
„Wie lange noch Dorian? Du bringst dich mit deiner Liebe noch selbst um, Highlander!“ Kam es wieder von James Damon.
„Er hat Recht Highlander, geh und leg dich etwas schlafen. Wir holen dich schon, wenn etwas passiert!“ Versprach jetzt derjenige, der an seinem Bett saß. Auch in seine Stimme mischte sich ein leichter walisischer Akzent, jedoch schwächer, wie bei James Damon.
„Ich bring ihn lieber selbst raus, Tris!“ Mit diesen Worten stand der Waliser auf, faste Dorian leicht am Arm. Der Schotte ließ sich widerstandslos abführen. Tristan betrachtete Alistair, der jetzt schon seit zwei Tagen mit Fieber auf seinem Lager lag. Gerne hätte er gewusst, ob es stimmte, dass sich Alistair mit einem Medikamentencocktail vergiftet hatte. Die Tabletten, die sie in seiner Hose gefunden hatten und Liors Beruhigungsmittel, hatten den starken Schotten scheinbar umgehauen. Jemand legte Tristan die Hand auf die Schulter, er sah auf, in Chris-Angels Augen.
„Komm leg dich auch etwas schlafen, Tris! Deine Familie braucht dich auch noch!“ Bemerkte der Marine leise. „Ich hab keine Verpflichtungen hier, kann also genauso gut bei dem Highlander bleiben, während ihr alle euch etwas ausruht. Jessy und die Kids sind in eurer Hütte, hau endlich ab hier, Soldat!“ Aus dem liebevollen Befehl, hörte Alistair eine Härte heraus, die doch etwas an einen besonderen Soldat erinnerte. Einen der mehr gewohnt war, als nur Kapitän zu sein.
„Macht es dir wirklich nichts aus, Angel?“ Wollte jetzt Tristan wissen, das Bett quietschte leise, als er sich erhob.
„Nein, es macht mir nichts aus, verschwinde schon nach deiner Braut!“ Kam die Antwort und man hörte förmlich das Lächeln in Chris-Angels Stimme. Einen Moment später fiel hinter Tristan die Tür ins Schloss. Alistair war nun alleine mit dem Marien den er kaum kannte. Das der Navy-Soldat viel von sich selbst verschwieg, war dem Schotten bereits am Anfang aufgefallen. Chris-Angel erzählte nicht die Wahrheit über seinen Unfall, das war auch Dorian und Corey aufgefallen. Er schützte seine Gedanken bereits von Anfang an. Der Soldat dachte zwar an seine Frau und einige wenige Einsätze, doch nicht an etwas besonderes. Alistair glaubte sogar zu spüren, dass Chris-Angel im Gegensatz zu den Anderen bemerkte, dass er halbwegs wach und jetzt auch bei Verstand war. Noch einmal überfiel ihn der Schlaf, so bekam er nicht mit, dass sich jemand zu Chris-Angel gesellte. Diesmal lag in dem Salut des Mannes deutlicher Respekt. Er stellte schweigend den Laptop auf den Tisch, den er sich von einem der neueren Krieger geliehen hatte. Während sich Ryan nun an Alistairs Bett setzte, schaltete Chris-Angel den Laptop an. Nicht nur, dass er sich auf einem Schiff auskannte, nein auch mit der Technik war er bestens vertraut. Ryan beobachtete den Marine dabei, wie seine Finger über die Tasten flogen. Chris-Angel machte nun wirklich nicht mehr den Eindruck eines einfachen Kapitäns der Royal-Navy, sondern eher eines geübten Spezialisten in seinem Fach. Jemand der wusste, was er tat und tun musste. In den grünbraunen Augen erschien ein harter Glanz, als Chris-Angel sein Handy aus der Tasche nahm.
„Captain Bailey, Sir!“ Meldete sich Chris-Angel militärisch kühl. „Ich hab die beiden ehemaligen Air-Force-Piloten und auch den Welsh-Offizier gefunden, Sir!“ Ein Moment hörte der Marine zu, spielte dabei gelangweilt Solitär auf dem Laptop.
„Ja Sir, sie sind wohl auf!“ Wieder schwieg der Soldat. „Gut fangen Sie an, Sir! … Ausgeschaltet … ebenfalls … ebenfalls … so viel ich weis auch … Nein, es muss noch mehr von ihnen da draußen geben. Wir müssen weiter suchen, Sir! … Ich weis, natürlich bleib ich hier und tu meine Pflicht. Ihnen auch Sir und wir hören wieder voneinander!“ Chris-Angel legte das Handy auf den Tisch, drehte sich eine Zigarette. Er spürte deutlich Ryans fragenden Blick.
„Wer zum Teufel bist du wirklich Marine?“ Kam es auch nur Sekunden später vom Bett aus. „Du bist kein einfacher Navy-Soldat, Captain Chris-Angel Bailey!“ Ryan versuchte in die Gedanken des Mannes vor sich einzudringen.
„Lass es Offizier Ryan O´ Neil! Gut ich sag dir, wer ich bin! Allerdings unter einer Bedingung, das was ich dir sage bleibt unter militärisch strenger Geheimhaltung, verstanden Offizier!“ Als Kapitän stand Chris-Angel im Rang deutlich über Ryan, was er nun ausnutzte. Dieser nickte bekundetet so sein Schweigen.
„Ich bin tatsächlich Kapitän bei der Royal Navy, Ryan. Allerdings ist meine Base nicht auf den Bermudas, sondern in Portsmouth! Ich hatte einen Unfall, das stimmt auch. Doch er geschah nicht kurz vor Weihnachten, sonder bereits zwei Wochen vorher. Meine Flugangst war nicht gespielt, allerdings bin ich schwer mit dem Motorrad gestürzt, weil es manipuliert war. Sagt dir die Abkürzung SBS etwas, O´ Neil? Im militärischen Sinne natürlich!“ Chris-Angel lehnte sich in seinem Stuhl zurück, schaute fragend zu dem Mann, der Alistair den Schweiß von der Stirn wischte.
„Militärisch gesehen würde ich sagen, dass es das selbe ist wie der SAS und ein Teil der UKSF!“ Antwortete ihm Ryan nach einem Moment nachdenklich. „Ich hätte selbst zur SAS gekonnt, doch ich verließ das Militär vorher. Du bist nicht außer Dienst Angel, oder? Du bist einer vom SBS oder? Aber warum bist du dann hier?“
„Ich schätze meinetwegen, Ryan!“ Kam es ruhig von der Tür aus, Aidan schloss sie hinter sich. „Ich hab mich kurz nach der Sache in Derry einem meiner Vorgesetzten anvertraut. Ihm alles über meine wahre Familie erzählt. Auch das mein Onkel Männer in den Reihen der Armee hatte. Er gab mir sein Schweigen und versprach mir seine Hilfe!“ Erklärte Aidan Ryan.
„Die Männer des Clans befanden sich hauptsächlich in der Air-Force und den anderen Bodentruppen. Teilweise hochrangige Soldaten, also setzte die UKSF heimlich den SBS auf diese Leute an, als man feststellte, dass auch im SAS Männer von Miller und McNamara waren. Seit Tristan in Cardiff Mist gebaut hat, bin ich an euch dran, zumindest an meinem Halbbruder!“ Sprach nun Chris-Angel weiter.
„Dann wusstest du immer, wer Tristan Kaufmann war?“ Wollte nun wieder Ryan wissen.
„Ja ich wusste, wer der Offizier Tristan Kaufmann ist. Ich wusste auch, dass Miller ihn rausgeholt hat und er auf seinem Anwesen war. Wir haben noch nicht alle Männer im Militär gefunden. Aber es wurde sichergestellt, dass sie euch nicht finden. Wir überwachen schon länger euren E-Mail und Handy-Verkehr. Leiten ihn über die gesicherten Leitungen der UKSF um, damit ihr sicher seit.“ Chris-Angel schaute nun wieder zu Aidan. „Ich brauch auch dein Schweigen, damit ich weiter meine Arbeit machen kann, Offizier Aidan McNamara! Tristan darf vorerst nichts davon erfahren, genauso wie die Anderen draußen!“
„Mein Schweigen hast du, aber was ist mit Alistair? Wenn er etwas von unserem Gespräch mitbekommt?“ Stellte Aidan fest.
„Er ist Soldat, wie wir, Aidan. Ich möchte nur nicht, dass es Tristan, Corey und Dorian wissen. Alistair hat bereits gemerkt, dass ich kein einfacher Soldat bin. Noch etwas, ich bin Schattenkrieger, aber die Anderen dürfen auch dies nicht wissen! Ich weiß, dass alle glauben, sie kennen alle Todeskrieger, doch einen kennen sie nicht! Den Mann, der dafür sorgte, dass die falschen abtrünnigen Todeskrieger starben. Alleine Corey, Duncan, Colin und Kevin, so wie Finn Cameron waren treue Krieger, die Anderen Verräter! Highlord O´ Gardey hatte nicht nur zehn Lordkrieger, sondern elf, der elfte blieb im Schatten, war Lordkrieger der Todeskrieger! Er war es, der seinem Herrn auch in der Ferne nah war, als er zu den Göttern ging. Er war es, der Dean die letzte Nachricht seines Herrn überbrachte. Die letzten Gedanken des Highlords!“ Chris-Angel senkte mit Tränen in den Augen den Blick, auch nach zwei Jahren fiel es ihm schwer darüber zu sprechen, denn der Highlord war für ihn der Vater, den er nie besaß. „Lord O´ Gardey wusste, was auf ihn zukommt, er wollte keinen seiner Krieger an seiner Seite haben. Wollte den Weg freimachen, für die Prophezeiung, die ihr erfüllt habt!“ Flüsterte er leise, sah dabei aus dem Fenster. Er spürte die Trauer der beiden Krieger hinter sich.
„Wo ist dieser schattenhafte Lordkrieger der Todeskrieger jetzt?“ In der Stimme des Mannes an der Tür lag tatsächlich Ehrfurcht. Chris-Angel hatte seinen Herrn der Schatten völlig vergessen. Nicht damit gerechnet, dass Kilian sich gegen den Befehl zu schlafen wehrte. Ryan und Aidan zuckten merklich zusammen, als sie dessen Stimme hörten. Chris-Angel blieb jedoch äußerlich ruhig und kühl, senkte noch nicht einmal den Kopf vor dem Krieger der Schatten.
„Er steht vor Euch, mo Thiarna!“ Antwortet er auf Kilians Frage, senkte nun doch ergeben den Kopf vor seinem Herrn.
„Raus Krieger!“ Befahl dieser jetzt knapp. „Und kein Wort zu allen Anderen, auch eurem Herrn nicht!“ Fügte er noch an, als die beiden normalen Krieger schon an der Tür waren.
„Es …“ Begann Chris-Angel leise, Kilian griff ihn bei den Schultern.
„Es braucht dir nicht leid zu tun, Angel! Ich weiß, was es heißt ein Spezialagent zu sein. Die Dragon der Yard waren so etwas ähnliches wie die Leute der UKSF, nur dass eure Ausbildung sicher noch härter war, wie die, die ich durchmachen musste.“ Kilian griff in die Jackentasche, holte zu Chris-Angels Überraschung seine Silberspange heraus, die er vor Jahren bekommen hatte. Genauso zauberte Kilian das schmale Messer des Mariens aus der Innentasche.
„Wann betest du als Lordkrieger zu den Göttern? Keiner hat dich bis jetzt überhaupt beten sehen. Die Sachen hab ich schon in deiner ersten Nacht hier an mich genommen, damit sie keiner findet.“
„Danke mo Thiarna!“ Chris-Angel steckte die Spange und das Messer ein. „Ich bete, wenn ich alleine bin, oder unsichtbar, wenn ihr euer Abendritual vollzieht. Ich möchte der bleiben, der ich bin, mo Thiarna, der unsichtbare Lordkrieger der Todeskrieger!“
„Zum Ersten lass diese Förmlichkeiten, Angel! Ich bin zwar der Krieger der Schatten, aber gegen den Lordkrieger der Todeskrieger bin ich auch nur ein normaler Todeskrieger. Zum Zweiten, wann hast du Geburtstag, dann schenke ich dir deine Spange zum Geburtstag, damit du sie trägst Schattenkrieger.“ Chris-Angel lächelte.
„Genau heute in einem halben Jahr, bis dahin sind die Haare sicher etwas gewachsen, damit sich dein Geschenk lohnt.“ Antwortete er dann. „Ich bin übrigens dankbar, dass du geschwiegen hast. Anders konnte ich mich nicht einschleichen, Lian. Es gibt unter euren neueren Kriegern, welche denen man nicht wirklich vertrauen kann, jedenfalls ich nicht. Namen möchte ich jetzt keine nennen, erst wenn ich mir sicher bin. Ich hoffe, das verstehst du als Ex-Agent.“
„Sicher verstehe ich das!“ Pflichtete ihm Kilian bei. Dann tat Chris-Angel etwas, dass Kilian rührte.
„Wenn du möchtest, bring ich dir noch mehr Todeskriegerfähigkeiten bei, nichts gegen Colin oder Kevin und Corey, sie sind zweifellos gut, aber alles wissen auch sie nicht. Patrick wäre übrigens auch ein geeigneter Anwärter. Vertrauenswürdig, kämpferisch und loyal, so wie du Lian. Wenn er möchte, bilde ich auch ihn aus, allerdings nur im Verborgenen und unter absolutem Stillschweigen!“ Jemand klopfte leise an die Tür, trat danach ein. Patrick stand im Raum, die Lippe aufgeschlagen. In den blauen Augen lag ein trauriger Glanz, er ließ sich auf einen Stuhl fallen.
„Gavin hat mich beim Kiffen erwischt, nur einen richtigen Joint mit Corey. Nur einen einzigen, den ersten seit die Zwillinge auf der Welt sind! Dabei kifft Gavin selbst!“ Patrick senkte verzweifelt den Kopf. „Er hat mich rausgeschmissen Lian! Ich weiß nicht wo ich schlafen soll, bei Kev und Frank ist kein Platz für mich! Alleine will ich auch nicht und die Anderen wollen nichts mit mir zu tun haben! Raven und Lior sind auf der Jagd nach Fellen und so.“ Patrick begann tatsächlich zu weinen, war völlig aufgelöst. Er und Gavin waren eigentlich die besten Freunde. Chris-Angel betrachtete den jungen Wolf, der am Tisch saß und von dem Tee nahm, den Kilian eben gekocht hatte. Ihm tat der Schattenkrieger leid, warum wollte keiner etwas mit ihm zu tun haben?
„Dann schlaf doch einfach bei mir in der Hütte, Rick, ich hab noch ein Bett frei!“ Bot Chris-Angel daher an, Patrick hob den Kopf.
„Bist du dir sicher, dass du mit dem brutalsten Krieger der IRA zusammen schlafen willst?“ Wollte Patrick leise wissen.
„Na und? Ich bin Elitesoldat Patrick, was macht das schon! Vielleicht bin auch ich ein kalter Killer, Black Warrior, wer weis!“ In Chris-Angels Augen funkelte es einen Moment kühl. Kilian hatte sich neben seinen Bruder gesetzt, der Jüngere lehnte nun gegen den Älteren, der die Arme um ihn gelegt hatte. Sein Lächeln sah nur Chris-Angel, der vor ihnen stand.
„Dann verschwindet ihr beiden! Ich bleibe heute Nacht bei Alistair, Angel. Kiran ist sowieso noch bei Colin und Sean.“ Die nächsten Worte dachte Kilian nur noch. „Pass auf meinen Bruder auf, Lordkrieger, und erzähl ihm was du ihm erzählen willst. Ricky braucht starke Freunde, so wie du es bist Angel!“ Dem Marine merkte man nichts an.
„Ich werde schon mein Bestes geben, Krieger der Schatten. Ich mag deinen kleinen Bruder, Lian!“ Dachte Chris-Angel, hielt dabei Patrick die Hand hin. Er legte dem jungen Schattenkrieger freundschaftlich den Arm um die Schultern. Kilian sah den beiden nach, er hoffte dass sie wirklich Freunde wurden. Sein kleiner Bruder brauchte jemanden, der ihn an die Hand nehmen kommen, ihm zeigte, dass er ihm etwas bedeutete. Auch wenn er es nicht zeigte, er litt immer noch unter seiner Vergangenheit. Kilian setzte sich an Alistairs Bett, auch der Vampir litt tierische Qualen. Der Schotte begann wieder zu träumen, weinte nun sogar im Schlaf. Er griff nach der Hand, die auf der Bettdecke lag, hielt sie bis sich dieser beruhigte.


Kapitel 7



Dorian saß alleine in seiner Hütte, las wiederholt Alistairs Brief. Die Ehrlichkeit in diesem berührte ihn zutiefst. Die Liebe, die er nur selten von Alistair zu spüren bekam. Wenn er gewusst hätte, wie er seinem Bruder jetzt helfen konnte, dann würde es Dorian ohne nachzudenken tun. James Damon war gegangen nachdem ihn der Vampir fortschickte, erklärte, dass er alleine zurecht kam. Leise öffnete sich nun die Tür. Corey steckte vorsichtig den Kopf hinein, bevor er ganz eintrat. Er wusste wie sich Dorian fühlte, setzte sich zu ihm auf das Bett. Wortlos nahm ihm der Ältere den Brief aus der Hand, legte ihn auf den kleinen Nachttisch neben Dolch und Spange. Dorian lehnte sich gegen den Iren, wollte nur die Nähe des Freundes spüren. Dieser strich ihm über den Arm, gab ihm was er brauchte. Nicht das dies Ville oder ein anderer nicht gekonnt hätten, doch der Vampir war ihm einfach vertrauter. Corey brauchte auch keine Worte, um den Schotten zu trösten, es war einfach nur die Anwesenheit des älteren Vampirs. Kühl und gleichzeitig doch voller Wärme sowie Herzlichkeit. Coreys Blick fiel auf den Schreibblock, der ebenfalls auf dem Nachttisch lag. Ein angefangener Brief an Alistair, den Dorian niemals beenden würde, da er schon seit einem Tag dort lag. Langsam beruhigten sich die aufgewühlten Gedanken des Schotten, er hob den Kopf von Coreys Schulter, stand auf um seinen Tabak vom Tisch zu holen, brachte gleich den Aschenbecher mit. Dann begann Dorian damit, Corey seine Sorgen zu erzählen, da er wusste, dass ihn dieser verstand.
Niemals zuvor hatte Nico Gavin so gesehen, der Schotte saß in ihrer Hütte am Tisch, den Kopf tief gesenkt. Vincente stand vor ihm, man merkte deutlich die Schattenkriegermagie in der Luft. Der Spanier hatte die Hände in die Hüften gestemmt, funkelte den Schotten wütend an. Sicher hatte ihnen Patrick versprochen, dass er die Finger von harten Drogen ließ. Doch was gab gerade Gavin das Recht, ihn deshalb zu schlagen? Gerade dem Wolf, der sich ebenso mit Drogen unter Kontrolle hielt. Nico sah seinen Bruder das erste Mal wirklich wütend. Auch wenn Vincente seinen Kontrahenten nicht körperlich angriff, oder mit Schattenmagie, waren seine verbalen Schläge schon hart. So hart, dass der Schotte nun am Tisch saß und kein einziges Wort mehr über die Lippen bekam. Es nicht einmal wagte den Kopf zu heben und die beiden Spanier anzusehen. Vincente ließ seine Hände sinken, sank anschließend auf das Fußende seines Bettes. Ihnen allen machte dieser Winter zu schaffen, der wirklich schlimmer war, als der vorherige. Selbst den Wölfen viel das Jagen schwer, manchmal kamen auch sie kaum im tiefen Schnee voran, tranken dann die Blutkonserven, die sie zum Glück hatten. Im Dorf türmten sich teils meterhohe Schneeberge, zur Freude von Gordon und Cody, zum Leid der Erwachsenen. Vincente ließ sich nach hinten fallen, verbarg das Gesicht in seinen Händen. Langsam hob sich nun doch Gavins Kopf, in seinen Augen stand das Wasser. Er schaute zu dem Schattenkrieger, der immer noch das Gesicht in den Händen verbarg, dann zu Nico, der etwas fassungslos auf seinem eigenen Bett hockte. Für Gavin war dieser Streit zwischen ihm und Vincente nichts Neues, auch in Irland wies der Spanier ihn manches Mal zurecht. Meist, wenn er doch einmal zu hart mit seinen Männern umging. Vincente konnte im Kampf brutal sein, hatte allerdings auch ein sehr großes und einfühlsames Herz. Ebenso wie Nico, konnte er trösten, war oft für die Sorgen der Männer da, wenn sie sich nicht Ville anvertrauen wollten. Der Spanier war immer gerecht, auch jetzt verstand Gavin, dass er wirklich zu weit bei Patrick gegangen war. Vincente nahm die Hände vom Gesicht, so dass sich die beiden Schattenkrieger nun wieder in die Augen sahen. Ein tiefer Blick, der in die Seele des jeweiligen Anderen ging, so kam es Nico vor. Keiner der beiden rührte sich, sie hielten reglos den Blickkontakt zu einander. Schließlich war es wider Gavin, der den Blick auf seine Hände senkte, da sich seine Augen mit Tränen füllten. Vincente stand auf, nahm wortlos den weinenden MacNamara-Hauptmann in die Arme. Dieser schlang die Arme um den Spanier, begann nun endlich seinen Gefühlen ihren Lauf zu lassen. Als Nico gehen wollte, schüttelte sein Bruder nur den Kopf. Hatte er geglaubt sein dieser würde sich jetzt für die harten Worte entschuldigen, so irrte er sich, er schwieg und hielt einfach nur Gavin McCampbell an sich gedrückt. Schließlich erhob sich der jüngere Spanier von seinem Bett, begann für sie Tee zu kochen. Keiner der beiden Anderen bemerkte, dass plötzlich eine Bilderflut auf Nico zuraste. Die Bilder stammen zwar deutlich aus Patricks Erinnerungen von dem Streit, kamen jedoch von jemanden den der Spanier nicht erkennen konnte. Die Mauern, die den Übermittler schützten waren von einer Stärke, die er nur Kilian oder auch Colin zutraute. Denn diese beiden gaben sich ebenso wenig zu erkennen. Am Ende glaubte der Spanier, dass die Bilder tatsächlich vom Krieger der Schatten kamen, den dieser war eindeutig bei Patrick gewesen. Nicht im Geringsten dachte er daran, dass sich der Mann, der jetzt in seinen Gedanken war, einer Illusion bemächtigte, um unerkannt zu bleiben. Patrick schien genauso verzweifelt zu sein, wie Gavin. Langsam verschwammen die Bilder, Nico betrachtete wieder die beiden Schattenkrieger am Tisch. Vincente saß nun Gavin gegenüber, der Schotte drehte sich eine Zigarette mit den Rauchkräutern von Lior. Der Spanier rauchte bereits, allerdings eine seiner normalen Selbstgedrehten. Griff nun jedoch über den Tisch und nahm dem Anderen die Rauchkräuter ab.
„Wenn du willst, dass Rick keine Drogen nimmt, dann lass es auch selbst sein, McCampbell!“ Bemerkte der Spanier nun kühl, Gavin sah auf. Die leuchtend blauen Augen funkelten.
„Schon gut, ich geh später und entschuldige mich bei Patrick! Lass mir wenigstens die Rauchkräuter, Vin, bitte!“ Fast schon klang die Stimme des Schotten flehend, sein Blick war es nun eindeutig.
„Was ist mit dir los, Gavin? Es ist nicht nur der Winter, der dich bedrückt. Was hast du, Highlander?“ Vincente legte, während er sprach, die Rauchkräuter wieder vor ihn auf den Tisch. Dieser warf einen Blick auf Nico, als wolle er sicher gehen, dass dieser schwieg. Wieder spürte der Spanier nun die Berührung von Gedanken. Unsichtbar drang jemand in seine eigenen ein, verschanzte sich darin. Er konnte ihn nicht verdrängen, beließ es einfach so wie es war.
„Ich vertrau einem meiner Männer nicht mehr, Vin. Denver und Fitzgerald verhalten sich in den letzten Tagen irgendwie seltsam. Die beiden lassen sich zwar nichts direkt anmerken, so wie Sivers und Anderson, aber irgendetwas stimmt mit ihnen nicht!“ Antwortete schließlich Gavin auf Vincentes Frage.
„Hast du schon mit Jey darüber gesprochen, Fitzgerald gehörte doch zu seinen Männern. Was willst du jetzt machen?“ Vincente sah zu, wie Gavin nur wenig der Rauchkräuter in seine Zigarette drehte.
„Ich will mir erst einmal sicher sein, dass Denver und Fitzgerald ein falsches Spiel spielen. Keine Angst, diesmal lassen wir es nicht so weit gehen, wie damals bei Sivers und Anderson! Damon ist aus irgendeinem Grund auch skeptisch, was Denver betrifft. Ist euch noch nicht aufgefallen, dass Jeremys Bruder ihn nicht aus den Augen lässt? Sollte wirklich etwas an der Sache dran sein, wird es mir Damon sagen. Lior meint außerdem, dass dieser Winter noch eine Weile so weitergehen wird. Plant Denver etwas, wird er seinen Plan erst ausführen können, wenn der Schnee fort ist.“ Berichtete Gavin nun wieder ruhiger.
„Trotzdem sollten wir wenigstens die hohen Krieger einweihen, finde ich!“ Mischte sich nun Nico ins Gespräch ein.
„Nein Nico, um so weniger Leute es wissen, um so sicher fühlen sich die Beiden! Was hier und jetzt besprochen wird, bleib unter uns dreien!“ Meinte Vincente, uns vier, dachte Nico, der noch immer den unbekannten Krieger spürte. Dieser schien nun jedoch genug gehört zu haben, zog sich langsam aus den Gedanken des Spaniers zurück.
Chris-Angel sah kurz zu Patrick, der nun doch eingeschlafen war. Der junge Schattenkrieger hatte ihm viel über sich erzählt, wer der Marine war, der ihn aufgenommen hatte, wusste er jedoch noch nicht. Dieser schaltete den Laptop ein, der auf dem Tisch stand. Wenigstens hatte er nun zwei Namen, die er überprüfen konnte. John Denver und John Fitzgerald, beide hatten eine Armeeausbildung, beide bei den Bodentruppen der Royal-Army. Genau nach solchen Männern suchten sie noch. James Damon Ryder interessierte Chris-Angel weniger, dieser war, wie Gavin sagte, noch immer einer seiner Männer. Würde also der Waliser etwas herausfinden, fände er es in den Gedanken des Schotten. Jemand klopfte an seine Hüttentür, er spürte sofort den Halbling, genauso den Schattenkrieger, der dieser war. Ihn überraschte, dass einer der Todeskrieger eintrat, als er ihn dazu aufforderte. Cameron O´ Gardey, der Sohn seines ehemaligen Highlords, der Mann dem er selbst die Runen gestochen hatte.
„Du bist noch wach, Angel?“ Bemerkte Cameron und sah auf den Laptop, Chris-Angels surfte scheinbar im Internet.
„Ja, nach meinem Unfall hab ich so viel geschlafen, dass ich im Moment nicht schlafen kann!“ Stellte nun der Marine fest, Cameron lächelte, als er Patrick in dem zweiten Bett schlafen sah.
„Gavin und Patrick haben sich wohl ziemlich zerstritten!“ Kam es nun von ihm, er sich setzte zu Chris-Angel an den Tisch.
„Scheinbar!“ Lautete die nichtssagende Feststellung seines Gegenübers. „Warum bist du hier, Cameron?“ Wollte der Soldat dann wissen. Er spürte nur allzu deutlich, dass den Schattenkrieger etwas beschäftigte, etwas dass scheinbar mit ihm zu tun hatte.
„Mein Vater hatte zehn Lordkrieger, unter ihnen waren acht normale Kriegerlords und zwei Schattenkriegerlords. Ich frag mich schon die ganze Zeit, warum gab es keinen Todeskriegerlord? Vater legte sehr viel Wert darauf, dass alle Gruppen unter den Lordkriegern vertreten waren. Mit Duncan McLoud hatte er einen Dunkelkrieger in seiner Lordschaft. Doch keiner dieser Lordkrieger war Todeskrieger!“ Erklärte ihm nun Cameron offen, Chris-Angel sah bewusst aus dem Fenster.
„Warum erzählst du gerade mir das? Ich bin Navy-Kapitän und kein Krieger!“ Tat er etwas überrascht, spürte, wie Cameron versuchte seine Gedanken zu lesen, er gewährte dem Schattenkrieger einen Teil von ihnen, den Teil, den er auch schon Anderen überlassen hatte. Doch Cameron stieß hart gegen die Mauern der verborgenen Gedanken, mit der Härte eines wahren Todeskriegers und eines Schattenkriegers. Chris-Angel wehrte sich gegen den Befehl, er solle den Laptop zerstören. Über die Lippen des Rothaarigen glitt ein leichtes Lächeln. Nur ein sehr starker Todeskrieger konnte sich dieser Macht widersetzten. Selbst bei Colin, Kevin oder Kilian gelang ihm manchmal dieses Spiel.
„Weil ich nicht glaube, dass du ein einfacher Navy-Kapitän bist, Angel! Vater wollte, dass ich der Lordkrieger seiner Todeskrieger würde. Weil er meine Gabe kannte, die Gabe selbst einem Todeskrieger zu befehlen. Dein Laptop ist noch heile, Chris-Angel Bailey, obwohl ich dir gerade befohlen habe, ihn zu zerstören. Selbst der Krieger der Schatten kippt sein Glas um, wenn ich es will, du nicht! Also, wer bist du wirklich?“ Cameron griff zu seinem Dolch, Chris-Angel sah ihn nur an, schwieg jedoch. „Ich schwöre vor dir, egal wer du bist, auf mein Blut, dass ich schweigen werde!“ Cameron zog sich den Dolch über die rechte Handfläche, drehte sie so, dass sein Gegenüber den Schnitt und das Blut sah. Chris-Angel nahm ihm den Dolch ab, zog ihn sich ebenfalls über die Handfläche und legte sie dann über Camerons.
„Du empfängst das Blut eines Todeskriegers, Finn Cameron O´ Gardey! Du empfängst das reine Blut des Lordkriegers der Todeskrieger und eines unsichtbaren Schattenkriegers, Sohn meines Herrn und Highlords!“ Jetzt stand tatsächlich Unglaube in Camerons Augen, Chris-Angel lächelte. „Es ist schon seltsam, dass sich gerade der Todeskrieger mir persönlich offenbart, dem ich damals die Runen gestochen habe. Dein Vater und Dean haben deine Lüge nicht bemerkt, Finn Todeskrieger ohne Dolch, ich allerdings schon! Du bekommst noch zweihundert Pfund von mir, dein Bestechungsgeld, ich hätte dir die Runen auch so gestochen! Ich hab damals deinen Mut bewundert, vor deinen Vater zu treten, deinen Stolz und auch deinen Kampfgeist. Ich hab niemals zuvor einen Krieger gesehen, der so selbstsicher aufgetreten ist, obwohl ich bei drei dieser Weihen dabei war!“ Gab Chris-Angel mit ehrlicher Bewunderung zu. Cameron senkte leicht den Kopf, wirkte in diesem Moment überhaupt nicht selbstbewusst.
„Ich weis nicht, wie ich es damals geschafft habe, überhaupt so weit zu kommen. Ich wollte wirklich nur meinen Vater sehen, als ich an der Sache teilnahm. Um ehrlich zu sein, damals stand ich noch auf dem Standpunkt, niemals wieder in den Kreis der Krieger zu treten, egal auf welcher Seite. Angel, ich hab auch heute noch Angst vor meinen eigenen Fähigkeiten, egal was Colin und Corey mir sagen!“ Gestand jetzt Cameron, diesmal ganz ohne Schamgefühle. Chris-Angel stand auf, kniete sich vor den Iren. Er nahm dessen Hände in seine, bevor er zu sprechen begann.
„Ich kann verstehen, dass du vor deiner Gabe Angst hast, die hatte ich auch am Anfang. Doch dann dachte ich irgendwann, es ist einfach mein Schicksal so zu sein, wie ich bin! Es gibt zwar Lordkrieger, die uns ausbilden, aber für unsere besonderen Gaben gibt es keinen Lehrer. Sie werden uns von den Göttern geschenkt, damit wir selbst lernen sie zu nutzen. Du glaubst nicht an deine Stärken als Schatten- und Todeskrieger, Cameron, oder?“ Chris-Angel erhielt ein Kopfschütteln zur Antwort. „Das solltest du aber, denn ganz tief in deinem Herzen ruht ein wirklich großer Kämpfer! Du bist stärker wie Colin und Kevin, wenn du an dich glaubst Cam! Ich glaub jedenfalls an dich, denn ich weis, auf wen ich wirklich vertrauen kann, wenn es darauf ankommt!“ Cameron sah Chris-Angel mit Argwohn an, er hielt sich nicht für vertrauenswürdig.
„Nur Todeskrieger, die ihr Los schon einmal getragen haben, können wirklich kämpfen. Colin hat dies getan, genauso wie Kilian, als er Evan, Ryan und Kevin holte, letzterer hat ebenfalls sei Los getragen. Du hast es auch getan, zwar nicht als geweihter Krieger, jedoch als dubh aingeal. Patrick O´ Harra wäre für mich auch ein Todeskrieger, der Black Warrior ist tapfer, steht loyal zu den Krieger und er kann kämpfen, wie kein anderer hier!“ Erklärte Chris-Angel seine Entscheidung. Er hatte längst bemerkt, dass sich Patrick seit einigen Minuten nur noch schlafend stellte. Jetzt setzte sich dieser im Bett auf, strich sich dabei die offenen Haare aus dem Gesicht.
„Ich wollte zur Navy, wie du es warst oder noch bist. Aber da ich meinen Hauptwohnsitz in Deutschland hatte, nahm mich die Royal Navy nicht und meine englische Militärausbildung wurde bei der deutschen Marine nicht anerkannt. Danke für das Kompliment, Angel, aber ich kämpfe, weil ich es einfach muss. Glaubst du das Leben mit vier älteren Brüdern ist einfach? Ihr könnt froh sein, dass ihr nur einen Bruder habt, wirklich, ich beneide euch!“ Patrick verdrehte die Augen, brachte so die beiden Männer am Tisch zum Lachen. Er stand auf, bediente sich an Chris-Angels Tabak. Der Marine beobachtete ihn dabei, wie er am Fenster rauchte. Der junge Schattenkrieger trug nur seine Lederhose, im Licht schimmerten die roten Strähnen in seinen schwarzen Haaren. Sein Körper war vom harten Kampftraining gestählt. Vor Chris-Angel stand ein wahrhaftiger Schattenkrieger, sicher hätte es Patrick auch in der Armee weit geschafft, wenn man ihm eine Chance gegeben hätte. Doch genauso wie Cameron, schien der jüngste O´ Harra sich selbst zu unterschätzen. Chris-Angel war sich sicher, dass Patrick nicht aus Lust tötete. Cameron erhob sich, verabschiedete sich mit den Worten, dass er nun doch müde sei. Er schien zu spüren, wie gerne der Marine mit dem immer noch aufgewühlten Schattenkrieger sprechen wollte.
„Ich bin nicht stolz auf das, was ich als Black Warrior getan habe, Chris-Angel. Todeskrieger sind tapfere und stolze Krieger, sie beschützen ihren Herrn! Ich hingegen hab gemordet!“ Gestand Patrick, als sie alleine war. Der Lordkrieger erhob sich hinter ihm.
„Ich war gerade einundzwanzig hatte den ersten Teil meiner Navy-Ausbildung hinter mir. War seit zwei Jahren einer von Lord O´ Gadeys Schattenkriegern, als er mich zum Todeskrieger ernannte. Ich war damals sein jüngster Krieger dieser Art. Etwa drei Jahre später, ich hatte meinen ersten Auslandseinsatz hinter mir, hab in diesem auch getötet, stand dann mein Highlord vor mir. Er sagte, dass er mich zum unsichtbaren Lordkrieger der Todeskrieger ernennen wollte. Ich antwortete ihm das Gleiche, wie du mir gerade!“ Chris-Angel machte eine kleine Pause, schaute in die ozeanblauen Augen seines Gegenübers. Patrick betrachtete hingegen jetzt den Marine, mit den für einen Krieger ungewöhnlichen kurzen Haaren.
„Was hat dir der Highlord der Krieger damals gesagt, Angel?“ Wollte Patrick wissen. Chris-Angel legte ihm die Hände auf die Schultern.
„Nur wer weis, wie es sich anfühlt, wenn man wirklich kämpft, sich dem eigenen Tod ausliefert. Nur dieser Krieger ist mutig genug ein Todeskrieger zu werden!“ Er ließ die Hände wieder sinken. „Ich hab seit meiner Kindheit gekämpft, um die Liebe meiner Eltern, die mich hassten, weil ich meinem leiblichen Vater ähnlich sah. Um so viele Freundschaften in denen ich meist nur ausgenutzt wurde und später um mein Ansehen in der Navy, wo ich bemerkte, dass ich doch etwas kann und man mich akzeptiert. Ich kenne dich erst ein paar Tage, trotzdem weis ich, dass wir beide viel gemeinsam haben. Du musstest ebenso kämpfen, im Kinderheim, gegen drei größere Brüder, gegen deine Drogensucht und noch so vieles mehr. Währst du unter Lord O´ Gardey zum Krieger geworden, so bin ich mir ganz sicher, dass er dich in die Reihen der Todeskrieger aufgenommen hätte, genauso wie er es bei Colin getan hat und bei Kilian tun würde! Patrick, ich verlange nicht von dir, dass du clean wirst, was schön wäre, ich möchte nur, dass du an dich selbst glaubst!“ Patrick hatte wieder einmal Tränen in den Augen, sah an Chris-Angel vorbei und nahm doch nichts wahr.
„An mich selbst glauben?“ Flüsterte er. „Ich glaube an die Götter der Krieger, die Waffen in meinen Händen und daran, dass ich ein Killer bin! Angel, ich kann nicht an mich glauben, an Patrick O´ Harra, der ging mit vierundzwanzig einfach von dieser Welt, mit seinem ersten Mord!“ Langsam rollten nun die Wolfstränen über die Wangen des jungen Schattenkriegers. Chris-Angel griff wieder zu Patricks Schultern, schob ihn in das kleine Badezimmer vor den großen Wandspiegel. Er solle ihm sagen, was er sähe, bat der Marine ruhig, schaute dessen Spiegelbild in die ozeanblauen Augen. Einen verheulten Wolfs-Schattenkrieger, kam leise die Antwort. Er sähe etwas anderes behauptete nun der Lordkrieger hinter Patrick und hielt ihn an den Armen fest, da diese sich abwenden wollte. Er zeichnete ein ganz anderes Bild, zeigte Patrick was für ein wundervolle Person er sei. Chris-Angel war es vollkommen egal, dass der Mann vor ihm den Kopf senkte, Tränen leise auf dem Boden landeten und der Wolf in seinen Armen zu zittern begann. Selbst als er die Beherrschung verlor und sich verwandelte, kniete der Halbling noch neben dem Wolf, streichelte sein Fell. Auch in dem Nachtwesen nahm Chris-Angel die guten Eigenschaften wahr. Er gab Patrick den Mut, mit ihm zum Frühstück zu gehen.
Heute fehlten außer Alistair auch Dorian, Corey und Lior. Letztere kümmerten sich um die beiden Anderen. Gavin senkte betroffen den Kopf, als Patrick mit Chris-Angel eintrat. Diesem sah man die schlaflose Nacht genauso an, wie die vielen Tränen, die er in den letzten Stunden vergossen hatte. Der Marine legte schon fast schützend den Arm um seinen Begleiter, nur Kilian spürte in diesem Moment das gedankliche Schutzschild, welches nicht seinem jüngeren Bruder gehörte. Chris-Angel ließ ihn Bilder sehen, ließ ihn wissen, wie sehr dieser in der Nacht gelitten hatte. Camerons Blick streifte für Sekunden die beiden Männer, die sich schweigend setzten. Genauso wie Tristans und Jessicas Blicke. Wieder einmal waren es die beiden kleinen Vampire, die einem verzweifelten Krieger ihre Liebe schenkten. Gordon und Cody stürmten auf Patrick zu, der nun zwischen Colin und Kiran saß. Er nahm die Zwillinge auf den Schoß, teilte sich sein Frühstück einfach mit ihnen. Beim anschließenden Spüldienst mit Vincente und Nico gab er sich schweigsam. Er bemerkte jedoch, dass ihn der Ältere beobachtete, auch wenn dieser es versuchte heimlich zu tun. Irgendwann begannen sich die beiden Spanier in ihrer Muttersprache zu unterhalten, von der sie wussten, dass Patrick sie nicht verstand. In Vincentes Augen stand eindeutige Sorge um jemanden oder etwas, in Nicos dagegen Liebe und Verständnis, für seinen Bruder oder etwas anderes. Er beobachtete die Beiden durch seine offenen Haare, hatte sich die Spange während des Frühstücks gelöst. Der jüngere Krieger räumte gerade mit einer Zigarette im Mundwinkel das Geschirr in den Schrank, während Vincente die Spüle abwusch. Patrick kannte den Jüngeren nur so wie er sich jetzt gab, fragte sich, wie wohl der Adelssohn ausgesehen hatte, im Anzug und mit kurzen Haaren. Der Mann, der seinem Vater gehorchte und nicht wie jetzt gerade seinen Bruder rau anfuhr. Dieser senkte nun betroffen den Blick, beendete seine Arbeit mit einem leisen Fluch. Jemand betrat hinter ihnen die Gemeinschaftshütte. Patrick wand sich nicht nach diesem um, nahm jedoch in Vincentes Augen wahr, dass etwas nicht stimmte. Nico ließ vor Schreck einen Teller fallen, bückte sich jedoch sofort nach den Scherben. Der ältere Spanier griff nach einem sauberen Trockentuch, jetzt wand sich Patrick doch um. Am Tisch saß Gavin, mit Blut an der Kleidung, er hatte den Kopf auf die Tischplatte gelegt, seine Haare bedeckten die Bisswunde am Hals. Patrick war schneller bei dem Schotten, wie Vincente, strich diesem die Haare von der Wunde, während der Spanier das Handtuch darauf drückte. Die Tür flog erneut auf, diesmal war es Raven der hinein stürmte, Verbandszeug und Salben in den Händen. Wortlos und kühl ging der junge Indianer seiner Arbeit nach, verarztete dem Highlander die Wunde. Gavin schwieg weiterhin, genauso wie alle Anderen. Ein drittes Mal öffnete sich die Tür, diesmal war es Kilian, der eintrat, Nico verließ nun die Gruppe der Schattenkrieger. Der Wolf musterte seinen verletzten Schattenkrieger, setzte sich dann ihm gegenüber. Gavin ließ den Kopf hängen, schaute auf seine Hände.
„Fitzgerald und Denver sind in ihrer Hütte eingesperrt, Gavin! Der Dragon Lord und der Krieger des Lichts wachen über sie. Was ist zwischen euch vorgefallen? Verrätst du es mir, oder müssen wir es auf andere Weise herausfinden?“ Kilian machte nur zu deutlich, was er mit der anderen Weise meinte. Der Angesprochene hob langsam den Kopf, während Chris-Angel eintrat und der Krieger der Schatten die Anderen aus der Hütte scheuchte.
„Ich wollte nur nach den beiden sehen, bin eingetreten ohne zu klopfen. Vielleicht war das mein Fehler, ich weiß es nicht! Auf dem Tisch stand ein Laptop, Denver schrieb gerade eine E-Mail, Fitzgerald war im Bad. Mein Mann hat mich nicht bemerkt, so konnte ich die Mail lesen. Erst als Jeremys Mann auf mich zustürzte, bemerkte mich Denver ebenso, während mich Fitzgerald festhielt, fügte mir Denver die Wunde zu. Allein das ich Schattenkrieger bin, rettete mir, glaube ich, das Leben. Mo Thiarna, in der Mail gaben die Beiden irgendjemanden Anweisungen, was er in ein paar Wochen tun soll. Der Text der Anweisung war verschlüsselt, ich konnte ihn nicht lesen. Doch es stand darüber: Bitte im März erledigen, die Krieger rechnen nicht mit uns!“ Gavin sah nun doch Kilian an. Chris-Angel stand hinter dem Schotten, hielt einen Laptop in der Hand. Der Ire nickte nun, das Nicken galt dem Marine, genauso wie dem Schotten. Der Soldat legte den Laptop auf den Tisch.
„Ist das der Laptop, den du meinst, Gavin?“ Wollte Kilian wissen, der Angesprochene nickte nur. „Gut! Meinst du, du kannst die Verschlüsslung bis heute Abend knacken, Angel! Übrigens ihr Beiden, das gemeinsame Mittagessen fällt heute aus, alle Krieger bleiben in ihren Hütten! Heute Abend findet hier ein Kriegergericht für Denver und Fitzgerald statt!“ Kilian erhielt wieder nur ein Nicken zur Antwort. „Geh in deine Hütte Gavin, ruh dich etwas aus, damit du heute Abend fit bist.“ Der Schotte erhob sich, in der Hüttentür schwankte er leicht, Kilian und Chris-Angel sahen, wie Patrick seinen Freund stützte, hörten dessen geflüsterte Entschuldigung. Der Marine stand ebenfalls auf, holte seinen eigenen Laptop aus seiner Hütte. So saßen der Elitesoldat des SBS und der Eliteagent der Scotland Yard gemeinsam in der Gemeinschaftshütte und sahen die E-Mails der beiden Krieger durch.
Jessica und Tristan waren die Einzigen, die sich Deans und Kilians Befehl, in ihre Hütte zu gehen, verweigerten. Sie saßen bei Alistair, der seit dem Morgen wieder wach war, jedoch noch zu schwach um aufzustehen. Gordon und Cody spielten am Kamin, während die drei Erwachsenen auf dem Bett saßen. Tristan und Jessica erzählten ihm, was in den letzten Tagen geschehen war, dass sich Dorian etwas zurückgezogen hatte. Jedoch zu den Mahlzeiten und Ritualen erschien, sich Corey und die beiden anderen MacNamaras um den Schotten kümmerten, damit er nicht völlig alleine war. Mit einem Lächeln, erzählte Tristan, dass er sich immer besser mit seinem Halbbruder verstand. Sich Chris-Angel bereits gut in die Gemeinschaft eingelebt habe und sicher auch bald ein Krieger werden würde. Wie sollte er wissen, dass dieser bereits lange Zeit ein Schattenkrieger war, wie er selbst. Als er von dem Angriff auf Gavin erzählte, verdunkelten sich nicht nur seine Augen, sondern auch die eisblauen Augen von Alistair. Er versprach, egal wie schlecht es ihm noch gingen, dass er am Abend zum Kriegergericht erscheinen wollte. Auch weil er endlich Dorian wieder sehen wolle, der sich heute den ganzen Tag noch nicht sehen lassen habe. Dieser sei im Moment selbst nicht besonders gut drauf, erklärte ihm Jessica darauf hin. Alistair wusste, dass sein Bruder mit ihm litt, akzeptierte schweigend, dass dieser seine Ruhe haben wollte. Gegen Mittag kochte zu seiner Überraschung Tristan ihnen etwas zum Essen. Er lächelte, da ihm wieder einfiel, dass Jessica keine gute Köchin war. Nach dem Essen schliefen Gordon und Cody an ihren richtigen Papa gekuschelt in dessen Bett. Der Schattenkrieger betrachtete die Szene mit einem ehrlichen Lächeln, während Jessica den Abwasch erledigte. Auch den Nachmittag und den halben Abend verbrachten die Beiden und die Kinder bei Alistair. Kilian hatte auf Grund des Kriegergerichts das gemeinsame Ritual ausfallen lassen. Während Jessica und Tristan nun ihr Ritual in der Hütte verrichteten, saßen die Zwillinge still bei ihrem Vater auf dem Bett, ihre Teddys in den Armen haltend. Für Gordon und Cody war es mittlerweile normal, dass sie bei den Ritualen leise sein mussten. Während Jessica schließlich die beiden Kleinen ins Bett brachte, holte Tristan den Rollstuhl aus der Krankenhütte. Er half Alistair sich anzuziehen und in den Stuhl zu setzten. Dann schob der Deutsche den Schotten Richtung Gemeinschaftshütte, unterwegs gesellten sich Shane, Rea und Roy zu ihnen. Alle drei freuten sich darüber, dass der Schotte wieder halbwegs auf den Beinen war. Vor der Hütte standen die Schattenkrieger, sie würde erst eintreten, wenn Dean und Kilian mit den beiden angeklagten Krieger kamen. Tristan bemerkte seinen Bruder, der sich mit Patrick und Gavin unterhielt, er machte sich keine Gedanken darüber, dass Chris-Angel bei den Schattenkriegern stand. Schließlich konnte er frei wählen, wo er sich aufhielt, da er kein Krieger war, so dachte Tristan, während er ihn begrüßte. Als Roy mit Alistair die Hütte betrat, hörte man auch dort begeisterte Rufe, dass sich der Schotte wieder blicken ließ. Unter den Schattenkriegern kehrte Stille ein, vier Männer näherten sich der Hütte. Zwei von ihnen nur in ihren Lederhosen, mit gefesselten Händen. Die hohen Krieger mit verschlossenen Minen, Kilian trug im Gegensatz zu Dean, der nur seine Stiefel zu der Lederhose trug, ein schwarzen Kapuzenpullover. John Denver spukte Gavin vor die Füße, als man ihn an diesem vorbei führte. Zu aller Überraschung war es Chris-Angel, der ausholte und dem Krieger ins Gesicht schlug, dass diesem die Lippe aufplatzte. Die beiden hohen Krieger nahmen diese Aktion schweigend hin, das einzige was der Lichtkrieger tat, war John Denver in Colins Arme zu stoßen. Dieser hatte sofort den Dolch an dessen Kehle. Nicht viel anders erging es John Fitzgerald, den Kilian an seinen Zwilling übergab. Die Schattenkrieger zogen ihre Kapuzen auf, die Handschuhe an, so fern sie es noch nicht hatten. Jessica half ihren Brüdern, die die beiden Angeklagten auf keinen Fall los lassen wollten. Danach traten die Schattenkrieger lautlos in die Hütte, stellten sich in den hinteren Teil, der nicht von den Kerzen die vor dem Kamin im Kreis standen erhellt wurde. Jessica und Tristan sahen zufrieden, dass die beiden McDonald-Brüder neben einander Platz gefunden hatten. Alistair noch immer im Rollstuhl, Dorian kniete neben ihm, hielt die Hand seines Bruders, der nun zweifellos an seine eigene Verhandlung mit den hohen Kriegern dachte. Dean erhob die Stimme, während Kilian einen Schritt hinter ihm stand.
„Wieder einmal finden wir uns zusammen, um über das Schicksal zweier unserer Kriegerbrüder zu entscheiden. Ihnen wird folgendes zur Last gelegt: Verrat an der Gemeinschaft der Krieger, Vorbereitung eines Attentates auf die gesamte Gruppe, versuchter Mord und Beleidigung an einem der Schattenkrieger! Bitte bringt …“ Hier unterbrach John Fitzgerald den Krieger des Lichts rau.
„Ihr könnt uns gar nichts beweisen! Mac salach ar soith!“ Meinte der Mann, kassierte in den Schatten einen schallende Ohrfeigen von Jeremy.
„Beleidigung der hohen Krieger!“ Fügte Dean kühl hinzu. „Bringt die Gefangen in den Kreis!“ Kiran und Colin taten wie ihnen geheißen, brachten die beiden Männer in den Kreis. Jetzt war es Dean der ausholte, John Fitzgerald die Faust in den Magen trieb. Der Krieger sank auf die Knie, krümmte sich vor Schmerz. Colin drückte John Denver grob auf die Knie, sah dabei Kilian an. In den Augen des Kriegers der Schatten lag eine eisige Kälte, er hatte eine Hand um den Griff seines Dolches gelegt. Trat jetzt neben Dean ohne diese von seinem Waffee zu nehmen. Abwertend glitten die dunkelblauen Augen über die beiden knienden Männer, zeigten außer Verachtung keine Gefühle.
„Wir können es euch nicht beweisen, meint ihr? Doch das können wir, Fitzgerald und Denver! Ich mach mir jetzt nicht die Mühe, den anwesenden Kriegern die E-Mails von eurem Laptop vorzulesen. Aber ich sage euch, dass diese niemals an ihren Empfänger gegangen sind, denn es gibt nicht nur hier Leute, die das falsche Spiel von John Miller und dem Clan MacNamara durchschaut haben. Ihr erwähnt in einer der E-Mails die Falschheit eines Offiziers der Royal-Air-Force, der angeblich seine Familie verraten haben soll. Dieser Offizier hat jedoch nur die Wahrheit über sich und seine Familie erzählt. Er hat seinen Vorgesetzten um Hilfe gebeten! Ich finde es schade, dass zwei so gute Soldaten, wie ihr es wart, sich auf ein so falsches Spiel eingelassen haben. Die hohen Krieger danken jedoch dem Soldaten, der dieses Spiel schon vor Jahren durchschaute. Denn durch sein Handeln, konnten wir jetzt einen weiteren Verrat an den wahren Krieger aufdecken!“ Kilians Blick streifte für einen Moment den von Steven Aidan. So sah er auch, wie Sean die Hand über dessen zitternde Hand legte, Steven Aidan schloss die Finger um Seans, drückte diese leicht. Jetzt war es wieder Dean, der die Stimme erhob.
„Die hohen Krieger danken nicht nur dir, Aidan MacNamara, sondern auch einem weiter Mann. Eigentlich wollte dieser im Verborgenen bleiben, doch der Umstände halber hat er sich entschieden, einen Teil seines Geheimnisses preiszugeben. Möge dieser Mann sich uns offenbaren und vor den Kriegern sprechen!“ Chris-Angel löste sich aus den Schatten, trat auf den Kreis zu. Für die Anderen sah es so aus, als senke er nur den Kopf, weil es alle anderen Krieger auch taten. Nur Kilian wusste in diesem Moment, genauso wie Patrick und Cameron, dass Chris-Angel den beiden hohen Kriegern tatsächlich Ehre erwies. Der Marine trat zwischen Dean und Kilian, warf den beiden knienden Krieger einen vernichtenden Blick zu, dann sah er in die Dunkelheit, wo sein Halbbruder stand.
„Ich bin nicht nur ein einfacher Kapitän der Royal Navy, sonder gehöre dem SBS an, dem Special-Boat-Service. Vergleicht es meinetwegen mit den Dragon der Yard oder den Arach der IRA. Als sich der Offizier vor Jahren seinem Vorgesetzten anvertraute, stellte man schnell fest, dass in sämtlichen Boden- und Luftwaffenbereichen Männer der Verräter waren. Normalerweise wäre es die Aufgabe der SAS gewesen, dafür zu sorgen, dass der Offizier in Sicherheit ist. Doch auch dort fanden sich Männer seiner Familie! Ich bin diesen Männern, alle samt ehemalige Soldaten der British Army, schon seit mehreren Jahren auf der Spur. So kam ich aus diesem Grund zu euch, auch wenn es noch andere Gründe gibt. Bitte Tris, ich erkläre es dir später!“ Fügte Chris-Angel ruhig hinzu, denn er spürte die aufgewühlten Gedanken seines Halbbruders. „Diese Männer hier wollten das ganze Dorf hochgehen lassen! Der Schattenkrieger, den sie angegriffen haben, ist ihnen auf die Schliche gekommen!“ Beendete Chris-Angel schließlich seine Erklärung und trat auf ein Zeichen von Kilian und Dean zurück in den Schatten. Die beiden Angeklagten warfen ihm dabei Beschimpfungen hinter her, fällten so nun endgültig ihr eigenes Urteil. Die hohen Krieger sahen einander an, dann in die Dunkelheit, wo ein blonder Schattenkrieger seine Kapuze in den Nacken schob und so den Griff seines Zweihänders unter dieser preisgab. Ein weiterer Schattenkrieger tat das Gleiche, dieser war ebenfalls blond. Braune Augen sahen in graue, mit der Kälte der Todeskrieger. Kilian erhob nun die Stimme, während Dean den Kopf leicht senkte, hier war eindeutig die dunkel Macht des Kriegers der Schatten und die Kälte des Todeskriegers gefragt.
„Ihr kennt die Regeln der Krieger, auf einen Verrat folgt der Tod! Vielleicht hätten wir Milde walten lassen, doch unter diesen Umständen nicht! Ich bitte die Krieger und Schattenkrieger den Raum zu verlassen und in ihre Hütten zu gehen!“ Kilian trat hinter John Fitzgerald, Kiran übergab diesen, ohne dass der Dolch von dessen Kehle wich. Genauso geschah es bei John Denver, wo Colin nun wieder mit Dean tauschte. Hinter ihnen verließen die Krieger und Schattenkrieger die Hütte, alle bis auf drei. Corey, Duncan und Chris-Angel blieben im Schatten stehen. Letzterer ohne, dass es dessen Bruder oder die beiden anderen Todeskrieger bemerkten. Die dunkle Magie der Schattenkrieger und Todeskrieger erfüllte den Raum, als die beiden Schattenkrieger in den Kreis traten, ihre Schwerter vor sich haltend, die Kapuzen wieder über die Köpfe gezogen. Kilian warf einen Blick auf Dean, in dessen Augen er deutlich sah, dass dieser von der Macht überrascht war, die den Raum flutete. Kilian spürte, wie Chris-Angel den beiden Männern befahl sich nicht zu rühren, er ließ John Fitzgerald los, der mit aufgerissenen Augen auf den Schattenkrieger vor sich sah. Auch Dean ließ John Denver los, trat einen Schritt zurück und sank dann auf die Knie, der Krieger des Lichts betete für die verlorenen Seelen.
Die beiden Schattenkrieger hoben ihre Schwerter, in den polierten Klingen spiegelte sich das Licht der Kerzen. Kilian sah in die Augen seiner Schattenkrieger, dunkelgraue und dunkelbraune Augen, in denen Wut, Hass und Verachtung stand. Die Augen der Todeskrieger! Langsam senkte er den Kopf, mit einem Surren zerschnitten die Schwerter die Luft, trafen auf ihre Ziele, zwei Schreie brachen mitten drin ab. Dumpf fielen die Köpfe der Verräter zu Boden, mit ihrem Fall erloschen die Kerzen des Kreises. Doch die Augen der Nachtwesen sahen auch in der Dämmerung. So sah Kilian, dass Dean Tränen über die Wangen rollten, als ihm Duncan auf die Beine half. Sah wie sich Chris-Angel lautlos davon stahl, bevor Duncan und Dean die Hütte verließen. Corey entzündete ein paar der Kerzen neu, wischte sein Schwert an einem alten Lappen ab, bevor er es auf den Tisch legte. Schweigend wickelte der älteste Vampir die Körper und Köpfe in abgenutzte Decken, brachte sie auf den großen freien Platz vor der Hütte. Duncan und Dean waren nicht mehr zu sehen. Sicher brachte der Schotte den Krieger des Lichts zu seinem Bruder. Nur Kilian nahm wahr, dass Chris-Angel noch in der Dunkelheit stand. Beobachtete wie die beiden Schattenkrieger den Verrätern noch einen Feuertod bescherten. So entsprach es dem Ritus der Krieger. Als die Flammen in den Nachthimmel stiegen, übermannten auch Kilian die Gefühle, er dachte an die brennende Hütte in Kanada und die brennende Farm in Australien. Corey, der dieses Schauspiel nicht das erste Mal erlebte, nahm den Krieger der Schatten tröstend in die Arme. Ein weiterer Schattenkrieger löste sich aus der Dämmerung, auch er hatte so etwas schon einmal gesehen. Colin nahm seinen weinenden Bruder in Empfang. In den leuchtendblauen Augen lag Verständnis für Kilian. Es war schon immer Aufgabe der Schattenkrieger gewesen, den Verrätern den Flammentod zu überbringen.
„Als ich das erste Mal so etwas sah, hab ich auch geheult, Lian! Es ist schon in Ordnung!“ Meinte er leise und strich ihm über den Rücken.
„Die meisten Schattenkrieger weinen, wenn sie so etwas erstmals erleben. Glaub mir Krieger der Schatten, ich hab schon so viele weinen sehen. Aber keiner hat so lange Stärke bewiesen, wie du, Lian! Selbst du nicht Colin!“ Erklärte Corey und sah dabei von den Flammen zu den beiden Kriegern. Kilian hatte wieder den Kopf auf Colins Schultern.
„Nein selbst ich nicht, ich hab bereits geheult als die Köpfe rollten!“ Gestand der Ältere ein. „Aber da war auch ein Schattenkrieger, in dessen Arme ich flüchten konnte. Ein starker Schattenkrieger, den ich bis heute nicht gefunden habe! Seit vier Jahren schon, will ich mich einfach nur für die Wärme und die tröstenden Worte bedanken.“ Colin sah während er sprach Corey an, doch dieser schüttelte nur den Kopf, selbst er kannte den Schattenkrieger nicht, der damals bei diesem war. Das dieser unbekannte Krieger auch jetzt sanft in Kilians Gedanken eingriff wussten die beiden Anderen nicht, ebenso spürten sie ihn nicht in der Dunkelheit. Corey verabschiedete sich von den beiden O´ Harra-Brüdern, ging zu seinen Brüdern, denn das waren Matthew und Aidan für ihn. Auch Chris-Angel wand sich ab, denn Colin war die beste Medizin für Kilian. Der Lordkrieger der Todeskrieger beschloss, dass er einen weiteren der Männer in sein Geheimnis einweihen würde, Colin!

Kapitel 8



Tristan wanderte wieder einmal durch das Dorf, mittlerweile hatte sich Jessica daran gewöhnt, dass er diese Spaziergänge zum Nachdenken brauchte. Sie ließ ihn dann einfach ziehen. Der ehemalige Soldat wusste durchaus was der SBS war. Auch das es in Portsmouth eine Navy-Base gab, in der diese Männer stationiert waren. Doch niemals hätte er geglaubt, dass gerade sein so ruhiger Halbbruder einer dieser wirklich harten Jungs war. Gut, Chris-Angel merkte man seine militärische Ausbildung an, doch tat man dies auch Ryan und ihm selbst. Ebenso hatte sein Rang nichts zu sagen, Aidan, Ryan, Alistair, Corey genauso wie Tristan selbst, waren ehemalige Offiziere der Royal Army. Nachdenklich drehte sich der Vampir eine Zigarette, suchte in seiner Jackentasche nach dem Feuerzeug. Er fand es nicht, bekam jedoch plötzlich ein Feuerzeug hingehalten. Chris-Angel stand lächelnd vor ihm, selbst eine Zigarette im Mundwinkel. Er salutierte vor seinem Halbbruder, der nun rau lachte. Erst jetzt bemerkte der Offizier, dass er vor der Hütte des Navy-Kapitäns stand. Dieser schien gerade hergekommen zu sein, denn auch er trug noch seine Lederjacke. Die Bitte mit ihm noch einen Drink zu nehmen, nahm er gerne an. Er sah sich in der kleinen Hütte um, die Chris-Angel nun alleine bewohnte. Ein Laptop stand auf dem Tisch, eine leere Tasse daneben, ebenso der Aschenbecher. Ein Buch lag auf dem Nachttisch, das spanische Buch, welches auch Dorian schon gelesen hatte. Eine schwarze geschnürte Lederhose lag auf dem Bett. Sie war es, die unweigerlich Tristans Augenmerk auf sich zog, denn neu wirkte diese nicht mehr. Chris-Angel schien seinen Blick zu bemerkten, schließlich hatte Tristan seine Tasche ausgeräumt und die Hose war nicht darin gewesen, da sie ihm Kilian am Nachmittag zurückgegeben hatte. Mit der Hand fuhr sich der Marine durch die kurzen Haare. Vielleicht sollte er seinem Halbbruder doch die ganze Wahrheit über sich sagen, nur verschweigen, dass er Lordkrieger der Todeskrieger war. Denn Chris-Angel las auch die Gedanken seines Halbbruder, wusste, dass dieser sich wünschte ihn ebenfalls in den Reihen der Krieger zu sehen. Tristan wand sich ihm wider zu, als er zwei Gläser mit Scotch füllte, ein Geschenk von Dorian, dafür, dass er lange Zeit an Alistairs Bett gewacht hatte.
„Schon hart, wenn man erfährt, wer sein Bruder wirklich ist!“ Bemerkte Tristan und leerte sein Glas in einem Zug. Chris-Angel schenkte ihm genauso nach, wie sich selbst. „Wie viel der Geschichte, die du uns am Anfang erzählt hast, stimmt wirklich, Angel!“ Wollte er schließlich wissen.
„Ich hatte einen Unfall, jedoch nicht auf den Bermudas, sondern schon in England. Auch bin ich nicht mit dem Heli abgestürzt, sondern hab mich mit dem Motorrad geschmissen! Ich kann froh sein, dass ich diesen Unfall überlebt habe und eigentlich noch glimpflich davon kam. Sie brachten mich erst zwei Wochen später auf die Bermudas, weil es dort eine Navy-Base gibt und ich eigentlich zwei Tage nach meinem Unfall dort hin sollte. Tris, du spielst schon seit Jahren eine Rolle in meinem Leben, seit du damals in Cardiff die Nerven verloren hast. Ich wusste, dass du bei Miller warst, aber handeln konnten wir nicht, schließlich saß uns auch noch ein Mann des SAS im Nacken. Er hätte alles an Miller oder MacNamara weitergeleitet, wenn wir versucht hätten dich da raus zu holen. So mussten wir auf eine Gelegenheit warten, die sich ergab, als Denver und Fitzgerald hierher kamen. Beide Ex-Soldaten, auf denen unser Augenmerk lag! Ich schätze, dass doch einer mitbekommen hat, dass ich hinter euch her war, denn meine Maschine war damals manipuliert. Ich arbeite auch weiterhin für den SBS, zu eurem Schutz, dem Schutz der Ex-Soldaten unter euch! Das ist die Wahrheit über meine Navy-Zugehörigkeit!“ Erklärte Chris-Angel seinem Halbbruder offen.
„Dein Namen, ist das dein richtiger, oder auch nur ein Synonym? Wer bist du wirklich?“ Tristan wollte nun die ganze Wahrheit wissen, würde keine Ruhe geben, bevor sich im der Marine ganz offenbarte.
„Mein Vorname ist wirklich Chris-Angel, dass stimmt. Als ich achtzehn war, erkannte jedoch dein Vater seine Vaterschaft an. Mein voller Nachname ist Bailey-Kaufmann! Du wünschst dir von ganzem Herzen, dass ich den Kriegern hier beitrete, Tristan, stimmt ´s?“ Er erhielt ein Nicken zur Antwort. „Das ist der zweite Punkt, warum ich hier bin, Tris! Die SBS kannten meinen Glauben und auch den euren, deshalb war ich genau der richtige Mann für diese Aufgabe. Ich bin Schattenkrieger Bruder, noch dazu hab ich mich nicht nur der Sicherheit Englands verschworen, sondern auch der der Krieger!“ Die dunkelgrünen Augen weiteten sich, als Tristan langsam zu verstehen begann.
„Du bist Todeskrieger!“ Rutschte es ihm raus, Chris-Angel stand auf, holte das schmale Springmesser aus der Schublade seines Nachttischs. Er ließ es aufspringen und legte es vor Tristan auf den Tisch. Seinen Dolch wollte er ihm nicht zeigen, denn darauf waren ebenso die Runen des Lordkriegers. dieser fuhr die Runen mit dem Finger nach, dann sah er auf, in die grünbraunen Augen seines Halbbruders.
„Warum hast du den Namen Kaufmann angenommen? Ich hatte keine schöne Kindheit mit meinem Vater und würde diesen Namen lieber ablegen, wenn ich könnte!“ Brach es kalt aus Tristan heraus, Chris-Angel griff über den Tisch, legte ihm die Hand auf den Arm.
„Ich hatte auch keine schöne Kindheit, Tris! Meine Mutter und mein Stiefvater hassten mich, weil ich deiner Familie so ähnelte. Für die anderen Kinder war ich immer der Bastardsohn! Warum ich den Namen Kaufmann angenommen habe? Weil er mich mit dem Bruder verband, den ich mir immer wünschte. Mit dir Tristan Kaufmann!“ In Chris-Angels Augen konnte man die Liebe zu Tristan erkennen, in dessen Augen Tränen der Rührung standen. „Ich weis was mit deinem kleinen Bruder passiert ist, ehrlich, ich hab geheult, als ich es in deiner Akte bei der UKSF las!“ Gestand Chris-Angel, erhob sich, um Tristan in die Arme zu nehmen. Dieser spürte nun das selbe, was Colin vor Jahren gespürt hatte. Die Wärme und Liebe eines Schattenkriegers, die tief in seine, immer noch wunde, Seele eindrang. Die Nähe seines Bruder, die er sein halbes Leben lang vermisst hatte, kehrte in Chris-Angels Armen zurück. Unbewusst rückte er noch näher an diesen, suchte bei ihm Schutz, den dieser ihm gerne gewährte. Als sich Tristan beruhigt hatte, bat ihn der Marine jedoch noch um sein Stillschweigen, selbst Jessica dürfe nichts von diesem Geheimnis wissen. Chris-Angel sagte ihm jedoch auch, dass er mit Cameron, Kilian oder Patrick darüber sprechen dürfe, da sie ebenso die Wahrheit kannten. Tristan gab seinem Halbbruder gerne sein Schweigen, schon aus Liebe zu diesem.
Am nächsten Morgen betraten die Krieger schweigend die Gemeinschaftshütte, denn ihnen allen steckte noch der letzte Abend in den Knochen. Selbst Gordon und Cody schienen zu merken, dass die Erwachsenen ihre Ruhe haben wollten. Die beiden kleinen Vampire spielten leise in ihrer Spielecke, während die Krieger ihr Ritual verrichteten und die Schattenkrieger schweigsam am Tisch saßen. Chris-Angel warf einen Blick in Tristans Richtung, dieser hatte einen Arm um Jessica gelegt und rauchte. Wenn er sie heiraten würde, könne er seinen Namen ablegen dachte der Marine. Sein Halbbruder antwortete ihm, dass seine Liebste erst einmal mit der Trennung von Alistair fertig werden sollte, bevor sie an eine Hochzeit dachten. Beide sahen sie nun zu dem weißblonden Schotten, der wieder auf dem Boden kniete. Er war noch immer geschwächt, denn als er aufstehen wollte, mussten ihm Conner und Dorian in den Rollstuhl helfen. Der ältere Schotte verzog die Lippen zu einem schmalen Strich, in seinen eisblauen Augen sah man die Wut auf seine Schwäche. Dorian strich ihm über den Arm, nachdem er ihn zum Tisch geschoben hatte. Gordon krabbelte auf Alistairs Schoss, während Cody zu Dorian kam. Die beiden Schotten teilten, wie Patrick zuvor, ihr Frühstück mit den Kindern. Nach dem Essen wollte die Zwillinge mit ihrem Papa Schlittenfahren gehen. Er sah sie etwas traurig an. Jessica nahm ihre Söhne kurz zur Seite.
„Hey ihr zwei Kleinen, der Papa ist noch krank, kann noch nicht mit euch Schlittenfahren. Fragt ihn doch, ob er mit euch spielen möchte, oder kuscheln, dann freut sich der Papa ganz bestimmt!“ Erklärte sie den beiden kleinen Vampire. Cody verstand schneller, wie Gordon, kletterte wieder auf Alistairs Schoss. Ganz leise fragte er dann den Schotten, ob er mit ihm kuscheln wolle. In dessen Augen erschien ein glückliches Funkeln, er zog Cody in die Arme, genauso wie Gordon, der nun auch kuscheln wollte. Dorian setzte auch ihn auf Alistair Schoss, schob seinen Bruder, nach einem Nicken von Jessica, aus dem Raum. Der weißblonde Schotte drückte seine Söhne feste an sich. Man konnte sehen, dass ihm die Zuneigung der beiden Kleinen gut tat. Tristan gab seiner Liebsten einen langen und intensiven Kuss, strich ihr über den Rücken.
„Haut schon ab ihr zwei! Ich übernehme deinen Spüldienst Tris!“ Bemerkte Gavin mit einem breiten Grinsen.
„Das Badehaus gehört heute Morgen uns, nur damit ihr es wisst!“ Erklärte dieser mit einem schiefen Grinsen. Vincente sagte etwas auf Spanisch, worauf sein Bruder, Dean und Pádraig lachten, zu aller Überraschung war es Chris-Angel, der Vincente in fließendem Spanisch antwortete, mit lachenden Augen.
„Wie viele Sprachen beherrschst du eigentlich?“ Wollte Raven erstaunt wissen. Chris-Angel lächelte wieder.
„Fünf fließen, Englisch, Französisch, Spanisch, Russisch und Gälisch natürlich. Deutsch kann ich nur sehr schlecht, aber ich hoffe ihr bringt es mir noch richtig bei!“ Sein Blick blieb an Dean hängen, denn er hatte den Krieger des Lichts mit Tristan Deutsch reden hören.
„Sicher, wenn du es willst bringen wir es dir bei!“ Bemerkte dieser nun, stand dann vom Tisch auf. „Ich bin beim Kampftraining, wenn mich jemand sucht!“ Mit diesen Worten verließ Dean die Gemeinschaftshütte. Gavin, Rea und Shane räumten die Tische ab. Während Chris-Angel und die vier Indianer noch dort saßen und rauchten.
Kilian betrat leise die Hütte seiner beiden ältesten Brüder. Sean lag ausgestreckt auf dem Bett, während Colin am Tisch saß und las. Noch immer schwirrten dem Krieger der Schatten die Bilder der Nacht durch den Kopf. Ob es Colin wohl genauso schwer gefallen war, seine erste Enthauptung zu erleben? Sean bemerkte als erstes seine nachdenkliche Mine, er stand auf und nahm diesen einfach in die Arme. Black erhob sich, als er den ruhigen rotschwarzen Dragon seines Bruders bemerkte. Colin griff nach Kilians Hand, legte sie sich auf die linke Brust. So sah er, wie schlecht sich dieser damals gefühlt hatte, sah auch den Schattenkrieger, der ihn tröstete. Während Colin diesen Krieger immer noch suchte, wusste Kilian bereits jetzt, wer es gewesen war. Denn er fühlte deutlich die Wärme, die er gestern Abend bei Chris-Angel gespürt hatte. Sean verließ nach einer Weile die Hütte, erklärte, dass er ein wenig zu Patrick gehen würde. Colin nickte ihm nur zu, denn mittlerweile verstanden auch sie sich ohne Worte, wie Kilian, Kiran und Jessica es schon lange taten. Ein leises Klopfen verriet, dass den beiden Schattenkrieger nicht viel gemeinsame Ruhe blieb. Colin bat denjenigen, der vor der Tür auf Einlass wartete, dann doch herein. Während es den Älteren überraschte, dass Chris-Angel in die Hütte trat, schien Kilian schon fast damit gerechnet zu haben. Er lächelte den Marine an, der sich in der Zwischenzeit umgezogen hatte. Jetzt trug er die schwarze geschnürte Lederhose zu einem dunklen T-Shirt und seiner Lederjacke. Colin musterte den Soldaten eingehend, dessen Schattenmagie momentan noch verborgenen blieb. Chris-Angel hielt der Musterung ohne eine Gefühlsregung stand, verlor auch sein warmes Lächeln nicht.
„Kilian hat mir erzählt, dass du einen Schattenkrieger suchst, der dir vor Jahren einmal Trost gespendet hat, als du deine erste Hinrichtung erlebtest.“ Erklärte er ruhig sein Erscheinen.
„Ja, aber was hast du mit der Sache zu tun?“ Wollte Colin wissen, musterte weiterhin den Mann vor sich. Auch wenn dieser geschürte Lederhosen und dunkle Kleidung trug, wirkte Chris-Angel nicht wie ein Schattenkrieger. Außerdem spürte er die Magie bei ihm nicht. Langsam griff der Marine jetzt in seine Jackentasche, zog den Dolch aus der Innentasche und legte ihn vor Colin auf den Tisch. Lange betrachtete dieser die eindeutige Waffe eines Kriegers, eines Schattenkriegers und Todeskriegerers, noch dazu befanden sich die Runen eines Lordkriegers auf der Waffe. Jedoch nicht unter denen des Schattenkrieger, sondern denen des Todeskrieger.
„Woher hast du den Dolch, Angel? Dieser Krieger war Lordkrieger der Todeskrieger! Ich wusste nicht, dass es überhaupt einen Lordkrieger für die Todeskrieger gab!“ Stellte Colin nach einer ganzen Weile des Schweigens fest. Chris-Angel lächelte immer noch, Kilian spürte wie die verborgene Magie einen Moment zunahm, sich jedoch für seinen Bruder nicht zeigte. Der Marine begann mit seiner Macht zu spielen, ließ das Feuer im Kamin für einen Moment auflodern, dann schwebte plötzlich der Dolch über der Tischplatte. Der Soldat wirkte dabei teilnahmslos, obwohl er diese Fähigkeiten erst mit seiner Verwandlung erhalten hatte, waren sie für ihn schon normal. Colin riss stattdessen die Augen auf, starrte Tristans Halbbruder nun fassungslos an. Dieser griff den Dolch aus der Luft, steckte ihn wieder in die Tasche.
„Der Lordkrieger der Todeskrieger sollte für immer Highlord O´ Gardeys Trumpf bleiben. Dieser Todeskrieger hätte den Highlord schützen können, doch er wollte es nicht so, er wollte Platz machen für die Prophezeiung und die neuen Herrn der Krieger!“ Erklärte Chris-Angel nun Colin.
„Mag ja sein, trotzdem wüsste ich gerne wo mein Lordkrieger als Todeskrieger ist. Denn ihm gehört genauso mein Respekt und meine Achtung, wie dem Krieger der Schatten.“ Bemerkte Colin. „Woher hast du also jetzt den Dolch, starb etwa auch dieser Lordkrieger für die wahren Krieger?“ Auch wenn er sich etwas im Ton vergriff, ließ ihn Kilian machen. Chris-Angel würde sich schon zur Wehr setzten, doch dieser drehte sich erst einmal gelassen eine Zigarette.
„Der Lordkrieger der Todeskrieger starb, aber nur als Mensch! Er ist jetzt noch stärker, wie zuvor. Genauso wie du Colin und die anderen Todeskrieger! Er freut sich, dass der Krieger der Schatten auch in seine Riege eingetreten ist. Genauso wie der Krieger des Lichts, sieht auch der Lordkrieger in ihm einen gleichgestellten Partner und Freund!“ Chris-Angel nahm einen Zug von seiner Zigarette. „Der Mann, der dich in den Arm nahm, als du damals weintest Colin, war der Lordkrieger der Todeskrieger persönlich! Er weiß deinen Dank zu schätzen! Ich weiß genauso deine Treue und Loyalität zu schätzen, Todeskrieger! Der Dolch gehört mir selbst, Colin!“ Gestand nun Chris-Angel dem völlig fassungslosen Schattenkrieger. Der Marine ließ ihm etwas Zeit sich zu fassen. Bevor er mit der nächsten Überraschung für Colin und Kilian herausrückte.
„Ich habe mir überlegt, dass ich die stärksten Todeskrieger in meine Ermittlungen einbeziehen möchte. Corey ist zwar stark, aber ihm fehlt einiges an, nennen wir es, neuzeitlicher Erfahrung. Du kennst dich bestens in Psychologie aus, Colin, ich weiß, dass du dich in die Personen hinein versetzen kannst, besser noch als Ville. Kilian, du bist schon seit Jahren ein Dragon, auch wenn Cameron es länger ist wie du, würde es auffallen, wenn ich ihm einen Account auf dem Yard-Server besorge. Dich kennen die meisten Männer der Yard, als zuverlässigen Agenten! Dann hätte ich noch gerne den besten Kämpfer unter uns in meinem Team. Auch hier ist Corey stark, doch es gibt einen der noch stärker ist!“ Wieder unterbrach ein Klopfen an der Tür Chris-Angel. Colin bat auch diesmal denjenigen herein. Patrick betrat nun den Raum, erklärte, dass Sean mit Conner und den beiden del Niros auf die Jagd gegangen sei. Chris-Angel betrachtete den jungen Schattenkrieger, in den schwarzen Haaren mit ihren dunkelroten Strähnen steckte die Silberspange. Patrick trug mit Stolz seinen Dolch am Gürtel, schien endlich doch zu verstehen, was für ein großartiges Wesen er war. Zumal ihm nun auch Gavin gestanden hatte, dass er zu ihm als Nahkämpfer aufsah. Kilian lächelte in sich hinein, er wusste in wem Chris-Angel den besten Kämpfer sah. Patrick hielt locker der Musterung stand, denn er kannte die Ansichten des Marines. Colin bewunderte stattdessen die Sicherheit, die sein kleiner Bruder am Anfang nicht besaß.
„Ich glaube, du hast über mein Angebot nachgedacht, Ricky!“ Bemerkte der Lordkrieger nach einiger Zeit des Schweigens. Der Schattenkrieger straffte seine Haltung etwas, setzte sich grade auf seinen Stuhl.
„Ja Angel, ich habe drüber nachgedacht und mich entschieden. Ich möchte dein Angebot annehmen, mo Thiarna!“ Diesmal galt die förmliche Anrede nicht Kilian sondern Chris-Angel. „Als ich bei dir geschlafen habe, hast du mir gezeigt, dass es nicht darauf ankommt, wer ich einmal war. Sondern, dass es viel wichtiger ist, wer ich jetzt bin. Der Black Warrior wird immer ein Teil von Patrick O´ Harra sein, doch nur im Kampf!“ Erklärte er jetzt, Chris-Angel legte ihm freundschaftlich die Hand auf die Schulter.
„Du nimmst ein hartes Los auf dich, Ricky!“ Meldete sich nun Colin, als um das Wohl des kleinen Bruders besorgter ältester O´ Harra-Sproß, zu Wort.
„Wenn du und Kilian dieses Los tragt, dann bin ich damit nicht alleine, Colin. Ich weis auch, was ich mir zumute und vertraue darauf, dass ich von euch und Angel lerne, damit umzugehen. Ist es nicht schon schwierig ein Dragon und Schattenkrieger zu sein? Was soll da eine Aufgabe mehr, die mir Spaß macht? Ich bin kein kleiner Junge mehr Colin!“ Fügte Patrick noch hinzu. Chris-Angel unterdrückte ein Lachen. Da saßen drei Brüder zusammen und der jüngste wies ungeniert den ältesten zurecht. Kilian verschwand ins Badezimmer, trotzdem hörte man ihn leise auflachen.
„Schon gut, Céllí Mór, ich mach mir halt Sorgen um meinen kleinen Bruder! Ich mein es doch nicht böse, Ricky!“ Bemerkte Colin leicht pikiert. „Wie sollen wir dir eigentlich helfen, Angel?“ Wechselte er dann das eher familiäre Thema.
„Als Erstes schauen wir uns noch mal die Leute hier an. Ich vermute zwar keine Gefahr mehr aus unseren eigenen Reihen, aber Vorsicht ist immer besser als Nachsicht. Dann versuche ich Kilian wieder einen Zugang zur Yard zu verschaffen. So können wir schauen, welche der ehemaligen Dragon oder auch der MacNamara-Leute uns gefährlich werden könnten. Dafür brauchen wir dann euch beide. Du kennst viele des Clans Patrick und du kannst vielleicht mit Hilfe deines psychologischen Fachwissens helfen, eventuelle Gegner zu erkennen, Colin! Als kleinen Lohn biete ich euch an, dass ich meine Fähigkeiten mit euch teile, was ich sonst nicht tun würde.“
„Wie sollen wir die Sache denn geheim halten?“ Kam es jetzt vorsichtig von Patrick. Der dran dachte, dass ja keiner wissen durfte, wer Chris-Angel wirklich war.
„Cameron weis ebenso wer ich wirklich bin. Tristan weis, dass ich Schattenkrieger und Todeskrieger bin, nur das mit dem Lordkrieger nicht. Die Anderen wissen, dass ich beim SBS bin. Also können wir ruhig zusammen-arbeiten. Schließlich ist dies hier eine rein dienstliche Angelegenheit, jedenfalls nach außen hin.“ Chris-Angel grinste verschlagen.
„Aber es könnten auch mal ein paar Gläser Whiskey mehr sein, als die Arbeit!“ Kilian las in den Gedanken des Marines, dieser grinste nur noch breiter. Bestätigte so die Einschätzung des Krieger der Schatten.
Dorian beobachtete Alistair, der mit seinen Söhnen auf dem Boden vor dem Kamin saß und spielte. Der Schotte hatte den Rücken gegen die Wand gelehnt und nähte an einem Wolf aus weichem Leder für Gordon. Cody würde ebenso noch einen Kuschelwolf erhalten. Bei den Kindern blühte Alistair sichtbar auf, vergaß seine Probleme, trank nicht oder schluckte Tabletten. Für seine beiden Jungs war er ein wirklich guter Vater, stellte Dorian jetzt fest. In Jessicas Nähe hingegen zog er sich immer noch zurück, versuchte der jungen Vampirin nicht zu nahe zu kommen. Er fühlte sich auch weiterhin schuldig. Dorian wand sich wieder seiner eigenen Arbeit zu, er hatte Kevin McLoud versprochen ihm neue Pfeifen für seinen Dudelsack zu schnitzen. Da dessen mit der Zeit etwas verzogen und dadurch verstimmt waren. Jedenfalls glaubte dies Alistair, der nur die geschnitzten Pfeifen auf dem Tisch sah. Jedoch nicht den eigentlichen Luftsack, der das Taran seines eigenen Clans trug. Fasziniert von Dorians Arbeit ließ Gordon jetzt seinen Papa stehen, kletterte neben seinem Onkel auf den Stuhl. Alistair tat etwas, dass sein Bruder schon lange nicht mehr bei ihm gehört hatte. Er begann, während seiner Arbeit, alte schottische Lieder zu singen. Die beiden kleinen Zwillinge sahen ihren Vater mit großen Augen an. Der Silberblonde griff nach dem Dudelsack, den er sich als Muster von Kevin geliehen hatte. Alistair bemerkte es nicht einmal. Die Augen der beiden Kleinen wurden noch größer, als das tiefe Brummen und der leise Klang der Pfeifen sich mit der rauen Stimme verband. Sie lachten, während Dorian spielend durch den Raum marschierte. Jessica die ihre Jungs noch vor dem Mittagessen umziehen wollte, blieb in der Tür stehen.

„By yon bonnie banks and by yon bonnie braes
Where the sun shines on Loch Lomond
Where me and my true love spent many happy days
On the bonnie bonnie banks of Loch Lomond

O ye'll tak' the high road and I'll tak' the low road,
An' I'll be in Scotland afore ye;
But me and me true love will never meet again
On the bonnie, bonnie banks o' Loch Lomon'.

'Twas there that we parted in yon shady glen,
On the steep, steep side o' Ben Lomon',
Where in purple hue the Highland hills we view,
An' the moon comin' out in the gloamin'.

O ye'll tak' the high road and I'll tak' the low road,
An' I'll be in Scotland afore ye;
But me and me true love will never meet again
On the bonnie, bonnie banks o' Loch Lomon'

The wee birdies sing and the wild flow'rs spring,
And in sunshine the waters are sleepin';
But the broken heart it kens nae second spring again,
Tho' the waefu' may cease frae their greetin'.“



Alistair brachte das Lied mit Tränen in den Augen zu Ende. Leise klang der Dudelsack nach. Während der ältere Schotte nun den Kopf senkte, legte der jüngere den Finger auf die Lippen. Signalisierte so Jessica, dass sie sich nicht bemerkbar machten sollte. Gordon und Cody saßen wieder bei Alistair.
„Papa warum weinst du jetzt? Ist das Lied so traurig?“ Wollte Gordon wissen und drückte seinen neuen Kuschelwolf an sich. Sein Vater strich ihm über den weißblonden Kopf.
„Ja mein Kleiner, das Lied ist traurig!“ Bestätigte ihm Alistair dann.
„Onkel Rick singt auch traurige Lieder, aber er weint nicht, so wie du, Papa.“ Stellte Cody fest und kuschelte sich an ihn, er schob ihn jedoch sanft von sich. Kam schwankend auf die Beine. Er achtete weder auf Dorian noch auf die beiden kleinen Zwillinge, als er, sich an der Wand abstützend, ins Badezimmer ging. Leise fluchend musste Alistair feststellen, dass sein Bruder die Tabletten aus dem Schrank genommen hatte. Er ließ sich auf den Boden sinken, vergrub das Gesicht in den Händen, riss sich dann die silberne Spange aus den Haaren und schiss sie in verzweifelter Wut auf die Fliesen. Direkt vor die Füße seines Bruders. Dorian hob sie auf, legte die Spange auf das Waschbecken, dann zog er Alistair in die Höhe, führte ihn zurück in den Wohnraum. Jessica hatte ihre Söhne mit in ihre Hütte genommen. Der Ältere gab seinen Gefühlen nun doch ganz nach. Zitternd und richtig weinend sank er in Dorians Armen auf eines der Betten, legte den Kopf auf dessen Schulter.
„Ich schaff das nicht ohne Beruhigungsmittel!“ Brach es aus ihm heraus, eine Hand schob sich jetzt sanft unter sein Kinn, zwang ihn in die türkisblauen Augen zu sehen.
„Doch du schaffst es Alistair! Du machst doch schon Fortschritte, in dem du vor mir nicht mehr versuchst dich zu verstecken. Weist du, ich halt lieber meinen heulenden großen Bruder in den Armen, als in dessen gefühllosen und von Medikamenten trüben Augen zu sehen! Ich hab versprochen, dass ich dir helfe, also tu ich es auch!“ Mit dem Daumen wischte er ihm eine Träne von der Wange. „Ich denke sie haben nichts dagegen, wenn wir heute nicht zum Mittagessen erscheinen.“ Alistair nickte an Dorians Schulter, er zitterte immer noch, so dass sein Bruder sich langsam mit ihm auf das Bett legte. Der Jüngere behielt behielt den Älteren in den Armen, dieser suchte zum ersten Mal in seinem Leben nun wirklich Schutz bei ihm. Vergrub dabei den Kopf an der starken Brust des Bruders. Eine ganze Weile verging in der Alistair einfach nur weinte. Diesmal trat das ein, was ihm Ville schon vor einiger Zeit gesagt hatte, die Tränen und Dorians Liebe zu ihm, reinigten etwas seine kaputte Seele. Er fühlte die Geborgenheit, die von diesem ausging, spürte die Hand seines Bruders, die sanft über seinen Arm strich. Jessicas Liebe zu ihm, hatte er sich selbst zerstört, doch Dorians Bruderliebe hielt nun schon Jahrhunderte stand. Fast lautlos öffnete Corey die Tür, stellte das Tablett mit dem Mittagessen auf dem Tisch ab. Der Ire lächelte, als er sah, dass der Soldat in Dorians Armen lag. Denn das war es, was sich dieser wünschte, sein Bruder sollte sich ihm endlich ganz öffnen.
„Ich hab schon in der Hochzeitsnacht begonnen Jessy zu verletzen!“ Bemerkte Alistair irgendwann leise, stand auf und drehte sich am Fenster eine Zigarette. Dorian musterte den Rücken seines Bruders, die gebeugten Schultern über die die weißblonden Haare fielen.
„Du musst mir das nicht erzählen Alistair!“ Sagte er, der den Schmerz in der gebeugten Haltung seines Bruders sah.
„Doch Dorian! Ville du brauchst nicht vor der Tür zu lauschen, komm ruhig rein und bring Gavin auch mit!“ Bemerkte der Schotte jetzt. Mit schuldbewusster Mine traten die beiden Schattenkrieger ein. Nahmen, auf seine Geste hin, am Tisch platz. Dorian setzte sich ebenfalls, schob dabei das Tablett zur Seite. Der Älteste grenzte sich von den drei Männern ab, in dem er vor dem Fenster stehen blieb.
„Jessy wollte nach der Hochzeitsfeier einfach nur noch schlafen. Ich hab es nicht akzeptiert, wollte, was man in einer Hochzeitsnacht so macht. Als sich Jessy dagegen wehrte, hab ich sie in die Kissen gedrückt, ihr den Mund zugehalten und sie brutal genommen. Nicht einmal an die kleinen Wesen in ihr habe ich damals gedacht! Jessy hat die halbe Nacht geweint, sie schlief damals sogar auf dem Boden. Gegen Morgen hab ich meine junge Ehefrau ins Bett gelegt, ihr hoch und heilig versprochen so etwas nie wieder zu tun!“ Alistair setzte sich mit dem Rücken zu seinen Zuhörern auf Dorians Bett. „Nie wieder waren genau drei Wochen. Dann geschah es, als wir alleine auf der Jagd waren. Jessy wollte wieder nicht so, wie ich es wollte. Ich hab sie im Wald genommen, weit entfernt von allen Anderen, so brutal, dass sie nachher blaue Flecken an den Beinen hatte! Schon damals wollte sie gehen, ich hab sie geschlagen, sie so erniedrigt, dass sie bei mir blieb. Ihr einfach jeden Kontakt verboten, damit sie mich nicht verriet. Jessy glaubte daran, dass ich mich vielleicht ändern würde, wenn Gordon und Cody auf der Welt waren. Ich hab mich wirklich riesig gefreut, dass die beiden kleinen Rabauken gesund und munter geboren wurden. Zwei Tag lang hielt das Glück, dann versuchte Jessy mitten in der Nacht sich doch jemanden anzuvertrauen. Ich hab sie auf dem Weg zu deiner Hütte erwischt Ville, sie zurückgebracht und ihr eine Ohrfeige gegeben. Jessy ist eine starke Frau, denn in der Nacht bevor die neuen Krieger kamen versuchte sie es noch einmal. Wieder erwischte ich sie dabei, diesmal hab ich nicht nur geschlagen, sondern sie vor den Kindern vergewaltigt, ihr gedroht, dass ich mit den Zwillingen abhaue, wenn sie mir nicht gehorcht. Dann kamen die neuen Krieger, fremde Männer, die meine Frau ansahen! Ich war bereits geladen, als ich mit Dorian und Corey auf die Jagd ging. Dann kam ich zurück und sah, dass Jessy mit Rea am Tisch saß. Ich hatte die beiden schon vorher belauscht, gehört, dass ihr Rea von seiner gescheiterten Ehe erzählte, davon, dass MacNamaras behauptet hat, Vampire könnten keine Kinder zur Welt bringen. Rea hatte ihr gerade erzählt, dass man seine Frau zur Abtreibung gezwungen habe und dadurch die Ehe gescheitert sei. Ich hätte wissen müssen, dass Jessy ihn nur trösten wollte, doch stattdessen schmiss ich den armen Rea grob aus unserer Hütte. Hätte Jessica mich diesmal nicht rausgeschmissen, dann wäre es sicher noch schlimmer gekommen!“ Alistair wischte sich sichtbar für die anderen drei Männer Tränen aus dem Gesicht. Dorian wollte aufstehen, seinen Bruder trösten, doch Ville hielt ihn zurück.
„Was meinst du mit noch schlimmer gekommen, Alistair?“ Wollte er wissen, hielt gleichzeitig Dorian den Mund zu.
„Ich war nah dran, Jessy zu vergewaltigen, bis sie ohnmächtig ist. Dann hätte ich Gordon und Cody genommen und wäre mit ihnen abgehauen! Alleine dass Jessy diesmal den Mut hatte, mich aus der Hütte zu schmeißen, verhinderte schlimmeres! Immer noch sehe ich die Bilder, wenn ich ihr ins Gesicht schaue. Ihr Gesicht von bitteren Tränen verschmiert, wie sie auf dem Waldboden liegt und zittert. Zittert vor Angst vor mir, vor Angst vor dem Mann, den sie einmal liebte! Ich sehe mich selbst, wie ich sie schlage! Ich sehe das Monster in mir, welches sich so sehr nach Wärme sehnt!“ Gestand Alistair, mit zitternder Stimme. Was Ville dann tat, erschreckte selbst Gavin. Er stand auf, ging zu dem Schotten und blieb vor diesem stehen. Lange Zeit betrachtete der Finne ihn nur, dann griff er nach Alistairs Handgelenken, drückt ihn mit dem Rücken auf das Bett. Ville wusste, dass der Vampir noch immer schwach war, sonst hätte er es nicht geschafft ihn zu überwältigen. Er kniete sich über ihn, sah diesem weiterhin in die Augen.
„Wie fühlt es sich an, wehrlos zu sein? Wie fühlt es sich an jemandem ausgeliefert zu sein? Was fühlt ein schmutziger Vergewaltiger wie du es bist, Alistair McDonald, wenn er am Boden liegt?“ Wollte er gefühlskalt wissen, hob kurz den Blick, als Dorian aufstehen wollte. „Nein Dorian, du bleibst wo du bist!“ Befahl er kalt, jetzt wollte Alistair sprechen. „Und du dreckiges Arschloch hältst deine Schnauze! Denn ich sage dir jetzt, was ich gerade fühle! Verachtung, Wut und unbändigen Hass, auf dich! Du kannst von Glück reden, dass wir jetzt nicht alleine sind Alistair McDonald, denn sonst würde ich dir meinen Dolch an die Kehle drücken. Du würdest deine Kinder nie wieder sehen! Du würdest heute nicht einmal mehr die Sonne untergehen sehen! Denn ein Vergewaltiger ist es nicht wehrt zu leben! Du hast nicht einmal den Funken von Gefühlen!“ Ville blickte mit schwarzen Augen auf Alistair hinab, sah wie sich dieser mit den Fängen tief in die Unterlippe biss. „Ich bin nicht der Einzige hier, der dich abgrundtief hasst McDonald. Nein auch die O´ Harras, ...“
„Bitte hör auf Ville, hör auf!“ Flehte der Schotte nun schluchzend, der Finne schaute weiterhin auf ihn hinab, hasserfüllte schwarze Augen. Gavin hielt Dorian längst mit seiner Schattenmagie zurück, dem jüngeren McDonald-Bruder liefen Tränen über die Wange. Dann begann Alistairs mühsam aufrecht erhaltene Fassung zu bröckeln, er schluchzte laut und voller unbändigem Schmerz auf. Villes Augen nahmen in Sekundenbruchteilen ihr natürliches hellblau wieder an. Er hatte erreicht, was er wollte und die Gefühlsmauer des Schotten niedergerissen. Er hatte keine Kontrolle mehr über sich. Zum ersten Mal in seinem langen Leben war er in diesem Moment wirklich machtlos. Ville legte den zitternden Highlander ganzaufs Bett. Bettete dann dessen Kopf auf seinem Schoss. Gavin entließ nun Dorian aus seinem Bann und ging, er würde später seinen Freund bei Kilian entschuldigen. Da sich Alistair ohne Beruhigungsmittel nicht so schnell erholen würde.
„Leg dich hinter ihn Dorian, damit er deine Nähe spürt!“ Flüsterte Ville. Der jüngere Schotte tat was man ihm sagte, legte die Arme um Alistair.
„Hast du das eben wirklich ernst gemeint?“ Fragte er vorsichtig in den Gedanken des Finnen.
„Nein, ich hab nicht ein Wort ernst gemeint, Dorian! Ich wollte Alistair nur ganz brechen! Er sollte sich in seinen Gefühlen verlieren! Gib mal acht, wenn er sich irgendwann beruhigt hat, geht es ihm um einiges besser!“ Beruhigte Ville den Schotten. Alistair zitterte und schluchzte weiter in den Armen seines Bruders, drückte sich gegen Dorians warmen und starken Körper. Nach einer Weile tat Ville noch etwas, dass Dorian nicht von ihm erwartete. Er zog die Beine unter Alistairs Kopf fort, stand auf und verwandelte sich in den wunderschönen weißen Wolf. Von dem er wusste, dass ihn der Highlander besonders mochte. Das Tier schmiegte sich von vorne an den Vampir, der den Kopf nun in dessen Fell verbarg.


Kapitel 9



Chris-Angel lief nervös mit dem Handy in der Hand durch seine Hütte. Seit einer halben Stunde versuchte er für Kilian wieder einen Account auf dem Yard-Server zu bekommen. Doch egal wo er es versuchte, ein ausgeschiedener Agent bekam keinen Zugang mehr für den Server, zumal Kilian O´ Harra von Seiten der Scottland Yard gekündigt worden war. Mittlerweile waren auch die Accounts gesperrt worden, die Kim genutzt hatte, da die beiden Männer entlassen worden waren. Jetzt blieb Chris-Angel nur noch die Möglichkeit bei seinem eigenen Vorgesetzten um eine Freischaltung zu bitten. Den dem SBS war es durchaus möglich so etwas zu erwirken. Fluchend schmiss er sein Handy auf sein Bett, setzte sich wieder vor seinen Laptop und schrieb eine E-Mail an seinen Vorgesetzten. Danach widmete sich Chris-Angel wieder den Männern und der Frau, die im Dorf lebten. Kim hatte ihm, ohne weitere Fragen zu stellen, die Yard-Akten überlassen, die er schon vor längerem ausgedruckt hatte. So dass sich Chris-Angel diese auch ohne den Zugang anschauen konnte. Camerons Akte hielt ihn gefangen, sie las sich wie ein Kriminalroman. Der dubh aingeal wäre sicher ein gefürchteter Soldat geworden. Cameron schien mit sämtlichen Schusswaffen umgehen zu können. Doch Chris-Angel wusste, dass hinter dem kalten und unbe-rechenbaren Killer, ein liebevoller und herzlicher Halbling steckte. Kims Akte las sich da eher wie ein Liebesroman. Der falsche Sohn John Millers schien nicht einmal einen Bleistift geklaut zu haben. Er schrieb sich die wichtigsten Dinge auf. So entstanden zu jedem Dorfbewohner langsam seine ganz eigene Akte. Irgendwann gegen Abend schaute Chris-Angel noch einmal seine E-Mails nach, bevor er zum Essen ging. Die E-Mail seines Vorgesetzten las er dreimal bevor er sie richtig verstand.

Sehr geehrter Commodore Bailey,
als Erstes möchte ich Ihnen im Namen der Royal Navy zu Ihrer gelungenen Beförderung gratulieren. Sie erhalten Ihre Abzeichen und Dokumente in Kürze per Eilpost.
Bezüglich Ihres Anliegens werde ich mich schnellst möglich mit den zuständigen Mitarbeitern der Scottland-Yard in Verbindung setzten und Ihnen das Ergebnis mitteilen.
Für Ihre Mission wünsche ich Ihnen weiterhin viel Erfolg.
Mit freundlichen Grüßen aus der Heimat
SBS Admiral Sinclaire


Tristan trat ohne zu Klopfen ein. Er sah in das blasse Gesicht seines Halbbruder der auf den Monitor des Laptops starrte. Dann ganz plötzlich bekamen Chris-Angel Augen einen glücklichen Glanz.
„Alles in Ordnung, Angel?“ Wollte er wissen, da er die Reaktion nicht verstand. Chris-Angel sah ihn nun endlich an.
„Lies dir bitte die E-Mail durch, der erste Absatz reicht und dann zwick mich!“ Bat er noch immer etwas überrascht. Tristan las, zwickte ihn jedoch nicht, sonder umarmte seinen Halbbruder.
„Du bist befördert worden, Angel. Oh Mann, jetzt müssen dich alle Soldaten hier mit Sir ansprechen!“ Freute er sich sichtlich.
„Bitte nicht, es reicht wenn ein vierzigjähriger Soldat vor mir steht und mich so auf meiner Fregatte anspricht. Hier ist weder das Meer noch die Royal Navy, geschweige denn, dass ich überhaupt eine Uniform trage! Wie hört sich das überhaupt an. Ja Halbbruder Commodore Angel Sir!“ Jetzt pustete Tristan los, Chris-Angel musste selbst über sich lachen, weil er salutierend vor ihm stand.
„Begleiten Sie mich zum Abendessen, Commodore Sir!“ Witzelte nun Tristan und wurde prompt von Chris-Angel aus der Hütte gejagt. Die beiden begannen eine Schneeballschlacht, während sie zur Gemeinschaftshütte gingen. Irgendwann tobte ein wahrer Krieg, denn Ryan und Aidan verbündeten sich mit dem ehemaligen Royal Welsch Offizier. Diejenigen die vor der Gemeinschaftshütte rauchten lachten. Es war Chris-Angel selbst, der sich zu helfen wusste.
„Stillgestanden Soldaten!“ Schrie er die drei Offiziere militärisch streng an.
„Captain, Sir!“ Antworteten Ryan und Aidan gleichzeitig salutierend.
„Commodore, Sir!“ Kam es von Tristan, den nun alle ansahen. „Ja Leute es gibt was zu feiern, mein Bruder ist befördert worden!“ Erklärte er jetzt stolz.
„Wir feiern, wenn es Alistair wieder besser geht!“ Bemerkte Chris-Angel ruhig. Er nickte nur, folgte den anderen Schattenkrieger nach drinnen. Jemand stieß den Soldaten in seinen Gedanken an. Es waren warme Gedanken, die nur einem sehr starken Krieger gehören konnten. Deans Blick streifte kurz den seinen, er ließ den Krieger des Lichts ein.
„Wenn du mit ihnen beten möchtest, dann tu es Angel!“ Meinte er.
„Nein, noch soll nur wenige wissen wer ich bin, Deaglan! Du hast mich doch erkannt, oder?“ Fragte Chris-Angel ohne Wut. Dean entschuldigte sie beide für das Abendessen, er erfand einen glaubwürdigen Vorwand, um mit dem Schattenkrieger alleine reden zu können. Die beiden Männer gingen in die Hütte des Lichtkrieger, wo dieser ihnen erst einmal einen Whiskey einschenkte.
„Schon als du herkamst, hab ich es geahnt. Der Highlord hat einmal angedeutet, dass ich nicht sein allerbester Lordkrieger bin, dass es einen gibt, der noch stärker ist. Corey und Duncan glauben, dass Kilian bei dem Gericht die Kerzen auslöschte. Aber ich habe die stärkere Macht gespürt, nicht nur die eines Schattenkriegers, sondern die starke Macht eines Todeskriegers. Das ist nicht alles Angel, da gibt es etwas, über das ich niemals gesprochen habe. In der Nacht, in der Brendan die Lordschaft auflöste, ich besaß kaum die Kraft ihn aufzufangen. Doch da war ein Anderer. Jemand der mir im Verborgenen Kraft gab, mich schützte. Genauso als uns der wahre Sohn Millers auf dem Flug hierher angriff und noch einige Male danach, in Situationen in denen ich den Kopf zu verlieren drohte!“ Erklärte Dean, ihm war es egal, dass er sich selbst als schwach hinstellte. Chris-Angel musterte ihn offen und mit einem warmen und freundlichen Blick.
„Als mich unser Highlord zum Lordkrieger der Todeskrieger berief, ließ er mich schwören, dass ich die Hand über ihn und dich halte. Er sagte mir, dass du die Zukunft der Krieger bist und dass ich derjenige sein werde, der die wahren Krieger beschützen wird. Er wusste, dass ich für den SBS arbeite und bereits einige Krieger schützte. Ja schon damals wäre ich für Tristan und Ryan durchs Feuer gegangen. Dean, ich möchte auch weiterhin euer unsichtbares Schutzschild sein, es braucht nicht jeder zu wissen, wer Chris-Angel Bailey-Kaufmann wirklich ist!“
„Kilian weis wer du bist, oder?“ Er nickte. „Dann hat er dir auch sein Schweigen gegeben und somit hast du meines ebenso!“ Dean zog seinen Dolch aus der Scheide, Chris-Angel nahm ihn ihm aus der Hand, denn er las wiedereinmal unbemerkt die Gedanken eines Anderen.
„Mo chuid fola do ghaiscíoch an tsolais agus scáth! Mein Blut für den Krieger des Lichts und des Schattens!“ Schwor er und schnitt sich dabei in die linke Handfläche.
„Agus mo chuid fola do ghaiscíoch Tiarna dílis! Und mein Blut für einen treuen Lordkrieger!“ Vollendete Dean den Schwur. „Egal was ist, Angel, ich werde immer ein offenes Ohr für dich haben, genauso wie Lian!“ Fügte er noch hinzu. „Übrigens Gratulation zu deiner Beförderung Commodore Bailey!“
„Danke Dean! Wenn ich deine Hilfe brauche werde ich mich sicher melden. Auch wenn es unfair ist, ich hab tierischen Hunger!“ Bemerkte Chris-Angel mit einem schiefen Grinsen.
„Ich weis, mac tíre, es ist Vollmond!“ Gab Dean lachend zurück. „Dann lass uns jetzt essen gehen!“ Die Antwort war ein raues Knurren.
Jessica stritt mit ihren Brüdern, sie wollte Alistair das Abendessen bringen, weil Tristan mit einigen Anderen noch trainieren wollte. Sean hielt sich bei diesem Streit zurück, denn hier kämpften eindeutig nicht nur Schattenkrieger sondern auch Dragon gegeneinander. Ihm fiel auch auf, dass Kilian ebenso schwieg, sicher wusste der Krieger der Schatten mal wieder mehr, als seine Geschwister. Schließlich schlug Kilian mit der Faust auf den Tisch, sofort herrschte Stille. Er erklärte Jessica ruhig, dass es nicht gut für Alistair sei, wenn sie ihm das Essen brachte. Bestimmte kurzerhand, dass Kiran den drei Kriegern in der Hütte der McDonald-Brüder ihr Essen bringen sollte. Wütend nahm Jessica daraufhin ihre Söhne und verschwand. Der Krieger der Schatten folgte nun seiner Schwester, während Kiran sich mit dem Tablett in den Händen auf den Weg zu Dorian, Alistair und Ville machte. Unterwegs ließ ihn Kilian einige Bilder sehen, damit er sich auf den Zustand des Schotten vorbereiten konnte. Leise klopfte er schließlich an die Hüttentür, es war Dorian, der ihn herein bat. Ville stand am Fenster und rauchte, Alistair lag noch immer auf dem Bett. Man sah ihm deutlich an, dass er lange Zeit geweint hatte. Die eisblauen Augen wirkten immer noch leer und waren gerötet, trotzdem setzte sich der Vampir mit der Hilfe seines Bruder auf. Dieser wirkte müde, jedoch etwas gelöster, wie die letzten Tage. Die türkisfarbenen Augen hatten ihren Glanz wiedergefunden. Doch Alistairs Anblick schmerzte Kiran auf eine besondere Weise, auch wenn er zuvor Hass für den Mann empfunden hatte, der seine Schwester verletzte. Während sich jetzt Ville und Dorian an den Tisch setzten, um dort zu essen, versuchte Alistair verzweifelt seinen Tee zu trinken. Kiran sah, wie schwach der Schotte war, wortlos nahm er ihm die Tasse aus den stark zitternden Händen. Legte ihm vorsichtig einen Arm um die Schultern und die Tasse an die Lippen. Die eisblauen Augen wanderten zu seiner Kehle, wo man die pochende Ader gut sehen konnte, da er die Haare zu einem Zopf geflochten hatte. Schweigend stellte Kiran die Tasse auf den Nachttisch, zog seine Lederjacke aus, sie landete neben ihm auf dem Bett. Dann beugte sich der Schattenkrieger so weit vor, dass Alistair ohne große Anstrengung seine Kehle erreichte. Zuerst zögerte der Schotte, doch dann bohrten sich die Fänge behutsam in Kirans Kehle. Er zog den jüngeren Iren sanft an sich, während er trank. dieser ließ ihn so lange trinken, bis er sich von ihm löste, die Wunde versiegelte und aufsah. In den eisblauen Augen lag eine unendliche Dankbarkeit, die ihn wirklich berührte. Erst jetzt bemerkte er auch, dass ihn Ville und Dorian beobachteten. Er machte nicht nur einmal seiner Wut auf Alistair vor den Anderen Luft, so dass er die Blicke der Beiden durchaus verstand. Wiederum war der Jüngste der Drillinge von Natur aus eine hilfsbereite Person. Als habe er nichts bemerkt, hielt Kiran Alistair wieder die Teetasse an die Lippen. Dieser legte nun die Hand über die des Jüngeren. Immer noch stand Dankbarkeit in seinen Augen, denn auch Alistair hatte den Hass gespürt, den der Schattenkrieger und Dragon empfand. Er fragte sich, warum Kiran seine Meinung so schnell änderte, oder ob er nun nur freundlich war, weil es ihm schlecht ging. In den dunkelblauen Augen konnte er nicht sehr viel lesen. Nur, dass ihr Besitzer das was er tat, wirklich ehrlich meinte. Dorian und Ville gingen zum Rauchen vor die Hütte, ließen Kiran und Alistair alleine.
„Warum machst du das Kiran, warum lässt du mich von dir trinken?“ Wollte der Schotte nach einer Weile wissen.
„Du brauchtest das Blut!“ Bemerkte er nichtssagend, Alistair sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Céllí Mór Highlander, du bist der Vater meiner Neffen und Jessica hat dich wirklich einmal geliebt. Auch wenn es nicht so sehr war wie jetzt bei Tristan. Ich war vielleicht etwas zu hart mit meiner Einschätzung über dich. Aber nur weil du vor einiger Zeit ein Arschloch warst, heißt es nicht, dass du es immer noch bist. Ich sehe doch, wie sehr du jetzt leidest!“ Kiran senkte etwas den Kopf.
„Du tust es nur für Jessy und die Zwillinge?“ Hakte Alistair nach, der Schattenkrieger sah auf die Bettdecke vor sich.
„Ich tue es, weil ich es so will! Muss ich einen Grund haben um zu helfen? Dann kann ich es auch das nächste Mal sein lassen!“ Jetzt funkelten die dunkelblauen Augen doch angriffslustig, der Schotte vor Kiran schwieg. „Okay, ich hab dich oft genug spüren lassen, dass mir die Sache mit Jessy gegen den Strich geht. Aber weist du warum, weil ich vor Jahren geschworen habe, meine Geschwister zu schützen, deswegen. Dein Bruder Dorian hat Blutrache geschworen, als du und Tristan angegriffen wurden. Genauso hab ich damals Blutrache geschworen, als mir Sean erzählte, dass Lian versucht hat sich umzubringen! Weist du Alistair, du bist Lian so ähnlich, dich hält Dorian am Leben. Lian hielt ich damals am Leben, weil er sich so sehr wünscht, dass er mich einmal wiedersehen würde! Was wünschst du dir von deinem Bruder?“ Wollte Kiran jetzt wissen, Alistair senkte den Kopf etwas tiefer. So sah er nicht, dass Dorian zurückkam.
„Ich hab in den letzten Stunden bekommen, was ich mir wünschte, Kiran. Dorians Nähe und die Geborgenheit eines Bruders! Genauso das Vertrauen eines wahren Freundes. Nicht einmal Corey konnte mich so treffen, wie es Ville getan hat! Ich hab noch nie in meinem Leben so geheult!“ Gestand Alistair kleinlaut. „Aber ehrlich Kiran, es tat gut! Ich fühle mich irgendwie besser.“ er griff nach der Hand des Schattenkrieger drückte sie leicht.
„Jessy hat dir verziehen, was du getan hast, Alistair! Was mich angeht, sollst du wissen, dass ich einfach nur Angst habe, um meine Geschwister. Ich streite auch mit Lian, wenn er mal zu viel trinkt oder kifft!“ Erklärte jetzt Kiran ruhig und ehrlich. „Ich lass dich mal wieder mit Dorian alleine. Es wäre schön euch beide morgen beim Ritual zu sehen. Slán Highlander!“ Er drückte noch einmal Alistairs Hand, klopfte Dorian im Vorbeigehen auf die Schulter. Nachdenklich ging Kiran schließlich zurück zu seiner eigenen Hütte und Kilian, der mit einem Buch auf dem Bett lag und las. Er ließ das Buch sinken, als sein Zwilling eintrat, schaute perplex zu, wie sich dieser eine Zigarette von seinen Rauchkräuter drehte. Aufgewühlt und schnell zogen Kirans Gedanken an ihm vorbei. Doch bevor Kilian ihn fragen konnte, öffnete Ville nach einem kurzen Klopfen die Hüttentür. Eine tiefe Nachdenklichkeit lag in den himmelblauen Augen.
„Mo Thiarna, darf ich offen sein?“ Wollte er wissen, Kilian nickte. „Alistair geht es mehr als schlecht! Ich weis nicht, aber ich glaube, er wird manipuliert, aus welchem Grund auch immer!“ Er sah zu Kiran, der am Tisch saß und rauchte. Der Duft der Rauchkräuter lag in der Luft.
„Also hab ich es nicht alleine gespürt!“ Brach es aus diesem heraus. „Lian es ist auf keinen Fall jemand von uns hier. Du solltest mit …“Kiran brach seinen Satz ab, denn er durfte es ja eigentlich nicht wissen.
„Ich sollte was, Kiran?“ Kam es von Kilian, der seinen Zwilling fragend musterte. Dieser hielt dem Blick stand.
„Dem stärksten Todeskrieger reden!“ Vollendete er seinen Satz, ohne einen Namen vor Ville genannt zu haben. Sollte sich der Finne seinen Teil denken! Die meisten hielten sowieso Kevin oder Colin für die Stärksten.
„Warum das, Kiran?“ Stellte sich Kilian jetzt dumm.
„Weil er so tief in Alistairs Gedanken kommt, dass er vielleicht herausfinden kann, wer ihn manipuliert!“ Kiran spielte an seiner Halskette, Ville verabschiedete sich wieder von ihnen. Er spürte den Krieger in seinen Gedanken, der ihm sanft befahl, noch eine Weile zu schweigen. Der Krieger, der auch damals da war, als sein Lordkrieger zu den Göttern ging. Er hatte niemals über den Mann gesprochen, der die ersten Stunden danach bei ihm saß, den verzweifelten jungen Schattenkrieger tröstete.
„Colin kommt noch nicht einmal richtig in meine Gedanken, geschweige denn, dass es Corey oder Kevin könnten!“ Stellte Kilian jetzt fest, Kiran begann sich einen Tee zu kochen, antwortete nicht direkt auf die Feststellung.
„Sie sind auch nicht die stärksten Todeskrieger, du weist selbst, von wem ich spreche mo Thiarna!“ Bei der förmlichen Anrede stand sein Zwilling auf, hielt ihn an den Schultern fest. „Er war da, als ich mit meinem Schmerz über den Tod meines Lordkriegers alleine war. Lian er hat mich in die Arme genommen, als ich dort am Teich saß und nur noch weinen konnte. Ich denke, dass er es war, der Jimmy wissen ließ, wo ich bin. Er war danach auch noch da, aber ich hab ihn nicht mehr gespürt bis ...“ Wieder stockte Kiran, spürte den sanften Hauch, der durch seine Gedanken ging. „... bis ich vor ein paar Tagen wieder getrunken habe. Nach dem Streit, den wir beide wegen Alistair hatten.“ Kilian nahm ihn zu seiner Überraschung schweigend in die Arme. Chris-Angel ließ diesen wissen, dass er alles in seiner eigenen Hütte vorbereiten würde.
In einer anderen Hütte kämpfte Kim mit seinen Migräne. Alle Versuche von Lior, ihm etwas gegen die Schmerzen zu geben, verliefen im Nichts. ihm rannen bereits Tränen über die Wangen, Duncan hielt ihn fest, während er das Abendessen erbrach. Kevin stand neben seinen Brüdern, sah schon eine ganze Weile alleine Duncan in die grauen Augen. Frank konnte nur machtlos zusehen, wie Kim litt. Dann spürte er die aufflammende und tödliche Magie, die den Raum beherrschte. Die Magie eines einzelnen Todeskriegers, Camerons Macht. Duncan trat wortlos zur Seite, als dieser hinter Kim trat. Langsam entzog er dem grünen Dragon seine Kraft, damit sich dieser nicht gegen ihn wehren konnte. Der Schotte ließ sich in seine Arme sinken. Bis auf Kevin schickte der ehemalige Highlord alle aus der Hütte. Die beiden Todes- und Schattenkrieger brachten Kim in den Hauptraum, legten ihn dort auf sein Bett. Cameron erklärte, etwas traurig, dass er ihm erst noch mehr Schmerz zufügen müsse. Der Dragon griff nach seiner Lederjacke, biss wortlos auf den Ärmel. Kevin wies der Rothaarige an, dass er ihm auf keinen Fall helfen solle, egal was er nun sähe oder fühlte. Für ihn könne ein Eingriff in die Sache böse enden, erklärte er. Der Todeskrieger versprach erst einzuschreiten, wenn es ihm sein Kamerad erlaubte. So drang Cameron in Kims Gedanken ein, er brauchte nicht sehr lange, bis er den Feind spürte, der dem Schotten zusetzte. Schattenmagie traf auf die Magie des Todeskriegers, versuchte ihn mit Bildern aus seiner Vergangenheit zu foltern. Doch dieser dachte nur an eines, seine dunkle Macht und Kims Schmerz, der immer mehr zunahm. Als dieser trotz der Lederjacke, auf die er biss, aufschrie, verlor sich selbst Cameron fast in dem unendlichen Schmerz. Jemand griff nach ihm und Kim, gewährte ihm einen letzten Blick auf den Feind, bevor es in seinen Gedanken schwarz wurde. Wie Colin damals bei James, sah auch er jetzt das Ende nicht. Hörte jedoch Kevins unterdrückten Schrei und wie Kim die angehaltene Luft ausstieß. Jemand fing ihn auf, als Cameron vom Bett zu stürzen drohte. Langsam nur kehrte die Kraft zurück, die er für den Schotten verbraucht hatte. Er spürte eine Hand auf seiner Stirn, die andere auf seinem rasenden Herz. Nur zwei einzelne Worte kamen ihm über die Lippen. Alistair auch! Jemand hob ihn auf, legte ihn auf ein anders Bett, dies alles geschah ohne dass die Hände verschwanden. Zwei Männer sahen sich an, grünbraune Augen blickten in aufgerissene grünblaue. Brendan stand die Angst um seinen Halbbruder ins Gesicht geschrieben, während Chris-Angel äußerlich ruhig wirkte. Colins Gedankenbilder beruhigten den Lordkrieger der Todeskrieger, denn sie zeigten ihm, dass der leicht trübe Schleier aus den eisblauen Augen des Highlanders verschwunden war. Kim schlief mittlerweile erschöpft auf seinem Bett, Kevin war nach draußen gegangen, als Chris-Angel und Brendan kamen. Langsam beruhigte sich auch Cameron wieder, nahm von selbst die Kraft, die ihm der Lordkrieger gab. Brendan strich seinem Bruder die Haare aus dem Gesicht. Bei ihm wich der Schreck und die Angst, machten der Wut auf dessen Selbstlosigkeit Platz. Chris-Angel brauchte nur einen einzelnen Blick, um zu verhindern, dass er seinen Halbbruder schlug.
„Mach ihm keinen Vorwurf, Brendan, wenn dann mach sie mir!“ Flüsterte der Marine kaum hörbar. Der Halbling sah ihn fragend und etwas erstaunt an, schwieg jedoch, da Cameron langsam zu sich kam. Sein erster Blick ging zu Kim, der tief und fest schlief, dann erst fand er die beiden Männer auf seinem Bett. Seinen Halbbruder mit dem Ausdruck im Gesicht, den er auch bei seinem Zusammenbruch am See hatte und Chris-Angel, der einfach nur zufrieden wirkte. Brendan murmelte einen Fluch funkelte einen kurzen Moment Cameron an, dann verließ er die Hütte der McLouds. Lange blieben die Beiden jedoch nicht alleine, denn kaum war er draußen, erschien Duncan in seiner Hütte. Der Todeskrieger senkte den Kopf vor Chris-Angel und Cameron. Rote Tränen brannten ihm dabei in den Augen, denn er und Kevin hatten gespürt, wie knapp es scheinbar dem Rothaarigen gelungen war, Kim und Alistair zu retten. Der Marine schien nur mit Brendan gekommen zu sein, weil dieser nicht alleine gehen wollte.
„Danke Cam, du hast Kim geholfen!“ Bemerkte Duncan gerührt, Chris-Angel drückte leicht Camerons Hand, dieser schien zu verstehen.
„Ich hab getan, was ich konnte, Duncan! Hauptsache den beiden Highlander geht es jetzt wieder besser. Kim und Alistair bedeuten mir nämlich einiges!“ Erwiderte Cameron und bedankte sich in Gedanken bei Chris-Angel. „Ich würde jetzt gerne in meine Hütte gehen und auch schlafen, war ziemlich anstrengend.“ Fügte er hinzu. Duncan nickte nur noch, der Soldat half ihm aufzustehen und begleitete ihn anschließend in seine Hütte. Er sah noch kurz nach Alistair, bevor er zu Kilian ging.
Kilian hielt Colin in den Armen, wie damals bei James, weinte der so starke Schatten- und Todeskrieger, fühlte sich erneut als Versager. Schweigend nahm Chris-Angel ihn ebenso in die Arme.
„Du hast nicht versagt, Colin. Nicht jetzt und auch damals nicht! Wir alle sind mal zu schwach, Todeskrieger! Ich hätte auch gerne Lord O´ Gardey geholfen, aber damals konnte ich es nicht. Du wirst immer stärker, glaub mir!“ Tröstete er seinen Todeskrieger, Colin drehte sich in der Umarmung, suchte jetzt die Nähe des Lordkriegers. Kilian ließ den beiden die Zeit, die sein Bruder brauchte, um sich wieder zu beruhigen, er kochte derweil erst einmal Kaffee für sie drei. Kiran würde die Nacht bei Sean verbringen, so dass Colin auch hier schlafen konnte, wenn er es wollte. Als er die Kaffeekanne und eine Flasche Whiskey auf den Tisch stellte, füllt sich sein Bruder als erstes die Tasse halb mit Alkohol, bevor er Kaffee hinein schüttete. Chris-Angel sah ihm dabei zu, sagte jedoch nichts.
„Es war nicht der Schattenkrieger, der den Auftrag gegeben hat, oder?“ Bemerkte Colin nach einer Weile des Schweigens. Der Marine schüttelte den Kopf, schüttete sich nun auch Whiskey in seine Tasse.
„Nein, es war nicht der Schattenkrieger selbst. Es war der falsche Lord O´ Gardey. Er zieht jetzt jedenfalls nicht mehr gegen uns. Was den Schattenkrieger angeht, so werden sich wohl bald zwei Männer ziemlich wundern!“ Ließ Chris-Angel die beiden Anderen wissen.
„Wie meinst du das den jetzt Angel?“ Fragte Kilian nach, der nicht in den Gedanken des Lordkriegers der Todeskrieger lesen konnte. Die Hüttentür wurde geöffnet und zu aller Überraschung war es Alistair der einfach eintrat. Er wirkte noch immer schwach, doch die eisblauen Augen glänzten.
„Verzeiht meine Störung, aber ich möchte mich bei euch bedanken, dafür, dass ihr mir geholfen habt. Angel, dir möchte ich besonders danken, für das was du getan hast! Ich bin bereit mein letztes Geheimnis zu verraten!“ Erklärte der Schotte nun, Kilian und Colin sahen ihn nur überrascht an. Chris-Angel schien mal wieder mehr zu wissen, als sie. Denn er nickte nur. Der Krieger der Schatten stand auf, um dem Schotten eine Tasse zu holen. Alistair nahm derweil neben Chris-Angel Platz.
„Der Vampir, den MacNamaras für seine Forschungszwecke nutzte, war ein Schotte. Nicht ungewöhnlich eigentlich. Sein Name ist Clyde McDonald!“ Alistair nahm einen Schluck von seinem Kaffee. „Wie schon gesagt, der Mann ist Schattenkrieger und ich kenne ihn schon eine Ewigkeit, verlor ihn jedoch vor über dreihundert Jahren völlig aus den Augen. Damals glaubte ich, dass Clyde in einer Schlacht gefallen sei. Das erste Mal spürte ich Clyde wieder kurz nachdem wir dich und Kiran gerettet haben Colin. Er blieb in meinen Gedanken, ist auch weiterhin darin. Ich hab versucht Clyde zu schützen, als ich behauptete, dass die Sache mit Jessy alleine meinem Willen unterlag. Aber im Grunde genommen, war es weder der meine noch Clydes Willen, sondern der Willen des falschen Lord O´ Gardey. Clyde handelte um mich zu schützen und ich um ihn zu schützen! Verzeiht mir!“
„Wer ist dieser Clyde McDonald, dass er dir so viel bedeutet, Alistair?“ Hakte Kilian nach, der die Tränen in den eisblauen Augen sah. „Du hast unter Zwang gehandelt, also sei dir verziehen!“
„Clyde ist mein ...“ Alistair geriet ins Stocken, spürte unter dem Tisch Chris-Angel Hand, die sich auf seinen Oberschenkel legte, ihm Kraft gab. „Clyde ist mein eineiiger Zwilling. Vater gab ihn zu einem Onkel, als wir vier waren und Dorian ein Jahr alt. Er kann sich nicht mehr an Clyde erinnern und mein Vater sprach nicht von ihm. Ich sah ihn auf einem Schlachtfeld wieder, als ich neunzehn war. Wir wussten sofort, dass wir Brüder sind, doch wir sollten niemals den Weg zusammen finden!“ Er wischte sich die Tränen ab, während Kilian nachdenklich in seine Tasse sah. Ein Bild erschien vor seinen Augen, eine Art Vision. Noch bevor die Anderen etwas sagen konnten, sprang er auf, verließ wortlos die Hütte. Einige Minuten später verließ der beste Jeep das Dorf Richtung des kleinen Flughafens. Kilian wusste genau, wo er nach dem Vampir suchen musste. Der seinem Herrn mit Chris-Angels Hilfe entkommen war. Die Indianer würden nur noch die Leiche des Mannes finden, jedoch nicht den zweiten Mann, die sie am Morgen abholen sollten.
Clyde McDonald zog die Leiche so weit in den Wald, wie es der Schnee zuließ. Blut würde es keines mehr geben, denn er hatte sich an dem noch warmen Mensch genüge getan. Zwei Wochen ohne Blut, nur um ihn schwach zu halten und wütend zu machen. Doch der starke Todeskrieger, dessen Namen und Gesicht er noch nicht kannte, hatte den Schotten vor einer Dummheit bewahrt. Clyde blieb in der Dunkelheit, zog sich die Kapuze seines Shirts über die weißblonden Haare. Sah zu, wie die Lichter eines Jeeps durch die Nacht glitten. Der Fahrer schien es eilig zu haben, denn trotz des tiefen Schnees fuhr er nicht gerade langsam. Hielt etwa fünfzig Meter von ihm entfernt auf dem Weg an, schaltete den Motor und das Licht aus. Er spürte den Schattenkrieger, der aus dem Wagen stieg. Eine schwarze Gestalt kam auf ihn zu. Pechschwarze Haare, schwarze Lederkleidung und der Geruch eines Werwolfes lag in der Luft. Ein paar Meter von ihm entfernt blieb der Wolf wieder stehen. Seine Haltung verriet Clyde, dass dieser keine Angst oder Feindschaft empfand, denn die, in schwarze Lederhandschuhe gehüllten, Hände des Mannes blieben außer Reichweite seines Dolches. Der Fremde drehte sich in aller Ruhe eine Zigarette, bevor er die letzten Schritte auf ihn zu machte. Im Schein des Feuerzeugs sah der Schotte in dunkelblaue Augen.
„Du hast immer noch Durst!“ Bemerkte eine rauchige Stimme. „Hier trink, ich hab auf dem Weg hierher gejagt!“ Kilian hielt ihm sein Handgelenk entgegen, dieser näherte sich ihm mit Vorsicht.
„Wer bist du Schattenkrieger und warum willst du mir helfen?“ Fragte nun Clyde, schob dabei seine Kapuze wieder zurück. Kilian sah tatsächlich in Alistairs Gesicht, mit dem kleinen Unterschied, dass die eisblauen Augen einen ganz leichten gräulichen Unterton hatten, der jedoch kaum auffiel.
„Ich bin Kilian O´ Harra, der Krieger der Schatten!“ Stellte er sich vor. „Aber bevor du mich jetzt ansprichst. Ich bin für dich einfach Kilian, okay! Ich helfe dir, weil ich es für richtig halte, meinem Schattenkrieger zu helfen. Außerdem wartet dein Zwillingsbruder auf dich!“
„Alistair?! Ich hab ihn seit Jahrhunderten nicht mehr gesehen. Mo Thiarna, ich bin es nicht ...“ Clyde sah in ein Gesicht, dass nun leicht wütend wirkte.
„Sprech den Satz nicht aus, sondern trink Highlander! Ich möchte zum Frühstück ein glücklichen Alistair sehen und einen überraschten Dorian, also mach schon!“ Die Wut wich einem verschlagenen Grinsen, fast schon zärtlich bohrten sich die Fänge des Schotten in sein Handgelenk. Clyde nahm ein paar kräftige Schlucke und verschloss dann die Wunde. Sein Dank für die Spende war, dass er seinen Schwur vor Kilian abgelegte. Auf der Fahrt zurück ins Reservat erfuhr der Ire mehr über den Schotten, der seit fast fünfundzwanzig Jahren in der Gefangenschaft des Clan MacNamaras gelebt hatte. Er besaß eine sehr starke Persönlichkeit, es war jedoch die Liebe zu Alistair, seinem Zwilling, die ihn trotz allem weiter kämpfen ließ. Tränen flossen, als er über die Sache mit der Gedankenmanipulation sprach. Clyde litt mit seinem Bruder, er hatte sich sogar gewünscht, dass die Todeskrieger ihn in der Nacht richteten, damit sein Bruder leben konnte.
Tristan betrachtete Alistair, der mit Gordon auf dem Schoss in ihrer Hütte saß. Der Schotte war vor einer Stunde gekommen, redete seit dem mit Jessica. Er erzählte ihr von der Gedankenmanipulation und, dass er sie eigentlich nicht verletzten wollte, es jedoch nicht hätte steuern können. Geschockt hörte Jessica zu, drückte dabei Cody an sich. Tristan stand schweigend daneben, wusste nicht was er sagen oder tun sollte. Hier saß eine Familie, die der Krieg zwischen den Krieger und ihren Feinden auseinander gerissen hatte. Hier saß die Frau, die er über alles liebte, mit dem Vater ihrer Kinder. Was wenn Alistair Jessica doch noch zurückerobern konnte? Dann wäre er wieder einsam und alleine, ohne die Liebe dieser Frau. Der Schotte setzte Gordon auf den Boden, erhob sich, als Jessica ins Badezimmer verschwand, um sich frisch zu machen.
„Tristan!“ Langsam wand sich der Deutsche vom Fenster ab. „Ich möchte Jessy nicht zurückgewinnen. Du bist der Mann, den sie über alles liebt, ich war nur eine Affäre und hab sie zufällig geschwängert! Ich liebe meine Söhne Tristan und auch ihre Mutter, aber nicht auf die Art wie du es tust! Wenn es so bleibt, wie es jetzt ist, ich meine Söhne jederzeit sehen kann und euch beiden dadurch ein wenig Zeit für euch schenken kann, dann bin ich glücklich!“
„Danke Alistair! Wirst du weiterhin im Dorf bleiben, wenn der Schnee fort ist?“ Wollte Tristan noch wissen, der sich mittlerweile so sehr an den Schotten als Freund gewöhnt hatte.
„Ich werde bleiben Tris. Denn in den letzten Monaten hab ich gemerkt, dass mein Platz doch nicht in der Einsamkeit ist. Ich gehöre zu euch, zu den Kriegern hier. Außerdem möchte ich die Stunden mit dir nicht mehr missen. Du hast mir gezeigt, wie wichtig gute Freunde sind. Du, Dorian und Corey waren immer da, wenn es mir richtig schlecht ging. Außerdem bewundere ich dich, du hast den Mut besessen mich in einer Zeit zu verteidigen, in der selbst Kilian ein wenig Hass empfand, danke!“ Meinte Alistair ehrlich, Tristan lächelte, nahm Cody auf den Arm, der an seiner Hose zerrte. Alistair nahm wieder Gordon auf den Arm, Jessica strahlte, als sie das Bild sah. Zu fünft gingen sie schließlich zum Morgenritual, wobei Alistair Gordon diesmal bei sich behielt. Cody blieb nicht lange bei Tristan und Jessica im Schatten, sondern kuschelte sich irgendwann an seinen Onkel Dorian. Der Deutsche legte den Arm um seine Liebste, sah zu Chris-Angel, der in der Nähe der Tür lehnte, dort wo eigentlich Kilians Platz war. Dieser fehlte jedoch noch.
Clyde lag im warmen Wasser des Badehauses und wartete darauf, dass ihm Kilian frische Wäsche brachte. Nicht einmal ein einziges Kleidungsstück besaß er noch. Als MacNamaras nicht zurückkehrte hatte der falsche Lord O´ Gardey ihn abgeholt. Wochen lang saß er dann dessen Herrenhaus im Keller, bekam nur das Nötigste an Blut und sonstigem Essen. Einmal die Woche durfte er unter Aufsicht duschen. Vorher bekam der Vampir eine Spritze mit flüssigem Silber, damit er geschwächt war. Als sie her kamen, hatte sein Peiniger nicht einmal frische Kleidungsstücke für ihn mitgenommen. Einige Einstiche von den Silberspritzen sah man auch noch auf seinen Armen, genauso wie die Verbrennungen, die die Nieten der Silberfesseln hinterlassen hatten, um seine Handgelenke. Schritte rissen Clyde aus seinen Gedanken, die er automatisch nun wieder verschleierte. Er zuckte zusammen, als Kilian ihm die Hand auf die Schulter legte. Dankbar nahm der Schotte die Kleidung an, ließ sich still von ihm die Handgelenke mit Salbe und Verbänden verarzten. Auch als der Krieger der Schatten ihm die langen und verfilzten Haare auskämmte, schwieg Clyde, schon fast ängstlich. Kilian tat der Schattenkrieger in diesem Moment unendlich leid. Von allen Kriegern die in der letzten Zeit her gefunden hatten, war dieser der armseligste. Nicht einmal ein Messer oder gar seine Spange besaß der Schattenkrieger, nur seinen Glauben. Er flocht die fast hüftlangen weißblonden Haare zu einem ordentlichen Zopf, band das Ende mit einem Haargummi zusammen, in den Anfang schob er seine alte Silberspange, die er immer noch aufbewahrte. Als er erklärte, dass er Clyde die Kleidungsstücke und auch die Silberspange schenkte, kamen dem Vampir vor Dankbarkeit die Tränen. Schließlich gingen Kilian und er gemeinsam zur großen Gemeinschaftshütte, wo die Anderen beim Frühstück saßen. Auf dem Weg dort hin, erzählte der Krieger der Schatten das Wichtigste über die Bewohner des Dorfes, so erfuhr Clyde auch, dass sein Zwillingsbruder Vater zweier kleinen Vampirzwillinge war. Etwas verängstigt betrat schließlich der neue Dorfbewohner die Hütte. Zu erst bemerkte keiner der Anderen ihr Kommen, selbst Alistair nicht. Doch dann sah Dorian plötzlich auf, die Kaffeetasse fiel ihm vor Schreck aus der Hand. Er schaute noch einmal zu Tür, dann Alistair an, der neben ihm saß und wieder zur Tür. Dieser folgte nun dem Blick seines Bruders, als der Stuhl des Schotten scheppernd umfiel nahm auch der Rest den fremden Vampir war, der neben Kilian stand. Alistairs Spiegelbild stecke die Hände in die Hosentaschen und trat respektvoll einen Schritt hinter den Krieger der Schatten.
„Papa, Papa guck mal, was ...“ Cody blieb mitten im Raum stehen, wusste im ersten Moment nicht, welcher Mann sein Vater war. „Mama, Mama guck mal, was ich gemalt habe!“ Rief er dann und rannte zu Jessica. Am Tisch entstand Gelächter, selbst Clyde musste über die Reaktion des kleinen Vampirs schmunzeln. Gordon kam nun auch vom Kamin, betrachtete einen Moment Clyde bevor er zu Alistair lief, der ihn auf den Arm nahm. Mit seinem Sohn ging er auf seinen Zwilling zu. Dorian hatte sich ebenfalls erhoben, wusste jedoch immer noch nicht genau, wie er reagieren sollte.
„Ich hoffe dir geht es etwas besser, Clyde. Schön dich wieder zu sehen, Bruder!“ Er umarmte seinen Bruder mit dem freien Arm. Dieser schloss ihn samt Gordon in die Arme, strich dem kleinen Vampir dann über den Kopf.
„Er hat deine Haare, Alistair!“ Stellte Clyde fest. „Wie heißt du denn kleiner Mann?“ Wollte er dann von Gordon wissen, doch der versteckte sich lieber an Brust seines Vaters und drücke seinen Teddy fest an sich.
„Ich glaub Gordon ist etwas verwirrt, weil er gerade seinen Papa doppelt sieht!“ Meldete sich die Frau zu Wort, zu der Cody gerannt war. „Ich bin übrigens Jessy und der kleine Mann hier ist Cody!“
„Clyde McDonald, Mylady!“ Stellte sich der Schotte vor und küsste ihr galant die Hand. Der Mann der jetzt hinter sie trat schien ihr neuer Partner zu sein, denn sein Duft hing in Jessicas Kleidung, er legte ihr die Hände auf die Hüften. Alistair reichte ihm Gordon, der die Arme nach ihm ausstreckte.
„Du solltest lieber die Finger von Jessy lassen, Clyde, sonst wird Tristan noch wütend!“ Bemerkte er mit einem Lächeln.
„Kommt drauf an, wie dein Zwilling sich meiner Frau nähert, Alistair! Wollte ich bei jedem der Jessica anfasst wütend werden. Dann würde ich nur noch zuschlagen! Lass die Finger von meiner Frau, Kilian!“ Giftete Tristan, als dieser den Arm um Jessicas Mitte legte, doch die grünen Augen funkelten.
„Ich fasse meine Schwester so lange an, wie ich will, Tris!“ Schoss Kilian lachend zurück. „Wenn du Streit willst, können wir gleich gerne eine Runde kämpfen!“ Fügte er hinzu. „Aber erst möchte ich was Essen und Clyde hat sicher auch Hunger. Übrigens Leute, Clyde McDonald steht unter meinem Schutz, damit das klar ist!“ Richtete der Krieger der Schatten das Wort an alle. Kevin McLoud räumte seinen Platz für Alistair, so dass Clyde jetzt zwischen Dorian und seinem Zwilling saß. Auch er stellte schnell fest, dass dies hier eine Gemeinschaft war, man ihn jedoch sofort aufnahm. Vor allem die Schotten unter den Kriegern freute sich über den Zuwachs. Die vielen Fragen beantwortete Clyde bereitwillig. Nach dem Essen ging er sich mit Dorian und Alistair die Hütten ansehen, er wollte erst einmal eine Hütte für sich alleine, bevor er mit seinen Brüdern zusammen zog. Er entschied sich für eine Hütte in der Nähe von Chris-Angel. Dann zeigten ihm seine Brüder noch den Dorfladen, wo sich der Schotte mit einigen Kleidungsstück und anderen Gebrauchsgegenständen ausrüstete. Zuletzt schauten sie sich den Trainingsplatz an, wo sich tatsächlich Tristan und Kilian ein Duell im Schwertkampf lieferten. Jessica übte mit John und Conner O´ Sullivan schießen. Mitten drin spielten Raven und Patrick mit den kleinen Zwillingen im Schnee. Jedenfalls so lange bist drei Wölfe an ihnen vorbeizogen und die beiden Kleinen tapsig darauf zu liefen. Zärtlich wurden die drei Wölfe von den zwei Vampirkinder gestreichelt. Einer der beiden Huskey-Wölfe stupste Gordon schließlich in den Schnee, der Kleine lachte.
„Na was macht Onkel Colin wieder für ein Blödsinn mit dir, Gordon!“ Alistair formte einen Schneeball und schmiss ihn in dessen Richtung. Der Wolf stieß ein klägliches Heulen aus, was Gordon noch mehr zum Lachen brachte. Die Retourkutsche bekam der Vampir von Patrick, der ihm prompt einen Schneeball an den Kopf schmiss. Jetzt lachte auch Cody.
„Oh Jeremy komm schnell, eine Schneeballschlacht!“ Rief jemand.
„Ihr seit ja schlimmer wie die Kleinen, Damon!“ Bemerkte Kilian stieß sein Schwert in den tieferen Schnee. Bevor Clyde sich versah, brach um ihn herum der Krieg aus. Wölfe gegen Vampire hieß die Devise. Raven traf ihn versehentlich, als er Dorian treffen wollte. Während der junge Indianer irritiert aussah, schmiss der Getroffene zurück, traf ihn genau ins Gesicht. Lior schüttelte sich nun vor Lachen, landete jedoch sofort im Schnee, als sich sein Bruder auf ihn stürzte. Nach einer Weile gingen die Krieger mit rot gefrorenen Händen und kalten Nasen in die Gemeinschaftshütte zum Mittagessen. Vincentes feurige spanische Küche wärmte alle auf, die zwei Flaschen finnischen Wodka, die Ville bis jetzt gut versteckt hatte ebenso. Clyde trank das erste Mal seit Jahrzehnten wieder Alkohol, auch ein warmes Mittagessen hatte er schon ewig nicht mehr bekommen. Nach dem Essen saßen sie noch länger zusammen, redeten einfach oder spielten Karten. Tristan versuchte seinem Halbbruder Deutsch beizubringen. Corey brachte White Snow und Lighting Bear Gälisch bei. Einer der kleinen Vampire kam zu Alistair, kletterte auf seinen Schoss und schlief in den Armen seines Vaters ein. Clyde betrachtete noch das Bild neben sich, als auch der zweite Junge kam, ihn am Ärmel zog. Überrascht nahm er den Kleinen auf seinen Schoss, der warme Kinderkörper kuschelte sich an ihn. Minuten später schlief der Junge in seinen Armen selig und ruhig. Jessica sah zu den beiden McDonald-Zwillingen, die Gordon und Cody in den Armen hielten. Ein Lächeln ging über ihr Gesicht. Nicht nur wegen des Anblicks sondern auch, weil Tristans Hand auf ihrem Rücken den Weg unter ihren Pullover fand. Sie sah ihn grinsend an, stand dann so geschickt auf, dass keiner bemerkte, wie er die Hand zurückzog. Die beiden Vampire verschwanden Hand in Hand aus der Gemeinschaftshütte. Dorian drehte eine Zigarette, zündete sie an und reichte sie anschließend Alistair.
„Rauchst du auch Clyde?“ Wollte er von seinem Bruder wissen, sah dann wieder zur Rea, der schon eine Weile den neuen Vampir beobachtete. Er hatte im Gegensatz zu den Anderen, nie erzählt, wie er zu einem von ihnen geworden war.
„Wäre die erste Zigarette nach sechsundzwanzig Jahren!“ Bemerkte Clyde und griff nach dem Tabak vor Dorian. „Bekomme ich den auch im Dorfladen?“ Fragte er nachdem er seine Zigarette angezündet hatte.
„Wir nehmen den Tabak, der gerade irgendwo greifbar ist, aber du bekommst auch welchen im Laden!“ Erklärte Alistair. „Rea was schaust du eigentlich schon die ganze Zeit so nachdenklich?“
„Du bist der Vampir aus MacNamaras Keller, oder Clyde?“ Kam es vorsichtig von Rea, dieser nickte nur. „Erinnerst du dich an den Type, den du vor drei Jahren angefallen hast?“ Die Stimme des Schattenkrieger wurde zunehmend rauer. Der Schotte zog instinktiv den Kopf ein, auch wenn er es nicht gebraucht hätte. Kilian straffte sich am anderen Ende des Tisches um im Notfall einzugreifen.
„Damals haben sie mir kein Blut gegeben, ich war außer mir vor Durst! Dann kamst du mit einer einzigen Konserve. Es tut mir leid Rea, ich war nicht mehr Herr meiner Sinne! Du musst ein guter Kämpfer sein, dass dich MacNamaras Leben ließ. Ich weis, dass er viele getötet hat, die sich mit meinem Gift infizierten! Einige hab ich sicher auch selbst im Rausch getötet!“ Gestand der Schotte mit tief gesenktem Kopf und Tränen in den Augen. „Sie haben mich so weit gebracht, dass ich selbst meinen Zwilling angegriffen habe! Es tut mir unendlich leid, was ich den Vampiren unter euch angetan habe! Eigentlich bin ich es nicht wert, dass ihr mich so aufnehmt!“ In Clydes Armen wurde der kleine Vampir wach. Kurz darauf auch der in Alistairs Armen. Patrick spürte die Spannung zwischen den Kriegern deutlich, Deans Augen waren bereits dunkel.
„Wollt ihr beiden Wolfsschlitten fahren? Mit mir und Onkel Gavin?“ Wollte Patrick daher wissen, die beiden kleinen Vampire quietschen erfreut.
„Raven, Frank und ich wollen auch mit!“ Meldete sich Kevin zu Wort, schnappte sich Gordon und verschwand mit dem lachenden Kind nach draußen. Die drei Anderen und Patrick mit Cody folgten ihm.
„Céllí Mór, weist du, was du uns angetan hast Clyde McDonald?“ Fuhr Dean jetzt auf, der Schotte zuckte zusammen. „Du hast vielleicht einige von uns mit deinem Gift vergiftet. Aber du hast uns auch stark gemacht, Highlander. Stark für den Kampf um unsere Freiheit! Keiner von uns macht dir einen Vorwurf, Clyde. In meinen Adern fließt auch etwas von deinem Gift, aber was soll´s!“
„Besser dein Gift in den Adern, als weiterhin vor meinem Clan davon zu rennen!“ Kam es jetzt erstaunlich kalt von Matthew, Clyde betrachtete den blonden Schattenkrieger. „Ich bin Stolz ein MacNamara zu sein, stolz, weil ich einen Urahnen habe, der nicht so verachtenswert ist, wie mein Vater und Onkel! Stolz, weil ich einen Bruder habe, der sein Schicksal in die Hand genommen hat und nicht wie ich, einfach dem Clan hinterher gekrochen ist! Clyde, ich weih, wie sehr du unter MacNamara leiden musstest und sicher auch unter dem falschen Lord O´ Gardey. Deshalb möchten wir dir unsere Hilfe anbieten!“ Erklärte ihm Matthew, Corey lächelte und sagte etwas auf Französisch, Clyde erwiderte das Lächeln.
„Danke Matthew und Aidan, ich weiß eure Hilfe zu schätzen! Deine natürlich auch Corey!“ Der Schotte war sichtlich gerührt.
„Wenn du seelischen Beistand brauchst, sind wir gerne für dich da! Nicht wahr Colin?“ Meldete sich jetzt Ville zu Wort.
„Ja natürlich Ville!“ Pflichtete dieser ihm bei. „Nico, wenn du möchtest, kannst du ja mal mit schauen. Natürlich nur, wenn Clyde damit einverstanden ist, dass du seine Geschichte hörst!“ Nico nickte nur.
„Meine Geschichte ist schnell erzählt Colin, eigentlich mit ein paar Worten. Gewalt, Entbehrung, Silbervergiftungen und Blutentzug, das waren die letzten fünfundzwanzig Jahre meines Lebens!“ Meinte Clyde knapp, Kilian stand von seinem Platz auf, setzte sich neben den Schotten. Noch immer kam es selten vor, dass der Krieger der Schatten seine Gefühle offen zeigte, doch jetzt tat er es. Kilian legte vorsichtig die Arme um die bebenden Schulter seines Schattenkrieger. Genauso wie der Mann, der schon vor ein paar Minuten aufgestanden war, sah Kilian mehr. Chris-Angel lehnte am Kaminsims, als er jetzt den Kopf hob, waren die grünbraunen Augen pechschwarz vor unterdrückter Wut. Dean erhob sich, ging langsam auf den Mann zu, der jetzt die Kaffeetasse in seiner Hand zerdrückte.
„Angel komm wieder runter, Mann!“ Flüsterte Dean.
„Es wird ein neuer Angriff kommen, Dean!“ Kam es laut genug, dass es alle verstanden von Chris-Angel.
„Dann werden wir drauf vorbereitet sein, mo Thiarna! Ich denke mal das Häuptling Stormwind wieder eine Rolle spielen wird!“ Bemerkte Lior kühl.
„Er ist euer Vater, Raven und Cloude!“ Gab White Snow zu verstehen. Er und Lighting Bear trugen immer noch ihre indianischen Namen, hatte ebenso noch keine Kriegerweihe erhalten.
„Nein, ein Vater lässt seinen Sohn nicht auf seinen Bruder schießen und lässt ihn dann zusammenschlagen, wenn er es nicht tut!“ Zischte Raven aufgebracht. „Wir sind vom Stamm verstoßen worden, weil wir leben wollten, schon vergessen?!“ Der Indianer neben ihm senkte den Blick.
„Na ich geh dann mal mit den Kameraden telefonieren! Vielleicht kann ich was regeln!“ Warf Chris-Angel ein. „Wir brauchen bessere Waffen und irgendein Sicherheitssystem, dass unsere Kommunikation schützt! Ich werde nicht mit dem Admiral reden, er ist der Einzige, der mehr über uns wusste.“
„Mit wem willst du beim SBS denn dann reden, er ist dein Vorgesetzter!“ Stellte Aidan fest. „Wenn du schon ihm nicht mehr vertraust, wem dann?“
„Offizier MacNamara, würden Sie mich bitte aufklären in welchem Staatsgebiet wir uns befinden!“ Kam es jetzt militärisch korrekt von Chris-Angel.
„Alaska und somit Staatsgebiet der USA, Commodore Bailey, Sir!“ Antwortete ihm dieser genauso militärisch.
„Richtig, Offizier!“ War alles was Chris-Angel antwortete, bevor er sein Handy herausnahm. „Stuart? … Ja ich bin es Chris-Angel. Hör zu, ich bräuchte da noch mal deine Hilfe! … Ich weis, aber es ist echt wichtig, geht um den Fall den ich bearbeite. … Nein, wirklich? … Okay können wir machen. Erlaub mir aber einen weiteren Mann mitzubringen! … Sicher ist er zuverlässig! … Dann bis in einer Stunde und schon mal Danke Kamerad!“ Er beendete das Gespräch, sah nur kurz Kilian an, der sich daraufhin erhob. Die beiden Schattenkrieger verließen gemeinsam die Hütte. Die zwei Wölfe gingen jagen, unterwegs erzählte Chris-Angel das Wichtigste über den Captain der Navy-SEALS, den er bei einem gemeinsamen Manöver kennengelernt hatte. Der Krieger der Schatten hörte aufmerksam zu, fragte gelegentlich nach, wenn der Lordkrieger vergaß, dass er keinen Soldaten vor sich hatte. Chris-Angel gefiel dessen offene Art noch mehr, man merkte ihm deutlich an, dass er einmal bei der Polizei arbeitete. Nach einer halben Stunde war ihr Durst gestillt, sie liefen noch eine Weile so durch den Wald. Chris-Angel um sich zu beruhigen und Kilian, weil er einfach die Stille brauchte. Denn keiner von ihnen wusste, was noch auf sie zukommen würde.


Kapitel 10



Was auf ihn zukam wusste auch der Pilot nicht, der sich in der Air-Base von Anchorage für einen Aufklärungsflug fertig machte. Er war einer der erfahrensten Piloten der Base, mehrere tausend Flugstunden gingen auf sein Konto, Einsätze in Kriegsgebieten genauso, wie einfache Aufklärungsflüge. Doch dieser Flug würde ihn an den Rand seiner Gefühle bringen. Sein Vorgesetzter hier in Elmendorf wollte, dass er dieses Indianerdorf ausspionierte. Der Kommandeur aus Fort Richardson wollte ebenso diese Hinweise, hatte jedoch angemerkt, dass er sie für einen Captain der Navy-SEALS haben wollte. Sein Aufklärer war noch nicht fertig, als der Offizier der US-Air-Force auf das Rollfeld trat, er zog sich etwas zurück und steckte sich eine Zigarette an. Das Handy in seiner Pilotenjacke vibrierte. Er nahm ohne einen Blick auf das Display den Anruf mit einem gereizten Yes an.
„Verzeihen Sie Captain Somerholder!“ Entschuldigte sich der Pilot dann doch. „Ja ich hab die Nachricht von Major Jackman erhalten … Ich verstehe … Sicher lasse ich Ihnen die Informationen zukommen, sobald ich wieder auf dem Boden bin, Sir! … Ja, die hat mir mein Vorgesetzter zukommen lassen … Oh natürlich, wenn Sie es wünschen! Wir sehen uns dann, Captain Sir! Ich muss jetzt leider los!“ Noch bevor der Mechaniker bei ihm angelangt war, verschwand das Handy wider in seiner Jackentasche. Kühl nahm er zur Kenntnis, dass der Aufklärer startklar war. Zeit zum Nachdenken, dachte der Pilot mit den kurzen hellblonden Haaren und den stahlblauen Augen. Ein paar Minuten nach seinem Start brach er vorerst den Funkkontakt zu seinen Kameraden in Elmendorf ab, nur für ein kurze Zeit wollte er nicht gestört werden. Er ließ seinen Jet etwas über der verlassenen Landschaft sinken, genoss den Blick auf die Baumwipfel und verschneiten Täler und Hügel. In fünfzehn Jahren bei der US-Air-Force hatte er keinen Befehl verweigert, doch nun stand er kurz davor, entweder zu verweigern oder sein Leben ganz zu beenden. Der Name Ville Erikson auf der Abschussliste, die er und seine drei Kameraden erhalten hatten, ließen diesen Entschluss in den Gedanken des Piloten fest werden. Fünfzehn Jahre zuvor hatte er diesen Namen das letzte Mal in den Mund genommen. Noch immer sah er die himmelblauen Augen in denen bittere Tränen standen. Das Blut, welches von der aufgeschlagenen Lippe des Mannes tropfte und die geballten Fäuste, die er nur zu gern gespürt hätte. Doch sein Gegenüber hatte ihn nur angesehen, so lange bis er sich selbst abwandte. Ein gefühlloser Soldat, der sich entschlossen hatte, nach Amerika zu gehen. Kurz vor seinem Ziel stellte der Pilot den Funkkontakt wieder her. Längst hatte er den zweiten Aufklärer auf dem Radar bemerkt. Sicher zwei Männer sahen mehr wie einer.
„Hey viking, are you there?“ Kam die Stimme des anderen Piloten aus seinem Kopfhörer. Es folgte ein paar Nummern, die sich zwar wie Koordinaten anhörten, doch der Pilot verstand, wechselte den Funkkanal.
„Dir passt unser Einsatz nicht, Viggo!“ Bemerkte der zweite Pilot.
„Dir etwa? Verdammt, diese Menschen da unten im Reservat sollen sterben, weil irgend so ein Brite einen Hass auf sie hat!“ Viggo hörte selbst, wie rau seine Stimme klang. „Dylan du sollst auf deine Landsleute schießen!“
„Haben wir eine Wahl? Wir sind gezwungen den Befehl auszuführen! Noch nicht einmal falsche Angaben können wir machen, denn sie wissen, wie viele Leute da unten sind.“ Auch in Dylans Stimme mischte sich nun Wut.
„Ich soll heute Abend ein Paket nach Richardson zu Major Jackman bringen, komm einfach mit mir, vielleicht können wir im Fort bleiben und dort Schutz finden! Es ist mehr als nur das sie Briten sind, warum willst du nicht fliegen? Oh da unten ist das Dorf, lass uns einmal drüber fliegen, Bericht erstatten und dann reden wir weiter!“ Viggo hörte, wie Dylan ihren gemeinsamen Bericht nach Elmendorf funkte. Die Angaben, die der Pilot machte stimmten mit denen, die sie bekommen hatten überein. Ein Dorf mit etwa fünfzig Hütten, nicht alle waren scheinbar bewohnt. Ein paar der Dorfbewohner sahen sie auch, doch der Finne nahm nicht wirklich etwas wahr. Seine Gedanken waren wieder bei Ville Erikson. Als sie abdrehten, wechselte er erneut den Kanal.
„Hast du dir die Liste durchgelesen, die uns der Kommandant gegeben hat? Sicher so in Gedanken, wie du auf dem Rollfeld warst! Es stehen Namen darauf, die mich daran erinnern, wo ich herkomme. Unter den Männern sind drei Waliser, deswegen will ich nicht fliegen!“ Beantwortete Dylan die Frage seines Kameraden.
„Jeremy, James Damon und Ronald Ryder, oder?“ Wollte Viggo wissen. „Sie tragen den gleichen Nachnamen wie du!“
„Ja und wenn ich ehrlich bin, vermute ich, dass sie meine Cousins sind. Auf der Liste stand ein Ville Erikson, ist er der Grund für deine Verweigerung?“ Kam es zurück.
„Ich bin ehrlich, ja, Ville ist der Grund! Bitte Dylan ich möchte nicht weiter darüber sprechen. Lass uns einfach heute Abend nach Richardson fahren und hoffen, dass mein Plan klappt!“ Viggo schluckte, als er Tränen spürte.
„Was machst du, wenn wir morgen Abend doch starten müssen?“ Stellte der Pilot die Frage, die ihn beschäftigte.
„Dann werde ich starten, aber nicht mehr in Elmendorf oder sonst wo landen!“ Auch wenn er nicht aussprach was er vorhatte, Dylan schien es zu verstehen.
„Dann fliegen wir zusammen in die Luft, für unsere Familien!“ Damit war das Gespräch der beiden Air-Force-Piloten beendet.
Ville sah die beiden Kampfjets, die ziemlich tief über das Dorf flogen, dann jedoch gleich wieder abdrehten. Unweigerlich dachte er an seinen kleinen Bruder, der ihn verließ, als dieser neunzehn und er zwanzig war. Sie sahen sich ein letztes Mal in Dublin, am Flughafen, wo ihm Viggo eröffnete, dass er ganz nach Amerika ging. Dort zum Militär wollte, wie er sagte. Damals war Ville noch gegen Krieg und Waffengewalt, nicht so wie heute. Die Zeiten hatten sich für ihn geändert, als er auf MacNamaras Anwesen eine Einstellung fand, weil kein Anderer sonst einen drogenabhängigen Psychologen einstellen wollte. Bei Gavin und Vincente lernte er nicht nur mit seinen geistigen Waffen umzugehen. Die beiden brachten ihm auch den Kampf mit Feuerwaffen und den Fäusten bei. Ja Ville lernte, dass es schon reichen konnte, eine Waffe zu besitzen. Als ihn dann Gavin zu einem Lordkrieger brachte und er zudem diese Art des Kampfes erfuhr, änderte sich der zurückhaltende Psychologe und wurde zu einem der Schattenkrieger. Warum er gerade jetzt an Viggo dachte, wusste er nicht. Vielleicht lag es daran, dass es hier so viele Geschwister gab und er sich nach seinem Bruder sehnte, seit sich Jeremy wieder mit seinen Brüdern vertragen hatte. Ville bemerkte nicht einmal, dass jemand neben ihn getreten war, als die beiden Jets über das Dorf flogen.
„Aufklärer, so tief über dem Dorf bedeutet sicher nichts Gutes!“ Er fuhr zusammen als er Tristans Stimme hörte. „Hoffentlich erreichen Angel und Lian etwas bei diesem SEALS-Capitain!“ Ville hörte Sorge aus der Stimme des Vampirs. Die dunkelgrünen Augen des Deutschen waren immer noch auf den Himmel gerichtet.
„Meinst du, sie hetzten uns jetzt die Army auf den Hals? Wer sollte das denn schaffen, ich mein die Yard versteh ich noch, aber die Armee?“ Bemerkte er, Tristan schrieb eine SMS.
„Vergiss nicht, dass hier einige ehemalige Soldaten unter uns sind. Ryan und mir, kann man durchaus nachsagen das wir aus der Armee geflohen sind! Noch dazu weiß man dort, dass ich mich zu einer terroristischen Gruppe durchgeschlagen habe, oder was sonst ist die IRA?“ Antwortete Tristan rau. „Egal was sie vorhaben, ich bringe Jessy und die Kids heute Nacht in die Höhlen, dort sind sie sicher! Ville alles in Ordnung bei dir?“
„Wieso?“ Der Schattenkrieger hatte irgendwann die Augen geschlossen, wollte nichts mehr sehen. Er spürte Tristans Hand auf seiner Schulter.
„Weil du weinst, Finne!“ Bemerkte dieser, erst jetzt spürte Ville die Tränen, die ihm über das Gesicht liefen. Er gab ihm keine Antwort auf seine Frage, riss sich rau von diesem los und ging. Dieser sah ihm nach, als der Wolf im Wald verschwand.
„Besser ich folge ihm!“ Nicos ruhige Stimme riss Tristan aus den Gedanken. Er sah zu dem Spanier herüber und nickte nur, dieser verwandelte sich und eilte dem aufgewühlten Finnen nach. Ein zweiter Wolf tauchte aus dem Nichts auf, Vincente trottete hinter seinem Bruder her. Jetzt wusste Tristan Ville in guten Händen.
In Chris-Angels Hütte war die Stimmung unterkühlt, was ihnen Stuart Somerholder erzählte, passte den beiden Männern ganz und gar nicht. Der Halbling spielte nervös mit seinem Messer, in den grünbraunen Augen des SBS-Commodore konnte Kilian Wut erkennen. Er hatte sich jedoch so weit im Griff, dass seine Augenfarbe sich nicht einmal veränderte. Mit einer einzigen fließenden Bewegung schmiss er das Messer in die Holzwand ihnen gegenüber. Die Klinge blieb tief im Holz stecken, gefolgt von ein paar Flüchen die Kilian und auch Stuart Somerholder nicht verstehen wollten. Der Krieger der Schatten zügelte seine eigene Wut und Black in sich. Er spürte deutlich, dass ihn einer der Dragon sanft berührte. Nur einer der blauen Drachen zeigte sich so, sein jüngster Bruder Patrick, denn in der beruhigenden Wärme schwang etwas des schwarzen Teils mit. Sein Handy vibrierte auf dem Tisch neben Chris-Angels Laptop. Jetzt war er es der fluchte, nachdem er Tristans SMS gelesen hatte. Er drehte das Handy in die Webcam, so dass nur Stuart die Nachricht lesen konnte.
„Verfluchte Scheiße, wenn du nichts machst, dann bring ich dich um, das schwöre ich dir!“ Selbst Chris-Angel zuckte beim tödlichen Klang von Kilians Stimme zusammen, er nahm ihm das Handy ab und las.
„Ich tue was ich kann, Kilian!“ Verteidigte sich der Navy-SEALS-Captain. „Aber im Moment könnt ihr nur euer Dorf evakuieren! Der Angriff ist als Manöver getarnt, was die Sache schwierig macht, wie du weist Chris-Angel!“
„Ja, Lian, Stuart hat recht, wir können nur abwarten. Weist du was, geh doch bitte und sag Dean und Conner sie sollen die Evakuierung vorbereiten. Außerdem hätte ich gerne alle Offiziere hier, die im Dorf sind, auch Tristan!“ Pflichtete Chris-Angel seinem amerikanischen Kameraden bei, Kilian erhob sich mürrisch und verschwand Türen schlagend. „Wie viele Jets nehmen an diesem Manöver teil Stuart?“
„So viel ich weiß sind acht Jets beteiligt, aber nur vier von ihnen überfliegen euer Gebiet. Die Anderen kommen aus der entgegengesetzten Richtung. Ich treffe mich heute Abend mit Major Jackman und einem der erfahrensten Piloten aus Elmendorf. Ich hoffe der Air-Force-Pilot kann mir mehr sagen. Chris-Angel bring eure Leute in Sicherheit und lass morgen Abend das Dorf so aussehen, als würdet ihr schon in den Betten liegen. Eine andere Wahl haben wir nicht! Ich muss jetzt leider los, mein Heli wartet schon! Ich wünsche Euch viel Glück Commodore Bailey, Sir!“ Das Klopfen im Hintergrund verriet die Förmlichkeit, die Stuart nutzte.
„Danke für Ihre Hilfe, Captain Somerholder, wir hören von einander!“ Chris-Angel hatte gerade geendet als das Bild auf dem Laptop schwarz wurde. Ryan, Aidan und Corey waren die Ersten die eintraten. Ihnen folgten Kilian, Alistair und Clyde, Tristan betrat als Letzter die kleine Hütte. Ihm sah man deutlich die Sorge um seine Familie an, genauso wie Alistair. Die beiden Männer blieben rauchend in der Nähe der Tür stehen. Chris-Angel betrachtete die sechs Soldaten und Kilian. Während er in manchen Gesichtern Sorge und Hilflosigkeit wahrnahm, sah er in zwei Gesichtern Entschlossenheit. Corey und Kilian wirkten so ruhig, dass er schon etwas Stolz für die beiden Todeskrieger empfand. Doch das hier war nicht nur ein Kampf der wahren Krieger gegen ihre Feinde, es war so viel mehr.
„Die Aufklärer sind schon geflogen!“ Zerbrach Tristan kühl die Stille. „Egal was du uns zu sagen hast, Angel, ich bringe heute Nacht Jessy und die beiden Kleinen in Sicherheit!“
„Das solltest du auch, Tris!“ Die Stimme des Marines klang rau. „Sie werden morgen Abend angreifen, vier Jets aus Elmendorf der Air-Base bei Anchorage. Ich hoffe, dass wir noch mehr Informationen bekommen, mein Kamerad von den Navy-SEALS ist auf dem Weg nach Fort Richardson. Major Jackman ist dort Kommandant der Kasernen. Er steht laut Somerholder auf unserer Seite.“ Chris-Angel schaute jedem einzelnen der Soldaten vor ihm in die Augen. Drei von ihnen wollte er hier im Dorf behalten, damit sie es so aussehen lassen konnten, als würde die Bewohner noch dort sein. Die Anderen sollten zum Schutz der Krieger mit in die Höhlen gehen. Er fand seine drei Männer schnell.
„Was hast du jetzt vor Commodore Bailey!“ Ryan benutze die förmliche Anrede mit einem Lächeln.
„Wir werden das Dorf heute Nacht evakuieren, etwas anderes können wir nicht machen, Offizier O´ Neil. Tristan, Alistair, Aidan und du gehen zum Schutz der anderen Krieger mit in die Höhlen!“ Von der Tür kam ein missmutiges Knurren. Alistair verengte die Augen zu Schlitzen, fixierte Chris-Angel mit einem wütenden Blick. Clyde machte einen Schritt zur Seite, stellte sich so zwischen seinen Zwilling und den Commodore, ersterem das Gesicht zugewandt.
„Bruder du bist bei deinen Söhnen und Tristan besser aufgehoben!“ Bemerkte der Schattenkrieger in einem ruhigen Tonfall. Die eisblauen Augen des Angesprochenen senkten sich.
„Dann lasst uns packen gehen Jungs, bevor ich doch die Nerven verliere!“ Fauchte Alistair, sah dabei die Anderen an, die mit ihm in die Höhlen gehen würden. Dann machte er auf dem Absatz kehrt.
„Alistair!“ Chris-Angel erhielt keine Gegenreaktion. „Offizier McDonald, stillgestanden!“ Jetzt blieb der Schotte mit der Hand auf dem Türgriff stehen, schaute ihn über die Schulter an. „Du hast die Befehlsgewalt über die Leute in der Höhle, mit Dean und Conner gemeinsam, also mach keinen Scheiß Soldat!“ Tristan nickte jetzt zustimmend, denn wenn Alistair eine Aufgabe bekam, würde er sich still verhalten.
„Ai, Commodore Bailey, Sir!“ Kam die militärische Antwort. Dann öffnete er die Tür und sprang im gleichen Moment zurück, als eine blonde Gestalt in den Raum stürmte. Erst nachdem der Wolf vor Chris-Angel stoppte, bekam er ein Gesicht. Nur noch die drei verbleibenden Männer und er sahen die Tränen in den himmelblauen Augen.
„Du hast Namen bekommen, oder?“ Wollte Ville wissen. „Du weist, verflucht nochmal, welche Piloten den Angriff fliegen!“ Chris-Angel umfasste die Hand, die ihn am Kragen seines Shirts festhielt.
„Komm setzt dich Ville und beruhig dich! Ich hab noch keine Namen bekommen, wenn überhaupt, bekomme ich sie heute Nacht irgendwann. Was ist los mit dir?“ Er sah zu Kilian, der hinter den Finnen getreten war, der die Ellbogen auf den Tisch gestützt hatte und den Kopf in den Händen verbarg. Wieder gab Ville keine Antwort auf die Frage, der Krieger der Schatten legte ihm die Hände auf die bebenden Schultern. Corey und Clyde verhielten sich einfach nur ruhig, betrachteten die Szene rauchend. Es dauerte eine ganze Weile bis der Hellblonde am Tisch den Kopf hob, dies auch nur, weil der noch immer eingeschaltete Laptop einen Signalton von sich gab. Erst jetzt bemerkte Chris-Angel, dass sie ganze drei Stunden geschwiegen hatten. Er bewegte die Mouse um den Bildschirm des Laptops wieder anzuschalten. Das Gesicht von Captain Stuart Somerholder erschien auf dem Display. Die Umgebung hatte sich verändert und leise Stimmen waren im Hintergrund zu hören. Mit einer Handbewegung schickte Chris-Angel die Anderen aus dem Raum. Corey und Clyde nahmen dabei Ville in die Mitte, später sollte er froh darüber sein.
„Commodore Bailey, schön dass ich Sie erreichen konnte. Sie natürlich auch Agent O´ Harra. Es gibt Neuigkeiten aus Elmendorf, die ihnen Offizier Erikson und Offizier Ryder besser selbst mitteilen sollten!“ Auf Chris-Angels Nicken hin, bat Captain Somerholder die beiden Männer vor den Bildschirm. Im ersten Moment erschraken die beiden Schattenkrieger. Denn sie sahen in Villes Gesicht mit stahlblauen Augen.
„Commodore Bailey, Sir! Mein Name ist Viggo Erikson, Geschwaderführer der US-Air-Base Elmendorf in Anchorage. Mein Kamerad Dylan Ryder ebenfalls Geschwaderführer!“ Stellte sich der blonde Mann vor. „Wir sollen Morgen einen Angriff auf das Indianerdorf fliegen in dem Sie sich befinden, Commodore, Sir!“ Man hörte die Befehlsverweigerung schon aus diesen Worten heraus. Chris-Angel betrachtete den Mann genauer, sah die Tränen in dessen Augen, ebenso Tränen in denen des zweiten Offiziers.
„Sie wollen diesen Angriff nicht fliegen, Erikson!“ Bemerkte jedoch Kilian.
„Nein Sir, wir haben gehofft, dass uns Richardson aufnimmt!“ Gestand jetzt der braunhaarige Offizier, der Ähnlichkeit mit Jeremy und seinen Brüdern hatte. Chris-Angel nahm eine militärische Haltung an.
„Sie verweigern Ihre Befehle, Offiziere Erikson und Ryder!“ Gab er kühl zu bedenken. Die Köpfe der Soldaten senkten sich, eine Träne fiel vor Viggo Erikson auf den Tisch. Dylan Ryder schien gefasster zu sein, denn er sprach.
„Haben Sie Geschwister?“ Chris-Angel und Kilian nickte beide nur, als der Soldat weitersprach, tat er es auf Gälisch mit dem leichten Dialekt seiner walisischen Heimat. „Mein Kamerad hat einen Bruder in ihrem Dorf, ich wahrscheinlich meine drei Cousins. Würden Sie unter diesen Bedingungen den Angriff führen wollen, ich schätze nicht Commodore Bailey!“
„Fliegen Sie den Einsatz Ryder, auch wenn es aussieht, als sei das Dorf bewohnt!“ Chris-Angel hatte einen Befehlston, der selbst Kilian erschreckte.
„Gut, wenn Sie meinen, Sir, dann ist das mein letzter Einsatz für die Army!“ Viggo hob das Tränen nasse Gesicht, in den stahlblauen Augen stand wilde Entschlossenheit. In diesem Moment tat Kilian der Soldat unendlich leid. Chris-Angels Gedanken baten ihn jedoch zu schweigen.
„Sie werden keinen hier im Dorf töten, Erikson, das schwöre ich Ihnen bei wem oder was Sie wollen. Fliegen Sie den Einsatz und zerstören diese Dorf! Landen Sie gesund in Elmendorf wieder und wir helfen Ihnen, nicht wahr Stuart!“ Es folgte ein Ja aus Richardson und ein Klopfen an der Hüttentür. Clyde trat einen Moment später ein. Er salutierte als er die Soldaten auf dem Laptop sah, beugte sich dann jedoch zwischen Chris-Angel und Kilian.
„Das Dorf ist evakuiert, Angel! Nur Ville konnten wir nicht zum Gehen bewegen, er ist mit Corey in der MacNamara-Hütte.“ Flüsterte Clyde sinnvoller Weise.
„Gut, Kamerad McDonald hat mir gerade mitgeteilt, dass unser Dorf jetzt leer ist. Also machen Sie Ihre Arbeit Erikson und Ryder! Ich hoffe, Sie beide bald hier begrüßen zu dürfen, damit Sie selbst nach ihren Verwandten sehen können! Stuart, sagst du mir Bescheid, wenn ihr kommt?“ Erklärte Chris-Angel den Männern in Fort Richardson.
„Sicher das tu ich Chris-Angel, ich ruf dich dann auf dein Handy an!“ Die drei Soldaten in Richardson salutierten, die beiden in der Hütte erwiderten den Salut militärisch streng, Kilian etwas zögerlich und mit einem Lächeln auf den Lippen. Wieder wurde der Bildschirm schwarz und Chris-Angel fuhr den Laptop herunter. Dann rieb sich der SBS-Commodore das Gesicht.
In der Hütte, die Corey normal mit Matthew und Aidan bewohnte, saß Ville am Tisch und rauchte einen Joint. Mit zitternder Stimme erzählte er dem Iren von Viggo, seinem Bruder und seiner Angst um diesen. Er hatte einfach nicht mehr schweigen können, nach dem Clyde gegangen war. Der Vampir hörte still zu, ihm tat der Finne leid, der nervös an seinem Joint zog und immer wieder nach der Whiskyflasche auf dem Tisch griff. Ville war sichtlich durch den Wind, zitterte und weinte. Corey stand auf, setzte sich neben ihn und nahm ihm die Flasche aus der Hand. Der Wolf drehte sich ihm zu, verbarg den Kopf in den langen Locken des Iren. Dieser hätte es besser gefunden, wenn er mit in die Höhlen gegangen wäre, doch allem zum Trotz war der Finne geblieben, sogar mit dem Dolch in der Hand auf Colin losgegangen, als dieser sein Glück versuchte. Nicht einmal Nico, Gavin oder Vincente waren zu ihm durchgekommen, schließlich hatten sie beschlossen, dass er bleiben durfte. Corey versuchte ihn zu beruhigen so gut er konnte. Ihm waren Villes Tränen egal, die sein schwarzes Hemd tränkten, er löste die silberne Spange aus den hellblonden Haaren des Schattenkriegers, legte sie neben sich auf den Tisch. Dieser griff selbst nach seinem Dolch, legte auch ihn auf den Tisch. Dann stand er auf, ließ sich einfach auf eines der Betten fallen und weinte weiter in das Kopfkissen. Irgendwann spürte er die Wärme eines Wolfes und die starke Nähe eines Todeskriegers. Ihm war es egal, wer versuchte ihn zu trösten, er sank einfach erschöpft in den Schlaf.
In den Kasernen von Elmendorf weckte der süßliche Duft von Marihuana Dylan Ryder. Viggo Erikson stand am offenen Fenster und rauchte einen Joint. Nie zuvor hatte ihn der Waliser so gesehen, dunkle Ringe lagen um die stahlblauen Augen, die hellblonden Haare standen in alle Richtungen, als habe sie sich Viggo mehrfach gerauft. Sie hatten gemeinsam einige Auslandseinsätze hinter sich gebracht, doch nie zuvor wirkte der Finne so fertig. Er war bereits bis auf die Kampfstiefel angezogen, also stand auch Dylan auf, zog sich leise an. Gemeinsam gingen sie zum Frühstück und zur anschließenden Besprechung des Einsatzes. Viggos Gesichtszüge verhärteten sich noch mehr, als er erfuhr, dass er die Jets befehligen sollte, die das Indianerdorf angriffen. Außer Dylan hatte keiner gesehen, dass der Finne sein Handy aus der Tasche nahm und eine Nummer wählte. Sicher war es die Nummer von Captain Somerholder, der mitbekommen sollte, was in Elmendorf geschah. So war nun auch Fort Richardson bestens über den Ablauf des Manövers informiert. Wahrscheinlich würden so auch die Männer im Indianerdorf informiert werden können. Dylan hoffte es einfach, denn er hatte Viggo in der Nacht schluchzen gehört. Was war zwischen den beiden Brüdern gewesen, dass dieser nicht darüber sprach? Vielleicht erfuhr er es, wenn dieser Einsatz beendet war und sie wirklich in der Sicherheit von Fort Richardson und der Navy-SEALS. Den Rest des Tages bis zum späten Nachmittag hatten die beiden Offiziere Freizeit, die sie in ihrer Stube verbrachten. Viggo in einem Zustand, in dem er eigentlich nicht hätte fliegen dürfen, denn der Offizier rauchte nicht nur einen Joint an diesem Tag, es wurden drei. Dylan ließ den Rosenkranz durch die Finger gleiten, er war Christ, wie so viele Soldaten hier.


Kapitel 11



Im Dorf hielten die vier verbliebenen Krieger die Feuer in den Hütten in Gang, oder kümmerten sich abwechselnd um Ville. Der Finne ertränkte seinen Kummer im Dorfladen in Alkohol. Zum Glück war Dorian schlau genug gewesen die Munition für die Gewehre in einem sicheren Safe einzuschließen und den Schlüssel mit in die Höhlen zu nehmen. Denn Ville war nah daran sich etwas anzutun. Chris-Angel, Kilian, Corey und Clyde hüllten sich in Schweigen, ließen ihn so weit sie es verantworten konnten, trinken. Jeder von ihnen hatte sich eine Spritze mit Liors Schlafmittel eingesteckt, sobald es dämmerte, würden sie dem Finnen das Mittel geben. Er sollte den Angriff nicht miterleben, es würde ihn umbringen. Alleine die Gewissheit, dass in einem der vier Jets sein kleiner Bruder saß, würde dazu reichen. Kurz vor Einbruch der Dämmerung verrichteten die fünf Schattenkrieger ihr Ritual in der Gemeinschaftshütte. Kilian spürte die anderen Schattenkrieger, die in den Höhlen beteten. Seine Brüder und Jessica waren ihm so nah, als knieten sie neben ihm. Er unterdrückte seine Ängste, er wollte nicht, dass Kiran und Jessica sie spürten. Er löste sich von ihnen, als das Ritual zu Ende war, neben ihm taumelte Ville. Er sah zu, wie Clyde den Finnen auffing und ihm gleichzeitig die Spritze in die Seite stach. Der Schotte murmelte eine Entschuldigung, als ihn dieser wütend anschaute. Nur Sekunden später sank er wieder zu Boden, schlief dank der hohen Dosis Schlafmittel ein. Mühelos hob Clyde ihn auf, brachte Ville in den Wald, wo sie ihr sicheres Versteck aufgebaut hatten. Der große Jeep stand unter ein paar ausladenden Fichten, nicht sichtbar aus der Luft. Schweigend aßen Kilian, Chris-Angel und Corey ihr letztes Mahl im Dorf, sahen nach den Feuern in den Hütten, löschten die Lichter und gingen ebenfalls Richtung Wald. In der Ferne wahren bereits die vier Kampfjets zu hören. Bald würde das Dorf brennen!
In den Höhlen wurde es still. Gordon und Cody schliefen in den Armen von Jessica und Kiran. Tristan saß mit Alistair, Conner und Dean vor dem Eingang und rauchte. Der Duft von Rauchkräutern lag in der Luft, benebelte den Kriegern in der mittleren Höhle die Sinne. Einer der Männer rauchte immer, ob es nun Patrick, Lior, Raven oder Gavin waren, die sich die Sinne vollkommen vernebeln wollten. Selbst Dorian und Vincente konnten die Finger nicht von den Kräutern lassen. Einige der Krieger beteten zu den Göttern, als sie die leisen Motorengeräusche der Kampfjets hörten.
Aidan und Ryan verließen die Höhle gesellten sich zu den drei Männern davor. In den Gedanken der beiden Ex-Air-Force-Piloten liefen die Bilder ihrer Einsätze ab. Die Jets sanken langsam etwa drei Kilometer vor ihrem Ziel, die Piloten machten ihre explosive Fracht zum Abwurf bereit, hielten den Funkkontakt nach Elmendorf und warteten auf den Befehl des Geschwaderführers. Die letzten Sekunden vor dem Abwurf herrschte angespannte Stille, selbst die Natur würde jetzt den Atem anhalten. Dann ertönte ein Knall in der ferne, die Explosion war selbst vor der Höhle sichtbar. Alistairs Hand ballte sich zur Faust, Tristan schloss die Augen, Dean und Conner traten sogar Tränen hinein. Aidan suchte nach Ryans Hand, drückte sie fest. Einen Moment wurden die Erinnerungen an ihren Absturz wach, verschwammen jedoch sofort wieder. Zwölf Geschosse setzten das Dorf in Brand, vernichtete die Heimat der Krieger und Dragon. Als die Jets ihre tödliche Fracht abgeworfen hatten kehrte eine Stille ein, die die Krieger beängstigte. Der Himmel über dem Dorf flackerte im blutroten Feuerschein. Sie wandten sich ab und gingen zurück in die Höhlen. Tristan nahm Jessica fest in die Arme, sie weinte nicht als einzige. Dorian ging auf Alistair zu, dem ebenso Tränen über die Wangen liefen, wie vielen der anderen Krieger und Schattenkrieger. Patrick hatte die Arme um Kiran und Cody geschlungen. Colin hielt mit düsterer Mine Sean im Arm. Sie alle beteten, dass den fünf Männern im Dorf nichts gesehen war, denn keiner besaß im Moment die Kraft, sie in Gedanken zu suchen. Noch einmal überflogen Kampfjets das Gebiet, dann trat wieder Totenstille ein.
Viggo Erikson meldete gefühllos und kalt, dass sie ihren Auftrag erledigt hätten. Seine Hände zitterten am Steuerknüppel des Jets, immer wieder drängte er die Tränen in den Augen zurück. Er wollte nicht weinen, nicht daran denken, welches Verwüstung sie hier angerichtet hatten, nicht daran, dass er wehrlosen Menschen ihr Heim genommen hatte. Der Einsatz in einem Kriegsgebiet war etwas anderes, dort wurde getötet um etwas zu erreichen. Was sie hier taten grenzte an Mord! Nur der Gedanke, dass er hoffentlich bald seinen Bruder sehen durfte, hinderte Viggo daran den Jet abstürzen zu lassen. Keiner seiner drei Kameraden suchte den Kontakt zu ihm, seit sie ein letztes Mal über das Dorf geflogen waren herrschte Schweigen. Das erst gebrochen wurde, als sie in Elmendorf um die Landeerlaubnis baten. Viggo war der Letzte, der auf der Landebahn aufsetzte und seine Jet in Richtung der Hangar steuerte. Drei Jeeps standen davor zwei mit der Aufschrift MP und ein weiterer der dem Kommandant von Elmendorf gehörte. Sicher würde dieser alle Vorwürfe von sich weisen, dass er von dem Angriff auf das Dorf gewusst habe. Somit trug der Offizier Viggo Erikson und der zweite Offizier Dylan Ryder die Verantwortung für dieses Vergehen. Noch im Jet zog der Finne seinen Helm ab, stieg dann aus dem Flugzeug, Dylan und er gingen gemeinsam auf die vier bewaffneten MP´s, den Kommandanten und den Navy-SEALS-Captain zu. Das Schauspiel konnte beginnen, die beiden Piloten behielten ihre kühle Gelassenheit und salutierten den beiden ranghöheren Soldaten.
„Offiizier Erikson, können Sie mir erklären, was Sie während des Manövers angerichtet haben?“ Wollte der Kommandant wissen.
„Ich weis nicht wovon Sie sprechen Sir!“ Stellte sich dieser dumm.
„Sie wissen genau wovon ich sprechen, Erikson! Sie und Offizier Ryder haben den Angriff auf ein Indianerdorf befohlen. Die Funker aus Fort Richardson konnten ihren Funkspruch genauso hören, wie wir hier in Elmendorf!“ Fuhr der Kommandant die beiden Männer kalt an.
„Wofür haben wir Raketen an Bord, wenn sie nicht genutzt werden dürfen?“ Viggo sah Dylan an, als er die Kälte in seiner Stimme hörte.
„Das Dorf wahr laut unseren Informationen bewohnt, Offizier Ryder!“ Mischte sich nun Captain Somerholder ins Gespräch mit ein.
„Na und? Wir sind Soldaten, ausgebildet um zu töten!“ Immer noch war Dylans Stimme so kalt wie das Polarmeer. Nicht nur er sah dem Captain kalt in die Augen, sondern auch Viggo.
„Meine Herrn, nehmen Sie Offizier Erikson und Offizier Ryder in Gewahrsam. Wir führen das Verhör in Fort Richardson weiter!“ Erklärte Captain Stuart Somerholder befehlsgewohnt. „Ich informiere Sie natürlich über den Stand der Dinge, Commander!“ Weder Viggo noch Dylan senkten nun ihre Blicke, die beiden Piloten ließen sich zwar widerstandslos abführen, behielten jedoch ihre stolze Haltung bei. Nicht nur einer der Soldaten in der Nähe sah dem Schauspiel zu. Denn es waren die beiden besten Piloten von Elmendorf, die hier von der Militärpolizei abgeführt wurden. Natürlich in zwei getrennten Jeeps, verließen sie die Air-Base. In dem des Finnen saß Navy-SEALS-Captain Stuart Somerholder und sah zu, wie ihm die Tränen liefen. Er ließ seine Maske fallen, als ihm Stuart die Handschellen löste, presste die Hände vors Gesicht und weinte hemmungslos. Sich bewusst, dass es auch die beiden MP´s im Front des Jeeps mitbekamen. Der Captain löste die Hände des Offiziers neben sich, hielt ihm sein Handy hin. Die SMS von Chris-Angel war vor einer halben Stunde gekommen. Der SBS-Commodore schrieb nicht viel, das Dorf sei völlig zerstört, die Bewohner alle am Leben. Trotzdem wischte sich Viggo jetzt ein paar Tränen aus dem Gesicht. Er dachte an die Worte des Engländers, er solle sicher wieder in Elmendorf landen, dann würde er dafür sorgen, dass dieser seinen Bruder sehen durfte. Mit diesem Gedanken brachten er und Dylan das Verhör hinter sich, dem sie in Fort Richardson ausgesetzt wurden. Zu erst das mit dem Inhalt, den Captain Stuart Somerholder und Major Jackman Elmendorf zukommen lassen wollten, um diese in Sicherheit zu wiegen. Danach sagten die beiden Geschwaderführer gegen ihren Kommandanten und einige andere in Elmendorf aus. Erst kurz vor Morgengrauen brachte man sie auf ein angemessenes Zimmer im Haus von Major Jackman. Erschöpft sanken die beiden Offiziere in den Schlaf.
Ville erwachte in der Höhle mit den heißen Quellen, er hatte Kopfschmerzen vom Alkohol und dem Heroin am Vortag. Fast hätte er die kleine Hand rau zurückgestoßen, die ihm sanft über die Wange strich. Doch dann besann er sich und öffnete die Augen. Er schaute in zwei paar große dunkelblaue Kinderaugen. Es waren die kleinen Zwillinge, die ihn geweckt hatten.
„Mam, Tris und Papa sind in der anderen Höhle. Sie sagen, wir sollen auf dich aufpassen, weil es dir nicht gut geht, Onkel Ville!“ Erklärte der aufgeweckte Cody, Gordon nickte bekräftigend.
„Das ist aber lieb von euch!“ Bemerkte der Wolf und strich über die beiden blonden Köpfe der kleinen Vampire.
„Warum geht es dir nicht gut, Onkel Ville? Bist du krank?“ Wollte Gordon jetzt wissen, er setzte sich auf, zog die beiden Kleinen auf seinen Schoss.
„Nicht wirklich, Gordon! Ich bin krank, weil ich mir Sorgen um jemanden mache. Weist du, wenn man jemanden ganz toll lieb hat und derjenige etwas dummes tun könnte, dann wird man auf diese Art krank!“ Erklärte Ville den Zwillingen. Er sah kurz auf, als jemand die Höhle betrat, Chris-Angel hielt zwei Tassen Tee in den Händen.
„Geht doch zu eurer Mama und Tris, dann pflege ich Onkel Ville wieder gesund, ihr zwei Rabauken!“ Chris-Angel lächelte, als die beiden kleinen Vampire davon liefen, dann wandte er sich dem Finnen zu, der den Kopf senkte. „Es tut mir leid wegen des Schlafmittels!“
„Es war besser so, sonst wäre ich euch während es Angriffs durchgedreht!“ Versicherte Ville traurig. „Hast du was von deinem Kamerad Somerholder gehört, Angel?“ Wollte er dann wissen.
„Ja, Stuart und die MPs aus Richardson haben Viggo und Dylan nach dem Angriff festgenommen. Noch auf dem Rollfeld und im Beisein vom Elmendorf-Kommandanten!“ Erklärte Chris-Angel, Ville sah ihn entsetzt an. „Keine Angst, die Festnahme war nur eine Ablenkung! Somerholder wollte Elemendorf und somit meinen Vorgesetzten in Sicherheit wiegen. Dein Bruder ist frei, er schläft sich in Richardson aus und mit etwas Glück siehst du ihn bald schon wieder!“
„Ich hab Viggo seit über zehn Jahren nicht mehr gesehen, Angel. Unser letztes Treffen war nicht schön!“ Gestand Ville leise und wieder mit Tränen in den Augen. Der Halbling legte ihm den Arm um die Schultern.
„Ich glaube, dass dieses Treffen besser wird Ville! Dein Bruder liebt dich sehr, als ich mit ihm und Dylan Ryder sprach, hat Viggo geweint. Er wollte seinen Befehl verweigern, Ville, aus Liebe zu dir! Gib ihm einfach eine Chance, geb sie euch beiden. Schau Jeremy und James Damon hatten auch einen heftigen Streit und wie sehr halten die drei Brüder jetzt zusammen. Das kannst du und Viggo auch schaffen! Komm trink deinen Indianertee und dann gehen wir beide gemeinsam auf die Jagd!“ Chris-Angel hielt ihm die Tasse hin. Der Finne trank langsam seinen Tee, der selbst die Kopfschmerzen verschwinden ließ. James Damon und Kilian schlossen sich ihnen während der Jagd an. Es war eher Zufall, dass es die vier Wölfe in die Nähe des Dorfes trieb. Kilian kamen die Tränen, als er in den Trümmern ein paar verbrannte Holzfiguren von Gordon und Cody fand. Chris-Angel nahm den weinenden Krieger der Schatten in die Arme. Während Ville und James Damon einfach dabei standen. Plötzlich brach der Waliser das Schweigen.
„Du hast gesagt, dass einer der Soldaten Ryder heißt, Angel. Weist du auch seinen Vornamen?“ Im Beisein der Anderen hatte Chris-Angel nur die Nachnamen der Soldaten verwendet.
„Eurem Cousin geht es gut, Damon, er ist genauso in Sicherheit wie Viggo Erikson!“ Versicherte er dem Waliser.
„Jeremy ist fast umgekommen vor Sorge um Dylan. Er wusste scheinbar, dass dieser in Anchorage dient, hat es uns aber erst heute Morgen erzählt. Nachdem ihn Ronald beim Kiffen mit Gavin erwischt hat. Ich wusste nicht, wie viel Jey für Dylan empfindet, aber es muss viel sein, wenn er weint und sich mit Drogen betäubt. Danke Angel, dass ich Jeremy und Ronald beruhigen kann, wenn wir zurück sind!“ James Damon sah wirklich erleichtert aus, was sogar Ville ein Lächeln ab rang.
„Du machst dir ziemlich viel Gedanken um deine Brüder!“ Stellte der Finne fest und legte dabei seine Hand auf den Arm des Walisers.
„Ich liebe meine Brüder, Ville! Seit ich hier bin hat sich Jeremy verändert, er ist still geworden, schreit einen nicht mehr an, wenn ihm etwas nicht passt. Auch wenn er es nicht sagt, aber ich glaube, er hat immer noch Angst, mich wieder zu verletzen. Ronald ist der Jüngste und ich schätze er hat in all den Jahren ziemlich unter Jey und mir gelitten. Wir haben uns ja fast nur gestritten! Ich versuche es halt den beiden leichter zu machen!“ Erklärte dieser, während sie sich wieder vom Dorf abwandten.
„Ich wünschte, ich hätte soviel Kraft, wie du Damon!“ Gestand Ville leise.
„Die wirst du haben, wenn du deinen Bruder liebst!“ Erwiderte James Damon ruhig. Chris-Angel und Kilian waren längst in ihrer Wolfsgestalt davon gerannt, jetzt folgten auch die beiden anderen Schattenkrieger.
In Fort Richardson betrachtete Dylan seinen Kameraden. Viggo trug eine verwaschene Jeans, die an den Knien etwas zerrissen war, dazu ein schwarzes Hemd. Der Finne wirkte völlig anders, als in seiner Uniform, der sichtbare Dreitagebart gab ihm etwas verwegenes, noch dazu die Bikerjacke, die er sich über die Schulter schmiss. Wenn man Viggo kannte, bemerkte man, dass er sich selbst betrog. Hinter seiner kühlen nordischen Art, verbarg der Finne geschickt seine Gefühle. Er spielte nach außen hin den starken Wikinger, doch im Herzen war er schwach, stand nur auf weil es Dylan tat. Seit über zehn Jahren machten die beiden Soldaten alles gemeinsam. Sie waren Freunde geworden, weil sie gemeinsam in einem fremden Land dienten und ihre Familien verlassen hatten. Viggo wand sich Dylan zu, betrachtete den dunkelhaarigen Waliser. Auch er trug eine Jeans und ein einfaches Sweetshirt. Auf seinem Bett lag die Pilotenjacke, die dieser ebenso in seiner Freizeit trug. Auch wenn es der Waliser nicht sagte, so wusste Viggo, dass er seinen Kummer bemerkt hatte. All die ganzen Jahre, in denen er versucht hatte Ville zu vergessen, in denen er seine Gefühle betäubte. Sei es im Adrenalinrausch beim Fliegen, in Alkohol oder wenn es ganz schlimm wurde mit einem Joint. All die Jahre hatte Dylan still und beschützend an seiner Seite gestanden, der Waliser und … Viggos Gedanken wurden von einem Klopfen und lauten Stimmen auf dem Gang unterbrochen. Die Tür schlug gegen die Wand, als ein Soldat hinein stolperte, Dylan fing den schwarzhaarigen Soldaten auf. Die Locken des Mannes verbargen sein Gesicht, doch sein Zustand verriet einiges. Ville wies die beiden Soldaten, die den Mann versucht hatten aufzuhalten, an, dass sie gefälligst die Sanitäter und Captain Somerholder, sowie Major Jackman holen sollten. Erst dann sah er wieder zu seinem Kameraden, der mit dem Piloten in den Armen auf dem Boden saß. Die dunkelbraunen Augen des Soldaten waren zugeschwollen, über dem rechten klaffte eine kleine Platzwunde. Die Lippen aufgeschlagen und ebenfalls leicht geschwollen. Blut klebte auf der Uniform und im Gesicht des Soldaten. Viggo wand sich ab, holte schnell ein Handtuch und einen Waschlappen aus dem Badezimmer. Geschwächt griff der Mann nach seiner Hand, als er ihm das Blut abwusch, der Finne schob sie mit der anderen Hand zur Seite. Dylan ergriff die Hand des Kameraden, dessen Finger sich sofort um seine schlossen. Vorsichtig zog Viggo dem Mann die Uniformjacke und das Hemd aus. Auch auf der Brust befanden sich blaue Flecken und Spuren eines Kampfes. Tränen rannen aus den geschwollenen Augen, als die beiden Offiziere leise fluchten. Unfähig zu sprechen versuchte der Mann einfach nur ruhig zu atmen, denn er wusste sich in Sicherheit. Wieder erklangen schnelle Schritte auf dem Flur, die drei Männer im Zimmer hörten, wie Major Jackman seine Leute anwies, keine Personen, die nicht zum Fort gehörten auf das Gelände zu lassen. Dann erschienen die Sanitäter im Zimmer gefolgt vom Major und Captain Somerholder. Der verletzte Soldat in Dylans Armen versuchte zu salutieren, wie es die beiden Anderen taten, er war zu schwach dazu. Gemeinsam mit den Sanitätern legte man ihn auf das Bett in dem der Finne geschlafen hatte. Mit aller Vorsicht kümmerten sich die beiden Sanitäter um die Verletzungen. Klammerten die Wunde über dem geschwollenen Auge und gaben dem Soldat etwas gegen die Schmerzen. Viggo und Dylan sahen mit geballten Fäusten dabei zu. Immer wieder suchten die dunkelbraunen Augen den Blick der beiden Piloten, schließlich kniete sich der Finne neben das Bett und ergriff die Hand des Südländers. Langsam wurde sein Blick trüb, begannen die Schmerzmittel zu wirken. Irgendwann erschlaffte die Hand, schlief der Verletzte ein. Viggo fluchte wieder, jedoch diesmal auf Finnisch. Dann sah er zu den beiden Männern, die noch an der Tür standen. In Major Jackmans Gesicht sah er Wut und Abscheu, während man in dem Gesicht des Navy-SEALS nicht lesen konnte. Stuart Somerholder schrieb eine Nachricht auf seinem Blackberry, trat dann ganz in den Raum. Vor dem Bett blieb der Captain stehen, musterte den Piloten, der nur noch seine Hose und Socken trug. Dann Viggo und Dylan, die mittlerweile beide rauchend am Fenster standen. Der Waliser mit dem Rosenkranz in der freien Hand, der Finne hatte diese zu einer festen Faust geballt. In den stahlblauen Augen gefror alles zu Eis, machten alle anderen Gefühlen Wut und Hass Platz für den arktischen Winter.
„Sie kennen diesen Mann Viggo?“ Wollte Stuart wissen, die vier Männer hatten sich am Abend zuvor auf den Vornamen geeinigt.
„Ja, er ist einer unserer Kameraden, ist gestern mit uns geflogen. Juan Ramon de Martinez, gleicher Dienstgrad wie Dylan und ich. Ist seit sechs Jahren in unserer Truppen. Ramon hat vorher in Kalifornien gedient, ist aber gebürtiger Spanier so viel ich weiß.“ Beantwortete Viggo die Frage.
„Ist es eigentlich in Elmendorf üblich, Kameraden so zuzurichten?“ Brach es wütend aus Major Donald Jackman heraus.
„Nein natürlich nicht, Donald!“ Kam es von Dylan. „Diese feigen Säue, warum haben sie das getan? Fy nuw, pam! Mein Gott, warum!“ Dylan machte seiner Wut Luft indem er mit der Faust auf das Fensterbrett schlug. Schweigen entstand, denn warum würden sie erst erfahren wenn de Martinez aufwachte. Stuart beschloss, dass sie erst am nächsten Tag zum Dorf fliegen würden. Da Dylan und Viggo hier nichts machen konnten, zogen sich die beiden Piloten ins Offizierscasino von Fort Richardson zurück und begossen ihren Frust mit Alkohol. Major Jackman und Captain Somerholder beeilten sich das Ermittlungsverfahren gegen den Kommandanten von Elmendorf so wie Admiral Sinclaire einzuleiten, denn nur der SBS-Admiral konnte hinter all dem stecken.
Chris-Angel saß vor der Höhle, das Bild, dass ihm Stuart aus Richardson geschickt hatte, mit der Erklärung, dass sie erst am nächsten Tag kommen würden, machte ihn wütend. Jemand beugte sich über seine Schulter, er achtete nicht darauf, sondern starrte weite aus das Bild. Ein Knurren kam von hinten dann schlug jemand gegen die Höhlenwand. Der Marine wand sich nun doch um, es war Nico der mit schwarzen Augen dort stand. Etwas, was man bei ihm sonst nicht sah. Der Wolf wand sich ab, lehnte den Kopf gegen die kühlen Steine.
„Alles in Ordnung mit dir Nico?“ Wollte Chris-Angel wissen.
„No, nada está bien!“ Fauchte der Spanier wütend. „Nein, nichts ist in Ordnung. Der Soldat auf dem Foto, wie heißt er?“
„De Martinez, sagt jedenfalls Stuart! Wieso, kennst du ihn?“ Antwortete der Commodore, sah dabei den Spanier vor sich an.
„Si, Juan Ramon ist mein Cousin väterlicherseits! Seine Eltern wohnen in Granada in einem Palacio in der Innenstadt. Ramon wollte immer schon zum Militär, ist mit achtzehn von Spanien abgehauen. Ich hab ihn dafür bewundert, dass er sich die Freiheit einfach nahm. Wir haben uns auf der Hochzeit seiner Schwester vor drei Jahren das letzte Mal gesehen. Was haben sie mit ihm gemacht, warum ist er verletzt?“ Nico ließ sich langsam an der Steinwand zu Boden sinken, suchte in seiner Lederjacke nach Tabak und Blättchen. Chris-Angel reichte ihm sein Rauchzeug.
„Das konnte mir Stuart noch nicht sagen, aber sie kümmern sich in Fort Richardson um ihn. Glaub mir, wenn ich jetzt dort wäre, würde ich den Kommandant von Elmendorf in der Luft zerreißen und Admiral Sinclaire schön langsam aussaugen! Fuck them!“ Nico sah Chris-Angel nur von unten herauf an. Auch seine Augen waren pechschwarz, der absolut tödliche Glanz des Todeskriegers lag darin. Der Spanier drückte den Rücken fester gegen die rauen Felsen hinter sich. Als habe er die Angst des Bruders gespürt, erschien Vincente im Höhleneingang. Während er die Hand nach Chris-Angel ausstreckte, wich dieser ein paar Schritte zurück.
„Fass mich nicht an, Vincente!“ Er senkte den Kopf, atmete tief durch. „Wenn du mich jetzt anpackst, könntest du Schaden nehmen!“ Wieder atmete Chris-Angel tief ein und aus, sah die beiden Spanier durch ein paar längere Haarsträhnen an.
„Es ist zu viel für dich, Angel! Gönn dir ein paar Stunden Ruhe, leg dich etwas schlafen!“ Tristans Stimme klang unendlich sanftmütig. Er näherte sich seinem Halbbruder langsam, streckte wie der Spanier zuvor die Hände nach ihm aus. Die noch schwarzen Augen wurden allmählich wieder heller, Chris-Angel biss sich auf die Unterlippe.
„Ich kann mich ausruhen, wenn Stuart morgen da war, Tristan!“ Gab er leise zu verstehen, sah dabei jedoch auf den Boden. Ryan und Aidan traten aus der Höhle, gefolgt von Corey, Alistair und Clyde. Langsam schloss sich der Kreis um Tristan und Chris-Angel.
„Du brauchst jetzt Ruhe, Commodore, nicht wenn du morgen Abend ganz zusammenbrichst!“ Bemerkte Clyde mit einer Ruhe, die die Anderen überraschte. Chris-Angel reagierte gereizt.
„Du hast mir nichts zu sagen, Highlander!“ Fuhr er ihn an.
„Warum? Weil ich auf der gleichen Stufe stehen würde, wie du, wenn ich nicht vor dreißig Jahren aus der Navy ausgetreten wäre?“ Gab Clyde noch immer ruhig zurück. „Céllí Mór Angel, sei vernünftig! Vor dir stehen Offiziere keine einfachen Soldaten. Wir wissen, was wir tun müssen, also gönn dir eine Auszeit Kamerad!“ Langsam trat Clyde auf den Commodore zu. Tristan dafür zurück zwischen Alistair und Corey. Chris-Angel ließ den Kopf hängen, lehnte die Stirn gegen Schulter des Schotten, als dieser vor ihm stand.
„Ich kann mich nicht ausruhen Clyde, ich bin viel zu aufgewühlt um zu schlafen!“ Gestand er leise, merkte nicht, wie all die anderen Soldaten gingen. Nur er und der Schotte noch vor der Höhle standen. Auch den leichten Regen bemerkte Chris-Angel nicht, er fühlte sich einfach nur leer.
„Lass dir von Lior oder Raven etwas Schlafmittel geben, Angel! Wenn du aufgibst, sind wir alle verloren! Kilian und Dean sind zwar die stärksten Krieger hier, aber du bist der Soldat. Sie können mit ihrem Glauben kämpfen, du tust es mit allem. Mit deinem Glauben als Schattenkrieger und Lordkrieger der Todeskrieger, mit deinem Wissen als Commodore des SBS und mit der Liebe zu deinen Mitmenschen. So viele von uns schauen zu dir auf, Angel, du bist unser Schutzengel, du und Kilian! Komm Kamerad ruh dich aus!“ Clyde schob ihn etwas von sich, um ihm in die Augen sehen zu können.
„Warum Lian und ich? Warum sind wir die Schutzengel der Krieger?“ Die Frage klang schon fast verzweifelt. Chris-Angel war wirklich erschöpft.
„Weil ihr als einzige hier keine Angst habt zu verlieren! Ihr beiden seht dem Tod mit einem Lächeln im Gesicht in die Augen und dreht euch um, um weiter zu leben!“ Clyde fing eine Träne auf, die über Chris-Angels Wange rann. Der Lordkrieger vor ihm schüttelte den Kopf, strich sich die Haarsträhnen aus den Augen.
„Und weil ich so hart bin, steh ich jetzt vor dir und flenne, Clyde, oder was?“ Giftete er, wütend über seine Schwäche. Der Schotte antwortete nicht, sonder zog ihn wieder gegen sich. Zitternd suchte Chris-Angel Halt an ihm, spürte, wie ihn dieser vorsichtig auf die Arme nahm. Erschöpft und ausgebrannt, ließ der Lordkrieger es geschehen. Der Schotte legte ihn genauso behutsam auf irgendein Lager, er spürte den Einstich einer Nadel in seinem Arm. Leise Stimmen, die sich unterhielten und dann wurde es schwarz um ihn, als Morpheus ihn in seine Arme nahm. Eisblaue Augen sahen in dunkelblaue, Clyde und Kilian hatten erreicht, was sie wollten. Chris-Angel würde seit Tagen endlich einmal schlafen. Die beiden Männer blieben an seinem Lager sitzen und rauchten. Während Jessica und Tristan dafür sorgten, dass sie hier bei den heißen Quellen ihre Ruhe hatten. Nur zwei Männer standen schweigend im Höhleneingang, ihre Schwerter vor sich. Corey und Alistair wirkten wie zwei Krieger aus einer längst vergessenen Zeit. Vereinten in diesem Moment nur all zu deutlich Schatten und Licht. Coreys Blick lag kalt und unnahbar auf dem Dampf der Quellen. Alistairs eisblauen Augen ruhten hingegen ebenso kühl, aber mit einem Funken Liebe auf den drei Männern am Feuer.
Sie kamen, zerrten ihn vor seinen Kameraden vom Bett. Schlugen ihn förmlich aus der Stube, rein in den Raum, den sie für ihre Verhöre nutzten. Immer wieder die gleichen Fragen, was er über die beiden Offiziere wüsste und was über diesen Captain Somerholder. Er gab immer wieder die gleiche Antwort, er wisse nichts. Warum sei der Funkkontakt kurz nach dem Angriff abgebrochen, nur bei diesen beiden Offizieren und ihm? Auch das wisse er nicht, hätte wahrscheinlich am Wetter gelegen! Schläge immer wieder Schläge, ins Gesicht und auf den Oberkörper. Blut als der Kommandant mit einem Schlagstock seine Augenbraue traf! Er schwieg weiterhin, selbst wenn er mehr gewusst hätte, so würde er nicht sprechen. Ein Moment der Bewusstlosigkeit, wieder folgten Schläge. Die ganze Nacht, erst am Morgen gaben sie auf, ließen ihn einfach dort liegen, keiner kümmerte sich um ihn. Keiner machte sich Gedanken darüber, dass der Soldat eines der Motorräder nahm und vom Gelände floh. Sie hatten ihn gesucht!
Mit Angstschweiß auf der Stirn wachte dieser aus seinem Traum auf. Er lag in einem Bett jedoch nicht in seiner Stube, denn es roch nach Zigarettenrauch. Selbst er rauchte nicht in seiner Stube, weil er von drei Kameraden der einzige war der rauchte. Noch immer waren seine Augen geschwollen, der Schweiß brannte in der Platzwunde am rechten Auge. Als er sich die Stirn mit dem Arm abwischte, bemerkte Ramon, dass man ihn verarztet hatte. Er schaute sich in dem Zimmer um, in dem er lag. Ein zweites Bett stand an der anderen Wand, jemand schien ganz in die Decken gehüllt darin zu schlafen. Eine Bewegung fast schon außerhalb seines Blickfeldes, ließ Ramon in die Höhe schnellen. Hände griffen nach seinen Schultern, drückten ihn zurück in die Kissen. Angst fuhr ihm durch die Glieder, nicht wieder Schläge. Doch als er den hellblonden Kopf sah, der sich über ihn beugte, verging die Angst. Sie machte einem Gefühl der völligen Erschöpfung Platz, ließ wieder Tränen in seinen Augen aufsteigen. Auch wenn er wusste, dass es Viggo Erikson nicht gefiel, wenn ein Soldat weinte. Als er nicht aufhören konnte zu heulen, legte sich der Finne angezogen neben ihn, zog seinen zitternden Körper gegen sich. Ramon weinte, bis ihn die Erschöpfung wieder in den Schlaf riss. Diesmal träumte er von Spanien, von seinem Cousin und ihrem letzten Treffen. Die Traurigkeit in dessen Augen, tat ihm damals weh, doch er konnte Nico nicht helfen. Wie es diesem und Colin wohl jetzt gehen würde, wo waren die beiden. Hatten sie geheiratet, wie es ihr Vater wollte? All diese Gedanken gingen Ramon durch den Kopf. Er hatte nicht auf die Abschussliste gesehen, die man ihm gegeben hatte. Namenlose Menschen zu töten war für ihn als gläubigen Christ zwar schwer, jedoch nicht so schwer, wie zu wissen, wen er vernichtete. Es roch nach Kaffee, als er erneut aufwachte. Die Sonne tauchte das Zimmer in angenehme Helligkeit. Irgendwo rauschte das Wasser einer Dusche, jemand zündete sich eine Zigarette an. Denn Ramon hörte das leise Klicken eines Sturmfeuerzeugs.
„Buenos dias, Ramon!“ Meinte Dylan, der mit noch nassen Haaren in sein Blickfeld trat, die Zigarette im Mundwinkel. „Ich hoffe dir geht es etwas besser, siehst übel aus!“ Fügte er mit einem mitleidigen Blick hinzu.
„Lass ihn doch erst einmal wach werden, Dylan! Du wirst schon früh genug erfahren, was geschehen ist! Soll ich dir was holen, Ramon, Schmerzmittel oder so etwas?“ Kam Viggos Stimme aus dem Hintergrund.
„Was zu Rauchen, Kaffee und eine Schmerztablette, währen schon nicht schlecht!“ Antwortete der Spanier. „Um dir deine Frage zu beantworten, Dylan! Ich kann mir vorstellen, wie es sich anfühlt, wenn sie einen foltern! Madre Dio, ich dachte, sie würden mich umbringen!“
„Jetzt ist es ja vorbei Ramon, du bist in Sicherheit, genauso wie Dylan und ich! Aber du wirst noch gegen sie aussagen müssen, sicher wollen Captain Somerholder und Major Jackman wissen, was in Elmendorf passiert ist!“ Viggo reichte seinem Kameraden die Zigarette und einen Becher Kaffee.
„Dann lass die beiden holen, damit ich diese Aussage schnell hinter mich bringen kann!“ Ramon nahm einen tiefen Zug aus seiner Zigarette, trank etwas Kaffee und sah Dylan nach, der das Zimmer verließ. „Hast du die ganze restliche Nacht bei mir gelegen, Viggo?“ Wollte er dann wissen.
„Ja, Ramon! Es tut mir so leid, dass wir dich mit hinein gezogen haben!“ Antwortete ihm der Finne mit einem reumütigen Blick. Er schüttelte den Kopf, er hatte immer noch selbst entschieden.
„Sie wollten, dass Wellington und ich den Kanal wechseln, nachdem der Angriff erfolgt war. Wellington hat es getan, ich nicht. Ich glaube der Kommandant ahnte bereits, dass ihr querschießen würdet. Viggo, es ist weder deine noch Dylans Schuld, ich habe selbst entschieden den Befehl zu missachten. Ich weiß nicht wieso, aber in den letzten Tagen musste ich so oft an meine Cousins denken. Besonders auf diesem beschissenen Einsatz! Egal, es war meine Entscheidung!“ Ramon strich über das Tattoo auf seinem rechten Oberarm, ein schwarzer Drachen. Sah wieder zur Tür, die sich nun öffnete. Dylan kam zurück, ihm folgte der Mann, den Ramon schon am Rollfeld von Elmendorf gesehen hatte. Doch diesmal trug der Navy-SEALS-Captain keine Uniform sondern zivile Kleidung. Ihm folgte ein uniformierter MP mit einem Aufnahmegerät in der Hand. Ramon salutierte, während Dylan und Viggo auf ein Nicken des Captain den Raum wieder verließen.
„Buenos Dias! Ich würde Ihnen dies hier gerne ersparen, Offizier de Martinez, aber wir brauchen Ihre Aussage! Mein Name ist übrigens Captain Stuart Somerholder, US-Navy-SEALS San Diego.“
„Es ist für mich in Ordnung, Captain, Sir!“ Erwiderte Ramon ruhig.
„Gut, dann nennen Sie mir doch bitte Ihre persönlichen Daten und Armeezugehörigkeit, Offizier!“ Der MP neben Stuart schaltete das Aufnahmegerät ein.
„Mein Name ist Juan Ramon de Martinez, geboren am 11.02.1978 in Granada, Spanien. Ausbildung zum Air-Force-Offizier in Los Angeles, seit sechs Jahren Offizier Air-Base Elmendorf hier in Anchorage.“
„Was wissen Sie von dem Angriff auf das Indianerdorf?“
„Wie Ihnen die Offiziere Erikson und Ryder sicher schon erzählt haben, sollten wir ein Manöver fliegen. Vier Geschwarderführer gemeinsam mit vier neuen Piloten. Dabei ging es darum, dass die neuen Piloten, die Geschwarderführer auf dem Radar ausfindig machen und identifizieren. Zwei Tage vor diesem geplanten Manöver erhielten Offizier Ryder, Erikson, Unteroffizier Wellington und ich eine Art Abschussliste und den Befehl auf dieses Dorf zu feuern. Was wir an jenem Abend auch getan haben.“
„Haben Sie sich diese Abschussliste angesehen, Offizier!“
„No, yo no tengo! Ich bin gläubiger Christ und hätte meinen Befehl nicht ausführen können, wenn ich gewusst hätte, wen ich töte!“
„Warum brach nach dem Angriff der Funkkontakt zusammen?“
„Unteroffizier Wellington und ich hatten die Order unseren Bericht über einen anderen Kanal zu senden. Ich glaube, man traute Offizier Erikson und Offizier Ryder nicht! Wellington wechselte den Kanal, ich nicht!“
„Warum nicht?“
„Weil ich meine Kameraden nicht ausliefern wollte!“ Ramon griff nach der Zigarettenschachtel, die Viggo liegen gelassen hatte.
„Woher stammen Ihre Verletzungen, Offizier de Martinez?“ Vor dieser Frage hatte sich Ramon am Meisten gefürchtet, trotzdem erzählte er ausführlich von seiner Folter und der Flucht, soweit er sich erinnern konnte. Der junge MP verzog angewidert das Gesicht. Stuart Sommerholder setzte sich hingegen auf die Bettkante, fasste nach den zitternden Händen des Spaniers. Diese unmilitärische Geste gab ihm die Kraft weiter zu sprechen, die Namen der Männer preiszugeben die ihn so zugerichtet hatten. Am Ende fühlte er sich sogar besser, die Schmerzen ließen weiter nach. Doch dann kamen sie schlagartig zurück, als ihm Stuart die Abschussliste gab und darum bat, dass er schaue, ob ihm Namen bekannt vor kämen. Colin und Nico standen auf dieser Liste, genauso wie ein Vincente del Niro, der scheinbar mit ihm und Nico verwandt war. Ramon stiegen Tränen in die Augen, er hatte seinen Cousin auf dem Gewissen. Er wollte es nicht glauben, als ihm Stuart sagte, dass Nico lebte. Wortlos zog dieser sein Handy aus der Tasche.
„O´ Harra? Wo ist Bailey? Ach so, dann las ihn schlafen, du kannst mir auch helfen. Ich möchte gerne Nico del Niro sprechen!“ Ramons Herz begann schneller zu schlagen.
„Herr del Niro? Mein Name ist Somerholder. Ihr Cousin sitzt neben mir und will nicht glauben, dass Sie leben. Darf ich Ihnen Offizier de Martinez geben?“ Es folgte eine kurze Pause, dann reichte Stuart das Handy weiter, verließ mit dem MP das Zimmer.
„Nico, estás ahí? Bist du da?“ Ramon schluckte, ein Moment Stille am anderen Ende.
„Si Ramon! Wie geht es dir, hast du große Schmerzen? Es tut mir leid, ich hab das Bild von dir gesehen, dass Somerholder Angel geschickt hat!“ In Nicos Stimme schwang Sorge mit.
„Es tut noch etwas weh, Gott sei Dank, sind keine Rippen gebrochen. Zwar sind meine Augen noch geschwollen, aber in ein paar Tagen geht es sicher schon besser. Mach dir keine Sorgen, Nico! Wo bist du, wie geht es Colin und wer ist dieser Vincente?“ Ramon ließ seinen Tränen einfach ihren Lauf.
„Ich bin mit den anderen Leuten aus dem Dorf in einer Höhle. Uns geht es so weit gut. Colin hat hier seine Familie gefunden, Ramon, er ist endlich glücklich! Vincente ...“ Eine raue Stimme fragte etwas im Hintergrund, Nico antwortete auf Spanisch, jedoch leise, so dass es Ramon nicht verstand. „Vincente ist mein richtiger Bruder, Ramon. Er wurde mit drei Jahren zur Adoption freigegeben!“ Nico schluckte hörbar.
„Weil er nicht den Idealen unserer Familie entsprach, genauso wie Colin und ich! Nico, darf ich dich sehen?“ Wollte Ramon wissen.
„Somerholder und deine Kameraden kommen uns heute Nachmittag besuchen! Sicher kannst du beim nächsten Mal mit fliegen!“ Wieder klang Sorge in Nicos Stimme mit.
„Nicht nächstes Mal, Nico, ich komm heute mit. Und wenn ich zum Heli kriechen muss, ich will dich wiedersehen!“ Das folgende Lachen klang wie Musik in Ramons Ohren. Wie sehr er seinen Cousin doch vermisst hatte.
„War mir klar, lieber Cousin! Aber ich sag dir jetzt schon, ich hab mich ziemlich verändert. Bin jetzt ein Krieger, wie Colin es ist! Ich freue mich, dich wiederzusehen Ramon!“ Damit war das Gespräch beendet.
Vor den Höhlen nahm Kilian Nico das Handy ab. Der Wolf hatte den Kopf in den offenen Haaren seines Bruders verborgen und schluchzte wie ein kleines Kind. Colin und Vincente sprachen beruhigend auf Spanisch auf ihn ein. Während Jessica und Tristan, mit den Zwillingen auf dem Arm, nur zusehen konnten. Nico war in den letzten Tagen immer stark gewesen, hatte so manchen von ihnen in den Höhlen getröstet. Jetzt brauchte er selbst Trost. Den seiner beiden hermanos, den Colin war auch weiterhin auf eine Art sein Bruder. Schließlich waren die beiden gemeinsam aufgewachsen, vertrauten einander auch jetzt noch blind. Colin empfand immer noch sehr fiel für Nico, dies konnte man in der liebevollen Art sehen, wie er versucht ihn zu trösten. Immer wieder strich er ihm über den Rücken, oder entwirrte ein paar dunkle Locken. Vincente hatte den Kopf auf Nicos Scheitel gelegt, die Arme um ihn geschlungen, dem Spanier standen Tränen in den Augen. Er konnte seinen kleinen Bruder nicht leiden sehen, es tat ihm einfach in der Seele weh. Genauso wie das Bild von Ramon, das ihm Kilian gezeigt hatte. Chris-Angel kam irgendwann aus der Höhle, rieb sich verschlafen die Augen. Er fragte nicht, warum Nico weinte, oder warum Kilian sein Handy hatte, sondern ging gemeinsam mit Ville und James Damon auf die Jagd. Was Clyde und Alistair bewies, dass sie ihre Arbeit gut machten. Anschließend sahen die Krieger einem Schwertkampf zu, wie sie ihn noch nie gesehen hatten. Clyde und Corey lieferten sich ein Duell, die beiden Vampire kämpften nicht mit den stumpfen Übungsschwertern, sondern mit scharfen. Schnell merkten die Krieger, dass sich Corey selbst bei Alistair noch zurückhielt, denn er nahm Clyde härter ran. Funken sprühend schlug Stahl auf Stahl, folgte Schlag auf Schlag, manchmal so schnell, dass man es kaum sah. Schließlich flog eines der Schwerter durch die Luft. Nicht etwa Clydes Zweihänder, sondern es war Corey der waffenlos vor dem Schotten stand. Keiner hatte den ältesten Vampir je geschlagen, selbst Alistair gelang es nicht. Erst sah der Ire den Highlander verwundert an, dann folgte ein anerkennendes Lächeln und der Applaus der anderen Krieger. Clyde bedankte sich mit einer galanten Verbeugung. Während des anschließenden Mittagessens herrschte Stille bei den Kriegern. Ville, die drei Ryder-Brüder, Nico und Colin machten sich auf ein Wiedersehen mit ihrem Bruder oder ihren Cousins gefasst. Die Anderen waren einfach nur gespannt, wie diese reagieren würden, ob sie ihre Leute wiedererkannten. Denn jeder hatte sich sicher auf die ein oder andere Weise verändert, besonders Nico. Der spanische Adelssohn, der kämpfte und Motorrad fuhr, rauchte und trank. Sich benahm, wie jeder andere der Krieger. Gegen drei Uhr hörten sie den Helikopter kommen, der Stuart Somerholder, Viggo Erikson, Dylan Ryder und Juan Ramon de Martinez zu ihnen brachte. Während Chris-Angel und Kilian sich auf den Weg machten, um die Gäste von der kleinen Lichtung abzuholen, warteten die Anderen vor der Höhle. Ville stand neben Gavin, schien dort Schutz zu suchen. Jeremy, hatte die Arme um die Schultern seiner Brüder gelegt. Vincente und Colin hielten Nico an den Händen, der immer noch traurig und erschöpft wirkte.


Kapitel 12



Kilian betrachtete die vier Männer, die den Helikopter verließen. Stuart Somerholder war der Erste, reichte ihnen ganz unmilitärisch die Hand. Ihm folgte Dylan Ryder, der vor Chris-Angel salutierte und Kilian die Hand hinhielt. Viggo Erikson stützte Juan Ramon de Martinez etwas. Man sah dem Spanier an, dass er Schmerzen hatte. Eine dunkle Pilotensonnenbrille bedeckte die geschwollenen Augen, schützte ihn vor der Sonne. Trotzdem tat er es seinen Kameraden gleich, stand vor Chris-Angel stramm und reichte Kilian die Hand. Langsam gingen sie in die Richtung, in der die Anderen auf sie warteten. Als Ramon ins Stolpern geriet, trat der Krieger der Schatten an seine andere Seite, half wortlos Viggo ihn zu halten. Warum tat sich der Spanier dies an, er quälte sich sichtlich, erinnerte Kilian an seine eigene Art. Auch er hatte sich gequält, tat es jetzt manchmal noch. Ramon sah zu Boden, als ein leiser Schrei zu hören war. Nico lief ihnen entgegen, fiel seinem Cousin um den Hals, nahm ihm dann die Sonnenbrille ab. Der Schattenkrieger sah in dunkelbraune Augen, in denen Schmerz und Tränen standen. Dann schlossen sie sich langsam, Ramon fiel in sich zusammen. Nico fing den fallenden Soldat auf, sank mit ihm in den Armen zu Boden. Vier Männer lösten sich aus der Gruppe der Krieger, Brendan, Pádraig, Lior und Raven eilten fast gleichzeitig los.
„Kreislaufzusammenbruch!“ Stellte Brendan nüchtern fest. „Am Besten wir bringen deinen Cousin erst einmal in die Höhlen, Nico!“ Der Spanier reagierte nicht, hielt Ramon einfach weiter in den Armen.
„Nico, es mejor que tener a Ramón a la cueva!” Wiederholte Pádraig den Satz auf Spanisch, jetzt schien er zu verstehen. Ließ zu, dass die beiden Indianer Ramon fortbrachten. Gemeinsam mit Colin und Vincente folgte er ihnen und den beiden irischen Sanitätern, die Ramon in die Höhle mit den heißen Quellen brachten. Während sich die Anderen draußen unterhielten, brach dort wiedereinmal der Kampf um ein Leben los. Der Soldat hatte nicht nur Nico belogen, sondern auch die Armeesanitäter. Seine Rippen waren gebrochen, er sagte nur, dass er keine Schmerzen dort habe. Die Gesichter der Indianer wurden immer verschlossener, um so schwächer der Spanier atmete. Pádraig und Brendan taten ihr Möglichstes, stellten jedoch schnell fest, dass es hier nicht reichte.
„Colin wir können nichts ...“ Begann Brendan leise, bevor sich Nico auf ihn stürzte, ihm die Faust ins Gesicht schlug. Vincente zog seinen Bruder von ihm fort. Drückte ihn fest an sich!
„Meinst du, er hätte es gewollt?“ Die Frage war an Colin gerichtet, der sie auch verstand.
„Er ist Christ, aber sicher würde er damit zurechtkommen!“ War die Antwort. „Bringt bitte Nico hieraus und sorgt dafür, dass wir ungestört sind! Ach und sagt Chris-Angel, er soll ihnen die Wahrheit über uns sagen!“ Seine Worte ließen keine Widerrede zu, selbst Brendan fügte sich wortlos. Vincente sah auf den Cousin hinab, den er nicht einmal kannte, dann verwandelte er sich in den schwarzen Wolf. Colin nahm Ramon in den Arm und spürte etwas tief im Inneren dessen Seele. Er legte seine Hand auf den Drachen auf Ramons Arm. Die Augen des Spaniers öffneten sich noch einmal, schauten in die blauen des Halblings über sich.
„Déjame volar con los dragones y bailando con los lobos, Colin!” Flüsterte Ramon kaum hörbar, dem Iren traten Tränen in die Augen.
„Usted, Ramón! Das wirst du, Ramon, mit den Drachen fliegen und den Wölfen tanzen, ich verspreche es dir!“ Bestätigte er leise, als Vincente zubiss und ihm danach mit den Fängen die Pulsader öffnete. Ramon trank sein Blut mit geschlossenen Augen. Ein Lächeln bildete sich auf den aufgeschlagenen Lippen. Kilian kam mit Nico zurück, setzte sich wortlos neben Colin. Die Vier begleiteten den spanischen Soldaten auf seinem neuen Weg. Als er sein jetziges Leben beendete, weinte nicht nur Nico, auch Colin liefen Tränen über die Wangen. Doch Vincente und Kilian gaben den beiden Halt und Trost.
In der mittleren Höhle streichelten Dylan und Viggo fasziniert zwei Wölfe. Ville und James Damon ließen es über sich ergehen, auch als die beiden kleinen Vampirzwillinge es den Soldaten gleichtaten. Sie waren es, die den drei Männern die Angst vor dem Unglaublichen genommen hatten. Mit ihrer so normalen kindlichen Art. Stuart dachte einen Moment an seine eigenen Kinder die in San Diego auf ihn warteten. Er wusste schon jetzt, dass er die drei Air-Force-Soldaten nicht mehr mit zurück nach Fort Richardson nehmen würde, wenn in zwei Stunden der Helikopter kam. Stuart wünschte den drei tapferen Soldaten nichts mehr, als dass sie hier glücklich werden durften. Für ihn war diese fantastische Welt der Krieger nichts, seine Welt war die der Navy, seiner Frau und seiner beiden Kinder. Er lächelte Cody an, als dieser ihm freudestrahlend seinen Kuschelwolf zeigte. Alistair und Tristan erwiderten dieses Lächeln freundlich. Viel zu schnell vergingen die beiden Stunden in der Welt der Nachtwesen. Tatsächlich brachten Chris-Angel, Dean und Kilian nur Stuart Somerholder zurück zum Helikopter. Viggo und Dylan hatten sich sofort entschlossen bei ihren Familien zu bleiben. Während des Abendessens fragten die beiden Soldaten die Anderen aus, natürlich wollten sie wissen, wie es war, ein Vampir oder Werwolf zu sein. Keine Frage blieb unbeantwortet, selbst als Viggo fragte, ob man noch eine Frau lieben könnte, wurde ihm diese Frage unter Lachen beantwortet. Irgendwann schliefen die beiden Soldaten ein, dass sie einer der Vampire in den Schlaf schickte merkten sie nicht. Nur Sekunden später hallte ein Schrei durch die Höhlen, Ramon kam an den Rand der ersten Schmerzwelle. Es blieb jedoch bei diesem einen Schrei. Später sollten sie erfahren, warum. Denn anders wie sie alle, bekam Ramon seine Schmerzen voll mit. Wusste was er tat, dass er das Wesen, welches man ihm austreiben wollte, nun ganz geweckt hatte. Mit diesem einen Schrei, ließ er sein altes Leben los, sagte sich von allem frei, was ihn gefesselt hatte.
„Nico, es war nicht der Teufel, Ramon ist ein Dragon, wie ich!“ Brach es aus Colin heraus, seine Hand lag wieder auf dem Tattoo des Spaniers. Vincente und Kilian verstanden zuerst nicht, was Colin meinte. Dann nutzte Krieger der Schatten die Fähigkeit, die er von Aidan abgeschaute, er suchte nach einer Seelenflamme. Colins flackerte stark und kräftig rötlich und gräulich neben ihm. Nicos reine weiße Flamme auf der anderen Seite, daneben die hellgraue des Schattenkriegers Vincente. Doch die Flamme zwischen ihnen, sie war grau, wie die von Kiran und ihm selbst. Kilian berührte den schwarzen Dragon darin leicht. Er wurde mit Freunden begrüßt, auch wenn Ramon nun wieder fest schlief. Als er die Augen öffnete, war Vincentes Blick fragend auf Nico und Colin gerichtet.
„Ramon war vierzehn, ich fast fünfzehn, als wir uns in der Schule schlugen. Sie alle dachten, dass es meine Schuld gewesen wäre, ich angefangen hätte. Doch es war Ramon, der mir eine Ohrfeige gab. Es war die Sache, warum ich ins Internat musste. Später schrieb mir Nico, dass Ramon sich wieder geprügelt habe. Unser Cousin war nicht dumm, im Gegenteil, er behauptete, der Teufel hätte ihn dazu getrieben!“ Colin sah den jüngeren Spanier an.
„Einige Tage später ließen ihn mein Vater und seine Mutter in die Kathedrale von Granada bringen, die ganze Familie musste zuschauen, wie man Ramon vor dem Altar den Teufel austrieb. Danach war er völlig bei seiner Familie unten durch, außer Emilia, seine Schwester, redete keiner mehr mit ihm. Ramon ging nach Amerika, erfüllte sich dort den Traum vom Militär und Fliegen. Als Emilia vor drei Jahren heiratete, lud sie auch ihn ein. Sein Vater schmiss ihn von der Feier, ich bin damals mit Ramon trinken gegangen. Ja, Colin, das war so mit der Anfang meines kompletten Ausbruch aus dieser beschissenen Adelsfamilie!“ In Nicos dunklen Augen blitzte einen Moment lang Hass auf. Er verschwand jedoch schnell wieder, denn der Spanier hatte mit seiner Familie abgeschlossen. Vincente strich seinem Cousin eine schwarze Locke aus dem Gesicht.
„Ich glaub, ich kann froh sein, dass mir dieser Scheiß erspart blieb!“ Meinte er dann kühl. „Mein Leben war nicht leicht, aber eures war grausam!“ Vincente nahm Nico in den Arm, beugte sich dann vor um auch Colin kurz zu umarmen. Als der einzige Krieger, gemeinsam mit Kilian zum Morgenritual ging, brach die zweite Schmerzwelle über Ramon herein. Diesmal kam kein Ton über die verheilten Lippen, einzig und allein ballte er eine Hand zur Faust, drückte sich etwas fester gegen den Husky-Wolf der neben ihm lag. Ramon streichelte sogar kurz über Colins Kopf, bevor er erneut einschlief.
Viggo und Dylan beobachteten die betenden Krieger. Leise übersetzte Dylan, was die knienden Krieger sagten, denn er konnte Gälisch. Viggo hörte zu und betrachtete Ville, der im Schatten neben Gavin und Jeremy stand. Sein großer Bruder hatte sich völlig verändert. Ville trug scheinbar mit Stolz den Dolch am Gürtel, die Pistole in seinem Rucksack, hatte Viggo auch gesehen. In den himmelblauen Augen stand eine Härte, die es vorher nicht gegeben hatte. Ihm standen die langen blonden Haare, Viggo kannte sie nur kurz, auch die Lederkluft kannte er von ihm nicht. Vor ihm stand nicht mehr der Mann im Schatten, dem er auf dem Flughafen von Dublin eine Ohrfeige gegeben hatte. Er war sich sicher, dass Ville heute zurückschlagen würde. Ob sein Bruder seine Blicke spürte, ob es ihn wütend machte, dass ihn Viggo so beobachtete. Um Villes Lippen bildete sich plötzlich ein Lächeln, er drehte den gesenkten Kopf etwas und sah ihn direkt an. Erschrocken senkte der Jüngere den Kopf, schaute nicht mehr auf, bis sich eine Hand unter sein Kinn legte, ihn sanft dazu zwang.
„Komm lass uns etwas spazieren gehen, Bruder, der Wald ist fast so schön, wie zu Hause in Finnland!“ Villes Stimme klang ruhig und freundlich, kein Hass, keine Wut. Viggo griff nach seiner eigenen Lederjacke, die auf dessen Lager lag, wo er heute die Nacht verbracht hatte. Eine ganze Zeit lang gingen sie schweigend nebeneinander her, bis Ville auf einer wunderschönen Lichtung stoppte. Sich dort einfach auf einen Baumstamm setzte.
„Viggo, was damals passiert ist, war nicht schön, aber es ist vorbei!“ Brach er das bedrückende Schweigen. „Ich hätte nicht versuchen sollen, dich aufzuhalten, weil ich Angst vor der Einsamkeit hatte. Es hat Jahre lang weh getan, ich bin völlig abgestürzt und wieder aufgestanden! Trotzdem trägst du nicht die Schuld dafür!“
„Ich war dein einziger Halt Ville, das wusste ich damals schon. Ich wusste, dass ich dich vielleicht niemals wiedersehe. Vielleicht herausfinde, dass du dir den goldenen Schuss gesetzt hast! Olen pahoillani, veli! Es tut mir leid, Bruder!“ Ohne darüber nachzudenken, was er tat, drehte sich Viggo einen Joint. Er nahm Villes traurigen Blick nicht wahr.
„Viggo, komm lass das! Du bringst dich damit um!“ Erst jetzt bemerkte dieser was er tat. Ville war aufgestanden, nahm ihm den Joint aus der Hand. Die Drogen landeten in einem Gebüsch, der Wolf griff in die Jackentasche und holte einen Lederbeutel heraus. Er drehte zwei Zigaretten mit dem Tabak darin, reichte dann eine von ihnen Viggo.
„Von den Drogen bin ich immer noch nicht los, Viggo. Aber da bin ich hier auch nicht der Einzige!“ Gestand Ville und steckte sich die Rauchkräuterzigarette an. „Die Indianer benutzen diese Kräuter für Traumreisen, wie sie sagen. Doch sie wirken genauso gut, wie ein Joint und sind nicht so gefährlich! Die richtige Mischung musst du jedoch selbst herausfinden.“
„Danke Ville! Du hast dich so verändert in den letzten Jahren, ich hätte dich gestern fast nicht wiedererkannt!“ Bemerkte Viggo leise, als habe er Angst seinen Bruder zu verletzen. Doch dieser löste nur die silberne Spange aus seinen Haaren, schaute ihn lächelnd an.
„Ich hab viel durchgemacht in den letzten Jahren, musste lernen, dass es nicht immer gut ist, Pazifist zu sein. Glaub mir Viggo, ich töte nicht gerne, doch wenn ich muss, weiß ich meinen Dolch oder die Pistole zu benutzen!“ Erklärte Ville seinem jüngeren Bruder, ließ dessen musternden Blick einfach über sich ergehen.
„Hast du getötet Ville? Kennst du dieses beschissene Gefühl, zu wissen, dass du einen Menschen auf dem gewissen hast?“ Viggo senkte den Kopf. „Ich war im Irak, Afghanistan war mein letzter Einsatz im Ausland. Ich weiß, dass ich dort Menschen getötet habe. Ich weiß, dass ich auch hier Menschen getötet hätte, wenn ihr das Dorf nicht geräumt hättet! Ich bin ein eiskaltes Arschloch, Bruder!“ Tatsächlich hatte Viggo bei diesem Geständnis Tränen in den Augen. Ville legte ihm die Hände auf die Schultern.
„Was willst du hören Viggo? Dass ich dich jetzt noch mehr hasse?“ Das Kopfnicken war kaum sichtbar. „Du bist Soldat, es ist dein Job dies zu tun! Aber glaub mir, was ich als Nachtwesen getan habe, war grausamer! Lange Zeit bin ich nicht mit dem Wolf in meinem Herzen klar gekommen. Hab ihn mit Heroin betäubt, doch wenn er seine Drogen nicht bekam, wurde er zu einem wirklichen Monster! Ich hab Menschen die Kehle zerfetzt, nur um an ihr Blut zu kommen, Viggo! Du solltest das Wesen hassen, dass ich geworden bin, nicht ich dich!“ Ville strich seinem Bruder eine Träne von der Wange. Ihn so zu sehen, tat ihm in der Seele weh.
„Ich kann dich nicht hassen, Ville! Du wurdest nur verletzt, schon als Kind. Sie gaben dir für alles die Schuld und du nahmst sie auf dich! Wenn ich nicht gewusst hätte, dass du nicht in diesem Indianerdorf gewesen wärst, dann ...“ Ville hielt Viggo den Mund zu, er wusste auch so, was dieser sagen wollte, las seine Gedanken.
„Als Vater mich halb tot schlug, war da ein kleiner Junge, gerade einmal zehn Jahre alt. Der sich zwischen uns stellte. Der weinend seinen großen Bruder ins Bett brachte und dessen Tränen trocknete. Jahre später, hatten wir unseren wohl größten Streit und dir rutschte dabei die Hand aus, wie Vater so oft davor. Doch als du schon in der Tür zum Terminal warst, hast du dir Tränen aus den Augen gewischt. Viggo wir wurden so erzogen, ich so, dass es für mich normal war einzustecken du so, dass der Hass auf mich normal war! Lass uns hier ganz neu anfangen, gemeinsam, wie es sich für Brüder gehört! Ich hatte solche Angst, dass du gestern wieder gehen würdest!“ Ville schaute mit verschwommenem Blick in ein tränenfeuchtes Gesicht. Viggo schüttelte langsam den Kopf.
„Das hätte ich nicht gekonnt, nicht nach der Begegnung mit diesem bezaubernden Wolf. Ville du bist einfach einzigartig für mich!“ Er blickte nun auf den hellen Wolf hinab, konnte immer noch nicht glaube, was er sah. Trotzdem verbarg er nun das Gesicht in dessen weichem Fell und ließ den Schmerz der letzten Jahre raus. Erst als es schon dämmerte gingen die beiden Finnen zurück. Ville hatte nicht einmal bemerkt, dass er ohne Entschuldigung dem Ritual ferngeblieben war. Doch Kilian schwieg mit lächelnden Augen, als er die Brüder sah. Beim Abendessen fehlte nur Vincente, der seinen Bruder zum Essen gezwungen hatte. Nico sah müde aus, immer noch aufgewühlt und traurig. Doch diesmal aß der Spanier wenigstens etwas und nahm das Blut an, dass ihm Sean in einem Becher reichte.
Ramon spürte das warme und weiche Fell des Wolfes, seine Hand lag noch immer auf dessen Kopf. Er musste also noch einmal wachgeworden sein, nachdem die Schmerzen vorbei waren. Vorsichtig öffnete der Spanier die Augen, blickte auf den scheinbar schlafenden schwarzen Wolf. Ob er nun auch solch ein wunderschönes Wesen war? Was war mit dem Wesen, dass er seit der Prügelei mit Colin immer mal wieder spürte? Fort war es nicht, den dies hätte er bemerkt. Würde man ihm hier zeigen können, damit umzugehen? Nachdenklich strich Ramon dem Wolf über den Rücken. Das Tier drehte den Kopf, dunkelbraune Augen schauten in ebensolche. Dann schlüpfte der Wolf unter seiner Hand hindurch, verwandelte sich in einen Mann, der Nico etwas ähnlich sah. Vincente, so hatte dieser seinen großen Bruder genannt, zog den Dolch aus seinem Gürtel. Ramon sah zu, wie er sich die Ader am Handgelenk öffnete, es ihm wortlos an die Lippen hielt. Er trank das Blut seines Cousin, seiner eigenen Familie. Wärme flammte in Vincentes Augen auf, die gleiche mit der ihn Nico behandelt hatte. Dann entdeckte Ramon die heißen Quellen, ein fragender Blick auf den Wolf, der sich wortlos das Hemd auszog. Nur eine Minute später lagen die beiden Spanier im angenehm warmen Wasser. Plötzlich erhob sich das düstere Wesen in ihm, als jemand die Höhle betrat. Ramon zitterte, denn er wusste, dass er vielleicht jemand verletzten könnte. Doch derjenige, der hinter ihnen stehen blieb, beruhigte auf eine seltsame Art das Wesen. Kleidungsstücke raschelten lauter als sonst, dann ließ sich ein Mann mit kastanienbraunen Haare neben ihm ins Wasser gleiten. Vincente lächelte diesen an, stand auf und ließ Ramon mit dem Fremden alleine. Er musterte den Mann, die langen Haare reichten ihm wohl bis in die Mitte des Rückens, waren zu einem Zopf geflochten. Eine Tätowierung zierte das rechte Schulterblatt des Mannes, ein Drachen und Merlin. Man sah ihm an, dass er seinen Körper in Form hielt. Wache blaugraue Augen schauten dem Wasserdampf zu. Wieder reagierte das Wesen in Ramons Seele, er wollte aufspringen, fliehen, um diesen Mann nicht zu verletzten. Doch der Fremde griff nach seinem Oberarm, schloss die Hand um den Drachen darauf. Wärme nichts als Wärme machte sich in Ramons Seele breit. Beruhigte erneut das Biest in ihm. Der Fremde lächelte ihn tatsächlich an, so als störe es ihn nicht, dass er das Böse im Herzen trug. Als der Fremde ihn los ließ, blieb die Wärme zurück. Noch etwas geschah, er konnte fühlen, dass auch dieser Mann ein Wesen in sich trug. Ein starkes und mächtiges Wesen, das bereit war, ihn unter seine Flüge zu nehmen, ihn zu lehren mit seinem Wesen umzugehen. Noch immer lächelte der Fremde, griff hinter sich und zog ein Päckchen Tabak aus seiner Hose.
„Du hast Angst vor dem Wesen in deinem Herzen!“ Stellte der Fremde fest, Ramon nickte und nahm den dargebotenen Tabak. „Du brauchst keine Angst zu haben, Ramon! Ich bin übrigens Conner.“
„Aber das Wesen macht mich wütend, zwingt mich Menschen zu verletzten!“ Gestand er mit zitternder Stimme. „Ich trag den Teufel in mir, Conner!“ Wieder erklangen Schritte hinter ihnen.
„So ein Quatsch!“ Bemerkte jemand rau. „Keiner trägt den Teufel in sich, nicht du und nicht ich!“ Ramon wand sich dem Sprecher zu, sah in dunkelblaue Augen und spürte eine seltsame Verbundenheit zu dem Schwarzhaarigen.
„Na ein Engel bist du auch nicht, Kiran! Sei denn es gibt saufende Engel, oder welche die wie der Teufel Bodhrán-Trommel spielen!“ Hielt Conner dagegen, der Angesprochene schaute beleidigt zu Boden, doch seine Mundwinkel zuckten.
„Pass auf was du sagst, Conner!“ Er griff nach der Kleidung, die vor ihm lag, nur Sekunden später fielen die Sachen vor ihnen ins Wasser. Dann Kiran in einem hohen Bogen hinterher. Conner brach in Gelächter aus, genauso wie der Mann, der den Schwarzhaarigen ins Wasser gestoßen hatte. Eindeutig Conners Zwilling, den die beiden Männer ähnelten sich, bis auf die kühle Art, die von diesem ausging.
„Danke Jimmy!“ Meinte der Sanftere und sammelte seine Sachen ein. Doch dann flog auch James ins Wasser, seinem Zwilling in die Arme. Mehrere Männer lachten nun hinter Ramon, Conner, Kiran und James. Noch einmal spürte Ramon tiefe Verbundenheit, als sich eine Hand ausstreckte und Kiran aus dem Becken half.
„Wie oft hat man dir gesagt, dass du nicht in Klamotten schwimmen sollst, Brüderchen!“ Erklang Colins Stimme, Ramon wandte sich ihm zu, sah die vielen Männer, die jetzt in der Höhle waren. Doch seine Aufmerksamkeit richtete sich nur auf eine Person, die hübsche junge Frau, die lächelnd zwischen Colin und scheinbar Kirans Zwilling stand. Sie trug ein Kind auf dem Arm, das friedlich schlief. Die Tränen kamen so unverhofft, bei dem Gedanken daran, dass er vielleicht ein Kind hätte töten können. Keiner der Männer oder die Frau sagte etwas, als Ramon hemmungslos zu schluchzen begann. Im Gegenteil, er spürte, dass sie alle sich schützend um ihn stellten, um das grausame Wesen, für das sich der Spanier hielt. Als er jetzt zusammenbrach, war es anders wie nach dem Flug. Er sah auch nicht, dass einer der beiden schwarzhaarigen Zwillinge alle aus der Höhle schickte, selbst Colin ging. Ramon stieg blind vor Tränen aus dem Wasser, griff einfach nach der Decke, die noch am Feuer lag und wickelte sich darin ein. Er bemerkte den Mann nicht, der ihn musterte.
„Ich hätte fast ein Kind getötet, ein wehrloses kleines Kind!“ Flüsterte er auf Spanisch, Kilian bekam die Übersetzung von Colin, der in seinen Gedanken war. Ramon griff sich an den Hals, zerriss die goldene Kette mit dem Kreuz daran. Sie flog in einem hohen Bogen ins Wasser der heißen Quellen. Kilian sank neben ihn, legte ihm die Arme um den bebenden Körper. Er spürte den gleichen Selbsthass und Schmerz, den er selbst erfahren hatte. Die Zerrissenheit, weil er nicht mit dem dunklen Wesen in sich umgehen konnte. Ramon war ihm so ähnlich, wie kein anderer hier. Der schwarze Drachen des Spaniers erhob sich wütend fauchend. Stürzte sich blind auf Black, das einzige Wesen was er finden konnte. Doch Kilian wusste mit diesem Angriff umzugehen, er zügelte Black und ließ dem Drachen die Mach, bis dieser in seine Arme sank. Im Schutz der blauen Dragon gab er anschließend dem geschwächten schwarzen Dragon etwas Kraft zurück. Ramon schloss die Augen, öffnete sie jedoch schlagartig wieder, als er Blut roch.
„Trink Ramon, du bist noch immer schwach!“ Meinte der noch namenlose Zwilling Kirans. Er zögerte einen Moment, denn er spürte, dass der Mann vor ihm mächtig war. Doch dann trank er, zog vorsichtig das Blut aus der Wunde. In die dunkelblauen Augen trat Wärme, statt der Kälte, die vorher darin gewesen war. Kilian legte Ramon die andere Hand auf den Arm.
„Ich bin das selbe wie du! Du hast zu Colin gesagt, dass du mit den Dragon fliegen willst und mit den Wölfen tanzen. Ich trage genauso wie du dieses dunkle Wesen in mir und bin ebenso ein Wolf!“ Erklärte Kilian ruhig.
„Dieser Drachen in mir, er macht mich zum Monster!“ Gestand Ramon traurig. „Ich schlage zu, wenn er sich in mir regt, ich verletzte Menschen!“
„Weil du nicht weist, wie du den Dragon beherrschst. All die Männer, die eben hier in der Höhle waren und auch meine Schwester, wir alle tragen solch ein Wesen in uns. Selbst Colin! Als ich noch nicht wusste, wie ich diesen Drachen beherrsche, habe ich auch anderen Leuten Schmerz zugefügt. Doch dann brachte man mir bei, wie ich mit meinem schwarzen Dragon umgeht. Jetzt beherrsche ich ihn, nicht mehr er mich! Das kannst du auch, Ramon!“ Skeptisch sah der Soldat Kilian an, nickte dann jedoch. „Wie bist du eigentlich auf den Wolf gekommen, darauf, dass du mit ihm tanzen willst?“ Hakte er nach, Ramon sah zu Boden.
„Ich weis es nicht, es ist mir einfach so raus gerutscht!“ Antwortete er.
„Du lügst, Spanier!“ Meinte Kilian leise, während Ramon eine Locke um den Finger drehte. „Sollen wir wo anders weiter reden?“ Dorian trat in die Höhle, legte einen Rucksack vor Kilian auf den Boden. Der Spanier schaute zu dem silberblonden Vampir auf, der kaum sichtbar ein freundliches Lächeln auf den Lippen trug.
„Es sind Vorräte für zwei Tage im Rucksack. Angel meinte, dass die Hütten am See unbeschädigt sind!“ Erklärte Dorian ruhig. „Yo no he dicho nada a ellos!” Wand er sich an Ramon, während Kilian diesmal keine Übersetzung von einem Anderen erhielt. Der Spanier bedankte sich, was Kilian zwar verstand, jedoch nicht den Grund dafür. Zu dritt gingen sie in die zweite Höhle, wo Viggo und Dylan ihren Kameraden freundschaftlich umarmten. Sich Ramon jedoch sofort von Nico, Colin und Vincente verabschiedete. Ohne einen Blick auf den weißblonden Vampir am Eingang der äußeren Höhle, ging Ramon mit Kilian nach draußen. Dort zeigte ihm der Wolf, wie er sich in einen verwandelte. Er brachte dem Spanier das Jagen bei, so wie er es auch bei Brendan getan hatte. Zu erst zögerte dieser, doch dann entdeckte er die Freiheit seines Wolfes, die Ungezwungenheit, die Kilian hatte. Sie begannen miteinander zu spielen, wie zwei Welpen. Jagten den letzten Sonnenstrahlen hinterher oder lieferten sich ein kleines Wettrennen. Ramon begann Kilian zu mögen, spürte, dass sie scheinbar viel gemeinsam hatten. Der Krieger der Schatten nahm hingegen wahr, dass dieser besser mit seinem Wolf klar kam, als mit dem schwarzen Dragon. Der Spanier war fast genauso schwarz wie Vincente, hatte jedoch ein ganz dunkelbraunes Ohr und einen dunkelbraunen Fleck auf der Nase. Seine Bewegungen waren so elegant, wie die seiner beiden Cousins. Ob er auch so gut tanzen konnte, wie Nico und Vincente? Mittlerweile hatten sie den See erreicht, Ramon stoppte neben Kilian, betrachtete das Panorama. Die Sterne spiegelten sich in der ruhigen Wasseroberfläche, der Mond verlieh der Szene einen silbrigen Glanz. Etwas magisches lag an diesem Ort, etwas das er zwar nicht beschreiben konnte, was ihn jedoch beruhigte. Kilian ließ dem Soldaten die Zeit, sich umzusehen, den Anblick zu genießen, bevor sie auf die Hütten zugingen. Der Krieger der Schatten wählte die mittlere der drei Hütten, denn er wusste, dass sich in dieser alles befand, was sie brauchten. Hatte man aus den anderen beiden Hütten nach und nach die Haushaltsgegenstände und anderes Brauchbares geholt, so waren diese Dinge in der Hütte des Highlords geblieben. Denn manchmal suchte einer der Krieger hier Ruhe und Abgeschiedenheit. Besonders Shane, der immer noch mit der Trennung von seiner Familie kämpfte, war oft hier. Doch auch Rea und Gavin suchten gelegentlich ihre Ruhe am See. Während Kilian, wie selbstverständlich, das Feuer im Kamin entfachte, sah sich Ramon um. In Gedanken griff er nach dem Päckchen Tabak, welches der Ire auf den Tisch gelegt hatte. Erst das Lächeln des Kriegers der Schatten, ließ ihn seine Tat bemerken.
„Entschuldigung, ich wollte nicht einfach deine Sachen nehmen!“ Gab er leise zu, doch Kilian lächelte einfach weiter und begann Kaffee zu kochen.
„Schon okay, ist hier eh üblich! Wir rauchen so ziemlich alle, da wird das genommen, was man gerade greifbar hat. Bedien dich einfach!“
„Grazias! Danke einfach für alles!“ Ramon fuhr sich wieder einmal nervös durch die dunklen Locken. „Du hattest übrigens Recht, als du sagtest, dass ich lüge. Lo siento! Sorry!“ Ramon wich gegen die Wand zurück, als Kilian auf ihn zu ging. Sofort blieb dieser stehen, griff nun auch nach seinem Tabak.
„Sagst du mir die Wahrheit, wenn ich dich jetzt frage, warum? Was hat dir Dorian eben gesagt?“ Er sah Ramon nicht direkt an, ließ den Spanier jedoch sein Gesicht sehen.
„Dorian und ich kennen uns! Er hat mir gesagt, dass er euch nichts gesagt hat!“ Ramon setzte sich an den Tisch. „Ich war in Irland, wollte eigentlich nach Spanien meine Familie besuchen. Seit meine Schwester geheiratet hatte, war ich nicht mehr in Espania. Doch Emilia sagte mir, dass es besser sei, wenn ich nicht käme. Da ich allerdings bereits einen Flug gebucht hatte, der über London ging, wollte ich nicht mehr ganz stornieren. Also stornierte ich nur den Flug nach Granada. Ich kann es nicht erklären, was ich damals bei Colin sah! Es tut mir leid!“ Gestand Ramon und schaute traurig auf die Tischplatte. Kilian spürte, dass noch jemand hier war, vor der Hütte stand. Er bat denjenigen, in Gedanken, doch einzutreten. Es war Dorian, der die Hütte betrat. Ramon eine Weile betrachtete, bevor er sprach.
„Ramon sah damals, wie wir den Bastard, der Colin anfiel, in die Flucht schlugen. Während Alistair hinter diesem herlief, wollte ich dem Menschen die Erinnerung nehmen. Denn er sah auch, wie wir Ian angriffen! Ramons Dragon ging jedoch gegen mich, so dass ich ihm die Erinnerung nicht nehmen konnte. Also erklärte ich Ramon, was wir sind und auch was Ian war. Ich sagte ihm, dass er dieses Geheimnis für sich bewahren sollte!“ Am Tisch hob der Spanier den gesenkten Kopf, die dunklen Augen funkelten einen Moment.
„Du hast es mir gesagt? Du hast mir deinen Dolch an die Kehle gehalten Dorian!“ Protestierte Ramon halbherzig.
„Ja, die stumpfe Seite, aber das merktest du ja nicht, Andalusier! Ist doch jetzt auch nicht mehr so wichtig. Jedenfalls brachten wir Ramon nachher zurück zum Flughafen, ich buchte einen Rückflug für ihn in die USA! Du hast dein Versprechen gehalten, bist nie wieder zurück nach Europa gekommen.“ Erklärte Dorian und nahm sich einfach einen Kaffee, sowie von Kilians Tabak.
„Vielleicht wäre ich doch geflogen, aber ich hatte halt einige Einsätze in der letzten Zeit!“ Bemerkte Ramon. „Damals schon sah ich diesen Werwolf und war fasziniert von ihm. Er war wunderschön und gleichzeitig so schrecklich, wie das Wesen in meinem Herzen!“
„Also bin ich schrecklich!“ Stellte Kilian fest und knurrte böse.
„Nein, bist du nicht!“ Widersprach Ramon jetzt entschieden. „Du bist genau das Gegenteil! Es tat gut mit dir durch den Wald zu jagen und auch wenn du diesen Dragon in dir hast, bist du nicht böse! Ehrlich, ich kenne dich kaum, aber ich bewundere dich jetzt schon!“
„Danke Ramon! Brendan sagte, dass du Rippenbrüche hattest, wusstest du das?“ Kilian betrachtete den Spanier vor sich. Er bediente sich erneut von seinem Tabak und trank einen Schluck Kaffee.
„Ich wusste es! Aber ich wusste auch, dass sie mich nicht mitnehmen, wenn ich es sage! Mir war es egal, ob ich sterbe, denn wer braucht mich schon? Wer hat eigentlich dafür gesorgt, dass ich auf diese Art weiter lebe?“ Man hörte deutlich etwas Abscheu heraus.
„Ich kann mir vorstellen, dass es für einen gläubigen Christ nicht einfach ist, so zu leben!“ Dorian zog die zerrissene Kette aus seiner Manteltasche, legte sie vor Ramon auf den Tisch. Dieser stand jedoch auf und schmiss sie ins Feuer.
„Er hat mich in dem Moment verlassen, als ich in den Kampfjet stieg, Dorian! Ich hab meinen Glaube verloren, eigentlich schon mit vierzehn in dieser Kathedrale in Granada! Es war nicht Nico, der mich gerettet hat, oder?“ Ramon sah Kilian an, der mit seiner Kaffeetasse an der Spüle lehnte.
„Nein es war nicht Nico, es waren Colin und Vincente!“ Antwortete dieser nun endlich auf die Frage des Spaniers. Ramon nickte nur, betrachtete erneut Kilian, den er für stark und mächtig hielt. Der nun langsam auf ihn zu kam, während Dorian lautlos die Hütte wieder verließ. Das die beiden Männer sich in Gedanken besprochen hatten, ahnte Ramon nicht. Auch nicht, dass Kilian ihn noch in der Nacht richtig mit seinem Dragon bekannt machen würde.
Chris-Angel betrachtete die beiden Soldaten, die draußen vor der Höhle rauchten. Scheinbar hatten sie größten Respekt vor den beiden McLoud-Zwillingen, die im Mondschein mit den Schwertern kämpften. Denn wenn einer von ihnen sie ansah, senkten sich der braune und der hellblonde Kopf respektvoll. Wobei Viggo wohl vor jedem hier den Kopf senkte, er schien sich zwischen ihnen klein zu fühlen. Dylan nahm die Sache, wie sie kam, hatte sich von seinen Cousins vieles erklären lassen. Er half sogar beim Abendessen zubereiten mit, während sich Viggo in dieser Zeit in einer Ecke verkroch. Als der Finne bemerkte, dass ihn Chris-Angel beobachtete salutierte er förmlich. Kopfschüttelnd wand sich der Marine ab, stieß fast mit Kim zusammen, der plötzlich hinter ihm stand, genauso wie Frank. Wortlos zogen ihn die beiden grünen Dragon mit sich in die Dunkelheit der Bäume. Kim griff in die Tasche seiner Lederjacke und holte ein Tagebuch heraus. Er schlug die letzten Seiten auf. Auch im Wald konnte Chris-Angel den Eintrag genau erkennen. Er war in englischer Sprache verfasst, doch schnell stellte Chris-Angel fest, dass es nicht die Muttersprache des Schreibers war. Denn er schrieb:

Mein erster voller Tag bei meinem Bruder! Ich bin glücklich, ihn wieder gesehen zu haben. Ich bin froh, dass er mich so ehrlich aufgenommen hat. Doch ich komme mit allem nicht zurecht. Die Leute hier sind anders, völlig fremde Wesen. Ich fühle mich so klein hier, so falsch! Mir erscheint Villes Liebe zu mir falsch. Die Freundlichkeit der anderen Wesen hier. Ich hab es nicht verdient, dass sie mich so behandeln! Nicht verdient, dass die beiden kleinen Jungs hier mit dem Mann spielen, der ihnen fast ihr Dasein geraubt hätte.
Ich weiß nicht, wie lange ich es noch ertragen kann, Ville in die Augen zu sehen und zu wissen, dass ich diesen Mann so dermaßen verändert habe. Sicher bin ich schuld daran, denn ich hab ihn in Dublin geschlagen und stehen gelassen. Mit seinem Kummer und den Drogen, völlig alleine! Ich hätte wissen müssen, dass er es nicht unbeschadet übersteht.
Vielleicht ist es besser wenn ich gehe, für immer aus dem Leben verschwinde!


Chris-Angel schlug gerade das Buch zu, als ein Schrei die Nacht zerriss. Kim und Frank rannten los, während er sich nur umwand. Er sah wie Viggo auf die beiden kämpfenden Vampire zulief. Alistair bemerkte zwar die Bewegung, konnte sein Schwert jedoch nicht mehr rechtzeitig zurück ziehen. Die scharfe Klinge verfehlte allerdings Viggos Herz, riss ihm jedoch den linken Arm auf. Blut spritzte, bevor Clyde mit beiden Händen die Wunde zu verschließen versuchte. Dylan wurde ohnmächtig, aus der Höhle stürmten mehrere Krieger, unter ihnen auch Ville. Der Finne blieb reglos stehen, während seine himmelblauen Augen langsam dunkel wurden. Gavin und Tristan ihn bei den Armen packten. Wieder schwand ein Menschenleben, wieder standen die beiden Heilkundigen und die beiden Sanitäter machtlos daneben. Wieder war es ein Wolf und ein Halbling die reagierten! Kim und Frank knieten sich zwischen die beiden Vampiren. Vorsichtig hob Frank den bewusstlosen Finnen an, bevor sich sein dunkelblonder Lockenkopf senkte. Kim gab Viggo schließlich sein Blut, bevor Brendan die Wunde am Arm verband. Schweigend sahen die Anderen zu, wie Kim den Körper des Finnen aufhob, ihn vorsichtig in Villes Arme legte. Dieser drückte seinen Bruder an sich, war nicht fähig zu laufen, sondern setzte sich mit diesem in den Armen auf den Boden. Colin war es, der Viggo schließlich in die Höhlen trug, während Ville aufsprang und im nahen Wald verschwand. Dean griff nach Alistair Haaren, löste die Spange daraus, nahm dem Vampir auch den Dolch ab. Der Schotte ließ es geschehen, ohne sich zu rühren.
„Er hat nichts getan, Viggo ist einfach in sein Schwert gerannt! Es ist ungerecht ihn zu bestrafen!“ Zerbrach Dylans Stimme die bedrückende Stille. Der einzige Mensch unter ihnen wagte es dem Krieger des Lichts zu widersprechen. Jeremy sah seinen Cousin entsetzt an, selbst er hätte es im Moment nicht gewagt, gegen Dean anzugehen.
„Er wird in der vorderen Höhle beten und fasten, bis Viggo erwacht!“ Gab Dean zu verstehen, sah dabei Alistair an. Dieser reichte wortlos Clyde seinen Ledermantel, zog noch vor allen Anwesenden seine Kleidung bis auf die Hose aus. Dann ging er in die Höhle. Dylan sah den Vampir im Schatten auf den rauen Felsen knien, als er gemeinsam mit den Anderen zurück kam. Die weißblonden Haare verdeckten das Gesicht des Schotten.
Kilian erzählte Ramon mit Absicht eine Lüge, er wollte, dass der Dragon in ihm zum Vorschein kam. Der Spanier verlor sich in seiner verzweifelten Wut, darüber, dass Alistair angeblich absichtlich Viggo verletzte. Der Krieger der Schatten war schlau genug gewesen, die Wut in ihm nicht in der Hütte des Highlords zu wecken. Er hatte den Spanier in die alte O´ Harra Hütte geführt. Dort ließ Ramon dort seinen Drachen fliegen, oder eher die Möbel und die Fäuste. Der Ire steckte selbst ein paar Schläge des Wolfes ein, versuchte ihn nicht einmal zu beruhigen. Erst im Morgengrauen sank der Soldat mitten im Chaos auf die Knie, schlich sich in eines der Betten in der mittleren Hütte und schlief weinend ein. Kilian schürte das Feuer im Kamin, kochte sich einen Indianertee und gönnte sich eine Rauchkräuterzigarette. Er spürte den Schattenkrieger, der sich zu ihnen an den See schleppte. Spürte den kraftlosen Wolf, noch bevor sich die Tür öffnete. Ville stolperte hinein, die Augen des Finnen waren glasig. Ruß und Asche auf seiner schwarzen Lederkleidung und im Gesicht, verriet Kilian, dass er im Dorf gewesen war. Er drückte ihn auf einen der Stühle, zog ihm die schwere Lederjacke aus. In der Armbeuge des Finnen entdeckte Kilian mehrere Einstiche. Scheinbar hatte Ville in den Trümmern des Dorfs etwas gefunden, mit dem er seinen Seelenschmerz betäuben konnte. Er strich mit dem Daumen über die Einstiche, schaute dann in die glasigen Augen. Sie waren gefühllos und leer, was ihn mehr schmerzte als die Tatsache, dass der Finne völlig unter irgendwelchen Betäubungsmittel stand. Als ihm eine Träne über die Wange rann, hob dieser die zitternde Hand, wischte Kilian die Tropfen ab. Dann sank die Hand kraftlos zurück in seinen Schoss. Ville schloss die Augen, als ihm der Krieger der Schatten die Asche abwusch, er war unfähig es selbst zu tun.
„Danke mo Thiarna!“ Flüsterte er, nachdem Kilian ihn gewaschen hatte. Dieser betrachtete den geschundenen Körper, über die Brust zogen sich einige Schnitte, die sich der Schattenkrieger wohl mit seinem Silberdolch zugefügt hatte.
„Ist schon gut, Ville! Ich kann dich verstehen, es tut weh und du weist nicht damit umzugehen!“ Kilian legte ihm die Hände auf die Schultern. Er las die Gedanken des Finnens und nahm ihn in die Arme. Endlich brach der Damm und dieser konnte seine Gefühlen nachgeben.


Kapitel 13



In der Höhle erlebte Dylan die Verwandlung von Viggo mit. Der Soldat schrie vor Schmerz, Tränen rannen über seine blassen Wangen. Doch der Waliser sah auch, wie sich die Anderen um ihn kümmerten. Clyde saß am Lager des Finnens, wischte ihm den Schweiß von der Stirn. Raven drückte seinen weichen Wolfskörper an ihn, selbst noch als Viggo ihm das Fell ausriss. Als Dylan die Schreie seines Kameraden nicht mehr ertrug, verließ er die mittlere Höhle. Noch immer kniete Alistair in der vorderen, doch er hatte den Kopf in den Nacken gelegt, die geschlossenen Augen zur Decke gerichtet. Über seinen Oberschenkeln lag das Schwert, welches Viggo verletzt hatte. Noch immer klebte das Blut des Finnen daran, doch nicht nur dessen Blut, auch das des Schotten. Denn er presste eine Hand feste um die Klinge. Dylan ging auf den Vampir zu, versuchte die Hand zu lösen. Er merkte, dass Alistair nachgab, damit es ihm gelang. Fuhr zusammen, als er plötzlich in die eisblauen Augen des Vampirs sah. Er senkte den Blick schaute zu, wie sich der Schnitt in dessen Handfläche langsam schloss. Alistair Blick suchte den eines Anderen, den seines jüngeren Bruders. Dorian war mal wieder lautlos in die Höhle getreten, schien zu merken, dass der Ältere litt. Vorsichtig um Dylan nicht zu verschrecken, kam er nun näher. Doch der Waliser war fasziniert davon, wie sich die Wunde in der Hand des Vampires weite schloss. Es brauchte keine fünf Minuten, bis sie nicht mehr sichtbar war. Erst jetzt schaute er zu Dorian, der neben ihm kniete. Der jüngere Vampir schob seinem Bruder eine Haarsträhne hinters Ohr, nahm ihm dann das Schwert ab. Er reichte es einem der beiden ältesten O´ Harra-Zwillinge. Dylan konnte diese noch nicht auseinander halten. Dann zog Dorian ihn auf die Beine, schob ihn sanft aber bestimmt aus der Höhle hinaus in einen verregneten Nachmittag.
„Stell die Fragen, die du stellen willst, Dylan!“ Kam es von ihm.
„Ist es normal, dass eure Wunden so schnell heilen?“ Wollte er als erstes wissen. Der Schotte lächelte ihn an.
„In diesem Fall ja! Das Schwert ist aus reinem Stahl, also heilt die Wunde ziemlich schnell, da sie nicht besonders schwer war.“ Erklärte Dorian offen, griff dann in die Manteltasche und holte sein Silbermesser heraus. Er schnitt sich in die Hand, wie Alistair zuvor. „Die Klinge meines Messers ist versilbert worden, genauso wie die des Dolches. Bekommen wir Silber in die Wunde, dann heilt sie nicht so schnell. Du weist, wohin man schießt, um jemanden zu töten. Schießt du mit Silber auf einen Vampir oder auch Werwolf, dann sind diese Schüsse genauso tödlich, wie bei einem Menschen.“
„Dann hätte der Angriff auf euer Dorf, euch gar nicht töten können?“ Kam die nächste Frage.
„Doch das hätte er! Ihr habt das Dorf in Flammen aufgehen lassen, Dylan. Das Feuer hätte auch uns getötet!“ Gab Dorian zu.
„Wird Viggo überleben? Er scheint sehr große Schmerzen zu haben!“ Dylan wand sich mit Tränen in den Augen ab. „Viggo war mein Stubenkamerad in der Kaserne, wir waren mehr als nur Kameraden, wir waren wie Brüder. Ich glaube, ich würde es nicht überstehen, ihn zu verlieren!“
„Diese Schmerzen sind bei der Verwandlung normal, Dylan! Viggo hat die erste Welle dieser Schmerzen jetzt überstanden. Sie ist meistens die Schlimmste, er wird auch den Rest überstehen. Danach ein wunderschöner Wolf sein, wie sein Bruder und euer Kamerad Ramon!“ Dorian hielt ihm seinen Tabak hin.
„Habt ihr alle so geschrien wie Viggo?“ Dylan drehte sich eine Zigarette.
„Die meisten von uns ja, nur wenige nicht! Kevin und Raven zum Beispiel nicht, oder auch Ramon, er schrie nur einmal, was Viggo und du nicht mitbekamen, weil ihr geschlafen habt!“ Dorian betrachtete den jungen Soldaten vor sich. „Du bist stärker wie Viggo, vielleicht wirst du nicht schreien, wenn du dort liegst, Dylan!“
„Jeremy will nicht, dass ich einer von euch werde!“ Gestand der Waliser leise und nachdenklich.
„Willst du es denn?“ Hakte der Schotte ruhig nach.
„Ich wäre der einzige Mensch unter euch! Zurück in meine Welt, so wie sie noch vorgestern war, will ich nicht, also warum soll ich es nicht machen!?“ Dylan sah zu Jeremy, der im Höhleneingang stand. „Ich weiß, dass er sich Sorgen um mich macht, weil er herausgefunden hat, dass ich ...“ Jeremy löste sich aus dem Höhleneingang, kam langsam auf sie zu, weswegen er wohl den Satz unvollendet ließ.
„Jeder Soldat oder Krieger braucht sein Ventil für seine Sorgen, Dylan! Ich weiß zum Beispiel von Tristan, dass er lange einsame Spaziergänge unternimmt, wenn es ihm schlecht geht. Aidan redet viel mit Corey, auch über seine Zeit bei der Air-Force. Aber musst du dich mit Beruhigungsmittel zuballern, Cousin? Muss das sein?“ Dorian sah die rote Träne in Jeremys Augenwinkel hängen, sie löste sich, rollte langsam über sein Gesicht. Dylan streckte den Arm aus, doch er wurde fort geschlagen. Eine weitere Träne fand ihren Weg, während der Schattenkrieger seinem Cousin die Arme festhielt.
„Du heulst, Jeremy! Du heulst tatsächlich wegen mir!“ Stellte Dylan trocken fest, schaute seinem Cousin dabei ins Gesicht.
„Ydw, byddwch fucking bastard!” Kam es leise von Jeremy. „Ja ich weine wegen dir, Dylan! Denkst du, ich will dich verwandeln müssen, weil du eine Überdosis genommen hast? Denkst du, ich will sehen, wie mein Cousin sich mit Tabletten umbringt? Wenn du unbedingt einer von uns werden willst, Dylan, dann kann ich es nicht ändern! Aber verlange nicht von mir, dass ich dir mein Blut geben oder dir das deine nehme! Verlange es auch nicht von Damon oder Ron, verstanden!“ Jeremys braunen Augen funkelten, er ließ Dylan los, wischte sich die Augen und ging davon. Ronald lief seinem Bruder hinterher. Der Soldat sah den beiden sprachlos nach, nie zuvor hatte er den einen weinen sehen, nicht einmal als Kind. Sein ältester Cousin war immer kalt wie Eis und hart wie Stahl. Jemand legt Dylan von hinten einen Arm um die Schultern, James Damons Gesicht erschien neben ihm. Erst als dieser ihm eine Träne fort wischte, bemerkte er, dass er selbst weinte.
„Ich richte mich nicht nach dem was Jey sagt, Dylan! Wenn es dein Wunsch ist, erfülle ich ihn dir!“ Flüsterte dieser. „Aber nur, wenn es Jeremy nicht mitbekommt, okay!“
„Dann tu es jetzt, mach mich zu einem Halbling, wie du es bist, Damon!“ Dylan klang entschlossen, sich seiner Sache völlig bewusst. „Ich möchte, dass du mir das Gift gibst und wenn ...“ Dylan stockte, ging langsam auf die Höhle zu. Chris-Angel hielt ihn jedoch zurück.
„Du bekommst mein Blut, Kamerad, wenn du es willst. Es ist das Wenigste, was ich im Moment für dich tun kann Dylan!“ Chris-Angels Ruhe steckte auch ihn an, er ließ sich von den beiden Halblingen in die Höhle mit den heißen Quellen führen. Setzte sich wortlos auf die Decke, die neben dem Lager lag, auf dem Viggo feste schlief. Chris-Angel setzte sich hinter Dylan, legte seinen Dolch dabei neben sich. James Damon strich seinem Cousin über die Wange, bevor er den Kopf auf seine Schulter legte.
„Bist du dir sicher Dylan?“ Wollte er wissen, spürte nur das Nicken seines Cousins. Dieser schloss die Augen, als er James Damons Mund auf seinem Hals spürte. Die spitzen Fänge bohrten sich fast schon zärtlich in seine Ader, er spürte keinen stechenden Schmerz oder der Gleichen. Das Gift brannte etwas, aber es war nicht besonders schlimm. Dann spürte Dylan das Handgelenk an seinen Lippen, den metallischen Geschmack des Bluts. Er schluckte ein paarmal bis Chris-Angel seinen Arm fortzog.
„Ich bekomme auch mit Schlafmittel Alpträume, sagt das Jeremy, wenn ich Schrei. Sagt ihm, dass es mir einfach zu viel war und ich Schlafmittel genommen habe!“ Meinte Dylan bevor ihn die Dunkelheit überkam. Er schlief in James Damons Armen ein. Schritte kamen näher, Corey und Matthew verließen Viggos Lager.
„Die Lüge kannst du dir sparen James Damon!“ Jeremys Stimme war kalt. „Ich hätte es mir auch so denken können, dass du es tust! Aber keine Angst, ich werde es Dylan nicht sagen.“ Er setzte sich neben seinen jüngeren Bruder, so nah, dass dieser den Kopf auf seine Schulter legen konnte. Chris-Angel ging, als auch Ronald kam. Im Kreise seiner Cousins trat Dylan Ryder seinen neuen Weg an.
Ramon verschlief fast den ganzen Tag, doch als er aufwachte entdeckte er den hellblonden Finnen im Bett neben sich. Ville lag mit dem Rücken zu ihm, schien feste zu schlafen. Warum war er nicht bei seinem Bruder, der ihn jetzt brauchte? Warum ließ er Viggo wieder einmal alleine? Ramon stand auf, näherte sich langsam dem schlafenden Finnen. Er schien noch nicht lange fest zu schlafen, denn seine Wangen waren noch feucht von Tränen. Als er die Hand ausstreckte, sie auf die Schulter des Schlafenden legte, geschah es.
Er sah plötzlich, wie sich Viggo in Alistairs Schwert stürzte, sah wie der Schotte noch versuchte seine Waffe zurückzuziehen. Dann die Krieger, die ihm zur Hilfe eilten. Die beiden Männer die Viggo das Leben retteten. Wie man den sterbenden Finnen seinem Bruder in die Arme legte. Villes Flucht in das verlassene Indianerdorf. Ziellos streifte der helle Wolf durch die Trümmer. Irgendwo fand er eine Flasche mit Morphium, eine Spritze. Scheinbar war die Hütte, deren Dach eingestürzt war, so etwas wie eine Krankenstation. Ville setzte sich noch in den Trümmern seinen ersten Schuss. Weitere folgten auf dem Weg zum See. Dann sah Ramon, wie Kilian den erschöpften und völlig zugedröhnten Krieger wusch. Wie er ihn in die Arme schloss, dieser endlich seinen Gefühlen nachgab. Das letzte was er sah, war wie Kilian den schluchzenden Krieger ins Bett trug, kurz danach musste Ville eingeschlafen sein. Ramon sprang erschrocken auf, taumelte rückwärts gegen jemanden. Hände fingen den fallenden Spanier auf. Von dem Mann ging der Geruch des Wolfes aus, genauso wie Zigarettenrauch und der Duft von Kräutern. Sanft wurde der schwarze Drachen in seiner Seele beruhigt. Erst danach wagte er sich, dem Mann ins Gesicht zu sehen. Es war der jüngere Krieger mit den rötlichen Strähnen in seinen schwarzen Haaren. Kilian lehnte ruhig am Türrahmen, sah der Szene einfach nur zu, bis sich Ramon etwas gefangen hatte. Sich aus dem Griff des Anderen befreite und alleine in den Wohnraum ging. Wortlos drehte sich der Spanier eine Zigarette mit dem Tabak der auf dem Tisch lag. Seine Hände zitterten noch von dem Schreck des Erlebten, doch weder Kilian noch der andere Krieger, schien überrascht zu sein. Schließlich setzte sich ersterer zu Ramon an den Tisch, während der noch namenlose Wolf am Fenster stand und rauchte.
Nach einer Weile stand der Krieger der Schatten auf, ließ die beiden Männer einfach alleine und ging auf die Jagd. Der Spanier betrachtete den jungen Wolf, der ihm immer noch den Rücken zugewandt hatte. Die langen Haare wurden von einer silbernen Spange zurückgehalten, er trug einen langärmligen schwarzen Kapuzenpullover, eine geschnürte Lederhose und Schnürstiefel. Am Gürtel steckte ein Dolch in einer Scheide. Auch dieser junge Krieger schien seinen Körper fit zu halten. Insgeheim bewunderte Ramon diese Männer, die fest in ihrem Glauben verankert zu sein schienen. Denn er hatte gesehen, wie Kilian am Abend zuvor betete. Er wünschte sich den festen Glauben dieser Männer und dieser Frau. Er wünschte sich die Stärke, die er bei Colin und Kilian spürte. Die Wärme von Nico und Vincente, die sie geben konnten, obwohl sie sie niemals in ihrer Familie gespürt hatten. Ramon legte den Kopf auf die verschränkten Arme, als er wider diesen inneren Schmerz spürte. Die Worte seiner Mutter kamen ihm in den Sinn, sie sagte ihm, dass er der Leibhaftige in Person sei, nachdem er sich erneut geprügelt hatte. Der Exorzismus den er mit vierzehn erlebt hatte, war nicht der einzige gewesen, mit sechzehn machte er die Prozedur ein zweites Mal mit, diesmal in einem abgelegenen Kloster in der Sierra Nevada. Das dritte Mal ersparte sich Ramon, in dem er aus Andalusien floh. Der Preis dafür, war der Verlust seiner Familie. Trotz allem blieb er Christ.
„Manchmal muss man den Schritt wagen und ganz von vorne anfangen!“ Bemerkte der Krieger am Fenster, der Soldat schaute in meerblaue Augen.
„Wenn es so einfach wäre! Einfach ein Leben zu vergessen, dass völlig für den Eimer war! Fuck it!“ Gab Ramon rau zurück. Der Krieger setzte sich zu ihm an den Tisch, nachdem er eine Flasche Whiskey aus einem Schrank geholt hatte. Er nahm einen Schluck, schob die Flasche dann dem Spanier zu.
„Es ist nicht einfach, aber man kann es schaffen! Ach so, ich bin Patrick, du kannst mich aber auch Rick nennen, wenn du möchtest, Ramon.“ Er spielte gedankenverloren an seinem Ehering, er würde ihn nie ablegen können.
„Du sprichst wohl aus Erfahrung Patrick!“ Bemerkte Ramon, der den dunklen Schmerz in den meerblauen Augen wahrnahm. „Sorry, es geht mich nichts an, was du erlebt hast!“ Bemerkte er deshalb.
„Ich will dir helfen, denn ich glaube du fühlst dich genauso wie ich, als ich herkam!“ Erklärte dieser und griff zur Whiskyflasche. „Ich wurde im Heim groß, zwar war ich mit Sean, Kilian und Kiran zusammen, aber Familie wie normal, war es nicht. Ich war fünfzehn oder sechzehn, als ich meinen erste Joint rauchte. Vielleicht war es, weil mir einfach jemand fehlte, der mich richtig im Griff hatte, oder weil mir die Liebe fehlte, die ich brauchte. Mein Leben begann damals den Bach runter zu gehen, ich schlug mich, ging später zur IRA, wurde sogar einer ihrer gefürchtetsten Kämpfer.“ Patrick stand mit der Flasche in der Hand auf, begann im Raum auf und ab zu gehen. „Ich bin ein mehrfacher Mörder, Ramon! Ich hab meinen Opfern kalt in die Augen gesehen und einfach abgedrückt! Drei Jahre war ich glücklich, die Jahre in denen ich meine eigene Familie hatte. Eine Frau und zwei kleine Töchter, eine schöne Wohnung in Sligo. Die Liebe und Geborgenheit einer wahren Familie. Doch eine einzige beschissene Nacht zerstörte alles! Als ich herkam, war meine Seele und mein Herz genauso tot, wie meine Familie!“ Er schämte sich seiner Tränen nicht, ihm war es egal, auch dass Ramon ihn trinken und kiffen sah. Zwar waren es nur die Rauchkräuter von Lior, doch trotzdem Drogen!
„Wie hast du geschafft, diese Sache zu verarbeiten, oder zumindest damit zu leben?“ Wollte der Spanier sichtlich gerührt wissen.
„Mit den Drogen hab ich immer noch Probleme, aber da bin ich nicht der einzige Krieger hier! Mit dem Rest, komm ich besser klar. Chris-Angel hat mir gezeigt, dass es noch andere Seiten an mir gibt, wie diesen Mörder. Die beiden kleinen Zwillinge von Jessy, geben mir auch viel. Sie geben mir ihre kindliche Liebe. Es ist einfach schön, wenn ich mit ihnen spielen kann. Die Freundschaft zu Gavin, Ville, Kevin, Raven und deinem Cousin Vincente, hilft mir. Nicht zuletzt die endlosen Gespräche mit Colin und meinen anderen Geschwistern.“
„Und dein großer Glauben, kleiner Bruder und Schattenkrieger!“ Fügte Kilian hinzu, als er wieder in die Hütte trat. Die meerblauen Augen senkten sich etwas, respektvoll, wie Ramon bemerkte.
„Mein Glauben ist alleine dein Verdienst, mo Thiarna, Krieger der Schatten!“ Gab Patrick zurück, Kilian schloss ihn kopfschüttelnd in die Arme. In dieser Nacht erfuhr Ramon auch dessen Geschichte und die Geschichte der wahren Krieger und Dragon. Ville verließ die drei Dragon kurz nach Mitternacht, kehrte zurück in die Höhlen zu seinem Bruder.
Alistair kniete noch immer in der ersten Höhle, wiegte leicht den Oberkörper in seinem Gebet, als Ville eintrat. Die eisblauen Augen streiften den Finnen, senkten sich dann wieder. Dieser Moment reichte ihm jedoch, um zu sehen, dass dieser in Sorge um ihn gewesen war. Wahrscheinlich auch, weil der Vampir mal wieder glaubte, dass die Sache mit Viggo seine Schuld sei. Ville tat er leid, doch Alistair würde jetzt kein Blut annehmen oder eine Zigarette mit ihm rauchen, nein der Schotte würde dort knien bleiben, bis Viggo erwachte. Seine Strafen nahm dieser ernst, wobei der Finne eher glaubte, dass Dean den Schotten im Moment vor sich selbst schützen wollte. Leise ging er weiter, stieg in der zweiten Höhle über die schlafenden Krieger hinweg. Sein Herz klopfte, als er den Gang zu der Höhle mit den heißen Quellen betrat. Nur eine einzelne Gestalt saß am Feuer bei den beiden Ex-Soldaten. Zwei weitere lagen schlafend daneben. Jeremy sah auf, ein seltenes Lächeln legte sich kurz auf seine Lippen. Dann tat der Waliser etwas, dass Ville niemals erwartet hätte. Er erhob sich, ging auf ihn zu und umarmte ihn fest. Einen Moment später spürte er den bebenden Körper, dann drang ein leises Schluchzen von seiner Schulter her. Fast eine halbe Stunde hielt er den verzweifelten Jeremy in den Armen, wartete ab, bis sich der ehemalige Hauptmann Millers beruhigt hatte. Der Waliser schien dankbar für den stummen Trost zu sein, als er sich aus der Umarmung löste. Das Rascheln einer Decke, ließ sie beide zum Feuer schauen. James Damon lag mit offenen Augen da, sie schimmerten feucht, doch nicht traurig sonder eher froh. Darüber, dass sein großer Bruder endlich Gefühle zuließ. Während sich Jeremy zu ihm setzte, ließ sich Ville neben Viggos Lager nieder. Sanft berührte er die Wange seines kleinen Bruders, ja auch sie hatten nie wirkliche Familienliebe erfahren. Suchten als Jugendliche oft genug Trost in Alkohol und Drogen. Doch im Gegensatz zu ihm, schien Viggo den Ausstieg geschafft zu haben. Jedenfalls hatte er dies geglaubt, bis er sich in Alistairs Schwert stürzte. Vorsichtig schob Ville die Decke von Viggos Oberkörper, jemand hatte die Verbände an seinem linken Arm entfernt, die Verwandlung heilte die große Wunde. Mit zitternden Finger fuhr er die Stelle nach, weiter bis er die Hand seines Bruders erreichte. In seinen Gedanken war Viggos Tagebucheintrag, den ihn Kim in seinen sehen lassen hatte. Villes Liebe zu diesem war nie falsch gewesen, sie war immer etwas, dass ihn aufrecht gehalten hatte. Viggo war derjenige, der ihn zum Kämpfen animiert hatte, ihm immer innerliche Kraft gab. Den Mut wieder aufzustehen, wenn er fiel, denn dieser stand immer wieder auf. Ville dachte an den Abend, als ihn sein Vater halbtot prügelte. Damals war er in Viggos Armen eingeschlafen und auch wieder aufgewacht. Ohne die Hand des Bruders loszulassen, legte sich der Finne nun neben diesen, diesmal sollte der Jüngere in seinen Armen aufwachen. Er schlief erneut ein, während Dylan stumm die Schmerzen ertrug, sich nur weinend auf seinem Lager wälzte.
Alistair zuckte zusammen, als sich in der Stille eine Hand auf seine Schulter legte. Dean und Conner standen vor ihm, seine beiden Herrn, der der Lichtkrieger und der Dragon Lord. Ersterer fasste vorsichtig Alistairs Haare im Nacken zusammen, steckte die Silberspange wieder hinein. Conner legte seinen Doch und das Schwert vor ihn auf den Boden. Als die beiden Krieger zur Seite traten tauchte Clyde hinter ihnen auf. In den sonst oft kühlen eisblauen Augen seines Zwillings, stand eine Liebe, die Alistair noch nie gesehen hatte. Dieser kniete sich vor ihn auf den Boden, neigte etwas den Kopf auf die rechte Seite. Er verstand sofort, er sollte trinken. Das Gefühl der Geborgenheit, welches sich in seinem Herzen ausbreitete war berauschender, wie er es je bei Jessica gespürt hatte. Ein Schauer trieb über seinen Rücken, angenehm und voller Liebe. Als er aufsah, leuchteten Clydes Augen leicht, ein breites Lächeln lag auf den Lippen des Schattenkriegers. Genauso auf denen von Dean, Conner und Kilian, der mit Ramon und Patrick im Eingang stand.
Viggo war bereits länger wach, er hatte von James Damon getrunken, ohne dass er Ville loslassen musste. Jetzt betrachtete er seinen Bruder, der weiterhin schlief. Man konnte die Sorgen noch immer in seinen Gesichtszügen sehen. Doch Viggo sah im Moment mit dem Herzen, sah die Liebe hinter der Sorge. Die Angst, die Ville gehabt hatte, Angst seinen kleinen Bruder erneut zu verlieren. Er wusste nicht, wer ihn gerettet hatte, oder in wessen Armen er seinen neuen Lebensweg begann. Aber die Augen geöffnet hatte er in den Armen seines großen Bruders, was ihn den Schmerz der Verwandlung vergessen ließ. Ein Schatten fiel auf sie, Viggo blickte auf, in das lächelnde Gesicht des Mannes, in dessen Schwert er sich gestürzt hatte. Alistair beugte sich etwas vor, so dass der Finne sah, dass der Schotte zwar seine Kleidung trug, jedoch keine Waffen.
„Ich hoffe, dass du so etwas nicht noch einmal tust, Finne!“ Bemerkte er sanft, Viggo wich seinem Blick aus, schüttelte leicht den Kopf. „Hier sind genug Leute mit denen du sprechen kannst, nehm lieber ihre Hilfe in Anspruch, okay! Ich weiß wovon ich rede Soldat!“ Ville bewegte sich in der Umarmung, öffnete im nächsten Moment die Augen.
„Viggo, rakas veli!“ War alles was er sagte, bevor die Tränen kamen.
„Nicht weinen, rakas veli, geliebter Bruder! Bitte nicht, Ville! Es ist alles gut, ich lebe wieder und ich werde so etwas nie wieder tun, okay!“ Viggo wurde erneut an dessen Brust gedrückt, feste und voller Liebe.
„Das solltest du auch nicht, sonst schlag ich dich das erste Mal in deinem Leben windelweich!“ Rügte Ville ihn. „So und jetzt will ich meinen kleinen Wolfsbruder sehen, verstanden!“ Kaum gesagt saß ein weißer Wolf auf der Decke. Viggo betrachtete diesen, dachte daran, wie er wohl aussähe. Im nächsten Moment starrte er auf eine ebenfalls weiße Pfote, seine eigene. Jemand strich über sein Fell, kraulte ihm die Ohren.
„Du schaust aus wie Ville, genau so ein wunderschöner Schneewolf, nur mit stahlblauen Augen und ein paar dunkleren Strähnen im Fell!“ Flüsterte ihm Alistair ins Ohr, gab ihm dann einen leichten Klaps auf die Flanke. Zwei Schneewölfe verließen die Höhlen.
Am Abend fand er seinen guten Freund nachdenklich alleine vor der Höhle vor. Tristan saß rauchend auf einem der Felsen und betrachtete die Sterne. Auch wenn er die letzten Tage nicht viel Zeit mit ihm oder Jessica alleine verbracht hatte, war ihm die Veränderung aufgefallen. Die Schattenkrieger wirkte wieder so ruhig wie vor knapp einem Jahr. Auch die unbewusste Gesten der jungen Schattenkriegerin fielen Alistair und Corey auf. Doch die beiden Männer behielten ihre Vermutung noch für sich. Tristan wand den Blick von den Sternen ab, als sich der Schotte zu ihm gesellte.
„Du wirkst nachdenklich Kamerad!“ Bemerkte dieser leise.
„Jessy geht es nicht gut, sie erbricht, was sie gejagt hat, kann nur noch von mir trinken! Im Moment muss ich sie und die beiden Kids versorgen! Alistair ich hab Angst um meine Liebste!“ Der Schotte begann zu lachen, weil ihn Tristan an seine eigene Reaktion erinnerte. Daran wie er von Corey erfahren hatte, warum es Jessica schlecht ging.
„Warum hast du mir nichts gesagt, Tris! Ich kann doch wenigstens Gordon und Cody mitversorgen. Um Jessy musst du dich in den nächsten Monaten alleine kümmern.“ Erklärte Alistair, nachdem er sich beruhigt hat.
„Wie in den nächsten Monaten?“ Fragte Tristan überrascht nach.
„Gratuliere Kamerad Kaufmann, du wirst Daddy! Jessy ist nicht krank, sie ist von dir schwanger Tristan! So war es bei Gordon und Cody nämlich auch. Wir müssen jetzt etwas auf Jessy und das kleine Wesen unter ihrem Herzen aufpassen!“ Das entsetztes Gesicht, brachte Alistair erneut zum Lachen, dann traten Tränen in die dunkelgrünen Augen und Tristan lächelte endlich. Fiel ihm anschließend um den Hals. Der junge Soldat, der erst durch Jessica und die kleinen Zwillinge erfahren hatte, was Familie bedeutet, weinte vor Glück. Alistair strich ihm durch die braunen Haare. Schaute jedoch die Vampirin an, die ein paar Meter weiter stand. Auch ihr rollten Tränen über die Wangen. Er breitete den freien Arm aus, als sie langsam näher kam.
„Ich freue mich für euch beiden, Tris und mo beag! Hoffentlich wird es ein kleines Mädchen, dass Gordon und Cody beschützen können!“ Gestand er den beiden, man hörte das Glück wirklich heraus. „Wenn ihr beiden Hilfe braucht, bin ich natürlich für euch da!“
„Danke Alistair!“ Bemerkte Tristan und strich dabei liebevoll seiner Liebsten über die Wange. „Kommst du mit mir auf die Jagd, Highlander, damit meine Süße hier etwas zu Trinken bekommt?“
„Sicher Tristan, die beiden kleinen Rabauken haben bestimmt auch Durst. Versorg du dein Darling und ich kümmer mich um die beiden Zwerge!“ Bei dem Wort Darling strich Alistair Jessica über die Wange. Dann waren er und Tristan verschwunden, die junge Vampirin sah ihnen nach. Spürte die Hand, die sich von hinten auf ihren Bauch legte, dort wo das kleine Wesen heranwuchs. Ebenso spürte sie den Dragon der hinter ihr stand. Sie fuhr herum und blickte in Johns Augen, sie leuchteten leicht im Mondlicht.
„Hätte man mir in Deutschland gesagt, dass meine hübsche Kollegin einmal Mama von drei kleinen Kindern wird, ich hätte gelacht!“ Bemerkte er leise. „Doch du bist eine wundervolle Mama, Jessy! Es tut mir leid, was in Köln geschehen ist, ich hätte nicht so handeln sollen, wie ich es getan habe. Jessy, ich wollte Jimmy davor schützen, dass ihm Miller etwas antut. Wie hätte ich wissen sollen, dass mein kleiner Bruder ein Schattenkrieger ist?“ John senkte betroffen den Kopf, Jessica sah die Reue ihres ehemaligen Kollegen, genauso, wie Conner und James die ihres Bruders. Keiner der Drei wusste, was er wirklich in Gefangenschaft erlebt hatte, er sprach nur mit Colin darüber. Dieser brach seine Schweigepflicht lediglich gegenüber Kilian und Dean, seinem und Johns Herrn.
„Es ist vorbei Johnny, okay! Eines möchte ich jedoch wissen, warst du jemals du selbst in dieser Zeit?“ Nicht nur Jessica war gespannt auf die Antwort auch die beiden O´ Sullivan-Zwillinge.
„Wenn ich im Pub getrunken habe, dann war ich fast ich selbst. Oder in der Zeit nachdem ich zum Wolf wurde! Jetzt bin ich ich selbst, Jessy!“ John wand sich zu seinen Brüdern um. „Ich möchte nicht mehr so leben, wie in Köln! Conner du wusstest im Gefängnis bereits, wer ich war, oder? In deinen Augen standen Tränen, als du gingst!“ Langsam kamen die beiden Brüder näher.
„Ja John, ich konnte es mir denken, aber richtig begriffen, habe ich es erst als du mir den Brief schriebst. Ich hätte nicht verkraftet, wenn Lian und Dean dir etwas angetan hätten!“ Er spürte die Hand seines Zwillings im Rücken. „Bleib jetzt einfach du selbst, Johnny, denn so wie du bist, ist es gut!“
„Ja, Joey!“ Pflichtete ihm James bei. „Ich möchte den Mann aus Köln nicht, sondern den Bruder, den ich hier kennengelernt habe. Egal was war, John, ich liebe dich!“ Jessica ließ die drei Brüder alleine, die sich in den Armen hielten.
Es dauerte nicht einmal zwei Tage, da wussten alle außer Gordon und Cody, dass die beiden kleinen Vampire ein Geschwisterchen bekommen würden. Die Freude war groß, selbst die drei Neuen in der Gruppe schienen sie zu teilen. Nur Gavin zog sich zurück wie bei der Geburt der Zwillinge. Er begann erneut zu trinken und kiffen. Keiner bemerkte, wie der Schotte immer mehr abstürzte. Da er öfters ein paar Tage alleine am See verbrachte, wunderte es keinen, als sich Gavin dorthin zurück zog. Ihm ginge es noch schlechter, wie bei Jessicas erster Schwangerschaft, der Gedanke an sein eigenes Kind spukte weiter in seinem Kopf. Am Abend schoss sich Gavin regelrecht mit den Rauchkräutern und Alkohol ab, nachdem er sein Ritual verrichtet hatte. Den folgenden Tag verbrachte er im Bett, ohne auf die Jagd zu gehen, oder andere Nahrung zu sich zu nehmen. Nur zum Gebet stand er auf, nahm nachher den Whisky einfach mit an sein Bett. Schweiß gebadet wachte er in der Nacht auf, schleppte sich raus und fing einfach den Hassen, der über den Platz vor den Hütten hoppelte. Das Tier vertrieb die Folgen des Blutentzugs etwas. Er ging zurück in die Hütte und räumte seinen Rucksack leer. Dann machte sich der Wolf auf den Weg in ihr zerstörtes Dorf. In den Trümmern suchte Gavin nach Alkohol und Rauchkräutern, packte alles was er fand in den Rucksack, in seiner alten Hütte sogar noch den Vorrat an Heroin. Niemals hätte er geglaubt, dass er wieder so weit unten landete. Sicher von den Drogen war er nie losgekommen, seit über zehn Jahren nicht. Auch vom Alkohol konnte er die Finger kaum lassen. Bis jetzt war immer Vincente dagewesen, wenn es ihm schlecht ging, schon mehrmals nahm ihm der Spanier Drogen oder Alkohol ab. Doch dieses Mal würde er es nicht tun, denn Gavin ließ weder ihn, noch Kilian oder einen Anderen merken, wie schlecht es ihm innerlich ging. Jedenfalls glaubte er dies! Auf dem Rückweg vom Dorf, ging der Wolf erneut auf die Jagd, stillte seinen Durst nun ganz. Kaum zurück in der Hütte, öffnete er die erste Flasche, es war Rum. Er wollte einfach diesen verfluchten Schmerz nicht mehr spüren, wollte nur noch alles vergessen. Wiederholt trank er sich nach dem Ritual besinnungslos.
Ramon betrachtete die Krieger, er spürte sie alle, besonders Vincente, der neben ihm kniete. Von Tristan ging das pure Glück aus, die Erwartung eines werdenden Vaters. Kilian und seine Brüder strahlten ebenso Freude aus, genauso Sorge um ihre Schwester. Auch die anderen Schattenkrieger um ihn wirkten zufrieden mit sich und ihrer Situation. Nur von einem ging tiefe Trauer und Verzweiflung aus. Er befand sich nicht in ihrem Kreis, also musste es Gavin sein. Der am See wohl ebenso sein Abendritual verrichtete. Nach diesem fragte Ramon vorsichtig bei Vincente und Kilian nach, ob sie dieses Gefühl auch gespürt hatten. Sein Cousin schüttelte nur den Kopf, während der Krieger der Schatten erklärte, dass er Gavins Gefühle nicht spüren könne, dieser sich jedoch öfters verschloss. Um so später der Abend wurde, desto stärker spürte Ramon die Gefühle des Schotten. Es mischte sich ein Hauch von Todessehnsucht hinein. Nur dieses kleine Bisschen reichte aus, um seine Sinne auf Hochtouren zu bringen. Der Hauch wurde mit der Zeit zu einen steten Brise, die den Soldaten dazu brachte, sich von Nico dessen Motorrad zu leihen. Er sprach weder mit seinen Cousins noch mit Kilian oder einem Anderen über seine Gefühle, sonder sagte nur, er wolle eine kleine Runde drehen. Ramon fand den Weg zu den Hütten schnell wieder, hielt jedoch unterwegs kurz an, um zu jagen. Mit Patricks und Kilians Hilfe, schaffte er es schon nach einigen Tagen, seinen inneren Dragon zur Ruhe zu bringen. Wie Kilian hatte auch er ihm einen Namen gegeben, el negro, der Schwarze, lag friedlich schlafend in seiner Seele. Mit klopfendem Herzen kam der Spanier bei den Hütten an. In keiner von ihnen brannte Licht, doch er wusste auch so, wo Gavin war. Er fand ihn in der mittleren, betrunken vor dem Kamin schlafend. Vorsichtig deckte er den Schotten zu, alleine lassen konnte man diesen in seinem Zustand sicher nicht. Also beschloss der Soldat zu bleiben. Er nutzte dabei die Gedankenverbindung zu Vincent, der ihm noch mitteilte, dass er vorsichtig sein solle. Da Gavin in diesem Zustand oft unberechenbar reagierte. Ganz leise schlich Ramon durch die Hütte, kochte für sich und den Schotten Kaffee, das alles tat er im Dunkeln, da er ihn nicht wecken wollte. Mit seiner Tasse stellte sich der Spanier vors Fenster und betrachtete die Dunkelheit davor. Er bemerkte, dass der Schotte wach wurde, im nächsten Moment surrte etwas durch die Luft. Das Geschoss schlug neben Ramon in den Holzrahmen, entpuppte sich nun als ein Dolch. Er fluchte auf spanisch, zog dabei die Klinge aus dem Holz. Zum Glück hatte ihn Gavin um einiges verfehlt, was wohl an seinem Alkoholspiegel lag. Langsam wand er sich um. Der Schotte stand am Kamin, hielt sich daran fest, schwankte leicht. Vorsichtig trat der Spanier näher an ihn heran, sah das Entsetzten in seinem Gesicht, spürte erneut die unendliche Todessehnsucht, die nun noch stärker war, wie zuvor. Er schmiss den Dolch einfach aus Gavins Reichweite. Dann musterte er ihn, die leuchtend blauen Augen waren leer und glanzlos. Dunkle Bartstoppeln bedecken die Wangen des Schotten, er hatte sich sicher seit Tagen nicht mehr rasiert. Der geflochtene Zopf löste sich langsam auf. Die Arme waren mit kleinen Schnittverletzungen übersät, eindeutig von dem versilberten Dolch und ziemlich frisch. Denn Ramon bemerkte, dass sie sich nur langsam schlossen. Gavin ließ es zu, als er nach seinem rechten Arm griff und mit den Fingern die Schnitte nach fuhr. Auch als ihm dieser das T-Shirt vorsichtig auszog, blieb er reglos. Die Brust war ebenso zugerichtet. Etwas landete auf seiner Hand, so dass der Spanier aufschaute. Es waren Tränen, die vom Kinn des Schattenkriegers tropften.
„Als nächstes hättest du dir den Dolch ins Herz gerammt!“ Stellte er fest und erhielt erstaunlicherweise ein Nicken zur Antwort. „Warum Gavin?“ Diesmal blieb die Antwort aus, stattdessen senkte der Schotte den Kopf auf Ramons Schulter. Er weinte hemmungslos, so wie es noch keiner gesehen hatte, nicht einmal Vincente. Dieser stieß schon eine Weile gegen Ramons Gedankenmauer, doch genauso wie Kilian besaß auch dieser die Kraft, niemanden in seine Gedanken zu lassen. Er hielt den Schotten einfach nur fest, legte ihm kameradschaftlich den anderen Arm um den Körper. El negro erhob sich, als er einen weiteren Dragon im Raum spürte, wurde jedoch sanft aber bestimmt in seine Schranken gewiesen. Ramon hob den Blick, schaute den jungen Krieger an, der noch im Türrahmen stand. Patrick betrachtete die Szene mit Gelassenheit. Kühl wie der Krieger der Schatten, oder Commodore Chris-Angel Bailey, ging es dem Spanier durch den Kopf. Der Ire hielt Gavins Dolch in der Hand, stieß ihn in den Türrahmen. Der Schotte wand sich urplötzlich aus Ramons Armen, nahm dabei nicht wahr, dass jemand in der Tür stand. Während er den Spanier mit einem Stoß an die gegenüberliegende Wand beförderte, gelang es ihm nicht, an seinen Dolch zu kommen. Er rannte direkt in Patricks Arme. Die beiden Männer landeten auf dem Boden. Nun erlebte der Soldat einen Kampf, wie er ihn noch nicht gesehen hatte. Fäuste flogen, Blut spritzte, Magie floss zwischen den beiden Kontrahenten. Der junge Ire entledigte sich seines Dolches, schoss diesen ebenfalls aus der Reichweite des Schotten. Ramon hob die Klinge auf, steckte sie in seinen Gürtel. Plötzlich schrie Gavin qualvoll, hielt sich dabei den Kopf. Patricks Faust traf ihn am Kinn, beförderte den Highlander ins Reich der Träume. Wortlos hob der junge Wolf seinen Freund auf, trug ihn an Ramon vorbei in eines der Betten. Diesem wurde klar, dass er niemals gegen den Schattenkrieger bestanden hätte, so gut seine Kampfausbildung auch war. Der Jüngere kehrte zurück, wusch sich das Blut vom Körper.
„Sollte so etwas noch einmal vorkommen, fährst du nicht alleine!“ Rügte er Ramon, ohne diesen anzusehen. „Sei froh, dass Vin und ich Gavin so gut kennen!“
„Ich wusste nicht, dass der Schotte so reagieren kann!“ Verteidigte sich der Spanier kleinlaut, meerblaue Augen richteten sich auf ihn.
„Du bist nicht einmal Schattenkrieger, Ramon! Gavin ist es schon lange, er hätte dich umbringen können. Aber lassen wir das, es ist vorbei.“ Patrick schüttete sich Kaffee aus, nahm mit der Tasse am Tisch platz.
„Warum ist Gavin so verzweifelt, dass er sogar bereit ist, sich den Dolch ins Herz zu stoßen? Er hat doch keinen Grund für so etwas, uns geht es gut, wir erwarten sogar neues Leben hier!“ Ramon verstand die ganze Situation nicht.
„Als die kleinen Zwillinge kamen, ging es ihm auch schlecht. Gavin verlor seine Frau und sein Kind, durfte das Baby nicht einmal lebend sehen. Sie wurden noch im Krankenhaus umgebracht!“ Schritte näherten sich, schwerfällig und müde, die beiden Krieger am Tisch sahen in ein leeres Gesicht. Gavin stützte sich an den Wänden ab, ihm rannen wieder Tränen über die Wangen. Trotzdem fand er es an der Zeit, nun wirklich über jenen Tag zu sprechen.
„Mein Sohn kam an dem Tag zur Welt, als Lians Frau starb. Ich wollte eigentlich dabei sein, doch MacNamara brauchte mich auf dem Anwesen. Also sagte ich meiner Jenny, dass ich auf jeden Fall am nächsten Morgen nach Derry käme, um meinen kleinen Sohn zu sehen. In der Nacht kam dann der Anruf vom Krankenhaus. Ich solle sofort kommen, es wäre etwas mit Jen und dem Kleinen. Am Telefon wollte mir die Schwester nichts sagen, also machte ich mich auf den Weg nach Derry!“ Gavin überspielte seine Gefühle, nahm einen kräftigen Schluck aus der Tasse, die ihm Ramon hingestellt hatte. „Dort angekommen führte man mich in einen kleinen Raum. Jenny lag in ihrem Bett, hatte unseren kleinen Sohn im Arm. Erst dachte ich die beiden schlafen, doch dann sah ich das kleine blaue Gesichtchen meines Kindes. Der Arzt ließ mich mit ihnen alleine, damit ich Abschied nehmen konnte. Eine ganze Stunde saß ich auf dem Bett, meinen Sohn im Arm und Jennys kalte Hand in der meinen. Danach regelte ich wie unter Trance die Formalitäten, kaufte Drogen und Alkohol. Bis Vincente mich am Abend in der Wohnung in Derry fand, hatte ich mich völlig abgeschossen. Mein Körper musste ausgesehen haben, wie ein Schlachtfeld. Ich gebe zu, ich bin Borderliner, wie dein Bruder Ricky!“ An dieser Stelle nannte Gavin keinen Namen, doch Patrick schien auch so zu verstehen. „Ville erzählte mir später, dass ihn Vincente weinend angerufen habe. Die Beiden versuchten vergeblich mich zum Reden zu bringen. Bis heute wissen sie nur, dass es etwas mit dem kleinen Babyschuh zu tun hat. Vincente weis auch, dass ich einen Sohn verlor, er und Kilian, ihnen sagte ich es in der Nacht, als Gordon und Cody zur Welt kamen. Ich hab Angst davor, zurück zur Höhle zu kommen, Angst, dass ich erneut abrutsche. Gerade jetzt, wo ich das mit dem Borderline einigermaßen im Griff habe!“ Gestand er offen und mit Tränen in den Augen. Ramon bemerkte, dass auch in Patricks meerblauen das Wasser stand. Ihm taten die beiden Männer leid, die ihre eigene Familie verloren hatten. Der Ire drehte den Ehering an seinem Finger, war mit den Gedanken bei dem Mann, den er niemals hätte aussperren können. Denn Kilian gab ihm in diesem Moment unendlich viel Kraft. Black hatte seine Flügel schützend über dem Dragon des Bruders ausgebreitet, so dass dieser dessen Wärme spürte. Kilian teilte ihm seinen Entschluss nicht mit, sonder nur, er würde noch vor Morgengrauen zu den Hütten kommen. Gemeinsam mit Ramon brachte dieser nun Gavin zu Bett. Danach saßen sie einfach zusammen, ohne zu sprechen. Er gönnte sich einen Joint mit den Rauchkräutern, die der Schotte in den Ruinen gefunden hatte.
Kilian verließ nachdenklich die Höhlen. Er hatte sowohl Dean, als auch Chris-Angel und Conner in die Sache eingeweiht. Während er fort war, würde der Lordkrieger der Todeskrieger seinen Platz einnehmen. Bevor sich der Krieger der Schatten nicht sicher war, wollte er Ramon keines Wegs mit Gavin alleine lassen. Auch wenn der schwarze Dragon stark war, gegen den Schotten konnte er nichts ausrichten. Kiran und Jessica ließen ihren Bruder ziehen, sie würden ihn besuchen kommen, wenn er länger blieb. Er dachte an die Gespräche, die er und sein Zwilling in der letzten Zeit oft führten. Sie lernte gerade beide ihr Gegenstück neu kennen. Kilian sprach mit Kiran über seine Gefühle. Ja mittlerweile konnte er auch über die Ängste sprechen, die er immer noch hatte. Dieser hingegen redete über seine Sorgen, den Hang zum Alkohol. Es war, wie es zwischen Zwillingen sein sollte, wie es bei Sean und Colin von Anfang an klappte, ging es einem von ihnen schlecht, dann tröstete der jeweils andere ihn. Kilian spürte noch jetzt die Umarmung des Bruders, sie war genauso herzlich, wie damals als sie nach Montana flogen. Doch diesmal wusste er, es bedeutete keinen Abschied für immer, sonder, dass Kiran ihn mochte. Mittlerweile hatte er das Seeufer erreicht. Er hielt an, steckte sich eine Selbstgedrehte zwischen die Lippen und genoss eine Weile die nächtliche Stille. Er beschäftigte sich noch einmal mit dem Gespräch zwischen seinem kleinen Bruder, Ramon und Gavin. Sicher meinte der Schotte ihn, als er sagte, dass er ebenso krank sei, wie einer von Patricks Brüdern. Ja gelegentlich nahm er auch heute noch ein Messer in die Hand, wenn ihm die Probleme zu viel wurden. Die Klinge, die er bereits in Deutschland besaß, jedoch nie den versilberten Dolch. Er wollte nicht, dass man die Schnitte sah. Das letzte Mal fügte er sich selbst Schmerz zu, als er erfuhr, dass Jessica ihr drittes Kind erwartete. Natürlich war auch seine Freude groß, doch vermisste er in solchen Situationen einfach Fiona. Kilian riss sich von seinen Gedanken los, schmiss die Kippe in den See und stieg wieder auf Seans Motorrad.
Eine Stunde vor Sonnenaufgang erreichte der Krieger der Schatten die Hütten. Patrick stand wartend davor, übernahm wortlos die Maschine und den Helm von seinem Bruder. Kilian umarmte ihn zum Abschied, etwas das ihn rührte. Es geschah selten, dass dieser so viel Gefühl zeigte. Trotzdem fuhr der Jünger nach einer Weile zurück zu den Anderen in die Höhlen. Leise öffnete der Krieger der Schatten die Tür, Ramon stand an der Anrichte und kochte neuen Kaffee. Er senkte den Kopf, als er den schwarzen Dragon spürte, genauso wie seinen zukünftigen Herrn. Denn für den Spanier schien es nur richtig, sich den Schattenkriegern anzuschließen. Viggo und Dylan haderten in dieser Sache noch etwas. Kilian registrierte diese Ehrerbietung mit einem kühlen Lächeln. Ramon hielt ihm eine Tasse mit Kaffee hin, er nahm sie entgegen und setzte sich. Er beobachtete den Spanier weiter, der ungefragt das Frühstück zubereitete, sah dabei nicht, dass noch jemand sie beobachtete. Gavin stand schon eine Weile in der Tür. Betrachtete Ramon, der mit freiem Oberkörper im Wohnraum hantierte. Noch immer ruhte ein letztes kleines Geheimnis in seiner Seele. Er hatte geglaubt, nach allem was mit Jenny und seinem Sohn geschehen war, dieses Gefühl verloren zu haben. Doch nun stellte er fest, dass es noch da war. Kilians Stimme riss ihn aus seinen Gedanken.
„Dir bedeutet der Highlander sehr viel Ramon!“ Stellte der Krieger der Schatten fest. Der Spanier zuckte kaum merklich zusammen.
„Ihr bedeutet mir alle sehr viel!“ Kam die Antwort mit einem kaum merklichen Unterton. „Ich schau eben, ob Gavin wach ist, dann können wir frühstücken.“ Er wich Kilian geschickt aus, der Schotte verschwand wieder ins Bett und stellte sich schlafend. Er tat so, als höre er nicht, wie Ramon leise seinen Namen rief. Bemerkte jedoch, wie ihm ein paar Haarsträhnen ins Gesicht rutschten. Noch einmal versuchte es der Spanier mit seinem Namen. Er rührte sich nicht. Das Bett quietschte leise, als sich Ramon auf die Kante setzte, scheinbar schlief Gavin noch fest. Seine Augen wanderten über den gestählten Oberkörper, nahmen die Muskeln unter der Haut war. Die langen dunklen Haare bedeckten das wunderschöne Gesicht. Er schob sie sanft daraus, bevor seine Hand jedoch die Lippen des Schlafenden berührten, zog er sie zurück. Bis jetzt hatte keiner etwas von seiner Gesinnung bemerkt und so sollte es auch bleiben. Gavin war sicher nicht von seiner Sorte, er hatte eine Frau und ein Kind. Schnell stand er auf, wollte das Zimmer verlassen. An der Tür blieb er jedoch stehen, schaute noch einmal zurück. In diesem Moment drehte sich der Schotte um, mit einem Lächeln auf den Lippen und offenen tiefblauen Augen.
„Ich wollte dich nicht wecken, sorry! Kommst du zum Frühstück?“ Ramon hatte deutlich Mühe, seine Stimme gleichgültig klingen zu lassen. „Kilian ist da.“ Fügte er noch desinteressiert hinzu, in der Hoffnung, dass seine Gefühle unentdeckt blieben.
„Gut, gib mir fünf Minuten, Ramon, damit ich mich anziehen kann!“ Gavin schwang sich nur in seiner Shorts aus dem Bett, der Spanier wand sich schnell ab, schloss die Tür. Also doch, ging es ihm durch den Kopf, während er sich anzog. Mit Absicht wählte er das hautenge schwarze Shirt, ließ die langen Haare offen, nachdem er sie ausgebürstet hatte. Auf bloßen Füßen trat er aus dem Schlafzimmer in den Wohnraum. Ramon saß mit dem Rücken zu ihm, Kilian schaute besorgt aus. Wenn er es schaffen wollte mit dem Spanier allein zu bleiben, musste er den Krieger der Schatten überzeugen.
„Wie geht es dir Gavin?“ Kam sofort die Frage von Kilian.
„Etwas besser, mo Thiarna!“ Antwortete dieser ebenso schnell. „Allerdings möchte ich darum bitte, dass ich einige Zeit hier bleiben darf. Ich werde auch hier meine Pflichten als Schattenkrieger wahrnehmen und das Ritual vollziehen. Kilian ich weiß, dass dir Ricky wahrscheinlich alles erzählt hat!“ Gavin sah auf seine Hände, nachdem er sich neben Ramon gesetzt hatte.
„Ja Highlander, das hat er. Es tut mir so unendlich leid für dich! Wenn du mir versprichst, dass du keine Scheiße baust. Dann kannst du hier bleiben, so lang du willst, allerdings nicht alleine.“ Kilian schaute ihm in die Augen, damit er sah, wie der Schotte reagierte. „Ramon bleibt bei dir, du bringst ihm dein Wissen über die Schattenkrieger bei!“ Für einen kleinen Moment blitze es in den Augen seines Gegenübers, während sich die dunkelbraunen senkte. Er ließ sich nichts anmerken.
„Ich schwöre, dass ich mich benehmen werde! Danke mo Thiarna!“ Gavin hatte seine Stimme deutlich besser unter Kontrolle, wie Ramon.
„Gut, dann soll es so sein! Ich hoffe du bist damit einverstanden Ramon, natürlich werden dich Vin und Nico besuchen kommen.“ Der Spanier nickte nur. „Wenn du Hilfe brauchst, ruf einfach nach einem von uns. Die Dragon können deine Gedanken auch jetzt schon lesen!“
„Das werde ich tun!“ Kam es nun leise von ihm, Kilian blieb bis zum Nachmittag, sprach lange mit Gavin, während Ramon alleine auf die Jagd ging. Der Spanier ahnte nicht, dass der Schotte seinem Herrn sein Geheimnis anvertraute. Ihm gestand, was er für den Cousin von Vincente empfand. Ramon machte sich unterdessen Gedanken, wie er mit Gavin umgehen sollte. In der Kaserne in Elmendorf und auch in den Höhlen, war es ihm einfach gefallen, seine Gefühle unter Kontrolle zu halten. Gelegentlich gönnte er sich einen Blick auf den Körper des Schotten, genoss dabei das heiße Kribbeln auf seiner Haut. Doch mehr wollte er sich nicht erlauben, denn scheinbar empfand dieser nichts für ihn. Meistens wich er ihm sogar aus.
Kilian ging, kurz bevor Ramon von der Jagd zurückkehrte. So gab er Gavin Zeit, über seine Gefühle nachzudenken. Dieser setzte sich mit einer Zigarette ans Seeufer, genoss den ersten warmen Frühlingswind. Er dachte an die Berührung des Spaniers und das wohlige Prickeln. Tristan hatte ihm einmal erzählt, was er bei Jessica empfand, die Berührung Ramons fühlte sich ähnlich an. Er wagte es noch nicht, einen der älteren Vampire zu fragen, ob man sich auch auf das gleiche Geschlecht prägen konnte. Er bemerkte in seine Gedanken vertieft kaum, dass der Spanier zurückkam. Dieser blieb bei den Hütten stehen und beobachtete ihn. Als die Sonne langsam sank, zog Gavin sich bis auf die Lederhose auf. Er kniete am Seeufer nieder und betete mit den Schattenkriegern in den Höhlen.
Ramon stockte der Atem bei diesem Anblick. Der Wind spielte mit den offenen Haaren des Highlanders, wehte sie ihm über die bloßen Schultern und gab den Blick auf seinen Rücken frei. Sichtbare Muskeln, da sich dieser leicht nach vorne gebeugt hatte. Er spürte wieder diese Kribbeln auf der Haut. Doch anders wie Gavin schämte er sich seiner Gefühle, senkte aus diesem Grund den Kopf. Wie würde Kilian sein zukünftiger Herr reagieren? Was war mit den Anderen, er wusste nicht ob sie ihn verachten würden? Er hatte Angst, Nico, Vincente und Colin durch seine Neigungen zu verlieren.
„So denkst du von mir?“ Sprach plötzlich Colin in seinen Gedanken. „Ramon, mi amigo, es ist mir gleichgültig! Du wärst nicht der erste Mann, der diese Gefühle besitzt!“ Der Spanier wand den Blick von Gavin ab und ging in die Hütte. Niedergeschlagen ließ er sich auf einen Stuhl sinken.
„Was ist mit den Anderen, Colin? Mit Nico und Vincente? Was würden sie tun, wenn ich es ihnen sage?“ Dachte er resigniert.
„Was mit ihnen ist, ist doch unwichtig! Sie werden es verkraften, glaub mir. Wichtiger ist, was mit dir ist! Du bist derjenige, der diese Gefühle hat!“ Kam Colins so sanfte Antwort.
„Was wenn Gavin nicht so fühlt wie ich? Besser ich lasse es, so wie es ist!“ Ramon war den Tränen nah, er spürte den rotschwarzen Drachen, der nun el negro in die Arme schloss.
„Was ist wenn, Ramon hör auf damit! Finde lieber heraus, was ist und nicht was ist wenn!“ Lautete die Erwiderung.
„Ich kann nicht, Colin!“ Flüsterte der Spanier und löste die Verbindung, da er nun vor Kummer weinte. Ihm fiel ein, warum er seinen Gefühle versteckte, seit er nach Elmendorf versetzt worden war. In Los Angeles kam heraus, dass der Offizier de Martinez ein heimliches Verhältnis mit einem Rekruten hatte. Der junge Soldat flog geradewegs aus der Air-Force, ihn versetzte man nach Elmendorf. Er wusste, dass man dort hinter seinem Rücken darüber herzog, dass er homosexuell war. Selbst seine Stubenkameraden zogen ihn auf. Nur Viggo und Dylan machten sich nichts daraus, akzeptierten ihn, wie er war. Noch einmal wollte er nicht alles verlieren, nur weil er vom anderen Ufer kam, wie man so schön sagte. Verzweifelt schloss er die Augen, legte den Kopf auf die verschränkten Arme, den Blick dabei zur Wand hin. Ramon ließ seinen Kummer und die Angst zu, er hörte Gavin nicht kommen. Dieser betrachtete den bebenden Rücken. Weinte der Spanier etwa wegen ihm? Weil er mehr für ihn empfand, als er zugeben wollte? Er trat lautlos hinter den Stuhl, zog Ramon sanft zurück, bis er in die verweinten dunkelbraunen Augen sehen konnte.
„Was hast du Ramon? Warum weinst du?“ Wollte der Schotte wissen. „Hey komm schon!“
„Du hast selbst genug Sorgen, Gavin, da möchte ich dich mit meinen nicht noch zusätzlich belasten!“ Er machte sich grob von ihm los, noch immer liefen Tropfen über seine Wangen.
„Ihr Andalusier seit wirklich sture Gäule!“ Bemerkte Gavin, sein Grinsen sah der Angesprochene nicht. „Céllí Mór Ramon! Ich frage, weil ich mir Sorgen um dich mache!“ Er drehte den Spanier langsam zu sich um.
„Ich ...“ Begann Ramon und schwieg wieder, die leuchtend blauen Augen nahmen ihn gefangen. Gavin wischte ihm die Tränen mit einer Zärtlichkeit ab, die ihn erzittern ließ. Eine Weile standen sie schweigend voreinander, bis der Schotte es erneut brach.
„Mit fünfzehn begann ich mit den Drogen, bis ich achtzehn war, waren es nur leichte, Gras, Marihuana und so etwas. Doch dann reichten sie mir nicht mehr, ich begann mit den harten Sachen. Um Geld dafür zu bekommen, ging ich auf den Strich in Aberdeen. Mir war es egal, wer meine Dienste in Anspruch nahm, egal ob Mann oder Frau. Was ich dir jetzt erzähl, darfst du auf keinen Fall den MacNamaras erzählen, sie sind schon gebeutelt genug von ihrem Clan!“ Ramon nickte. „Eines Tages kam ein Mann zu mir, es war Matthews und Aidans Vater. Er zeigte mir eine andere Art von Liebe, nicht die harte meines Geschäfts. Er versprach mir, für mich zu sorgen, wenn ich mit ihm nach Irland käme. Das Einzige was er verlangte, war dass ich ihm gelegentlich zu Diensten bin. Mit gerade einmal zwanzig fand ich alles besser, als weiter von einem Zuhälter abhängig zu sein. Also ging ich mit diesem Mann nach Irland. Er hielt sein Versprechen, mehr noch, ich wurde dort zum Kämpfer ausgebildet. Irgendwann ließ er mich in Ruhe, gab mir dafür den Job, den ich bis zum Ende hatte. Boss seiner Leute zu sein. Ramon ich gestehe dir, dass ich auf beide Geschlechter abfahre. Meine Frau habe ich geliebt, aber sie ist nicht mehr! Sie gehört zu dem Leben, dass ich abschloss, als ich herkam. Auch wenn die Erinnerungen bleiben, ich habe hier vollkommen neu angefangen!“ Wieder stoppte Gavin, legte seine Hände auf Ramons Schultern. „Und bin für eine neue Liebe bereit!“ Diese Offenheit machte den Spanier völlig sprachlos. Er wusste nicht, wie er reagieren sollte, war einfach unfähig dazu, sondern genoss die Wärme der Hände auf seinen Schultern. Diese glitten nun langsam über seine Arme, ergriffen seine Hände. Er konnte nicht anders, löste eine Hand und legte sie sanft auf Gavins Wange. Dieser schloss nun halb die Lider, schien seine Liebkosung zu genießen. Er ging vorsichtig einen Schritt weiter, berührte sanft die Lippen des Schotten. Als er auch dies über sich ergehen ließ, drückte er seine Lippen auf dessen Mund. Spürte wie Gavin ihn näher zog, die Hände dabei unter sein Shirt schob. Er entledigte sich dessen, dann war es doch sein Gegenüber, der sich fallen ließ und somit Ramon gewähren. Irgendwann tief in der Nacht schlief dieser in seinen Armen ein.
In den Höhlen saßen Colin und Kilian mit den beiden del Niro Brüdern zusammen. Da sich der Krieger der Schatten entschlossen hatte, so schnell wie möglich mit irgendwelchen Vorurteilen gegenüber einer eventuelle Beziehung zwischen Ramon und Gavin aufzuräumen. Bat er zu erst Colin um ein Gespräch. Dieser hatte äußerst offen reagiert, ihm gesagt, dass er bereits Ramon ermutigt habe. Jetzt saßen Nico und Vincente vor ihnen, es war der Ältere, der sie schonend darauf vorbereiten sollte, dass ihr Cousin etwas anders dachte. Während Nico zunächst nachdenklich mit seinem Dolch spielt, reagierte Vincente mit einem bestätigenden Nicken. Ihm war Gavins Hang zu beiden Geschlechtern nicht verborgen geblieben. Zumal sie sich bei den MacNamaras ein Zimmer geteilt hatten. Zwar war zwischen ihm und dem Schotten nie etwas passiert, allerdings war sich Vincente auch sicher, dass er es zugelassen hätte wenn. Unbemerkt glitt sein Blick durch den Raum, in einer Ecke lag Clyde und schlief. Ansonsten zogen sich die Anderen inklusive Tristan und seine kleine Familie zurück, nachdem sie Kilian darum bat. Nicos Stimme riss Vincente aus seinen Gedanken.
„Ich werde eine Weile brauchen, um damit klar zu kommen. Aber im Grunde ist es die Entscheidung der Beiden, was sie miteinander anfangen. Wenn Ramon dadurch glücklich wird, dann bin ich zufrieden! Und du, hermano?“ Vincente sah noch immer gedankenverloren in den Nebel, der von den Quellen aufstieg. „ Hermano, ola?“
„Si!“ Kam es leicht verträumt, dann fing sich der Spanier. „Du hast Recht, die Beiden müssen glücklich sein, das ist alles was zählt!“ Mit diesen Worten stand er auf, verließ die Höhlen und ging etwas in den Wald hinein. Fast wäre ihm raus gerutscht, dass er Ramon mehr als verstand. Zwar hatte er nicht dessen Geschmack, doch er verstand seine Denkweise, genauso wie Gavins. Hinter ihm klackte ein Zippofeuerzeug, der Geruch eines Halblings lag in der Luft, genauso wie die Macht eines bestimmten Schattenkriegers. Nur von Chris-Angel ging dieser dunkle und tödliche Hauch aus. Wie viel wusste der Marine von ihnen, ohne dass er etwas sagte? Hatte er die Neigungen der Anderen um sich bemerkt? Vincente wollte eigentlich alleine sein, doch wenn dieser einmal da war, würde er so schnell nicht gehen. Außerdem steckte hinter dem Lordkrieger eine verständnisvolle und verschwiegene Person. Was man ihm anvertraute, ließ er selbst Kilian und Dean nicht wissen, wenn man ihn darum bat. Vincente schlenderte langsam tiefer in den Wald. Der Halbling folgte ihm, ohne sich dabei Mühe zu geben leise zu sein. Im Gegenteil, nach einigen Schritten, ging er einfach neben dem Spanier. Warf diesem gelegentlich einen Seitenblick zu.


Kapitel 14


Auf einer kleinen Lichtung, war es schließlich Chris-Angel der stehen blieb. Er hielt Vincente seinen Tabak hin.
„Dein Cousin wurde nach Elmendorf versetzt, weil er ein Verhältnis mit einem Soldaten hatte. Das Militär ist hart in solchen Dingen! Außerdem ist es nicht richtig, dass Ramon davor in Los Angeles war. Stuart hat noch einmal recherchiert und war entsetzt über seine eigenen Leute.“ Erklärte er sachlich.
„Jetzt wissen du und Somerholder was wirklich passiert ist, nehme ich an!“ Vincente blieb ruhig bei der Sache.
„Ja, jetzt wissen wir es!“ Gestand der Marine ebenso ruhig.
„Erzählst du es mir? Ich schweige auch darüber!“ Vincente spürte, wie der Todeskrieger ihn prüfte, er ließ es zu.
„Ramon war in Pensacola stationiert, dorthin kommen nur die Besten der US-Air-Force.“ Chris-Angel spürte plötzlich die Gedanken des Kampfpiloten. Dieser ließ ihn wissen, dass er Vincente gerne selbst seine Geschichte erzählen wolle. Er lud den englischen Navy-Commodore und seinen Cousin kurzer Hand zum Mittagessen ein. Die Beiden erklärten sich damit einverstanden.
Während des Morgenritual beobachtete Clyde unter seiner Kapuze Vincente. Der Spanier stand ihm mit gesenktem Kopf gegenüber, trotzdem spürte er dessen Blicke. Sie ließen sein Herz schneller schlagen und einen warmen Schauer über seinen Rücken laufen. Vor Alistair und Dorian hatte er nie einen Hehl daraus gemacht, dass ihm nach der Sache mit MacNamara Frauen zu Wieder waren. Der Spanier hatte den Kopf gehoben, Clyde tat es ihm nach und schon sank der dunkle Lockenkopf wieder, schlossen sich die dunkelbraunen Augen beschämt. Dafür schaute ihn nun Chris-Angel mit einem wissenden Lächeln an. Der Commodore war offener, wie alle Soldaten, die der Schotte bis jetzt erlebt hatte. Für ihn schien Liebe einfach das zu sein, was sie war, etwas Wundervolles, egal wer wem sein Herz schenkte. Die knienden Krieger erhoben sich, Vincente begann ein Gespräch mit Colin und Kiran, nachdem er seine Kapuze abgezogen hatte. Clyde betrachtete das Seitenprofil des Spaniers, während er sich eine Zigarette drehte. Die dunklen Locken des schwarzen Wolfs schimmerten in der Frühlingssonne. Der große gut trainierte Körper strahlte Stärke aus, wie wohl sein Blut schmeckte. An dieser Stelle riss sich der Schotte los, wand den Blick Corey zu, der weiterhin neben ihm stand. In diesem Moment legte Kiran seine Hand auf Vincentes Schulter, ein leises Knurren entwich dem Vampir. Neben ihm zog sein Freund hörbar die Luft in die Lunge, sagte jedoch nichts.
Gemeinsam mit seinen Brüdern, dem Iren und Tristan ging Clyde schließlich auf die Jagd. Vincente und Chris-Angel wollten heute zu den beiden Wölfen an den See. Er würde den Spanier erst am Abend wiedersehen. Das er mit Alistair alleine war, bemerkte er erst, als dieser ihn an den Schultern festhielt. Ein langer Blick traf den Schotten, in ihm lag eine unendliche Liebe, Verständnis und Wärme. Sicher sein Zwilling spürte den Kampf, den er schon seit der ersten Begegnung mit Vincente kämpfte. Diese wortlose Geste gab Clyde mehr Kraft, wie es Worte jemals gekonnt hätten. Sie machte ihm klar, dass egal was er tat, Alistair zu ihm halten würde.
Ramon stand am Herd, er kochte gerne, wenn es ihm möglich war. Gavin lehnte rauchend neben ihm an der Anrichte, die blauen Augen des Schotten hatten einen glücklichen Glanz. Er schien sich sichtlich besser zu fühlen, nachdem er die Nacht in seinen Armen verbrachte. Solang er nicht von ihm gefragt wurde, wollte der Spanier über seine Vergangenheit schweigen. Darüber, dass er schon als Junge wusste, das er anders war. Jedoch erst mit achtzehn lernte, diese Gefühle in sich zu leben. Die Erfahrungen, die er während seiner Grundausbildung sammelte, waren zwar nicht die schönsten und doch gaben sie ihm Mut. Die Gewissheit, sich wegen seines Anderssein nicht verstecken zu müssen, jedenfalls außerhalb der Air-Force. Colins sanfte Rüge am Abend und das Gespräch mit Gavin danach, brachten ihn jetzt dazu, für seine Gefühle zu kämpfen. Egal was die Anderen dachten, was Nico und Vincente sagten, er würde den Schotten mit den leuchtenden blauen Augen nicht einfach fallen lassen. Wenn es für sie hieß, dass sie nicht mehr in den Höhlen wohnen konnten, dann gab es hier am See einen Platz für sie. Eine seiner dunklen Locken rutschte Ramon ins Gesicht. Bevor er sie zurück hinter sein Ohr schieben konnte, tat es Gavin. Ihre Blicke trafen sich und diesmal war es der Schotte, der sanft über seine Lippen strich. Er neigte etwas den Kopf, sich bewusst, dass die störrischen Locken dieser Bewegung nicht standhielten. Diesmal griff Gavin mit beiden Händen zu, schob ihm so die Haare aus dem Gesicht. Der Kuss der darauf folgte, enthielt eine Leidenschaft, wie sie Ramon nie zuvor spürte.
„Lässt du sie wachsen?“ Wollte der Schotte nach einer Weile wissen, strich dabei erneut durch die Locken des Spaniers.
„Ihr tragt sie doch alle lang, also lass ich sie auch wachsen. Wollte ich eh immer mal ausprobieren, aber beim Militär ging es halt nicht.“ Damit war ihr Gespräch auch schon wieder beendet. Gavin beobachtete ihn jetzt vom Tisch aus, dies spürte Ramon nur allzu deutlich, fuhr sich absichtlich durch die Locken. Gelegentlich erklang ein leises Knurren hinter ihm. Doch dann setzte das Klopfen an der Tür dem Treiben ein viel zu schnelles Ende. Chris-Angel und Vincente traten ein, begrüßten die beiden mit einer Umarmung. Der Marine setzte sich Gavin gegenüber, der Spanier neben den Soldaten. Ramon trug das Essen auf, spanische Küche, denn er wusste, dass sie sie mochten. Während des Mahles schwiegen sie, trotzdem spürte der Spanier die Fragen seines Cousins deutlich. Er begann nervös mit seiner Hand am Saum der Tischdecke zu spielen. Gavins Finger schlossen sich unter dem Tisch um seine, strichen beruhigend über seinen Handrücken. Als sie jeder mit einer Zigarette am Tisch saßen, brach Vincente das Schweigen. Erstaunlicherweise tat er es auf Spanisch, denn noch wusste Ramon nicht, dass Chris-Angel ihre Muttersprache verstand.
„Egal, was du mir erzählen möchtest, Cousin! Es wird nichts daran ändern, dass ich dich in mein Herz geschlossen habe, das verspreche ich dir!“ Dann sprach er auf Englisch weiter. „Erzählst du mir, wie du nach Elmendorf gekommen bist und was davor passiert ist?“ Ramon sah betreten zu Boden, man konnte ihm die Angst ansehen. Gavin sprang ein, strich dabei weiter über seine Hand, mehr noch, erzog die verschlungenen Hände auf die Tischplatte, so dass sie für alle sichtbar war.
„Ramon, Vincente weiß wie ich zu meinem Geschlecht stehe. Ich denke dir hat er oder Kilian etwas gesagt, Angel.“ Der Marine nickte nur wissend. „Also brauchst du keine Angst zu haben.“ Der Blick der blauen Augen machte Mut. Ramon räusperte sich, schloss die Finger fester um die des Schotten.
„Mit vierzehn entdeckte ich, dass mich Frauen nicht interessieren. Erst war der Gedanke Angst einflößend. Zumal ich gerade wegen der Schlägerei mit Colin in der Kathedrale war. Du weist schon, Vin, die Sache mit dem Teufel. Also behielt ich dieses Geheimnis lieber für mich. Während meiner Grundausbildung in Los Angeles, erfuhr ich mehr über meine Gefühle. Ich wurde mehr oder weniger die Liebschaft eines anderen Soldaten. Nach zwei Jahren ging ich nach Pensacola, um dort als bester Absolvent meines Jahrgangs die Offiziersausbildung zu machen. Ich blieb danach, wurde selbst Ausbilder. Dann beging ich den riesigen Fehler und verliebte mich in einen Rekruten. Wir wurden beim Knutschen im Flieger erwischt. Der arme Kerl musste sofort die Air-Force verlassen, mich versetzte man ans Ende der Welt nach Anchorage. Mir wurde eingeimpft, dass ich niemals in Pensacola war, um das Ansehen der Air-Base dort zu wahren. Die Zeit in Elmendorf war nicht leicht, denn man merkte mir an, dass ich nicht so war, wie die Anderen. Wenn meine Stubenkamerad zu den Frauen gingen, blieb ich auf der Stube. Nur Dylan und Viggo schien dies nicht zu stören. Sie waren so etwas wie Freunde für mich!“ Ramon hob den Kopf, sah zu Vincente, darauf gefasst Abscheu in dessen Augen zu sehen. Doch stattdessen blickten sie ihn voller Verständnis und Mitleid an. In Chris-Angel Gesicht konnte der Spanier nicht lesen, es blieb einfach freundlich. Der Soldat brach jedoch das bedrückende Schweigen zwischen ihnen.
„Wir sind hier nicht mehr beim Militär, Ramon! Ich mag zwar Commodore sein, aber ich bin kein herzloser Soldat. Wenn so euer Glück aussieht, dann ist es für mich in Ordnung. Ich gönne es dir nach allem und auch dir Gavin!“ Während er sprach legte der Todeskrieger seine Hand über die der beiden Wölfe vor sich. Jetzt schloss er sie darum, drückte sie so etwas fester zusammen. Ramon warf Vincente einen Blick zu, dieser schaute jedoch nun den Schotten an.
„Als ich in dein Zimmer kam, sagtest du mir von Anfang an, dass du auch auf Männer stehst, Gavin. Du gabst sogar zu, dass dir mein Aussehen zusagt! Ich hab gemeint, du wärst nicht mein Type, weist du noch?“ Über Gavins Gesicht ging ein anzügliches Grinsen.
„Wie sollte ich das vergessen! Am nächsten Abend, als ich aufs Zimmer kam, lag diese Blondine in deiner Kiste, mit dir! Besser hättest du es mir nicht klarmachen können, Vin!“ Der Spanier lächelte schief, es wirkte aufgesetzt.
„Ich hätte es anders angehen sollen. Dir sagen, dass ich nicht auf Dunkelhaarige stehe. Doch damals war ich noch nicht so weit!“ Vincente stiegen Tränen in die Augen. „Wie oft hab ich mir gewünscht, dass du mich in die Arme nimmst, wenn ich am Anfang vor Heimweh weinte? An deiner Brust getröstet zu werden, wäre viel wert gewesen! Amigo, yo soy como tú!“ Chris-Angel übersetzte die letzten Worte in den Gedanken des Schotten. Ramon schaute seinen Cousin nur überrascht an.
„Céllí Mór!“ Kam es von Gavin, dann stand er auf und zog Vincente an sich. „Warum hast du nie etwas gesagt, amigo? Ich hätte es doch getan, schon alleine weil wir Freunde sind. Oh, Vincente!“ Ramon erhob sich ebenfalls, nahm den Tabak des Schotten und ging nach draußen. Ihm folgte der Marine. Am Seeufer blieben sie stehen, Chris-Angel gab dem Spanier Feuer. Dieser spürte deutlich den Blick, mit dem ihn der Commodore des SBS betrachtete. Wenn er wusste, was in Pensacola passiert war, was war dann mit Elmendorf, mit der Nacht in der er floh?
„Einer der Männer aus Elmendorf hat gestern bei Somerholder angerufen und um meine Nummer gebeten. Was er mir erzählte, lässt mich nicht in Ruhe. Ramon, du musst nicht über die Nacht reden, in der man dich folterte. Doch wenn du mir die Wahrheit sagst, verspreche ich dir, dass ich rechtliche Schritte einleiten werde. Mit dem Soldaten als Zeugen, bekommen wir die Männer in den Bau!“ Die Hand auf der Schulter des Spaniers wirkte tröstend, die harten Worte jedoch das Gegenteil.
„Der Soldat, der sein Schweigen brach, war einer der Männer, die an der Tür Wache standen!“ Bemerkte Ramon. „Einer der beiden flog in meinem Geschwader, Lionel Greenwood. Ein viel versprechender junger Mann!“
„Er meldete sich nur mit dem Vorname, ja es war Lionel! Wo er stand, sagte er mir auch nicht. Ich habe dem jungen Mann vorgeschlagen, dass er sich in Fort Richardson melden soll. Major Jackman wird ihn aufnehmen und später zu Somerholder bringen. Doch bevor er zu Stuart fliegt, möchte ich deine Aussage, vorher geschieht überhaupt nichts!“
„Warum tust du das, Angel, warum hängst du dich so sehr in die Sache rein?“ Wollte Ramon interessiert wissen. Der Angesprochene hatte den Blick auf den Wald gerichtet. Schon länger spürte er, dass dort jemand stand, ihn und den Spanier beobachtete. Laut genug, dass es auch derjenige hören konnte, antwortete Chris-Angel auf die Frage.
„Weil ich dir, Dylan und Viggo helfen möchte. Ihr sollt hier in Frieden leben können und wissen, dass Elmendorf für euch Geschichte ist. Außerdem weil ich einem meiner britischen Kameraden helfen will. Jemandem der nicht darüber spricht, wie man ihn zum Schweigen brachte! Ryan O´ Neil, du kannst dich zeigen und bring gleich den Mann mit, denn du dir als Zeugen gewählt hast!“ Wieder überraschte Ramon, wie gefasst der Commodore blieb. Ryan trat tatsächlich aus dem Unterholz. War der Spanier davon ausgegangen, dass er mit Tristan, Aidan oder auch seinem Bruder kam, so wurde er enttäuscht. Mit dem Ex-Piloten kam einer der beiden McDonald Zwillinge. Für Ihn war es noch schwer, sie auseinander zu halten, da er sie kaum kannte. Die beiden Männer salutierten, hinter ihnen verschwanden zwei Wölfe in den Wald, ein brauner und ein schwarzer. Der schwarze wand den Kopf nach ihnen um. Zum ersten Mal hörte der Spanier Vincentes Stimme in seinen Gedanken. Er solle sich keine Sorgen machen, zwischen ihm und Gavin würde nichts laufen, denn sein Herz schlüge für den Mann neben Ryan. Chris-Angel bat schließlich die beiden Männer erst einmal in die Hütte. Er löste auch das Geheimnis, welcher der McDonald-Zwillinge jetzt vor Ramon stand, denn er sprach Clyde mit Namen an. Gavin und Vincente hatten die Hütte aufgeräumt, frischen Kaffee und Tee gekocht. Auf dem Tisch stand eine Schale mit Gebäck und vier Tassen. Ryan griff sofort nach der Teekanne und goss sich ein, er erklärte dem sichtlich nervösen US-Kameraden, dass diese besondere Mischung beruhigend wirken würde. Also versuchte Ramon, der sonst nur Kaffee trank, von dem Tee. Chris-Angel sowie Clyde tranken dann doch lieber Kaffee. Irgendwann legte der SBS-Commodore sein Handy auf den Tisch. Für die beiden Luftwaffen-Offiziere schlug die Stunde der Wahrheit. Ryan ließ dem Spanier den Vortritt, als der sah, wie dessen Hände zitterten.
Wieder traten die Männer in seine Stube, zerrten ihn aus dem Bett und befahlen ihm sich anzuziehen. Seine Stubenkamerad sahen dabei stumm zu. Erneut wurde er in den Verhörraum gebracht. Dort bekam er den Befehl die Kleidungsstücke abzulegen. Er verweigerte ihn, so lange bis man ihm die Pistole an die Schläfen hielt. Dann kamen die Schläge, von denen er Captain Somerholder erzählt hatte, schließlich, als er weiter schwieg, nahmen sie ihn. Alle vier Offiziere im Raum, vor den Augen der beiden wachhabenden Soldaten. Ramon weinte, nachdem man ihn geschändet und geschlagen liegen ließ. Er wusste nicht mehr, wie er sich angezogen hatte. Auch nicht, woher er die Kraft zur Flucht nahm. Wahrscheinlich gab sie ihm el negro, der in seiner Seele tobte. Rache für diese Ungerechtigkeit wollte.
Nur noch flüsternd und mit bebender Stimme, brachte er seine Aussage zum Ende. War einfach dankbar für die starken Arme, in die er gezogen wurde. Die kräftige Brust, an der er sich ausweinen konnte. Er nahm die pechschwarzen Augen des Schotten nicht wahr. Ryan betrachtete den Halbling und den Vampir, die sich mit festem Blick in die Augen sahen. Dunkle Schattenmagie füllte den Raum, nahm dem Wolf den Atem. Plötzlich entlud sie sich, für einen Moment schwankte Chris-Angel neben ihm. Clydes Augen wurden wieder eisblau mit einem leichten grauen Unterton. Jetzt begriff der Krieger, der Schotte hatte seine Wut auf den Lordkrieger der Todeskrieger übertragen. Mit einem heftigen Gedankenschlag, der diesen für Sekunden in die Knie zwang. Bevor sich Ryan weiter Gedanken darum machen konnte, stürmte Gavin in den Raum. Er riss seinem Landsmann den Spanier förmlich aus den Armen. Vor den Augen der Anderen küsste er ihm sanft die Tränen von den Wangen. Als Chris-Angel zustimmend nickte, trug er ihn aus dem Raum, wohl in eine andere Hütte. Die Tür wurde von außen geschlossen. Zurück blieb ein würziger Geruch, wie ihn Ryan auch schon bei Jessica und Tristan wahrgenommen hatte. Über Clydes angespannten Züge, glitt ein Lächeln.
„Da haben sich wohl zwei wirklich gesucht und gefunden!“ Stellte der Highlander trocken fest.
„Geht das überhaupt bei zwei Wölfen?“ Rutschte es Ryan raus, er senkte darauf hin etwas beschämt den Kopf.
„Warum soll es nicht gehen! Es gibt doch auch bei Menschen gleichgeschlechtliche Liebe. Genauso kann sich ein Vampir auf einen Wolf prägen, wie sich ein Weißer in einen Schwarzen verlieben kann! Das Schicksal entscheidet, Ryan, bei uns genauso wie bei den Menschen!“ Antwortete Clyde offen auf die Frage. Das jemand unter Chris-Angels Schutz ihrem Gespräch lauschte, ahnte der Schotte dabei nicht.
„Darf ich dich etwas persönliches fragen?“ Kam es von Ryan, Clyde schaute ihn nur auffordernd an. „Du liebst auch anders, nicht wahr?“
„Wie kommst du darauf?“ Wollte der Schotte wissen.
„Du gehst mit Jessica zwar freundlich um, aber anders wie uns Anderen fallen dir nicht bei ihrem Anblick die Augen raus!“ Bemerkte der Ire leise, als habe er Angst vor der Reaktion, die nun kommen musst. Doch Clyde begann schallend zu lachen.
„Mach nicht so ein Gesicht, Ryan, ich reiß dir den Kopf wohl kaum ab. Ehrlich, ich verstehe Alistair und Tristan. Diese Frau ist eine wahre Schönheit! Aber du hast Recht, Jessy interessiert mich nicht in diesem Sinne. Ich mag sie, wie ihr alle. Als Schattenkriegerin und gute Freundin! Aber mein Herz habe ich an einen Anda..“ Clyde stoppte kurz um sich zu räuspern. „Anderen verschenkt!“ Vollendete er den Satz und hoffte, dass es Ryan nicht bemerkte. Das dieser nur schwieg, weil ihm Chris-Angel unterm Tisch auf den Fuß trat, bemerkte er nicht.
„Mach deine Aussage Offizier O´ Neil, dann kannst du dich mit Clyde über seine Gesinnung streiten!“ Befahl der SBS-Commodore rau, er verschloss sich wider Vincente gegenüber.
„Ai, Commodore Bailey, Sir!“ Gab Ryan förmlich zurück. Er erzählte eine ähnliche Geschichte wie Ramon zuvor. Diesmal war es jedoch Chris-Angel dessen Augen schwarz wurden, da der Name seines ehemaligen Vorgesetzten fiel. Er beruhigte sich mit einer Rauchkräuterzigarette, da er wusste, dass kein Anderer seinem Schlag standhalten würde, nicht einmal Kilian oder Pádraig. Auch Ryan ließ den Gefühlen freien Lauf, allerdings stieß er sowohl den Commodore als auch den Schotten zurück, die ihn trösten wollten. Dies sollte erst Evan in den Höhlen gelingen, wohin Chris-Angel nach einer Weile mit dem Offizier und ohne Clyde aufbrach. Vincente hatte schon vorher mitgeteilt, dass er die Nacht bei Gavin und Ramon verbringen wolle, falls der Schotte seine Hilfe brauchte. Kaum entfernte sich der Jeep, mit dem Ryan und der Highlander gekommen waren, vom See. Standen auch schon die drei Wölfe in der Hüttentür. Ramon schien sich etwas beruhigt zu haben, oder lag es daran, dass ihn der dunkelhaarige Schotte feste im Arm hielt. Wohl eher letzteres, stellte Clyde fest, er füllte ein Glas halb mit Wasser. Gab dann das Beruhigungsmittel von Lior hinein. Der Spanier trank das Gebräu, ohne zu fragen, was man ihm gab.
„Bleib bei mir Gavin, bitte!“ War alles was er mit schwacher und zitternder Stimme von sich gab. Dieser gewährte ihm seinen Wunsch, ließ Vincente mit dem weißblonden Vampir zurück. Der Wolf sank auf einen Stuhl, verbarg dabei das Gesicht in den Händen. Es dauerte eine Weile, bis der Schotte begriff, dass er weinte. Etwas unsicher, wie dieser tatsächlich zu ihm stand, setzte sich Clyde neben ihn, strich über die so samt weichen Locken. Er wickelte eine um den Finger und ließ sie wieder aufspringen.
„Ich könnte sie alle einzeln umbringen. Ihnen erst Ramons Leid antun und dann ganz langsam ihre Körper zerfleischen!“ Niemals hätte der Schotte Vincente so viel Hass zugetraut, wie er jetzt in seiner Stimme lag.
„Lass es lieber Angel regeln und mach dir deine Hände nicht an diesen widerwärtigen Menschen schmutzig! Sie werden ihre Strafe ganz sicher bekommen, Vin!“ Clyde nahm das ihm zugewandte Gesicht in die Hände, strich die Tränen mit den Daumen fort. Einen Moment flackerte etwas in den dunkelbraunen Augen. Doch dann verschwand der Glanz wieder, es durfte nicht sein, so schien es dem Schotten. Der schöne Andalusier hatte Zweifel an den Gefühlen seines Gegenübers. Neue Tränen kamen, Vincente konnte nicht mehr weiter in die eisblauen Augen sehen.
„Was für ein Scheiß, sie tun Ramon so unendlich weh, ich bin verliebt und weiß nicht, wie ich es sagen soll!“ Brach es aus ihm heraus, wohl weislich in Spanisch, denn er wollte nicht, dass ihn der Schotte verstand.
„Du beobachtest deinen Angebeteten heimlich, Vin, schaust betreten zu Boden, wenn er aufsieht. Ich hab Angels Schutzschild heute gespürt, als ich Ryan seine Frage beantwortete. Den beinah Versprecher hast du nicht mitbekommen, oder?“ Das Clyde spanisch sprach bemerkte er nicht.
„Ich war mit meinen Gedanken mehr bei Ramon, als bei diesem Gespräch!“ Gestand Vincente ebenfalls in seiner Muttersprache, schaute seinen Gegenüber dabei an. Das Gesicht des Schotten kam näher, dann spürte er die samtweichen Lippen auf den seinen. Er schob sich an ihn, schlang die Hände um dessen Hals und erwiderte den zärtlichen Kuss. In dieser Nacht machte Vincente Clyde ein unbewusstes Geschenk, denn der ließ zu, dass dieser mit dem Kopf auf seinem Rücken schlafen konnte. Während der Spanier erschöpft einschlief, lag der Schotte mit Glückstränen in den Augen wach. Fuhr immer wieder sanft mit den Fingern durch das weiche Fell.
Nico betrachtete nachdenklich die Männer und Jessica, die lachend um das Feuer in der mittleren Höhle saßen. Ihm war nicht nach der Gesellschaft der Anderen, er wollte lieber raus, irgendwo laut Musik hören. Ja, richtig hartes Heavy Metal war jetzt das was er brauchte. Mit einer Flasche Whiskey und seinem Tabak, zog er sich in den Jeep zurück. Wenigstens hatte der Geländewagen einen CD-Spieler. Er schob den Silberling in den Player, drehte die Lautstärke jedoch nicht voll auf. Mit geschlossenen Augen, rauchend und trinkend ließ sich Nico die letzten Stunden durch den Kopf gehen. Vincente hatte ihm nach dem Gespräch mit Colin und Kilian gestanden, dass auch er etwas anders war. Im Prinzip änderte es nicht viel an der Ansicht, die er von seinem Bruder hatte. Allerdings kam hier seine Erziehung wieder zum Vorschein, denn bei Seniore del Niro, wäre Vincente nun unten durch. Nachdem dieser mit Chris-Angel die Höhlen verließ, suchte Nico Rat bei Colin. Zwar nahm ihm sein hermano viele Zweifel, doch musst er nun erst einmal mit dieser neuen und völlig unbekannten Situation klar kommen. Sie passte nicht in sein so normales Weltbild, oder war es seine konservative und katholische Erziehung, die es ihm schwer machte, zu verstehen. Was sprach gegen diese Beziehungen, wenn Vincente und Ramon damit glücklich wurden? Nico drehte die Anlage doch etwas lauter, lehnte sich mit dem Rücken gegen die Fahrertür und legte die Beine über die Sitze. Die Musik riss den Spanier mit, ließ ihn alles vergessen. Anders wie früher in seiner Heimat, gingen Nico jetzt nicht die schönen Stunden mit Colin durch den Kopf, sonder die mit seinem richtigen hermano. Angefangen von dem Moment, als ihm Vincente am See gestand, dass er sein Bruder war. Über den gemeinsamen Flamenco-Tanz. Den Stunden, die sie einfach Rotwein trinkend in ihrer Hütte verbracht hatten, bis hin zu dem Gespräch in der letzten Nacht. Mit dem Ergebnis, dass er Vincente genauso liebte, wie er war. Der große Bruder mit dem man lachen und weinen konnte. Der Wolf, der wenn man nicht drauf achtete, auch mal am Schwarz des kleinen Bruder zog. Ober verspielt mit diesem über die Wiesen tollte. Hier waren die strengen Regel des spanischen Adels nichtig. Nico hörte das leise Öffnen der Beifahrertür zog instinktiv die Beine etwas an, ohne die Augen aufzuschlagen. Er spürte den Halbling, der noch kein Krieger war.
„Du hörst Metal!“ Stellte Dylan überrascht fest. „Ich hätte gedacht, dass du eher auf Classic stehst, oder auf Pop.“ Nico lächelte und hob die Lider.
„Spanische Folklore, aber nur wenn ich Flamenco tanze. Ansonsten hör ich gerne Rock und Heavy Metal, Heros del Silencio, Metallica, Kiss und so etwas.“ Erklärte er und holte dabei die Whiskyflasche aus dem Fußraum, hielt sie Dylan hin. Der Waliser nahm die Flasche entgegen und trank.
„So kann man sich täuschen! Ich habe genauso ein falsches Bild von dir, wie von meinem Cousin Jeremy.“ Gab er zu und reichte den Whiskey zurück. „Du hattest sicher ebenso eine harte Kindheit wie Jey, Damon und Ron!“
„Hart würde ich nicht sagen, ich hatte alles was ich brauchte, jedenfalls an materiellen Dingen. Hart war es für Colin, den mein Vater nie wirklich mochte, er tat mir schon leid. Später, als ich diese Ungerechtigkeit begriff, wurde es schwer für mich. Aber egal, der Nico, den du vor dir siehst, ist der richtige Nico del Niro. Der aus Spanien braucht keinen mehr zu interessieren!“ Er stellte fest, dass die Härte seiner letzten Worte, den Waliser überraschten. „Hast du Geschwister?“ Lenkte der Spanier das Gespräch auf Dylan selbst.
„Nein, leider nicht, ich war ein Einzelkind!“ Gestand dieser leise. „Damon war wie ein Bruder für mich, wir haben früher oft miteinander gesprochen. Ich kannte viele seiner Sorgen und er meine. Als ich schließlich in die USA ging, war Viggo mein Vertrauter. Wir hatten beide Heimweh und irgendwie schweißte uns die Ausbildung zusammen. Obwohl der Finne und ich total verschieden sind. Bist du wirklich aus einem Adelshaus?“ Nico merkte, dass Dylan jemanden zum Reden suchte, sicher in den Höhlen drehte sich weiterhin alles um den Angriff auf das Dorf. Den Wiederaufbau, der möglichst bald beginnen sollte, so wie die Beziehungen zwischen den Kriegern.
„Ja, aber ich bin nicht der einzige Adelige hier.“ Die Fahrertür wurde geöffnet und Nico schwang schnell die Beine vom Sitz, um nicht hinaus zu fallen. Camerons Mundwinkel zuckten, die grünen Augen glänzten verschlagen. Der Spanier machte dem Iren Platz rutschte auf den mittleren Sitz und legte die Beine auf das Armaturenbrett.
„Was ist das denn für ein Benehmen, Principe Nico!“ Sprach der Rothaarige den Dunkelhaarigen mit seinem Titel an. Der Spanier wäre Fürst, wenn er die Ländereien seines Vaters übernähme. Gleichzeitig machte er so klar, dass er einen Teil des Gespräches belauschte.
„Oh verzeiht, Lord Cameron!“ Nico steckte sich die Selbstgedrehte zwischen die Lippen, machte jedoch keine Anstalten seine Sitzposition zu ändern. Gleichgültig schaute er dabei aus dem Fenster. Sah so nicht, dass Cameron Dylan mit einer Geste aus dem Jeep scheuchte. Der Waliser verschwand leise.
„Du hast so viel von deinem Anstand abgelegt, Nico, dass es mich irgendwie freut. Weist du, am Anfang, war ich genauso wie du, hab alles mit meiner adeligen Erziehung hinterfragt. War es richtig, dass ich die Yard verließ? Richtig der schwarze Engel zu werden? Meinen Glauben zu verraten, weil ich ihn nicht annehmen wollte?“ Cameron bediente sich am Tabak des Spaniers, nahm ihn ihm einfach von den ausgestreckten Beinen.
„Und war es richtig?“ Wollte Nico leise wissen, sich bewusst, dass ihm der Ire seine Seele preis gab.
„Ich weiß es nicht! Aber ich weiß, dass es richtig war, dass mich Kiran und Kilian wieder zu meinem Glauben brachten. Dass sie mich zwangen über meinen Schatten zu springen und mit Brendan und Colin zu reden. Genauso richtig, war es, dass mir dein hermano im Reservat das Leben gerettet hat. Sie mich zum absoluten Zusammenbruch brachten. Ich brauche die Extremen um zu lernen! Dir fällt die Sache mit Vincente schwer, aber weist du was, ich glaube, Alistair genauso.“ Jetzt schaute Nico Cameron entgeistert an, was hatte der Schotte damit zu tun? Die Frage ließ der Ire offen. Sie redeten noch eine Weile über ihre Vergangenheit, jedoch nicht mehr über ihre Brüder oder Halbbrüder.
In den nächsten beiden Tagen war der Spanier damit beschäftigt, gemeinsam mit Chris-Angel, den beiden McDonald-Brüdern und Stuart Somerholder, den Wiederaufbau des Dorfes zu planen. Major Jackman sicherte ihnen die Hilfe der Soldaten aus Fort Richardson zu. Die Air-Base Elmendorf stellte überraschender Weise zwei Transporthubschrauber zur Verfügung. Nico war sich sicher, dass auch hier der SBS-Commodore und der Navy-SEALS-Captain ihre Finger im Spiel hatten. Alistair erwies sich in dieser Zeit als ausgesprochen geschickt im Zeichnen von Grundrissen und berechnen der Maße für die neuen Hütten. Was ihm nicht nur die Anerkennung der Krieger einbrachten, sondern auch Dorians. Denn selbst dieser hatte nicht von der Gabe seines Bruders geahnt. Die große Gemeinschaftshütte und den Dorfladen sollte es auch im neuen Dorf geben, eine weitere größere Hütte für Tristan, Jessica und ihre Kinder. Ansonsten waren sie sich einig, dass die anderen Krieger so weiter wohnen wollten, wie zuvor. Drei Gästehütten wurden auch eingeplant, genauso wie das Badehaus und die Krankenhütte wider errichtet werden sollten. Um die Kosten des Aufbaus brauchten sie sich ebenso keine Gedanken zu machen. Denn das Vermögen der älteren Vampire, Camerons und die Hilfe des Militärs würden diese mit Leichtigkeit decken. Weitere Tage vergingen, in denen Nico nur in seinen Gedanken mit Vincente sprach. Der Ältere ließ ihm Zeit, mit der neuen Situation zurecht zu kommen. Erzählte während ihren Gesprächen nie von seinem Gefährten. Nico war sich sicher, dass es Gavin war, auf den Vincente stand. Denn weder die beiden O´ Harras noch Chris-Angel hatten ein Wort darüber verloren, wer zu wem gehörte. Außerdem begann sich der Spanier zu fragen, wie es wohl war, einen Mann zu lieben. Colin hatte offen darüber mit ihm gesprochen, dass er diese Erfahrung in Irland während es Studiums machte. Es ihm jedoch nicht so sehr gefallen habe. Nach diesem Geständnis saß Nico lange Zeit alleine im Jeep, in den sie sich zurückzogen um ungestört reden zu können. Langsam wuchs der Wunsch, diese Gefühl zu spüren, vielleicht konnte er dann besser verstehen, was in Vincente vor sich ging. Doch war er zu schüchtern, es vor den Anderen anzusprechen. Bei Colin wäre dies nicht das Problem gewesen, allerdings gab dieser zu, so etwas kein zweites Mal zu machen. Er überlegte, wem er noch genug vertraute, um demjenigen seine Lage zu gestehen. Eigentlich traf es bei allen Anderen zu, konnte er mit allen offen reden. Doch dies war etwas, dass man nicht am Lagerfeuer besprach, oder mal eben während der Jagd. Über seinem Nachdenken schlief Nico im Jeep ein. Vergaß dass Matthew diesen am Morgen brauchte, weil er in das große Reservat fahren wollte. Dort nahm man einfach an, einige der Bewohner des Dorfes hätten den Angriff der Air-Force überlebt. Denn Matthew und Aidan waren schon mehre Male gekommen um Vorräte zu kaufen.


Kapitel 15



Das schwungvolle Öffnen der Fahrertür weckte den schlafenden Wolf auf. Einen Moment sah er sich irritiert um, bevor er in das lächelnde Gesicht des blonden Vampirs blickte. Dean trat in diesem Moment in seinen Geist, er solle mit Matthew fahren, wenn er wolle, ließ er ihn wissen. Nico fand, dass ihm diese Abwechslung gut tat. Als der Ire keinen Einwand erhob, oder ihn aus dem Wagen scheuchte, blieb der Spanier darin sitzen. Glättete lediglich sein Hemd und flocht den Zopf neu, nachdem ihn ein schiefer Seitenblick traf. Rasieren konnte er sich wohl kaum, also blieb der Dreitagebart stehen. Denn die Planung des Dorfes hatte ihn auch in den Tagen zuvor so in Anspruch genommen, dass er einfach vergaß die Stoppeln zu entfernen.
„Im Rucksack ist was zu Essen und eine Flasche Blut, die kannst du gerne haben. Ich war heute schon auf der Jagd!“ Brach Matthew das Schweigen kurz. Der Wolf nahm das Angebot an, langte in den Rucksack und aß genüsslich. Neben ihm rauchte der Vampir, schien seine stumme Gesellschaft zu genießen. Sicher bei den vielen Personen in den Höhlen, war es immer laut. Dazwischen noch Gordon und Cody, die es sichtlich mochten, dass sich die Erwachsen um sie kümmerten. Sie mit ihrem Papa, Tristan und ihren Onkels spielen konnten. Nico begann erneut seine Überlegungen vom Abend aufzunehmen. Bekam kaum mit, wohin ihn Matthew brachte. Auch die Gedankengespräche, die sein Begleiter führte, spürte er nicht. Obwohl dieser sich nur schwach vor ihm schützte. So erfuhr der Schattenkrieger von seinem Herrn und Chris-Angel, was sie in den Gedanken des Wolfes gelesen hatten. Bekam ebenso mit, worüber der Spanier im Moment grübelte. Für ihn waren die Dinge weniger befremdlich, wie sie für einen der Indianer gewesen wären, die eigentlich ins Reservat fahren wollten. Denn er hatte diese Erfahrungen gemacht, über die Nico nachdachte. Wenn Gavin glaubte, dass er nichts über die Neigungen seines Vaters wusste, so irrte er sich. Denn dieser hatte auch seinen ältesten Sohn an so mancher Orgie teilhaben lassen. Matthew empfand es daher nicht als schlimm, er genoss sogar manchmal dieses Spiel mit dem Feuer. Doch seit er hier in Alaska war, spielte er es nicht mehr. Unbewusst betrachtete der Vampir seinen Beifahrer von der Seite. Die dunklen Stoppeln im Gesicht, gaben Nico etwas raues, gemeinsam mit der schwarzen Lederhose. Das Hemd wirkte keinen Falls bieder, sondern eher als gekonnter Stilbruch. Als der Wolf den Arm am Fensterrand abstützte und den Kopf in die Handfläche legte, wurden Sehnen und Muskeln sichtbar, die es vorher nicht gab. Das Reservat kam in Sicht, riss den Schattenkrieger aus seinen Gedanken. Zum Glück erwarteten Dean und Kilian nicht, dass sie vor der Nacht zurückkehrten. Denn Nicos Fantasien hatten in Matthew den Wunsch nach dem Spiel mit dem Feuer entfacht.
Der Spanier erwachte zum Leben, als sie vor dem großen Reservatsladen anhielten. Wie lange war er nicht mehr richtig shoppen gewesen? Zwar waren dies nicht die Designerläden in Madrid oder Barcelona, er jedoch auch nicht mehr der Adelssohn von damals. Ungezwungen betrachtete er die Auslagen, kaufte hier und da einige brauchbare Kleidungstücke, Tabak und Alkohol. Während Matthew die anderen Dinge für die Krieger besorgte. Die Indianer gingen ihnen so gut es möglich war, aus dem Weg. Zumal sie beide sichtbar ihre Dolche trugen. Keiner schien sich mit den Kriegern anlegen zu wollen. Matthew ließ Nico irgendwann wissen, dass sich keine Leute aus dem Dorf von Häuptling Stormwind blicken ließen. Auch hier hielt man sie für böse Geister, ließ ihre Anwesenheit nur zu, weil sie sich still verhielten. Die beiden Krieger machten sich einen Spaß daraus, in der Sprache der Geister zu sprechen. Dass sie nur einfach in der Muttersprache des Blonden redeten, konnten die Indianer ja nicht wissen. Die Rechnung beglich der Ire mit Dorians Kreditkarte, der Spanier zahlte seine Sachen mit einer falschen Kreditkarte, wie es seinem Begleiter auffiel. Denn den Beleg unterschrieb er mit Antonio Romerro. Lachend verließen sie den Laden, luden die Tüten und Kisten auf die Ladefläche des Jeeps. Matthew zog seine Lederjacke aus, gab so den Blick auf bloße muskulöse und tätowierte Oberarme frei. Wieder wich man dem starken Krieger aus, bis auf einige Touristen wurde der Platz vor dem Geschäft leer. Nico wurde es irgendwann zu warm in seinem Hemd, da ihm der Vampir die Sachen zuschmiss, während er auf der Ladefläche stand. Er entledigte sich des dunklen Hemdes und begann so für den Iren das Spiel mit dem Feuer. Der Vampir leckte über seine trockenen Lippen, betrachtete die Muskeln die sich unter der Haut des Spaniers zeigten. Bewunderte insgeheim die Leichtigkeit der Bewegungen, es war ihm als würde der Andalusier auf der Ladefläche Flamenco tanzen. Das Nico sehr wohl wahrnahm, was in seinem Kopf vor sich ging, ahnte Matthew dabei nicht. Er bemerkte nicht einmal, dass er die Gruppe Touristinnen leise anknurrte, die den gut gebauten Südländer auf der Ladefläche beobachteten. Nach einer Ewigkeit, wie es ihm vorkam, zog Nico endlich die Plane über die Ladung und sprang elegant von der Ladefläche. Gemeinsam befestigten sie diese, stiegen dann in den Jeep. Wobei der Wolf sein Hemd einfach auf den mittleren Sitz zu der Lederjacke schmiss, die der Vampir dort hingelegt hatte. Dieser war sichtlich gereizt, versuchte seinen Durst mit Wasser zu stillen. Schmiss die Flasche jedoch genervt zurück in den Rucksack und startete den Motor.
„Was hast du Matt?“ Wollte Nico nach einer Weile wissen. Doch dieser hielt einfach den Wagen am Waldrand an, stieg aus und verschwand. Hilfesuchend, wand sich der Wolf an seinen Bruder. Vincente lachte in seinen Gedanken, meinte er solle seine eigenen Erfahrungen sammeln. So vertiefte sich der Spanier wieder in seine Probleme. Wieder bekam er nicht mit, dass der Vampir zurückkehrte. Den Motor anließ und sie tiefer in die Wildnis brachte. Fort vom Reservat, den Menschen hinein in ihr Reich. Matthew hingegen fragte sich, wie weit er gehen konnte, ohne den Wolf zu verschrecken. Er wollte Nico keinen Falls verletzten, ihm jedoch auch seinen Wunsch gebührend erfüllen. Das Wichtigste war, dass dieser über seine Gefühle sprach.
„Du bist so nachdenklich in den letzten Tagen, amigo! Seit die Sache mit deinem hermano raus ist.“ Begann er vorsichtig das Gespräch.
„Ich versuche zu verstehen, was Vin fühlt, wenn er in den Armen von Gavin liegt!“ Kam Nicos Antwort sofort und brachte Matthew zum Lachen. Also hatte ihm sein Bruder nicht gesagt, dass sein Herz für den kühlen Schotten schlug. Glaubte der Wolf tatsächlich, Ramon sei mit diesem zusammen.
„Er hat dir nicht gesagt, mit wem er zusammen ist, oder?“ Nico schüttelte den Kopf und der Schattenkrieger beließ es dabei. Die Frage, die dieser nun stellte, bewirkte, dass er auf die Bremse trat und stehen blieb.
„Weist du, wie es sich anfühlt so zu lieben, wie es die vier tun?“ Kam es etwas schüchtern von ihm. Matthew sah ihn überrascht an.
„Bei meinem Vater war so etwas üblich. Er nannte es das Spiel mit dem Feuer. Soviel ich weiß, war Gavin einige Zeit sein Geliebter. Ich hab dieses Spiel auch gespielt!“ Gab er zu, während er sich eine Zigarette drehte.
„Hat es dir gefallen?“ Brach es aus Nico heraus. „Entschuldige, es geht mich nichts an.“ Verbesserte er sich dann wieder schüchtern. Matthew nahm die Hand des Spaniers in seine, strich sanft mit dem Daumen über dessen Handrücken.
„Es ist schon okay, mac tíre! Ja es hat mir gefallen, doch ich habe dieses Spiel nicht mehr gespielt seit ich hier in Alaska bin. Im Reservat hatte ich eine kleine Affäre mit einer Indianerin, aber sie dauerte nicht lange.“ Die dunkelbrauen Augen betrachteten die verschlungen Hände. Der Wolf suchte sichtlich nach Worten.
„Würdest du dieses Spiel mit dem Feuer wieder eingehen?“ Flüsterte er mehr zu sich selbst. Die sanfte Berührung auf seiner Hand, löste ein warmes Gefühl aus. Nico hob den Blick, schaute nun den blonden Vampir vor sich an. Matthew hielt ihm schweigend stand, ließ jedoch seine Hand los.
„Willst du tatsächlich wissen, wie sich die Liebe deines Bruders anfühlt?“ Wollte der Vampir nach einer ganzen Weile wissen. Er rechnete nicht mit der Antwort, die ihm Nico gab.
„Ja, ob es mir dann genauso gefällt, wie Vin, ist eine andere Sache! Wiederum hab ich schon ein wenig Angst davor.“ Gestand er Matthew offen. „Aber ich glaube, dir könnte ich vertrauen!“ Die brauen Augen des Vampir wurden groß, schnell fing er sich wieder, schmiss den Rucksack und die Kleidungsstücke in den Fußraum. Rutschte dann auf den Mittelsitz.
„Versprech mir eins, wenn es dir zu weit geht, dann sag es einfach!“ Nico nickte nur noch und schloss erwartungsvoll die Augen. Dann spürte er warme und weiche Lippen auf den seine, eine Hand die sanft über seinen Rücken strich. Die andere lag an seiner Seite. Das Gefühl war keineswegs unangenehm. Nach einer Weile begann er sogar auch Matthews Körper zu erkunden. Dieser genoss die Wärme des Wolfes und sein vorsichtiges Vorgehen. Dieses Spiel mit dem Feuer war anders, wie die die er vorher gespielt hatte, hierin lag sowohl Leidenschaft als auch etwas von Nicos spanischen Temperament. Er verstand plötzlich Clyde und Gavin.
Raven spürte, dass er beobachtet wurde, während er alleine durch das zerstörte Dorf ging. Sicher war es derjenige, dessen Jeep versteckt am Waldrand stand. Doch den Wolf störte der Mensch nicht, er war ihm mehr als gewachsen. Als habe er nichts bemerkt, schlenderte der ehemalige Stammeskrieger weiter. Wenn in ein paar Tagen die Soldaten kamen, um ihnen beim Aufräumen zu helfen, würde hier nichts mehr sein, wie es einmal war. Das neue Dorf entsprach den Anforderungen und Bedürfnissen der Krieger, seiner Familie, die er für nichts auf der Welt aufgeben wollte. Nicht einmal für seine heimliche Liebe, die Raven für Lior und Gordon zurückgelassen hatte. Sicher gab es Momente in denen er seine Little Dove vermisste, allerdings war sie bei den Anderen im Reservat besser aufgehoben. Mit Absicht sprach der Indianer nie von ihr, hatte es auch White Snow und Lighting Bear verboten darüber zu sprechen. Die beiden schwiegen aus Respekt vor dem Häuptlingssohn. Die Person, die ihn beobachtete, versuchte leise zu sein, doch den guten Wolfsohren entging keine Bewegung. Er tat lediglich so, als höre er das leise Knacken und Knirschen unter ihren Sohlen nicht. Vor den Trümmern der Gemeinschaftshütte blieb Raven stehen, rauchte sich genüsslich eine Zigarette. Sein Verfolger sollte sehen, dass er nicht mehr der junge Stammeskrieger war, sondern einer der Krieger vom See. Der Fremde kam näher und ein seltsames wohliges Kribbeln überlief die Arme des Indianers. Er wand sich langsam in die Richtung, aus der die Geräusche kamen. In seiner Muttersprache bat er seinen unsichtbaren Begleiter, sich doch zu zeigen, er würde ihm auch kein Leid zufügen. Aus der Dämmerung löste sich eine zierliche Frauengestalt. Sie blieb etwas ängstlich einige Meter vor ihm stehen. Trotzdem erkannte Raven seine geliebt Little Dove sofort, sah auch, dass sie weinte. Mit zwei schnellen Schritten war er bei ihr, nahm sie in die Arme. Obwohl er wütend auf sie war, dass sie nicht im Reservat blieb, freute er sich ebenso, sie in den Armen halten zu können. Den Schattenkrieger spürte er schon lange bevor dieser sie erreichte. Genauso wie dieser wohl den Mensch in seiner Nähe wahrnahm. Es dauerte eine Weile, bis Patrick O´ Harra aus der Dämmerung trat, gefolgt von Kevin McLoud. Instinktiv drückte sich Little Dove an Ravens Körper, wieder spürte dieser das warme Kribbeln auf der Haut. Die beiden Wölfe waren stehen geblieben, betrachteten ihren Freund, der der jungen Frau in seinen Armen beruhigend über den Scheitel strich, sie noch etwas näher an sich zog. Den Duft von dunklen Gewürzen, nahmen nur die beiden Schattenkrieger war. Ebenso warteten die beiden darauf, dass ihnen Raven sagte, ob sie sich der Frau nähern durften. Doch die junge Frau schien wirklich große Angst vor den beiden dunklen Wesen zu haben. Sie presste sich feste an ihren Liebsten, während Raven sie ungeniert mit sanften Küssen zu beruhigen schien. Diesen Moment nutzte Patrick und verwandelte sich in einen Wolf, Kevin blieb wo er war. Ganz langsam kam das große Tier auf die beiden eng umschlungen Indianer zu. Vorsichtig stupste es die Frau an, leckte sanft über ihre Hand. Einen Moment zögerte Little Dove, dann streichelte sie den Wolf mit dem so weichen Fell.
„Wo ist der andere Krieger?“ Wollte sie plötzlich von Raven wissen, kniete sich vor Patrick und umarmte den Wolf um ihren Kopf in das samtige Fell zu drücken. Der Indianer neben ihr knurrte leise.
„Du erdrückst ihn gerade meine kleine Taube! Ich hab dir doch erzählt, dass die Krieger vom See anders sind. Patrick besitzt die Gabe, sich in einen Wolf zu verwandeln, genauso wie Kevin!“ Die Wärme in Ravens Stimme war den beiden Wölfen unbekannt.
„Bist du jetzt genauso wie sie? Bitte Black Raven schick mich nicht zurück. Ohne dich ist das Leben so trist, Liebster!“ Die junge Frau schaute fast schon bettelnd zu dem Schattenkrieger vor sich auf. Dann zu Kevin der ihr lächelnd die Hand hinhielt, sie ergriff diese und stellte fest, dass ihr keiner der beiden Krieger etwas schlechtes wollte.
„Ja ich bin wie sie, genauso ein wunderschöner Wolf! Dich wegschicken werde ich ganz bestimmt nicht, Little Dove, denn ich hab dich vermisst!“ Gestand der Wolf jetzt leise, zog dabei seine Geliebte wieder in die Arme.
„Was sind deine Brüder, Cloud Dancing und Little Hawke, was Withe Snow und Lighting Bear? Gibt es noch etwas anderes, wie die Wölfe?“ Sprudelten die Fragen aus der jungen Indianerin. Kevin war es der schallend zu lachen begann, jedoch stoppte, als er die Tränen in Ravens Augen sah. Der Indianer ließ sie ohne ein Wort stehen, verschwand in einer Geschwindigkeit, der seine Liebste nicht folgen konnte. Während sich Patrick verwandelte, lief der Schotte hinter Raven her. Die Indianerin sah den schwarzhaarigen Krieger vor sich fassungslos an, selbst Tränen in den Augen. Da sie glaubte etwas Falsches getan zu haben. Der Wolf fragte sie, ob der Jeep im Wald ihr gehöre, auf ihr Nicken hin, bat er sie, doch dort weiter zu reden. Raven und Kevin würden sie schon finden. So einfühlsam er konnte, erklärte der Ire, was in den letzten Monaten geschehen war. Ihm stieg selbst das Wasser in die Augen, als er über das Schicksal von Gordon-Little Hawke sprach. Trotzdem nahm er die weinende Little Dove in die Arme und tröstete sie. Er erklärte ihr wie die Vampire und Wölfe waren, sprach über die kleinen Vampirzwillinge. Sie waren es, die die Indianerin neugierig machten. Zum Schluss fragte sie tatsächlich, was denn ihr Name in seiner Sprache hieß. Colm beag gab ihr Patrick zur Antwort, stellte jedoch gleichzeitig fest, dass dieser Name nicht zu einer solch schönen Frau passte. Jetzt war es Little Dove die verlegen lachte und Raven der böse knurrend die Tür öffnete, jedoch mit lachenden Augen. Der Wolf im Jeep roch die Kräuter, die der Indianer wohl geraucht hatte, schwieg jedoch. Er kletterte zu Kevin auf die kleine Ladefläche, denn ihnen war klar, dass sie Little Dove nicht zurücklassen konnte. Außerdem hatte sich Raven bereits auf sie geprägt, wie der Schotte während der Fahrt zu den Höhlen feststellte. Zu erst wirkte die junge Frau verängstigt, als sie all die starken Krieger sah. Doch dann erschien eine schwarzhaarige Frau, unter deren Top sich ein kleiner Babybauch wölbte, neben ihr ging ein Mann mit dunkelgrünen Augen. Er hielt liebevoll zwei kleine blonde Jungen auf dem Arm. Diese Frau musste Jessica sein, von der ihr Patrick erzählt hatte und der Mann war dann Tristan ihr Gefährte. Das Glück in den Augen der beiden nahm Little Dove ihre Zweifel, so wollte sie auch mit Raven leben. Die Freude darüber, endlich nicht mehr die einzige weibliche Person unter den Kriegern zu sein, sah man der Vampirin deutlich an. Sie umarmte die noch immer etwas schüchterne Indianerin und zog sie schließlich einfach mit sich. Vor ihrem Gefährten blieb sie stehen, nahm diesem einen ihrer Söhne aus den Armen. Der Kleine schlief friedlich, auch noch, als ihn Jessica der überraschten Little Dove in die Arme legte. Sie selbst nahm den zweiten schlafenden Jungen und verschwand dann mit der neuen Freundin zu den heißen Quellen. Tristan sah den zwei Frauen lächelnd nach, bevor er sich zu den anderen Kriegern gesellte.
Ramon betrachtete die drei Schattenkrieger, die neben ihm vor dem Kamin knieten und beteten. Gavin mit seinen braunen Haaren, dann Vincente mit den fast schwarzen Locken und zuletzt Clyde mit seinem weißblondem Schopf. Die Hand seines Gefährten legte sich plötzlich über sein, zog sie mit an den Dolch an dessen Seite. Die Worte des Gebetes kannte Ramon bereits jetzt auswendig. Gavin lächelte ihn an, man sah deutlich, dass der Schotte glücklich war. Seine leuchtend blauen Augen strahlten jeden Tag etwas mehr, so kamen es Ramon vor. Hatte er Clyde für kühl und unnahbar gehalten, so bewies dieser ihm das Gegenteil. Der Vampir war freundlich und ging mit Vincente liebevoll um, behandelte Ramon und Gavin wie gute Freunde. Nur wenn er über seine Vergangenheit sprach, wurde der Highlander kalt wie Stahl. Dann reichte allerdings ein Blick von Vincente, oder eine sanfte Berührung, um die Kälte zu vertreiben. Sein Cousin lächelte plötzlich, während er sich erhob. Fragend sah sein Geliebter ihn an, doch kein Wort kam über die Lippen des Andalusiers. Er schwieg auch während des gemeinsamen Abendessens, ließ sich von Clyde füttern, so wie es die beiden Anderen lachend taten. Sicher würden sie bald Besuch bekommen, denn da spielte jemand gewaltig mit dem Feuer.
Matthew betrachtete Nico, der neben ihm eingeschlafen war. Der Körper des Andalusiers verschwamm, denn ihm trat plötzlich das Wasser in die Augen. Was er gerade erlebt hatte, war wie der Himmel auf Erden. Seine Gefühle fuhren noch immer Achterbahn. Zum Glück fing sich der Ire schnell wieder, hatte er doch gelernt, wie man Emotionen kontrollierte. Trotzdem fiel es ihm schwer dem schmalen Weg zu den Höhlen zu folgen. Jetzt war es Matthew, der schließlich in sich gekehrt den Jeep abstellte. Er weckte den immer noch schlafenden Nico nicht, sondern half einfach schweigsam Alistair und Dorian den Wagen abzuladen. Verschwand dann leise zu seinem Bruder in die Höhle. Aidan musterte ihn besorgt, erhielt jedoch keine Antwort auf seine Frage. Stattdessen vergrub der Angesprochene den Kopf in den Kissen und wurde kurze Zeit später von einem Weinkrampf geschüttelt. Corey kam zu ihnen, strich sanft über den bebenden Rücken. Es war Ville, der auf die Idee kam, dass Matthew mit dem Feuer gespielt habe, wie er dies meinte, ließ er offen. Schließlich gab Lior dem zitternden und schluchzenden Bündel eine leichte Dosis Beruhigungsmittel. Aidan blieb bei seinem Bruder, während Corey sich auf die Suche nach Nico machte. Er fand den Wolf rauchend im Jeep vor, mit dem dieser und Matthew unterwegs gewesen waren. Obwohl er es nicht wollte, fuhr der Schattenkrieger den Krieger vor sich rau an.
„Was ist passiert, während du mit Matt unterwegs warst?“ Nico hielt dem eisigen Blick einen Moment stand, dann senkte sich sein Kopf.
„Ich weiß nicht, was du meinst, Corey!“ Der Vampir erkannte, dass er falsch gehandelt hatte und der Wolf tatsächlich nicht verstand.
„Sorry Nico, aber Matt kam eben völlig aufgelöst in die Höhlen. Er hat so geweint, dass wir ihn kaum beruhigen konnten. Dann sagte Ville noch etwas, von einem Spiel mit dem Feuer. Schließlich mussten wir Matthew Beruhigungsmittel geben. Ich versteh einfach nicht, was zwischen euch passiert ist und was der Finne mit diesem Spiel meinte.“ Nico lief tatsächlich rot an, wand den Blick so weit ab, dass ihm Corey nicht mehr in die Augen sehen konnte. Dann begann er leise von dem zu erzählen, was während sie fort waren, geschah. Wobei ihn der Vampir nicht ein einziges Mal unterbrach. Irgendwann konnte er diesem auch wieder in die Augen sehen, er traf auf offene Anteilnahme. Was ihn so überraschte, dass nun auch ihm das Wasser in die dunkelbraunen Augen stieg. Corey nahm den Wolf vorsichtig in die Arme, ließ ihn spüren, dass er es aus reiner Freundschaft tat.
„Dieses Gefühl war so unbeschreiblich!“ Flüsterte Nico plötzlich. „Corey ich hab noch nie so intensiv gespürt. Dieses warme Kribbeln auf der Haut, einfach alles! Aber ich will nicht, dass es die Anderen wissen. Irgendwie schäme ich mich für das, was ich da mit Matt getan habe!“ Gestand er leise.
„Willst du dieses Gefühl denn wieder spüren?“ Fragte Corey sanft nach, er erhielt ein Nicken zur Antwort. „Dann sprech einfach mit Matthew darüber und vielleicht auch mit deinem hermano Vincente. In ein paar Wochen haben wir das Dorf wieder aufgebaut. Was spricht dagegen, wenn du dir dann eine Hütte mit Matthew teilst? Ihr kommt doch auch so gut miteinander aus und Vincente wird sicher mit Clyde zusammen ziehen wollen!“ Die Überraschung in den dunkelbraunen Augen war unverkennbar. „Du dachtest tatsächlich, er wäre mit Gavin zusammen, nach all den Jahren?“
„Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass er mit dem kühlen Clyde zusammen ist. Dem Type, der es geschafft hat dich zu besiegen!“ Kam prompt die Antwort, Corey nahm sie mit einem Grinsen in Empfang.
„Tief im Herzen ist der Schotte genauso liebenswürdig, wie es Alistair ist. Genauso wie mich, hat auch Clyde das Leben hart gemacht. Ich bin mir sicher, dass Vincente das Eis in seinem Herzen schmelzen lässt!“ Ein wenig Trauer klang in den Worten mit, denn Corey vermisste immer noch seine große Liebe. Nico legte ihm jetzt mitfühlend die Hand auf den Unterarm.
„Danke Corey, du hast mir sehr geholfen!“ Gestand der Wolf wirklich froh über das Gespräch, welches der Vampir so ruppig begonnen hatte.
Noch bevor Matthew am nächsten Morgen aufwachte, war der Spanier mit dem Jeep unterwegs zu seinem Bruder und seinem Cousin. Ihn empfing lautes Gelächter, als er aus dem Wagen stieg. Ein raues und herzliches Lachen hob sich von den anderen ab. Es war das von Clyde, denn die Anderen kannte er. Die gute Laune der vier Männer in der Hütte steckte den nachdenklichen Spanier an. Er platzte mit den neuen Vorräten mitten in das Frühstück des lustigen Haufens. Der jedoch sofort schweig, als er seiner Anwesenheit gewahr wurde. Vincente überspielte die für Nico sichtlich peinliche Situation in dem er einfach aufsprang und seinen kleinen Bruder in die Arme schloss. Clyde war der Nächste der reagierte, er holte einen Stuhl aus einem der Schlafzimmer, lud so auf seine Art den Spanier zum Frühstück ein. Die vier vermieden es sichtlich, vor dem Krieger ihre Gefühle offen zu zeigen. Denn Vincente wusste allein, dass sein hermano seine Erfahrungen gemacht hatte. Jedoch nicht, welche Konsequenzen er daraus zog. Sie sprachen über den Wiederaufbau des Dorfes, dass Raven seine große Liebe nun bei sich habe und sich sogar laut Patrick und Kevin auf diese prägte. Darüber wie es den anderen Kriegern in den Höhlen ging, ob es Jessica gut gehe und den beiden kleinen Vampiren. Irgendwann lenkte Nico von sich aus das Gespräch auf die Gefühle der vier Schattenkrieger. Er wolle wissen, wie sie miteinander auskämen und was sie fühlten. Während selbst Vincente nichts bemerkte, schien Clyde etwas feinfühliger zu sein. Nico spürte die Gedankenmauer die plötzlich entstand. Doch der Schotte fragte nicht, wer ihm gefiel, sonder ließ ihn nur wissen, dass er sich seiner Gefühle keineswegs schämen brauchte. Über den Tisch hinweg sah der Wolf das kurze Lächeln des Highlanders. Der sich sofort wieder aus seinen Gedanken zurückzog und die Mauer fallen ließ. Offen griff Clyde nach der Hand seines Geliebten, verschlang ihre Finger ineinander. Vincente schaute etwas verwirrt darauf, dann mit einem zärtlichen Blick den Schotten an. Diese Liebe in den Augen des Bruders kannte Nico nicht, doch sie gefiel ihm. Ramon bat plötzlich um ein Gespräch mit seinem Cousin alleine, widerwillig ließ der Schotte seine Hand unter dem Tisch los, als er sich erhob. Nico folgte ihm mit gemischten Gefühlen nach draußen und in den Wald hinein. Sie schwiegen beide, bis der Soldat auf einer sonnenüberfluteten Lichtung stehen blieb.
„Ich weis wie schwer es dir fällt, das zu verstehen, was zwischen Vin und Clyde oder auch zwischen Gavin und mir ist, Nico. Wir wurden beide streng katholisch erzogen, in unserer Weltanschauung tun Vincente und ich etwas verbotenes. Aber glaub mir, nirgendwo steht, dass diese Liebe nicht sein darf.“ Ramon hatte sich von seinem Cousin abgewandt.
„Warst du schon immer so, Ramon? War das der Grund, warum du gegangen bist?“ Wollte Nico interessiert wissen.
„Ja es war sicher mit einer der Gründe, warum ich gegangen bin. Du wirst lachen, wenn ich dir sage, dass ich mit vierzehn total verschossen in Colin war!“ Gestand Ramon, doch sein Cousin blieb ruhig, sah ihn nur an. „Er war jedoch nicht in mich verknallt, sondern in dieses Mädchen aus der Parallelklasse. Deswegen hab ich mich mit ihm geprügelt. Ich glaubte wirklich, dass der Teufel in mir war, deswegen erzählt ich dies in Granada. Mit siebzehn hatte ich dann mein erstes Erlebnis mit einem Mann. Leider bekam Mutter mit, dass ich mich nicht für Mädchen interessiere. Sie wollte mir ein weiteres Mal den Teufel austreiben, deswegen ging ich nach Los Angeles.“
„Warum hast du mir nie die Wahrheit gesagt? Ramon, ich wäre zwar entsetzt gewesen, aber ich hätte zu dir gehalten!“ Nico legte ihm die Hand auf die Schulter. „Es tut mir so leid, dass du dich so lange verstecken musstest!“ Der verständnisvolle Klang seiner Stimme, überraschte selbst den Wolf.
„Das klingt, als würdest du meine Gefühle für Gavin plötzlich verstehen!“ Bemerkte dieser auch sofort, der Angesprochene senkte den hochroten Kopf. „Nico, Ola! Ich sag auch keinem etwas, wenn du es nicht willst! Ich schwöre es sogar auf mein Blut, wenn es sein muss!“ Vorsichtig hob Ramon das Kinn seines Cousins an. Bat in Gedanken Clyde um eine starke Mauer, die ihn vor Vincente schützte und auch vor Gavin. Doch Nico schwieg, er wollte erst mit Matthew über seine Gefühle reden, bevor er sie mit allen Anderen teilt. Es reichte, wenn Clyde und Corey mehr wussten.
Matthew überraschte es nicht, dass ihn sein Zwilling auf einen langen Spaziergang einlud. Sein scheinbar unerklärlicher Zusammenbruch am Abend, war Anlass genug dafür. Er beschloss also, ehrlich mit seinen Gefühlen zu sein. Vielleicht konnte Corey mit seiner offenen Art herausfinden, wie Nico über ihr Spiel mit dem Feuer dachte. Der Wolf hatte seine Tränen zumindest nicht gesehen, da war sich der Vampir sicher. Wie viel von seinen Gefühlen die beiden McDonald-Brüder mitbekamen, wusste er nicht. Nur beim Gedanken an die warmen Hände des Spaniers, lief Matthew schon ein Schauer über den Rücken. Es durfte nicht sein, er wollte dessen Weltbild nicht zerstören. Sicher hatte die Sache mit Vincente und Clyde bereits Spuren hinterlassen, Abgründe aufgerissen, in die er Nico nicht stürzen wollte. Corey ging still neben ihm, warf nur gelegentlich einen Blick in das nachdenkliche Gesicht mit der Sorgenfalte auf der Stirn. Er spürte, wie nah sich sein Bruder an den Abgrund brachte, wie sehr er versuchte, die Gefühle zu verdrängen, die er doch mit dem jungen Spanier teilte. Im Sonnenlicht glitzerte ein Tropfen auf Matthews Wange, er bemerkte ihn nicht, sein Zwilling tat so, als nähme er das Gefühlschaos kein Bisschen wahr. Immer wieder gingen ihm die Erinnerungen an das Spiel mit Nico durch den Kopf. Zu erst war der Spanier zurückhaltend, wusste nicht was er tun sollte. Doch am Schluss, dieser letzte feurige Kuss, bevor sich die sanften dunkelbraunen Augen schlossen. Vor sich hin fluchend wischte Matthew die Tränen aus dem Gesicht, Corey blieb neben ihm stehen. Der besorgte Blick des großen Bruders traf ihn. Den Jüngeren, der versuchte die kalte Haltung des IRA-Mannes anzunehmen, der keine Gefühle kannte. Noch immer sagte der Ältere kein Wort, schaute ihm lediglich ins Gesicht. Versuchte die Mauer zu durchbrechen, die dieser um seine Gedanken gebaut hatte. Matthew verstärkte sie nur noch mehr. Corey ließ von ihm ab, ging ohne ein Wort weiter. So musste sich Kilian gefühlt haben, als ihn Pádraig in Mexiko zum Reden bringen wollte. Oder auch Cameron, in den Tagen vor seinem Nervenzusammenbruch. So wie diesem würde es ihm allerdings nicht gehen, eher versagte sein Kreislauf. Was schon einige Male passiert war, das letzte Mal, nachdem ihn Aidan im Gefängnis besucht hatte. Bereits jetzt drehten sich die Bäume in einem fröhlichen Reigen um ihn. Vier Schritte später gaben seine Knie nach, dann kam die Schwärze. Langsam nur kehrten die Geräusche des Waldes in seinen Bewusstsein zurück, etwas warmes nasses drückte gegen seine Lippen.
„Céllí Mór Matthew trink!“ Coreys Stimme. „Óil deartháir faoi dheireadh! Trink endlich Bruder!“ Flehte der Ältere jetzt, ein erleichterter Seufzer entwich ihm, als er spürte, wie sich die Fänge des Jüngeren in sein Handgelenk gruben. Dieser trank ohne die Augen zu öffnen, bis ihm der Lebenssaft entzogen wurde. Dann spürte er, wie dieser ihn an seine Brust drückte, ihm über den Rücken strich. Lange Zeit genoss Matthew einfach die Wärme seines Zwillings, auch wenn er es nicht war. Corey hielt ihn im Arm, sah dabei jedoch nicht in das blasse Gesicht, da ihm sonst die Tränen kamen. Denn die Gedankenbilder, die Clyde übermittelte, machten ihm vieles klar.
Unvermittelt war Nico vor dem Jeep umgekippt, hielt sich mit zitternden Händen die Brust. Der Stich im Herzen hatte ihm für einen Moment die Sinne geraubt. Ohne dass er wusste, was dieses Gefühl zu bedeuten hatte und woher es kam. Irgendetwas war geschehen, das spürte er, doch was es war blieb ihm verborgen. Ein weißblonder Kopf erschien über ihm, der Vampir hob ihn vorsichtig auf, trug ihn zurück in die Hütte. Vincentes besorgte Stimme, die spanischen Worte, die er kaum verstand. Clyde legte den zitternden Wolf in eines der Betten, deckte ihn behutsam zu. Dann schob er seinen Geliebten aus dem Zimmer, kam jedoch sofort zurück. Der Highlander fackelte nicht lange, sondern öffnete sich noch im Gehen das Handgelenk. Nico trank, ohne dass er dazu aufgefordert wurde. Das Blut linderte den Schmerz in der Brust und sein Zittern. Der Schotte strich ihm noch dazu beruhigend über die Wange. Wie ein Vater seinem Kind, dachte der Spanier, wie es meiner hätte einmal tun sollen. Scheinbar las Clyde seine Gedanken, denn für einen Sekundenbruchteil wurden die eisblauen Augen dunkler. Jemand klopfte an die verschlossene Tür.
„No Vin! Keine Angst ich fasse deinen kleinen Bruder nicht an, ich möchte nur mit ihm sprechen! Du kannst beruhigt mit Ramon und Gavin auf die Jagd gehen. Nachher gehöre ich wieder ganz dir, mein andalusischer Engel!“ Rief Clyde nach draußen, er sah wie sich Nico ein Lachen verkniff. Sicher einen Heiligenschein besaß Vincente nicht, ganz im Gegenteil.
„Auch wenn ich jetzt persönlich werde, Nico, ich muss es wissen! Hast du von Matthew getrunken? Ich weis von Corey, dass ihr zusammen fort wart.“
„Nein, wir haben gestern nicht von einander getrunken, Clyde! Er hat mir nur gezeigt, wie sich die Liebe anfühlt, die du und Vincente lebt. Warum fragst du mich das?“ Nico wirkte besorgt, schaute mit ängstlichen Augen zu dem Schotten auf. Dieser strich wider über seine Wange.
„Matthew empfindet sehr viel für dich und du scheinbar für ihn. Doch er glaubt, dass diese Gefühle dir gegenüber falsch sind. In dem Moment, als du eben umgekippt bist, ist Matthew zusammengebrochen. Nico, du musst ihm sagen, wie du fühlst, denn er wird es nicht bei dir tun. Eure Liebe ist jetzt schon so stark, wie keine andere hier. Aber wenn sie keiner von euch zugibt, werdet ihr euch beide umbringen!“ Erklärte Clyde ruhig, er berührte vorsichtig Nicos Brust. „Was darin passiert ist wichtiger, wie das was dein Kopf sagt! Hier wird euch keiner deswegen bestrafen, so wie Ramon bestraft wurde!“
„Wo ist Matt jetzt, weist du das?“ Nico erhielt keine Antwort auf seine Frage, stattdessen ging der Schotte. Also suchte der Wolf nach Matthews Gedanken. Es dauerte einige Zeit, bis ihn der Vampir einließ, wohl weil ein anderer ihn mit sanfter Gewalt zwang. Ein Chaos aus Gefühlen empfing den Krieger, der Schattenkrieger schien ihn kaum wahrzunehmen. Doch dann legten sich diese, es entstand eine seltsame Ruhe. Sie war erzwungen, das fühlte er.
„Was willst du del Niro?“ Kam die Frage rau von Matthew.
„Reden, Matthew! Bitte hör mir zu und lass mich ausreden!“ Nico hatte doch etwas Angst vor seinem Geständnis. Ihm wurde sofort ins Wort gefahren, doch nicht mehr so rau.
„Warte Nico, nicht so. Kennst du die kleine Lichtung auf der Duncan sein Versteck hatte?“ Der Wolf bejahte. „Gut, dann komm dahin, wenn du kannst. Ich warte dort auf dich, amigo!“ In dem letzten Wort klang Liebe mit. Nico schwang die Beine aus dem Bett. Ihm ging es bereits etwas besser, allerdings war ihm schon seltsam zu Mute. Er hatte tatsächlich Angst vor einer Zurückweisung. Doch sagte Clyde nicht, dass er dem Vampir viel bedeuten würde. Der Schotte streichelte den dunkelbraunen Wolf, bevor er ihm die Tür öffnete. Sah dem Bruder seines Gefährten eine Weile nach, bis dieser im Wald verschwand. Insgeheim wünschte er ihm viel Glück, denn er spürte, dass Nico noch lange nicht alles aus seiner Vergangenheit preisgab, tief in dessen Herzen ruhten noch so viele dunkle Geheimnisse.
Leise trat der Wolf aus dem Wald, betrachtete den Vampir, der mit geschlossenen Augen an einem Baum lehnte. Die Sonnenstrahlen, die durch das Blätterdach fielen, zauberten goldene Strähnen in seinen blonden Zopf. Die Spange, die das Ende des Flechtwerks zusammenhielt funkelte, genauso wie der Griff des Dolches. Auch wenn es den Anschein hatte, dass der Schattenkrieger schlief, spürte der Wolf doch seine wachen Sinne. Langsam löste er sich aus dem Dickicht, die braunen Augen öffneten sich in diesem Moment. Sahen zu wie sich der Wolf in seine Menschengestalt verwandelte. Es kostete den Vampir Mühe, gelassen zu bleiben, denn er hatte tatsächlich Angst. Was würde ihm der Spanier jetzt sagen, war das Spiel mit dem Feuer zu Ende? Aus Corey bekam Matthew kein Wort heraus, sein Bruder schwieg eisern. Nico blieb ein paar Schritte vor ihm stehen, schien nicht zu wissen, was er jetzt tun sollte. Er überspielte seine Unsicherheit, in dem er sich eine Zigarette drehte. Dann nahm der schöne Andalusier einfach ihm gegenüber Platz. Immer noch sprachen sie nicht, beobachteten lediglich ihren Gegenüber. Genossen den Moment der Nähe, bis der Wolf das Schweigen brach. Seine sanfte Stimme klang wieder wie Musik in den Ohren des Anderen.
„Corey war gestern stinksauer auf mich, weil du so geheult hast! Es tut mir leid, wenn ich dich verletzt habe, vielleicht hätten wir ...“
„Nico bitte, du hast mich nicht verletzt, okay! Du wolltest das Spiel spielen und ich habe es begonnen.“ Matthew hielt seine Gefühle zurück, er wollte, dass sein Gegenüber ihm die seinen gestand. Wieder suchte dieser nach Worten, blickte dabei auf seine Hände.
„Würdest du dieses Spiel noch einmal mit mir spielen, Matthew?“ Diese leise und zurückhaltende Frage trieb dem Angesprochenen einen Schauer über den Rücken. Vorsichtig beugte er sich vor, fasste unter das Kinn des Wolfes und hob es an, damit dieser ihm in die Augen sah.
„Willst du es denn noch einmal spielen, amigo?“ Die Wangen des Spaniers färbten sich leicht rötlich. Die Augen schlossen sich, als der Vampir mit dem Daumen über die sinnlichen Lippen des Wolfes strich. Ein leises Knurren kam aus dessen Kehle.
„Maldita sea, me besa!“ Kam es mit rauchiger Stimme von Nico.
„Was hast du gesagt, mac tíre?“ Wollte Matthew leise wissen, während seine Hand an der Kehle des Wolfes entlang strich und sank.
„Verdammt, küss mich!“ Wiederholte dieser jetzt, öffnete dabei die Augen. Er sah in ein überraschtes Gesicht. Da der Vampir nicht reagierte, setzte er seine Bitte selbst in die Tat um. Jetzt waren es die Augen des Blonden, die sich schlossen. Sie begannen ein neues Spiel mit dem Feuer, doch diesmal war es der temperamentvolle Spanier, der die Zügel in der Hand hielt. Nico verlor sich in seiner Leidenschaft, so wie er es noch nie getan hatte. Erst ein leises Wimmern brachte ihn auf den Boden der Tatsachen zurück. Matthew weinte tatsächlich schon wieder. Erschrocken wich der Wolf einige Meter zurück. Doch der Vampir streckte flehend die Arme nach ihm aus.
„Nein, geh nicht, bitte bleib!“ Bat dieser verzweifelt. „Nico bitte! Du hast nichts Falsches getan. Es ist nur ...“ Matthew versuchte seiner Gefühle Herr zu werden. „Ich verstehe die beiden Schotten, ihr Andalusier seit einfach ...“ Er brachte es nicht fertig seinem Gegenüber die Wahrheit zu sagen. Stattdessen verbarg er das Gesicht in den Händen und weinte weiter. Spürte wie er an den warmen und starken Wolfskörper gezogen wurde. Eine ganze Weile verstrich, in der keiner von ihnen etwas sagte, dann sprach Nico wieder, strich dabei sanft über Matthews Haare.
„Ich hab heute Morgen den Vier am See ihre Vorräte gebracht. Als ich zurück wollte, bin ich beim Jeep umgekippt. Nein, Matt, sag jetzt nichts! Clyde hat mich gefunden und in die Hütte gebracht. Dort erfuhr ich dann, warum ich zusammengebrochen bin. Denn der Schotte sagte mir, dass du gegen deine Gefühle kämpfst, du ebenfalls ohnmächtig geworden bist. Er meinte auch, du würdest mir niemals sagen, wie du fühlst, weil du es nicht kannst! Matthew es fällt mir ebenso schwer, aber ich möchte, dass du zu mir ziehst, wenn das Dorf wieder aufgebaut ist. Ich möchte dieses Spiel mit dem Feuer noch häufig spielen!“ Der Vampir setzte sich ruckartig in seinen Armen auf.
„Ist das dein ernst, oder willst du mich nur trösten?“ Wollte er wissen.
„Trink von mir! Mach mich zu deinem Gefährten, Matthew MacNamarra!“ Bekam er selbstsicher zur Antwort.
„Weist du, worauf du dich da einlässt, Nico Antonio del Niro?“
„Ja, auf das Spiel mit dem Feuer und auf einen Vampir, den ich von ganzem Herzen liebe!“ Nico entschloss sich sein Schweigen ganz zu brechen. „Ich hab viele Frauen kennengelernt, hätte so viele Liebschaften haben können, dass ich als zweiter Don Juan DeMarco in die Geschichte hätte eingehen können. Trotzdem war ich nie glücklich damit, wusste nicht wieso. Erst gestern, als ich deine Blicke sah, während wir im Reservat waren. So liebevoll und warm, dass sie ein Kribbeln auf der Haut auslösten. Dann das Spiel mit dem Feuer, bei dem du versucht hast, mich nicht zu verletzen. Da begriff ich, was mich glücklich macht. Céilí Mór, grá agam duit!“ Brach es aus Nico heraus. Matthew legte ihm beide Hände auf die Wangen.
„Sag das noch einmal, Nico!“ Verlangte er.
„Ich liebe dich! ¡Te quiero!“ Wiederholte dieser nun nur noch leise. Im nächsten Moment lagen die Lippen des Vampirs auf den seinen, warm und weich. Die Sonne begann langsam zu sinken, als sich der Schattenkrieger löste. Wortlos zog er seine Sachen aus, betete neben dem Wolf das Ritual. Spürte dabei die dunkelbraunen Augen auf seinem Körper. In Gedanken fragte er die Schattenkrieger am See, ob sie sich schon richtig gebunden hatten. Ihn überraschte es, als gerade Vincente und Clyde dies mit einem Ja beantworteten. Gavin ließ ihn wissen, dass er es in der Nacht tun wollte, da heute Vollmond war. Dies brachte Matthew auf eine Idee. Er meldete sich und Nico bei Dean und Kilian ab, sagte den beiden die Wahrheit. Danach zog sich der Vampir wieder an, das leise Seufzen des Andalusiers überhörte er dabei.
„Komm ich zeig dir was!“ Mit diesen Worten zog er ihn einfach mit sich. So weit er wusste, hatte noch keiner der anderen Krieger den Ort entdeckt, an den er seinen Geliebten nun brachte. Er fand die Lichtung mit dem kleinen Wasserfall und dem Teich einmal durch Zufall bei seinen Streifzügen. Es war lange bevor die Krieger an den See kamen, doch die Magie hatte ihm damals die Sinne geraubt. Heute Nacht sollte nicht nur der Zauber des Ortes dem Wolf seiner Träume den Atem nehmen.
Tatsächlich betrachtete Nico eine Stunde später die ins Mondlicht getauchte Szene mit einem verträumten Blick. Welcher dem Vampir das Herz wärmte. Er gab dem Spanier Zeit um diese Eindrücke auf sich wirken zu lassen. Legte lautlos erneut seine Kleidung bis auf die geschnürte Lederhose ab. Dann trat er hinter seinen Geliebten, zog diesem behutsam die silberne Spange aus den, im Nacken gebunden, Locken. Als nächstes folgte die schwere Lederjacke, wobei er sanft über die bloßen Arme strich. Es bildete sich eine Gänsehaut darauf und ein wohliger Seufzer erklang. Der Wolf lehnte sich gegen ihn, griff nach seinen Händen und zog sie um sich. Nach einer Weile zog Matthew ihm einfach das ärmellose Shirt aus der Hose, zu seiner Überraschung hob der Spanier die Arme. Er schob das Kleidungsstück langsam nach oben, sah zu, wie sich wieder eine wohlige Gänsehaut auf dem Körper des vor ihm Stehenden bildete. Schuhe und Socken zog der Wolf selbst aus. Anschließen setzte er sich ins Gras, legte den Kopf in den Nacken, so dass ihm die langen Locken langsam über die Schultern glitten und betrachtete die Sterne. Matthew sank neben ihn strich zärtlich die restlichen Strähnen über seinen Rücken. Dann glitt die Hand hinauf zur Kehle des Wolfes. Nico lehnte den Kopf auf die rechte Seite, doch nichts geschah. Stattdessen stand der Ire auf, zog die restlichen Kleidungsstücke aus und legte sich in das angenehm kühle Wasser des Teiches. Der Spanier brauchte keine Bitte, um es ihm gleich zu tun. Denn die Sehnsucht das Spiel mit dem Feuer bis zum Ende zu führen, wuchs mit jeder Minute. Im Jeep hatte der Vampir es nicht so weit kommen lassen genauso eben auf der Lichtung, wohl aus Angst, den Wolf zu verletzen. Jetzt musterte er jedoch mit glänzenden Augen den nackten Körper seines Geliebten. Dieser legte nun sanft die Hände um sein Gesicht forderte ihm förmlich einen Kuss ab. Zum ersten Mal spürte Matthew, was es heißt sich völlig in der Liebe zu verlieren. Als seine Lippen langsam von Nicos glitten, über dessen Kinn hinunter zur Kehle. Der Wolfskörper presste sich an ihn, gleichzeitig drückte eine Hand seinen Kopf sanft fester gegen den Hals. Der Andalusier flüsterte seinen Namen, während er die Fänge in dessen Ader bohrte. Die Glückstränen konnte er nicht vermeiden, nachdem er sich löste. Sanft wurden sie von den Wangen des Vampirs geküsst und ihre Liebe somit bis in alle Ewigkeit besiegelt.
Während Matthew und Nico in ihrem Glück ertranken, saß Raven vor den Höhlen und haderte mit seinen Gefühlen. Denn Little Dove war schon nach einem Tag sicher, dass sie so werden wollte wie er. Sie wünschte sich, dass ihr Geliebter sie verwandelte. Doch der Schattenkrieger hatte seine Bedenken, die er ihr auch offen gestand. Drauf war ein Streit ausgebrochen und er verließ schließlich die Höhlen. Lior stellt für seinen kleinen Bruder keine Hilfe da, denn genauso, wie die beiden anderen Indianer, hielt sich dieser aus dem Streit raus. Nun saß Raven auf einem der Felsen, mit einem schlechten Gewissen und blutendem Herzen, denn er liebte Little Dove über alles. Jemand nahm neben ihm Platz, legte ihm einen Arm um die hängenden Schultern. Er brauchte nicht aufzusehen, um zu wissen, dass es der einzige gebundene Vampir unter ihnen war. Tristan schwieg, wie er es so oft tat, doch die Geste alleine machte dem Indianer klar, dass der Deutsche ihm zuhören würde. Einen Moment lang zögerte er noch, entschloss sich dann seinem Kummer nachzugeben.
„Ich fühl mich beschissen, weil ich ihr den Wunsch nicht erfüllen will! Tris, sie will, dass ich sie verwandele! Aber sie so einfach beißen und dann ihr mein Blut geben? Ich liebe diese Frau, es wäre ihrer unwürdig!“ Raven war den Tränen nahm.
„Dann mach es ihrer würdig, mein Freund! Wir fahren morgen alle ins Dorf um schon mal etwas aufzuräumen. Jessy wollte eigentlich mit den beiden Zwillingen hier bleiben. Aber den Zwergen macht es sicher Spaß uns etwas zu helfen. Meine Liebste kann sich ja ein Buch mitnehmen, denn ich will nicht das sie hilft. Mach dir mit Little Dove einen schönen Tag, zeig ihr wie sehr du sie liebst. Ich sag dir Raven, es gibt nichts berauschenderes für euch beide, wie wenn du sie auf dem Höhepunkt euer Gefühle beißt. Denn geprägt habt ihr euch schon aufeinander!“ Erklärte Tristan ihm ehrlich.
„Wirklich? Hab ich gar nicht mitbekommen.“ Gestand ihm der Wolf.
„Doch, du stinkst förmlich nach gebundenem Wolf! Schon seit du sie mit hierher gebracht hast!“ Lächelte der Vampir. „Rick und Kev haben es sofort bemerkt, als sie dich im Dorf trafen. Raven, mach deine Gefährtin glücklich und dich mit!“
„Hast du eigentlich gemerkt, dass du dich auf Jessy geprägt hast, sie die einzige Partnerin für dich ist?“ Wollte der Indianer vorsichtig wissen. Zu seiner Verwunderung bekamen die dunkelgrünen Augen des Deutschen einen seltsam verträumten Glanz.
„Ich wusste es schon vor dem Angriff auf unser Dorf, eigentlich vom ersten Moment an. Doch die Wut, die mich überkam, wenn sie Alistair in die Arme nahm, konnte ich nicht verstehen. Die Frau meiner Träume gehörte dem Schotten, also besaß ich kein Recht eifersüchtig zu sein. Dann wurde Jessy von ihm schwanger und mein Herz zerbrach fast.“ Der Soldat schluckte hart.
„Man hat dir deine Gefühle für sie nie angemerkt!“ Stellte Raven fest.
„Weil ich gelernt habe, mich zu kontrollieren. In der Armee und bei Miller waren Gefühle etwas schlechtes, also erlaubt ich sie mir nicht!“ Gestand Tristan. „Ich merkte, dass es Jessy in ihrer Beziehung schlecht ging, warum hielt sie vor mir verborgen. Dann kam der Tag an dem Alistair die Nerven verlor. Kilian und Dean lösten die Ehe auf und meine Liebste war frei. Allerdings zerbrach sie an ihrem Kummer, so dass ich ihr Zeit geben wollte, diesen zu verarbeiten. Jessy ließ es zu, wenn ich in ihren Gedanken war, sie so versuchte zu trösten. Ich schickte tatsächlich Nico damals in ihre Hütte, als sie sich verletzte. Irgendwann fiel dann doch Kilian meine Sorge auf. Den Rest der Geschichte kennst du ja, Raven!“ Tristan sah nicht den Indianer an, sondern den Vampir, der etwas entfernt stand und rauchte. Alistair lächelte den beiden zu, dachte dabei an die Freundschaft zwischen ihm und dem Schattenkrieger. Dieser hatte ihm in den letzten Monaten so viel gegeben, obwohl er ihm die Frau fortnahm. Der Deutsche sorgte dafür, dass er seine Kinder oft sah, er sich vor einiger Zeit komplett mit Jessica aussprechen konnte. Genauso war es Tristans Verdienst, dass ihn die Krieger wieder anerkannten. Besonders Shane verbrachte viel Zeit mit dem Mann, der ebenso unter einer gerade zerbrochenen Ehe litt wie er. Der Ire nahm Alistair viele seiner Selbstzweifel, ebenso Dorian und Rea. Gemeinsam mit den beiden Schattenkriegern ging der Schotte zurück in die Höhlen. Wo sich Raven bei seiner Gefährtin für die harten Worte von zuvor entschuldigte. Ihr für den nächsten Tag eine Überraschung versprach. Die Indianerin schlief in seinen Armen ein, während er noch lange leise mit Tristan und Corey darüber sprach, was es heißt tatsächlich gebunden zu sein.
Dean und Kilian hatten den Entschluss gefasst, dass die Krieger ihr Morgenritual im Dorf verrichten sollten. So brachen sie noch vor der Dämmerung auf. Ob die sechs noch fehlenden Männer dem Ritual beiwohnten, ließen sie diese selbst entscheiden. Bei Sonnenaufgang knieten die Krieger des Lichtes mit ihrem Herrn auf dem Platz vor der zerstörten Gemeinschaftshütte. Hinter ihnen stand der Krieger der Schatten mit seinen Schattenkriegern. Aus dem Wald hinter den Ruinen der großen Hütte traten plötzlich zwei weitere Krieger. Der eine hatte die Kapuze seines Shirts tief ins Gesicht gezogen, der andere hielt seine Kleidung in der Hand, kniete neben Alistair am Rand der Lichtkrieger nieder. Matthew gesellte sich schweigend zu seinem Zwilling, man konnte die lächelnden Lippen unter der Kapuze sehen. Vier weitere Schattenkrieger traten von hinten in den Halbkreis, drei von ihnen legten die Hände auf ihre Dolche, der vierte trug keinen, Ramon. Gavins behandschuhte Hand griff nach der des Spaniers, legte sie um seine Klinge, dann die eigenen wieder darüber. Kilian spürte die Macht der Liebe und der Schattenmagie zwischen den beiden fließen. Außerdem die Botschaft in dieser Geste, egal was ihr von uns denkt, wir stehen zu unseren Gefühlen. Zwei weitere seiner Krieger machte ihre ebenso klar. Clyde und Vincente standen so nah beieinander, dass sich ihre Körper berührten. Dean schaute über die Schulter zu den vier Männern, auf seinen Lippen lag ein hauchfeines Lächeln. In den dunklen Augen Bewunderung über die Offenheit der beiden Schotten und der beiden Spanier. Dann bemerkte der Kriege des Lichts einen anderen Schattenkrieger, dessen Blick auf einem seiner Krieger lag. Matthew betrachtete Nico voller Zuneigung. Das der kühle ehemalige IRA-Kämpfer ganz offen seine Gefühle zeigen würde, daran glaubte Dean nicht. Doch als sich die Gruppe nach dem Ritual auflöste, war es gerade dieser, der seinen Geliebten in die Arme nahm und vor allen Anderen küsste. Dann verschwanden die beiden mit den vier Schattenkrieger, um im hinteren Teil des Dorfes aufzuräumen, wo keiner ihre Gefühle sah. Kiran trat zu seinem Zwilling, der den vier Wölfen und zwei Vampiren mit den Augen folgte. Er spürte wiedereinmal die tiefe Trauer, die Kilian immer noch wegen Fiona empfand. Außerdem die Anspannung, die dieser seit dem Angriff auf das Dorf kaum losgeworden war. Die Hand die der Jüngere jetzt ergriff, zitterte leicht, ließ sich jedoch widerstandslos von ihm mitziehen. So verschwanden die beiden im Wald hinter der Gemeinschaftshütte. Kiran suchte einen Platz von dem aus sie für die Krieger unsichtbar waren. Bat Chris-Angel in Gedanken darum, für eine Weile Kilian zu vertreten. Dieser schaute nun seinen Zwilling an, mit wässrigem Blick.
„Geh zu den anderen Kiki und bitte sagt Corey, dass ich mit ihm sprechen möchte.“ Gab Kilian seinem Bruder leise zu verstehen, Kiran machte jedoch keine Anstalten zu gehen. Sicher er war in keiner besonders guten Verfassung und sie wussten beide, dass er in solchen Situationen dazu neigte etwas Dummes zu tun. Doch das einzige was er wollte, war endlich mit dem ältesten Vampir sprechen. Gefühlskalt befahl er also seinem Zwilling erneut, was er ihm eben bereits gesagt hatte. Der treue Schattenkrieger leistete seinem Herrn folge, nur eine Minute später stand Corey vor diesem. Musterte einfach den schwarzhaarigen Wolf mit den tieftraurigen dunkelblauen Augen. Er konnte sich denken, was dieser von ihm wissen wollte, trotzdem schwieg er.
„Was fühlst du, wenn du Matthews Liebe zu Nico siehst?“ Fragte Kilian nun endlich kaum hörbar.
„Schmerz, weil ich dieses Gefühl nie wieder selbst spüren werde!“ Kam sogleich die Antwort. „Aber ich gönne Matt seine Gefühle, denn er ist so glücklich wie noch nie zuvor.“ Der Krieger der Schatten nickte und formulierte nachdenklich seine nächste Frage.
„Kann man sich schon als Mensch prägen, Corey?“
„Nein normal nicht, es sei denn du trägst bereits unser Blut in dir! Sagst du mir, wie du darauf kommst? Nein warte, ich kann es mir denken! Hast du sie nach dem du verletzt wurdest noch einmal gesehen?“ Eine Träne verließ Kilians Augenwinkel, rollte langsam über seine Wangen. Als er sprach, war seine Stimme belegt und kaum mehr als ein leises Flüstern.
„Cam und ich waren bereits einen Tag vorher angekommen, haben uns ein Hotel im nächsten Ort genommen. Denn wir wussten, dass Lord O´ Gardey uns nicht im Anwesen haben wollte. Ich konnte nicht schlafen in dieser Nacht, also schlich ich mich aus dem Zimmer. Bin in die Kapelle wo man Fios Körper aufgebahrt hatte. Sie lag da im Schein der Kerzen, mit ihren roten Locken und dem Engelsgesicht. Ich konnte nicht anders, hab ihr einen letzten Kuss auf den Mund gegeben. Damals durchlief mich ein so warmes Gefühl, kaum beschreibbar. Ein letztes Aufflammen unserer Liebe!“ Kilian ging in die Knie, ihm war schwindelig, wie damals. Corey fing ihn auf, selbst Tränen in den Augen. Er kannte diesen unbändigen Schmerz, den der Krieger der Schatten jetzt fühlt, mit dem dieser erst noch leben musste. Zu spät bemerkte der Vampir, dass der Wolf in seinen Armen fiel, sich in der Vergangenheit verlor. Erst als ihn leere dunkelblaue Augen anstarrten ohne zu sehen, fiel es ihm auf. Der unvermittelte und heftige Schlag ins Gesicht, brachte ihn ganz zurück in die Wirklichkeit. Kilians Geschwister standen um ihn herum, Kiran war derjenige, der zugeschlagen hatte. Doch Jessicas Worte sollten ihn härter treffen, wie die Handgreiflichkeit ihres Bruders.
„Wenn du den Patenonkel meines Kindes nicht zurückbringst, MacNamara! Dann schwöre ich dir, dass eine Frau dein Ende ist!“ Ein schwarzer Drachen erhob sich in die Luft, verbannte den hoffnungsvollen Grünen in die letzte Ecke. Patrick griff nach dem Arm seiner Schwester, noch bevor Corey seinen blauen Dragon wecken konnte. Sanft aber bestimmt, führte der Schattenkrieger sie fort, beruhigte ihren dunklen Teil. Sean zog Kiran mit sich, während sein Zwilling völlig reglos dastand und auf den Krieger der Schatten hinab sah. Erst das Erscheinen des Kriegers des Lichts, des Dragon Lords und des Lordkriegers der Todeskrieger, löste Colins Starre. Er kniete sich neben den Vampir, der immer noch den reglosen Körper in den Armen hielt. Versuchte sofort in die Gedanken des Bruders einzudringen, um ihn dort zu finden. Eine Hand legte sich auf seine Schulter.
„Colin, so leid es mir tut, aber das wird dir nicht mehr gelingen!“ Stellte Chris-Angel fest. „Sean ist ein einfacher Krieger, genauso wie Aidan ein einfacher Dragon war. Aber Lian ist der Krieger der Schatten!“
„Er ist mein Bruder, Marine!“ Fuhr der Angesprochene auf, bemerkte jedoch, dass dieser die Wahrheit sage, er kam nicht in Kilians Gedanken. „Wie sollen wir ihn nur zurückbringen?“ Die beiden Vampire unter ihnen tauschten einen schnellen Blick. Doch wieder war es Chris-Angel, der handelte. Er schickte nicht nur Colin in den Schlaf, sondern auch Corey. Dann nahm er dem Vampir Kilian aus den Armen. Matthew gab ungern den Ort preis, an dem er mit Nico die Nacht verbracht hatte. Trotzdem tat er es, seinem Herrn zur Treue. Er sah den beiden Todeskriegern nach, die auf Geheiß ihres Lordkriegers die Gruppe verließen. Cameron und Kevin gingen wortlos, nachdem sie ihre Brüder umarmten. Es begann zu regnen, der Himmel weinte mit Kiran und Jessica.


Kapitel 16



Während die Krieger im Dorf ihre Arbeit in Gedanken versunken taten und Raven im Rausch der Glücksgefühle schwamm, legte Chris-Angel seine kostbare Fracht vorsichtig ins Gras neben dem Teich. Er gab Kevin seinen Dolch, der junge Wolf sah ihn verzweifelt an. Keiner der anderen Männer verstand diese Geste, sollte es auch nicht. Dann wand sich der Lordkrieger an Cameron.
„Immer wenn du den Schmerz spürst, gib Kilian etwas von deinem Blut!“ Der Angesprochene nickte, die nächsten Worte galten Conner. „Dragon Lord, gebt mir etwas von Eurer Kraft, wenn die meine schwächer wird.“
„Das werde ich Lordkrieger!“ Kam es fest von Conner zurück. Dean war der Letzte an den sich Chris-Angel wandte.
„Krieger des Lichts, ich bitte Euch, betet für uns!“ Dieser gab keine Antwort, sondern legte seine Kleidung ab und kniete in der nähe des Wasserfalls nieder. Conner und Cameron zogen sich in den Hintergrund zurück, während Kevin seinen Platz in Chris-Angels Rücken einnahm. Das Gesicht durch seine Kapuze verdeckt, den Dolch des Lordkriegers der Todeskrieger in der behandschuhten Rechten. Dunkle Magie begann die ruhige Lichtung auszufüllen, als dieser die Reise in Kilians Gedanken begann. Langsam rückwerts glitt, völlig der Zeit entrückt.
Über das was er sah, würde er kein Wort verlieren. Der Krieger der Schatten war hinter seiner Fassade immer noch ein gebrochener Mann. Der es schaffte seine Gefühle selbst vor seinem Zwilling zu verbergen. Drogen spielte auch jetzt noch eine große Rolle in seinem Leben. Zwar griff er nicht mehr zur Nadel, dafür schluckte er heimlich Tabletten, rauchte häufiger als Gavin, Patrick und Conner die Rauchkräuter. Meistens irgendwo fernab von den anderen Kriegern. Auch die Selbstverletzungen hatten kein Ende genommen, doch er wusste es zu verbergen. Etwas Halt fand er nur bei seinem kleinen Bruder, Patricks Kampfwillen ließ auch ihn weiter kämpfen. Die Liebe seiner Schwester zu ertragen, Tristans und ihren Duft. Genauso ertrug Kilian Ravens und den Bindungsgeruch der Anderen. Schluckte in der einen Minute, die Corey gebraucht hatte, nach dem Kiran gegangen war, schnell eine Hand voll Tabletten. Wie er daran kam sah Chris-Angel eine Weile später, er bekam sie von White Snow, der diese heimlich im großen Reservat besorgte. Mit dem Indianer würde er später noch reden, wenn er konnte, beschloss der Todeskrieger. Er ging weiter in den Gedanken des Schattenkriegers zurück, spürte wie Cameron ihm das erste Mal Blut gab, als Kiran vor Gericht stand. Dann ein weitere Blutgabe, nach dem fast gelungenen Selbstmordversuch. Der Pendragon begann ihm langsam seine Kraft zu geben, denn es war auch für den Lordkrieger der Todeskrieger kein leichtes Spiel, durch die Gedanken des Kriegers der Schatten zu reisen. Die Monate der Flucht, die erst hier in Alaska endete, zogen an ihm vorbei. Der Tag an dem Kilian Kiran wiedersah und Jessica kennenlernte. Immer weiter glitt er zurück, bis er schon glaubte nicht mehr weite zu kommen. Conners starke Kraft reichte kaum noch aus. Chris-Angel spürte den Dolch an seiner Kehle und die Hand auf seiner rechten Schulter. Doch noch etwas spürte er, der Todeskrieger hatte sich geöffnet, obwohl er es nicht sollte. Kevin war jedoch schlauer, als er dachte, gab nicht ihm direkt die Kraft sonder zuerst dem Dragon Lord. Somit verstieß der jungen Schattenkrieger nicht gegen seine Befehle. Wieder gab Cameron seinem Herrn etwas Blut. Im gleichen Moment gelang es Chris-Angel diesen endlich zu finden. Kilian kniete in der Kapelle auf dem Anwesen der O´ Gardeys, seine leblose Verlobte in den Armen. Der Todeskrieger sah eine in schwarz gehüllte Gestalt, die diesem den leblosen Körper aus den Armen nahm. Er bemerkte es nicht einmal, so gefangen war er in seinen Gefühlen. Auch die Worte schien der Trauernde nicht zu hören.
„Merlin und ihre Liebe werden über dich wachen, Dragon!“ Der Mann sprach mit Conners Stimme, sie erklang wieder, jetzt neben Chris-Angel. „Lian, komm nimm meine Hand, Dragon. Lass Fio endlich ziehen, ich weis es ist nicht leicht. Ich vermisse meine beiden Engel auch noch immer. Aber wir werden hier gebraucht! Deine Schattenkrieger brauchen dich, wie die Dragon mich brauchen! Komm zurück, Krieger der Schatten!“ Langsam wand sich Kilian in seinen Erinnerungen um, ging geradewegs auf den Todeskrieger zu. Dieser ergriff in der realen Welt die kalte Hand, genauso tat es der weinende Conner. Widerwillig kehrte der Krieger der Schatten aus seiner Traumwelt zurück. Chris-Angel sank in Kevins Arme, zitternd und erschöpft. Der Lord hielt weiter die Hand des Dragon, bis sich die Finger um die seinen schlossen. Dean kam mit steifen Gliedern und Camerons Hilfe auf sie zu. Fast zwei Tage und zwei Nächte hatten sie um Kilian gekämpft. Nicht nur dem Lichtkrieger liefen nun Tränen der Erleichterung über die Wangen, sonder auch allen Anderen, einschließlich dem Lordkrieger der Todeskrieger. Kevin schluchzte sogar hinter ihm. Er wand sich um, nahm den Wolf in die Arme, dem er die schwerste Aufgabe zuteil werden lassen hatte. Ein dunkler Schatten stürmte plötzlich aus dem Wald, gefolgt von einem weiteren. Kiran fiel vor seinem Zwilling auf die Knie, drückte Kilian feste an sich. Dieser schlang wortlos und nun völlig bei Bewusstsein die Arme um ihn. Nico senkte ertappt den Kopf vor den hohen Kriegern, er war ohne Matthew gekommen.
„Ich konnte ihn nicht mehr weinen sehen!“ Gestand der Spanier leise, sich seiner Lüge wohl bewusst.
„Nein Nico, du hast den Dolch an Matthews Kehle nicht ertragen!“ Brach es aus Kiran heraus. „Es tut mir leid, ich wollte doch nur bei dir sein, wenn du wach wirst Lian, oder wenn ...“
„Sei still, Kiran! Seit ihr mit dem Jeep da?“ Brachte Kilian seinen Bruder zum Schweigen, dieser nickte. „Gut, dann fährst du jetzt mit Nico und mir zu Matt. Ich befehle dir, dich bei dem Schattenkrieger und seinem Gefährten zu entschuldigen! Außerdem kaufst du ihnen und jedem der Krieger hier auf dieser Lichtung eine Flasche Whiskey, Schattenkrieger Kiran O´ Harra!“ Nahm der Krieger der Schatten gleich wieder seine Verpflichtung wahr.
„Ai, mo Thiarna! Ich nehme die Strafe für mein Vergehen an!“ Kiran stand auf, half dabei seinem Zwilling auf die Beine, vor Nico blieb er stehen. „Es tut mir unendlich leid, was ich dir und deinen Gefährten angetan habe!“ Entschuldigte sich Kiran mit gesenktem Kopf. Der Spanier sah ihn nur lächelnd an.
„Entschuldigung akzeptiert, aber ich hätte lieber spanischen Rotwein statt Whiskey!“ Kam zur Antwort, die Männer um sie brachen in Gelächter aus.
„Das sieht dir ähnlich, Andalusier!“ Bemerkte Dean freundlich. „Kiran, sehe zu, dass sich dein Bruder etwas ausruht, wenn ihr am See seit! Ich möchte ihn morgen nicht im Dorf sehen, verstanden Schattenkrieger?“
„Ai mo Thiarna!“ Bestätigte Kiran, dass er verstanden hatte, Kilian sah sein Gegenstück kritisch an.
„Und wer passt auf meine Schattenkrieger auf?“ Wollte er dann wissen.
„Ich!“ Kam es sofort von Chris-Angel, der sich schnell wieder gefangen hatte. „Mach dir keine Sorgen, Lian! Ruh dich in eurer alten Hütte aus und lass dich verwöhnen.“
Tatsächlich schlief Kilian zwei Stunden später in seinem alten Bett und den Armen seines Zwillings ein. Matthew hatte einfach abgewunken, als sich dieser bei ihm entschuldigen wollte, erklärt, dass er Kiran durchaus verstand. Seit langer Zeit schlief der Krieger der Schatten die ganze Nacht durch. Erwachte erst lange nach Tagesanbruch wieder. Sein Bruder war mittlerweile ins Dorf gefahren, um dort bei den Aufräumarbeiten zu helfen. Trotzdem spürte Kilian, dass er nicht alleine war. Ein weiterer Schattenkrieger befand sich in der Nähe. Also stand er auf, ging in die mittlere Hütte, aus der ihm ein verführerischer Essensduft in die Nase stieg. Er blieb in der Tür stehen, als er sich Clyde bewusst wurde. Der Schotte stand nur in einem kurzärmligen Hemd und seiner Lederhose am Herd, ohne Schuhe und Socken. Außerdem sah der Krieger der Schatten ihn das erste Mal, seit er ihn kennenlernte, unbewaffnet und ohne die silberne Spange in den Haaren. Doch anders wie Alistair damals schien sich dessen Zwilling dabei nicht unwohl zu fühlen. Der Weißblonde schien den Blick in seinem Rücken zu spüren, denn er drehte sich Kilian zu.
„Ich brauch einfach manchmal die Freiheit nicht die Insignien der Krieger zu tragen, mo Thiarna!“ Gestand er und fing sich einen bösen Blick ein. „Setz dich doch, das Frühstück ist gleich fertig.“ Bat er dann lächelnd, Kilian tat wie ihm befohlen und setzte sich an den Tisch. Es schmeckte so gut, wie das Essen gerochen hatte, er genoss es, wieder einmal in Ruhe zu speisen. Ohne von einem seiner Krieger, den kleinen Zwillingen oder einem Anderen gestört zu werden. Auch wenn er sich bewusst war, dass ihn sein Gegenüber, spätestens nach dem Frühstück auf die Sache ansprach, die im Dorf geschehen war. Der Krieger der Schatten beschloss ehrlich zu sein, schließlich kam der Highlander nur zwei Tage nachdem er im Dorf angekommen war zu ihm. Ließ Kilian ohne ein Wort das Grauen sehen, welches man ihm angetan hatte. Clyde stand auf, räumte den Tisch ab, jedoch nicht ohne dem Krieger der Schatten noch einmal die Tasse mit Indianertee zu füllen. Als er ihm beim Spülen helfen wollte, winkte der Schotte ab, erledigte den Abwasch alleine.
„Wir haben beschlossen, erst in den Kreis der Krieger zurückzukehren, wenn das Dorf wieder aufgebaut ist!“ Kam es fast schon beiläufig von der Spüle. Kilian hob den gesenkten Kopf, begegnete den eisblauen Augen.
„Wegen mir müsst ihr das nicht tun!“ Brachte er leise hervor.
„Doch Lian! Du weist selbst, wie es ist, frisch verliebt zu sein. Würden wir in die Höhlen zu euch ziehen, dann wäre es nicht gut, für dich und auch für Gordon und Cody nicht. Die beiden Kleinen brauchen nicht zu sehen, wie wir uns benehmen! Matthew und Nico können ja so schon kaum die Finger voneinander lassen!“ Erklärte der Vampir mit einem verschlagenen Grinsen.
„Hat es die Zwei wirklich so schwer erwischt?“ Wollte Kilian wissen und lenkte so von sich ab, auch wenn es Clyde doch bemerkte. „Wie lang haben Angel und die Anderen eigentlich um mich gekämpft? Kiran wollte mir die Frage nicht beantworten.“
„Nico und Matthew sind schlimmer wie verliebte Teenager.“ Beantwortete der Schotte erst die eine Frage. „Fast zwei Tage und zwei Nächte!“ Dann auch die andere, Kilian nahm einen kräftigen Schluck Tee. Lange schwiegen sie einfach, Clyde rauchte genauso wie er selbst. Überlegte, wie er den Wolf vor sich dazu bringen konnte, das selbst zu gestehen, was ihn Chris-Angel bereits voller Sorge wissen lassen hatte. Der Krieger der Schatten wurde nervöser, sehnte sich nach seinen Drogen. Er wollte den Vampir nicht frage, ob sie Rauchkräuter in der Hütte hatten. Sein Gegenüber bemerkte die aufkommende Unruhe, stand erneut auf und füllte die Teetasse.
„Es steht nicht in meiner Macht, dich zum Reden zu bringen, Kilian! Aber ich kann dir sagen, dass es hilft, selbst so jemanden wie mir, den das Leben hart und gefühllos gemacht hat.“ Clyde setzte sich neben den Wolf. „Angel macht sich sehr große Sorgen um dich, er war es, der dich zurückbrachte! Er wollte, dass ich anstatt Nico hier bleibe. Der kleine Andalusier wäre nicht stark genug, um dich aufzufangen, meinte er!“
„Ich bin ein beschissener Krieger der Schatten und ein ebenso schlechter Todeskrieger! Vielleicht sollte ich mein Amt an Angel abtreten!“ Kilian hatte Tränen in den Augen, gewaltsam riss er sich die Silberspange aus dem Zopf, schmiss sie auf den Tisch. Den Dolch legte er einfach daneben, entmachtete sich vor Clyde selbst. Zu seiner Überraschung griff der Schotte lediglich nach seinen Oberarmen, schien sich nicht daran zu stören, dass Black in Aufruhr war. Die vorher sanften eisblauen Augen wurden kalt, ließen einen Teil der Macht sichtbar werden, die ihr Besitzer in sich barg.
„Ist das deine Art von Dankbarkeit? Ist das der Dank dafür, dass drei Todeskrieger zwei verdammte Tage und Nächte ihr Leben für dich riskiert haben?“ Fast schrie der Highlander. „Ist das der Dank für den Respekt, den dir die Schattenkrieger zollen?“ Kilian begann zu zittern, die dunkelblauen Augen liefen über. Er konnte nicht mehr, als Clyde aufstand und die Hütte verließ, laut schluchzend brach er auf dem Dielenboden zusammen. Ein Weinkrampf schüttelte seinen geschwächten Körper, machte ihn völlig taub für seine Umgebung. So merkte er nicht, dass der Schotte wieder in die Hütte kam. Ihn in eine Decke hüllte und an sich zog, ihm sogar vorsichtig sein starkes Blut gab. Dieser wiegte den zitternden Körper in seinen Armen, bis sich Kilian beruhigte. Die ganze Zeit über ruhte sein Blick in Chris-Angels Augen. Welchen der Krieger der Schatten erst bemerkt, als er in dessen Arme gelegt wurde. Wortlos stand Clyde auf und verließ erneut die Hütte, mit seiner Teetasse und dem Tabak. Vorsichtig strich der Marine dem noch immer zitternden Wolf eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Dieser betrachtete ihn von unten. Die dunklen Ringe um dessen Augen, die mittlerweile wieder braunen Haare, die ihm in diese rutschten. Dann griff dieser in die Tasche seiner Lederjacke, zog ein Röhrchen mit Tabletten hervor. Er gab es Kilian, der einige der Pillen nahm und schluckte.
„Sie bedrängen mich, ihnen zu sagen, was ich in deinen Gedanken gesehen habe!“ Kam es gleichgültig von Chris-Angel.
„Wirst du es ihnen sagen? Ihnen sagen, was für ein kaputte Seele in ihrem Krieger der Schatten ruht.“ Kilian setzte sich vorsichtig auf, der Schwindel war fast verschwunden.
„Nein!“ Kam es bestimmt von dem Halbling. „Mit Snow hab ich gesprochen und auch mit Clyde. Schließlich wollte ich wissen, wie du den Indianer dazu gebracht hast, dir den Stoff zu besorgen. Du hast dir den schwächsten der Indianer ausgesucht, Lian! Er gestand unter Tränen, nicht mal Nico ist so schwach, einem Todeskrieger gegenüber und der Spanier besitzt viel Gefühl.“
„Warum hast du mit dem Highlander gesprochen?“ Überging Kilian die Feststellung. Chris-Angel erhob sich, nahm auf einem der Stühle am Tisch wieder Platz, der Wolf folgte seinem Beispiel.
„Clyde ist stärker und härter wie Corey, trotzdem auf seine Art und Weise, liebenswürdig und verständnisvoll. Er schafft es einen zu trösten, wenn man völlig am Boden zerstört ist!“ Der Commodore schluckte kräftig. „Fuck it, ich bin in der Nacht hier am See gewesen, wollte einfach meine Ruhe! Keiner sollte sehen, wie sehr mich die Sache mit dir mitgenommen hat. Damit, dass mich jemand aus den Hütten sieht, habe ich nicht gerechnet!“ Chris-Angel stoppte, wollte nicht weitersprechen. Dass es der Mann tat, der nicht nur fast seinen Rang beim Militär inne hatte, sonder tatsächlich, rechnete er nicht. Clyde lehnte sich gegen die Spüle, musterte die beiden Männer.
„Ich hab dich gespürt, Angel, deine wirren Gefühle. Vin schlief feste, also stand ich auf, um nachzusehen, ob du Hilfe brauchst. Am Ufer saß ein Haufen Elend und weinte bitterlich!“ Der Halbling wollte widersprechen, doch der Vampir brachte ihn mit einem Blick zum Schweigen. „Ich ertrage viel und du warst bestimmt nicht der erste Soldat, den ich so sah. Allerdings bist du für mich ein guter Freund, Bailey! Es tat weh, diesen heule zu sehen, einen winselnden Wolf im Arm zu halten! Aber dieses Wesen besaß die Stärke, sich mir zu öffnen. Die Hilfe anzunehmen, die das Wenigste war, was ich geben konnte! Eine Wiedergutmachung für dass, was du getan hast, als Ramon und Ryan über ihr Schicksal sprachen!“
„Ich bin dir dankbar dafür, Commodore McDonald! Auch wenn ich keine Wiedergutmachung wollte.“ Tatsächlich sah Kilian dieses Gefühl in den Augen des Halblings. Was Chris-Angel dann tat, brachte ihn um seine mühsam aufrecht erhaltene Fassung. Der Lordkrieger der Todeskrieger erhob sich mit kaltem Blick. Einen Moment später hatte er einen Dolch an der Kehle, mit der Schneide voran.
„Du hast mich fast das Leben zweier meiner Todeskrieger gekostet, Kilian O´ Harra! Da du jedoch der Krieger der Schatten bist, verlange ich nicht deinen Tod, so wie es die Regeln wollen. Viel mehr verlange ich, dass du dein Schweigen vor allen Kriegern brichst, sobald das Dorf wieder steht. Bis dahin bist du im Namen des Kriegers des Lichts, des Dragon Lord und in meinem Namen, von deinem Dienst entbunden! Dir ist jeglicher Kontakt mit deinen Geschwistern untersagt!“ Das Urteil wurde mit einem Nicken und Tränenströmen entgegen genommen. „Wir bringen dich jetzt an einen Ort, an dem du Zeit hast, darüber nachzudenken!“ Die Spritze wurde mit Kraft in seinen Oberarm gerammt. Kilian spürte den Schmerz und das Taubheitsgefühl, hörte die leise Entschuldigung seines Peinigers allerdings nicht mehr. Chris-Angel sah Clyde nach, der den Krieger der Schatten zu seinem Gefängnis bringen würde. Dann war er froh über die Arme, die sich von hinten um ihn legten. Die Arme seines Bruders, Tristan tröstete ihn mit all der Liebe, die er für seinen kleinen Bruder gespürt hatte. Wie zwischen Brendan und Cameron, war es auch bei ihnen egal, dass sie nur Halbbrüder waren. Er legte den Kopf auf dessen Schulter und wusste, hier fand er Trost.
Kilian erwachte in einer ihm fremden Hütte. Außer einem Bett, in dem er lag, einem Tisch und einem Stuhl, so wie der offenen Feuerstelle gab es nichts in dieser. Ein kleines Fenster, zu klein um dass er fliehen konnte, zeigte ihm nur ein paar Bäume. Langsam stand er auf, setzte sich an den Tisch. Griff gedankenverloren nach einem Apfel, der in der großen und bis zum Rand gefüllten Obstschale lag. Dann entdeckte er den Block, welcher mit einem Stift zusammen neben der Schale lag. Aus einem unbekannten Grund schlug er ihn von hinten auf. Die Zeichnung auf der letzten Seite trug Conners Liebe zum Detail in sich. Ein in einen schwarzen Umhang gehüllter Krieger, der vor einem Drachen kniete. Die Worte darunter waren tröstend, auch wenn sie im Grunde nichts sagten, jedenfalls für einen Anderen. Der Dragon Lord hatte den Schwurspruch der Dragon darunter geschrieben. Für Kilian bedeuten sie jedoch, dass sich der Pendragon nicht von ihm abwandte. Ohne nachzudenken, begann er seine Gefühle und Gedanken aufzuschreiben, nachdem er die Zeichnung aus dem Block gerissen hatte. Eine Stunde schrieb er, dann riss Kilian die Blätter raus, knüllte sie zusammen und schmiss sie ins Feuer. Verzweifelt suchte er nach etwas, um den Schmerz loszuwerden, doch er fand weder ein Messer noch sonst etwas. Er schlug sich die Knöchel an den Wänden wund, sie heilten jedoch im nächsten Moment bereits. Er verwandelte sich in den Wolf, zerfleischte sich mit den Fängen den Körper, bis er nur noch die Kraft fand, wieder menschlich zu werden. Dann schwanden ihm die Sinne. Kamen erst wieder als jemand mit aller Vorsicht seinen geschundenen Leib wusch. Der beißende Geruch von Desinfektionsmittel stieg ihm in die Nase. Der leicht brennende Schmerz tat ihm sogar gut.
„Hör auf damit und verbinde ihm die Wunden!“ Conners Stimme klang rau und mühsam beherrscht in Kilians Ohren. „Céllí Mór, tu was ich dir sage!“ Scheinbar versuchte derjenige, der ihn verarztete Widerspruch zu leisten.
„Aber ich muss sie reinigen, Dragon Lord!“ Kam es ruhig von Pádraig.
„Du hast ihn gewaschen, Paddy! Merkst du nicht, dass er den Schmerz genießt?“ Fauchte der Angesprochene nun wütend. Kilian sah durch die nur wenig geöffneten Lider, wie der Vampir das Desinfektionsmittel auf den Boden stellte. Dann seine Verletzungen verband und schließlich die Hütte verließ. Er schloss die Augen wieder ganz, als Conner an das Bett trat. Er spürte nur, wie der Dragon Lord seine Hand nahm, die noch freie Hand wurde auf den Drachen auf seiner Schulter gelegt. Etwas zerbrach in Kilians Seele, ließ eine Wärme und Geborgenheit zurück, die er nicht kannte. Die der Liebe zu Fiona entsprach. Als Conner seine Hand los ließ, fühlte Kilian den heilenden Schnitt in dessen Handfläche. Dieser schien den Schreck darüber zu spüren.
„Es war kein Schwur Lian, ich spüre als Dragon Lord deinen Schmerz! Damit dir Clyde oder Alistair helfen können, hab ich mit ihnen Blutbrüderschaft geschlossen. So merkt es wenigstens Angel nicht, wenn sie in deinen Gedanken sind.“ Erklärte Conner ruhig. Der Krieger der Schatten erinnerte sich plötzlich daran, dass er in den letzten Monaten oft einen Dragon gespürt hatte, der sich nicht zeigte. Ihn aber vor einigen Dummheiten bewahrte.
„Du hast über mich gewacht, nicht wahr! Du wusstest wie es in mir aussah, genauso wie damals auf der Flucht!“
„Weil es in mir genauso aussieht!“ Gestand der Dragon Lord leise.
„Du hast deine Frau verloren und deinen Sohn, aber als Mensch! Conner du hast die Möglichkeit, doch noch dein Gegenstück zu finden, ich nicht!“ Versuchte Kilian ihn zu trösten.
„Die habe ich auch nicht mehr!“ Kam es traurig zurück. „Ich hab mir durch Chris-Angel den original Untersuchungsbericht von damals zukommen lassen. Er kam gestern Abend an. Sie starben durch Silber in ihrem Blutkreislauf! Außerdem fand man Hundehaare in der Wohnung, die eindeutig nicht von Gabriel stammen. Sie besaßen fast Kaths Haarfarbe, Lian sie hatte auch keinen Hund! In der Zeit während wir noch nicht verheiratet waren, habe ich sie einmal versehentlich ins Ohr gebissen. Sie ist fast ausgerastet. Aber ich sag dir, so einen Gefühlsrausch wie damals hatte ich nie wieder! Ich wurde damals unwissentlich auf sie geprägt, so wie du auf Fiona.“ Conner liefen Tränen über die Wangen. Er hatte selbst mit Chris-Angel nicht über den Bericht gesprochen, obwohl dieser ihn danach fragte. Kilian setzte sich im Bett auf, nahm den Dragon Lord spontan in die Arme.
„Du nimmst immer noch Heroin, oder?“ Wollte er jetzt sanft wissen, Conner nickte nur. „Gavin besorgt es dir und du setzt die Nadel so geschickt, dass es selbst John und Jimmy nicht bemerken.“
„Nicht Gavin besorgt es mir, Lian, sondern White Snow. Ich hab einmal gesehen, wie er dir die Pillen zusteckte. Gespürt, dass du seine Gedanken daran kontrollierst. Also zwang ich ihn, mir den Stoff zu besorgen, wenn er dir die Pillen besorgt. So hast du mich insgeheim mit gedeckt! Außerdem hat der Indianer große Angst vor uns Dragon, was es leichter machte!“ Erklärte der Dragon Lord dem Krieger der Schatten. „Lian ich bin hier, weil ich mit dir vor den Kriegern gestehen möchte! Weil ich genauso zerrissen bin wie du!“ Die beiden schwiegen, als sie jemanden kommen spürten. Chris-Angel trat mit Clyde ein. Wortlos stellten sie ein zweites Bett in den Raum und einen weiteren Stuhl an den Tisch. Bevor sie ebenso still die Hütte wider verließen. Der Schotte kehrte noch einmal zurück, stellte sechs Flaschen mit Tierblut und einen Kiste mit Lebensmittel neben der Tür ab, bevor er sie von außen verschloss. Die beiden Wölfe so einsperrte, Kilian betrachtete seinen nun Mitgefangenen, der am Fenster stand und rauchte. Zum ersten Mal nahm er war, dass Conner wirklich genauso gebrochen wirkte, wie er selbst sich fühlte. Der Dragon Lord hatte seine Maske abgelegt, ließ die Schultern hängen und schämte sich seiner Gefühle nicht. Ihm schien es tatsächlich genauso zu gehen, wie Kilian selbst. Der den Beutel mit Rauchkräutern auffing, der vom Fenster aus geflogen kam. Gefolgt von einem leisen, sie seien ihnen erlaubt. Den Rest des Tages verbrachten die beiden Männer schweigend, der Krieger der Schatten betete sein Ritual ohne die anderen Schattenkrieger zu spüren. Ebenso spürte Conner am nächsten Morgen keinen der anderen Krieger, die im Licht standen.
Nico fuhr zusammen, als drei Tage nachdem man Kilian und Conner fortgebracht hatte, plötzlich die Hüttentür aufflog. Ungeachtet der Anderen stürmte Kiran in den Raum, riss Vincente mit Gewalt von Clyde los. Der Wolf landete mit vor Schreck weit aufgerissenen Augen auf dem Boden. Konnte nur zusehen, wie der Vampir seinem Geliebten den Dolch an die Kehle hielt. Obwohl es für ihn ein Leichtes gewesen wäre, rührte sich dieser nicht. Kalt forderte der Ire ihn auf, er solle ihn zu seinem Zwilling bringen. Seine Forderung wurde ruhig abgelehnt, die Klinge dabei fort gedrückt und ihm von Gavin aus der Hand genommen. Dass sich der Schotte dabei schnitt, war diesem scheinbar egal. Kiran schrie und schlug auf sein mutmaßliches Opfer ein, er solle gefälligst gehorchen. Als Vincente helfen wollte, schüttelte Clyde lediglich mit dem Kopf. Ließ ihn in Gedanken wissen, dass Kilians Zwilling diesen Wutausbruch brauchte. Tatsächlich sank Kiran nach einer ganzen Weile erschöpft auf den Schoß des Schotten, verbarg das Gesicht an dessen Schulter. Nur das Beben seines Körpers verriet seine Gefühle, genauso wie die Hände, die sich krampfhaft an diesen klammerten. Vincente setzte sich wieder auf seinen Platz, löste dann die Spange des schwarzhaarigen Vampirs und legte sie auf den Tisch. Kiran schien sich plötzlich seiner Sitzgelegenheit bewusst zu werden, erhob sich mit leicht geröteten Wangen. Ramon stand ebenfalls auf, drückte ihn auf den nun freien Stuhl. Holte dann eine Flasche Whisky aus dem Schrank und stellte sie vor dem Schattenkrieger ab. Dieser fackelte nicht lange, sonder nahm gleich einen kräftigen Schluck. Nico betrachtete Kiran, um dessen Augen sich dunkle Ränder gebildet hatten, nicht weil er nicht trank. Sonder weil er aus Kummer und Angst, seit Kilian sich in seinen Gedanken verfangen hatte, nicht mehr schlief. Von Colin wusste er, dass dessen Bruder kein Schlafmittel wollte, Sogar auf seine Geschwister losging, wenn sie es versuchten ihm zu geben. Jessica war wieder einmal zuversichtlicher wie er, denn sie spürte tief im Inneren, dass Kilian reden würde. Außerdem gab es für sie auch noch eine Familie, die sie brauchte, ihr gleichzeitig Schutz und Trost spendete. Genauso wie Little Dove, die viel Zeit mit ihr verbrachte. Kirans Halt war hingegen sein Zwilling, zu dem man ihm den Kontakt verbot. Clyde erhob sich, ging kurz in das Zimmer, wo er den Brief von Kilian holte, den dieser ihm am Abend zuvor mitgegeben hatte. Scheinbar ahnte der Ältere schon, dass sein Zwillingsbruder die Nerven verlieren würde. Der Schotte legte den Brief vor Kiran auf den Tisch. Dieser schob ihn jetzt Nico zu, bat leise, dass dieser ihm den Brief vorlese. Der Spanier rutschte mit seinem Stuhl etwas um den Tisch. Öffnete den Umschlag, strich die Blätter darin glatt und legte einen Arm um die Schultern des Schattenkriegers.

»Lieber Kiki,
ich weis, dir geht es schlecht, weil wir wieder einmal getrennt wurden. Aber glaub mir, es ist besser so. Für uns beide, besonders für dich.
Ich habe mich damals auf Fiona geprägt, aber sicher hat dir das Corey mittlerweile erzählt. Es geschah in der Nacht bevor sie ihre große Reise antrat. Ich war alleine dort, Cameron schlief im Hotel, dabei ist es dann passiert. Doch richtig bewusst geworden ist es mir erst im Dorf, als sich Nico und Matthew vor uns küssten. Ich sah, wie Gavin und Ramon gemeinsam die Hände am Dolch des Schotten hatten. Oder Vincente und Clyde so nah beisammen standen. Ich konnte nicht nur die Magie der Schattenkrieger spüren, sondern auch ihre Liebe zueinander. Etwas, dass ich nicht mehr fühlen werde.
Kiki, ich hab dich belogen, wenn ich sagte, dass ich lediglich die Rauchkräuter rauche. Es stimmte nicht, denn zusätzlich nahm ich Tabletten, wie Alistair damals. Auch verletzte ich mich immer noch selbst, damit ich es ertragen kann. Du und auch die Anderen sollten es nicht merken, dass ihr Krieger der Schatten so leidet. Ich wollte für euch stark sein, doch im Herzen bin ich immer noch so schwach, wie am Anfang. Habe mich vor Clyde und Angel selbst entmachtete, wahrscheinlich war dies der Grund, warum mich der Lordkrieger so behandelt hat.
Ich weiß auch dass, du Conner vermissest, aber ihm geht es nicht besser, wie mir. Er ist genauso verzweifelt wie ich. Er hat bereits gestern einen Brief an seinen Zwilling geschrieben, der ihn sicher auch vermisst. Kiran, vielleicht kannst du deine Sorgen mit Jimmy teilen, so wie es Con und ich hier tun. Rede mit ihm, es wird dir gut tun.
Du sollst wissen, dass ich dich und Kira sehr vermisse. Sag unserer Schwester, dass ich jeden Abend für sie und ihre kleine Tochter bete. Oh, jetzt habe ich mich verraten, bitte sag es ihr nicht, nur dass ich für sie und den kleinen Vampir in ihr bete!
Kiki bald sehen wir uns wieder, und ich bin mir sicher, Clyde wird nicht mehr lange vor dir schweigen. Der Highlander weiß ja, wie du dich fühlst, wir uns fühlen.
Ich liebe dich mein Zwillingen
Lian«


Bei den letzten Worten, waren Kiran wieder die Tränen gekommen. Er suchte jetzt an Nicos Schulter Schutz. Matthew stand hinter seinem Stuhl strich dem Vampir durch die Haare, sah jedoch seinen Geliebten an. Es dauerte eine ganze Weile, bis der Schattenkrieger darum bat, dass man ihn zurück zu den Höhlen bringen solle. Clyde und Vincente erklärten sich bereit, dies zu erledigen. So stieg Kiran zehn Minuten später mit dem Schotten in den Jeep, der dank Nico bei den Hütten geblieben war, dessen Bruder fuhr mit dem Motorrad hinter ihnen her.
„Hat sich Lian wirklich vor dir entmachtete, Highlander?“ Wollte Kiran nach einer ganzen Weile wissen. „Weist du wie es ihm jetzt geht?“
„Er hat sich vor mir die Spange aus den Haaren gerissen, Kiran, gemeint er wäre kein guter Herr über die Schattenkrieger und auch kein würdiger Todeskrieger. Es ist gut, dass Conner bei ihm ist, die Beiden helfen einander gegenseitig. Der Pendragon gibt deinem Bruder Kraft! Es geht Lian schon besser! Du solltest endlich schlafen, Kiran, du siehst miserabel aus mein Freund!“ Stellte Clyde fest.
„Ich werde mir von Lior Schlafmittel geben lassen, wenn ich in den Höhlen bin. Es tut mir leid, dass ich eben auf dich losgegangen bin, Clyde!“ Gestand Kiran leise, der Schotte tat es mit einem Kopfschütteln ab. „Sagst du Lian, dass ich ihn auch vermisse und liebe, wenn du ihn das nächste Mal siehst.“
„Sicher mach ich das! Übrigens, es sollte keiner von euch beiden wissen, aber ich finde es unfair. Dean und Angel überlegen, ob du und Jimmy nicht doch eure Zwillinge sehen dürft! Behalte es aber noch für dich, okay! Ich setzte mich für euch vier ein, das verspreche ich dir!“ Zur Bekräftigung drückte Clyde die Hand des jungen Vampirs. Erhielt ein Lächeln zum Dank, bevor Kiran aus dem Wagen stieg, dann auf James zusteuerte, der vor den Höhlen rauchte. Vincente stellte das Motorrad ab, legte Helm und Handschuhe auf den Tank. Er sprach kurz mit Conners Zwilling, umarmte dann die beiden Schattenkrieger zum Abschied. Diese sahen dem Jeep nach, bis er zwischen den Bäumen verschwand. Erst jetzt bemerkte Kiran, dass James eine Zeichnung in den Händen hielt. Sie zeigte zwei Männer, die vor einem Kamin saßen und scheinbar redeten, Conner und Kilian. Die Szene wirkte beruhigend, denn der schwarzhaarige Mann lächelte sogar ganz leicht. James faltete die Zeichnung zusammen, als sei sie ein Schatz. Sicher für ihn war sie es auch, genauso wie für den Vampir neben ihm.
„Schon ein miserables Gefühl, seinen Zwilling so lange nicht zu sehen. Jetzt verstehe ich dich, Kiran!“ Bemerkte der Wolf leise. „Ich hab mich eben tierisch mit John gestritten, weil er meinte, dass es nichts bring, wenn ich mir so große Gedanken darum mache. Er versteht einfach nicht, wie es in mir aussieht!“ Tränen traten in die blaugrauen Augen, weshalb der Vampir den Freund in die Arme nahm. Alistair trat in diesem Moment aus der Höhle, eine Zigarette in der Hand. Er sah die beiden Schattenkrieger, die sich gegenseitig hielten und weinten. Ebenso kannte er den Schmerz, den sie fühlen, den er so lange Zeit im Herzen verborgen gespürt hatte. Der Schotte wand sich wieder ab, ging zurück ins Innere. Er bat Chris-Angel um ein Gespräch unter vier Augen, schon verschwanden die Anderen aus der Höhle mit den heißen Quellen. In Gedanken sorgte der Vampir noch dafür, dass sich Colin und Sean um die beiden vor den Höhlen kümmerten. Denn sie verstanden ebenso deren Gefühle, wie er selbst.
„Commodore Sir, bitte löst wenigstens den Bann auf die Gefangenen!“ Bat Alistair militärisch, der Angesprochene schaute ihn an.
„Warum sollte ich das Ihrer Meinung nach tun, Offizier?“ Kam die Frage ebenso kühl und dienstlich.
„Ihr wollt die beiden Männer bestrafen Sir, aber Ihr bestraft viel mehr ihre Zwillingsbrüder. O´ Harra und O´ Sullivan leiden mehr, wie der Krieger der Schatten und der Dragon Lord! Ihr versteht nicht, was es bedeutet seinen Zwilling überhaupt nicht zu erreichen. Ich bin froh, dass Commodore McDonald und ich wenigstens in unseren Gedanken jederzeit miteinander reden können.“ Erklärte Alistair offen, sah in ein ausdrucksloses Gesicht.
„Und wenn ich es nicht tue?“ Hakte Chris-Angel nach.
„Dann spreche ich mit Commodore McDonald! Du bist zwar Lord der Todeskrieger, aber nicht allmächtig, Angel!“ Erhielt er gereizt zur Antwort, sah dabei in zornfunkelnde eisblaue Augen. Im Höhleneingang erschienen Corey und Dorian, um im Notfall einzugreifen. Chris-Angel tat etwas nachdenklich, die Hand des Schotten vor ihm legte sich auf den Griff seines Dolches. Natürlich sprach der Lordkrieger mit Kilian und Conner. Die Beiden machten ihm schließlich von sich aus ein Angebot, welches ihn überraschte. Sie waren bereit ihr Schweigen zu brechen, wenn man ihnen erlaubte sich weiter in die einsame Hütte zurückzuziehen. Sie wollten beim Aufbau des Dorfs helfen. Chris-Angel hatte jedoch eine bessere Idee, in den nächsten Tagen, würden fünfzig Soldaten aus Fort Richardson kommen. Die beiden Wölfe sollten mit ihnen im Camp beim Dorf leben, so diesen den Aufenthalt erleichtern. Die beiden Männer willigten ein. Er teilte es leise, so dass es kein Anderer mitbekam, Alistair mit. Der Schotte wirkte beruhigt, verließ die Quellen, nachdem er versprochen hatte, den beiden traurigen Brüdern nichts zu sagen. Tristan und Jessica waren die ersten, die wieder zurückkamen. Der Vampir versteckte ein Lächeln hinter dem Rücken seiner Gefährtin. Bedankte sich in Gedanken bei seinem Halbbruder.


Kapitel 18



Zwei Monate dauerte der Aufbau des Dorfes, in denen Kiran ebenso wie Conner und sein Zwilling im Camp der Soldaten übernachtete. Dana und William immer mehr in den Kreis der Krieger rutschten. Als es schließlich für die Männer und Frauen aus Fort Richardson hieß Abschied zu nehmen, blieben die beiden zurück. Am letzten Tag kamen auch die vier Piloten, die mehrmals Baumaterial gebracht hatten, genauso erschien Major Jackman zu der großen Einweihungsfeier. Er wollte die beiden Commodores kennen lernen mit denen er in Kontakt stand. Camptain Somerholder hatte sich für die Sommerferien mit seiner Familie angekündigt. Wie bei solchen Festen üblich, gab es auch jetzt verschiedene Landespezialitäten. Irische von den O´ Sullivan Zwillingen, schottische von Gavin und den McDonalds, walisische von den Ryders, finnische von Ville und Viggo, spanische von Vincente und Ramon, so wie deutsche von Tristan. Jessica schmückt mit Little Dove und Dana die Gemeinschaftshütte, auf dem Platz davor standen Bänke und Tische. Direkt neben dem Spielplatz für Gordon, Cody und die beiden kleinen Nachtwesen, die noch kommen sollten. Denn auch Little Dove erwartete ihr erstes Kind. Die Rutsche und die Schaukel waren ein Geschenk der Soldaten aus Elmendorf. Der große Sandkasten die Idee von Alistair. Schon jetzt liebten die beiden kleinen Vampirzwillinge ihre neue Spielecke. Um so später der Abend wurde, um so freizügiger wurden die sechs Männer vom See mit ihren Gefühlen. Gavin und Ramon hielten einander offen an den Händen. Clyde hatte den Arm um Vincentes Hüfte gelegt, während er mit seinen Brüdern zusammen stand. Nico und Matthew begannen gar ihr Spiel mit dem Feuer. Irgendwann ging Conner, dem es immer noch schwer fiel mit der Liebe im Dorf fertig zu werden. Kilian folgte dem Dragon Lord in seine Hütte, weil er den Kummer spürte. Ohne auf ihn zu achten, legte dieser Spange und Dolch ab, zog sich das schwarze Hemd aus und ließ sich auf sein Bett fallen. Als sich der Krieger der Schatten auf die Bettkante setzt, zog ihn der rotbraune Wolf einfach in seine Arme.
„Ich bin nicht zu betrunken um nicht mehr zu wissen, was ich tue. Also bitte las mich etwas spüren Lian, küss mich!“ Conner klang traurig, sehnte sich wieder nach körperlicher Wärme. Kilian stand auf, schloss die Hüttentür ab und befahl James, sie alleine zu lassen. Danach nahm er wieder Platz, beugte sich über den Dragon Lord und tat was der Pendragon von ihm wollte. Sie vertrauten einander, spürten instinktiv, was der Andere brauchte. So kam es, dass sie weiter gingen, als bei ihren Erfahrungen mit William. Sie spielte Nicos und Matthews Spiel mit dem Feuer und genossen es. Conner schlief in Kilians Armen ein, bekam nicht einmal mit, dass dieser die Decke über ihre Körper zog. Mit Kraft seiner Gedanken die verschlossene Tür öffnete. Es dauerte nicht lange bis James und John die Hütte betraten. Der Zwilling des Dragon Lord beugte sich über sie.
„Danke, dass du Joey auf diese Weise tröstest, Lian, mo Thiarna!“ Flüsterte der Schattenkrieger in sein Ohr.
„Ich tröste ihn nicht nur, sondern er auch mich, Jimmy! Es tut uns einfach beiden gut.“ Gestand Kilian und legte seinen Kopf wieder gegen den des Schlafenden. „Hoffe ihr habt nichts dagegen wenn ich bleibe.“ Gab er gähnend von sich.
„Schlaf gut, mo Thiarna!“ War Johns Antwort, James nickte zustimmend. Schon war der Krieger der Schatten eingeschlafen. Die beiden Anderen redeten noch eine Weile leise miteinander, bevor auch sie sich schlafen legten.
Diesmal verschlief Conner das Ritual nicht, sondern erwachte noch vor der Morgendämmerung. Er konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, als er Kilians warmen Körper im Rücken spürte. Der schwarze Dragon schien auch bereits wach zu sein, denn er strich leicht über seinen Arm. Er wand sich ihm zu, sah in die dunkelblauen Augen. Dann tat er etwas, dass ihn fast selbst überraschte, er presste dankbar seine Lippen auf die des schwarzen Wolfes.
„Danke Lian!“ Flüsterte Conner, als er sich wieder löste.
„Danke Con!“ Kam es ebenso dankbar zurück. „Nico hat doch Recht, dieses Spiel mit dem Feuer ist wunderschön. Auch wenn es für uns beide nur eine Spielerei ist!“
„Die wir sicher nicht das letzte Mal gemacht haben, wenn es nach mir geht. Ich weis, dass wir nie so weit gehen werden, wie die Beiden. Aber bei uns geht es auch nicht um wahre Liebe. Sondern einfach darum, überhaupt zu fühlen! Einfach dabei zu vergessen, was geschehen ist. Komm lass uns ins Bad verschwinden, bevor die beiden aufwachen!“ Im Badezimmer betrachtete Kilian das Tattoo, welches sich Conner von einem Soldaten hatte stechen lassen. Auf seinem rechten Oberarm war jetzt zwei Engel, darunter die Namen Kath und Joey. Der Dragon Lord zeichnete die Vorlage dazu sogar selbst. Er bemerkte den Blick des Kriegers der Schatten.
„Ich möchte sie einfach in Erinnerung behalten, so wie Frank seine kleine Kyla!“ Erklärte Conner offen, Kilian nickte lächelnd. „Er kommt besser mit dem Verlust klar, wie wir beiden.“
„Wenn du genau darauf achtest, siehst du manchmal Tränen in seinen Augen, wenn er die kleinen Zwillinge sieht. Aber Frank hat seine Frau nicht so geliebt, wie du deine oder ich meine Fio. Er war einfach nicht an sie gebunden.“ Kam es von Kilian zurück.
„Was sein Glück war, wenn ich euch beiden so sehe! Manch mal Platz Bruder, ich möchte mich vor dem Ritual noch rasieren!“ Mischte sich John in ihr Gespräch. Es war jedoch Kilian der ihm seinen Platz vor dem Waschbecken überließ. Er ging zurück zu James, der mit einer Zigarette am Tisch saß. Die beiden Schattenkrieger folgten schließlich den Kriegern, nahmen ihre Plätze ein. Dana und William sahen heute das erste Mal bei dem Ritual zu. Viggo und Dylan waren Ramons Beispiel gefolgt, sie standen bei den Schattenkriegern. Würden gemeinsam mit ihrem Kameraden zur Sommersonnenwende ihre Weihe erhalten. Kiran schaute immer wieder aus dem Schatten zu seiner Gefährtin, die dunkelblauen Augen leuchteten so glücklich, wie es sein Zwilling noch nie gesehen hatte. Kaum war das Ritual beendet, nahm der Schattenkrieger die Halbindianerin wieder in die Arme. Conner sah zu Kilian herüber, dann zu Nico und Matthew. Die Beiden lächelten ihm wissend zu. Colin bemerkte das entspannte Lächeln auf den Lippen des Kriegers der Schatten, welches er so lange vermisst hatte. Während die Anderen auf das Frühstück warteten, zog er ihn mit sich nach draußen. Patrick folgte seinen Brüdern, denn auch er wollte mit seinem älteren Bruder sprechen.
„Bevor ihr mich fragt, mir geht es um einiges besser, genauso wie Con!“ Erklärte Kilian offen. „Wir haben einen Weg gefunden, unseren Kummer zu vergessen!“ Colin grinste, sagte jedoch nichts, Patrick nickte nur, dann sprach er seine Sache an.
„Lian, ich wollte dich fragen, ob du zu mir in die Hütte ziehen möchtest. Will zieht zu Chris-Angel, also wird der Platz bei mir frei bleiben!“ Die ozeanblauen Augen sahen ihn bittend an.
„Keine schlechte Idee, Ricky. Also zieh ich zu dir und Kiran und Dana behalten unsere Hütte!“ War Kilian sofort mit der Sache einverstanden.
„Aber mit dem Feuer spielen ...“ Begann Patrick vorsichtig.
„... tun Conner und ich sicher nicht vor den Augen unserer Brüder!“ Beendete der Krieger der Schatten den Satz, gab so indirekt zu, dass er es getan hatte. Auch jetzt sagte Colin nichts, sondern klopfte seinen jüngeren Bruder einfach auf die Schulter. Gemeinsam gingen die Brüder zurück in die Gemeinschaftshütte. Dort wartete bereits die nächste Überraschung auf die Krieger. Nach einem kurzen Blick erhoben sich Raven und Kiran, so wie Little Dove und Dana. Es wurde plötzlich still im Raum. Alle sahen die beiden gebundenen Schattenkrieger an. Der Indianer ergriff das Wort.
„Leute in ein paar Wochen ist Sommersonnenwende, letztes Jahr wurden an diesem Tag die kleinen Zwillinge geboren. Dieses Jahr würden wir gerne auch etwas Besonderes an diesen Tag erleben. Wie wäre es mit einer Doppelhochzeit?“ Keiner sagte etwas, doch es zeigten sich einige erfreute Gesichter. Plötzlich erhob sich Tristan, warf einen flüchtigen Blick auf seine Gefährtin, dann trat er vor Colin.
„Ich weis, es ist vielleicht etwas früh und für einen von euch nicht so schön, aber ich möchte es einfach jetzt tun. Colin würdest du mir deine Schwester zur Frau geben, wenn sie es auch möchte?“ Jessica drückte überrascht Cody an sich. Alistair strich lächelnd Gordon über den Kopf.
„Da fragst du mich noch? Frag deine Gefährtin, ob sie will, nicht ihren Bruder!“ Gab der älteste O´ Harra zur Antwort, während die junge Vampirin Cody auf den Boden setzte.
„Ich möchte nicht mehr als das, Tris! Aber ...“ Jessica wurde gleich unterbrochen. Denn es war demjenigen klar, was sie sagen wollte.
„Hör mir zu, mo beag! Ich liebe meine Söhne und ich liebe dich! Aber ich weiß auch, dass du zu Tristan gehörst, er mir meine zwei Rabauken hier nicht fort nimmt! Ich würde gerne euer Trauzeuge sein!“ Sprachlos sah sie den Schotten an, so etwas hätte sie nicht von ihm erwartet. Kilian war es der aufstand, erst Kiran und Dana umarmte, dann seine vor Glück weinende Schwester, so wie Tristan, zuletzt das Indianerpärchen.
„Ich freue mich für meine Schattenkrieger, dass ihr euer Glück gefunden habt! Wann wollt ihr eure Verlobung feiern?“ Diesmal spielte der Krieger der Schatten seine Gefühle nicht.
„Es ist noch genug von gestern übrig!“ Warf Frank mit einem Zwinkern ein.
„Wir haben aber noch nicht einmal Ringe für unsere Verlobten!“ Kam es etwas niedergeschlagen von Kiran, Tristan nickte. Die drei verbleibenden Indianer tuschelten miteinander, schließlich ergriff Lior als Ältester das Wort.
„Lass das mal unsere Sorge sein, Dragon! Wenn ihr kurz eure Finger messt, bekommt ihr bis heute Abend Ringe!“ Jessica zog Camerons Ring vom Finger, gab ihn dem Indianer als Muster. Die Anderen hatten schnell die passende Größe ermittelt, so dass Lior, White Snow und Lighting Bear nur Minuten später verschwanden. Dana wirkte traurig, denn sie hatte für diesen Anlass kein passendes Kleidungsstück. Hier sprang Dorian ein, der seinen Dorfladen eigentlich heute noch nicht wieder öffnen wollte. Er nahm die drei Frauen mit, denn auch Jessica betrachtete ihren Babybauch kritisch, das schwarze Kleid, von der Taufe der Zwillinge, würde ihr nicht mehr passen. Tristan, Raven und Kiran wurden aus der Hütte geworfen, damit sie die Anderen vorbereiten konnten. Die Feier sollte schließlich auch eine kleine Überraschung für sie werden. Irgendwann nahm Gavin William zur Seite. Den Wolf wunderte es nicht, denn schließlich sprach sich langsam doch herum, dass er etwas mit Ramon gehabt hatte. Wer das Gerücht streute, wusste keiner wirklich. Die beiden Wölfe machten einen Spaziergang durchs Dorf.
„Stimmt es, was man sich erzählt, dass du etwas mit dem Andalusier hattest?“ Wollte der Schotte wissen. „Er spricht nicht darüber, denk aber dich irgendwo her zu kennen.“
„Womit er Recht hat, Gavin. Ich möchte ehrlich sein. Vor knapp sieben Jahren war ich in Pensacola stationiert. Ich bin seit etwa fünfundsiebzig Jahren Pilot beim Militär, muss gelegentlich die Base und meine Identität wechseln. In Florida wollte ich meine Kampfausbildung auffrischen, Ramon war einer meiner Ausbilder. Irgendwie tat es mir der schöne Spanier mit seinen dunklen Schokoladenaugen an. Er gab einem einsamen Wolf seine Gefühle zurück, Highlander!“ Gestand der Amerikaner offen.
„Dann bist du der Soldat, der wegen dieser Affäre aus dem Militär flog! Jetzt kommst du her und dein ehemaliger Geliebter hat einen Anderen!“ Der braune Kopf senkte sich.
„Ich war wie Conner und Kilian, Gavin, dein Gefährte gab mir das Gefühl zurück, doch noch lieben zu können!“ Kam es knapp von William.
„Dann hast du nichts gegen unsere Beziehung?“
„Wie könnte ich? Euch sieht man das Glück an, genauso wie Commodore McDonald und seinem Gefährten oder diesem Nico und dem Iren! Außerdem ist Ramon endlich dort angekommen, wo er hin wollte. In einer Beziehung mit jemanden der ihn liebt, auch wenn er anders ist. Bei Personen, die sein Anderssein akzeptieren!“ Jemand näherte sich ihnen von Hinten, einen Moment später drückte der Andalusier seinem Gefährten einen Kuss auf die Wange. Der rothaarige Wolf grinste die Beiden an.
„¡Lo siento! Ich hab euch belauscht!“ Gestand Ramon. „So siehst du also wirklich aus, Will, oder ist es Tarnung, wie in Pensacola?“
„Nein, Ramon, so sehe ich wirklich aus! Ich möchte mich für das bedanken, was du mir damals gegeben hast, Kamerad de Martinez!“ Sagte der Wolf und dachte, wie sehr er sich einen letzten Kuss wünschte. Gavin und der Andalusier tauschten einen schnellen Blick. Der Schotte wand sich danach ab, während der Spanier das Gesicht des Kameraden in die Hände nahm.
„Du solltest deine Gedanken besser im Griff haben, lobo! Besonders die Schattenkrieger lesen sie sonst!“ Erklärte Ramon und näherte sich dabei den Lippen des Piloten. „Aber ich erfülle dir deinen Wunsch!“ Der Kuss war leidenschaftlich und warm, auch wenn er dem Spanier nicht viel bedeutete. Denn er wand sich ab, gab seinem Gefährten einen noch leidenschaftlicheren als Entschuldigung. William war mit dem zufrieden, was er bekommen hatte. Er gönnte den beiden Schattenkriegern tatsächlich ihre Liebe zu einander. Dann bemerkte der Wolf die beiden Männer, die im Schatten einer Hütte rauchten. Duncan und Kim McLoud lösten sich, als Gavin und Ramon gingen. Erst jetzt wurde ihm klar, der Highlander hatte seine Leute absichtlich dort hin gebeten, denn er wollte so den Schutz des Piloten gewähren. Längst war dem Amerikaner aufgefallen, dass die Liebe zu seinem Kameraden dem Schotten sehr viel bedeutete. Ein gebundener Wolf war unberechenbar und so sorgte dieser für die Sicherheit des nicht mehr gebundenen Soldaten. Er nickte den beiden blonden Männern zu, die sich nun entfernten. Das Mittagessen würden sich die Krieger und Soldaten heute selbst kochen müssen, also beschloss er in seine Hütte zu gehen.
Chris-Angel saß mal wieder vor seinem Laptop beantwortete die Fragen zu der Sache mit Admiral Sinclair, die er aus England bekommen hatte. Natürlich leitete der SBS eine eigene interne Ermittlung ein. Wahrscheinlich würde man Commodore Bailey zu einer Verhandlung als Zeugen bestellen. Aidan und Ryan ebenso. Er wollte dafür sorgen, dass sie am gleichen Tag aussagen mussten, denn dann konnten sie auch gemeinsam in die Heimat fliegen. Nein seine Heimat war England und Portsmouth sicher nicht mehr. Das Erscheinen des Piloten riss ihn aus seinen Gedanken, mittlerweile hatte sich Chris-Angel auch über diesen schlau gemacht. Ein William Dawson tauchten im Archiv der US-Army als Major General auf. Stand also im heutigen Rangverhältnis noch über ihm und Clyde. So gab sich der Rothaarige allerdings nicht im Geringsten. Er befolgte einfach die Befehle der beiden Commodores. Der Amerikaner betrachtete die Gardeuniform, die auf dem Bett des Briten lag. Major Jackman hatte sie ihm bei seinem Besuch mitgebracht, genauso wie seine Papiere und die neuen Rangabzeichen. Ob er sie am Abend anziehen würde, fragte der Wolf von der Küchenzeile aus nach. Der Commodore schüttelte den Kopf, das Militär könne ihm heute gestohlen bleiben, war seine Antwort. Es würde reichen, wenn er sie in ein paar Wochen tragen müsse, wenn er seine Aussage vor dem Gericht machte. Ob er zur Navy zurückkehren wolle, kam gleich die nächste Frage. Sein Platz sei hier, lautete die knappe Antwort. William schüttete die Dosensuppe in einen Topf, während Chris-Angel seine Aussage zu Ende schrieb, sich dabei auf die Piloten aus Elmendorf und den Major aus Fort Richardson als weitere Zeugen berief. Er würde auch nicht zurück zur Armee gehen, gestand der Pilot. Hier könne er als das leben, was er sei, brauche sich nicht mehr zu verstecken. Der Lordkrieger verstand ihn, denn würde er zu seiner Fregatte zurückkehren, dann müsse der Halbling seine Identität verstecken. Hier konnte er beides ausleben, den Vampir und den Wolf, genauso den Schattenkrieger und den Todeskrieger. Hier störte es keinen, dass er sich gerne alleine auf die Jagd machte oder einfach mit seinen Gaben spielte, um sie zu trainieren. Gedankenverloren befahl Chris-Angel die Kaffeekanne zu sich, schüttete ebenso seine Tasse voll und ließ die Kanne zurück auf die Anrichte schweben. Erst Williams aufgerissene Augen machten ihm sein Handeln bewusst. Der Wolf verlor schnell seine Überraschung und begann einfach Fragen über die Krieger zu stellen, die ihm schon lange auf der Zunge lagen. Während sie gemeinsam aßen, danach noch ein Glas Whiskey tranken, beantwortete ihm der Lordkrieger alle seine Fragen, egal wie banal sie waren. Gegen Abend machten sie sich für die Verlobungsfeierlichkeiten fertig. Wobei William etwas enttäuscht feststellte, dass er außer seiner Militärkleidung keine anderen Sachen besaß. Chris-Angel lieh ihm eine Jeans und ein Hemd von sich. Sicher würde Dorian bald seinen kleinen Laden wieder öffnen, dann könne er dort passendere Kleidung kaufen, erklärte er dem Wolfssoldaten.
Tristan betrachtete seine schöne zukünftige Braut. Noch vor einem Jahr hätte er niemals gedacht, diese Frau zu bekommen. Oder gar, dass er zustimmen würde, wenn ihr Mann sein Trauzeuge sein wollte. Heute saß er hier und nannte sie seine Liebste! Jessica und die beiden Zwillinge hatten aus dem kühlen Soldaten einen liebenden Mann und Vater gemacht. Alistair holte vor einer halben Stunde Gordon und Cody, damit sich ihre Eltern für die Feier fertig machen konnten. In ein paar Minuten würden Kiran und Dana kommen, die Halbindianerin wollte Jessica beim Schminken helfen. Tristan erhob sich vom Bett, als er sah wie seine Frau mit dem Reißverschluss ihres Kleides kämpfte. Er schloss ihn ihr, legte danach die Hände auf ihren Bauch. Sie wand sich in seiner Umarmung, sah auf die Ader an seinem Hals. Sanft wanderten ihre Lippen über seine, das Kinn hinab und zur Kehle. Er konnte ein leises Aufstöhnen nicht vermeiden, als Jessica trank. Ein Klopfen an der Tür und diese innige Nähe verschwand. Die Schattenkriegerin lächelte, als ihr Gefährte genervt knurrte. Kiran und Dana traten ein, die Soldatin hielt ihre Schminkutensilen in der ein und Kirans Hand in der Anderen.
„Du siehst wundervoll aus, Schwesterchen!“ Bemerkte er und umarmte Jessica dabei, etwas bewegte sich zwischen ihnen. Vorsichtig nahm seine Schwerster eine seiner Hände und legte sie auf die Stelle. Tatsächlich spürte Kiran ein ganz kleines Füßchen.
„Du hast eine wunderschöne Mama, kleines Wesen!“ Bemerkte er gerührt.
„Finger weg von meiner Frau, Schwager!“ Kam es auf deutsch von Tristan, er sprach mittlerweile wieder häufiger seine Muttersprache, überwiegend mit den O´ Harras oder den O´ Sullivans. Gordon und Cody wurden sogar dreisprachig erzogen, in Englisch, Deutsch und Gälisch. Kiran löste sich von Jessica und sah zu Tristan herüber.
„Schon gut, ich überlass sie jetzt meiner Frau. Hast du was zu Trinken, kann dauern bis die Frauen mit ihrer Bauernmalerei fertig sind!“ Er bekam einen Klaps von Dana auf den Rücken, bevor die beiden Frauen im Badezimmer verschwanden. Tristan füllte zwei Gläser mit Whiskey, reichte eins davon seinem zukünftigen Schwager. Wieder klopfte es an der Tür, Raven und Dove traten ein, die junge Indianerin verschwand sofort ins Bad. Der Indianer setzte sich zu den beiden Anderen an den Tisch, bekam ebenfalls ein gefülltes Glas hingestellt.
„Lior möchte uns die Ringe erst später geben, sie sollen eine Überraschung werden!“ Erklärte der Schattenkrieger nun. „Seit ihr auch so nervös wie ich? Vor einiger Zeit glaubte ich noch, dass ich meine Liebste nicht wieder sehe und jetzt. Dhia, ich werde in ein paar Wochen heiraten und eine Familie gründen!“ Ravens Wangen glühten vor Aufregung.
„Ich hatte eigentlich gar nicht vor, nach der Sache mit Matts und Aidans Schwester noch einmal zu heiraten. Aber Dana ist die Erfüllung meiner Träume! Mit ihr kann ich mir eine Familie wirklich vorstellen. Zwei so kleine Racker wie Gordon und Cody!“ Kiran wirkte völlig verträumt, was man von ihm nicht kannte. Tristan schwieg einfach, er war sich sicher, dass sein Gefühlsausbruch noch kommen würde. Er sollte Recht behalten!
Die Schattenkrieger beteten gemeinsam ihr Ritual, zum Schluss bat Kilian laut für den Segen der drei Paare. Selbst Dean und seine Lichtkrieger knieten in diesem Moment nieder. Dann wurde das Festessen aufgetragen. James, Frank und Vincente hatten es sich nicht nehmen lassen, noch etwas mehr zu kochen. Dana war begeistert von ihren Kochkünsten, was sie den drei Männern auch offen sagte. Ihr gefiel es, dass jeder hier seine Nationalgerichte einbrachte. Genauso wie die ausgelassene und nicht militärische Stimmung beim Essen, selbst die beiden Commodores ließen sich auf jeden Spaß ein. Nach dem Mahl verschwand Lior für eine Weile, er kam lächelnd zurück. Kniete sich zu Gordon und Cody, die vor dem Kamin spielten und gab ihnen etwas. Während er mit den beiden kleinen Vampiren sprach. Dann erhob er sich, ging zu seinem Bruder, der Indianer hatte Tränen in den Augen als er sprach.
„Ich freue mich für dich und Little Dove, dass ihr zusammengefunden habt. Ihr jetzt für immer vereint seit, Bruder. Als unser Bruder in die Jagdgründe ging, gaben mir die beiden hohen Krieger seine Silberspange. Mit ihrer Erlaubnis hab ich die Ringe für euch beiden daraus gefertigt. Sie sollen euch an ihn erinnern! Meinen Glückwunsch, Bruder und Schwägerin!“ Raven rannen Tränen über die Wangen, er steckte seiner Gefährtin mit zitternden Händen ihren Ring an den Finger, Little Dove tat es ihm gleich.
„Danke Lior, ich weiß nicht, was ich sagen soll!“ Brachte der Indianer mühsam beherrscht heraus, sein Bruder nickte nur, ging dann zu Colin. Ihm gab er die Ringe für Kiran und Dana.
„Als ich herkam, lernte ich meine Geschwister kennen. Sean meinen Zwilling, meine Drillingsgeschwister Kilian, Jessica Kira und dich Kiran, so wie Patrick. Manchmal wusste ich nicht, wer meine Hilfe mehr brauchte, du oder Lian. Zwei schwarze Dragon, denen das Leben nichts Gutes gegeben hatte. Doch du warst meistens derjenige, der kam und zu mir sagte: Colin ich möchte darüber sprechen! Auch als du deine Dana kennen lerntest, kamst du zu mir und legtest mir deine Gefühle offen. Dafür hab ich dich bewundert, Kiran, für deine Ehrlichkeit! Ich wünsche dir und Dana alles Glück dieser Welt und den Segen unserer Götter, Bruder!“ Colin umarmte erst diesen dann Dana und gab ihnen die Ringe. Gerührt bedankten sich die Beiden bei ihm. Alistair half etwas nach, als Gordon und Cody die beiden silbernen Ringe nicht hergeben wollten, mit denen sie spielten. Er sprach leise mit ihnen, so dass die kleinen Zwillinge die funkelnden Gegenstände doch Tristan und Jessica in die Hände legten.
„Haben euch lieb!“ Meinten zwei Kinderstimmchen und kuschelten sich an ihre Mutter und deren Gefährten. Jessica nahm Gordon auf den Schoß, griff über diesen hinweg nach Tristans zitternder Hand und schob ihm den Ring über den Finger. Er war nicht in der Lage es bei ihr zu tun, legte den ihren vor sie auf den Tisch und stand auf. Fast schon rannte er aus der Gemeinschaftshütte. Chris-Angel steckte Jessica den Ring an den Finger, bevor er seinem Halbbruder folgte. Er fand ihn schluchzend auf dem Rand des Sandkasten sitzend. Er ließ sich neben ihn sinken, zog seinen Bruder in die Arme.
„Überwältigt vom Glück?“ Wollte der Todeskrieger wissen, erhielt nur ein Nicken zur Antwort. „Du hast es verdient, Tris! Ich war so frei, deiner Verlobten den Ring an den Finger zu stecken.“ Wieder nur die Kopfbewegung, Jessica kam mit den Kindern an der Hand auf sie zu. Sie wollte gerade etwas sagen, als auch Alistair aus der Gemeinschaftshütte trat.
„Ich hab kein wirkliches Geschenk für euch, sondern wollte fragen ob die beiden Rabauken heute bei mir bleiben können. Damit ihr eure Verlobung genießen könnt. Meinen Glückwunsch Tris und Jessy!“ Der Schotte umarmte erst Jessica dann Tristan. „Ich hätte sie dir von Anfang an überlassen sollen, mein Freund!“ Flüsterte er dabei.
„Danke Alistair!“ Gab ihm der Deutsche zurück und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Die drei Schattenkrieger sahen ihm nach, wie er mit seinen beiden Söhnen in der Nacht verschwand. Er wirkte tatsächlich glücklich und zufrieden mit dem was er hatte. Zwei Söhne, die sicher später von ihm das Kämpfen lernen würden. Zwei Brüder, die darauf achteten, dass er nicht mehr abrutschte. Genauso wie gute Freunde, die für ihn da waren, wenn er reden wollte. Selbst Tristan hörte ihm zu, wenn er über seine Vergangenheit mit Jessica sprach. Etwas, was der Schotte sehr an dem jungen Deutschen schätzte. Aus der Gemeinschaftshütte drang nun Musik nach draußen, die drei Schattenkrieger beschlossen, wieder hinein zu gehen.
Patrick spielte seit langer Zeit noch einmal Gitarre, er besaß die gleiche Leidenschaft dafür, wie Kilian und Kiran. Neben ihm stand Kevin mit seinem Dudelsack, James Damon hatte seine Zinnflöte ausgepackt und zu ihrer Überraschung griff Dylan nach Kirans Bodhran. Die Instrumente wanderten wie üblich durch die Reihen der Krieger. Auch Ville hielt irgendwann wieder die Gitarre in der Hand, heute war es keine traurige Weise, die er spielte, sondern ein fröhliches Trinklied. Auch klang das finnische Stück nicht nur aus seiner Kehle, sondern Viggo stieg beim Refrain ein. Kevin überraschte die Anderen, als er bereits bei der zweiten Strophe das Lied auf der Zinnflöte des Walisers mitspielen konnte. Die beiden Finnen lächelten und sangen das Lied zu Ende. Dann hielt Colin die Gitarre in der Hand, sein Blick ging zu den drei Spaniern, die mit ihren Gefährten zusammen saßen.
„Un flamenco, por favor!“ Bat Clyde seinen Vincente um einen Tanz.
„Por amor, mi amor!“ Gab der Andalusier zur Antwort, zog sich bereits die Schuhe aus. Nico und Ramon taten es ihm gleich, Colin lächelte, als ihm sein Ziehbruder etwas ins Ohr flüsterte. Kurze Zeit später fegten drei Andalusier über die Holzdielen, verlor sich nicht nur der Jüngsten unter ihnen in seinem Tanz. Sondern auch zwei Schotten und ein Ire im Anblick der drei Südländer. Clyde, Gavin und Matthew bekamen ihre Umgebung nicht mehr mit. Sie sahen nur noch ihre tanzenden Gefährten. Die drei anderen Pärchen saßen eng umschlungen zusammen. Lauschten dem Lied und genossen, wie alle anderen den Anblick. Irgendwann gesellte sich Kilian zu Colin, er spielte mittlerweile einige der spanischen Stücke auf der Flöte. Nico begann öffentlich ein Spiel mit dem Feuer, er zog den überrumpelten Matthew von seinem Stuhl. Vincente und Ramon traten an den Rand, während er einen heißen Flamenco auf das Parkett legte. Die Augen des blonden Schattenkriegers begannen vor Verlangen zu glänzen. Doch immer wenn er glaubt, seinen Gefährten endlich in die Arme nehmen zu können. Entwich dieser mit der Leichtigkeit des Tanzes. Kilian warf einen flüchtigen Blick in Conners Richtung, der Dragon Lord lächelte ihm zu. Mit den letzten Klängen der Gitarre entzog sich Nico Matthew ganz. Er kam nicht weit, denn im nächsten Moment stürzte sich der Vampir auf ihn, drückte vor allen Anderen seinen Gefährten gegen die nächste Wand. Er presste seine heißen Lippen auf die des Spaniers, brachte so die Luft in der Hütte zum Knistern.
„Du kleines spanisches Miststück!“ Kam es atemlos und rauchig von ihm.
„Te amo demasiado! Ich liebe dich auch!“ Gab ihm dieser grinsend zu verstehen, der Schattenkrieger sah ihn verblüfft an. Hatte wohl nicht mit dieser Antwort gerechnet. Aidan begann zu lachen.
„Mein starker großer Bruder lässt sich von einem kleinen Krieger sprachlos machen!“ Pustete er los, Matthew sah Corey an, der dem Jüngsten den Ellbogen in die Rippen stieß. „Danke Matt!“ Kam es prompt.
„Gern geschehen Aidan! Wir sollten verschwinden beag mac tíre, bevor ich dir hier an die Wäsche gehe.“ Matthew zog Nico hinter sich her, ihnen folgten die vier anderen Männer. Schließlich verabschiedeten sich auch Tristan und Jessica, genauso wie die beiden Indianer und Kiran mit seiner Dana. Nach und nach begann sich die Hütte zu leeren, bis schließlich nur noch die drei hohen Krieger zurückblieben. Dean wirkte nachdenklich, betrachtete den Whiskey in seinem Glas.
„Hast du eigentlich keine Sehnsucht nach Liebe, Dean?“ Fragte plötzlich Conner nach. Der Nordire hob den Kopf.
„Ich kann warten und mich daran erfreuen, wenn die Anderen glücklich sind!“ Erklärte ihm Dean. „Ehrlich, ich finde euren Weg in Ordnung, wenn es euch gut tut, was ihr tut! Also meinetwegen braucht ihr nicht unter dem Tisch Händchen halten!“ Conner senkte ertappt den Kopf, als sich Kilian wieder zu ihnen setzte, hatte er nach dessen Hand gegriffen, sie nicht wieder losgelassen.
„Es ist der einzige Weg, auf dem wir noch etwas fühlen können, Dean!“ Gestand tatsächlich Kilian und zog ihre Hände auf den Tisch. „Anders ertrage ich zwei liebesblinde Geschwister nicht!“
„Es ist nicht so wie bei den Spaniern und ihren Gefährten, aber es hilft. Mir zu verstehen, warum Kath gegangen ist und Lian genauso bei Fiona!“ Kam es jetzt von Conner.
„Ihr braucht mir keine Rechenschaft abzulegen, Céllí Mór!“ Bemerkte Dean etwas genervt. „Ich bin froh, dass es euch besser geht! Eure Macht ist seit Wochen noch einmal richtig spürbar. Nicht mehr nur diese tiefe Traurigkeit. Ihr nehmt eure Aufgaben wieder wahr, was mich unendlich beruhigt. James und Colin sind starke Dragon, aber nicht der Dragon Lord! Ich schätze Chris-Angel als Lordkrieger, er ist stark, doch mein Gegenstück bist du, Kilian, Krieger der Schatten! Ich wollte nur, dass ihr es wisst. Guten Nacht my Lords!“ Er ließ die beiden Wölfe überwältigt zurück.
Eine Hand strich sanft durch sein Fell, ein warmer Körper lag dich an ihn gedrückt, hatte den Arm fest um ihn geschlungen. Als er tanzte hätte er niemals gedacht, dass dieses seinen Gefährten so anheizte. Sie waren nicht einmal bis zur Hütte gekommen. Nein Matthew zog ihn einfach in die Dunkelheit, verschlang ihn förmlich. Noch immer spürte Nico die heißen Lippen auf seinen. Der Vampir war diesmal rau und fordernd, nahm seinen Geliebten einfach auf die Arme. Küsste ihn bis sie in ihrer Hütte waren. Noch jetzt lagen ihre Kleidungsstücke verstreut im Raum. Der Wolf drückte sich näher an den warmen Körper hinter sich, knurrte leise, als die Hand seinen Bauch streichelte. War das Spiel auch in seiner Wolfsgestalt möglich? Die Frage sollte ihm beantwortet werden, denn Matthew las seine Gedanken. Sanfte Lippen hauchten ihm einen Kuss auf die Schnauze, dann waren die Hände des Iren überall, mal zärtlich, mal drängend. Nico stieß ein heißeres Knurren aus. Ein blonder Kopf beugte sich über ihn und er schnappte zu. Der Vampir schrie seine Gefühle in die Nacht hinaus, während der Wolf unter ihm erzitterte. Die drei berühmten Worte drangen leise in die Ohren des Tieres, während die Hüttentür aufflog und zwei dunkelhaarige Schattenkrieger herein stürmten. Vor dem Bett blieben die beiden Wölfe stehen, sahen auf das Pärchen darin hinab. Matthew griff nach der Decke, die braunen Augen leuchteten vor Glückseligkeit. Mit einer rauen Geste scheuchte er die zwei verblüfften Freunde aus dem Raum. Ramon konnte sich ein schiefes und anzügliches Grinsen nicht sparen. Erhielt ein böses Knurren seinen Cousins zur Antwort, welches jedoch nicht ganz ernst gemeint war. Ein Kissen flog durch die Luft und schlug die beiden Wölfe so in die Flucht. Der Vampir lachte herzhaft, schmiegte sich wieder an seinen Gefährten. Erst als er schlief, verwandelte sich Nico zurück in seine Menschengestalt. Er spürte die Gedanken seines Bruders, wehrte sich einen Moment dagegen, gab dann jedoch nach. Vincente wirkte etwas belustigt.
„Ramon ist völlig aufgelöst! Was hast du mit Matthew angestellt, dass er so geschrien hat, hermano?“ Nico bemerkte, dass dieser an sich halten musste, um nicht in Gedanken zu lachen.
„Och nichts besonderes, ich denke ihr stellt so etwas auch an!“ Kam es zurück. Jetzt lachte der Schattenkrieger tatsächlich in Gedanken.
„Nico Antonio del Niro, das nächste Mal sag Matthew, er soll sich ein Kissen vors Gesicht halten, okay!“ Tadelte der Ältere den Jüngeren. „So machen es Clyde und ich jedenfalls, sonst ständen die beiden auch bei uns auf der Matte. Buenas noches, hermanito!“
„Gracias hermano, domir bien!“ Antwortete der Krieger schon fast schlafend. Er spürte noch wie sich Vincente zurückzog, dann übermannte ihn die Müdigkeit. Zwei Hütten weiter schloss nun auch der Ältere die Augen, genoss die Streicheleinheiten, die er von seinem Gefährten bekam. So rau Clyde oft wirkte, so liebevoll war er zu ihm.
Tristan betrachtete seine schlafende Gefährtin, dann wieder den Ring an seiner linken Hand. Noch immer konnte er sein Glück kaum fassen, stiegen ihm alleine beim Gedanken Tränen in die Augen. Er hatte Jessica, als sie alleine waren, selbst nochmals den Verlobungsring angesteckt. Ja sich sogar dafür entschuldigt, dass er es in der Gemeinschaftshütte nicht tat. Sie lächelte ihn nur an, meinte es sei ja jetzt passiert. Niemals dachte der Offizier daran zu heiraten, aus Angst seine Frau zu betrügen. So wie es sein Vater getan hatte. Doch die Liebe zu Jessica war so beständig, dass er sich sicher sein konnte, es nicht zu tun. Vielleicht war es auch, weil sie ihn verstand. Ihn gehen ließ, wenn er alleine sein wollte, einfach nachdenken. Ihn in den Arm nahm, weil sie merkte, dass er wieder in den Erinnerungen seiner Kindheit versank. So wie vor einer Woche, als es ihm wie jedes Jahr schlecht ging an dem Tag, als sein kleiner Bruder vor den Zug sprang. Das erste Mal seit sechzehn Jahren, war jemand da, der ihm Trost spendete. Jessica erklärte sogar ihren Söhnen, es sei besser Tristan in Ruhe zu lassen. Er war ihr dankbar dafür, für jede einzelne Minute, die er mit ihr zusammen verbrachte. In ein paar Wochen würde sein eigenes Kind zur Welt kommen, er war jetzt schon aufgeregt. Zärtlich strich der Vampir durch die Haare seiner Gefährtin, sie verzog die Lippen zu einem Lächeln. Denn sie hatten beschlossen, dass er ihren Namen mit annahm. Tristan-Jan O´ Harra-Kaufmann sollte später in seinen Papieren stehen. Genauso wie Chris-Angel hätte er dann einen irisch/deutschen Nachnamen. Noch etwas was sie als Halbbrüder verbinden würde. Dass er ebenso einen zweiten Vornamen besaß wusste alleine Jessica, es war in seiner Familie üblich gewesen, mit den zwei Namen. So sollte auch seine Tochter einen Doppelnamen erhalten. Mittlerweile verriet die werdende Mutter, dass Patricks Anspielungen der Wahrheit entsprachen. Ihr Bruder nannte das kleine Vampirwesen bereits jetzt eine Diva. Jana-Kira sollte die Kleine heißen. Es war Tristans Vorschlag gewesen, so trug ihre Tochter den Namen beider Elternteile. Mit dem Gedanken daran, dass er morgen mit Raven und Kiran ins Reservat fahren würde, um dort für die bevorstehende Hochzeit Einkäufe erledigen, schlief er ein.
Chris-Angel träumte, ein Alptraum, den er seit einem Kriegseinsatz immer mal wieder hatte. Damals sank eines ihrer Schiffe, sie verloren mehrere Kameraden. Nach diesem Einsatz hatte er lange gebraucht, um zu verstehen, dass er diesen nicht helfen konnte. War mehrere Monate in psychischer Betreuung gewesen. Wenn die Bilder in der Kaserne kamen, stand er auf und ging sich draußen eine Zigarette rauchen. Auch hier war es schon häufiger vorgekommen, doch meistens unbemerkt der anderen Krieger. Als er nun aus seinem Traum zitternd erwachte, lag eine Hand auf seiner Schulter.
„Hey ganz ruhig Kamerad, du hast nur geträumt!“ Drang Williams Stimme leise an seine Ohren. Der Wolf saß auf der Bettkante sah ihn mit seinen Saphiraugen an. „Du hast im Schlaf Befehle gegeben, etwas von Rettungsbooten und Helikoptern geredet. Hörte sich an, als sei ein Schiff am sinken.“ Erklärte William und strich sich durch die Haare, stand dann auf und füllte ein Glas mit Whiskey, er reichte es Chris-Angel.
„Ist es auch, wir verloren damals fünfzig Kameraden! Es war mitten in der Nacht, als wir angegriffen wurden, vor der Küste von Somalia. Ich hab auf der Brücke gestanden und musste zusehen, wie sie ertranken. Wir konnten ihnen nicht mehr helfen. Ich fühlte mich damals so machtlos, brauchte sogar anschließend eine Therapie. Es war nicht unsere Schuld und wir haben den Feind ebenso versenkt, aber es war einfach bitter!“ Erklärte Chris-Angel offen, ließ sich von dem Wolf nachschenken.
„Kann ich verstehen! Du weist, dass ich einmal einen hohen Rang beim Militär hatte. Sicher hast du versucht etwas über den Soldat William Dawson raus zu finden.“ Der hellbraune Kopf senkte sich. „Was in Ordnung für mich ist, Angel. Ich hab in mehreren großen Kriegen gekämpft, war einer der ersten Kampfpiloten bei der Army. Bei einem meiner Einsätze wurde mein halbes Geschwader abgeschossen, ich sah sie abstürzen, während ich abdrehen konnte. Diese Bilder verflogen mich auch heute noch, so wie die deinen dich!“ William saß jetzt auf der Kante seines Bettes.
„Was machst du dann, Will?“ Wollte Chris-Angel wissen, das Gespräch mit dem Piloten tat ihm gut.
„Wenn es möglich ist, geh ich raus jagen. Ansonsten trink ich mir ein paar Gläser Rum, rauch mir ein paar Zigaretten.“ Jetzt lächelte der Commodore sogar, stand auf und holte die Flasche vom Tisch, so wie seinen Tabak und ein weiteres Glas aus dem Schrank. Er schenkte sich nach und William aus.
„Ich hab den Alkohol immer unter der Matratze versteckt, in einem Flachmann. In meiner Kapitänskajüte auf der Fregatte im Safe eingeschlossen!“ Gestand er lachend, sah zu, wie der Amerikaner unter sein Kopfkissen griff. „Deine Notration, falls ich dir alles weg saufe, was?“
„Denkst du ich geb dir freiwillig was von meinem guten Jamaika-Rum!“ Scherzte William und legte den Flachmann auf seinen Nachttisch. „Nein, wohl eher auch eine Angewohnheit. Am Anfang hatte ich auch was im Flieger, doch irgendwann waren die Kontrollen einfach zu streng.“ Sie redeten noch eine Weile über ihren Militärdienst, schliefen dann beide ein.
Dorian kochte Kaffee, wie fast jeden Morgen vor dem Ritual. Er betrachtete Alistair, der mit seinen Söhnen im Arm noch schlief. Ein glückliches Lächeln lag auf den Lippen seines Bruders. Seit einigen Tagen schon fiel dem Jüngeren auf, dass der Ältere weniger trank, auch strahlte er wieder diese innerliche Ruhe aus. Die er seit langem nicht mehr gespürt hatte, eigentlich seit er damals in die Höhlen geflohen war, weil er die Liebe zwischen Alistair und Jessica kaum ertragen konnte. Vorsichtig zog der Weißblonde jetzt den Arm unter seinen Söhnen heraus. Ließ die kleinen Vampire einfach weiterschlafen. Leise vor sich hinsummend verschwand er im Badezimmer, kam nach einer Weile gewaschen und rasiert zurück. Liebevoll weckte er jetzt seine Söhne, wusch sie, zog ihnen dann frische Kleidung an. Mittlerweile standen nicht nur die beiden Kinderbetten in ihrer Hütte, oder eine Kiste Spielzeug vor dem Kamin, sonder lag auch Wechselkleidung in Alistairs Schrank. Dorian beobachtete seinen Bruder dabei, wie er mit den Zwillingen umging. Mit welcher Fürsorge und Liebe er Gordon und Cody behandelte. Auch wenn er nicht mehr mit ihrer Mutter zusammen war, so waren es ihm wichtig, Verantwortung für seine Kinder zu übernehmen. Etwas dass ihm der silberblonde Vampir kurz nach der Trennung nicht zugetraut hätte. Alistair setzte die beiden Kleinen vor den Kamin zum Spielen, nahm dann am Tisch platz, um seinen Kaffee zu trinken. Jemand klopfte etwas zaghaft an die Hüttentür, Dorian bat denjenigen herein. Schüchtern trat jetzt Dana ein. Die junge Soldatin trug ihre Armeehose und ein schwarzes Top, dass wohl Jessica gehörte. Sie salutierte vor den beiden Schotten und brachte dadurch nicht nur die Zwillinge zum Lachen, sondern auch Alistair und seinen Bruder.
„Dana, bitte lass die Förmlichkeiten, du bist nicht mehr in Richardson, Kleine!“ Bemerkte der weißblonde Vampir. „Was können wir für dich tun?“ Wollte er dann wissen und holte ganz selbstverständlich eine weitere Kaffeetasse aus dem Schrank, goss der Halbindianerin ein.
„Dove und ich wollen Jessy überraschen und mit ihr heute nach Anchorage fliegen. Dort gibt es einen Laden mit wunderschönen Kleidern!“ Druckste die junge Frau etwas unsicher herum, bei ihr überwog immer noch der Respekt vor den Kriegern.
„Und da wolltest du mich fragen, ob ich auf meine Söhne aufpassen kann. Wer fliegt euch denn nach Anchorage?“ Wollte Alistair lächelnd wissen, er mochte Kirans Verlobte, genauso wie White Dove. Die beiden Frauen taten Jessica gut, die sich insgeheim immer nach einer Freundin gesehnt hatte. Jetzt bekam sie sogar eine Schwägerin.
„Aidan fliegt uns nachdem die Männer fort sind hin. Wir können sogar auf Elmendorf landen!“ Erklärte Dana und erwiderte dabei das Lächeln des Vampirs. „Er begleitet uns auch zu diesem Laden!“ Fügte sie noch hinzu. Als Dorian aufstand weil es Zeit für das Morgenritual war, nahm die junge Frau wie selbstverständlich Cody an die Hand. Gordon griff nach der seines Vaters, so gingen sie schließlich zu fünft zum Morgenritual in die Gemeinschaftshütte. Tristan und Jessica nahmen lächelnd die Zwillinge in Empfang, die sich jetzt an ihre Beine kuschelten. Vorsichtig ihr kleines Geschwisterchen im Bauch ihrer Mutter begrüßten. Dana und Little Dove sahen dem Schauspiel zu, so lange bis das Ritual vorüber war, Raven seine Verlobte umarmte, ihr ebenso sanft über den kleinen Babybauch strich. Auch sie würde zur Hochzeit ein weiteres Kleid tragen müssen. Kiran gab seiner Zukünftigen einen zärtlichen Kuss auf den Mund. Jedoch so, dass es sein Zwilling nicht sah. Er und Dana versuchten genauso wie Jessica und Tristan, ihre Liebe nicht zu offen vor Kilian zu zeigen. Denn bis jetzt wussten nur wenige davon, dass dieser und Conner einen Weg gefunden hatten, ihre Gefühle zu verarbeiten. Nach dem Frühstück fuhren die drei Schattenkrieger ins Reservat, die beiden Frauen nahmen Jessica an die Hand und verschwanden mit ihr und Aidan ebenfalls. Alle Anderen blieben noch eine Weile sitzen, Nico und Matthew konnten sich mal wieder nicht beherrschen und knutschten vor versammelter Mannschaft. Ramon tat es seinem Cousin gleich, drückte seine Lippen auf Gavins. Nur Clyde und Vincente schienen mehr Disziplin zu haben, sie hielten sich lediglich bei den Händen. Der Schotte war es auch, der die beiden verliebten jüngeren Pärchen zum Gehen animierte, als er den etwas traurigen Blick von Conner sah. Langsam gingen auch die anderen Krieger, entweder in ihre Hütten oder zum Kampftraining. Der Dragon Lord blieb nachdenklich mit Patrick, Kilian und Kevin zurück. Die heute Spüldienst hatten, das auch die beiden Schattenkrieger gingen, bemerkte er erst, als sich der Krieger der Schatten neben ihn setzte. Behutsam hob dieser nun seinen gesenkten Kopf, strich ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Conner hörte, wie sich der Schlüssel in der Tür drehte, er mit Kilian alleine war. Nun holte sich der Pendragon, was er brauchte, presste fordernd die Lippen auf die des schwarzen Dragon. Es klopfte an der verschlossenen Tür.
„Lian, wenn du mit Conner alleine sein willst, dann verschwinde! Frank übernimmt gerne deinen Dienst.“ Rief Patrick von draußen.
„Einen Tag am See oder bei den Quellen?“ Flüsterte Conner jetzt leise, Kilian lächelte.
„Quellen!“ Antwortete er ebenso flüsternd. „Danke ihr drei, ich mach die Tür wieder auf!“ Rief er dann nach draußen, erneut drehte sich der Schlüssel im Schloss. Sein kleiner Bruder, Kevin und Frank traten ein. Patrick schmiss ihm seinen Motorradschlüssel zu. Augenzwinkernd wünschte er den beiden Wölfen viel Spaß. Kilian lächelte ihm zu, legte dabei die Hand auf Conners Rücken. Längst war den Anderen klar geworden, dass dieser noch etwas mehr litt, wie der Krieger der Schatten. Die Männer, die ihnen vom Trainingsplatz nachsahen, sagten nichts. Vielleicht auch, weil Dean und Chris-Angel unter ihnen waren, vor denen sie alle Respekt hatten. Auf der einstündigen Fahrt zu den Höhlen sprachen die beiden Dragon nicht miteinander, denn sie wussten auch so, was der Andere dachte. Wieder einmal wurde Kilian bewusst, dass er als Schattenkrieger einen Vorteil gegenüber dem Dragon Lord hatte. Er konnte sich besser gegen seine Gefühle schützen, ließ sie einfach nicht zu, wenn er sie nicht wollte.
Conner stieg hinter ihm von Patricks Motorrad zog sich Helm und Handschuhe aus. Immer noch lag dieser traurige Ausdruck in seinen Augen. Allerdings verstand ihn Kilian jetzt, drückte im nächsten Moment den Freund an sich. Ließ ihn spüren, dass auch er sich nach Nähe sehnte. Während er ihn noch im Arm hielt, befahl er, Kraft seiner Gedanken, den Kerzen in der Höhle mit den Quellen, sich zu entzünden. Schob dann den roten Dragon sanft in die Erste. Dort fielen ihre Lederjacken zu Boden, in der Zweiten die Shirts und die schweren Bikerstiefel. In der letzten Höhle zauberte der romantische Kerzenschein ein Lächeln auf die Lippen des rotbraunen Wolfs. Er bedankte sich mit einem Kuss voller Leidenschaft, begann so ihr eigenes Spiel mit dem Feuer. Längst ließen sie ihre anfängliche Zurückhaltung außer acht. Für sie beide war es lediglich eine Art mit der Vergangenheit fertig zu werden. Aber auch ein neuer Weg in die Zukunft, ohne den ständigen Schmerz im Herzen, wenn sich ein neues Pärchen in den Kreis der Krieger schlich. Das es drei Krieger gab, die ihnen den Rücken frei hielten, jede Art von Spott gegen sie unterbanden. Ahnten die beiden Dragon nicht, denn darüber sprach keiner. Dean, Colin und Chris-Angel führten Gespräche mit William, ließen sich von ihm erklären, wie er fühlte. Besonders der schwarzrote Dragon versuchte seine beiden Herrn zu verstehen. Half auch den Anderen beiden dabei, mit seinem psychologischen Wissen.
Vorsichtig löste Conner Kilian nun die Spange aus den Haaren, küsste dabei zärtlich seine Kehle. Ein Schauer rann über die Haut des Kriegers der Schatten. Er entwand dem Dragon Lord seinen Dolch, strich über die starke Brust, malte sanft die beiden Engel auf dem Oberarm nach. Sie ließen sich beide fallen, spürten nur noch die Hände des Anderen auf ihrem Körper. Trieben miteinander dem Höhepunkt im Wasser der heißen Quellen entgegen. Ließen auf ihm ihre Dragon glücklich in die Lüfte steigen. Auch wenn sie nicht gebunden waren, erlebten sie so die Liebe der verbundenen Pärchen. Die Gefühle diesmal waren noch intensiver, wie bei ihrem ersten Mal. Vielleicht auch, weil Kilian Conner sanft in die Kehle biss. Ein Schrei verließ darauf hin die Kehle des Wolfes und Tränen mischten sich mit dem Schweiß ihres Spiels. Der Krieger der Schatten, wischte beides von den Wangen des Dragon Lords, half ihm aus dem Becken und hielt ihn anschließend im Arm. Ihm fiel plötzlich etwas auf, sie hatten sich beide nie ganz gebunden. Conner nur Kath´s Blut geschluckt und er selbst nicht einmal Fionas zu sich genommen. Konnte es sein, dass in diesem Fall eine neue Bindung möglich war? Noch jetzt spürte er diese Wärme in seinen Adern, die Liebe, die er schon bei seinem spontanen Biss in die Kehle des Freundes gespürt hatte. So viele Fragen bewegten ihn, doch wer konnte die Antwort darauf geben? In den Armen des Kriegers der Schatten lag der Wolf mit dem er gelitten hatte, der gemeinsam mit ihm seine Gefühle wieder fand. Sie verband schon seit Kanada eine sehr tiefe Freundschaft, dies wurde ihm hier in den Höhlen klar. Conner versuchte nie ihn zu verändern, sondern immer ihm, genauso wie Dean, mit seinem Rat zu helfen. Auch war der Dragon Lord der Einzige, der wie Colin, seine Probleme mit dem Erlebten zusammen brachte. Kiran gelang dies zwar auch immer öfters doch manchmal stritten sie noch darüber. Über Kilians Borderline-Syntrom oder darüber, dass er mehr Rauchkräuter rauchte, als er sollte. Eine Hand wischte ihm etwas aus dem Gesicht, er sah auf den Mann in seinen Armen hinab. Presste dann ganz spontan wieder die Lippen auf dessen Mund. Sie begannen ihr Spiel von Neuem, diesmal war es der Dragon Lord, der den Krieger der Schatten verführte. Ihm einen süßen Schauer nach dem anderen über den Körper schickte. Voller Zärtlichkeit mit dem Mund über seine Kehle strich und doch plötzlich inne hielt. Er schaute auf in das Gesicht seines Partners, dessen Augen jetzt geschlossen waren, der Mund leicht geöffnet und zu einem so seligem Lächeln verzogen.
„Lian?“ Fragte er vorsichtig, strich dabei leicht über die Lippen des Wolfes.
„Mmh!“ Kam die verträumte Antwort.
„Wenn ich jetzt zubeiße, dann sind wir so vereint wie die drei Spanier und ihre Gefährten!“ Stellte Conner leise fest, die dunkelblauen Augen öffneten sich. Betrachteten ihn lange Zeit, bevor ihr Besitzer sprach.
„Wäre es schlimm? Wäre es nicht der Wille unserer Frauen, dass wir nach Jahren wieder glücklich sind? Ich glaube, dass auch dein kleiner Joey da oben, seinen Papa wieder lachen sehen will, Con!“ Rau mischte sich plötzlich ein ganz schwarzer Dragon in Kilians Gedanken, ihm fiel auf, dass er die Krieger zwar ausgesperrt hatte, jedoch nicht an Kiran dachte.
„Nicht nur eure Frauen und Joey, wollten euch wieder richtig lachen sehen! Nein Lian, auch wir Geschwister wollen unsere Brüder glücklich wissen. Ich würde Dana mit noch mehr Freude heiraten, wenn ich deinen Kummer nicht mehr spüren müsste. Sondern meinen Zwillingsbruder und meinen besten Freund vereint wüsste! Lian wir lieben dich, auch wenn du mit einem Mann zusammen bist und den beiden O´ Sullivans, besonders Jimmy, geht es nicht anderes!“ Sprach Kiran und war bereits wieder aus Kilians Gedanken verschwunden. Conner strich ihm nun über die Wangen, forderte einen leidenschaftlichen Kuss, drängte sich nah an seinen Körper. Dann vollendete der Dragon Lord den Bund, den der Krieger der Schatten begonnen hatte. Im Schutz der anderen Dragon erhoben sich die beiden in die Lüfte.
In Anchorage sah Jessica zu Aidan, der, auf die Bitte der drei Frauen, doch als Einkaufsberater fungierte. Über die Lippen des blonden Iren glitt ein zufriedenes Lächeln. Dass es nicht Dana in ihrem dunkelroten Kleid galt, sondern dem was Blue spürte, wusste nur die Frau mit den dunkelblauen Augen. Denn sie fühlte genauso wie er, Black und der Pendragon flogen auf den Wogen ihres eigenen Glückes. Mit einer Hand auf ihrem Babybauch, suchte Jessica nach Tristans Gedanken. Ihr Verlobter zeigte ihr allerdings erst ein Gedankenbild. Kiran lehnte an einem Regal und hielt sich lachend daran fest. Vor einem Spiegel stand Raven in einem schwarzen Anzug. Auch auf den Lippen des Indianers lag ein breites Grinsen.
„Das wollt ihr uns doch wohl nicht antun, Tris. Unsere Kleine überschlägt sich in meinem Bauch, wenn sie ihren Papa so sieht!“ Das schallende Lachen des Deutschen erklang in ihren Gedanken.
„Das will ich sehen, Liebling, wenn sich die Kleine überschlägt!“ Alberte er. „Nein Jessy, keiner von uns wird so ein Ding anziehen! Wo treibst du dich eigentlich rum, Süße? Und warum suchst du nach mir?“ Jetzt klang er doch wieder besorgt.
„Keine Angst Liebster, ich bin mit Dana und Dove in Anchorage, Hochzeitskleider kaufen. Aidan passt schon gut auf uns Frauen auf, also mach dir keine Sorgen. Tris, wir können beruhigt heiraten, denn Lian werden wir nicht mehr wehtun!“ Antwortete Jessica.
„Ich weiß, Kiran hat es mich eben schon spüren lassen. Mögen die Götter ihre junge Liebe schützen und eure Dragon über sie wachen!“ Die Sorge wich aus Tristans Stimme. „Ihr sucht Kleider aus? Aber bloß kein weißes bitte!“
„Hab ich Alistair in Weiß geheiratet? Nein Schatz, ich hab meins schon ausgesucht und Dana auch, Dove kann sich nicht wirklich entscheiden. Aber um deiner Frage zuvor zu kommen, wir verraten es euch nicht!“ Nahm Jessica ihrem Liebsten den Wind aus den Segeln. Tristan verzog sich gespielt beleidigt aus ihren Gedanken, ließ jedoch seine Liebe darin zurück. Dove entschied sich für ein dunkelgrünes Kleid, passend zu denen ihrer beiden Freundinnen. Sie luden Aidan zum Dank für seine Geduld noch auf einen Kaffee ein, bevor sie gemeinsam zurück ins Dorf flogen. Der Krieger erklärte sich sogar bereit, bis zur Hochzeit die Kleider der Frauen in seiner Hütte zu verstecken. Corey stellte allerdings die Bedingung, die drei Kleider sehen zu dürfen. Es war Dana, die durchsetzte, dass er lediglich die Farbe der Roben zu Gesicht bekam. Den Rest könnte sich der Schattenkrieger ja aus den Erinnerungen seines Bruders holen, erklärte die Halbindianerin. Was er wohl auch tat. Zum Abendritual kehrten auch die drei Schattenkrieger aus dem großen Reservat zurück. Ihr Herr war in ihren Gedanken anwesend, als sie sich in der Gemeinschaftshütte zum Ritual versammelten. Besonders die Geschwister des Kriegers der Schatten, spürten das Glück in Kilians Herzen. Chris-Angel, der an seinem Platz kniete, schaute zu den vier O´ Harras herüber, auch er wirkte beruhigt. Zum Abendessen brachte ein vollkommen zufriedener Alistair seine Söhne zu ihrer Mutter. Die beiden kleinen Vampire erzählten voller Stolz, dass sie mit ihrem Papa im Wald waren. Dieser ihnen sogar einen kleinen Hasen zum Trinken gegeben hätte. In seiner kindlichen Art stellte Gordon fest, das Häschen sei lecker gewesen. Cody pflichtete seinen großen Bruder eifrig bei. Nur halb hörte Jessica den Gesprächen der Anderen Krieger zu, bis plötzlich Alistairs Stimme durch den Raum klang.
„Céllí Mór, Chris halt endlich deinen dämliches Maul, bevor ich es dir stopfe. Wenn du keine Ahnung von Liebe hast, solltest du dich daraus halten, okay!“ Die beiden Vampire funkelten sich wütend an. Chris-Angel und Dean erhoben sich auf der anderen Tischseite. Jeremy griff seinen ehemaligen Mann grob am Arm, James Damon tat es seinem Bruder gleich. Doch auch die Beiden kamen nicht gegen die verschmähende Rede des Kriegers an. Sean griff etwas sanfter nach dessen Arm, als die beiden Waliser los ließen. Führten den Engländer aus der Hütte, wies jedoch die Anderen an, sie alleine zu lassen. Der ehemalige Miller-Kämpfer ging auf seine Hütte zu, in der der Ire niemals zuvor war. Jetzt fiel ihm auf, dass der Vampir alleine lebte, scheinbar keiner mit ihm die Hütte teilte. Auf dem Tisch stand eine angebrochene Weinflasche. Ein Bild von einer glücklichen Familie auf einem der Nachttische. Es roch genauso nach Rauchkräutern, wie in den Hütten von Kilian, Patrick oder in der der O´ Sullivans. Man bemerkte sofort, dass der Besitzer dieser Unterkunft die Ordnung liebte, keine gebrauchte Tasse stand irgendwo herum, nicht einmal das Weinglas. Während der Krieger jetzt Dolch und Spange ablegte, betrachtete ihn Sean. Chris war schmal, zwar durchtrainiert, aber für seine Vorstellung trotzdem zu dünn. Der Vampir war einige Zentimeter größer, wie er selbst, schien jedoch weniger zu wiegen. Der Mann verschwand ins Badezimmer, er hörte ihn würgen, stand auf, um nach ihm zu schauen.
„Chris, bist du okay?“ Sean legte ihm die Hand auf eine knochige Schulter. „Hey, komm schon, was ist los mein Freund?“ Die warme Art des Wolfes löste bei dem Knienden eine Tränenflut aus.
„Ich würde sagen, das Problem, dass er hat, nennt man Essstörung, Sean!“ Brendan trat in das kleine Badezimmer. „Seit der Sache mit Dever baust du immer mehr ab, Chris. Der Krieger den ich vor Jahren kennenlernte, war nicht dürr, sonder normal gebaut. Ein ganz normaler Mann, der Football liebte, Motorrad fuhr und treu zu meinem Vater stand. Der auch später mir selbst die Treue schwor, als seinem Lordkrieger! Wo ist dieser Krieger jetzt? So bist du nicht wirklich Smitt!“ Der Vampir in Seans Armen hatte den Kopf tief gesenkt, spielte nervös an seiner Lederhose. Brendan hockte sich vor ihn, ließ den Bruder des Kriegers der Schatten seine warme Seite sehen, die die er auch von Dean und den anderen Lordkriegern kannte. Es war ehrliche Sorge um einen seiner Männer.
„Chris, ich will dir helfen, egal was du angestellt hast, Krieger! Ich bin bereit für dich sogar bei Dean einzustehen, wenn es sein muss! Wenn du willst hole ich Ville oder Colin, damit sie sich deine Sorgen anhören können.“ Bot der ehemalige Highlord an. Jetzt schüttelte der Krieger den Kopf, wand sich vorsichtig aus Seans schützender Umarmung.
„Hol lieber die beiden hohen Krieger, oder ihre Vertreter, Brendan! Sag Dean, dass ich meine Spange und meinen Dolch vorerst abgebe, mo Thiarna! Sean darf ich dich auch um etwas bitten?“ Er erhielt ein Nicken zur Antwort. „Bleibst du hier, während ich mit ihnen rede?“
„Sicher tu ich das, wenn du mir erlaubst, dass ich meinen Zwilling in meinen Gedanken behalte. Nur damit ich dir notfalls richtig helfen kann, Chris!“ Ein Okay war der einzige Kommentar des Kriegers. Gemeinsam mit Sean ging er zurück in den Wohnraum, setzte wortlos Teewasser auf. Er nahm einen Schluck aus der angebrochenen Flasche, stellte sie dann ordentlich in einen der Schränke. Dolch und Spange waren verschwunden, wahrscheinlich hatte sie Brendan mitgenommen. Der Vampir zog das Shirt aus, jetzt sah Sean, warum er sich die letzten Wochen geweigert hatte, dies zu tun. Nicht nur, dass man die Rippen des Kriegers zählen konnte, sondern wie Clyde trug auch er Narben von Verletzungen mit Silber. Vor dem Kamin kniete der Mann nieder, begann sich in seinem Gebet zu wiegen. Auch noch als Dean und Chris-Angel eintraten. Der Krieger des Lichts mit Spange und Dolch, so wie verschlossener Mine. Der Lordkrieger nur mit seinem Dolch, für die Spange waren seine Haare noch etwas zu kurz. Die Beiden musterten den Rücken des Vampirs, sahen die Narben. Der Schattenkrieger ballte eine Hand zur Faust, bevor er sich hinter Chris hockte und darüber strich.
„Soll ich deine Erinnerungen lesen, oder möchtest du sie uns sagen?“ Wollte er wissen, Dean setzte sich derweil zu seinem Krieger an den Tisch. „Ich spüre Schattenmagie bei dir, obwohl du kein …!“
„Doch das bin ich!“ Widersprach Chris plötzlich fest. „Verzeiht mir, mo Thiarna, dass ich Euch ins Wort gefahren bin!“ Fügte er noch hinzu. Der Krieger des Lichts verhielt sich weiterhin ruhig, überließ es dem Schattenkrieger, wie er reagierte.
„Du hast Magersucht, versteckst dich hinter einer Maske, quälst dich schon seit ich hier bin! In deinen Gedanken findet ein geübter Todeskrieger Dinge, über die ich nicht sprechen will. Ich weis, dass Brendan dir seinen Schutz zugesichert hat, Chris. Das selbe wie er, sichert dir auch ein anderer ehemaliger Lordkrieger zu! Dieser und ich selbst. Komm entlaste deine Seele, damit du nicht weiter zerbrichst! Aber bevor du es tust, trink von mir!“ Erst jetzt bemerkten die beiden Krieger am Tisch, dass der andere zitterte. Chris trank tatsächlich von dem Halbling vor sich, wurde dann von diesem zum Tisch geführt. Er senkte vor Dean den Kopf, setzte sich diesem gegenüber neben Sean, der hinter ihm den Arm über die Stuhllehne legte.
„Es begann schon zur Zeit Lord O´ Gardeys! Ich war einer der Männer, die auf John Morrigans Seite standen. Blieb auf Millers Befehl jedoch in Wales, nachdem die Sache in London geschah. Vielleicht war es eine Strafe, weil sie ahnten, dass ich etwas wusste. Ich wusste, dass das Gespräch im Waschraum belauscht worden war. Meine Aufgabe war es, diesen vor anderen Pubbesuchern zu schützen, doch ich sah den Yardmann. Ließ ihn die Sache miterleben. Vielleicht weil ich so verhindern wollte, dass unser Highlord ging. John Denver wurde nachdem Morrigan und Miller nicht zurückkehrten, deren Nachfolger. Es stimmt, dass alle Krieger, die jetzt noch hier sind, euch treu ergeben sind. Shane, Rea und Damon dem Krieger der Schatten, die restlichen Männer euch mo Thiarna. Ich sollte eigentlich mit Fitzgerald zusammenarbeiten, aber ich weigerte mich. Darauf zerschnitten mir die beiden den Rücken!“ Chris Kopf sank tiefer, Seans Arm legte sich um seine Schultern.
„Wie konnten zwei so kleine Menschenwesen dir so etwas antun, Vampir!“ Kam es gereizt von dem Wolf, man merkte deutlich, dass Sean Ungerechtigkeiten hasste.
„Du hast eben festgestellt, dass ich Schattenmagie besitze Angel. Was passiert, wenn man einen Schattenkrieger auf Dauer schwächt? Ihn mit psychischen Qualen niedermacht!“ Die Frage war an niemanden bestimmten gestellt.
„Dann ist er irgendwann nicht mehr fähig seine Magie zu nutzen. Er kann nur noch die Magie der Krieger geben. Schwächt man ihn noch weiter, ist selbst ein Vampir gegen einen Menschen mit Silberklinge machtlos.“ Klärte Dean nun die Anderen auf. „Ich war damals fast machtlos gegen die Angriffe der falschen Lordkrieger, als Brendan die Lordschaft aufhob. Hätte ich dich nicht gehabt, Schattenkrieger und Lordkrieger der Todeskrieger!“ Gestand er weiter. Chris-Angel lächelte.
„Keine Ursache Krieger des Lichts! Wer schwächt dich so sehr oder hat dich so sehr geschwächt?“ Gab der Halbling zurück.
„Der falsche Lord O´ Gardey und davor einer der falschen Lordkrieger. Sie gaben mir immer wieder Wolfsgift, es sollte mich stark machen, aber es bewirkte das Gegenteil. John Denver spritzte es mir hier, woher er es bekam, keine Ahnung. Seit ich es nicht mehr nehme, bin ich magersüchtig, die Probleme mit dem Alkohol begannen schon lange vorher, aber darüber möchte ich jetzt nicht sprechen. Durch das Trinken und die Rauchkräuter bin ich nicht fähig meine Kräfte zurück zu erlangen. Mo Thiarna, ich war stets den Kriegern treu, ich bin es auch weiterhin. Deshalb verlange ich keine Milde, wenn ihr über mich urteilt. Darüber, dass ...“
„Chris es reicht!“ Unterbrach ihn Dean. „O´ Kennzey machte sich damals den neuen Highlord gefügig. Wir haben nicht über ihn gerichtet, sondern ihn wieder in unseren Kreis aufgenommen. Cameron O´ Gardey ist ein starker Schattenkrieger geworden, trotz allem oder gerade deswegen. Du wurdest ebenso gefügig gemacht. Weder Angel noch ich werden über dich richten, sondern ich gebe dir hier und jetzt deine Sachen wieder. Rede mit einem unserer Psychodoc´s, lass dir von unseren Sanis und den Indianern aus deiner Sucht helfen! Kannst du ihm seine Macht zurückgeben, Lordkrieger?“ Sprach der Krieger des Lichts jetzt Chris-Angel an.
„Ja sicher, wenn ich sie nehmen kann, kann ich sie auch zurückgeben!“ Kam es kühl von diesem, dann etwas freundlicher. „Aber dazu musst du erst einmal körperlich etwas zu Kraft kommen. Erbrichst du das Blut auch?“
„Ja meistens, mir ist auch jetzt schlecht!“ Gestand Chris traurig. „Ich kann höchstens ein paar Schlucke trinken, dann kommt es hoch.“
„Ich hol Brendan und Pádraig, damit sie es ihm direkt in die Vene geben können.“ Schlug jetzt Sean vor, dem man immer noch seine Wut über diese Ungerechtigkeit ansah.
„Brauchst du nicht mac tíre! Mein Bruder war schneller wie du!“ Meldete sich Pádraig von der Tür zu Wort. „Sag mal Chris, was hältst du davon, deine einsame Hütte zu verlassen und zu mir und Dean zu ziehen. Dann kann ich mich besser um dich kümmern, du bist so auch nicht alleine!“
„Aber ...“ Begann der Angesprochene zu widersprechen.
„Nichts aber, pack deine Sachen Chris! Es war meine Idee, okay!“ Unterbrach ihn der Krieger des Lichts, als der Krieger nicht reagierte, öffnete er selbst den Schrank. Sean half ihm die Kleidung in eine Reisetasche zu packen, während Pádraig den vor Dankbarkeit weinenden Vampir tröstete.
Kilian wachte mitten in der Nacht auf, spürte den warmen Körper, der sich an seinen Rücken schmiegte. Mit einer Hand strich ihm Conner über den Arm. Er hatte wieder geträumt, wie so oft von der Nacht, in der er Fiona verlor. Doch zum ersten Mal hatte dieser Traum jetzt ein schönes Ende, denn seine Verlobte gab ihn endlich frei. Für den Mann, den auch sie für einige Monate liebte, der an seiner Seite war, als er in jener Nacht zusammenbrach. Vielleicht hatte Kath gewusst, dass ihr Ehemann nicht für sie bestimmt war. Im Moment war Kilian dem Soldaten William Dawson unendlich dankbar dafür, dass er ihn und Conner so zusammengeführt hatte. Zwei Dragon näherten sich seinen Gedanken, ein schwarzer und ein schwarzgrüner, umarmten Black. Erklärten ihm, dass sie nun erst richtig bereit waren den Bund der Ehe zu schließen. In der Gewissheit, keinen von ihnen zu verletzen. Es tat gut, das eigene Glück mit seinen Geschwistern zu teilen. Besonders mit Kiran, dessen Wunsch es immer gewesen war, Jessica und ihn glücklich zu sehen. Nun hatten sie alle drei ihre Gefährten gefunden. Die Personen, die das Schicksal für sie bestimmt hatte. Kiran und Dana passten gut zusammen, genauso wie Jessica und Tristan. Er selbst wollte Conners Nähe nicht mehr missen.


Kapitel 19



Eine Woche vor der Hochzeit seines Halbbruders brachen Chris-Angel, Aidan und Ryan nach London auf. Denn sie mussten vor Gericht gegen Admiral Sinclair aussagen. Der Commodore stand in seiner Uniform vor dem Spiegel. Ihm war es zuwider dieses Ding zu tragen, denn mittlerweile waren Lederhosen und dunkle Shirts eher sein Kleidungsstiel. Außerdem passten die etwa kinnlangen Haare nicht mehr zu seinem Militärstand. Doch das interessierte ihn wenig, denn diese Aussage würde seine letzte Handlung als SBS-Commodore sein. Jedenfalls offiziell, weil man ihn darum bat, weiterhin für die British Army mit Captain Somerholder zusammen zu arbeiten. Er sollte ebenso weiter seinen Sold erhalten, genauso wie die Rechte, die er jetzt besaß. Hinter ihm konnte William sein Lachen nicht mehr unterdrücken, er schmiss einfach das Kissen von seinem Bett nach diesem. Stopfte seine Lederhose, Schnürboots und ein schwarzes Shirt in einen Rucksack. Kilian und Dean betraten die Hütte, wünschten dem Commodore viel Glück, bevor auch Aidan und Ryan kamen. Die beiden ehemaligen Air-Force-Offiziere trugen schwarze Jeans und ordentliche Hemden. Der blonde Vampir bändigte seine Haare lediglich mit der silbernen Spange der Krieger. Sonst trug keiner von ihnen seinen Dolch. Die beiden Soldaten salutierten, etwas das besonders William schätzte, der so lange Zeit in der Armee gedient hatte. Während die vier Männer noch sprachen, öffnete sich ein letztes mal die Tür, Clyde trat nun ein. Er war, als ihnen die Anderen ehemaligen Armeeangehörigen Glück wünschten, mit Vincente auf der Jagd gewesen.
„Euch alles Gute mit auf den Weg zu geben, fände ich unpassend, Commodore. Deswegen sollt ihr drei wissen, dass meine Gebete bei euch sind. Ihr schafft das schon!“ Meinte der Vampir.
„Soll ich ehrlich sein Highlander, ich hab schon ein wenig Bammel!“ Gestand zur Überraschung Chris-Angel. „Schließlich ist es mein erster Auftritt als Halbling in der Menschenwelt.“
„Du kannst vor der Verhandlung trinken, Angel. Brendan hat uns extra ein paar Konserven eingepackt. Wegen deiner Magie, mach dir auch keine Sorgen. Vergiss nicht, dass Corey Todes- und Schattenkrieger ist, genauso ein Dragon wie ich. Er hat mir beigebracht, wie ich einen Schattenkrieger zügeln kann!“ Erklärte Aidan und streifte mit Blue einen Moment die Gedanken des Mannes vor sich.
„Gut, Aidan! Ich werde mich nicht vor dir und Ryan verschließen, wenn ich aussage.“ Chris-Angel klang etwas beruhigter, nahm die Kanne Indianertee, die auf dem Tisch stand und steckte sie in seinen Rucksack. Das eine Spritze mit Beruhigungsmittel ebenfalls darin steckte, wussten nur die beiden Piloten. Denn über seine Flugangst sprach der Commodore nicht gerne. Er zog seinen Hüttengenossen in eine feste Umarmung, was William sichtlich rührte. Auch Clyde fand sich Sekunden später in einer solchen wieder. Ein schweigsamer Tristan fuhr sie zum Flugplatz, nahm sie dort ebenso in die Arme. Versicherte ihnen, dass auch er immer an sie denken würde, besonders an seinen Halbbruder. Der Deutsche und der Engländer mit dem deutschen Vater sahen sich genauso als Brüder, wie Brendan und Cameron. Fanden immer mehr Gemeinsamkeiten, die sie verbanden. Jetzt wartete der ehemalige Offizier am Rand des Rollfeldes, bis der Flieger in der Luft war. Sah den beiden Piloten und seinem Bruder nach, bis er sie nur noch als schwarzen Punkt am Horizont wahrnahm.
Chris-Angel vertiefte sich während des Starts in die Notizen, die er sich zu seiner Aussage gemacht hatte. Er bekam erst mit, dass sie in der Luft waren, als Aidan aus dem Cockpit trat. Der blonde Vampir wirkte sichtlich nervös, goss etwas von seinem eigenen Tee in eine Tasse und nahm neben dem Commodore Platz. Dieser legte seine Notizen zur Seite.
„Du hast uns nie gesagt, was du jetzt machen möchtest, Angel.“ Bemerkte der Ire, weil er einfach reden wollte.
„Eins kann ich dir sofort sagen, sobald wir aus dem Gericht kommen, zieh ich diese Uniform aus!“ Brummte der dunkelhaarige Soldat. „Man hat mir angeboten, dass ich das Bindeglied zwischen Captain Somerholder und dem SBS bleibe. Praktisch einer der britischen SBS´s in den U.S.A.. Ich bekomme weiterhin meinen Sold und behalte die Rechte, die ich als Commodore in dieser Sache habe.“ Erklärte er etwas freundlicher, während er sich eine Zigarette drehte.
„Klingt doch vielversprechend, finde ich. Dann haben wir immer noch einen Mann in der Army, fehlt nur noch der Mann in der Yard und wir wären weiterhin gegen Angriffe geschützt.“ Jetzt lächelte sein Gegenüber verschlagen. Den Mann in der Yard gab es seit ein paar Wochen wieder. Zwar war es nicht Kilian, wie er es gewollt hatte. Doch dafür hatte ein anderer den Zugriff auf die Server zurückbekommen. Kim McLoud durfte auch weiterhin unter dem Namen Kim John Miller auf die Server zugreifen. Er war der einzige, der ehemaligen Agenten, dessen Aussage man verlangt hatte.
„Wir haben wieder einen Mann bei der Yard, Aidan!“ Erklärte Chris-Angel. „Leider nicht den, den ich gerne gewollt hätte, doch der Mann ist auch fähig.“ Das war der ruhige Schattenkrieger mit dem grünen Dragon in sich. Kims Aufzeichnungen über seine Freunde besaßen Aussagekraft, enthielten alles was der Commodore damals brauchte. Der MacNamara-Sohn nickte nur noch, schloss dann die Augen. Auch Chris-Angel versuchte nun ein paar Stunden zu schlafen. Ryan würde auf dem Rückweg Ruhe finden, so hatte er es mit Aidan besprochen. Nur für den Start und die Landung waren beide Piloten notwendig.
Frank betrachtete Kim, der mit dem Laptop auf den Knien in der Sonne saß. Langsam wurde es immer schwerer ihn und Duncan auseinander zu halten. Kevin verwechselte die beiden schon manchmal. Da fiel es ihm leichter, denn er spürte den Dragon in seinem ältesten Bruder. Dieser schaute nun von seiner Arbeit auf, lächelte den Zweitjüngsten an. Den einzigen der McLoud Brüder, der im Licht stand. Dessen bester Freunde Sean O´ Harra und mittlerweile auch Chris Smitt waren. Der Vampir hatte mit der Hilfe der beiden Krieger langsam begonnen, wieder zu jagen. Eine ganze Woche lag er in der Hütte des Kriegers des Lichts, bekam Blutkonserven. Dann brachte ihm Frank einfach einen kleines Hasen mit. Lenkte Chris eine ganze Stunde ab, bis dieser lächelnd bemerkte, dass ihm nicht einmal schlecht sei. Der grüne Dragon gab dem geschwächten Krieger Mut. Kim mochte seinen Bruder für seine Art, dadurch dass dieser im Licht stand, war seine Hoffnung stärker und wärmer. Als die die der Schattenkrieger gab, in die sich genauso wie in Jessicas Hoffnung immer etwas der dunklen Magie schlich. Der dunkelblonde Halbling setzte sich neben ihn, beobachtete dabei die drei Frauen, die mit den beiden kleinen Vampiren spielten. Manchmal erkannte man noch die Sehnsucht nach seiner Tochter im Blick des Kriegers. Doch Kim wusste, Frank schloss schon vor längerer Zeit mit seiner Vergangenheit ab. Eigentlich in dem Moment, in dem er nach seiner Verwandlung die Augen öffnete. Seit sie gemeinsam über ihre Erlebnisse sprachen, kamen sie alle besser damit klar. Duncan, Kevin und Frank hatten sich über die Farm ausgesprochen. Sie waren wieder die Familie, die sie vor der Sache mit ihrem falschen Bruder darstellten. Kim wuchs immer mehr in die Aufgabe als Ältester hinein. War für seine Geschwister da, wenn diese jemanden zum Reden brachten. Er und Duncan hielten genauso zusammen, wie die anderen Zwilingspärchen in der Gruppe.
Kilian gesellte sich zu ihnen, musterte seine Schwester mit einem Lächeln. Auch er vollzog in den letzten Wochen eine Änderung. Seit er mit Conner zusammen war, wirkte er nicht mehr so kühl. Er konnte wieder lachen, begann sich mehr und mehr vor den Kriegern zu öffnen. Mit Clyde sprach er über seine Folter, oft genug vor allen Anderen in der Gemeinschaftshütte. Er und der Pendragon rauchte auch weniger von Liors Kräutermischung. Wenn Nico und Matthew ihre Liebe zeigten, sahen die beiden lächelnd zu, oder begannen einfach das gleiche Spiel. Nicht selten verschwanden kurz darauf alle vier Pärchen in ihren Hütten. Kim musterte Kilian von der Seite, der Wolf trug wieder einen Ring an der linken Hand. Es war kein Verlobungsring, wie er wusste, sondern ein einfacher Freundschaftsring. Wie von selbst, wanderten jetzt die Augen des Kriegers der Schatten zu seiner Hand. Auch er trug noch immer die beiden Ringe.
„Sag mal Kim, möchtest du den Verlobungsring nicht ablegen?“ Wollte Kilian plötzlich wissen. „Ich mein Jessy heiratet in einer Woche wieder und du bist seit Jahren frei.“ Jetzt sah ihn auch Frank abwartet an, der seinen Ehering schon lange nicht mehr trug.
„Ich will ihn nicht abziehen Lian. Weist du, die Zeit mit Jessy war schön. Der Ring erinnert mich jeden Tag daran, was ich nicht missen möchte. Außerdem sieht er ja kaum aus wie ein Verlobungsring.“ Erklärte Kim, betrachtete den einfachen Silberring dabei. „Sag mal Franky, vermissest du deine Kyla nicht?“ Lenkte er geschickt von sich ab.
„Manchmal schon etwas!“ Gestand Frank leise. „Aber es ist besser so, wenn ich sie nicht mehr sehe.“ Kim betrachtete seinen Bruder, ob er ihm sagen sollte, was er rausgefunden hatte? War dieser stark genug, es zu verkraften. Besser er tat es jetzt, bevor Chris-Angel und die Anderen handelten. Kilian nickte ihm zu, er würde ihnen beistehen, Duncan und Kevin erschienen in der Hüttentür, auch sie wussten Bescheid.
„Frank, du weist, dass ich die Sachen in Großbritannien im Auge behalte. Vor ein paar Wochen hab ich etwas entdeckt, was dir nicht gefallen wird!“ Begann Kim vorsichtig, der Kopf des Bruders fuhr herum.
„Was ist mit meiner Kleinen? Sag schon Bruder!“ Wollte er rau wissen.
„Sie ist in einem Kinderheim in London untergebracht. Deine Ex hat die Kleine einfach abgegeben. Hey bleib ruhig Franky, fang deinen Dragon ein, okay!“ Sanft legte Kim die Hand auf dessen Arm. „Wenn alles gut geht, dann siehst du deine Tochter in ein paar Tagen wieder. Ich war so frei und hab die Vormundschaft für meine Nichte Kyla beantragt.“ Frank sah seinen Bruder überrascht an.
„Du hast was? Die Vormundschaft für meine Tochter beantragt?“
„Ja Franky! Eigentlich wollte ich, dass du das Sorgerecht bekommst, aber mit deiner Gefängnisstrafe ging es nicht. Also habe ich die Vormundschaft übernommen. Es war übrigens Kilians Idee, nachdem er erfahren hat, was mit Kyla ist!“ Erklärte Kim nun, schaute dankbar zu dem Krieger der Schatten.
„Ich wollte deiner Tochter eine bessere Zukunft bieten, wie die die meine Geschwister und ich hatten. Jetzt komm mir nicht damit, dass deine Kleine unter Monstern aufwächst, du weist dass es nicht so ist!“ Frank schwieg zu der Feststellung von Kilian. Kim griff in die Jackentasche, er hatte sich ein Foto von Kyla schicken lassen. Ein süßes kleines Mädchen mit blonden Engelslöckchen. Sie sah ihrem Vater ähnlich mit seinen graugrünen Augen und der Lockenmähne. Er hielt das Bild seinem Bruder hin, der es lange Zeit betrachtete. Dann stand er auf, ging weinend in ihre Hütte, bat später Kevin Colin zu holen. Frank erschien nicht zum Mittagessen und auch am Abend blieb sein Platz leer. Duncan bat durch Kim darum, dem Ritual der Schattenkrieger fernbleiben zu dürfen. Kilian ließ es zu, wusste er doch, dass der Highlander dann in seiner Hütte betete.
Chris-Angel betrat mit gemischten Gefühlen den Gerichtssaal. Aidan und Ryan hatten ihre Aussage bereits gemacht, somit war er der Letzte in der Reihe. Er salutierte vor den anwesenden Soldaten, den Blick dabei auf den Richter gerichtet. Man verlas ihm seine Rechte, prüfte die Personalien und begann ihm Fragen zu stellen. Der Commodore beantwortete diese so gut er konnte. Spürte dabei immer wieder den blauen Dragon, der ihn nicht nur einmal sanft zügelte. Natürlich versuchte der Anwalt des Angeklagten ihm etwas anzuhängen. Doch der Staatsanwalt widerlegte jeden Versuch, auch der Richter schenkte diesem keinen Glauben. Jetzt griff ihn Admiral Sinclaire direkt an, warf ihm die Sache mit dem Untergang des Schiffes vor. Wusste der Mann doch, dass er so einen wunden Punkt in seinem Leben traf. Chris-Angel senkte den Kopf, spürte die warme Berührung in seinen Gedanken. Er schloss einen Moment die Augen, nur um zu sehen, dass ihn Blue umarmte. Mit fester Stimme ging nun der Commodore den Admiral an, warf diesem vor was er mit dem Angriff auf das Indianerdorf angestellt hatte. Dass dieser Schuld an seinem Unfall sein und er es nicht ihm sondern Admiral Winter zu verdanken habe, dass er Commodore sei. Schließlich beendete der Richter den Disput der beiden Soldaten in dem er den Zeugen entließ. Dieser behielt seine disziplinierte Haltung bei, bis sich die Tür hinter ihm schloss. Auf gälisch fluchend stellte er sich zu den beiden Offizieren in die Raucherecke. Keiner von ihnen sagte etwas. Sie mussten warten, falls man sie noch einmal im Gerichtssaal sehen wollte. Morgen früh würden sie die kleine Kyla aus dem Heim holen und dann schleunigst zurück nach Alaska fliegen. Alle drei fühlten sich hier nicht wohl, vermissten ihre Freunde. Aidan war von seinen Kontaktlinsen genervt, die er trug, weil sonst das leichte Leuchten seiner Augen auffiel. Ryan machten die vielen Menschen im Gebäude nervös. Chris-Angel griff in seine Uniformsjacke und zog ein kleines Fläschchen hervor. Er gab es dem Iren, bat ihn jedoch den Inhalt nicht hier zu leeren. Aidan ahnte, was in der unscheinbaren Flasche war. Er lächelte und zündete sich eine Zigarette an, der feine Duft von Rauchkräutern hing in der Luft. Für einen Menschen kaum wahrnehmbar, doch der Halbling roch ihn. Der Vampir gab ihm die Selbstgedrehte und baute sich eine neue. In einer Verhandlungspause kam SBS-Admiral Winter zu ihnen. Der Mann hatte seine Aussage bereits vor Tagen gemacht, saß heute als Zuschauer im Saal.
„Meine Hochachtung Commodore Bailey, ich wäre nicht so ruhig geblieben wie Sie!“ Gestand der Admiral und erwiderte den Salut der drei Soldaten.
„Es war nicht einfach, Sir, aber ich konnte nur die Wahrheit sagen! Danke nochmals für Ihr Angebot und die Beförderung, Admiral Sir!“ Entgegnete Chris-Angel und strich sich die Uniform glatt.
„Nichts zu Danken, Commodore! Es ist alleine Ihrer hervorragenden Arbeit zu verdanken, dass wir Admiral Sinclaire endlich das Handwerk legen konnten. Richten Sie auch Captain Stuart Somerholder meinen Dank aus, wenn Sie mit ihm reden. Ihnen alles Gute für die Zukunft Offiziere! Ich muss zurück in den Saal, meine Herren, leben Sie wohl!“ Wieder standen die drei Soldaten militärisch stramm. Sie warteten noch zwei weitere Stunden, bis ein Gerichtsdiener sie entließ. Chris-Angel zog sich noch im Gerichtsgebäude um, was die beiden Anderen nun doch zum Lachen brachte. Im Auto gönnten sie sich jeder eine Flasche Blut, denn in London auf die Jagd zu gehen, war ihnen zu gefährlich. Den Rest des Tages verbrachten die drei Männer mit shoppen, kauften Hochzeitsgeschenke für die drei Pärchen. Chris-Angel außerdem noch eine Puppe für sein Patenkind. Genauso wie Kilian freute er sich schon auf seine kleine Nichte. Längst war es kein Geheimnis mehr, dass Jessica ein Mädchen erwartete. Auch Little Dove sollte ein Mädchen bekommen. Am Abend saßen sie zusammen auf Aidans und Ryans Hotelzimmer. Der Lordkrieger hielt das Foto der kleinen Kyla in der Hand, machte sich Gedanken darüber, wie die Tochter von Frank auf sie und ihren Vater reagieren würde. Keiner von ihnen schlief in dieser Nacht.
Während Aidan und Ryan zu Flughafen fuhren, um den Flieger schon einmal startklar zu machen. Nahm sich Chris-Angel ein Taxi zum Kinderheim. Ihm wurde ein verschüchtertes kleines Geschöpf samt Reisetasche und Papiere in die Arme gedrückt. Scheinbar wollte die Heimleitung das Kind schnell loswerden. Sie erklärte dem Lordkrieger auch, dass Kyla nicht sprechen würde. Mit dem Mädchen an der Hand verließ er das Kinderheim zügig, stieg wieder in sein Taxi. In Gedanken fragte er Colin nach Rat, was er mit der Kleinen machen sollte. Der Psychologe riet ihm, einfach nett zu sein, ihr das Gefühl zu geben, dass er sie mochte. Irgendwann während der Fahrt quer durch London, kuschelte sich plötzlich ein kleiner Kopf auf seinen Schoß, Chris-Angel legte den Arm um das Kind. Trug es schließlich in den Flieger und schnallte die Kleine neben sich an. Sie schlief während des Starts einfach weiter in seinen Armen. Er spürte plötzlich Duncan in seinem Geist, öffnete sich dem Todeskrieger, zeigte ihm das Bild seiner schlafenden Nichte. Beruhigt verschwand der Schotte wieder. Ryan blieb bei Aidan im Cockpit, wohl um Kyla nicht zu verschrecken. Während des ganzen Flugs saß das Mädchen schweigend neben dem fremden Mann. Gab nur mit Kopfschütteln oder Nicken zu verstehen, dass sie ihn verstand.
Frank war froh, dass Ville mit ihm zum Flugplatz fuhr, um seine Tochter abzuholen. Er rauchte nervös eine Selbstgedrehte nach der anderen, spielte mit dem Foto seiner kleinen Kyla, oder strich über das Tattoo an seinem Arm. Ein paarmal legte ihm der Finne tröstend die Hand auf die Schulter. Als der Flieger endlich landete drückte der Schotte das Bild an sein Herz. Langsam ging er auf diesen zu, wartete bis sich die Tür des Fliegers öffnete. Chris-Angel erschien darin, ein kleines Mädchen an der Hand, seine Tochter. Frank traten Tränen in die Augen, als er das verschüchterte Kind sah. Vorsichtig hob sich jetzt der kleine Lockenkopf blickte in das Gesicht des dunkelblonden Mannes.
„Kyla, meine kleine Kyla!“ Schluchzte dieser auf, rannte die Stufe hoch, ging in die Hocke und nahm seine Tochter in den Arm. Ein Mann der so viel Liebe für sein Kind empfand, konnte diesem nichts antun, dachte Ville, der schweigend die Szene beobachtete.
„Die Heimleitung sagt, dass die Kleine nicht mehr spricht, Frank!“ Erklärte Chris-Angel leise, strich dabei dem Mädchen über den Kopf.
„Ach das bekommen wir schon hin! Lass uns die kleine Kyla erst mal nach Hause bringen!“ Bemerkte Ville und zauberte einen Plüschteddy aus seiner Lederjacke. „Schau mal Kleine, das ist karhu, was Bär in meiner Muttersprache bedeutet. Möchtest du karhu haben?“ Kyla nickte, schüchtern ging sie auf den großen Finnen zu, der vor ihr in die Hocke ging. Frank trat hinter seine Tochter, legte eine Hand auf die schmale Schulter des Kindes.
„Du kannst ihm alle deine Sorgen und Ängste erzählen, wenn du willst. Natürlich kannst du auch deinem Papa oder einem Anderen erzählen, was dich bedrückt. So und jetzt zeigen wir dir unser Dorf, Gordon und Cody sind schon ganz wild auf ihre neue Spielkameradin!“ Zur Überraschung der Anderen, ergriff das Kind sofort die Hand des blonden Wolfes, die himmelblauen Augen leuchteten einen Moment glücklich auf. Auch als er das Mädchen in den Jeep setzte ließ sie ihn nicht los. Ville stieg ein, Frank setzte sich hinters Steuer, während die drei Soldaten den zweiten Jeep nahmen. Auf der Fahrt ins Dorf kuschelte sich Kyla an den Finnen, schlief erschöpft vom Flug noch einmal ein. Der Halbling betrachtete seine schlafende Tochter von der Seite.
„Sie hat früher gesprochen, als sie noch ein Kleinkind war! Ich hab keine Ahnung, warum sie es jetzt nicht mehr tut.“ Erklärte er dem Psychologen.
„Es ist ihre Art etwas zu verarbeiten, so wie ich bis Viggo kam Drogen nahm, oder deine Tablettensucht am Anfang. Sag Kevin, er soll ihr seine Buntstifte geben, meistens malen Kinder ihre Sorgen. Passt auf, was sie spielt, wenn sie es tut. Colin und ich werden versuchen mit Kyla zu reden. Frank mach dir nicht zu viele Sorgen, wir bekommen die Kleine schon wieder hin.“ Ville sah nun ebenfalls auf das schlafende Kind hinab. Sie schwiegen, bis sie das Dorf erreichten. Aus der Begrüßung der neuen Dorfbewohnerin wurde nichts, denn diese schlief so fest, dass sie keiner wecken wollte. Duncan sah seinem zweitjüngsten Bruder nach, der seine Tochter in ihre Hütte trug. Sie mit einer liebevollen Geste zudeckte, noch einmal über die Wange des Kindes strich, bevor er nach draußen ging. Mit der Reisetasche in der Hand kam er zurück, begann diese auszuräumen. Die Kleidung darin war abgetragen und teilweise sicher zu klein. Wütend schmiss der Halbling die Sachen zurück in die Tasche.
Dorian sah von seiner Bestellliste auf, als jemand in den Dorfladen trat. Der einzige Halbling der kein Schattenkrieger war, stöberte durch die Regale. Kam nach einer Weile zu ihm und fragte nach Kinderkleidung. Er habe leider keine da, musste der Vampir zugeben. Schrieb sie jedoch direkt auf seine Bestellliste. Ein kleiner Hoffnungsschimmer war nun spürbar, ein größerer folgte, als Kim den Laden betrat, wortlos einen zweitjüngsten Bruder in die Arme nahm. Er war mit den drei Spanier und ihren Gefährten im Wald jagen gewesen. Hatte gerade von Duncan erfahren, wie es um die kleine Kyla stand. Vor Dorian und seinem großen Bruder verlor der Halbling die Nerven. Erst machte er seiner Wut Luft, dann rannen ihm dicke Tropfen über die Wangen. Nur langsam beruhigte sich der Jüngere, ging schließlich mit dem Schattenkrieger zurück in ihre Hütte.
James Damon konnte in der Nacht nicht schlafen, also schlich er sich aus der Hütte, die er sich mittlerweile nur noch mit Ronald teilte. Jeremy und Dylan waren in eine eigene Hütte neben ihnen gezogen. Das Dorf lag ruhig im Licht der Sterne, er genoss die Stille der Natur. Das Rauschen der hohen Tannen um das Reservat. In drei Tagen würden sie sicher noch draußen sitzen und die Hochzeiten feiern. Auf dem Platz vor der Gemeinschaftshütte standen schon jetzt Bänke und Tische. Übermorgen kamen Major Jackman, Captain Somerholder sowie einige der Soldaten, die ihnen beim Wiederaufbau geholfen hatten. Sie wollten mit ihnen gemeinsam diesen besonderen Tag genießen. Den Halbling zog es nun zum Dorfplatz, er blieb erschrocken stehen, als er das kleine Mädchen im Sandkasten sitzen sah. Mitten in der Nacht spielte Kyla mit den Sachen der kleinen Vampirzwillinge. Langsam ging er auf das Kind zu, das vertieft in seine Spielerei war. Er nahm auf dem Rand des Kastens platz, drehte sich eine Zigarette, während er der Kleinen beim Spielen zusah. Irgendwann bemerkte sie den fremden Mann, zog sich jedoch nicht von ihm zurück. Die Sterne waren verschwunden und das erste Sommergewitter kündigte sich in der Ferne an. Ängstlich sahen graugrüne Augen in den Himmel, dann zu dem Fremden auf dem Sandkastenrand. Kyla griff nach ihrem Teddy, der neben ihr saß, drücke ihn an sich. Der Halbling roch die Angst des Kindes, das scheinbar nicht wusste, was es jetzt machen sollte.
„Komm kleine Lady, wir gehen in die Hütte und schauen, ob Jimmy irgendwo einen Kakao für uns versteckt hat. Magst du Kakao?“ Ein heftiges Kopfnicken war die Antwort, eine kleine Hand legte sich in die seine. Während er mit dem Kind in die Hütte ging, suchte James Damon nach den Gedanken einer der McLoud-Brüder. Er fand die eines aufgewühlten Kevins, der das Fehlen seiner Nichte vor ein paar Minuten bemerkt hatte. Sich jedoch beruhigte, als er erfuhr, dass die Kyla in Sicherheit war. Der Kakao war schnell gefunden, die ganze Zeit über sprach der Schattenkrieger ruhig mit dem Mädchen, dass ihm zwar keine Antwort gab, jedoch zuhörte. Das Gewitter wurde stärker und die Kleine suchte Schutz bei ihm. Er spielte mit ihr um sie abzulenken, bemerkte jedoch, dass mitten im Unwetter jemand die Hütte betrat. Frank blieb tropfnass in der Tür stehen, beobachtete seine Tochter und den Waliser. Die beiden tranken ihren Kakao und der blonde Krieger erzählte aus seiner Kindheit. Schöne Geschichten, wie er mit seinen Brüdern gespielt hatte. Er und Ronald ihren großen Bruder Jeremy ärgerten, er brachte Kyla sogar zum Lachen. Dem Schotten in der Tür stiegen Glückstränen in die Augen, als er es hörte. Ein lautes und herzliches Kinderlachen. Dann berichtete James Damon von den Wölfen und Vampiren, verpackte die Wahrheit über die Krieger so kindgerecht, wie es nicht einmal Frank gekonnt hätte. Der kleine Lockenkopf neben ihm nickte interessiert.
„Möchtest du einmal einen Wolf streicheln, Kyla?“ Wollte der Schattenkrieger von dem Kind wissen, wieder nur ein Kopfnicken. Der Waliser sah Frank an, oder besser den grauen Wolf, der jetzt auf sie zu kam.
„Der Wolf passt jetzt auf dich auf Kleines, du kannst ihm erzählen was dich bedrückt, warum du nicht mehr sprechen willst!“ Erklärte er, während Kyla vom Stuhl rutschte und den Wolf streichelte. „Du hast eine wirklich süße Tochter, Highlander!“ Dachte er während er die Hütte verließ, der Wolf bedankte sich auf der gleichen Weise. Seine Tochter legte den Kopf auf seinen Rücken, kraulte ihm die Ohren und lachte, als er damit wackelte. Wieder dieses wunderbare Kinderlachen. Irgendwann begann die Kleine tatsächlich leise zu erzählen, nichts ahnend dass ihr Vater vor ihr lag.
„Weist du Wolf, meine Mama und mein neuer Papa wollten mich nicht mehr. Sie haben gesagt, dass ich ihnen zu laut bin, wenn ich rede. Also hab ich aufgehört zu sprechen, damit sie mich wieder lieb haben. Dann durfte ich nicht mehr aus meinem Zimmer kommen. Sie sagten, dass sie mich nicht mehr sehen wollten, weil ich meinem richtigen Papa ähnlich sehe. Mama meinte, dass dieser böse sei und deswegen nicht bei uns wohnen würde. Ich glaub das nicht, Wolf!“ Kam es entschieden von Kyla. „Dann gaben sie mich fort, in dieses komische Haus mit den vielen anderen Kindern. Keiner wollte dort mit mir spielen, ich war so traurig. Aber wenn ich geweint habe, dann schimpften die Tanten mit mir. Ich war froh, als der Onkel kam und mich abholte. Hier schimpft keiner mit mir. Onkel Damon hat mir sogar einen Kakao gemacht, das find ich lieb. Und der Mann am Flieger hat mir karhu geschenkt, schau mal!“ Kyla hielt dem Wolf den Teddybär vors die Schnauze. „Ich hoffe, dass ich hier bleiben darf. Onkel Angel sagt, mein richtiger Papa sei auch hier. Hoffentlich hat er mich lieb! Sag mal Wolf, bist du auch ein Mensch, wie Onkel Damon, der kann sich verwandeln, hat er erzählt. Verwandelst du dich auch? Ich schau auch fort!“ Die Kleine drehte sich um, entdeckte dabei die Spielkiste der kleinen Vampirzwillinge und ging darauf zu. Frank tat seiner Tochter den Gefallen nahm seine menschliche Gestalt an. Er entdeckte Colin, der sich wohl leise in die Hütte geschlichen hatte. Der Schattenkrieger legte den Finger auf die Lippen.
„Schau Kyla, jetzt bin ich wie du!“ Meinte der Halbling und lächelte seine Tochter an. Er bückte sich nach ihr, nahm sie in die Arme, drückte den kleinen Körper an sich. Das Mädchen entdeckte sein Engelstattoo, fuhr mit dem Zeigefinger die Schrift nach.
„Wieso steht da mein Name auf deinem Arm, Onkel?“ Wollte die Kleine wissen. Colin kam langsam näher, weil er mit einem Zusammenbruch von Frank rechnete. Dieser hielt die kleine Hand auf seinem Oberarm fest.
„Weil dein Papa dich ganz doll lieb hat mein kleiner Engel!“ Gab der Halbling zur Antwort, musste dabei schlucken. In Gedanken rief der Schattenkrieger nach Kim, der Bezugsperson von Frank.
„Dann bist du mein richtiger Papa und der weiche Wolf, den ich eben gestreichelt habe?“ Fragte Kyla vorsichtig nach, sie bekam ein Nicken zur Antwort, da der Mann vor ihr weinte. „Oh war ich jetzt böse?“ Kam es traurig von dem kleinen Mädchen. Kim erschien in diesem Moment in der Tür, Colin kniete sich zu dem Schotten und seiner Tochter.
„Nein Kyla du warst nicht böse! Keiner hier ist böse, nicht ich oder dein Papa oder Onkel Kim! Dein Papa freut sich nur so sehr, dass du jetzt bei ihm bist und dass du deine Stimme wiedergefunden hast.“ Erklärte der Schattenkrieger. „Du kannst hier reden und spielen so viel du willst Kyla. Und wenn du jetzt lieb mit deinem Papa schlafen gehst, dann lernst du später auch die beiden kleinen Zwillinge kennen, Gordon und Cody.“
„Sind sie lieb?“ Wollte Kyla leise wissen.
„Ja das sind sie, Kleine! Komm ich erzähl dir unterwegs mehr von ihnen!“ Frank hatte sich erstaunlich schnell beruhigt und hielt seiner Tochter die Hand hin. Das Mädchen gähnte herzhaft, so dass er sie doch auf den Arm nahm. Den Teddybären an sich gedrückt, schlief das Kind nur Sekunden später ein. Ein weiterer glücklicher Vater verließ die Hütte. Kim und Colin sprachen noch eine Weile miteinander. Den beiden Dragon war aufgefallen, dass die Hoffnung des grünen Dragon und Krieger in den letzten Stunden gestiegen war. Frank hinterließ ein wahren Glücksregen.
Ville betrachtete seinen Bruder, der schon den ganzen Nachmittag nervös durch die Hütte lief. Da Kilian und Dean die drei neuen Schattenkrieger nicht vor den Soldaten weihen wollten, hatten sie dies zwei Tage nach vorn geschoben. Heute Abend sollten Viggo, Ramon und Dylan ihre Dolche und Spangen erhalten. Zwar waren ihre Haare noch etwas zu kurz für den Silberschmuck, aber sie gehörten einfach dazu. Ob er auch so nervös gewesen sei, wollte sein Bruder von Ville wissen. Er bejahte die Frage mit einem verständnisvollen Lächeln. Gavin habe ihn damals fast auf einem Stuhl festgebunden, damit er ruhig blieb, erklärte der Finne. Sein Gegenüber nahm lachend einen Schluck aus seiner Teetasse. Indianertee hätten sie wohl damals noch nicht gehabt, gab er zurück. Jetzt lachten sie beide über die Feststellung. Viggo fiel plötzlich auf, dass er mit Ville Finnisch sprach, mit den Anderen hauptsächlich Englisch und mittlerweile auch Gälisch. Es sei schön, in ihrer Muttersprache zu sprechen, er wollte allerdings niemals zurück. Gestand der Jüngere nun offen, der Ältere nickte nur bestätigend, da es an der Hüttentür klopfte. Zwei ebenso nervöse Soldaten traten ein, so dass sich Ville zum Abendritual verabschiedete.
Eine Ausrede, denn er traf sich mit Vincente, Jeremy und den beiden hohen Kriegern, so wie Lior. Der Indianer und der Waliser standen schon zusammen und unterhielten sich, als Ville auf dem Dorfplatz erschien. Der Spanier und Kilian kamen gemeinsam, Dean nur Sekunden später. Bevor sie das Aufnahmeritual besprachen, beteten die Schattenkrieger. Damon, Colin und Corey würden die drei neuen Krieger abholen. Nico und Ronald hatten in einer Stunde die ehrenvolle Aufgabe, die Fackeln auf dem Dorfplatz zu entzünden. Ihre Dolche würden ihnen die beiden Hohen Krieger geben. Lior holte die selbst geschmiedeten Spangen aus seiner Hosentasche. Sie glichen denen der Anderen, nur dass der Wolf immer irgendwo etwas besonderes eingearbeitet hatte. Bei Ramon war es ein kleiner Drachen, bei Dylan ein Mann und ein Wolf, bei Viggo ein Wolf mit einem kleinen hellblauen Stein als Auge. Auch die andern beiden Spangen besaßen jeweils einen Schmuckstein, Ramons einen Onyx und Dylans einen Bernstein. Der Indianer gab die Spangen an die Cousins und den Bruder der jeweiligen neuen Schattenkrieger weiter. Die drei Männer steckte die Schmuckstücke ein. Nico und Ronald entzündeten Fackeln, diesmal war es das Feuer aus der Gemeinschaftshütte, mit dem sie es taten. Langsam kamen die anderen Krieger, Conner gemeinsam mit Clyde, Gavin und Matthew. Keiner sagte etwas als drei der vier Gebundenen Männer ihren Gefährten küssten. Chris lächelte sogar schwach, begann langsam zu akzeptieren, dass die Liebe der Männer ernst war. Tristan und Jessica übergaben ihre Zwillinge an Dana und Dove, die sie in der Zeit der Zeremonie beaufsichtigen würden. Ein breit lächelnder Frank übergab auch seine Tochter in die Obhut der beiden Frauen. Kyla hatte sich schnell mit Gordon und Cody angefreundet, die Kleine sprach auch wider richtig. Dass die beiden kleinen Jungen Vampire waren, fand sie nicht schlimm. Auch wenn ihr mal einer der Wölfe begegnete, was öfters vorkam, streichelte sie die Tiere einfach. Franks Augen strahlten seit seine Tochter bei ihm war.
Colin lächelte, als er die drei betenden Schattenkrieger vor dem Kamin sah. Ramon, Viggo und Dylan knieten vor dem erloschenen Feuer und verrichteten ihr Ritual. Damon war es, der seinem Cousin vorsichtig die Hand auf die Schulter legte. Schweigend erhoben sich die Drei, folgten den ganz in schwarz gekleideten Männern mit ihren Kapuzen und den Handschuhen. Der Platz vor der Gemeinschaftshütte war in sanftes Fackellicht getaucht. In einem Halbkreis knieten die Krieger um den erleuchteten Kreis, dahinter etwas abseits standen die Schattenkrieger. Im Kreis befanden sich Kilian und Dean, die beiden hohen Krieger. Ramon spürte zudem die Dragon unter ihnen, die sanft seine Nervosität legten. Einer der Krieger im Schatten hob kurz den Kopf, Gavins Gedanken streiften ihn. Er sei stolz darauf, dass sein Geliebter heute geweiht werde, ließ er ihn wissen. Dann begann die Zeremonie, Viggo war der Erste, den man in den Kreis bat. Mit leicht zitternder Stimme leistete er seinen Schwur, erhielt von Dean seinen Dolch. Ville trat aus der Dunkelheit, gab seinem Bruder seine Spange. Der Nächte, der in den Kreis trat war Dylan, auch er leistete seinen Treueschwur gegenüber Kilian und den Krieger. Der Waliser war deutlich gefasster, als der Finne, bemerkte Ramon. Er erhielt ebenso von Dean seinen Dolch und von Jeremy die Silberspange. Jetzt war der Spanier an der Reihe, ihm zitterten vor Aufregung die Knie, doch die Dragon gaben ihm Kraft. Er verpflichtete sich genauso, wie die beiden Männer vor ihm, dem Krieger der Schatten mit seinem Blut. Die gälischen Worte hatte er tausendmal mit Gavin geübt, aus Angst sie zu vergessen. Ramon war überrascht als der Krieger des Lichts den Fackelkreis verließ. Statt ihm trat nun der Dragon Lord an die Seite des Kriegers der Schatten. Der Spanier leistete seinen Schwur vor den Kriegern sowie den Dragon und Merlin. Er weinte vor Glück, als ihm Vincente die Silberspange in die mittlerweile fast schulterlangen Locken steckte. Kilian und Conner umarmten ihn, dann kam Gavin. Auch der Schotte hatte Tränen der Rührung in den Augen. Er gab seinem Partner vor allen einen leidenschaftlichen Kuss. Der Dragon Lord legte den Arm um den Krieger der Schatten, warf ihm einen liebevollen Blick zu. Langsam verließen die Krieger den Platz, gingen zum Essen in die Gemeinschaftshütte. Heute waren die drei neuen Schattenkrieger die Stars des Abends, nahmen die Glückwünsche der Anderen gerne an. Man spürte deutlich Villes Stolz auf seinen Bruder. Ebenso Jeremys, James Damons und Ronalds auf Dylan. Nico und Vincente waren ebenso voller Stolz. Von dem Schotten ganz zu schweigen, der die Hand des Spaniers hielt. Wieder gab es Musik und Tanz, die Spanier ließen sich erneut zum Flamenco überreden. Clyde und Corey sogar zu einem Schwertkampf in der Gemeinschaftshütte. Kyla, Gordon und Cody sahen dem Treiben fasziniert zu. Die beiden schottischen Väter unterhielten sich über ihre Kinder. Tristan und Raven hörten ihnen interessiert zu, schließlich wurden sie in ein paar Wochen Vater. Jessica unterhielt sich mit Dove über das Mutter sein. John und Pádraig waren überrascht wie offen ihre ehemalige Kollegin mit diesem Thema umging. Vor zwei Jahren hätten sie ihr ein Kind noch nicht zugetraut. Jetzt war die Yard-Agentin eine liebevolle Mutter und in zwei Tagen das zweite Mal verheiratet.
Am nächsten Morgen fuhren Frank und Kim gemeinsam mit der kleinen Kyla ins Indianerreservat. Der Halbling wollte seiner Tochter wenigstens ordentliche Kleidung für die Hochzeit kaufen. Er fand sich schnell mit der Rolle zurecht, wieder Vater zu sein. Schon in den wenigen Tagen, die sein Kind bei ihm war, veränderte sich der Krieger. Die lebensfrohe Art, die er früher einmal hatte, kehrte nun zurück. Seinem Bruder gefiel das Lächeln auf den Lippen des Zweitjüngsten und der starke grüne Drachen, der sich immer mehr bemerkbar machte. Frank verbreitete überall seine Hoffnung, ließ jeden an seinem Glück teilhaben. Selbst Chris und Shane vergaßen in seiner Gegenwart ihren Kummer. Kyla war ein wissbegieriges Mädchen, nahm alles in sich auf, was ihr die Nachtwesen erzählten. Sie störte sich nicht daran, wenn die kleinen Vampirzwillinge vor ihr Blut tranken. Oder wenn einer der Wölfe in seiner Wolfsgestalt durchs Dorf lief. Im Gegenteil, die Kleine fragte einfach, wer das Tier sei. Ihren Vater, Kevin und Kim erkannte sie schon nach einem Tag. Colin und Sean gefielen dem Mädchen am Meisten, genauso wie sie es bei Gordon und Cody taten. Frank strich seiner Tochter liebevoll über den Kopf, als sie den Reservatsladen betraten. Auch heute wichen die Indianer den beiden blonden Kriegern aus, so wie sie es immer taten. Manchmal hörten die Brüder, wie jemand flüsterte, dass die Männer das Kind verhext hätten. Es irgendwo in Anchorage entführten. Dem Vater tat es in der Seele weh, so etwas zu hören, er liebte seine Tochter. Neben ihm legte Kim die Hand auf den Dolchgriff, gab einen gemurmelten gälischen Fluch von sich. Frank legte ihm den Arm um die Schultern, während Kyla sich die Kleider auf einem Ständer ansah.
„Daddy darf ich das hier haben?“ Die Kleine hielt ein schlichtes rotes Kleid in den Händen. Einige der Indianer im Laden schauten überrascht.
„Sicher Prinzessin, aber erst mal wollen wir sehen, ob es auch passt.“ Frank hielt seiner Tochter das Kleid an den Körper. „Sieht so aus, mein Engel! Kim hast du gefunden, was du brauchst? Ich will hier fort!“ Der Schattenkrieger hielt ein dunkles Hemd in der Hand.
„Ai, komm ich bezahl dein Kleid mit Kyla!“ Antwortete Kim laut. „Du hast so wenig Geld, Bruder, lass mich einfach machen, okay!“ Beschwichtigte er Frank in Gedanken. Dieser lächelte dankbar, im Dorfladen konnte er sich nützlich machen, wenn sein Geld nicht reichte, doch hier ging es nicht. Schnell kaufte der Ältere noch ein Eis für seine Nichte und Tabak für sich und seinen Bruder. Er erhielt erneut einen dankbaren Blick von diesem. Beim gemeinsamen Abendessen, machte Kim seiner Wut Luft. Erzählte was sie im Reservat erlebt hatten und was man dort über die Krieger behauptete. Frank tat die ganze Situation eher ins Lächerliche ziehen, ihn schien es einfach nur zu belustigen. Schließlich schritt Duncan ein, beruhigte seinen Zwilling, in dem er ihn zum Training nach dem Ritual einlud. Er wusste was dieser brauchte und wie er den Dragon und Schattenkrieger zur Ruhe brachte.
Am nächsten Tag trafen die Soldaten aus Fort Richardson samt Major Jackman und Captain Somerholder mit seiner Familien ein. Die vier Piloten aus Emlendorf brachten sie zwar ins Dorf, durften allerdings nicht an der Hochzeit teilnehmen. Jack Wellington erklärte, dass sie auf Grund einer Untersuchung der Armee, die Kaserne nur für diesen einen Flug verlassen durften. Er wünsche den Brautpaaren jedoch alles erdenklich Gute. Chris-Angel versprach, dies an diese weiterzuleiten, begleitete dann gemeinsam mit den drei hohen Kriegern die Gäste in das Dorf. Besonders Stuart Somerholder sah sich jetzt um, wollte sehen, was aus dem ursprünglichen Dorf geworden war. Die Soldaten begrüßten ihre Freunde, die sie während des Wiederaufbaus kennenlernten. Dana und William wurden ebenfalls begrüßt. Major Jackman betrachtete die junge Soldatin, die am nächsten Tag heiraten würde. Diese hatte sich verändert, war hübscher geworden, wie es ihm jetzt auffiel. Sicher tat ihr der starke Krieger an ihrer Seite gut, dieser betrachtete den Major mit einem Lächeln.
„Ich hoffe Sie hatten einen angenehmen Flug Major Jackman!“ Erkundigte sich Kiran freundlich. „Mein Name ist übrigens Kiran O´ Harra, Sir!“ Der Soldat in Jeans und T-Shirt schüttelte den Kopf.
„Schön Sie kennenzulernen! Ja mein Flug war angenehm, Stuart hat mir einiges über die Krieger erzählt. Aber ich bitte Sie Kiran, lassen wir die militärische Etikette. Ich will eine Hochzeit feiern und bin nicht auf Staatsbesuch. Mein Name ist Donald.“
„Okay, dann willkommen in unserem Dorf Donald!“ Bemerkte der Vampir, sah dabei in den Schatten zwischen den beiden Hütten. Dana tat es ihm gleich, zog grinsend die Augenbrauen hoch. Zum Glück sah der Mensch nicht, was sie sahen. Zwei dunkelhaarige Wölfe, die eng aneinander standen und sich küssten. Der Krieger der Schatten und der Dragon Lord ließen ihren Gefühlen freien Lauf. Meistens taten sie es im Verborgenen, ließen die Anderen nur durch kleine Gesten ihre Liebe zu einander spüren. Kilian löste sich von Conner, zwinkerte seinem Zwilling zu und verschwand mit seinem Liebsten an der Hand. Kiran und Dana verabschiedeten sich von dem Soldaten, gingen in ihre Hütte.
Chris betrachtete Patrick, der seit einiger Zeit wieder alleine in seiner Hütte wohnte. Langsam wurde es den Vampir bei Dean und Pádraig zu eng. Denn oft genug waren auch einige andere Krieger bei diesen in der Hütte. Der Schattenkrieger und Dragon wirkte traurig und einsam. Man merkte, dass er nicht gerne alleine wohnte. Er saß auf einer der Bänke vor der Gemeinschaftshütte, schaute den Kindern beim Spielen zu. Kyla verstand sich sofort mit der gleichaltrigen Tochter von Captain Somerholder. Der dunkelhaarige Ire rauchte wieder einmal Rauchkräuter. Chris setzte sich neben ihn, griff unbewusst nach dem Tabak und den Blättchen und räumte sie zusammen. Sein Gegenüber grinste etwas breit.
„Du liebst die Ordnung, was?“ Bemerkte Patrick.
„Eine meiner schlechteren Eigenschaften, Dean und Paddy beschweren sich schon!“ Gab Chris zurück. „Du wirkst nicht gerade glücklich, Rick.“
„Ich fühl mich einfach einsam in meiner Hütte, seit Lian ausgezogen ist. Alle Anderen haben jemand zu, Gavin, Vin und Nico ihre Gefährten. Colin und Sean haben keinen Platz mehr für mich. Zu Kevin kann ich auch nicht, da ja jetzt die Kleine bei ihnen wohnt. Ehrlich, ich hasse es einfach alleine zu sein!“ Gestand der Schattenkrieger leise.
„Kann ich mir gar nicht bei dir vorstellen, du bist doch auch so ein Einzelgänger. Mich nervt eher, dass man bei Dean und Pádraig nie seine Ruhe hat. Entweder einer der Krieger ist da, oder jemand braucht den Rat des Sanis.“ Erklärte Chris offen, während sich der Krieger des Lichts zu ihnen setzte. „Sorry, mo Thiarna!“ Kam gleich darauf die Entschuldigung.
„Nicht nötig, ich versteh dich schon! Manchmal nervt es mich selbst, dass man nicht einfach mal ein Buch lesen kann.“ Bestätigte der Krieger offen. „Du kannst ja zu Patrick ziehen, wenn es dir zu viel wird, Chris. Außerdem wärst du dann auch wieder bei einem Schattenkrieger, wo du hingehörst!“ Der Wolf nickte zustimmend.
„Wenn es dir nichts ausmacht, dass ich andauernd aufräume, mac tíre.“ Stichelte der Vampir. „Würde ich noch heute meine Sachen packen.“
„Ich bin selbst ziemlich ordentlich, Chris. Mach schon, bring deine Klamotten in meine Wolfshöhle!“ Sofort war der Vampir verschwunden. Dean blieb bei Patrick sitzen, wartete bis dieser außer Hörweite war.
„Ich hab mit Angel gesprochen, er ist jetzt stark genug, dass er seine Schattenmagie zurück erhalten kann. Der Lordkrieger wird dir in den nächsten Tagen erklären, wie du das machst Ricky.“ Erklärte Dean.
„Traut ihr mir das wirklich zu?“ Wollte Patrick wissen, Chris-Angel und William setzten sich zu ihm und dem Lichtkrieger.
„Sonst würden wir dir die Aufgabe nicht geben, Todeskrieger! Meine Güte Patrick, du bist stark, dass weist du. Chris vertraut dir von den Schattenkriegern am Meisten. Außerdem besitzt du die zwei geeignetsten Dragon, den schwarzen der Schattenmagie und den blauen des Schutzes. Also lass den Vampir einfach deine dunkle Magie aufnehmen, aber gib ihm am Anfang nur ganz wenig davon, okay!“ Mischte sich Chris-Angel ein.
„Wann darf ich ihm mehr Magie geben?“ Wollte Patrick wissen.
„Dann wenn du merkst, dass seine stärker wird.“ Kam die einfache Antwort. „Ach so, Lian hat entschieden, dass die Schattenkrieger ihr Ritual heute in ihren Hütten begehen. Wegen der vielen Menschen, er traut ihnen nicht ganz.“ Ließ der Lordkrieger den Schattenkrieger nur in Gedanken wissen, da sich nun Clyde, Alistair und Stuart Somerholder mit seiner Frau zu ihnen gesellten. Patrick verließ die Soldaten und Dean, sah nach Chris.
Der Vampir räumte seine Kleidung in den freien Schrank in der Hütte des jüngsten O´ Harras. Tatsächlich hatte er eine aufgeräumten Wohn-Schlafraum vorgefunden, nur ein nicht ausgetrunkenes Wasserglas stand auf der Spüle. Selbst die beiden Betten waren ordentlich gemacht. Auf einem Nachtschränkchen stand ein gemaltes Bild, also stellte Chris sein Bild auf das andere Schränkchen. Vertieft in seine Arbeit bemerkte er nicht, dass der Wolf zurückkehrte. Dieser betrachtete nun den Vampir, ließ ihn etwas seiner Schattenmagie spüren. Er nahm das Bisschen Magie in sich auf, legte lächelnd seine Kleidung weiter in den Schrank. Patrick betrachtete das Bild, das jetzt auf dem Nachttisch stand. Es zeigte eindeutig seinen neuen Mitbewohner, mit einer Frau und einem kleinen Kind auf dem Arm. Außerdem trug Chris einen Ring am Finger, wie der Freundschaftsring, den Kim noch immer trug, war dieser mit keltischem Muster versehen. Steckte jedoch an dessen rechtem Ringfinger. Der Vampir beobachtete den Wolf, der mit dem Bild in der Hand auf dem Bett saß, in seinen Erinnerungen vertieft. Auch der Schattenkrieger trug seinen Ehering noch am Finger, Patricks Geschichte hatte sich unter den Kriegern herumgesprochen, seine eigene kannte bis jetzt nur Colin. Der Älteste Bruder des Wolfes schwieg darüber, das hatte er ihm versprochen. Doch die traurigen meerblauen Augen erinnerten Chris daran, dass er nicht der einzige Krieger mit solch einem Schicksal war. Auch Conner und Patrick teilten es. Frank hatte seine kleine Tochter wieder bei sich, war nun glücklich. Der Dragon Lord, der Dragon und er würden ihre Kinder jedoch niemals wieder sehen. Verstohlen wischte sich der Dunkelhaarige eine klare Träne aus dem Augenwinkel, stand auf und nahm den Beutel mit Rauchkräutern aus der Jackentasche. Er stellte sich ans Fenster und rauchte. Der Vampir setzte sich an den Tisch, musterte den Wolf.
„Als ich merkte, dass Kiran etwas für Dana empfand, hab ich mit ihr geflirtet. Wollte einfach, dass dein Bruder die Nerven verliert, sein Dragon sich auf mich stürzte. Geschwächt, wie ich damals war, hätte ich keine Chance gegen ihn gehabt. Vor einigen Wochen, als ich gegen Kilian und Conner ging, tat ich es aus dem gleichen Grund, wollte einfach, dass einer der Dragon auf mich los geht.“ Brach Chris die Stille, Patrick drehte sich zu ihm um. Er sah die Tränen in den Augen des Vampirs.
„Ich hab mich damals gegen alles gewehrt. Ich war Borderliner wie Lian, hab harte Drogen genommen, meinen Wolf verachtet, mich selbst niedergemacht. Erst Colin und Chris-Angel konnten mir wirklich helfen.“ Er bemerkte, wie der Vampir nach seinen Rauchkräutern auf dem Tisch griff, sich eine Zigarette drehte und die Sachen wieder ordentlich zusammen räumte. „Komm lass uns zum Abendessen gehen, danach können wir reden und gemeinsam beten. Wie hast du das eigentlich die ganze Zeit gemacht, wenn du Schattenkrieger bist. Du hast morgens mit Deans Leuten das Ritual begangen, oder?“
„Morgens das der Krieger und am Abend irgendwo alleine das der Schattenkrieger. Hätte ich in all den Jahren der Qualen nicht meinen Glauben gehabt, dann wäre ich nicht erst hier zerbrochen. Als Denvers und Fitzgeralds Köpfe rollten, hab ich den Göttern gedankt, Rick. Ich glaubte endlich wieder einer von Kilians Männern zu sein. Dass ich meine Schattenmagie nicht mehr nutzen konnte, war schmerzhafter als die Silberwunden!“ Chris drückte seine Zigarette im Aschenbecher aus, folgte dann dem Wolf in die Gemeinschaftshütte. Der Abend wurde nicht lang, da sich die Schattenkrieger und die drei Brautpaare früh verabschiedeten.
Am nächsten Morgen machten sich die drei Frauen im Badehaus zurecht. Dana hatte Major Jackman gewählt, der sie vor den Altar führen sollte. Little Dove entschied sich für ihren Cousin White Snow, der sich heute auch auf einen keltischen Namen taufen lassen wollte. Jessica war die Wahl einfach abgenommen worden, sie wusste noch nicht, wer sie vor den Altar führen würde. Die drei Brautführer waren auch die Einzigen, die sich jetzt im Dorf befanden. Die anderen Bewohner und Gäste brachen bereits zum See auf, ebenso wie drei nervöse zukünftige Ehemänner. Die Kinder sollten Blumen streuen, es war Franks Idee, die gerne angenommen wurde. Jessica betrachtete das Werk ihrer Schwägerin im Spiegel. In den hochgesteckten pechschwarzen Locken steckte Sommerblumen, wie bei Little Dove und Dana auch. Das dunkelblaue schimmernde Kleid passte perfekt, auf Schuhe hatten die drei Frauen verzichtet. Dana musterte sich ebenso, sie trug das dunkelrote Kleid, ebenfalls Blumen in den hochgesteckten Haaren. Auch die Indianer hatte die gleiche Frisur, nur das grüne Kleid unterschied sie. Gemeinsam traten die drei Frauen aus dem Badehaus. Ein Krieger in schwarzen Lederhosen und einem schwarzen Hemd stand davor, genauso Major Jackman in seiner Gardeuniform. Der Indianer lächelte die drei Bräute an.
„Dein Brautführer wartet im Wagen Jessy! Ihr seht wirklich traumhaft schön aus.“ White Snow reichte Dove den Arm, hielt der Schattenkriegerin den anderen hin. Dana hakte sich bei dem Soldaten unter. So gingen sie zum großen Jeep, der einige Meter weiter stand. Die Männer halfen den Frauen in den hinteren Teil des Wagens. Noch immer sah Jessica nicht, wer sie vor den Altar führen würde. Derjenige ließ sich auch nicht durch seine Magie erkennen, schwieg genauso wie die anderen Männer auf der Fahrt zum See. Die Schattenkriegerin glaubte jedoch, dass es einer ihrer Brüder oder Cameron sei.
Clyde stand neben Tristan, gemeinsam mit Chris-Angel, den dieser als seinen Trauzeugen gewählt hatte. Außer Dorian, dem Lordkrieger, den drei hohen Kriegern und Vincente schien Keiner zu bemerkten, dass es nicht Alistair war, der dort stand. Zumal die Zwillinge ihre Kleidung und Dolche getauscht hatten, wie es James und Conner gelegentlich zum Spaß taten. Selbst der Bräutigam schien es in seiner Aufregung nicht mitzubekommen. Er spielte nervös an seinem Dolchgriff, als der Motor des Jeeps zu hören war. Der Schotte legte beruhigend die Hand auf dessen Arm. Machte sich in diesem Moment durch seine Schattenmagie bemerkbar. Doch der Deutsche schwieg mit einem kaum sichtbaren Lächeln. Jessica würde sicher auch bemerkte, was die McDonald-Zwillinge angestellt hatten. Er spürte die Überraschung seiner Gefährtin, als sich die Türen des Jeeps öffneten, wagte es jedoch, genauso wie Raven und Kiran nicht, sich um zu drehten. Drei Dudelsackspieler begannen ein altes keltisches Lied zu spielen. Dorian, Frank und Kevin trugen ihre Kilts, gingen im Gleichschritt vor den Bräuten her. Die drei Männer, die vor den hohen Kriegern standen, wanden sich zu ihren Frauen um. Keiner bemerkte beim Anblick der drei dunkelhaarigen Schönheiten, dass sich Clyde wieder zurückzog. Jessica hatte Tränen in den Augen, als Alistair ihre Hand in Tristans legte. Ihr war sofort aufgefallen, dass ihr Ex-Mann sie zum Altar führte. Kilian lächelte die drei Brautpaare an, außer ihnen und Dean sah niemand, dass sich Conners Hand um die seine schloss.
„Liebe Krieger und Kriegerinnen, liebe Freunde!“ Begann Dean zu sprechen. „Wir haben uns heute, an diesem wunderschönen Mitsommertag versammelt um gleich drei Paare in den Stand der Ehe zu führen. Außerdem feiern heute Gordon und Cody ihren ersten Geburtstag. Withe Snow und Lighting Bear möchten sich nach keltischem Brauch taufen lassen. Es freut mich auch, dass wir nicht nur Krieger hier haben, sondern auch Menschen, die uns im Kampf für den Frieden halfen. Die für die Rechte einiger von uns eingestanden sind. Deswegen möchten Kilian, Conner und ich uns ganz besonders bei Major Jackman und seinen Leuten aus Fort Richardson bedanken. Unser aller Dank gilt natürlich auch Ihnen Captain Somerholder, denn ohne Ihre Hilfe, würden wir diesen Tag nicht mehr feiern können!“ Die Krieger applaudierten zum Dank. Kilian ließ Conners Hand los, trat jetzt einen Schritt vor.
„Mir ist es eine ganz besondere Ehre heute die Trauzeremonie führen zu dürfen. Denn es sind nicht nur die beiden Indianer Raven und Dove, die heute den Bund der Ehe im keltischen Glauben schließen. Sondern auch meine beiden Drillingsgeschwister Kiran und Jessica Kira, die heute ihr Eheversprechen abgeben. Da wir die Zeremonie in gälischer Sprache vollziehen, wird unseren Freunden der Armee Commodore Bailey diese übersetzten.“ Chris-Angel trat neben Kilian, der jetzt vor Raven und Little Dove stand. Ihre Trauzeugen waren Lior und Lighting Bear. Die Indianerin hatte die Worte, die sie sagen musste seit Tagen auswendig gelernt. Trotzdem kamen sie ihr nur leise über die Lippen. Ravens Stimme zitterte etwas vor Aufregung, der Schattenkrieger sprach laut und deutlich. Kyla hatte die Ehre den beiden die Trauringe zu bringen. Das Mädchen mit den blonden Engelslöckchen tat es mit glühenden Wangen vor Nervosität, wurde anschließend von ihrem Vater in die Arme genommen. Kiran und Dana waren die nächsten, die der Krieger der Schatten traute. Vor allen nahm er nach deren Jawort, seinen Bruder in die Arme. Dann waren Tristan und Jessica an der Reihe, Alistair stand mit lächelnden Augen da neben, nur eine kleine rote Träne, verriet, dass er in Erinnerungen vertieft war.
„Ar mhaith leat Tristan O 'Harra-Kaufmann, a bheidh i láthair, Jessica Kira O' Hara, thar ceann na déithe, a ghlacadh do bhean chéile? Mar sin a fhreagairt le Ta, go deo!“ Sprach Kilian die gälischen Worte. Chris-Angel übersetzte für die Soldaten.
„Möchtest du Tristan O´ Harra-Kaufmann, die hier anwesende Jessica Kira O´Hara, im Namen der Götter, zu deiner Frau nehmen? So antworte mit: Ja auf ewig!“
„Ta, go deo!“ Antwortete Tristan mit vor Glück zitternder Stimme. Der Krieger der Schatten richtete die gleichen Worte an seine Schwester. Deren Blick sich auf Alistair richtete, der zwar lächelte, dem jedoch jetzt blutrote Tränen über die Wangen rannen. Wieder einmal mutete sich der Schotte zu viel zu. Stand vor einem erneuten Zusammenbruch. Aus den Reihen der Krieger löste sich Clyde, trat einen Schritt hinter seinen Zwilling.
„Ta, go deo!“ Schloss Jessica den Bund fürs Leben ein zweites Mal. Patrick half den kleinen Zwillingen, die ihrer Mutter und deren Gefährten die Ringe brachten. Kaum steckte sie an deren Fingern, kippte der Schotte neben Tristan um. Er fing ihn gemeinsam mit Clyde auf, gab erst dann seiner Frau einen Kuss. Die beiden anderen Pärchen taten es ihm gleich, während die McDonald-Brüder den Platz verließen. Es dauerte keine zwei Minuten, bis auch Ville zum Jeep ging, in den man Alistair gebracht hatte.
Er fand einen verzweifelt dreinschauenden Schattenkrieger vor, der seinen Zwillingsbruder in den Armen hielt. Dieser schluchzte, wie damals, als ihn der Finne gebrochen hatte. Dorian strich seinem älteren Bruder lediglich über den Rücken, sprach leise auf diesen ein. Räumte jedoch für den Nordmann seinen Platz. Clyde sah ihn mit Tränen gefüllten Augen an.
„Wolltest du, dass er es tut? Céllí Mór, sieh ihn dir an Wikinger!“ Fluchte der Schotte. Alistairs verschmiertes Gesicht hob sich.
„Nein Bruder, ich wollte es selbst! Ich wollte spüren, dass sich dieser Bund ganz schließt. Spüren, wie die Erinnerungen an jenen Tag vor etwas über einem Jahr zurückkommen. Damit ich ganz abschließen kann! Lass mich gleich einfach trinken und bring mich in meine Hütte, wenn ich dicht bin, okay. Keine Angst, ich stürze nicht mehr ganz ab, Clyde!“ Er lehnte sich mit dem Rücken gegen Ville, um seinen Zwilling anzusehen.
„Ich hätte nie gedacht, dass mich der Anblick eines weinenden Mannes einmal so schmerzen würde! Darf ich wenigstens bei dir bleiben, wenn ich sonst nichts für dich tun kann?“ Alistair nickte, Ville ergriff das Wort.
„Es wäre sogar gut, Highlander, dein Zwilling braucht jetzt deine Nähe. Dorian kann, wenn er will bei mir und Viggo schlafen. Fahrt ins Dorf und zieht euch in eure Hütte zurück. Für dich wäre es jetzt nicht gut, wenn du an den Feierlichkeiten teilnimmst, Alistair. Noch etwas, rede mit Clyde über deine Gefühle!“ Der Schotte nickte, während der Finne den Wagen verließ.
Ville kehrte zur Taufe der beiden Indianer zurück. Um ihre Paten hatten die zwei Männer ein Geheimnis gemacht. Es überraschte, dass White Snow die beiden Krieger wählte, die ihn so sehr verletzten. Kilian und Conner standen rechts und links von ihm. Lighting Bear wählte Lior und Brendan zu den seinen. Die Namen für die beiden Indianer suchten diesmal Dean und Chris-Angel aus. Die nächste Überraschung war der Schattenkrieger, der die Zeremonie durchführte. Ville dachte, dass es Colin oder Corey machen würden, doch stattdessen trat Cameron vor die beiden Täuflinge, die ihre Hemden, Schuhe, Dolche und Spangen abgelegt hatten. Es war jetzt Corey, der die gälischen Riten übersetzte.
„Thar ceann na déithe, baptize mé tú ar an Diarmaid ainm. Toisc go bhfuil tú anois fear saor in aisce!” Sprach gerade der rothaarige Schattenkrieger und tauchte White Snow ins Wasser des Sees. Der älteste Vampir übersetzte.
„Im Namen der Götter, taufe ich dich auf den Namen Diarmaid. Denn du bist jetzt ein freier Mann! Der Name ist ein altirischer.“ Fügte er noch erklärend hinzu. Der Indianer nahm die Segenswünsche seiner Paten entgegen. Jetzt war Lighting Bear an der Reihe, dieser lächelte sogar. Wieder sprach Cameron.
„Thar ceann na déithe, baptize mé in ainm Lean. Chun tú throid iarbhír cosúil le leon, do do Diarmaid dheartháir agus do shaoirse!” Corey übersetzte erneut.
„Im Namen der Götter, taufe ich dich auf den Namen Lean. Denn du hast gekämpft wie ein Löwe, für deinen Bruder Diarmaid und deine Freiheit! Lean ist ein spanischer Name, er wurde gewählt, weil du diese Sprache so sehr liebst, Lean.“ Es stimmte, denn der Indianer lernte sie von Dean und Dorian. Auch dieser nahm die Segenswünsche seiner Paten und der anderen Krieger entgegen. Dean und Kilian traten wieder vor die versammelten Personen.
„Die Zeremonien sind beendet, lasst uns zurück ins Dorf fahren und diesen besonderen Tag gebührend feiern, Freunde!“ Entließ Kilian die Krieger und Soldaten. Er fuhr mit Vincente und Conner zusammen ins Dorf. Der Spanier wand sich grinsend ab, als der Krieger der Schatten und der Dragon Lord sich im Wagen küssten. Clyde hatte ihn wissen lassen, dass er den Tag und wahrscheinlich auch die Nacht bei seinem Zwilling verbrachte. Den Wolf störte es nicht, da er wusste, dass er eine Entschuldigung bekommen würde. Außerdem mochte er den ruhigen kleinen Bruder seines Geliebte. Der sich entschlossen hatte, statt bei den Finnen bei ihm zu schlafen, um noch etwas Spanisch zu lernen. Conners Hand wanderte mehr unabsichtlich unter Kilians Hemd.
„Ich kann nicht fahren ohne dass ich euer Spiel mit beobachte!“ Bemerkte Vincente frech. Der Pendragon zog etwas erschrocken seine Hand zurück, was den Spanier zum Lachen brachte. Kilian knurrte gespielt beleidigt, drückte seine Lippen noch einmal auf die seines Gefährten. Die beiden Wölfe lösten sich von einander, behielten sich jedoch an den Händen gefasst. Alle drei konnten ihr Grinsen nicht verbergen, als sie an Nicos Motorrad vorbei fuhren. Von dem Spanier und seinem Geliebten fehlte jede Spur.
„Wer hätte das vor vier Monaten gedacht!“ Stellte Kilian fest. „Der schüchterne Nico und der grobe Matthew sind so sehr verliebt, dass sie nicht voneinander lassen können. Wir haben nicht nur drei verheiratete Pärchen im Dorf, sondern auch noch vier homosexuelle. Ich liebe einen verdammt heißen Wolf und bin damit so was von glücklich!“ Er hob Conners Hand mit dem Ring an die Lippen und küsste sie. Der Dragon Lord lächelte, während Vincente wieder stichelte.
„Hör ich schon wieder Hochzeitsglocken läuten?“ Die beiden Iren antworteten wie aus einem Mund mit Nein. Vincente sah sie überrascht an, es war der Pendragon, der ihm eine Erklärung lieferte.
„Lian und ich sind mit dem glücklich, was wir haben, Vin. Eine wundervolle Beziehung, mit Verständnis für den Anderen. Ich war einmal verheiratet und brauch es nicht ein zweites mal. Außerdem, was ändert die Hochzeit für uns, nichts mehr. Wir sind durch unser Blut ewig aneinander gebunden. Die Krieger und Dragon akzeptieren uns als Paar, was das Wichtigste für uns beide ist!“
„Was würdet ihr machen, wenn man euch nicht so akzeptieren würde? Ich mein du bist der Herr der Schattenkrieger, Kilian und du der der Dragon Conner. Ihr könntet nicht einfach sagen, wir verschwinden von hier und leben unsere Liebe wo anderes.“ Erkundigte sich Vincente interessiert, nahm mit einem breiten Grinsen Kilian die gerade gedrehte Zigarette aus der Hand. Dieser registrierte es mit einem Lächeln und beantwortete die Frage.
„Natürlich haben wir darüber nachgedacht. Conner und ich wären in eine der Hütten am See gezogen. Zu den Ritualen ins Dorf gefahren und hätten ansonsten unser Leben gelebt. Aber zum Glück brauchten wir es nicht! Unsere Geschwister haben es sofort akzeptiert und Dean war sogar froh darüber. Dank dir, Ramon, Gavin, Matthew und Clyde hatte ich das Verständnis der Schattenkrieger von Anfang an.“ Der Krieger der Schatten sah seinem Gefährten in die Augen.
„Das Verständnis der Dragon war eigentlich die schönste Erfahrung für mich. Wie sie unser Glück geteilt haben, als wir uns aneinander banden. Das Gefühl, dass sie hinter uns stehen, einfach wunderbar. Die Gewissheit, dass Kiran und Jessy jetzt mit allen Sinnen ihre Liebe genießen können, ohne uns beide zu verletzten. Aber jetzt Schluss damit, wir sind wieder im Dorf!“ Conner drückte Kilian erneut einen Kuss auf die Lippen, während der Spanier den Jeep verließ. Hinter ihnen fuhren jetzt auch Nico und Matthew auf den Parkplatz am Rand des Reservats. Vincente sagte etwas auf Spanisch zu seinem Bruder, dieser schlug ihm darauf hin auf den Rücken. Die braunen Augen des Vampirs funkelten, bevor er seinen Geliebte vorzog und den beiden hohen Kriegern folgte. Hand in Hand gingen die Männer zu den Tischen, setzten sich auf ihre Plätze, da das Essen bereits aufgetragen wurde. Die Brautpaare kümmerten sich um ihre Gäste. Nach dem Mahl hielt Kiran, Tristan und Raven gemeinsam eine Hochzeitsrede. Die Kinder spielten in der Spielecke, während die Erwachsenen feierten. Es war Jessica die zwei große Teller mit Essen füllte und danach verschwand.
Clyde sah auf das rot gefärbte Kopfkissen, dann Alistair an, der mit einer Flasche Whisky in der einen und einer Rauchkräuter Zigarette in der anderen Hand, am Fester stand. Bis jetzt hatte sein Zwilling kein Wort mit ihm gesprochen, zwei volle Stunden auf dem Bett gelegen und geheult. Auch jetzt lief gelegentlich eine Träne über seine Wangen. Dem Schattenkrieger tat es leid, dass sein Bruder sich nicht so schützen konnte, wie er es bei seiner Folter getan hatte. Langsam stand er vom Tisch auf, stellte sich hinter den Rauchenden und legte die Arme um seine Hüfte. Alistair drückte die Zigarette aus, stellte die Flasche auf die Fensterbank. Dann wand er sich zu Clyde um, legte den Kopf auf dessen Schulter und vergoss erneut einige Tränen. Als er sich der Ader an der Kehle des Bruders bewusst wurde, zog ihn dieser mit zum Bett. Sie legten sich gemeinsam darauf und der Ältere ließ seinen Zwilling trinken, während er ihn in den Armen hielt. Die Bisswunde wurde ordentlich versiegelt, doch der Kopf blieb wo er war. Sein Besitzer schien es zu genießen, dass ihm Clyde sanft über den Rücken strich. Der Todeskrieger nahm etwas der Trauer und Wut in sich auf, denn schließlich hatte er seinen Zwilling manipuliert. Ihm und Jessica ihre Bindung vorgegaukelt, auch wenn er wusste, dass er selbst nicht ganz bei Sinnen gewesen war, tat es ihm heute leid. Ihm rollten ein paar Tränen über die Wangen. Was sein Bruder jedoch nicht bemerkte. Jemand öffnete leise die Tür, mit der freien Hand wischte sich der Schattenkrieger schnell die Spuren seiner Gefühle aus dem Gesicht. Alistair hob den Kopf, machte sich allerdings auch jetzt nicht die Mühe, die Zeichen seines Kummers zu verbergen. Ein Lächeln ging über seine Lippen, als er die Frau in der Tür betrachtete. Noch immer leuchteten die dunkelblauen Augen vor Glück. Ein paar Locken hatten sich aus der Hochsteckfrisur gelöst, gaben Jessica etwas verspieltes. Unter dem dunkelblauen Kleid wölbte sich eine runde Babykugel, die zeigte, dass es nicht mehr lange dauern konnte, bis die kleine Vampirin zur Welt kam. Jessica betrachtete ihrerseits die beiden Vampire auf dem Bett. Ihren Ex-Mann mit verweintem Gesicht und einem kleinen Lächeln und Clyde der so kühl wie immer wirkte. Sie stellte die Teller auf dem Tisch ab, wollte schon wieder gehen, als Alistair plötzlich vor ihr stand. Der Schotte nahm sie einfach in die Arme, sagte kein Wort dabei. Dann drückte er der jungen Braut ein längliches Paket in die Hand, welches er vom Tisch nahm. Eine rote Schleife war darum, es sah aus als habe es Dorian eingepackt. Der Inhalt war nicht leicht, was Jessica schon etwas wunderte. Sie setzte sich an den Tisch und öffnete das Geschenkpapier, entdeckte sofort den Brief, der auf der Schachtel lag. Lese diesen Brief am Besten mit Colin oder Ville zusammen, mo beag! Hatte Alistair auf den Umschlag geschrieben. Sie öffnete die Schachtel, darin lag in schwarzen Samt eingeschlagen ein wunderschöner Dolch. Ungewollt stiegen der Vampirin Tränen in die Augen. Wieder wurde sie nur in die Arme geschlossen. Dann sprach der Vampir doch.
„Alles was es zu sagen gibt, steht in dem Brief, mo beag! Bitte geh jetzt feiern, ich komm schon zurecht, mit Clydes Hilfe. Danke für das Essen!“ Sanft schob er die Schattenkriegerin aus der Hütte. Jessica ging, da sie wusste, dass es wirklich besser für Alistair war. Sie brachte weinend das Geschenk in ihre Hütte, entschloss sich dort, dass unpraktische Kleid auszuziehen. Erschrocken fuhr die junge Frau zusammen, als sie plötzlich ein blonden Krieger hinter sich im Spiegel sah. Das Kleid war bereits gegen die Lederhose und ein weites ärmeloses Shirt von Tristan eingetauscht. Sie gerade dabei die Blüten und Haarnadeln aus ihren Locken zu nehmen. Ville half ihr schweigend, achtete jedoch darauf, der Vampirin nicht zu nah zu kommen. Obwohl Tristan in dieser Sache toleranter war wie Alistair. Jessica ließ ihn machen, band sich anschließend die Haare mit der Silberspange aus dem Gesicht.
„Willst du den Brief jetzt lesen, Jessy, oder später. Ich hab mit Tristan gesprochen, ihm ist es gleich. Wie geht es dem Highlander?“
„Du wusstest was er vor hatte? Alistair ist ziemlich durch den Wind, aber ich glaube Clyde hilft ihm sich zu beruhigen.“ Gab sie zur Antwort. „Ich möchte den Brief gerne jetzt lesen, dann kann ich beruhigter feiern gehen.“
„Gut!“ Gab Ville zurück und begann wie selbstverständlich Tee zu kochen. „Ich wusste von dem Brief und dem Dolch. Alistair hat ihn selbst geschmiedet. Aber dass er dein Brautführer sein sollte, wusste ich nicht. Er wollte so die Sache ganz abschließen. Ihr beiden wart nie wirklich gebunden, so wie du und Tris!“ Er setzte sich neben Jessica, die den Brief öffnete. Tristan betrat die Hütte, nahm seiner Frau den Brief aus der Hand.
„Nehm sie in den Arm, Ville. Ich les euch den Brief vor, okay! Ach die Zwillinge sind mit ihrem Onkel Patrick und Kevin spazieren.“ Der Finne legte den Arm und die Irin, während der Deutsche die Blätter auffaltete.

»Mo beag,
morgen ist dein großer Tag, den du genießen solltest. Denn die Sache mit dir und Tristan ist eine anderen, wie unsere Hochzeit. Meine Liebe zu dir war immer echt, ist es auch jetzt noch. Doch unsere Ehe war eine Lüge, erzwungen durch ein falsches Spiel. Ich wollte wirklich nicht heiraten, lieber einfach so mit dir zusammen sein. Ich wusste, dass die Prägung bei uns nicht richtig verlaufen war. Etwas stimmte von Anfang an nicht. Allerdings konnten weder ich noch Corey feststellen was.
Corey spricht mit keinem darüber, aber er hat mich vor einer Hochzeit gewahrt, gemeint, dass ich auch ohne Trauung mit dir glücklich sein würde. Ein guter Vater für die beiden Rabauken wäre. Ich weiß nicht, ob ich ein guter Vater bin. Aber ich weiß, dass ich ein schlechter Ehemann war. Dass ich es verdient habe, dass mich Corey damals in den Höhlen zusammenschlug. Dass ich gar den Tode verdient hätte, für das, was ich dir angetan habe.
Wenn ich dich vor den Altar führe, dann geschieht es, weil ich es so will. Spüren will was damals geschah, sehen will, wie dir Tristan den Ring an den Finger steckt, hören will wie ihr beiden euch ewige Treue schwört. Wahrscheinlich werde ich vor Kummer danach zusammenbrechen, all die Bilder des Schreckens wieder sehen. Die Schmerzen, die ich der Frau eines meiner besten Freunde angetan habe. Jessy, ich wusste schon am See, dass Tristan sich auf dich geprägt hatte. Als er an jenem Abend nicht essen wollte und am Fenster stand, konnte ich es spüren.
Doch du warst die Meine, ich hätte wahrscheinlich sogar deinen Mann umgebracht, so manipuliert, wie ich war! Doch Clyde spürte meine Gefühle, er hat für mich gelitten, um mich zu schützen, seinen Zwilling. Ich glaube, dass wir es ihm verdanken, dass nicht mehr passiert ist. Vielleicht spricht er eines Tages einmal mit uns darüber!
Ich bin dir dankbar für jede einzelne Minute mit dir, dafür, dass du mich getröstet hast, als Dorian nicht da war. Ich bin glücklich, dass ich so viel Zeit mit meinen Söhnen verbringen darf, gespannt auf ihre kleine Schwester. Die hoffentlich so schön wird, wie ihre Mutter!
Auch wenn du jetzt Tristans Gefährtin bist, so sollst du wissen, dass ich dich tief im Herzen immer lieben werde. Als die Frau, die dem kalten Soldaten Alistair McDonald die Liebe zeigte. Du wirst immer mo beag bleiben!
Ich wünsche euch, dir, Tristan und euren Kindern, den Segen der Götter und den Schutz der Dragon. Den Dolch hab ich dir selbst geschmiedet, als Zeichen dafür, dass ich auch die Schattenkriegerin in dir liebe.
Mit den Erinnerungen an unsere gemeinsame Zeit im Herzen
Dein Alistair McDonald.«



Tristan legte den Brief auf den Tisch, blickte zu seiner Gefährtin, die in Villes Armen weinte. Genauso wie er selbst, las auch sie zwischen den Zeilen, nahm den Selbsthass wahr, den Alistair nicht in Worte fasste. Der Finne griff über den Tisch hinweg nach der Hand des Deutschen. Dessen Blick von roten Tränen getrübt war. Sie liefen über seine Wangen, als er die Berührung spürte. Denn sie geschah aus reiner Freundschaft, Ville handelte in diesem Moment nicht als Psychologe, sondern als Freund. Eine Stunde später kehrten sie zu dritt zum Fest zurück. Es wurde getanzt und gelacht bis spät in die Nacht.
Am nächsten Morgen verabschiedeten sich die Soldaten aus Fort Richardson und Major Jackman. Sie wurden diesmal von ihren eigenen Hubschraubern abgeholt. Captain Stuart Somerholder und seine Familie würden noch einige Tage bleiben, bevor auch sie zurück in die warme Heimat flogen. Der Navi-SEALS genoss sichtlich die Gesellschaft von Chris-Angel und William. Ihm machte die Fabelwesen um ihn herum nichts aus. Seine Kinder hielten die Wölfe einfach für Tiere, zumal man öfters einen von ihren sah. Die Frau des Soldaten verstand sich auf Anhieb mit Jessica, Dana und Dove. Sie saßen oft zusammen und sprachen über Kinder und Haushalt, während ihre Männer etwas Anderes unternahmen. Eine Woche nach der Hochzeit flogen auch die Somerholders zurück in die Heimat. Kyla war etwas traurig darüber, vergaß dies jedoch schnell wieder, zumal ihr Kim und Stuart versprochen hatten, dass sie sich ja auch über Internet unterhalten könnten. Die beiden kleinen Ladys wahren beruhigt.
Jana-Kira kündigte sich nicht so früh an, wie Gordon und Cody. Jessica erwachte mitten in der Nacht von den Wehen. Dafür hatte es die Kleine reichlich eilig, so dass sie Tristan nur in Boxershorts zu Brendan schickte. Diesen riss der werdende und aufgeregte Vater aus dem Schlaf, samt Cameron der mürrisch brummte. Der Halbling ließ sich nicht die Zeit zum Anziehen, sondern folgte dem Vampir sofort. Auch Lior war bereits auf den Beinen, ihn erreichte Deutsche über seine Gedanken.
„Die Dame hat es ja eilig, Jessy, man kann schon das Köpfchen sehen!“ Stellte der Indianer nach einem kurzen Blick fest. Tristan setzte sich neben seine Gefährtin aufs Bett, hielt ihre Hand.
„Na wenigstens dauert es dann nicht so lange, wie bei den Zwillingen.“ Bemerkte die werdende Mutter. „Tris, kipp mir ja nicht um!“ Tatsächlich war der Schattenkrieger etwas blass um die Nase. Er sah jedoch interessiert zu, was geschah.
„Jetzt sind schon die Schultern zu sehen.“ Überhörte er den Kommentar seiner Liebsten. „Die Kleine hat pechschwarze Haare, wie du Darling!“ Brendan verließ das Schlafzimmer um Tücher zu holen.
„Noch einmal feste Pressen, dann ist die Lady draußen!“ Bemerkte Lior, Jessica drückte Tristans Hand. Brendan stand lächelnd neben dem Indianer. Der Vampir wurde immer blasser, sah nun nur noch seine schweißgebadete Frau an. Fünf Minuten später war ein Schrei zu hören und der vorher starke Vater rutschte ganz langsam in die Arme von Diarmaid, der irgendwann ins Schlafzimmer gekommen war.
„Bring ihn ins in den Wohnraum und gib ihm einen doppelten Whiskey!“ Bemerkte Brendan grinsend. „Schlafen die Zwillinge eigentlich?“
„Denke schon, sie sind bei Alistair und Dorian!“ Kam es etwas erschöpft von Jessica, erst als Tristan aus dem Zimmer war, pustete sie los. „So was, da fällt mein starker Gefährte doch glatt vom Bett! Zeig mir schon die Kleine, Lior.“
„Sie hat alles, was ein kleiner Vampir brauch!“ Stellte dieser fest und legte der Mutter ihr Kind in die Arme. „Grüne Augen wie Tristan und schwarze Haare, wie du!“ Jana-Kira nuckelte bereits genüsslich an dem Finger, den Jessica ihr hinhielt.
„Und Durst hat sie auch schon!“ Stellte die glückliche Mutter fest.
Im Wohnraum saß Tristan mit zitternden Knien und Glückstränen in den Augen. Diarmaid goss ihm erneut das Glas voll Whiskey, beruhigte ihn, dass er nicht der erste Vater sei, der bei der Geburt seines Kindes zusammenbrach. Leise öffnete sich die Hüttentür und Shane trat ein, der Schattenkrieger grinste, als er den zitternden Vater sah.
„Na hat es dich umgehauen Tristan!“ Stichelte er an seinem Kameraden.
„Halt den Mund Shane, ist schon peinlich genug für mich.“ Gab der Deutsche zurück. „Meine Frau bringt ein Kind zur Welt und ich mach schlapp!“
„Bei Sam bin ich auch im Kreissaal ohnmächtig geworden. Na ja, die Schwester, der ich in die Arme gefallen bin, war wenigstens hübsch. Beim nächsten Kind passiert dir so was nicht mehr!“ Beruhigte der Rothaarige ihn. „Ich fand es schlimmer, dass ich ständig Windeln wechseln musste, weil sich meine Ex-Frau die Finger nicht schmutzig machen wollte. Aber das kann dir bei Jessy ja nicht passieren. Ehrlich, deine Gefährtin ist echt bewundernswert. Ich hoffe, mein Gegenstück wird auch einmal solch eine tolle Frau!“ Die Schlafzimmer Tür ging auf und Brendan trat in den Raum, er legte Tristan seine Tochter in die Arme. Dunkelgrüne Augen sahen in ein Paar etwas hellere, behutsam strich der Schattenkrieger über die Wange seiner kleinen Jana-Kira. Für einen Moment vergaß er die Krieger, die um ihn herum standen. Sah nur das zarte kleine Wesen in seinen Armen, sein Kind. Die Tränen, die ihm übers Gesicht rannen, bemerkte er nicht, auch nicht, dass die Schattenkrieger und Diarmaid den Raum verließen. Lior sagte ihm später, die glückliche Mutter würde nun schlafen. Der Vater blieb mit seiner Tochter im Arm einfach im Wohnraum sitzen. Als die Kleine wieder durstig wurde, ließ er sie an seinem Finger nuckeln, wie er es schon bei den Zwillingen getan hatte. Kurz vor der Dämmerung zog Tristan sein Kind an. Bemerkte Jessica erst, als sie ihm die Arme um den Körper schlang.
Die beiden Vampire blieben dem Morgenritual fern. Brendan entschuldigte sie mit den Worten, dass es der werdenden Mutter nicht so gut ginge. Doch es gab zwei Männer, die seine Lüge durchschauten, Kilian und Chris-Angel. Kaum war das Frühstück beendet, Gordon und Cody bei ihrem Onkel Patrick in besten Händen, verließen die beiden Todeskrieger die Gemeinschaftshütte. Sie fanden Tristan rauchend und mit einer Tasse Kaffee in der Hand vor seiner Hütte stehend. Was nichts ungewöhnliches war, da er und Jessica generell nicht in ihren Räumen rauchten. Das Strahlen der grünen Augen verriet ihn jedoch. Wortlos führte er seinen und Jessicas Bruder ins Innere der Hütte, wo seine Gefährtin mit ihrer Tochter auf dem Arm vor dem Kamin saß. Sie stand auf und gab Kilian die Kleine. Chris-Angel sah den glücklichen Glanz in den Augen des Kriegers der Schatten. Das Kind schaute ihn mit großen grünen Augen an. Sein Lächeln wurde noch breiter, als zwei kleine Fänge seinen Finger entdeckten und genüsslich hinein bissen. Chris-Angel trat neben den Wolf, strich seiner trinkenden Nichte sanft über das dunkle Köpfchen. Er hatte Tränen in den Augen, was man bei dem Soldaten kaum sah. Erinnerungen an Militäreinsätze kamen in diesem Moment hoch. Niemals wusste er, ob er vielleicht auch einmal auf ein Kind geschossen hatte. Auf einen Kindersoldat an der somalischen Küste vielleicht. Tristan legte seinem Halbbruder die Hand auf die Schulter, während Kilian diesem Jana-Kira in die Arme legte. Der Krieger der Schatten folgte seiner Schwester nach draußen.
„Sie hat deine Augen, Bruder!“ Stellte der Commodore leise fest, da die Kleine einzuschlafen schien. Er wollte sie dem Vater geben, doch dieser schüttelte den Kopf.
„Sie wacht wieder auf, wenn du sie mir jetzt gibst, Angel. Behalt sie ruhig im Arm, die Kleine steht dir!“ Tristan zog die Decke, in die Jessica ihre Tochter gewickelt hatte, etwas zurecht. „Brendan, Lior, Diar und Shane haben wirklich geschwiegen, oder? Wir wollten euch zum Mittagessen überraschen.“
„Brendan sagte nur, dass es Jessica nicht so gut gehen würde, aber ich glaube er meinte wohl das Gegenteil. Wann ist eure Tochter denn zur Welt gekommen? Wie war die Geburt?“ Erkundigte sich Chris-Angel.
„Heute morgen um kurz nach eins. Aufregend und es ging verdammt schnell, die kleine Lady hatte es wirklich eilig. Es war einfach fantastisch!“
„Und als ihr Papa den ersten Schrei hörte, ist er glatt umgekippt!“ Stellte Jessica leise von der Tür aus fest. „Aber schon okay, du hast dich ja prächtig um sie gekümmert, während ich geschlafen habe.“ Tröstete sie Tristan mit einem Kuss, der an seiner Kehle endete.
„Nicht hier Süße, lass uns ins Schlafzimmer gehen, okay!“ War die raue Antwort. Die beiden Vampire ließen die Patenonkels mit ihrer Nichte alleine. Bis zum Mittagessen blieben die beiden verschwunden. Dann kehrte der Vater zurück. Sah mit Überraschung, dass jetzt Kilian die Kleine im Arm hielt, sie sanft wiegte. Leise vor sich hinsummend stand der Krieger der Schatten am Fenster, am Tisch saß dessen Gefährte und malte. Tristan beugte sich zu Conner herunter, um das Bild zu betrachten, als sich der schwarzhaarige Wolf umwand.
„Ich hab der Lady die Windeln gewechselt!“ Kam es schon fast selbstverständlich von dem sonst etwas rauen Herrn der Schattenkrieger.
„Du hast was?“ Erkundigte sich Jessica vom Schlafzimmer aus.
„Ja, ich hab meiner Nichte die Windeln gewechselt. Rick hat es mir mal bei den Zwillingen gezeigt. Ist gar nicht so schwer!“ Er ging auf seine Schwester zu, gab ihr ihre Tochter zurück. „Tris, schau nicht, als hätte ich ein Wunder vollbracht. Ich hab auch Gefühle und den väterlichen Urinstinkt!“ Conner grinste dreckig, brachte Kilian so zum Knurren. Dann stand der Krieger der Schatten plötzlich vor dem Dragon Lord und presste die Lippen auf dessen Mund. Es war der erste Kuss, den nicht nur die drei anderen Männerpärchen sahen. Er steckte voller Liebe und Leidenschaft, der gleichen Gefühle, die die beiden Vampire zuvor im Schlafzimmer ausgetauscht hatten. Die Hüttentür ging auf und zwei blonde Mini-Vampire stürmten in den Raum. Patrick blieb mit offenem Mund in der Tür stehen, sein Blick fiel auf das kleine Bündel in den Armen der schönen Kriegerin. Er ging auf sie zu, während Tristan mit Gordon und Cody in deren Zimmer verschwand, um sie sauber anzuziehen. Eine kleine Träne rollte über die Wangen des jungen Wolfs. Der im Moment an seine eigenen Töchter dachte. Patrick ging mit seinen Gefühlen offener um, wie am Anfang, er nahm einfach Jessica und Jana-Kira in die Arme. Weinte mit dem Kopf auf der Schulter seiner Schwester. Er ahnte nicht, dass es jemanden gab, der seinen Kummer schon seit einiger Zeit intensiv wahrnahm.
Chris spürte, wie sein Mitbewohner innerlich zerbrach. Er wollte ihm helfen, wusste jedoch nicht, wie er mit seinen eigenen Gefühlen umgehen sollte. In den letzten Wochen hatte ihm der junge Schattenkrieger mehr gegeben, wie nur seine Schattenmagie. Patrick gab ihm auch Verständnis, die Gewissheit, dass er mit ihm über seine Vergangenheit sprechen konnte. Jetzt suchte der Vampir jemanden der ihn verstand. Der ihm das Kribbeln auf seiner Haut erklärte. Ebenso die anderen Sachen, die ihm in den letzten Tagen immer wieder auffielen. Er sah einen Moment Matthew und Nico beim Kampftraining zu, ging dann weiter gedankenversunken durchs Dorf. Wie selbstverständlich blieb er vor der Hütte von Vincente und Clyde stehen. Dem Vampir-Wolfs-Paar, dass offen über seine Gefühle sprach, das ebenso aus zwei Schattenkriegern bestand. Fast schon schüchtern klopfte Chris an, er und der Spanier hatten sich in ihrer Zeit bei Miller und MacNamara in die Haare bekommen. Noch heute sprach der Andalusier nicht viel mit ihm. Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare, als gerade dieser ihm die Tür aufmachte. Einen Moment schauten ihn die dunkelbrauen Augen verwundert an. Im Hintergrund sagte der Schotte etwas und Vincente trat zur Seite, schloss schließlich die Hüttentür von außen hinter sich. Der jüngere Vampir betrachtete den älteren, auch auf dessen bloßem Rücken sah man die Narben der Folter. Doch anders wie er, schien dieser nicht mit Wolfsgift geschwächt worden zu sein. Denn Clyde hatte schließlich sofort Corey besiegt. Der Schotte zog sich das Hemd an, welches ordentlich über einem Stuhl lag. Er goss zwei Tassen Kaffee aus, sah zu wie sein Besucher gedankenverloren den Tisch aufräumte.
„Sie haben mir Wolfsgift gespritzt, doch ein Vampir, der so alt ist wie ich, ist fast immun dagegen. Es wirkt nicht so stark wie bei dir, macht mich lediglich benommen. Blutentzug ist dagegen schlimmer, ich hab nicht umsonst Rea in die Verwandlung getrieben. Aber lassen wir das Chris! Du bist wohl kaum gekommen, um mit mir über unsere Folter zu reden!“ Clyde setzte sich diesem gegenüber, spürte die Schattenmagie, die wieder von ihm ausging.
„Nein Highlander, ganz sicher nicht. Ich … Es ist mir peinlich!“ Gestand der Jüngere, der Ältere legte ihm die Hand auf den Arm. Die Wärme eines Schattenkrieger und die Kälte des Todeskriegers gingen von ihm aus, gaben dem Anderen etwas Kraft. „Seit ich bei Patrick untergekommen bin, hat sich so vieles verändert. Ich spüre Dinge, die ich vorher nie gespürt habe.“
„Was fühlst du Chris?“ Clyde schien zu merkte, dass seinem Gegenüber das Reden schwer fiel.
„Seinen Kummer, weil er seit den Hochzeiten, wieder oft an seine Frau und seine Töchter denkt. Ricky geht es schlecht, er weint sich oft leise in den Schlaf. Dann ist da noch dieses Prickeln auf der Haut, wenn ich ihm nah bin. Ihn versuche zu trösten, wenn er nachts heult. Im Moment spüre ich, dass er glücklich und traurig zu gleich ist. Ich glaube die kleine Diva ist da!“ Während Chris sprach suchte der Schotte die Gedanken seines Lordkriegers. Tatsächlich sah er ein wunderschönes Bild. Chris-Angel schaute auf seine Nichte hinab, hielt sie in den Armen. Dann eines, dass dieser scheinbar von Tristan hatte, der jüngste O´ Harra hielt seine Schwester und die Kleine umschlugen, weinte bitterlich.
„Es stimmt, die kleine Jana-Kira ist da, Chris. Wir werden sie zum Mittagessen sehen. Auch geht es Patrick schlecht. Was dieses Prickeln auf deiner Haut angeht. Was würdest du dann gerne machen, wenn du es spürst?“ Clyde wollte, dass sich der junge Schattenkrieger offenbarte.
„Es klingt doof, aber dann sehne ich mich nach ...“ Chris stoppte, da Vincente zurückkehrte. „... nach der Nähe dieser Person, ihren Lippen auf meinen!“ Vollendete er den Satz, ohne einen Namen genannt zu haben. Nico und Matthew waren bei den letzten Worten ebenfalls in die Hütte getreten, um ihre Bewohner zum Essen abzuholen.
„Dann sei nicht so bescheuert, wie ich es bei meinem beag mac tíre war und zeig deine Liebe!“ Kam es von dem blonden Schattenkrieger. Chris sah ihn überrascht an. „Es ist nichts falsches daran, einen Mann oder einen Wolf zu lieben. Im Gegenteil, der ...“
„Matthew!“ Rügte ihn Nico, gespielt prüde.
„Ist einfach nur fantastisch!“ Brachte dieser den Satz zu Ende, legte dabei seinem Gefährten den Arm um die Hüfte. „Kommt ihr mit zum Essen, Ramon kocht heute spanisch!“ Mittlerweile waren die Kochkünste des Dragons genauso gelobt und geliebt, wie die von Frank McLoud und James O´ Sullivan.
Zu fünft gingen sie in die Gemeinschaftshütte, wo bereits alle außer Tristan und seiner Familie, so wie Patrick versammelt waren. Es dauerte noch eine Weile, bis diese kamen. Das Essen rückte beim Anblick der süßen kleinen Vampirin, die in den Armen ihres Papas schlief, in den Hintergrund. Jeder wollte die neue Dorfbewohnerin begrüßen. Chris beobachtete den Wolf mit den roten Strähnen in den schwarzen Haaren. Er stand abseits des Trubel und schaute traurig aus einem der Fenster. Eine Rauchkräuterzigarette in der Hand. Seinen ältesten Bruder und Ville wies der Schattenkrieger kühl zurück. Ebenso tat er es mit den anderen Krieger, die sich ihm näherten. Irgendwann während des Essens verschwand er unbemerkt, wie er glaubte.
Sein Weg führte ihn in die Krankenhütte, dort würde es etwas geben mit dem er den Schmerz bewältigen konnte. Gordons und Codys Geburt war schon hart für ihn, doch Jana-Kiras noch härter. Da sie seinen Töchtern mit ihren dunklen Haaren ähnelte, alleine die grünen Augen waren anders. Im Medizinschrank fand Patrick Morphium, in einem anderen eine Spritze. Er setzte sich auf das Bett, füllte die Spritze und zog den Verschluss von der Nadel. Ohne sich die Ader ab zu binden, stach er sich diese in den Arm. Eine Hand griff nach der seinen, verhinderte, dass er das Opiat in den Körper bekam. Der Schattenkrieger schlug mit seinen Gedanken um sich, bekam die Schläge jedoch auf die gleiche Art zurück. Sie widersprachen der Hand, die ihm Tränen von der Wange wischte. Patrick ließ die Spritze fallen, wurde an einen Körper gedrückt. Es war nicht die Statur des Vampirs, die ihn an Chris denken ließ, sondern der Geruch des Rasierwassers zusammen mit dem Duft von Rauchkräutern. Er sah tatsächlich in das besorgte Gesicht seines Mitbewohners, als er den Kopf hob. Der Vampir leckte sich über die Lippen und Patrick sah zum ersten Mal das Zugenpiercing. Plötzlich fragte er sich, wie es wohl beim Küssen wäre, ob Kilian auch solche dummen Gedanken bei Conner empfunden hatte. Schließlich war es sicher auch etwas Besonders einen Dragon zu küssen. Schnell verwarf der Schattenkrieger diese ungewöhnliche Fantasie, hob die Spritze auf und drückte den Inhalt wieder in die Flasche neben sich. Das gebrauchte Injektionswerkzeug landete im Mülleimer. Ohne den Anderen weiter zu beachten, ging er. Jetzt wollte er nur noch eins, irgendwo alleine trainieren, so seiner Verzweiflung Luft machen. Darüber nachdenken, was in ihm vorging, wenn Chris in seiner Nähe war. Der Vampir wusste ebenso wenig, wie er mit dem Wolf umgehen sollte. Er blieb auf dem Bett sitzen, betrachtete einfach seine Hände. Dann fasste er einen Entschluss, den der Schattenkrieger sofort in die Tat umsetzte.
Patrick fuhr mit dem Motorrad zum See, nahm sein Übungsschwert mit. Eine Stunde saß er einfach nur am Ufer, betrachtete die kleinen Wellen und die Spieglung der Tannen im Wasser. Ihm bedeutete Chris mehr als es sein bester Freund Kevin tat. Der Vampir konnte ihn trösten, während ihn der Wolf eher dazu animierte, zu kämpfen, wenn er traurig war. Sein Mitbewohner gab ihm das Gefühl, geliebt zu werden, der Schotte das, einen wahren Freund zu haben. Schon alleine der Gedanke an den dunkelblonden Schattenkrieger mit den nachdenklichen dunkelgrauen Augen, ließ einen warmen Schauer über seinen Rücken jagen. Der Wolf nahm das Schwert, schloss die Augen und stellte sich einen imaginären Kampf vor. Weitere zwei Stunden vergingen, bis er die Waffe niederlegt und mit einem beherzten Sprung in den See, den Schweiß von seinem Körper wusch. Nach dem Abendessen und dem Ritual der Schattenkrieger, gönnte sich Patrick eine weitere Trainingseinheit mit Kevin und Kim. Erst dann kehrte er in seine Hütte zurück, von Chris keine Spur, doch den Brief auf seinem eigenen Bett entdeckte er sofort. Nicht nur im Leben war der Vampir ordentlich, sondern auch seine Handschrift. Mit einer Rauchkräuterzigarette setzte sich der Wolf an den Tisch, ließ seinem Mitbewohner absichtlich seine Gedanken offen, während er sie vor allen anderen Kriegern verbarg.

»Liebster Rick!
Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie ich anfangen soll. Es gibt so vieles was gesagt werden sollte, ich aber nicht in Worte fassen kann. Vielleicht gelingt es diese Gefühle und Gedanken aufzuschreiben. Vielleicht sitzt du, nachdem du den Brief gelesen hast, in unsere Hütte und lachst dich kaputt. Es ist mir egal, ich bin es gewohnt!
Schon seit Tagen spüre ich die Trauer in deinem Herzen. Die Gedanken an Patricia und Peggy Sue. Sicher erinnert dich die kleine Jana-Kira an deine eigenen Töchter. So wie mich Gordon und Cody manchmal an meinen Sohn erinnern. Du weinst dich oft in den Schlaf, auch wenn ich es mir nicht immer anmerken lasse, bekomme ich es mit. Es tut weh, einen Freund so zu sehen. Es schmerzt, wenn man nicht helfen kann!
Als ich dir heute in der Krankenhütte die Spritze aus der Hand nahm, hätte ich dich am Liebsten verprügelt. Dich mit Gedankenschlägen zur Besinnung gebracht! Aber dazu besitze ich noch nicht wieder die Kraft. Als du fort warst, tat mir leid, was ich getan habe. Ich bin zu Colin gegangen und habe lange mit ihm gesprochen. Dein Bruder konnte einen aufgewühlten Vampir beruhigen. Er verstand meine wirren Gefühle erstaunlich gut. Heute vor dem Mittagessen war ich bei Clyde, auch mit ihm sprach ich darüber. Aber es war eigentlich Matthew, der mich darin bestärkte, diesen Brief zu schreiben.
Rick wir wissen beide, dass sich Wölfe und Vampire lieben können, dass sich auch männliche Gefährten binden können. Es ist nicht leicht zu sagen, ich empfinde nicht nur Freundschaft für dich. Aber es ist nun einmal die Wahrheit. Mir jagen warme und kalte Schauer über den Rücken, wenn ich dich nachts in den Armen halte. Ich konnte spüren, wie sehr dich die Kleine deiner Schwester wider in die Tiefe reißt. In eine Depression, die ich nicht bei dir spüren will, weil sie mich selbst mitnimmt.
Matthew sagte, dass ich nicht seinen Fehler machen sollte. Den Fehler, über meine Gefühle zu schweigen. Heute Nachmittag hast du für einen Moment so gefühlt, wie ich. Dich gefragt … du weist, was ich meine!
Ich möchte dir Zeit geben, darüber nachzudenken, deswegen zieh ich in eine der Gästehütten. Egal, wie deine Entscheidung aussieht, ich komme zurück, wenn du sie gefällt hast. Wir bleiben hoffentlich Freunde und teilen uns weiterhin die Hütte. Denn du bist mir wichtig, mac tíre!
In Liebe (denn das, ist was ich fühle!)
Dein Chris«



Patrick schloss einen Moment die Augen, als er begriff, dass nicht nur ihm diese Schauer über den Rücken jagten. Er dabei war, sich auf den Vampir zu prägen, so wie es Kilian auf Conner getan hatte und die drei Spanier auf ihre Gefährten. Die Welt der Vampire und Werwölfe war schon verrückt, völlig anders, als die der Menschen. Aber diese verdrehte Realität stellte nun sein Leben da. Eines in dem er sich als Schattenkrieger, Dragon und Wolf wohlfühlte, in dem er kurz vor der Weihe zum Todeskrieger stand, so wie sein ältester Bruder auch. In dem er langsam mit seiner Vergangenheit abschließen konnte, der des Black Warriors. Warme Gedanken streiften die seinen und er wurde sich plötzlich der Anwesenheit seines Herrn und Bruders bewusst. Hatte Kilian mitbekommen, was er gerade las?
„Ja, Ricky, das habe ich!“ Bemerkte eine Stimme neben ihm. „Keine Angst, ich sag es nicht einmal Colin!“ Beschwichtigte der Herr der Schattenkrieger, legte dabei einen Arm um die Schultern seines Bruder.
„Lian, was soll ich denn jetzt machen? Ich hab doch keine Ahnung von dieser Art von Liebe!“ Er klang tatsächlich so verzweifelt, wie er sich im Moment fühlte.
„Die hatten wir auch nicht!“ Meldete sich zu seiner Überraschung, auch noch Conner von der anderen Tischseite. „Du hast eher Angst davor, etwas falsch zu machen, Chris nicht genug zu sein, hab ich Recht?“ Patrick nickte bekümmert, sah nicht, dass seine beiden Herren einen Blick tauschten. Was der Dragon Lord dann tat, hätte er nie erwartet. Es zeugte von Vertrauen zu seinem Gefährten und zu einem seiner Dragon. Er setzte sich auf das Bett des blauschwarzen Dragons, klopfte einladen auf den freien Platz neben sich. Kilians kleiner Bruder gehorchte.
„Zu William hast du nicht dieses Vertrauen, dass wir zu ihm hatten. Also zeig ich dir jetzt, wie es sich anfühlt, so zu lieben. Lian bleibt bei uns, wenn du es willst. Chris redet in der Gästehütte mit Clyde und Nico.“ Patrick nickte, während Conner sein Gesicht in die Hände nahm. Dann spürte der Schattenkrieger das erste Mal die Lippen eines Nachtwesens und eines Mannes auf den seinen. Vorsichtig wurde ihm das Shirt aus der Hose gezogen, wanderten die Hände des Dragon Lords darunter.
In einer Hütte am Rande des Dorfs saß Chris und hörte dem Schotten und dem Spanier zu, die über ihre Gefühle sprachen. Er hatte lange geweint, weil er ganz plötzlich die Verbindung zu Patrick verlor. Dass der Schatten- und Todeskrieger vor ihm diese unterbrach, ahnte er nicht. Vor Clyde besaß er immer noch große Ehrfurcht, Nico vertraute er einfach. Seine ruhige Art steckte ihn an, nahm ihm etwas seiner Zweifel. Die Hände des Wolfes, gegen den er lehnte, strich sanft über seine Arme nach oben.
„Wenn du möchtest, zeig ich dir das Spiel mit dem Feuer, Chris!“ Die Stimme des Spaniers klang rauchig und aufreizend in seinen Ohren.
„Bekomme ich dann keinen Ärger mit deinem Gefährten?“ Wollte der Vampir wissen, während die Hände verschwanden und Nico sich vor ihn setzte.
„Mi amor, weiß dass ich nur ihn liebe! Genauso, dass ich dir und Patrick helfen will!“ Nico strich sanft mit dem Finger über die Lippen seines Gegenübers, Clyde verließ leise den Raum. „Es ist ein Spiel für mich mi amigo, nicht mehr!“ Mit einer schnellen Bewegung stieß er den Vampir um, so dass er auf dem Rücken lag. „Willst du spielen oder hast du Angst vor einem einfachen Krieger?“ Provozierte der Spanier und fuhr mit der Hand über die Brust des Schattenkrieger unter sich. Chris gab keine Antwort, sondern zog ihn an den Schultern zu sich heran. Der Wolf ließ sich diese Aktion nicht gefallen, sondern begegnete dem Mund des Vampirs. Als seine Zuge auf das Piercing stieß, knurrte er wohlig. Wurde noch näher an den auf dem Rücken Liegenden gezogen. Mit den Gedanken bei Matthew, gab Nico dem unerfahrenen Vampir seine Lektion. Irgendwann lag der Schattenkrieger einfach in den Armen des Spaniers, sah ihn mit Tränen in den Augen an. Noch einmal drückte der Dunkelhaarige die Lippen auf die des Blonden.
„Das Zungenpiercing gefällt dir, was?“ Bemerkte Chris.
„Ja, tut so etwas eigentlich weh, beim Stechen?“ Wollte Nico wissen.
„Als Mensch spürst du schon etwas, als Nachtwesen, weiß ich es nicht!“ Gestand der Vampir. „Ich finde es beim Küssen einfach, mmh, sagen wir erotisch.“ Gestand er lächelnd.
„Ich find es auch erotisch, vielleicht lass ich mir eins stechen, wenn wir morgen nach Anchorage zum Shoppen fliegen. Ach vielleicht kommen du und Ricky ja mit. Dann machen wir uns einen Männer-Tag.“ Nicos Grinsen war so dreckig und verschlagen, wie es Chris noch nie gesehen hatte. Der Spanier sprach mit einer Selbstsicherheit, als seien der Wolf und der Vampir schon zusammen. Dass Patrick gerade seinen Entschluss fällte, ließ er nur den Wolf wissen.
„Komm Blutsauger, wir gehen zurück in eure Hütte! Patrick lässt mich wissen, dass er seine Entscheidung gefällt hat.“ Er wartete nicht auf eine Antwort, sondern zog den überraschten Vampir mit sich.
Kilian und Conner waren gegangen, jetzt saß der Wolf am Tisch, trank ein Glas Whiskey und las den Brief des Vampirs noch einmal. Die letzten Zeilen, in denen dieser seine Liebe gestand. Nico hatte ihn den letzten Kuss spüren lassen, das Gefühl welches er bei dem Piercing empfand. Ihn jedoch auch wissen lassen, dass seine Empfindungen noch stärker sein würden. Ob er wohl morgen mit Chris und den Anderen nach Anchorage flog? Was der Vampir wohl zu seiner Idee sagen würde? Ein Piercing wollte er schon immer haben, aber Peggy fand diese Dinger unmöglich. Jetzt konnte er machen, was ihm gefiel. Von seinem Gefährten ließ er es sich nicht mehr verbieten. Hinter dem Wolf wurde eine Schublade geöffnet und etwas hinein gelegt. Das Kribbeln auf seiner Haut nahm zu. Hände glitten über seine Schultern öffnete das Hemd, dass er sich übergezogen hatte wieder. Langsam Knopf für Knopf, lösten eine Gänsehaut aus, die seinem Mitbewohner wohl Antwort genug war. Patrick wollte plötzlich mehr, wissen wie er bei dem Zugenpiercing fühlte. Ehe sich der Vampir versah, hatte ihn der, noch stärkere, Wolf gegen die Wand gedrückt. Berührten sich ihre Körper und Münder. Er gewährte der Zunge des Schwarzhaarigen Einlass. Der Kuss enthielt nicht das feurige Temperament des Spaniers, sonder das Feuer eines wahren Dragon. Patricks Zunge spielte mit der Kugel des Piercings, trieb Chris langsam in einen unbekannten Rausch. Glaubten Kilian und Conner, dass sie sich schnell ganz banden, so sollten sie irren. Noch vor dem Morgengrauen lag der Vampir in den Armen seines Wolfes, füllte der herbe Bindungsduft zweier Liebenden den kleinen Raum aus. Die meerblauen Augen des Schwarzhaarigen glänzten so glücklich, wie es der Blonde noch nie gesehen hatte.
„Schade, dass ich nicht genug Geld für ein Tattoo habe!“ Bemerkte Chris plötzlich, Patrick öffnete die Augen, die er gerade geschlossen hatte und sah ihn an.
„Wie kommst du jetzt darauf?“ Wollt er wissen.
„Ich würde mir dann von Conner einen blauschwarzen Dragon malen lassen und ihn mir auch die Schulter stechen. Nico will sich übrigens ein Zugenpiercing machen lassen, er ...“ Der Vampir stoppte etwas verlegten.
„Er fand deines beim Küssen geil, ich weiß!“ Gab der Wolf zu verstehen. „Ich würd mir auch gern ein Piercing machen lassen, aber keins an der Zunge.“ Der Vampir strich über seine Brust, spielte mit einer schwarzen Haarsträhne.
„Ich hatte mal eine Freundin, bevor ich meine Frau kennenlernte. Sie besaß das gleiche Piercing wie ich, wir haben uns beim Knutschen glatt gefesselt!“ Er lachte über die peinliche Situation von damals. „Ich fände ein Nippelpiercing würde dir stehen, mac tíre. Komm lass uns aufstehen, es fällt auf, wenn wir nicht zum Morgenritual kommen!“
„Ja, das stimmt!“ Patrick forderte sich noch einen Kuss ein. „Die Idee mit dem Nippelpiercing gefällt mir. Ich spendier dir dein Dragon-Tattoo, Geld hab ich ja noch genug.“ Die dunklegrauen Augen begannen zu strahlen.
In einer anderen Hütte betrachtete Gavin sein Gefährten. Ramons schwarzer Drachen zog gerade seine Kreise. Er telefonierte mit Elmendorf, weil er gerne dort landen wollte. Doch man gab dem ehemaligen Kameraden keine Erlaubnis, obwohl der Spanier offiziell noch dem Stützpunkt angehörte. Spanische Flüche mischten sich mit englischen, der Schotte legte ihm die Hand auf die Schulter, beruhigte so den Dragon. Er legte auf und wählte eine andere Nummer.
„Jack, was ist denn bei euch los, warum bekommt ein Offizier keine Landeerlaubnis?“ Wollte Ramon wissen. „Keine Ahnung, irgend so ein Rekrut, ich kannte seinen Namen nicht. … Natürlich hab ich ihm gesagt, dass ich auf der Base stationiert bin, noch jedenfalls. … Danke Wellington mach ich dir mal wieder gut. Hast du heute Ausgang? … Okay, dann heute Abend im Offizierscasino, ich bring aber noch Freunde mit. … Gavin McCampbell, Commodore Clyde McDonald beide britische Staatsbürger, Matthew MacNamara ist Ire und meine Cousins Vincente und Nico del Niro. … Ja sicher, werde ich ihnen sagen! … Wir sehen uns Jack, ich melde mich, wenn ich in eurem Luftraum bin!“ Der Spanier legte das Handy zur Seite, steckte seine Papiere in die Lederjacke. „Doch gut, wenn man noch Freunde in Elmendorf hat, die auf Grund von Differenzen jetzt einen höheren Posten habe. Bitte vergess deinen Ausweis nicht, mi amor!“ Das Selbe ließ er die Anderen über seine Gedanken wissen, während er sich anzog. Sie holten Nico und Matthew ab, der Ire hatte sichtbar eine Entschuldigung von seinem Gefährten bekommen. Clyde und Vincente gesellten sich zu ihnen, während sie zum Morgenritual gingen. Draußen vor der Gemeinschaftshütte spielten Kyla, Gordon und Cody im Sand. Chris und Patrick, die gerade aus der anderen Richtung kamen, merkte man nicht viel an. Die beiden Schattenkrieger trugen ihre Kaputzenpullis und Dolche, wie sie auch. Gemeinsam betraten die Männer die Hütte, nahmen ihre Plätze ein. Wobei der dunkelblonde Vampir sich wie immer zwischen James Damon und Ville stellte. Alleine, dass er gelegentlich etwas den Kopf hob, um in die Richtung der O´ Harra Geschwister zu schauen, fiel den anderen Schattenkriegern auf. Sie frühstückten noch gemeinsam, wobei Conner malte. Er benutzte einfach die Buntstifte der kleinen Zwillinge. John und James sahen dabei zu, wie ein blauschwarzer Drachen entstand. Der blaurote Dragon bückte sich, als seinem Zwilling ein Stift vom Tisch fiel. Er kam mit einem Lächeln wider unter dem Möbelstück hervor. Schaute dann zu den beiden Schattenkrieger, die ihnen gegenüber saßen, Patrick und Chris. Einige Augenpaare richteten sich auf den grinsenden Wolf.
„Johnny, wir sind Patenonkels geworden! Con hat gerade einen Welpen bekommen.“ Der Schattenkrieger setzte Codys Lederwolf auf den Tisch, während nicht nur er in Gelächter ausbrach. Nur die beiden Männer gegenüber ahnten, dass das Grinsen ihnen gegolten hatte, denn Chris strich Patrick unter dem Tisch immer wieder über den Oberschenkel. Der Wolf hielt die Hand des Vampirs fest, verflocht ihre Finger ineinander während er sich mit der Anderen seine Zigarette anzündete. Conner schob die Zeichnung über den Tisch, so geschickt, dass sie vor dem schwarzhaarigen Schattenkrieger lag.
„So sieht dein Dragon in meinen Gedanken aus, Rick!“ Bemerkte der Pendragon.
„Danke er ist wunderschön geworden!“ Kam es von diesem zurück. Chris nickte nur nichtssagend, obwohl die Zeichnung für ihn war.
„Sag mal, Chris, willst du wirklich mit diesen Irren nach Anchorage fliegen?“ Spielte Alistair auf einen Kommentar an, den dieser vor Wochen im Streit hatte fallen lassen. Der Vampir spannte sich merklich an. Ein herber Geruch lag plötzlich in der Luft, Patrick stieß ein leises Knurren aus. Was sein Nebenmann dann tat, ließ sämtliche Gespräche verstummen. Er gab dem Wolf einen leidenschaftlichen Zungenkuss vor allen versammelten Kriegern.
„Geht doch Clyde!“ Bemerkte der Schotte plötzlich. „So und jetzt tut eure Hände auf den Tisch, Schluss mit Verstecken spielen!“
„Du hast vielleicht Methoden um irgendwelche Liebschaften aufzudecken, McLoud!“ Fand nun auch Corey seine Sprache wieder. Am anderen Ende des Raumes war plötzlich ein Fluch zu hören. Dean drückte Tristan seine Tochter in die Arme und flüchtete. Ihm folgte überraschend Raven, mittlerweile wussten sie, dass der junge Indianer oft Zukunftsvisionen hatte.
In seiner Hütte schmiss sich der Krieger des Lichts auf sein Bett. Das was er gerade spürte, durfte nicht sein. Nicht jetzt, in einigen Jahren vielleicht, aber noch nicht heute. Ein warmer Schauer jagte den nächsten, Verzweiflung wich dem Glücksgefühl und machte schließlich einer inneren Leere Platz. Er spürte die Hand, die ihm über den Rücken strich. Nicht Ravens, der ihm gefolgt war, sondern Tristans. Der Schattenkrieger hielt noch immer seine Tochter auf dem Arm, auch dies spürte der Krieger. Die Präsenz eines schwarzgrünen Dragons füllte den Raum nun ebenso, ließ etwas Hoffnung in einem verzweifelten Herz zurück. Dean drehte sich auf den Rücken, ihm waren die Tränen egal, die sich einen Weg über seine Wangen bahnten. Jessica wischte sie ihm ab, mit einer Wärme, als sei er einer ihrer Söhne. Sie bat ihren Gefährten, sie mit dem Krieger des Lichts alleine zu lassen. Er ging mit seiner Tochter. Gab dem Vampir auf dem Bett so die Möglichkeit, wieder frei zu atmen, da ihm die Gefühle den Hals zuschnürten. Draußen hörte man den Schattenkrieger mit Pádraig sprechen, leise, so dass die beiden Nachtwesen im Raum nichts verstanden. Die Stimmen entfernten sich langsam. Der Krieger stand auf, nahm ein Röhrchen mit Tabletten aus seinem Nachttisch und schluckte zwei davon. Keiner wusste etwas von seinen Problemen, nicht einmal Chris, der lange bei ihnen gewohnt hatte. Nur Pádraig kannte den zerbrechlichen Mann hinter der Fassade des Lichtkriegers. Den der zerbrochen war, als er selbst versuchte sich während des großen Angriffs am See, das Leben zu nehmen. Wenn die Brüder alleine waren, verlor der Ältere oft seine Stärke. Deswegen hatte ihm der Jüngere irgendwann die Tabletten gegeben, damit er nicht sein Gesicht vor seinen Kriegern verlor.
Jessica kochte Tee, während sich Dean im Badezimmer die Blutstränen abwusch. Ihr tat der Krieger des Lichts leid. Das Schicksal hatte entschieden, dessen war sich die Mutter seiner zukünftigen Gefährtin bewusst. Jana-Kiras kindliche Neigung machte sie schon jetzt zu einem Teil von ihm. Er würde, genauso wie die Eltern der Kleinen, spüren wenn etwas mit ihr nicht stimmte. Die Schattenkriegerin dachten an den Schwur, den sie sich leisteten, als sie, der Krieger des Lichts und Kim die Freundschaftsringe kauften. Damals war es ein Spaß im leichten Alkoholrausch gewesen, der sie schwören ließ, für immer zusammen zu bleiben. Er war gebrochen worden und erst mit ihrer Flucht wieder zusammengefügt. Jetzt waren sie und Dean wirklich für immer gebunden, durch ihre Tochter. Für immer in deinem Herzen, das würde der Krieger sein, der gerade aus dem Bad zurückkehrte. Er schmiss Spange und Dolch auf seinen Nachttisch.
„Deine Tochter bekommt keinen guten Gefährten! Es hätte nicht sein dürfen, Céllí Mór!“ Er begann in seinem Nachttisch zu wühlen, beförderte ein kleines Päckchen mit weißem Pulver heraus.
„Dean, wir können das Schicksal in dieser Hinsicht nicht ändern, das weist du!“ Sie sah zu, wie er sich einen Joint drehte. „Weist du noch, was wir uns damals schworen, als wir die Ringe in Inverness kauften?“
„Für immer in deinem Herzen!“ Gab Dean sofort und ohne zu überlegen zur Antwort. Er betrachtete dabei seine Hände.
„Du bist für immer in meinem Herzen, genauso wie Kim! Durch die Bindung an Tris und meine Tochter noch etwas mehr Dean!“ Gab Jessica zurück, dem Krieger des Lichts stiegen erneut Tränen in die dunklen Augen. Er stand auf und umarmte die Schattenkriegerin.
„Du hast nichts gegen die Bindung?“ Er schluchzte fast, hielt sich nur mühevoll zurück. Die Vampirin sah zu ihrem Gefährten, der wieder in die Hütte trat.
„Halt mal deine zukünftige Frau, ich will mit meiner auf die Jagd und es gibt keinen Anderen der aufpassen könnte!“ Tristan legte dem überraschten Vampir das Kind in die Arme. „Windeln wechseln brauchst du nicht, hab ich gerade erst gemacht!“ Überrumpelt sah Dean den beiden Schattenkriegern nach, die einfach verschwanden und ihn mit Jana-Kira alleine ließen.
„Was mach ich denn jetzt mit dir, kleine Prinzessin?“ Die grünen Augen sahen Dean groß an. „Ach weist du was, ich wollte zu Dorian in den Laden, vielleicht finden wir dort was schönes für dich, Engelchen!“ Die Kleine lachte den Vampir an. Die warmen Schauer liefen wieder über seinen Rücken, als er durchs Dorf ging. Dass er beobachtet wurde, wie er das kleine Wesen auf seinem Arm herzte, ja sogar zärtlich einen Kuss auf die kleine Stirn hauchte, störte ihn nicht einmal. Der Glücksrausch war atemberaubend, schon jetzt liebte er seine Gefährtin, die noch keine Woche auf dieser Welt war.
Nico, Chris und Patrick saßen im Tattoo-Shop, während sich die Anderen entschlossen hatten, doch lieber in ein Cafe zu gehen. Die beiden Schattenkrieger sahen zu, wie der Spanier sein Zungenpiercing bekam. Selbst als es gestochen wurde, verzog der Krieger keine Mine, verloren die dunkelbraunen Augen ihr Lächeln nicht. Im Gegenteil, sie blitzten einen Moment strahlend auf. Zu schnell, als dass es der Mensch vor dem Werwolf bemerkt hätte. Der Drachen auf dem rechten Schulterblatt des Vampirs nahm ebenfalls Gestalt an. Nur noch das Piercing des zweiten Wolfes fehlte. Chris knurrte leise, während der Piercer die Brust seines Gefährten desinfizierte. Nico beruhigte ihn mit ein paar gälischen Worten und leicht tauber Zunge. Der Vampir musste nun doch über den mehr gelallten Trost lächeln. Auch der Schattenkrieger verzog keine Mine beim Stechen des Piercings, sonder grinste seinen Gefährten nur frech an. Er solle damit aufhören, sonst würde ihm der Vampir hier in der Öffentlichkeit an die Wäsche gehen, ließ dieser ihn wissen. Der Spanier, der ihre Gedanken las, drehte sich pustend um, als Patrick mit einem – Mach doch – antwortete. Chris streckte ihm die gepiercte Zunge raus. Eine Stunde später verließen die Drei den Shop, zufrieden mit den Ergebnissen. Das Mittagessen gab schließlich Clyde aus, während Ramon versprach, ihnen später im Offizierscasino einen Drink auszugeben. Den Nachmittag verbrachten sie mit shoppen, Nico geriet bei den vielen Geschäften in einen Kaufrausch. Matthew bekam eine neue Lederhose, für die Anderen ließ der Spanier auch etwas Geld springen. Bis dessen Gefährte fragte, wie viel dieser denn auf dem Konto habe. Plötzlich wand sich der Wolf ab, verschwand nach draußen. Clyde folgte ihm, denn er spürte als einziger, dass es ein Geheimnis gab, welches der Andalusier nicht ansprach. Er bat Vincente darum, mit den Anderen doch schon mal nach Elmendorf zurück zu fahren, sie würden sich später ein Taxi nehmen. Der Schotte fand den Wolf in einer nahegelegenen Kirche wider. Mit gesenktem Kopf, die Hände auf die Knie gelegt. Ob sie etwas Trinken gehen wollten, fragte der Vampir leise, um die anderen Besucher nicht zu stören. Er bekam ein Nicken zur Antwort, während Nico nervös mit seinem Piercing spielte. Sie fanden eine ruhige kleine Bar, setzten sich dort in eine Nische. Der Highlander bestellte Whisky für sich und spanischen Rotwein für seinen Begleiter.
„Du bist voller dunkler Geheimnisse Nico, kannst diese aber sehr gut verbergen!“ Stellte Clyde auf Spanisch fest. „Manchmal ist es nicht empfehlenswert alles für sich zu behalten. Das haben auch ich und Alistair einsehen müssen! Ich vertrau mich oft Corey an und mein Zwilling mir.“
„Vincente ist seine Herkunft nicht wichtig, Colin hasst seine Ziehfamilie. Sonst wäre alles längst aufgeflogen!“ Kam es leise von dem Spanier, er trank das Rotweinglas aus, bestellte sich stattdessen einen doppelten Whisky.
„Was wäre aufgeflogen, mi amigo!“ Die braunen Augen seines Gegenübers wurden dunkel, senkten sich auf die Tischplatte.
„Was für ein kaltes Arschloch Nico Antonio del Niro ist!“ Der Krieger schluckte sichtbar. „Mir hat es gereicht, was mein Alter mir antat, die ständigen Kopfschmerzen, das Wolfsgift, welches mich innerlich auffraß. Ich hatte nicht nur Beziehungen in Adelskreisen. Sondern auch ein paar Freunde in der Rocker-Szene. Für eine schöne Summe begeht dort auch mal jemand einen ordentlichen Auftragsmord. Kurz nach meiner Flucht, wollte ich noch einmal mit meiner Mutter sprechen. Ihr sagen, dass es mir leid tat! Ich erreichte sie nicht, rief bei ihrem Bruder an.“ Wieder schluckte der Spanier. „Er sagte mir, dass sie sich von einem Felsen ins Meer gestürzt habe, weil sie meinen Vater nicht mehr ertrug, nehme er an. Jetzt reichte es mir endgültig, ich rief einen Bekannten aus der Rocker-Szene an. Erzählte ihm was er machen sollte. Arm war ich noch nie, 10.000 Euro Taschengeld von meinen Eltern und noch dazu mein nicht schlechter Lohn als Betriebswirt mit Führungsposition. Ich wusste, dass ich Alleinerbe war. Hatte bereits vor einigen Jahren mit einem Rechtsanwalt besprochen, dass das Anwesen verkauft werden sollte, die Angestellten jeweils eine angemessene Summe erhalten. Nach dem Mord regelte der Anwalt alles, vor einem halben Jahr war dann die Kohle auf meinem falschen Konto, wie ich es festgelegt habe!“ Nico bestellte sich einen neuen Whisky, leckte sich dabei über die trockenen Lippen. Clyde sah sich in den Bar um, der Wolf würde jemanden zum Trinken brauchen. Er selbst hatte sich bereits im Cafe etwas Menschenblut gegönnt, Vincente dabei zusehen lassen. Die Augen des Spaniers leuchteten, als der blonde Kellner neue Getränke brachte. Wortlos zog der Schotte ihn an sich, biss sich mit den Fängen auf die Lippe. Die anderen Gäste sahen ein Männerpärchen, dass seine Liebe offen zeigte. Nur der Weißblonde spürte, wie der Dunkelhaarige sein Blut trank. Nach ein paar kräftigen Schlücken ließ Nico von ihm ab.
„Du musst ganz schön was geerbt haben, so freizügig, wie du heute mit deinem Geld umgegangen bist.“ Bemerkte der Vampir.
„Alleine das Anwesen hatte einen Wert von zehn Millionen Euro. Dazu das Familienvermögen von dreißig Mille und zwei Villen im Ausland von jeweils fünf. Auf meinem Konto liegen über fünfzig Millionen, weil ich meist von meinem nennen wir es Taschengeld gelebt habe! Die knapp siebenhundert Dollar, die ich heute ausgegeben habe, machen mich also nicht arm! Komm lass uns gehen, ich hab Sehnsucht nach Matt! Ach bitte, Clyde behalt das was ich dir gesagt habe für dich!“
„Bei mir ist dein Geheimnis sicher, selbst Chris-Angel oder Kilian werden es nicht in meinen Gedanken finden!“ Versprach der Schotte und bezahlte ihre Rechnung. Sie holten sich ein Taxi nach Elmendorf. Zeigten am Eingang ihre Ausweise und wurden von einem Militärfahrzeug zum Offizierscasino gebracht.
Ramon und Kilian standen rauchend vor dem Gebäude beobachteten die beiden Krieger, die aus dem Jeep stiegen. Clyde bedankte sich mit militärischer Disziplin bei ihrem Fahrer, während Nico sich sofort eine Zigarette drehte. Der Wolf wirkte irgendwie erleichtert und niedergeschlagen zu gleich. Die braunen Augen richteten ihren Blick auf den Boden, als er sich den beiden Schattenkriegern bewusst wurde. In Gedanken bat Ramon jetzt alleine mit seinem Cousin sprechen zu können. Der Krieger der Schatten gewährte ihm seine Bitte. Ging mit Clyde zurück zu den anderen ins Casino. Der Soldat führte den Wolf an eine ruhige Stelle, die etwas abseits der Gebäude und des Rollfeldes lag.
„Dein Vater ist ermordet worden, Nico!“ Ließ Ramon ihn wissen.
„Und?“ Kam es unterkühlt von seinem Cousin zurück, der in die Sterne sah. „Es interessiert mich nicht, er hat mich verstoßen.“
„Emilia hat mir geschrieben, dass Mutter ausgerastet sei, als sie erfuhr, dass du Alleinerbe bist, gerade derjenige, der das Haus del Niro ins Verderben stürzte. Gerade dieser Teufel bekomme das Geld, soll meine Mutter geschrien haben.“ Nico wand den Blick von den Sternen ab, schaute stattdessen seinen Cousin an, die dunkelbraunen Augen waren fast schwarz.
„Willst du mir den Mord anhängen, Ramon?“ Wollte er rau wissen.
„Hab ich einen Grund dazu? Vielleicht, weil du mal eben im Kaufrausch 700 Dollar für deine Verwandtschaft und Freunde über hast! Du hast gelernt mit dem Dolch umzugehen, aber so gut schießen konntest du zu dem Zeitpunkt noch nicht. Außerdem warst du seit acht Wochen verschwunden, als es geschah.“ Die schwarzen Augen füllten sich mit bitteren Tränen, wie schon bei Clyde. Ramon trat auf Nico zu, nahm ihn in den Arm. Ein Schatten stand zwischen den Bäumen, Vincente, dachte der Pilot. Der Krieger begann an seiner Schulter zu schluchzen.
„Scht, mi pequeño lupo, mein kleiner Wolf! Du hattest alles Recht dazu, zu tun, was du getan hast. Ich verstehe dich, Nico! Er hat uns kaputt gemacht, er war es, der wollte, dass ich in Granada exorziert werde. Dich trifft keine Schuld!“ Der Schatten zwischen den Bäumen bewegte sich, kam auf sie zu, es war nicht Vincente sondern Matthew.
„Matt wird mich dafür hassen, Ramon! Ich bin nicht besser, wie sein Alter!“ Schniefte der Spanier verzweifelt. „Er wird mich hassen, nur noch mit mir zusammen sein, weil wir gebunden sind!“ In den Augen des Vampirs schimmerten Tränen, lag unendliches Mitleid und Liebe. Die Hände waren zu Fäusten geballt, damit er seine Schattenmagie nicht auf irgendetwas oder jemanden entlud. Als Matthew sprach klang seine Stimme rau und tödlich. Sie ließ Nico in Ramons Umarmung zusammenfahren, sich fester an seinen Cousin drücken.
„Ja ich hasse, Nico! Ich hasse abgrundtief!“ Er ging langsam weiter auf die beiden Spanier zu, blieb einen Meter vor ihnen stehen. „Unsere Väter, deinen und meinem, weil sie das Leben ihrer Söhne zerstört haben! Weil mein geliebter kleiner Wolf hier steht und verzweifelt! Sollte ich diese Männer jemals in der Hölle treffen, dann bring ich sie noch einmal um! Dafür sind die Götter meine Zeugen!“ Matthew trat ganz hinter seinen Geliebten, drehte ihn zu sich um, drückte ihn dann gegen den nächsten Baum. „Noch etwas mein schöner Andalusier, du gehst jetzt mit mir zum Flieger und dann spielen wir, verstanden. Wir spielen, wie wir es noch nie getan haben!“ Ramon drehte sich lächelnd um, ging ein paar Schritte.
„Wir schlafen heute Nacht eh hier, ich bin leicht angetrunken und möchte nicht mehr fliegen. Jack hat uns Zimmer in der Kaserne besorgt. Beschmiert mir die Sitze nicht, sonst bringt mich Aidan um!“ Er lachte zufrieden, bekam keine Antwort mehr von dem Pärchen, dass sich bereits leidenschaftlich küsste. Er bekam Lust mit Gavin auf ihr Zimmer zu verschwinden. Jack war eh bereits stark angetrunken und Clyde besaß genug militärische Erfahrung, um die anderen Krieger zu zügeln. Jemand hielt Ramon fest, zog ihn in die Dunkelheit, Lippen pressten sich hart und fordernd auf die seinen. Aftershave mischte sich mit dem Bindungsgeruch eines Wolfes.
„Wenn du nichts machst, geh ich einem dieser geilen Kerle im Offizierscasino an die Wäsche!“ Zischte der Schotte an seinem Ohr. Es klang rau und erotisch zu gleich.
„Ach wirklich?“ Säuselte der Spanier, glitt dabei unter das enge Shirt seines Geliebten. „Dann muss ich wohl was unternehmen, mi amor!“ Gavin presste erneut seinen weichen Mund auf den des Geliebten. „Aber nicht jetzt, ich bin betrunken und müde.“ Provozierte Ramon, gähnte dabei gespielt. Ehe er sich versah, fand er sich auf den Armen des Schotten wieder, der ihr Zimmer bereits begutachtet hatte. In Wolfsgeschwindikeit ging es nun in diese Richtung. Wurde der Spanier auf eines der Betten geschmissen. An Schlaf dachte in dieser Nacht keiner der Nachtwesen in der Kaserne.


Kapitel 20



Was waren zwanzig Jahre in der Welt der Werwölfe und Vampire? Dean stellte fest, dass sie viel zu schnell vergingen. Ihre Freundschaft zu den Soldaten von Elmendorf und Fort Richardson bestand auch weiterhin. Die gebunden Paare lebten ihre Liebe noch genauso, wie in jenem Sommer, als sie begann. Sein Bruder Pádraig war vor zehn Jahren aus seiner Hütte ausgezogen, als er diese hübsche junge Frau in Anchorage kennenlernte. Fünf lange Jahre blieb er in der Stadt, dann kehrte er mit seiner Frau und einem kleinen Sohn zu ihnen zurück. Kiran und Dana waren mittlerweile genauso glückliche Eltern eines Zwillingspärchen. Das Mädchen und der Junge siebzehn Jahre alt. Jana-Kira und Guinevere zwei wunderschöne junge Damen. Ravens und Doves Tochter schien Cody zu mögen, denn sie sah dem hübschen blonden Vampir mit seinen dunkelblauen Augen oft nach. Gordon hingegen hatte seine Gefährtin bereits gefunden. Er würde bald Kyla das Jawort geben. Franks Tochter entschied sich mit fünfzehn für die Verwandlung, trug das Blut ihres geliebten Vaters in sich. Alle der einst kleinen Kinder waren mittlerweile geweihte Krieger und Kriegerinnen.
Dean kehrte in die Wirklichkeit zurück, als ihm das Übungsschwert aus der Hand gerissen wurde. Er sah in dunkelgrüne Augen, die ihn musterten. Tristan schien zu merken, dass er mit seinen Gedanken nicht bei ihrem Training war. In der letzten Zeit wirkte der Krieger des Lichts oft nachdenklich. Sah den jüngeren Vampiren und Wölfen nach. Die älteren fragten sich bereits, wann der hohe Krieger endlich seine Gefährtin zu sich nahm, sich ganz an diese band. Worauf wartete Dean noch? Tristan wand den Blick automatisch seiner Tochter zu, die mit seinem Sohn trainierte.
„Sean-Angel, du musst das Schwert weiter oben am Griff fassen!“ Korrigierte er seinen fünfzehnjährigen liebevoll. Er hatte die braunen Haare des Vaters und die dunkelblauen Augen seiner Mutter.
„Ach Daddy, dass hab ich ihm schon fünfzig mal gesagt!“ Meldete sich Jana-Kira zu Wort. „Ich geh jagen, hab keine Lust mehr!“ Die junge Schönheit lächelte dabei Dean an, wand sich danach ab. Ihr Weg führte jedoch erst zu Cody, der in seiner Hütte saß und las. Er hob den Kopf, als seine Schwester eintrat. Betrachtete diese eingehend. Sie trug wie so oft ein schwarzes Top, die silberne Spange der Krieger in den Haaren, den Dolch am Gürtel der geschnürten Lederhose. Er wusste vieles von seiner kleinen Schwester, was sonst kein anderer wusste, nicht einmal ihre Eltern. Jana-Kira musterte ihn ebenso. Die hellblonden leicht gewellten Haare fielen offen über seine Schultern, bedeckten das Dragon-Tattoo auf seiner rechten Schulter. Er war einer der wahren Dragon, so wie ihre Mutter und Sean-Angel ein schwarzer. Geweiht durch den Dragon Lord. Auch wenn er den schwarzen Drachen in sich trug, war Cody ein ruhiger und besonnener Vampir und Schattenkrieger. Als er sich erhob, fiel der Blick seiner Schwester auf den Dolch am Gürtel. Er lächelte, wie er es meistens tat.
„Und hast du mit Gwen gesprochen, Bruderherz?“ Wollte Jana-Kira wissen.
„Ja, du hattest Recht Schwesterchen, sie empfindet tatsächlich wie ich. Ich werde später mit Raven reden und um die Hand seiner Tochter anhalten.“ Cody lächelte, bei dem Gedanken, wie es sein Zwilling mit Kyla gemacht hatte. Sie waren einfach zum See gefahren, hatten sich gebunden und anschließend ihren Eltern gesagt, dass sie heiraten würden. Seine Schwester ließ sich auf einen Stuhl sinken, ihre grünen Augen wirkten traurig. Sie tat ihm unendlich leid, schon seit Jahren wusste sie, dass sie an den Krieger des Lichts gebunden war, doch Dean ging ihr immer wieder aus dem Weg. Irgendetwas mussten Gordon und er unternehmen um ihrer kleinen Schwester zu helfen. Jana-Kira litt mittlerweile darunter, dass ihr Gefährte nicht zu ihr stand. Wie ihr Vater stand die Vampirin jetzt auf und ging einfach, sicher würde sie einen langen Spaziergang durch den Wald machen, erst zum Abendritual zurückkehren. Cody beugte sich wieder über sein Buch, kam jedoch nicht zum Lesen. Denn kaum versucht er sich auf den spanischen Text zu konzentrieren, wurde die Tür zu seiner Hütte erneut aufgerissen. Sein Zwillingsbruder stürmte, in seiner ungestümen Art, in den kleinen Raum. Griff einfach nach der Whiskyflasche, die auf dem Tisch stand und nahm einen kräftigen Schluck daraus.
„Mir reicht es Cody!“ Fuhr er auf.
„Was ist denn los, dass du so wütend bist?“ Erkundigte sich der Jüngere.
„Ich kann nicht mehr sehen, wie sich Jana und Dean selbst quälen. Céllí Mór, er ist seit Jahren auf sie geprägt und doch verschmäht er unsere Schwester. Alle sehen, wie die beiden leiden und keiner unternimmt was. Weder unsere Eltern, noch der Krieger der Schatten oder ein anderer.“ Gordons verzweifelte Wut ließ den Dragon in Codys Seele rumoren. War dieser einmal geweckt, konnte es passieren, dass er seine Ruhe verlor. Was gerade jetzt geschah. Ohne seinen Zwilling weiter zu beachten rannte der Vampir aus der Hütte. Er lief geradewegs in die des Kriegers des Lichts, der auf dem Bett lag und las. Ehe sich der dunkelhaarige Vampir versah, hatte er den Dolch des Jüngeren an der Kehle. Zwar benutzte Cody die stumpfe Seite, aber die Geste war eindeutig eine Kriegserklärung.
„Geht man so mit einem der hohen Krieger um, Schattenkrieger?“ Rügte Dean den Sohn Alistairs.
„Geht man so mit seiner Gefährtin um, wie du es tust Krieger des Lichts?“ Gab dieser rau zurück, versuchte dabei jedoch seinen Dragon etwas zu zügeln. Der Ältere schob vorsichtig den Dolch von seiner Kehle, war der Halbschotte wütend, glich er sehr seinem Onkel Kilian. Einige Sekunden funkelten die dunkelblauen Augen des Dragon noch angriffslustig, dann senkte sich der blonde Kopf.
„Es tut mir leid, mo Thiarna, aber ich liebe meine Schwester und möchte sie genauso wenig leiden sehen, wie Euch.“ Entschuldigte sich Cody aufrichtig. Dean spürte, dass dessen Zwilling draußen vor der Tür stand. Gab ihm nur in Gedanken zu verstehen, er könne eintreten. Gordon besaß nicht die Achtung vor dem Dragon, die der Lichtkrieger auch heute noch hatte. Er griff seinen Bruder bei den Schultern und drückte ihn sanft aber bestimmt auf einen Stuhl. Ein weiterer Blick genügte, damit dieser seinen Drachen einfing.
„Musste das sein Cody?“ Der Angesprochene schüttelte den Kopf. „Geh und rede mit Raven und Dove, ich kümmer mich um die Sache!“ Wenn Gordon eines konnte, dann war es Dinge auf eine friedliche Art zu regeln. Etwas, dass er von Alistair gelernt hatte. Nicht immer war es sinnvoll gleich zur Waffe zu greifen, sondern oft reichte auch ein klärendes Gespräch. Der Schotte hatte dieses von Tristan gelernt, der häufig Streitigkeiten unter den Kriegern mit Worten schlichtete. Der seine Kinder auf diese Art erzog. Cody ging mit gesenktem Kopf, während Dean für sich und Gordon Tee kochte.
„Sie ist wieder mal alleine auf die Jagd gegangen, oder?“ Wollte der Krieger wissen, während er darauf wartete, dass das Wasser zu sprudeln begann. Er hörte, wie der Jüngere sich an seinem Tabak bediente.
„Ja, du kennst sie doch!“ Bekam er zur Antwort. „Dean, warum machst du das? Warum lässt du nicht endlich zu, dass ihr euch ganz bindet? Jana-Kira ist zwanzig, eine wunderschöne und erwachsene Frau!“
„Weist du, wie lang ich keine Frau mehr geliebt habe? Mehr als zwanzig Jahre, Gordon! Ich möchte deiner kleinen Schwester nicht weh tun. Habe Angst sie zu verletzten!“ Das Teewasser kochte und er füllte es in die Kanne mit dem Indianertee. Der junge Schattenkrieger lehnte sich rauchend neben ihn an die Anrichte.
„Nico und Matthew haben mir erzählt, wie krank sie waren, als sie ihre Liebe zueinander versuchten zu verstecken. Sie sagen, dass es so weit gehen könnte, dass die Gefährten zu Grunde gehen. Ich glaub nicht, dass dich die Sache so kalt lässt, wie du tust!“ Gordon beobachtete das Gesicht des Kriegers neben sich. Dean hatte eindeutig Tränen in den Augen.
„Als mo beag noch ein Kind war, fiel es mir nicht schwer. Denn es wäre einfach nur falsch gewesen. Ich konnte deine Schwester in den Arm nehmen, ohne mich dabei schlecht zu fühlen.“ Er schluckte die Tränen herunter goss sich Tee in seine Tasse. „Doch um so älter Jana-Kira wurde, um so schwerer war es für mich!“ Mit den nächsten Sätzen brach er sein Schweigen. „Ich weiß, wie sehr ihr eure kleine Schwester liebt. Dass du und Cody sie in guten Händen wissen wollt. Bei mir wäre sie es nicht!“ Dean wartete auf die Frage, warum. Doch Gordon nahm sich erst einmal einen Tee, betrachtete eine Weile schweigend den Krieger des Lichts. Dem langsam ein paar Tränen über die Wangen rollten. So hatte er diesen noch nie gesehen, der hohe Krieger gab seine Gefühle nicht vor den anderen preis, wie er es jetzt tat. Der junge Schattenkrieger stellte fest, dass ihm Dean großes Vertrauen schenken musste.
„Warum wäre meine Schwester bei dir nicht in guten Händen, mo Thiarna?“ Fragte er vorsichtig, der Krieger des Lichts setzte sich an den kleinen Tisch. Er griff unbewusst nach dem Röhrchen mit Beruhigungstabletten in seiner Hosentasche. Schluckte ebenso gedankenlos einige der Pillen. Jahrelange Verzweiflung bahnte sich einen Weg aus seiner Seele. Die Tabletten fielen ihm aus den zitternden Händen, rollten über den Tisch und Boden.
„Weil ich ein versoffenes und Tabletten süchtiges Stück Dreck bin! Weil es schon lange Conner ist, der die Krieger und mich im Gleichgewicht hält! Der spürt, wenn ich nicht in der Lage bin, meine Leute zu führen. Pádraig ist nicht umsonst einige Jahre in Anchorage gewesen, Gordon, er hat es nicht mehr mit mir ausgehalten!“ Dean vergaß sich, begann zu Schluchzen, brach schließlich völlig zusammen. Gordon rief in seinen Gedanken nach Kilian, Conner und dem Bruder des Kriegers. Legte den zitternden Vampir dann auf sein Bett. Er schützte seine und Deans Gedanken vor Jana-Kira, sie sollte nicht wissen, was mit ihrem Gefährten los war. Pádraig setzte sich auf die Bettkante, nahm seinen Bruder einfach in die Arme. Kilian hielt seinen Neffen zurück, als dieser gehen wollte. Stattdessen ging Conner sofort wieder.
„Wie lange soll ich dieses verdammte Spiel noch spielen, Dean? Wie lange soll ich deine Gefühle und Gedanken noch von meiner Nichte fernhalten? Jana-Kira ist nicht doof, Deaglan!“ Sorge und Wut mischte sich in die Worte des Kriegers der Schatten. Er bekam jedoch keine Antwort, nur das Schluchzen seines Gegenstücks war zu hören. Was Pádraig dann tat, entsetzte Gordon tatsächlich. Der Krieger legte Dolch und Spange ab, bevor er nach der Klinge seines Bruders griff, die auf dem Nachtisch lag. Er drehte ihn auf den Rücken, kniete sich so über diesen, dass er wehrlos ausgeliefert war. Den Dolch mit beiden Händen erhoben, blickte der Vampir auf den Liegenden hinab. Eiskalte dunkle Augen, gefühllos, leer.
„Es gibt zwei Möglichkeiten dieses Leid zu beenden. Die erste wäre, du gehst zu deiner Gefährtin, nimmst sie in die Arme und machst sie ganz zu der deinen. Die zweit Möglichkeit, du bittest mich dir den Dolch ins Herz zu rammen. Deine Qual hätte ein Ende, der Dragon Lord würde die Krieger im Licht weiter führen. Jana-Kira würde zwar leben, doch für immer unglücklich sein, sich niemals binden können. Wir alle würden mit dieser jungen Schattenkriegerin leiden. Entscheide dich Bruder, sonst mach ich letzteres!“ Wie in Zeitlupe senkte sich die glänzende Klinge, Gordon wollte einschreiten, doch Kilian hielt ihn fest. Dean sah auf die Waffe, schaute zu wie sie sich seinem Herz näherte. Pádraig zitterte nicht einmal dabei. Nur noch ein paar Zentimeter, dann wäre es vorbei. Das Gesicht seiner Gefährtin tauchte vor ihm auf, die lächelnden dunkelgrünen Augen.
„Bring ihn um, Pádraig und ich geh in den Wald schau mir ein letztes Mal die wunderschöne Landschaft an, dann werdet ...“ Conner hielt Jana-Kira an den Oberarmen fest.
„Nein, hört auf! Sag so etwas nicht mo ghrá!“ Dean bäumte sich unter seinem Bruder auf, der versuchte sich mit den Händen abzustürzen. So jedoch nur erreicht, dass ihn dieser vom Bett stoßen konnte. Mit zwei schnellen Schritten war der Lichtkrieger bei seiner Gefährtin und dem Dragon Lord. Er funkelte seinen Krieger wütend an, während ein herber Geruch den Raum zu füllen begann. Hatte er sich vor ein paar Minuten noch in seiner Verzweiflung verloren, so tat er es jetzt in seiner Liebe. Er vergaß die zwei Wölfe und zwei Vampire im Raum, sah nur noch seine Gefährtin. Als Jana-Kira leicht den Kopf zur Seite neigt, biss er zu. Die dunkelgrünen Augen der Schattenkriegerin leuchteten glücklich auf. Der Krieger des Lichts hob lächelnd den Kopf, betrachtete seine glückliche Gefährtin.
„Gordon es tut mir leid, aber ich kann eure Trauzeremonie nicht führen!“ Bemerkte Dean nun und sah den Bruder seiner geliebten Jana-Kira an.
„Warum nicht?“ Der Schattenkrieger brauchte etwas länger, als es sein Zwilling gebraucht hätte um zu verstehen.
„Weil wir gemeinsam heiraten werden, du kleiner Dummkopf!“ Wies ihn seine Schwester zurecht. „Du und deine Kyla, Cody und Gwen, so wie Dean und ich, Bruder!“ Jetzt verstand auch Gordon und fiel zuerst seiner Schwester um den Hals. Kilian betrachtete Dean, der seit langer Zeit noch einmal glücklich aussah. Die fast schwarzen Augen strahlten wie zwei Sterne. Pádraig verließ die Hütte seines Bruders, schlenderte durchs Dorf zur Gemeinschaftshütte, wo die Frauen saßen und gemeinsam nähten. Er nahm seine schwangere Gefährtin in die Arme. Gab ihr einen leidenschaftlichen Kuss auf die Lippen. Nur die wenigsten wussten, dass er zurückgekehrt war, weil ihn Kilian und Conner dazu zwangen.
„So meine Liebe, jetzt bin ich nur noch für dich und unsere Kids da!“ Flüsterte der Krieger und streichelte sanft über den Babybauch. „Du kannst deiner Tochter endlich ein Brautkleid nähen Jessy!“ Fügte er lauter hinzu.
„Den Götter sei Dank! Lange hätte ich es mir nicht mehr mit angesehen!“ Stellte die Schattenkriegerin fest und sah zu ihrem Ältesten, der gerade mit seiner Verlobten in die Hütte trat. Gordon lächelte!
„Cody war schneller Mam!“ War alles was der Sohn sagte.
Der junge Dragon stand schon fast unbeteiligt in seiner Hütte, hörte sich still die Standpauke Tristans an. Erst als dieser fertig war, wand sich der blonde Schattenkrieger um.
„Soll ich zusehen, wie deine Tochter zerbricht, Tristan? Vergiss es einfach okay, sei lieber froh, dass mich mein Bruder gezügelt hat!“ Fuhr er auf.
„Du bist so was von respektlos mein Freund!“ Die ruhige Art seines Ziehvaters brachte ihn noch mehr in Rage. Wieder suchte sich der schwarze Dragon einen Weg um aus seinem Gefängnis auszubrechen. Er fand ihn nicht, denn sein Wächter betäubte ihn mit einer Rauchkräuterzigarette. So lange, bis sie ihm Tristan aus der Hand nahm und im Aschenbecher ausdrückte. Dann nahm der Ältere den Jüngeren in die Arme, strich sanft über die hellblonden Haare.
„Komm Cody, beruhig dich wieder! Es ist vorbei, Dean hat Jana-Kira endlich anerkannt. Jedenfalls lässt mich das Jessy gerade wissen. Fang deinen Dragon ein mein Sohn, damit du gleich beim Ritual ruhiger bist.“ Cody hob den Kopf, sah in das lächelnde Gesicht des Deutschen. Wenn ihn dieser mit mein Sohn ansprach, dann tat er es, weil er ihn liebte, wie seinen eigenen Sohn. Wieder einmal wurde dem jungen Krieger bewusst, dass der Ältere keine Unterschiede machte. Jana-Kira und Sean-Angel, waren seine leiblichen Kinder und doch behandelte er auch ihn und Gordon, als seien sie es ebenso. Er ließ sich von Tristan mit in die Gemeinschaftshütte schleifen, obwohl er lieber alleine gebetet hätte. Schweigend nahm Cody seinen Platz zwischen seinem Zwilling und seiner überglücklichen Schwester ein. Er spürte die ganze Zeit den Krieger des Lichts, der irgendwo hinter ihm stand. Genauso seinen Vater, der von ihm erwartete, dass er sich vor allen Kriegern bei dessen Herrn entschuldigte. In dieser Hinsicht war Alistair hart zu seinen Söhnen.
Als der Krieger der Schatten das Ritual für beendet erklärte, blieb Cody auf dem Boden knien. Ein Zeichen, dass er etwas verbrochen hatte, sich vor den Kriegern für schuldig bekannte. Er ließ die Gedanken der Anderen an sich vorbeiziehen. Eine Weile verstrich, in der weder die beiden hohen Krieger noch der Dragon Lord ihn aufforderte, sein Vergehen auszusprechen. Er hörte zwar, dass die Krieger im Raum sich unterhielten, achtete jedoch nicht auf ihre Worte. Um so länger der junge Schattenkrieger kniete, um so größer wurde seine Angst. Doch dann streckte sich ihm eine Männerhand entgegen, die Hand des Kriegers des Lichts.
„Steh auf Cody! Du hast nichts getan, was falsch war.“ Sprach Dean laut genug, dass es alle verstanden.
„Er hat dich verletzt, mo Thiarna!“ Mischte sich Alistair mit väterlicher Strenge ein. Einen Moment herrschte Stille.
„Er hat das getan, was ein Bruder für seine Schwester tut, Highlander. Sich um deren Wohl gesorgt! Mein eigener Bruder hat mich in dieser Hinsicht mehr verletzt, als dein Sohn. Trotzdem verlange ich von Paddy nicht, dass er sich für schuldig erklärt. Ganz im Gegenteil, ich bin ihm und deinen Zwillingen dankbar!“ Dean sah seine Gefährtin an, während Cody mit gesenktem Kopf zu der seinen ging. „Denn diese drei Männer haben mich wachgerüttelt! Hiermit gebe ich offiziell meine Verlobung mit Jana-Kira O´ Harra-Kaufmann bekannt!“ Der Krieger des Lichts nahm die Hand seiner Gefährtin, zog sie zu sich. Gordon stieß seinen Bruder auffordernd in die Seite. Doch Raven stand auf und trat neben Dean.
„Wenn wir schon einmal bei diesem Thema sind! Alistair, dein Sohn hat um die Hand meiner Tochter angehalten und ich werde sie ihm geben.“ Jetzt war es der Schotte, der etwas überrascht aussah, darüber hatte Cody nicht mit ihm gesprochen. „Pass gut auf meine kleine weiße Fee auf! Herzlichen Glückwunsch zur Verlobung!“
„Das werde ich tun, Schwiegervater!“ Cody lächelte endlich wieder. „Danke für die Glückwünsche!“ Er nahm seine Guinevere in die Arme, sah seinen Vater an, der schweigend rauchte.
„Ich dachte immer Gordon wäre derjenige von euch beiden, der für Überraschungen sorgt. Dachte, du würdest zu mir kommen und mit mir darüber reden, wenn du deine Gefährtin findest, Cody. Aber diesmal habe ich mich wohl geirrt. Willkommen im Hause McDonald, Schwiegertochter!“ Der Schotte umarmte die junge Indianerin, zwinkerte dabei Jessica zu. „Und im Hause O´ Harra sicher auch!“
„Ganz bestimmt, denn ich freue mich für meine Kinder, dass sie ihr Gegenstück gefunden haben!“ Erwiderte die Schattenkriegerin. „Dean, jetzt bist du wirklich für immer in meinem Herzen!“ Ein Stuhl wurde zurückgeschoben und jemand verließ die Hütte. Doch dies bekamen die anderen Krieger kaum mit, denn sie alle wollten den Pärchen zur Verlobung gratulieren. Selbst der Bruder desjenigen bemerkte es nicht.
Kim lief weinend durch den Wald, denn dieser eine Satz zeigte ihm, wie sehr sich sein Leben verändert hatte. Damals in Inverness glaubte er, mit Jessica alt zu werden. Mit ihr eine Familie zu gründen und glücklich in einem kleinen Häuschen in Schottland zu leben. Jetzt über zwanzig Jahre später, war seine damalige Freundin und spätere Verlobte, Mutter von vier Kindern, die allen nicht die seinen waren. Glücklich verheiratet mit einem anderen Mann. Sie trug Dean noch immer im Herzen, aber was war mit ihm? Besaß auch er einen Platz dort? Wo war sein Platz überhaupt? Duncan und Kevin verliebten sich vor einiger Zeit in zwei Indianerinnen. Franks ganze Aufmerksamkeit galt seiner Tochter, die bald Jessicas ältesten Sohn heiraten würde. Doch wer dachte an den einsamen grauen Wolf? Scheinbar niemand, nicht einmal das Nachtwesen, in dessen Nähe er sich geborgen fühlte. Bei dem er das Kribbeln der Bindung auf seiner Haut spürte. Nicht einmal es! Kim trat in die Höhlen mit den heißen Quellen. Was würde dagegen sprechen, wenn er sich im angenehmen warmen Wasser die Adern öffnete, oder seinen Silberdolch ins Herz stieß? Seine Liebe zu seinen Brüdern, die ihn nicht mehr zu brauchen schienen? Die Sehnsucht nach dem Nachtwesen, welches seine Liebe nicht erwiderte? Nichts von allem schien ihm in diesem Moment wichtig. Langsam zog sich der Wolf aus, zu dem Tattoo der Dragon und der Krieger, waren mit den Jahren weitere gekommen. Bedeckten seinen linken Arm und den Rücken. Überwiegend keltische Tribals in schwarz gehalten. Gleich würde sie ein schöner langer und tiefer Schnitt am Unterarm teilen.
Mit dem Dolch in der Rechten ließ sich Kim ins Wasser sinken. Er bat die Götter nicht um ihren Beistand, sondern genoss ein letztes Mal die Wärme des Wassers. Ließ die wunderschönen Wälder in seinen Erinnerungen an sich vorbeiziehen. Die Gesichter seiner Brüder und des geliebten Wesens. Fast schon zärtlich setzte er die Klinge an. Doch dann wollte sie einfach nicht in die Haut scheiden, seine Hand gehorchte ihm nicht mehr, sondern öffnete sich. Der Dolch schwebte plötzlich in der Luft, über ihn hinweg und wurde hörbar in einen Gürtel geschoben. Ein warmes Kribbeln durchfuhr Kims Körper, schien die Tätowierungen nach zu malen. Zuletzt die der Krieger unter seinem linken Schulterblatt. Bei all seinen Gedanken, hatte er die Todeskrieger, das Schutzschild aller anderen Krieger vergessen. Er war nicht der Ersten, den einer von ihnen von einer Dummheit abhielt. Shane schützen sie schon vor Jahren. Ebenso Rea und auch William, dem hier bewusst wurde, was er in seinem langen Dasein alles verloren hatte. Jetzt war einer von ihnen in den Höhlen, legte schützend die Hand über das Leben des Schotten.
Kim wollte nicht wissen, wer es war, ob es derjenige war, nachdem er sich seit Jahren sehnte. Seit dem Tag, als dieser ihn von seinem ersten Selbstmordversuch abhielt. Es war der Tag an dem Frank und Kyla aus ihrer Hütte auszogen. Er den starken grünen Dragon aus seiner Umgebung verlor. Seine Reaktion darauf waren die Tattoos, der Ausbruch aus seinem alten Leben. Kim verlor mit den Jahren seinen grünen Dragon, er begann sich langsam schwarz zu färben. Nur mit der Fürsprache des Dragon Lords hatte ihn Kilian nie vor das Gericht der Krieger gestellt, weil er sich mit einem der anderen schlug. In den letzten Jahren war er dreimal des Dorfes verwiesen worden. Doch ein anderer Krieger sprach immer wieder für ihn, so dass man den rebellischen Wolf zurück holte. Fast ein ganze Jahr war das Längste, was er in der einsamen Hütte im Wald verbracht hatte. Die auch schon Kilian und Conner als Gefängnis diente. In der Kiran seine Dana verwandelte.
Kim spürte, wie der Todeskrieger seinen Dragon fesselte, um sich ihm sicher nähern zu können. Kleidung raschelte leise, als sie abgelegt wurde. Nur Augenblicke später verschwamm seine Sicht hinter Tränen. Zerbrach eine Gestalt den Bann, der seine Gefühle seit Jahren gefangen hielt.
„Du warst es selbst, der keine Liebe zulassen wollte, Kim Malcolm McLoud! Aus Angst vor den Konsequenzen dieser Liebe! Weil du glaubtest, dass du ihrer nicht würdig seist!“ Die Worte schmerzten mehr als Gedankenschläge, denn sie waren die reine Wahrheit. „Glaubst du, ich hätte mich all die Jahre in Arbeit geflüchtet, weil es mir Spaß macht? Was glaubst du, wer die Macht dazu besaß dich aus der Einsamkeit zu holen? Sicher keiner deiner Brüder, oder Colin und Ville! Céllí Mór Kim, ich ...“ Die Stimme erstickte unter Tränen, ließ die Sicht des Schottes wieder klar werden. Zitternde Hände lösten eine Silberspange aus braunen dicken Locken. Mit einem leisen Klirren fiel sie auf den Rand des Wasserbeckens. Der Todeskrieger roch nach Alkohol und Rauchkräutern, stellte Kim jetzt fest. Niemals hätte er geglaubt, dass man diesen brechen konnte, seine Stärke und Macht schien unverwüstlich. Doch scheinbar war es ihm gelungen. Denn vor ihm saß ein weinender Halbling, dem es völlig egal zu sein schien, welchen Rang er bei den Kriegern inne trug.
„Du bist betrunken und bekifft, Todeskrieger!“ Bemerkte Kim leise.
„Von einer Flasche Whiskey und zwei Rauchkräuterzigaretten? Ich bitte dich!“ Fuhr ihn der Andere an, dann etwas leise. „Ich wollt, Tristan und William hätten zugelassen, dass ich mich abschieße. Dann fiel es mir jetzt leicht, das hier zu ertragen! Meine Arbeit als Todeskrieger in dieser Sache zu machen!“ Plötzlich wurde sich der Schotte etwas bewusst, er hatte sich im Wald umbringen wollen, nicht hier in den Höhlen. Seine Gedanken waren so manipuliert worden, dass er es nicht einmal merkte. Der Todeskrieger bereits anwesend, als er herkam. Bevor ihn sein Weg zu den Quellen führte, musste er bestimmt drei Stunden durch die Wälder gelaufen sein. Genug Zeit für ein Nachtwesen, hierher zu kommen.
Die Wut nahm wieder überhand, der Schotte stürzte sich auf seinen Gegenüber. Mit Gedankenschlägen und Fausthieben rechnend, doch nicht mit der Gegenwehr, die kam. Der Todeskrieger senkte etwas den Kopf, im nächsten Moment spürte Kim spitze Fänger in seiner Kehle. Dann setzte der Rausch der Gefühle ein, jagte warme Schauer über seinen Körper, entlockte ihm einen wohligen Seufzer. Diesen nutzte der Todeskrieger und drückte dem Schattenkrieger das mit seinem schmalen Messer geritzte Handgelenk an die Lippen. Der Wolf musste notgedrungen das Blut schlucken. Es schmeckt so köstlich, wie keines zuvor. Jagte ihm einen neuen Schauer über die Haut. Der Brauhaarige ließ den Kopf gegen seine Schulter sinken, begann erneut zu schluchzen. Hinter ihnen raschelte etwas, so dass Kim sich umdrehte. Der Soldat wand ihm den Rücken zu, während er Holz zu einem Haufen zusammen legte. Der Schotte fragte sich, ob der weinende Mann in seinen Armen erfahrener in diese Sache ging, wie er. Hatte ihm William Dawson die Liebe gezeigt, so wie vor zwei Jahrzehnten dem Krieger der Schatten und dem Dragon Lord? Ein Zittern ging durch den bebenden Körper, im nächsten Moment hielt der Schattenkrieger einen Wolf in den Armen. Er stand auf, setzte sich mit dem Tier im Arm ans brennende Feuer. Ungeachtet des Blickes des Soldaten. Kim tat einen weiteren Schritt in ein anderes Leben, er zog die beiden Ringe von seiner linken Hand, steckte den einen jedoch zurück. Den Freundschaftsring, während der Verlobungsring nun in seiner Jacke verschwand. Der Wolf auf seinem Schoß hob den Kopf, sprach in seinen Gedanken.
„Ich brauch ein paar Minuten für mich, Kim! Aber keine Angst, ich will nur nachdenken, mich beruhigen!“ Das Tier trottete aus der Höhle, spürte die Blicke der beiden anderen Krieger, die ihm folgten.
„Er hätte dir wenigstens die Möglichkeit geben können, dich selbst ganz zu binden!“ Stellte William leise fest, während er sich eine Zigarette drehte.
„In meiner Sturheit? Nein Will, er kennt mich besser, wie manche glauben!“ Kim strich sich unbewusst über die Kehle. „Du warst auch die ganze Zeit hier, oder?“ Der Rothaarige senkte etwas den Kopf, nickte dabei. Er spürte plötzlich den Krieger der Schatten in seinen Gedanken und seinen Herrn, den Krieger des Lichts. Das sich verstärkenden Schutzschild, welches ihm erlaubt, Kim seine Erinnerungen sehen zu lassen.
Sie begannen nach einem Streit zwischen dem Schotten und dem Amerikaner, in der Hütte der beiden Soldaten. William wollte, dass man den blonden Schattenkrieger vor das Gericht der Krieger stellte, da er ihn mit dem Dolch verletzte. Doch sein Stubenkamerad wehrte sich dagegen. Versuchte verzweifelt für den Highlander zu sprechen, während der ältere Wolf sein Recht verteidigte. Irgendwann gab der Halbling auf, ließ sich einfach aufs Bett fallen. Die beiden Männer sprachen an diesem Tag nicht mehr miteinander, am nächsten war der Streit vergessen. Einige Zeit später, Kim wurde das erste Mal des Dorfes verwiesen, weil er Lean zusammengeschlagen hatte. Die beiden Soldaten sahen zu, wie man ihn in die einsame Hütte brachte. Am Abend erschien der Jüngere betrunken zum Ritual, doch außer seinem Mitbewohner bemerkte es keiner. Nach zwei Wochen bat der Lordkrieger, man solle den Schotten zurückholen. Die beiden hohen Krieger und der Dragon Lord gaben nach. Ein stiller und bereits leicht schwarzer Dragon kehrte zurück, die ersten Tattoos begann seinen Arm zu bedecken. Kim sah in Williams Erinnerungen, wie er selbst sich veränderte, wie er immer wieder seinem Gefährten aus dem Weg ging, ihn abwies. Er wurde erneut des Dorfes verwiesen, weil er mehrfach unentschuldigt dem Ritual fernblieb. Diesmal dauerte es drei Monate, bis es dem Halbling gelang ihn zurück zu holen. Zu diesem Zeitpunkt trank er bereits regelmäßig, William wusste von seinem Kummer, den er hinter Arbeit und der Kälte des Lordkriegers der Todeskrieger versteckte. Der rothaarige Soldat schien noch der einzige zu sein. Dann ein Streit zwischen den Zwillingen McLoud, während dem sich der Halbling fast einmischte. Später versuchte Duncan daran zu hindern, dass Kim erneut in die einsame Hütte geschickt wurde. Es gelang ihm nicht. Mittlerweile war William eingeweiht, zeigte seinem Kameraden bereits die Liebe. Hielt ihn in der Nacht in den Armen, als man Kim mit gefesselten Händen und im Beisein aller Krieger fort brachte. Der Commodore rutschte weiter in seine Sucht, begann nun sich mit Alkohol und Rauchkräutern zu betäuben. Der Pilot wand sich nach drei Monaten an dessen Halbbruder, sie versuchten gemeinsam dem Verzweifelten zu helfen. Doch es sollte weitere Monate dauern, bis man den Schotten zurückholte. Dies auch nur, weil Tristan versprach auf ihn und seinen Halbbruder zu achten. Ein nach außen gefühlloser Schattenkrieger kehrte zurück in ein Dorf, in dem er sich nicht mehr wohlfühlte. Zu einem Lordkrieger der Todeskrieger, der längst seine Macht gegenüber den hohen Kriegern verspielt hatte. Der sich fast nächtlich in den Schlaf weinte. Nur ruhig schief, wenn er betrunken in den Armen seines Freundes und Mitbewohners lag. Sich tagsüber in irgendwelche Arbeit stürzte oder bekiffte. Der starke Chris-Angel Bailey-Kaufmann war sichtlich gebrochen. Existierte nur mit der Hilfe des Kriegers der Schatten und seiner beiden Todeskrieger Corey MacNamara und Clyde McDonald. So wie der Hoffnung, dass seine Liebe zu dem blonden Schattenkrieger doch noch erwidert wurde. Nur für einen kurzen Augenblick war eben seine Stärke zurückgekehrt. Auch dies ließ William seinen Gegenüber spüren.
Kim fand weinend und an die Brust des Wolfssoldaten gedrückt zurück in die Höhle. Er war fassungslos darüber, wie sehr er sich selbst veränderte und wie stark Chris-Angel unter der verschmähten Liebe litt. Er empfand Schuldgefühle, gegenüber den anderen Kriegern. Denn ihm wurde plötzlich klar, dass nicht seine Brüder und Freunde ihn verließen sondern er diese. Er war es, der sich zurückzog, keinen mehr in seiner Nähe duldete. Williams Hand strich über seinen Rücken, die tröstende Geste war nicht unangenehm. Sondern im tiefen Herzen genoss Kim die Nähe, die er so lange nicht mehr spürte. Das Gefühl des leichten Kribbeln, als der Wolf seine Tattoos auf dem Arm nach malte. Seine Gedanken wanderten zu einem Schattenkrieger, der versucht hatte mit ihm zu reden. Er stand plötzlich vor der einsamen Waldhütte, als man den rebellischen Wolf das letzte Mal dorthin brachte. Matthew bot ihm damals an, ihm die Liebe zu zeigen, mit dem Schotten das Spiel zu spielen, mit dem er Nicos Herz eroberte. Der Ire ließ ihm auch jetzt noch die Option offen, doch für Kim war es ein Betrug an dessen Gefährten. Auch wenn dieser erklärte, dass er es akzeptieren würde. Er wollte nicht völlig unerfahren zu seinem geliebten Halbling gehen, wollte wenigstens einmal zuvor diese Art von Gefühlen spüren. Der Schattenkrieger bemerkte erst, dass er gedankenverloren eine rote Locke zwischen den Fingern drehte, als sich William etwas vorbeugte.
„Du machst dir Gedanken darüber, was Angel tun würde, wenn ich dir die Liebe zeige!“ Bemerkte der Wolf leise, sein Atem streifte dabei Kims Gesicht. Er nickte nur, denn die saphirblauen Augen nahmen ihn gerade gefangen.
„Ich würde es sogar wollten, mo beag Highlander!“ Wehte in diesem Moment die Stimme des Commodore durch die Gedanken des Blonden. Er sah, durch die Augen des Halblings, der auf einer kleinen Lichtung in der Nähe lag und die Sterne betrachtete. William hatte aufgehört dem Schotten über den Arm zu streichen, seine Hand lag auf Kims Brust. Sicher spürte der Soldat das rasende Herz.
„Ich tu es für dich, mo ghrá!“ Dachte der Schattenkrieger, wurde sich dessen jedoch erst bewusst, als ein warmer Hauch durch seine Gedanken ging. Im gleichen Moment beugte sich William vor, gab ihm einen zärtlichen Kuss auf die Lippen.
„Genieße die Zeit mit Will, er ist ein guter Lehrer. Ich liebe dich Kim!“
„Kommst du später hierher zurück Angel?“ Kim bekam plötzlich Angst, dass der Commodore ihn doch stehen ließ. „Bitte komm zurück!“ Chris-Angel verschwand aus seinen Gedanken. William küsste ihn wieder, diesmal fordernder.
„Er kommt zurück mein blonder Rebell.“ Flüsterte der Soldat, die Sehnsucht nach Nähe zerbrach allmählich die Schüchternheit des Schattenkriegers. Er erwiderte den Kuss, während er langsam das Hemd des Amerikaners aufknöpfte. Mit seinen Gedanken bei einem anderen Körper, ließ Kim das erste Mal, seit er sich von Jessica trennte, wieder diese Gefühle zu. Er spürte zwei schwarze Drachen, die ihn sanft hielten. Die ihn in die Welt entführten, die sie spürten. Kilian und Ramon ließen ihn nicht alleine. Mit ihrem Schutz ließ sich Kim ganz fallen, blendete einfach alles andere aus. Nur die Berührungen des Soldaten waren wichtig. Er stellte sich vor, dass es Chris-Angel war, der ihn liebkoste. Eine angenehme Wärme durchzog seinen Körper, ließ ihn zittern. Ein erlösender Schrei drang aus seiner Kehle, als ihn der Strudel des Höhepunktes mit sich riss. Erschrocken über sich selbst, zog sich der Wolf in eine Ecke zurück. Ihm wurde klar, was er in den letzten Jahren verdrängt hatte. Nur warum tat er sich das an? Weil er sah wie glücklich seine Brüder und all die anderen waren? Weil seine einstige große Liebe mit einem anderen im Glück lebte, vier Kinder besaß? Ja, denn alles hatte vor zwanzig Jahren mit Jessicas und Tristans Hochzeit und der Geburt von Jana-Kira begonnen. Damals begann er sich zu verändern.
Chris-Angel betrat die Höhle, betrachtete den nackten Schattenkrieger, der in der Dämmerung saß die Arme um die Knie geschlungen, den Kopf daran gelehnt. Die hüftlangen blonden Locken, wie ein Schleier, der seinen Körper bedeckte. Mit einem Nicken zum Abschied verließ William die Höhle. Langsam ging der Halbling auf den weinenden Schotten zu, der sich nun leicht in seinem Kummer wiegte. Der schwarze Drachen hatte den Kopf unter den Flügeln. Anders wie eben, hielt ihn Kim nun selbst in seinem Gefängnis. Vorsichtig strich ihm Chris-Angel die Haare über die Schultern. Der Schattenkrieger drehte den Kopf in seine Richtung. Traurige graue Augen sahnen ihn an, so viele Gefühle, die nicht in Worte zu fassen waren. Der Lordkrieger lehnte sich gegen die Wand, strich über die wunderschönen Locken des grauen Wolfes. Plötzlich legte dieser den Kopf in seinen Schoß. Tröstend fuhr ihm der Andere über den Rücken, setzte wie bei Colin und Kilian vor langer Zeit, seine Todeskriegermagie für etwas Gutes ein. Er genoss das Kribbeln auf seiner Haut, schloss die Augen um es nur zu spüren. So bemerkte er zwar, dass sich Kim wider aufrichtete, sah jedoch nicht, wie dieser sich über ihn beugte. Wie ein Windhauch strichen die Lippen des Schotten über die seinen. Legten sich dessen Arme um seinen Hals, das folgende Lippenbekenntnis, war das eines Verzweifelten. Chris-Angel kam es vor, als wolle der Schotte die letzten Jahre in einem Mal nachholen. Er spürte, wie dieser nach seinem T-Shirt griff, es mit einem Ruck zerriss. Weiche Lippen begannen nun seinen Körper zu liebkosen. Der Gefühlsregen schien kein Ende nehmen zu wollen. Der Soldat verlor sich darin, kam erst wieder zur Besinnung, als sie eng umschlungen vor dem Feuer lagen. Kims Tränen spürte er auf seinem nackten Rücken.
„Ich bin so ein großes Arschloch!“ Flüsterte der Schotte, Chris-Angel wand sich zu ihm um. Er sah erneut in traurige graue Augen.
„Das sind wir beide, mein tapferer Highlander!“ Er strich eine feuchte blonde Locke aus dessen Gesicht. „Ich bin immer noch Lordkrieger der Todeskrieger, hätte dich schon früher zur Bindung zwingen können!“
„Warum hast du es nicht getan, Angel?“ Kim legte den Kopf an seine starke Brust. „Vielleicht wäre dir dann einiger Kummer erspart geblieben, mo ghrá! Du hättest nicht begonnen zu trinken, dich nicht so oft in den Schlaf geweint und wärst glücklicher.“
„Ich wollte dich nicht verletzten, Kimi-Darling! Außerdem was das Trinken betrifft, das hab ich schon vorher getan. Schon bevor wir uns kennenlernten. So und jetzt hören wir mit der Vergangenheit auf! Lian lässt uns zwei Tage hier, die nur dir und mir gehören.“ Chris-Angel gab Kim einen zärtlichen Kuss. „Lass uns die letzten Jahre einfach nachholen!“ Dies ließ sich der Schotte nicht zweimal sagen.


Kapitel 21



Gordon folgte seiner Gefährtin und seiner Schwester in das Reservat. Schon seit Tagen war dieses Gefühl da, etwas würde geschehen. Auch Frank schien es zu merken, denn er betrachtete seine Tochter oft mit traurigen Augen. Ein Blick über die Schulter zeigte dem jungen Vampir, dass er nicht der einzig war, der dem Jeep der beiden Frauen folgte. Cody fuhr hinter ihm her. Sein Zwilling würde ihn schützen, das wusste er. Das große Dorf, genauso wie in Ravens Vision, voller Leben. Überall Touristen, Indianer, doch wo war ihr Feind. Irgendetwas störte die Gedankenverbindung, die Gordon zu seinem Zwilling und seiner Schwester hielt. Hatte Jana-Kira die Pistole eingesteckt, wie er es von ihr wollte?
Vor dem Reservatsladen hielt der Jeep, die beiden Kriegerinnen stiegen aus. Kyla zu dem gut gefüllten Dorfplatz hin, ihre Freundin zum Geschäft. Gordon beobachtete die Menschen genau, würde er früh genug sehen, wer der Schütze war, konnte er seine Gefährtin vielleicht schützen. Nur aus dem Augenwinkel sah er Cody. Der wahre Dragon stand da, die Augen geschlossen. Das Störfeld um ihre Gedanken verstärkte sich. Dann blieb die Zeit für den jungen Vampir stehen. Er spürte die Gefahr, wollte auf sie zugehen, doch konnte er nicht. Sie schien überall zu sein! Ein Knall der ihn taumeln ließ, Jana-Kiras Schrei, ein wütender schwarzer Dragon, der mit der Macht eines Schattenkrieger und Todeskrieger angriff. Erneut ein Knall, seine Schwester schoss aus dem Schutz des Jeeps. Codys kalte Stimme, die befahl, dass seine Schwester die Waffe niederlegen sollte. So nah, dass Gordon zusammen fuhr. Hände hielten ihn fest, als er zu schwanken begann. Er spürte, wie seine Gefährtin zu den Göttern ging. Der Indianer, der auf Jana-Kira gezielt hatte, sah entsetzt auf seine Waffe. Dann auf die Frau, die leblos auf dem Boden lag. Er alleine schien zu begreifen, was gerade geschehen war. Doch auch er würde sich nicht mehr daran erinnern. Die wunderschöne dunkelhaarige Frau mit den grünen Augen kam auf ihn zu. Im nächsten Moment, wand sich der Mann ab und ging.
„Danke Schwester, für deine Hilfe!“ Cody hielt noch immer seinen Zwilling fest. Der sich zitternd an ihn klammerte.
„Nicht du musst mir danken, Bruder, sondern ich dir!“ Gab Jana-Kira zurück. „Sie hat diesem Type befohlen auf mich zu schießen! Auf einen Verrat an den Kriegern steht immer noch der Tod!“
„Sie ist verdammt noch mal MEINE Gefährtin!“ Gordon erwachte aus seiner Starre, stieß den etwas schwächeren Cody von sich. „Ihr habt meine …!“
„Sei still Gordon! Deine Geschwister taten, was sie tun mussten!“ Frank nahm den Vampir in die Arme, drückte ihn gegen sich. In all seiner Trauer, spürte der Schattenkrieger doch die Hoffnung des grünen Dragon. „Ich wusste schon vor Jahren, dass es so kommen würde. Kylas Mutter war die Cousine von John Miller junior. Seit meine Tochter vierzehn war, hatte sie wider Kontakt zu ihrer Mutter. Ließ sich von dieser Hexe beeinflussen! Jana hat recht, Gordon, auf den Verrat, steht das Ende. Zum Glück wurde ein richtiger Verrat verhindert.“
„Sie ist deine Tochter, Schwiegervater! Du redest von ihr, als sei sie ein Stück Dreck! Empfindest du nichts für sie, ist dir Kyla egal?“ In Gordons Augen stiegen Tränen. Frank führte ihn zu einem zweiten Jeep, der etwas abseits stand. Seinen Vater sah der junge Vampir nicht. Dieser würde sein Motorrad zurück in ihr Dorf bringen.
„Meine Tochter ist mir nicht egal, immerhin hatte ich sie dreizehn Jahre an meiner Seite Schattenkrieger. Aber ich weiß nicht, was schlimmer für sie ist. Durch deinen Zwilling und Gedankenschläge zu gehen. Oder vor das Gericht der Krieger gestellt zu werden. Du als Schattenkrieger hättest zusehen müssen, wie sie durch einen der Todeskrieger geköpft wird.“ Frank schluckte, blieb jedoch ruhig. „Es tut mir unendlich leid, dass man dir deine Gefährtin genommen hat, Gordon! Es tut mir so leid!“ Der starke Krieger wand sich aus seinen Armen, sah aus dem Beifahrerfenster und weinte. Er fühlte nur Leere im Herzen, nicht einmal das Gefühl von Trauer war ihm möglich. In ein paar Tagen hätte er mit seinem Zwilling und seiner Schwester vor den Traualtar treten sollen. Jetzt würden die beiden alleine das Eheversprechen ablegen. Ob ihm die hohen Krieger erlaubten, der Zeremonie fernzubleiben? Im Dorf verschwand Gordon in seine und Kylas Hütte. Die Leere verwandelte sich an diesem vertrauten Ort in Traurigkeit und anschließende unerschütterliche Wut. Als erstes flog das Geschirr durch die Hütte, dann litten die Möbel, schließlich blieb er einfach im Chaos stehen. Schrie das große Foto von seiner Gefährtin und sich an, das über den zerstörten Betten an der Wand hing.
Er blieb unentschuldigt dem Abendritual und der anschließenden Abschiedszeremonie für Kyla fern. Verbrachte jedoch die Nacht auf den Knien betend im völligen Chaos. Auch das Morgenritual ließ er einfach aus. Seine Eltern kamen, seine Geschwister, die hohen Krieger, Chris-Angel und Conner. Doch Gordon beachtete sie nicht im Geringsten, wiegte den Körper weiter in seiner Trauer. Erschien auch an den folgenden Tagen nicht zum Ritual oder Essen in der Gemeinschaftshütte. Verschmähte selbst das Blut, dass man ihm brachte. Irgendwann kam jemand, zog ihn vorsichtig in die Höhe, brachte den geschwächten Vampir ins Badehaus. Dieser schien nicht wahr zu nehmen, wer ihn wusch, auch nicht, dass das Dorf leer war. Dean und Jana-Kira hatten den Wunsch geäußert, ihre Hochzeit am See der Krieger feiern zu wollen. Dort wo nicht nur die jüngeren getauft worden waren, sondern auch die neuen Krieger ihre Weihe erhielten.
„Ich weiß was du fühlst, Gordon!“ Corey strich dem jungen Vampir über die blasse Wange, hielt ihm den Becher mit seinem starken Blut an die Lippen. „Komm trink etwas, es wird dir gut tun!“ Bevor der Jüngere ihm den Becher aus der Hand schlug, zog er ihn fort.
„Keiner weiß, wie ich mich fühle! Keiner kann meinen Schmerz kennen!“ Widersprachen Gordon mit belegter Stimme. „Heute hätte ich meine Kyla heiraten sollen, alles ist zerstört, alles kaputt! Mein eigener Zwilling hat mir meine Gefährtin genommen und tritt heute glücklich vor den Traualtar, gemeinsam mit meiner kleinen Schwester! So viele glückliche Paare und ich werde es nie sein!“ Corey sah kurz über die Schulter, in der Tür zum Badehaus stand William. Der Wolf kam langsam näher, setzte sich auf den Rand des großen Wasserbeckens.
„Du bist nicht der einzige hier, Gordon! Ich stand ebenso kurz vor meiner Hochzeit, als ich meine Gefährtin verlor. Für Corey muss es noch schlimmer gewesen sein. Er verlor auch noch sein ungeborenes Kind.“ Der junge Vampir sah die beiden Soldaten an. Der Blonde war mehrere Jahrhunderte alt, dies wusste er. Wie hatte er die ganzen langen einsamen Jahre überstanden? Über die Lippen des Älteren zog sich ein bitteres Lächeln, er las die Gedanken des Jüngeren.
„Nie wirklich! Ich leide noch heute darunter. Aber irgendwann wurde mir klar, dass meine Gefährtin sicher nicht gewollt hätte, dass ich zu Grunde gehe. Die ersten hundert Jahre sind fast völlig im Alkohol untergegangen. Ich war ständig betrunken. Hab mich in meiner Trauer verloren, bis dein Vater und Dorian mich fanden. Einen gebrochenen Vampir, am Abgrund seiner Existenz. Komm trink, Gordon!“ Tatsächlich nahm dieser jetzt den Becher und leerte ihn. „Deine Geschwister heiraten heute nicht glücklich, sondern, weil sie die Feier nicht verschieben wollen. Da sich ihre Eltern so viel Mühe in den letzten Tagen und Wochen für dieses Fest gemacht haben!“ Corey füllte erneut den Becher, diesmal jedoch mit einer Blutkonserve aus der Krankenhütte. Wieder leerte Gordon ihn.
„Sie sollen sich nicht um mich sorgen, ich möchte keine Schuld daran tragen, dass sie keine schöne Hochzeit haben!“ Er stieg aus dem warmen Wasser, fing das Handtuch auf, welches ihm William zuwarf. „Meint ihr, sie würden sich freuen, wenn ich wenigstens zum Essen erscheine?“
„Nicht nur sie, sondern auch Tristan und deine Eltern!“ Erklärte Corey.
„Tristan? Warum er?“ Fragte der junge Schattenkrieger nach.
„Weil er seit Tagen nicht mehr geschlafen hat, Gordon. Du warst völlig blind für deine Umgebung, sonst hättest du gemerkt, dass er jede Nacht bei dir war. Über dich gewacht hat, weil er Angst hatte, dass du so reagierst wie dein Vater nach seiner Trennung.“ Gab ihm der ältere Schattenkrieger zur Antwort. „Hier, zieh dich an und dann fahren wir zum See. Die Sachen hat dir übrigens Frank gekauft. Weil er gesehen hat, dass deiner Wut auch deine Kleidung zum Opfer gefallen ist!“
„Wie geht es dem Highlander?“ Erkundigte sich Gordon mit aufrichtigem Mitgefühl, schließlich war Kyla seine Tochter.
„Er versucht sich mit seiner eigenen Hoffnung zu trösten. Außerdem redet er viel mit Colin, Ville und seinen Brüdern. Kim ist wieder seine Bezugsperson, wie damals, als er herkam. Angel tut deinem Patenonkel wirklich gut!“ Antwortete diesmal William. Gordon nickte nur, zog sich die neuen Sachen an. Seinen Dolch nahm man ihm damals im Reservat ab, jetzt bekam er ihn von Corey wider. Schnell holte der junge Vampir noch die Geschenke für die Brautpaare. Alistair brachte ihm das Waffenschmieden bei und so schmiedete er für seine Geschwister und ihre Gefährten neue Dolche. Für Kyla fertigte er einen Armreif mit keltischen Ornamente. Auch diesen nahm er aus seinem Versteck, er würde ihn auf ihre letzte Ruhestätte am Ufer des Sees legen. Er bat darum selbst fahren zu dürfen, um sich abzulenken. Die beiden Anderen gewährten ihm diese Bitte.
Cody betrachtete den leeren Platz neben sich. Er hatte so sehr gehofft, dass sein Zwilling wenigstens vor den Hütten am See auf ihn warten würde. Wenigstens zum Essen kommen, dass er nicht zur Zeremonie anwesend war, verstand er. Sicher hätte Gordon diese kaum überstanden, denn auch Frank musste in der Hälfte der Trauung von Duncan und Kim fortgebracht werden. Man sah ihm später an, dass er geheult hatte, trotzdem versuchte der Dragon seine Hoffnung zu wahren und auch den Brautpaaren diese zu geben. Jetzt saß der Schotte bei seinen Geschwistern und Landsleuten, trank mit ihnen. Ob Frank genauso die Rauchkräuter rauchte, wie er selbst. Erst vor ein paar Stunden hatte sich Cody wieder Ärger mit Tristan deswegen eingefangen. Doch ihn interessierte es nicht. Zwar sah er den Gefährten seiner Mutter als Respektsperson, allerdings glaubte er, dass er alt genug sei um selbst zu entscheiden. Seine Gedanken wanderten wieder zu seinem Zwilling. Er sah diesen in der zerstörten Hütte knien, sich in seinem Kummer wiegen. Ein gebrochener Vampir. Auch wenn er als Todeskrieger gehandelt hatte, in diesem Moment seine Schwester schützte und mit ihr alle anderen Krieger. So machte sich Cody Vorwürfe. Er dachte an seinen Blutschwur, alles dafür zu tun, dass sein Zwilling nicht völlig in seiner Trauer versank. Bis jetzt konnte er ihm nicht helfen, doch aufgeben kam für ihn ebenso nicht in Frage. Guineveres Hand legte sich über die seine. Gab ihm den Halt, den Gordon niemals haben würde. Er leerte seinen Becher mit dem köstlichen spanischen Rotwein, den die drei Andalusier zum Fest gespendet hatten. Sah nur kurz auf, als ein Jeep in der Nähe hielt.
Jessica betrachtete ihren ältesten Sohn. Gordon sah mitgenommen aus, die Trauer hinterließ Spuren in seinem Gesicht. Trotzdem versuchte er ein Lächeln, um zu zeigen, dass es ihm besser ging. Er ging auf Frank zu sprach kurz mit diesem, bevor der Schotte und Alistair sich erhoben. Corey trat derweil zu ihr und Tristan an den Tisch.
„Er möchte erst Abschied nehmen, Jessy! Dein Sohn hat getrunken und ist selbst hergefahren. Ich glaube, es geht ihm etwas besser!“ Erklärte der Vampir. Tristan sah ihn dankbar an.
„Wir werden ihm helfen, die Trauer zu überstehen, wenn er es möchte!“ Fügte William noch hinzu. „Gordon ist stark und tapfer! Wie seine Mutter!“
„Wohl eher, wie sein Vater, Will. Ich bin impulsiv, so wie es Cody manchmal ist. Aber trotzdem Danke für eure Hilfe ihr beiden!“ Jessica umarmte die beiden Krieger, ihr Gefährte knurrte gespielt böse. Dann tat er das Gleiche, dankbar für die Hilfe, denn er liebte Gordon.
Dieser stand am Seeufer, betrachtete die Stelle, an der seine Gefährtin für immer schlief. Jemand hatte einen Rosenbusch dort hin gepflanzt. Dunkelrote Rosen, wie sie Kyla so sehr mochte. Langsam bückte sich der junge Schattenkrieger, legte den Armreif unter die Blumen. Als er leise zu beten begann, taten es ihm die beiden Krieger gleich. Er spürte ihre Hände auf seinen Schultern. Die seines Vaters links, die des Mannes, der sein Schwiegervater werden sollte, rechts. Der leichte Druck ihrer Hände tat ihm gut, zeigte ihm, dass sie für ihn da waren. Er blieb noch eine Weile knien, bevor er sich die Tränen aus dem Gesicht wischte und aufstand. Frank nahm die stumme und kameradschaftliche Umarmung als Dank für die Kleidung an. Sie gingen schweigend zurück zum Festplatz vor den alten Hütten. Gordon holte seine Geschenke aus dem Jeep.
Dean spürte in all der Festlichkeit plötzlich tiefe Trauer. Er hatte sie vor einem Tag schon einmal wahrgenommen, bei Gordon. Sanft schob er Jana-Kira von sich, behielt jedoch ihre Hand in der seinen. Er schaute dem jungen Schattenkrieger entgegen, der langsam auf die Tischreihen zukam. Es wurde immer stiller, alle Aufmerksamkeit richtete sich nun auf den Halbschotten, der mit gesenktem Kopf vor den beiden frisch vermählten Paaren stehen blieb. Vier in Samt gewickelte Geschenke in den Händen. Seine Stimme klang fest, jedoch leise, als er sprach.
„Meine Trauer ist so tief, dass es mir schwer fällt jetzt hier zu sein! Trotzdem wünsche ich euch alles Gute zur Hochzeit und den Schutz der Götter für eure Ehe, möge sie ewig sein!“ Cody umarmte seinen Bruder schweigend, Jana-Kira und Guinevere mit Tränen in den Augen. Dean drückte den blonden Vampir fest an seine Brust.
„Danke Schwager! Ich hoffe, dass es dir bald etwas besser geht und wir wieder zusammen trainieren können.“ Gordon gab dem Krieger des Lichts als erstem sein Geschenk, dann seiner Schwester und seiner Schwägerin, zuletzt seinem Zwilling. Gemeinsam packten die vier Brautleute ihre Gaben aus. Jana-Kira fiel ihrem Bruder glücklich um den Hals, genauso ihr Gefährte und die junge Indianerin. Cody weinte als er den wunderschönen Dolch in den Händen hielt. Er hatte seinen nach seiner Tat abgegeben.
„Den hab ich nicht verdient, Bruderherz! Nimm ihn zurück, bitte! Ich hab geschworen ein Jahr keine Waffen zu tragen, als Zeichen meiner Reue!“ Während er sprach legte er den Dolch auf den Tisch. Gordon sah ihn sprachlos an. Sein Zwilling empfand Reue für eine Tat, die er zum Schutz der gesamten Krieger beging. Guinevere griff nach der Waffe.
„Ich bewahre sie für dich auf, Liebster! Denn es wäre falsch, deinem Zwillingsbruder das Geschenk zurück zu geben. Gordon hat sich solche Mühe gegeben, Cody!“
„Mach das, mo ghrá! Komm setze dich zu uns Gordon und trink ein Becher mit mir, Bruderherz. Wie geht es dir?“ Cody nahm die Hand seines Zwillings, nachdem sich dieser auf die Bank neben ihn fallen gelassen hatte.
„Ich bin immer noch fertig, aber ihr solltet wenigstens eine schöne Hochzeit haben. Was geschehen ist, ist geschehen. Du kannst es nicht ändern Bruder! Ich bin den Kriegern dankbar, die wussten, was wirklich geschehen würde. Die es uns nicht gesagt haben. Sonst hätte ich versucht dich zurück zu halten und wahrscheinlich wäre dann der große Verrat wirklich zu Stande gekommen!“ Gordon senkte den Kopf, schaute in seinen Becher mit Wein. So sah er nicht, wie das Gesicht seines Zwillings hart wurde und wie dieser Raven anblickte. Sein Schwiegervater ergriff das Wort.
„Frank und die Todeskrieger wussten, was im Reservat geschehen würde! Was glaubst du, woher dein Zwilling seine Kraft genommen hat? Cody alleine wäre nicht in der Lage gewesen, dir deine Gefährtin zu nehmen, Gordon! Du hättest dein Blut für diese Verräterin gegeben und später für deine Familie, für deine Mutter und deine Geschwister!“ Der blonde Krieger drehte den Becher in seinen Händen, schaute nun jedoch auf, in die Richtung in der sein Onkel, der Krieger der Schatten saß. Hatte er ihnen nicht gesagt, was Gordon schon seit seinem siebzehnten Lebensjahr wusste? Raven wand sich nun an Chris-Angel, der Kim in den Armen hielt.
„Lordkrieger der Todeskrieger, ich bitte dich, weihe diesen tapferen jungen Schattenkrieger zu einem der deinen, wie sein Zwilling es ist!“ Der Commodore gab seinem Geliebten einen Kuss, sah dann von Kilian zu Dean, die sich gleichzeitig erhoben. Die drei hochrangigen Krieger verschwanden in einer der Hütten. Das Fest nahm wieder seinen Lauf. Gordon begann zu trinken, er hatte Angst vor der Entscheidung, die sein Onkel, sein Schwager und der Herr der Todeskrieger fällen würden. Schaffte es der Krieger der Schatten, die Vision, die er vor Jahren sah, in die Tat umzusetzen? Würde es wieder einen Krieger geben, wie Liors und Ravens Bruder, der Mann nach dem man ihn benannt hatte? Warme Gedanken trafen die des jungen Vampirs, er hob den Kopf, traf ein dunkelgrünes Augenpaar. Tristans Blick ging tief, wie er es oft tat, bevor er Gordon eine Rüge erteilte. Stattdessen lächelte er seinen Ziehsohn nur an. Denn er kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass dieser sich in der nächsten Zeit in Arbeit flüchten würde. Sei es in Alistairs keiner Schmiede, im Laden seines Onkels Dorian oder dort wo eine helfende Hand gebraucht wurde. Weder der Deutsche, noch Jessica oder Alistair sagten etwas, als der junge Schattenkrieger mit Gavin, Patrick und den beiden Finnen einen Joint rauchte. Sie ließen ihn seine Trauer auf diese Art bewältigen.
Als die Dämmerung hereinbrach knieten die Schattenkrieger am Seeufer und verrichteten ihr Ritual. Dean betrachtete die Reihe der Männer und Frauen. Die Familie O´ Harra besonders. Tristan hockte neben seinem Halbbruder, dann kam Jessica, die ihre rechte Hand tröstend über Gordons Linke gelegt hatte. Cody, neben ihm Jana-Kira, dann das Nesthäkchen Sean-Angel, der spätestens mit achtzehn seine Weihe erhalten würde. Während die Schattenkrieger mit gesenkten Köpfen beteten, schaute ihr Herr ebenso durch die Reihe. Stand schließlich auf und schritt sie ab, die Hand dabei auf seinem Dolch. Jessica hob den Kopf, sah ihren Drillingsbruder an, der ihr ein Lächeln schenkte und weiter ging. Das Ritual endete, als Kilian, auf dem Rückweg zu seinem Platz, vor Gordon stand. Der Vampir blieb knien, während sich alle anderen Schattenkrieger erhoben. Dean und Chris-Angel gesellten sich zu Kilian. Conner blieb hinter dem Knienden stehen. Hinter ihnen stieß jemand den Atem hörbar aus. Lior stellte gerade fest, wo der blonde Schattenkrieger hockte. Genau an dieser Stelle war der Dämmerkrieger geweiht worden und an diesem Ort nahmen sie Abschied von ihm. Tröstend berührten Ravens Gedanken die seinen.
„Ich kann mir vorstellen, was dir gerade durch den Kopf geht, Lior! Du siehst, wie dein Bruder geweiht wurde und wie er seine große Reise antrat.“ Bemerkte Dean leise, sah dabei den Indianer an.
„Ai mo Thiarna! Unser Dorf ist nicht mehr das Gleiche, doch dieser Ort ist es! Hier bin ich meinem Bruder so nah. Ich vermisse ihn noch heute, über zwanzig Jahre später, so sehr!“ Ein klarer Tropfen rann über die Wange des Wolfes. Raven und Dove nahmen ihn schweigend in ihre Mitte.
„Ich weis Lior, wir alle, die ihn kannten, vermissen deinen Bruder Gordon. Den tapferen Krieger, der sich für uns opferte!“ Kilian senkte in einer Geste der Achtung den Kopf. „Die Zeiten haben sich geändert, dank dem Mut eines einzelnen Kriegers. Heute befinden wir uns nicht mehr im Krieg gegen die falschen Krieger. Viele von uns mussten damals leiden, begingen Fehler, die sie noch heute bereuen. Doch heute sind diese Krieger glücklich. Pádraig, du warst damals bereit für deinen Verrat zu sterben, jetzt sitzt du hier und hältst deinen kleinen Sohn auf dem Schoß. Ich selbst fühlte mich nicht in der Lage meine Aufgaben zu erfüllen. Heute kann ich es, weis die Hilfe des Kriegers des Lichts und meines Gefährten zu schätzen. Auch eure Hilfe Brüder und Schwester. Aber deswegen stehen die hohen Krieger und der Dragon Lord nicht vor euch!“ Kilian sah nun Raven an. „Du hast eben für einen Krieger gesprochen, Schattenkrieger Raven, tust du es auch jetzt?“
„Sea, is féidir liom mo Thiarna! Ja, das tue ich, mein Herr!“ Der Indianer erhob sich, trat vor die hohen Krieger, legte dabei Gordon die Rechte auf die Schulter, die Linke lag auf dem Dolchgriff. „Ich bitte, vor allen anwesenden Kriegern und Kriegerinnen, den Lordkrieger der Todeskrieger, diesen tapferen jungen Schattenkrieger in seine Reihen aufzunehmen!“
„Warum sollte ich, auf Rat eines einfachen Schattenkriegers, einen Todeskrieger ernennen?“ Chris-Angels Stimme klang kalt. „Ich prüfe meine Männer selbst, lasse mir nicht vorschreiben, was ich zu tun habe!“ Raven senkte ergeben den Kopf, seine Fürsprache war somit abgelehnt. Kilian rechnete damit, dass jetzt Colin oder Corey aufstanden, um erneut um die Aufnahme zu bitten. Doch mit dem Todeskrieger, der sich erhob, hatte er nicht gerechnet.
„Erlaubt mir zu sprechen hohe Krieger!“ Bat Cody mit fester Stimme, das Nicken des Lordkriegers wirkte herablassend. „Ich weis, dass auch ich als einer der Todeskrieger kein Recht habe, Euch zu befehlen. Trotzdem möchte ich für meinen Zwilling sprechen.“
„Cody, bitte!“ Versuchte Gordon seinen Bruder von einer Niederlage abzuhalten.
„Nein ich halte meinen Mund nicht Gordon! Es ist ein ehrenvoller Zug von dir, aber wenn ich eine Niederlage erleide ist es meine Sache!“
„Sprecht Todeskrieger, bevor ich die Lust verliere!“ Chris-Angel ließ seine Worte gelangweilt klingen, doch Kilian und Dean spürten, dass er das Gegenteil war. Gespannt, wie sein Todeskrieger für den Bruder sprach.
„Mo Thiarna, mein Bruder ahnte, dass etwas geschehen würde! Tief im Herzen wusste er, dass sein Zwilling dabei eine Rolle spielte. Als es geschah, war er fassungslos, ich geschwächt von meiner Tat. Es wäre für ihn ein leichtes gewesen, mir seinen Dolch ins Herz zu stoßen. Noch leichter sich gegen den Krieger und Dragon Frank McLoud zu wehren. Aber Gordon tat es nicht, zog sich stattdessen zurück! Er hätte mich vor das Gericht der Krieger stellen können, er tat es aus Liebe nicht! Ich weiß, wie sehr mein Zwilling litt, weil Ihr, Krieger des Lichts, die Liebe zu Eurer Gefährtin nicht wahrhaben wolltet. Gordon hätte für Jana-Kira gekämpft! Vater, Mutter, Tristan, ihr wisst, wie oft mein Bruder die Schuld an Dingen auf sich nahm, die Jana-Kira, Sean-Angel oder ich verbockt haben! Auch ohne die Weihe zum Todeskrieger handelt mein Bruder wie einer, er beschützt die, die er liebt. Er ist selbstlos, wie es nur einer dieser Krieger sein kann. So selbstlos wie meine Patenonkels Patrick O´ Harra und Corey MacNamara! Die Entscheidung über sein Schicksal liegt in Euren Händen, mo Thiarna! Ich kann nur für meinen geliebten Bruder sprechen.“ Cody hatte, während er sprach, beide Hände auf die bebenden Schultern seines Zwillingsbruders gelegt.
„Warum weinst du, Schattenkrieger?“ Wollte Dean wissen.
„Weil … die … Worte meines …“ Gordon konnte nicht sprechen, senkte den Kopf noch tiefer. Chris-Angel kniete vor allen Kriegern nieder, nahm den Weinenden fest in die Arme. Still sahen die anderen Krieger zu, wie er den zitternden Halbschotten tröstete. Ihn wie ein Kind wiegte. Schließlich hob ihn der Lordkrieger einfach auf, trug Gordon in eine der Hütten. Brendan und Pádraig folgten ihm, ebenso Ville und Colin. Den jungen Schattenkrieger hatten die letzten Tage und Codys Rede völlig niedergerafft. Er lag schluchzend auf einem der Betten. Ville erinnerte die Situation etwas an Alistair, den er damals nach der Sache mit Jessica brach. Colin tat, was er auch schon früher getan hatte. Er verwandelte sich in den Husky-Wolf und drückte den Körper fest an den seines Neffen. Gordon schlang die Arme um den Wolf, während ihm Chris-Angel weiterhin über den Rücken strich.
„Ich werde dich weihen Gordon, wenn es dir etwas besser geht!“ Der blonde Kopf nickte schluchzend im Fell des Wolfes. Der Lordkrieger der Todeskrieger erhob sich, machte so Platz für Brendan. Die Schattenkrieger in der Hütte hörten, wie er seine Entscheidung mitteilte. Pádraig war bereits nach kurzer Zeit wieder gegangen. Als der Halbling erklärte, er wolle dem Vampir ein leichtes Schlafmittel geben, nickte dieser erneut nur. Jessica betrat die Hütte, nahm ihren Ältesten in die Arme.
„Komm mein Schatz, ich bleib bei dir, alles wird wieder gut!“ Tatsächlich schmiegte sich der große Krieger an seine Mutter. Ließ sich von ihr in den Schlaf wiegen, nachdem Brendan ihm das Beruhigungsmittel spritzte. Colin setzte sich wider in Menschengestalt auf das Bett.
Als Gordon am nächsten Morgen erwachte, roch es aus dem Wohnraum nach frisch aufgebrühtem Kaffee. Leise Gespräche waren zu hören, verstummten jedoch nach einiger Zeit. Die Morgendämmerung rief die Krieger seines Schwagers zum Ritual. Der Vampir blieb mit geschlossenen Augen liegen, ließ die Gedanken der Anderen an sich vorbeiziehen. Erst nach einer Weile öffnete er sie. Auf dem Nachttisch stand ein Becher mit Blut, er nahm ihn und trank. Das Blut war stark, jedoch nicht das von Corey, sondern das seines Vaters. Gordon stand auf, zog seine Kleidung wider an, die jemand ordentlich über einen Stuhl gelegt hatte. Mit dem leeren Becher in der Hand trat er aus dem Zimmer. Ihm bot sich ein Bild, dass ihm zeigte, wie wichtig er auch jetzt noch seinen Eltern war. Alistair und Tristan saßen rauchend am Tisch, während Jessica das Frühstück vorbereitete. Hatten sie wirklich die Nacht hier verbracht, er seinem Ziehvater eine weitere schlaflose Nacht beschert? Auf bloßen Füßen betrat der junge Vampir den Wohnraum, ihm gegenüber öffnete sich die Hüttentür. Cody trat ein, leicht verschlafen und scheinbar noch nicht nüchtern. Die drei Vampire im Raum wanden sich dem Schattenkrieger in der Tür zu. Dieser jedoch ging mit einer grüßenden Kopfbewegung an seinen Eltern und Tristan vorbei. Zog wortlos seinen Zwilling in die Arme, Gordon spürte den schwarzen Dragon. Der mit der Liebe eines Bruder seine Trauer etwas milderte.
„Ich hab mit den hohen Kriegern gesprochen, Bruder. Du darfst hier bleiben, wenn du es möchtest. Die einzige Bedingung war, dass Corey, Will, Colin und Ville dich einmal am Tag besuchen kommen.“ Cody sprach so leise, dass es nur sein Zwilling hören konnte.
„Danke Cody! Haben sie noch etwas gesagt, wegen der anderen Sache?“ Er spielte auf seine Weihe an.
„Du wirst sie an dem Tag erhalten, an dem Liors Bruder ging. Lian und Angel möchten, dass nur ein paar Krieger dabei sind. So wie in der Vision unseres Onkels.“ Gordon nickte.
„Hey ihr Rabauken, was flüstert ihr denn da schönes?“ Wollte Alistair wissen. Seine Söhne sahen ihn beide mit gesenktem Blick an, als hätten sie etwas verbrochen. Tristan und Jessica lächelten.
„Nichts Papa!“ Kam es kleinlaut von Gordon, Cody grinste breit. „Können wir frühstücken, Ma? Ich hab Hunger!“ Fügte er mit einem schelmischen Grinsen hinzu. Jessica ging auf ihren Sohn zu, strich ihm über die Wange.
„Sicher mein Süßer!“ Dann nur so leise, dass es alleine ihre Söhne hörten. „Versprich mir, dass du auf dich aufpasst, wenn du hier alleine bleibst.“
„Ich geb Tris meinen Dolch, wenn es dich beruhigt. Außerdem merken du und Dad doch, wenn es mir schlecht geht!“ Die Schattenkriegerin nickte, strich ihrem Ältesten noch einmal über die Wange. Sie frühstückten gemeinsam, Gordon aß zwar nicht sehr viel, aber er nahm wenigstens wider etwas zu sich. Auch auf der Jagd, zu der ihn Tristan fast schon nötigte, trank der junge Vampir. Der Deutsche sah zu, wie der Sohn seines Freundes anschließend Blumen pflückte. Er wollte sie auf dem Rückweg unter den Rosenbusch am Seeufer legen. Jetzt erfuhr auch Gordon, dass keiner der anderen Krieger wusste, wer den Busch gepflanzt habe. Frank fand ihn einen Tag nach dem er seiner Tochter das letzte Geleit gab dort. Die beiden Vampire sollten erfahren, wer es gewesen war. An Kylas letzter Ruhestätte kniete ein dunkelhaariger Krieger, einer der Indianer, Raven. Der Mann, der wollte, dass Gordon zum Todeskrieger wurde. Die beiden Schattenkrieger hörten seine leisen Worte und erfuhren so das Geheimnis, dass der Stammeskrieger seit mehr als zwei Jahrzehnten hütete.
„Ach Bruder, warum? Warum musste dies alles geschehen? Warum gerade ich? Hättest du dir nicht jemanden anders suchen können, der die Prophezeiung ganz erfüllt?“ Er schluckte. „Es tut unendlich weh, Lior auch nach Jahren trauern zu sehen. Er hat geweint, als er sah wo Gordon kniete, Bruder. Die ganze Nacht stand ich vor seiner Hütte, sah wie er immer wider den Dolch über seine Handfläche zog. Rick erzählte mir, dass er es auch damals getan hat, als du gingst. Dann der junge Schattenkrieger der deinen Namen trägt. Bruder es tut ebenso weh, zu sehen, wie er trauert. Du hättest sehen sollen, wie er in seiner Hütte kniete, das totale Chaos. Kyla wusste, dass sie ein Teil der Prophezeiung ist, sie hat mir gegenüber nur den Wunsch geäußert, dass ich den Rosenbusch pflanze und auf ihren Gefährten achte. Das Mädchen war ebenso tapfer, wie du Bruderherz. Weist du, was sie mir in ihrer letzten Nacht sagte, sie wünsche sich, dass ihr Gefährte die Weihe annimmt, dass er mit seiner Kraft den Kriegern dient! Ich weiß, dass er es tun wird, die Krieger endlich ihren Frieden finden werden. Mögen unsere Götter dich und Kyla sicher ruhen lassen! Mögen sie Gordon O´ Harra-McDonald die Kraft geben, seine Aufgabe zu erfüllen! Mo chuid fola do na déithe, síocháin agus Gordon! Mein Blut für die Götter, den Frieden und Gordon!“ Tristan sah zu, wie der junge Vampir auf Raven zuging, ihm den Dolch aus der Hand nahm. Der Jüngere schnitt sich ebenso in die linke Hand.
„Mo chuid fola ar do shon, Scáth laochra, deartháir! Mein Blut für dich, Schattenkrieger, Bruder!“ Gordons Stimme klang fest und entschlossen, als er Raven die Hand reichte. „Ich werde den Kriegern dienen, Raven, mit ganzem Herzen und allem was ich habe. Denn das bin ich Kyla, deinem Bruder und ihnen schuldig. Dies ist meine Bestimmung!“ Der Indianer lächelte, umarmte den Halbschotten. Tristan stand schweigend daneben, die Hände in den Hosentaschen. Doch seine Augen drückten mehr aus, als es Worte gekonnt hätten. Stolz auf einen Sohn, der nicht seiner war, Ehrfurcht vor dessen Stärke und der Ravens. Selbstverständlich ließ er seine Gefährtin und Alistair das sehen, was er gerade sah.
Zum Mittag war Gordon wider alleine in den Hütten. Er machte sich etwas leichtes zu Essen, denn auch heute noch gab es hier einen kleinen Vorrat an Lebensmittel. Anschließend schwamm er etwas im See, genoss die warmen Sonnenstrahlen auf seiner Haut. Er blieb bis zum Ritual draußen, absolvierte anschließend, wie so oft alleine, seine Trainingseinheiten. Es störte den jungen Vampir nicht, dass ihn ein Schattenkrieger dabei beobachtete. Erst als dieser aus der Dämmerung des Waldes trat, bemerkte er, wer ihm zuschaute. Coreys Augen sahen ihm wohlwollend entgegen. Wieder spürte Gordon die väterliche Wärme, die er auch im Badehaus gespürt hatte. Die Verbundenheit zu diesem Schatten- und Todeskrieger. Alistair schwieg bei den jüngeren Kriegern darüber, wie er verwandelt wurde. Er sagte lediglich, dass es ein starker Vampir gewesen sei. Konnte es sein, dass Corey der Vampirvater seines leiblichen Vaters war. Fühlte er sich aus diesem Grund dieses Vertrauen zu dem Ältesten Vampir? Der Ältere hob die Hand, wischte dem Jüngeren ein paar Tränen ab. Gordon bemerkte nicht einmal, dass er während seines Trainings weinte. Er ließ sich vom Freund seines Vaters in die Hütte führen, in der er jetzt leben würde. Erschrocken bemerkte er den rothaarigen Wolf, der am Kamin stand und rauchte. Wie war William an ihm vorbei gekommen? Hatte er sich so in seinen Kampf vertieft. Der Soldat sah ihn ebenso wohlwollend an, wie zuvor der Vampir. Die beiden Krieger brachen das Schweigen nicht, in das sich Gordon zurückzog. Sie blieben jedoch über Nacht. Ohne das Schlafmittel kamen die Erinnerungen zurück. Cody, der mit geschlossenen Augen da stand. Jana-Kiras Aufschrei, als der Indianer schoss. Doch besonders Kyla, die auf dem Boden lag, leblos. Dann mischten sich seine und die Erinnerungen seines Zwillings. Er sah, wie der Todeskrieger seine Gefährtin aufhob. Wie dieser mit Tränen in den Augen von seinem Motorrad stieg. Guinevere ihn in den Armen hielt, nachdem er seinen Bruder gesehen hatte. In allem lag die Liebe zu Gordon, die Reue, die Cody nicht empfinden brauchte. Denn er handelte wie er handeln musste.
Schweiß gebadet wachte Gordon auf, jemand stand am Fenster und sah hinaus. Zu erst dachte er es sei Cody der dort stand, dann wurde er sich bewusst, dass es Corey war. Der Schattenkrieger wand sich ihm zu, sah in das Schweiß bedeckte Gesicht des Jüngeren. Er kannte die wirren Träume, die dieser nicht zum letzten Mal haben würde.
„Es war ein Traum Gordon, nicht mehr!“ Er setzte sich auf die Bettkante. „Ich weis, du möchtest jetzt gerne alleine sein. Hier in deiner selbst gewählten Einsamkeit. Aber glaub mir, es ist besser, wenn du es nicht bist. Will und ich mussten alleine durch diese Sache kommen. Ich wünschte, ich hätte die Möglichkeit gehabt über meine Gefühle und Träume reden zu können! Du sollst sie haben, Gordon! Du sollst wissen, dass du nicht alleine bist.“
„Werden du und der Wolf hier bleiben?“ Der junge Vampir wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht.
„Ja, wir werden bleiben. Wir haben sogar den Befehl dazu von den hohen Kriegern. Wenn du nicht möchtest, dass wir uns die Hütte teilen, ziehen Will und ich in eine der beiden anderen.“ Erklärte Corey.
„Nein, schon in Ordnung, wenn ich nur mein Zimmer für mich behalte.“
„Das wirst du Gordon. Und wenn du in Frieden gelassen werden willst, dann sag es uns.“ Der jüngere Vampir nickte.
„Darf ich dich etwas fragen Corey?“ Wollte er dann wissen, der Ältere schaute ihn auffordernd an. „Hast du meinen Vater verwandelt?“ Ohne irgendeinen Kommentar, begann der Schattenkrieger zu erzählen, wie sich er und Alistair kennenlernten. Von der Freundschaft, die die beiden und Dorian miteinander verband. Corey legte dem jungen Vampir sein Leben offen. Er sprach sogar über seine Folter durch den Clan MacNamara. Seiner Liebe zu Matthew und Aidan. Sie redeten bis die Sonne über den Baumwipfeln erschien, die Hüttentür scheppernd ins Schloss fiel.
„Guten Morgen, seit ihr wach?“ Wollte Will wissen. „Ich hab Besuch mitgebracht, Gordon!“ Der junge Vampir sah Corey an, doch dieser zuckte nur die Schultern, zwang ihn so aufzustehen und nachzuschauen, wen William mitgebracht hatte. Er war verblüfft, wen er sah. Sein Patenonkel Kim stand neben dem Wolf. Ein warmes Lächeln auf den Lippen, so wie er ihn aus seiner Kindheit in Erinnerung hatte. Auch wenn sich der Schotte veränderte, zu ihm und Cody war er nie böse. Gut einmal hatte sich Gordon mit ihm geprügelt, aber davon wusste keiner etwas. Der junge Vampir erzählte, dass seine aufgeschlagene Lippe von einem Motorradsturz kam. Kim umarmte ihn mit einer ungewohnten Herzlichkeit. Chris-Angel Bindungsgeruch hing in seiner Kleidung. Er würde niemals wieder diese Art von Nähe spüren, ging es Gordon durch den Kopf. Er lehnte die Stirn an die Schulter des grauen Wolfs und begann zu weinen. Ihm war es peinlich, dass er in den letzten Tagen so viele Tränen vergoss.
„Scht, Gordon, ist ja schon gut!“ Kims Stimme hatte einen weichen Klang.
„Ich werde niemals mehr lieben können, Onkel Kim, so wie du. Niemals!“ Kam es leise von diesem. Corey und William tauschten einen Blick, der Bände sprach. Der dem Wolf ein verschmitztes Lächeln entlockte. Also hatte der Rothaarige wirklich dem Vampir das Spiel mit dem Feuer gezeigt.
„Vielleicht nicht mehr, wie du es mit Kyla getan hast. Vielleicht keine Frau mehr, aber du kannst noch Gefühle empfinden. Hör auf zu weinen, in ein paar Wochen sieht die Welt schon etwas besser aus.“ Die tröstenden Worte kamen von William, der dem jungen Vampir über den Rücken strich. Wider tauschten der Wolf und der Vampir einen Blick. Dann tat der Rothaarige etwas, dass selbst Kim überraschte. Er zog Gordon sanft aus der Umarmung, drehte den jungen Vampir zu sich. Vorsichtig und behutsam legte er seine Lippen auf die des Blonden. Eine kurze Berührung, mehr sollte es nicht werden. Doch der Jüngere erwiderte sie, so dass William weiter machte.
Chris-Angel sah in harte eisblaue Augen, dunkelblaue mit Tränen gefüllte und ein paar dunkelgrüne, die ihn mit Blicken töteten. Er hatte diese drei Personen auf das vorbereiten wollen. Was in einigen Tagen geschehen würde. Ihnen zu erklären versucht, weswegen nicht alle Krieger an Gordons Weihe teilnehmen sollten. Ein schwarzer Drachen erhob sich, stürzte sich mit seiner ganzen Kraft auf den Todeskrieger. Wurde jedoch sofort von einem weiteren, weitaus mächtigerem Dragon zurückgehalten. Tristan stand auf, als Kilian den Raum mit Conner betrat.
„Sagst du uns, wessen Blut er bekommen wird, Bruder?“ Die Stimme des Soldaten klang ruhig, fast schon gelassen.
„Ist das dein Ernst, Jan-Tristan?“ Fuhr Jessica ihren Gefährten an. „Gordon soll sein Leben aufs Spiel setzten?“
„Darling beruhig dich, Céllí Mór! Ich glaube an die Prophezeiung, dass sie sich erfüllt, wie damals bei Liors und Ravens Bruder. Euer Sohn wird ein starker Krieger! Ich glaube nicht, dass ihn die hohen Krieger und der Dragon Lord opfern wollen! Also, Angel, wessen Blut bekommt er?“ Jessica verließ wutentbrannt die Hütte des Todeskriegers. Kilian folgte seiner Schwester, die draußen in Kirans Arme rannte.
„Coreys Blut für die Iren, Clydes für die Schotten, Jeremys für die Waliser, Villes für Finnland, Williams für Amerika. Deines, Bruder, für Deutschland, da ich kein reiner Deutscher bin. Somit auch kein richtiger Engländer, Chris gibt sein Blut für dieses Land. Vincente opfert seines für Spanien und Lior für die Indianer und Gordon. Dann das Blut der hohen Krieger und des Dragon Lords.“ Tristan nickte, wirkte beruhigt.
„Werden diese Krieger am See sein?“ Wollte Alistair wissen, in der Hoffnung, dass ihm Clyde oder Tristan Bilder zeigen konnten.
„Dein Zwilling wird anwesend sein, Highlander. Nur meine Todeskrieger werden an diesem Abend und in der Nacht am See sein!“
„Wer wird das Schicksal meines Sohnes entscheiden?“ Fragte der Schotte weiter nach, dieses Mal schwieg Chris-Angel. „Wird er ein anderer sein, wenn er es schafft?“
„Er wird sich verändern, den Kylas Blut wird verschwinden. Die Kraft der Krieger in seinen Adern fließen. Aber Gordon bleibt der, der er war, Alistair! Dein geliebter Sohn!“ Chris-Angel war aufgestanden, legte dem Schotten die Hand auf die Schulter. „Keiner der Krieger hier, wird in jener Nacht etwas durch die Todeskrieger sehen. Das Ritual ist unser Geheimnis! Doch ich verspreche dir, dass ich alles tun werde, um deinen Sohn sicher hindurch zu führen!“ Der Vampir nickte mit gesenktem Kopf, ein blutroter Tropfen fiel auf den Tisch. Er weinte aus Angst um seinen Sohn.
Die letzten Tage waren nicht nur für Jessica, Tristan und Alistair schwer. Sondern auch für ihre Kinder und deren Gefährten. Oft saßen sie Nachts zusammen und sprachen. Dean hatte sich entschlossen mit seiner Liebsten zu deren Eltern zu ziehen. Jedenfalls für die Zeit vor Gordons Weihe. Die Wärme und Vertrautheit des alten Freundes tat Jessica gut. Tristan und Alistair halfen die gemeinsamen Gespräche. Für Jana-Kira war Guinevere eine gute Freundin. Cody stand meistens still am Fenster und lauschte dem Gerede der Anderen. Keiner von ihnen wusste, welche schwere Aufgabe vor ihm lag. Es war die letzte Nacht vor dem Abend, der seinen Zwilling verändern würde. Als der junge Vampir erklärte, er wolle alleine die Nacht verbringen, nickten die Älteren nur. Seine Gefährtin nahm ihn in die Arme, seine Mutter bot dieser an, dass sie ja im alten Kinderzimmer der Zwillinge schlafen könne. Guinevere willigte zu Codys Beruhigung ein.
Die kühle Nachtluft empfing ihn, als er die Hütte verließ. Tausend Sterne leuchteten am Himmelszelt, alleine für ihn und Gordon. Denn er spürte, dass sein Bruder ebenso die Einsamkeit suchte. Gerne hätte er mit ihm gesprochen, doch sie wollten es beide nicht. Traurig dachte er an ihr letztes Treffen. Er begleitete seinen Zwilling zu Kyla, sie standen schweigend bei dem Rosenbusch. Später verabschiedete sich der Ältere mit einer so herzlichen Umarmung, dass dem Jüngeren fast die Tränen in die Augen stiegen. Er beherrschte sich, denn noch stand seine Aufgabe vor ihm. Cody kniete auf einer Lichtung nieder, begann vor den Götter für Gordon zu bitten. Dafür, dass dieser seine Zeremonie überstand. Er verbrachte die Nacht im Gebet, kehrte erst zum Morgenritual zurück. Wie alle Todeskrieger um Chris-Angel, fastete auch er an diesem Tag, hüllte sich in Schweigen. Die anderen Krieger und Schattenkrieger hielten Abstand von ihnen. Nicht weil sie es mussten, sondern weil sie die Anspannung der Todeskrieger spürten. William kehrte am Nachmittag zurück. Ihm war es, wie allen Kriegern, untersagt am See zu bleiben. Cody wollte nicht, dass ihn seine Eltern verabschiedeten, also schlich er schon vor dem Ritual aus dem Dorf. Vollzog es einfach alleine im Wald. Chris-Angel und die anderen Todeskrieger nahmen ihn anschließend mit. Auch wenn er es nicht zeigte, hatte er Angst. Die warme Hand eines Wolfes umfasste seine, der Krieger der Schatten sah ihn an.
Gordon betrachtete sein Spiegelbild im See. Die Haare waren zu einem lockeren Zopf über der rechten Schulter geflochten, dessen Ende sich etwas löste. Keine Spange, keinen Dolch, auch die Halskette hatte er abgelegt. Das einzige Kleidungsstück welches er trug, war ein Kilt im Taran der McDonalds. Ein Geschenk seines Onkels Dorian zu seiner Weihe. Über ihm leuchteten die Sterne, hinter ihm entzündete Corey, ganz in schwarz gekleidet, die Fackeln des geweihten Kreises. Leise murmelte der Todeskrieger dabei Gebete, in einem alten gälischen Dialekt. Gordon verstand die Worte nicht, doch sie machten ihn ruhig. Ein Motorrad fuhr aus dem Wald, der junge Vampir spürte den Schattenkrieger. Den einzigen, der in dieser Nacht am See sein durfte. Er wusste, dass dieser einmal Highlord der Krieger war, einige Zeit vor seiner Geburt. Die Dunkelheit hüllte den See plötzlich ein, eine Wolkenwand schob sich vor die Sterne. Die Todeskrieger kamen! Eine leicht Gänsehaut kroch über Gordons Körper.
Er zuckte fast zusammen, als sich eine behandschuhte Hand auf seine linke Schulter legte. Schweigend stand er auf, betrat den Kreis aus Fackeln. Gesichtslose Schatten standen darum, Silberdolche glänzten im Feuerschein. Gordon schloss die Augen, noch immer murmelte Corey alte Gebete. Dunkle Magie füllte die Nacht aus, riss den jungen Vampir mit sich. Irgendwo unter den Todeskrieger stand sein Zwilling, sein Tod und sein neues Leben. Cody musste sich schrecklich fühlen, dass wusste er. Doch nicht nur sein Bruder, sondern auch seine Onkels, denn unter den Schatten standen Colin, Kilian und Patrick. Leise Schritte, das Gebet verstummte, das Schaben mit dem ein Dolch gezogen wurde. Gordon sah nicht, dass sich der Todeskrieger, der jetzt hinter ihn trat, auf die Lippe biss. Er sah auch nicht, dass stumme Tränen über dessen Gesicht flossen. Er fühlte das kalte silberbeschichtete Metall an seiner Kehle. Die Klinge zitterte ganz leicht.
Die alten Kräuter, die ihm Corey gegeben hatte, berauschten Chris-Angel, vielleicht war es gut. Ihm ging das Schicksal der Zwillinge nah. Da er vor ihnen stand, sah er Cody weinen. Gordon schien sich von seinem Körper zu lösen, wirkte völlig ruhig.
„Ihr Götter, wir rufen Euch!“ Halten die Stimmen der Todeskrieger durch die Nacht. Jeder von ihnen hatte die Linke auf dem Dolch, die Rechte auf der Schulter seines Nebenmanns.
„Die Götter hören Euch!“ Gab Chris-Angel wie von selbst zur Antwort.
„Wir bitte Euch um Euren Schutz! Darum, das der Frieden zwischen den Kriegern gewahrt wird.“
„Was bietet Ihr uns als Unterpfand, als Zeichen für Eure Treue?“
„Ich bin der Unterpfand! Ich gebe mein Blut für den Frieden!“ Antwortete Gordon wie selbstverständlich. Codys gehauchtes Nein, hörte er kaum.
„So soll es geschehen! Gebe dein Blut für den Frieden und erhalte das Blut aller Krieger. Erhalte es um den Frieden zu wahren. Krieger, Schattenkrieger und Todeskrieger Gordon O´ Harra-McDonald. Er halte ebenso das Blut des großen Pendragon. Denn auf die Dragon sollen in Frieden mit den Kriegern leben! Vollbringe dein Werk, Schattenkrieger, Todeskrieger und Dragon!“ Die Klinge wurde an seine Kehle gedrückt, doch Cody konnte scheinbar nicht fester. Also drückte Gordon selbst den Hals gegen den geweihten Dolch. Den Dolch der einmal dem Indianer Gordon gehört hatte, der ihm gehören würde, wenn er es schaffte. Hinter ihm schrie sein Zwilling auf. Er spürte wie das Blut, sein Blut, über seine Schulter rann. Dann glitt Gordon langsam in die Dunkelheit, fiel Chris-Angel in die Arme. Cody stand wie versteinert da, sah zu, wie das Blut aus der Ader schoss. Erst als der Lordkrieger seinen Zwilling in die Hütte trug, löste sich die Starre. Der Ritualdolch fiel ihm aus der Hand. Langsam ging er in die Knie. Jemand nahm ihn in die Arme, nur einer der Todeskrieger wagte es, den Kreis zu betreten. Kilian kniete vor dem jungen Vampir, wiegte ihn sanft in seinen starken Armen.
Der Halbling weinte, während er mit geübten Handgriffen die Blutung stoppte, den Hals des jungen Vampirs verband. Langsam tropfte bereits der erste Blutbeutel in dessen Ader. Sobald Gordon zu sich kam, würde er das restliche Blut trinken können. Chris-Angel sah ihm schweigend bei der Arbeit zu. Er sah die Bilder, die Cameron seinem Halbbruder schickte, die diesen zu Tränen rührten. Im Dorf hatten sich die Krieger in der Gemeinschaftshütte versammelt. Einige knieten betend auf dem Boden, andere saßen saufend an den Tischen. Keiner von ihnen war an das Ritual gebunden, trotzdem schwiegen alle. Tristan hielt Jessica fest im Arm, ihre Kinder saßen bei ihnen. Chris und Conner spendeten sich gegenseitig Trost, auch sie lagen sich in den Armen. Hatte doch jeder von ihnen einen Partner am See. Duncan, der sich vor ein paar Tagen von seiner indianischen Freundin getrennt hatte, kümmerte sich liebevoll um Kim. Alle litten mit Gordon und Cody, jeder auf seine eigene Art. Doch einer litt besonderes, der Halbling am Bett des Vampirs. Brendan zog schniefend die Nase hoch, wischte sich die Tränen mit dem Ärmel seines Kapuzenpullovers ab.
Erst am Morgen besserte sich Gordons Zustand, der junge Krieger kam nur langsam zu sich. Draußen knieten noch immer betend die Todeskrieger. Ihr Lordkrieger kniete vor dem Bett nieder, als die normalen Krieger mit Dean ihr Ritual begingen. Brendan wechselte die Blutinfusion, nur noch zwei waren übrig. Die von Kilian und die von Chris-Angel, mindestens zwei würde er trinken müssen. Wider kamen die Tränen, die irgendwann versiegt waren. Welcher der Krieger war noch stark genug, um sein Blut zu geben?
„Wenn er nicht in der nächsten viertel Stunde zu sich kommt, ist es vorbei!“ Sprach Brendan seinen Gedanken leise aus.
„Nein, ist es nicht! Denn dann bekommt er das Blut dessen, auf den er eigentlich geprägt wurde!“ Erklärte Chris-Angel, der Rothaarige zuckte leicht zusammen. Er sagte nichts auf die Äußerung des Lordkriegers, sondern griff nach Gordons Hand und hielt sie fest in der seinen. Das Lächeln des Soldaten blieb ihm verborgen, denn dieser wusste, dass es die Liebe war, die den jungen Krieger zurückholte. Zehn weitere Minuten vergingen, ohne dass etwas geschah. Doch plötzlich beugte sich Brendan vor, küsste den Krieger auf die Stirn. Sein Daumen strich sanft über dessen Handrücken. Immer noch wachte Gordon nicht auf. Er wechselte ein weiteres Mal den Blutbeutel, griff erneut nach der kühlen Hand. Nach ein paar Minuten küsste der Schattenkrieger den Vampir erneut, diesmal auf die Lippen, begann zärtlich seine Wange zu streicheln.
„Gordon, bitte wach auf! Bitte ihr Götter, lass uns nicht im Stich!“ Flehte der Rothaarige mit zitternder Stimme. „Gordon … bitte!“ Der Kopf des ehemaligen Highlord fiel auf die nackte Brust des Vampirs. Der Beutel neigte sich dem Ende zu, als dieser plötzlich die Hand hob. Brendan über die dicken dunkelroten Locken strich. Ein Lächeln zog sich über die nun wieder roten Lippen. Dunkelblaue klare Augen sahen Chris-Angel an, der am Fußende stand. Wortlos griff der Lordkrieger nach dem letzten Beutel, sein eigenes Blut. Er riss ihn mit den Fängen auf und goss den Inhalt in den Becher auf dem Nachtisch. Brendan hob langsam den Kopf, brauchte einen Moment um zu verstehen, dass Gordon wach war. Doch dann nahm er Chris-Angel den Becher ab, hielt ihn dem jungen Vampir an die trockenen Lippen. Hastig wurde der Inhalt geleert, doch er reichte nicht, wie der Sanitäter bereits befürchtete. Was sollte er jetzt tun? Der Todeskrieger stand abwartend an der Wand neben der Tür. Der Blonde griff nach dem Handgelenk des Rothaarigen. Dieser zog es erschrocken zurück.
„Nein Gordon, du ...“ Begann Brendan und wurde so gleich unterbrochen.
„Ich binde mich an dich, na und? Ich bin erwachsen genug, um über mein Leben zu entscheiden!“ Seine raue Art hatte der Vampir nicht verloren. Chris-Angel verließ leise den Raum, sah noch wie der Rothaarige sich vorbeugte.
„So bist du das?“ Gordon versank in den dunkelgrünen Augen. „Dann beiß mich wenigstens in die Kehle und nicht wie ein Baby ins Handgelenk!“ Kaum hatte der Halbling ausgesprochen, spürte er den Mund des Jüngeren an seinem Hals. Ein sanfter Kuss, dann bohrten sich die Fänge in seine Haut. Der leichte Schmerz war köstlich, das Gefühl, welches darauf folgte, raubte Brendan fast die Sinne. Die sanften Lippen verschlossen die Wunde und legten sich noch einmal sachte drauf. Dunkelblaue Augen strahlten voller Glück. Denn Gordon wusste seit Jahren, dass Kyla nicht seine Bestimmung war. Erst jetzt wurde ihm klar, er hatte nur kurz getrauert, der Rest war Clydes und Chris-Angels Werk. Ob Brendan von der Täuschung wusste? Gerade wollte er ihn fragen, als die Tür aufflog. Cody stürmte in den Raum, fiel, über den Halbling hinweg, seinem Zwilling um den Hals.
„Du bist wach, den Göttern sei Dank, Bruderherz! Wie fühlst du dich?“
„Schwach, aber ansonsten ganz gut!“ Gordon lächelte. „Ich darf endlich glücklich sein, Cody!“
„Das darfst du großer Krieger!“ Kam es von der Tür aus, Alistair widersetzte sich allen Befehlen, war nach dem Ritual zum See gefahren. „Komm mein Sohn, trink von mir, damit du deine Weihe erhalten kannst!“ Brendan erhob sich, machte dem weißblonden Vampir Platz. Er zog Cody mit sich nach draußen. Der junge Vampir überraschte ihn, als er ihn in die Arme schloss.
„Ich bin froh, dass du endlich auch glücklich sein darfst, Brendan. Gordon liebt dich sehr!“
„Danke Cody!“ Kilian stand lächelnd im Wohnraum. „Danke auch dir, mo Thiarna, ohne deine Hilfe hätte ich es nicht so lange geschafft.“
„Lass gut sein Brendan, es beruht auf Gegenseitigkeit!“ Er klopfte seinem Schattenkrieger auf die Schulter. „Übrigens, die Weihe findet heute Nachmittag statt. Da sich nun auch Jessy und eure Schwester auf den Weg her gemacht haben, hat sich Angel entschlossen, Gordon doch vor allen Krieger zu weihen.“
Während Brendan bei seinem Gefährten blieb, fuhren die Todeskrieger, gemeinsam mit Alistair, ins Dorf. Ein paar Stunden schlafen, ihre Gefährten in die Arme schließen, um dann gemeinsam am Nachmittag zurück zum See zu fahren. Gordon genoss es, als ihn der Schattenkrieger wusch, das sanfte Prickeln auf der Haut, die zärtlichen Berührungen. So hätte es schon vor Jahren sein sollen. Wie oft dachte er an den rothaarigen Schattenkrieger, wenn er Kyla in den Armen hielt. Wie oft wünschte er sich, dass endlich der Tag kam, an dem er diesem gehören durfte. An dem er sagen konnte, ich lieb dich. Franks Tochter bedeutete ihm etwas, jedoch nicht so viel, wie es der Halbling tat. Der Wolf, der sich ihm nur in dieser Form näherte. Jetzt war sein größter Wunsch, dass Brendan den Bund vollendete, bevor er geweiht wurde. Sich bewusst, dass dieser im Moment mühelos seine Gedanken las. Der Rothaarige stand so dicht hinter ihm, dass er seinen Körper spürte. Ein hauchzarter Kuss landete auf seinem Schulterblatt. Die Lippen wanderten weiter höher und hinterließen eine Gänsehaut auf seinem Rücken. Er wurde fester gegen den warmen Körper gedrückt. Dann biss der Schattenkrieger zu. Tausend Schmetterlinge erhoben sich in Gordons Magen, ihm wurde beinahe Übel vor Glück. Der Halbling hob den Kopf, trat hinter ihm fort, um seine Kleidung zu holen. Die neue Lederhose und das schwarze Hemd, welche ihm Frank geschenkt hatte. Er zog sich an, auch wenn er nicht wollte. Brendan faste ihm die Haare an den Seiten zusammen, schob die Silberspange hinein. Er bekam seine Halskette zurück, ein Geschenk von Cody. Wie ihre Mutter und deren Brüder, besaßen auch sie nun solch ein Schmuckstück. Langsam trafen die Krieger ein, draußen wurden Tische und Bänke aufgestellt. Brendan gab Gordon einen letzten Kuss, bevor die drei hohen Krieger und der Dragon Lord eintraten. Kilian hielt ihn jedoch am Arm zurück. Er solle den jungen Krieger zu seiner Weihe führen, erklärte der Herr der Schattenkrieger mit einem Lächeln. Sie besprachen kurz gemeinsam das Ritual, dann gingen die vier Männer wieder.
Die Zeremonie glich der Kriegerweihe, die Brendan damals in Australien vollzogen hatte. Nur war es jetzt Corey, der im Kreis kniete und die altgälischen Gebete sprach. Leise übersetzten Alistair und Dorian die Worte für die anderen Krieger und Kriegerinnen. Doch dann änderte sich das Ritual, Gordon wurde nicht durch den Blutschwur geweiht sondern mit den Elementen. Zu erst mit der Luft, die er tief einatmete, dann mit der Erde, die er küssen musst. Anschließend das Feuer, das Conner in einer Metallschale bracht. Gordon hielt die Hand darüber. Zuletzt das Wasser, Kilian und Chris-Angel tauchten ihn ganz in den See. Anschließend umarmten die drei hohen Krieger und der Dragon Lord den Vampir, Corey übergab ihm den Dolch. Lior war der erste Krieger, der gratulierte. Der Indianer schämte sich seiner Tränen nicht, legte für einen Moment sogar den Kopf auf die Schulter des Jüngeren. Jessica weinte vor Freude, ihren Sohn endlich wieder Lachen zu sehen. Richtig lachen, denn er hatte es seit Monaten schon nicht mehr getan. Gordon glich in seiner Art stark Kilian. Verbarg, außer Cody gegenüber, oft seine Gefühle. Alistair strich ihm als Nächster väterlich über die Wange, Tristans Umarmung war fest. In seinen dunkelgrünen Augen erkannte der Jüngere, dass er wider nicht geschlafen hatte. Trotzdem wirkte er zufrieden. Frank drückte seinen fast Schwiegersohn herzlich. In seinen graugrünen Augen erkannte dieser so etwas wie Erleichterung. Darüber, dass dieser junge Krieger endlich angekommen war. Nicht nur einmal musste er Gordon mit Hoffnung stärken. Mehrmals war dieser in seine Hütte gekommen, meistens Nachts, wenn Kyla schlief. Oft war dieser dann angetrunken, hatte sogar geweint.
„Danke für deine Hoffnung, Dragon!“ Flüsterte Gordon jetzt.
„Sie war alles, was ich dir geben konnte. Danke für die Liebe, die du Kyla gegeben hast. Sie war wirklich glücklich mit dir!“ Frank lächelte ihn an. „Mögen die Götter jetzt dir und Brendan ewige Liebe schenken!“ Der Vampir zog eine Augenbraue hoch. Woher wusste Frank, dass er an den Iren gebunden war? Die Reihe der Glückwünsche ging weiter, doch Gordon fand keine Antwort darauf. Der Letzte, der vor dem jungen Krieger stand, war sein Gefährte. Die dunkelgrünen Augen strahlten immer noch. Der Schattenkrieger tat etwas, dass keiner erwartete. Er kniete vor dem blonden Halbschotten nieder.
„Ich hab den Schwur der Schattenkrieger abgelegt, den der Krieger, des Highlord und der Dragon. Jetzt schwöre ich, dir stets zur Seite zu stehen, großer Krieger. Mit meiner Erfahrung, meinem Leben und meiner Liebe, auf ewig!“ Gordon kniete sich vor seinen geliebten Halbling. Nahm dessen Gesicht in beide Hände.
„Du weist, dass du mir nichts schwören musst, Brendan. Mein Herz gehört dir seit Jahren und für immer, auf ewig!“ Das Lippenbekenntnis der beiden Krieger war innig. Ein weiteres Paar küsste sich in diesem Moment das erste Mal in der Öffentlichkeit, jedoch fast ungesehen. Cameron und Sean, die beiden Wölfe, die schon seit Jahren gebunden waren. Es jedoch immer geheim hielten. Keine Blicke, keine Gesten, selbst den Bindungsgeruch versteckten die beiden.
„Ola, Cam, was ist denn das?“ Wollte Nico plötzlich wissen, der über Matthews Schulter sah.
„Fag ich mich auch gerade, Nico!“ Bemerkte Kiran, der seine schwangere Gefährtin im Arm hielt. „Haben wir was verpasst, Sean?“ Weder er noch Nico bekamen eine Antwort von den beiden Männern, die sich mit verzweifelter Leidenschaft küssten.
„Ich würde sagen, ja!“ Antwortete schließlich Colin, sah seinem Zwilling nach, der mit Cameron im dunklen Wald verschwand. „Die beiden sind schon seit einer Ewigkeit zusammen. Noch bevor ihr zusammen kamt, Ramon und Gavin. Sie wollten ihre Liebe erst leben, wenn richtig Frieden herrscht. Cameron hatte Angst, dass er Sean verlieren würde. Deswegen haben sie sich so gut versteckt. Selbst ich hab einige Jahre gebraucht, um es zu bemerken.“
„Selbst uns ist nichts aufgefallen!“ Fügte Kilian hinzu, Conner, Chris-Angel und Dean schüttelte zur Bestätigung die Köpfe. „Aber jetzt verstehe ich, warum Sean nie etwas zu meiner und Cons Beziehung gesagt hat. Na ja, lassen wir das! Auf unseren neuen Krieger, ich bin stolz auf dich Gordon! Die Liebe und den Frieden!“ Der Krieger der Schatten hob sein Whiskyglas.
„Auf die Häuser O´ Harra und O´ Gardey, denen wir diesen Frieden zu verdanken haben!“ Gab Chris-Angel mit erhoben Glas zurück, tatsächlich senkte jetzt der hohe Krieger etwas den Kopf.
„Ich mach´s kurz. Auf alle Krieger, auf dich Vater!“ Brendan hob seinen Becher, Gordon lachte herzlich und alle prosteten sich zu.
Cameron glaubte den Wolf zu kennen, hatte ihn in so vielen Situationen erlebt, doch niemals so wie jetzt. Die wunderschönen leuchtendblauen Augen waren voller Gier. Sean zerriss ihm einfach das Kapuzenshirt. Hungrig nach Liebe fand seine Zunge den Weg in den Mund des Schattenkriegers, raubte diesem fast den Atem. Die Hände des Schwarzhaarigen waren überall, dessen herber Bindungsduft schien alle anderen Gerüche des Waldes zu überdecken. Er riss den Halbling mit sich, ließ ihn vergessen, dass nur hundert Meter entfernt ihre Freunde und Geschwister feierten. Langsam, Knopf für Knopf, öffnete er das schwarze Hemd, welches Sean trug. Der Wolf stöhnte unter jeder sanften Berührung. Cameron ließ ihn warten bis dieser nicht mehr konnte. Während er in die langen schwarzen Haare stöhnte, schrie Colins Zwilling laut auf. Noch zwei Mal geschah es, beim letzten Mal konnte auch der Schattenkrieger nicht mehr innehalten und schrie. Glücklich zogen sie sich wider an, wobei die Oberteile unbrauchbar geworden waren. Doch dies interessierte die beiden Gefährten kaum. Der Schweiß ihrer stürmischen Liebe hatte das Tattoo auf Seans Oberarm freigelegt. Einen Schattenkrieger von dessen Gesicht man nur die leuchtendgrünen Augen sah, darunter in verschnörkelter Schrift – Cameron forever -. Als es der Rothaarige jetzt berührte, fiel ihm der Tag ein, an dem es der Krieger hatte stechen lassen. Er selbst war verzweifelt gewesen, weil er glaubte, dass Sean ihn nicht liebte. Sie flogen damals gemeinsam mit Kiran, Conner und Kim nach Anchorage. Der Schotte ließ sich ein neues Tattoo stechen, was Sean auf eine Idee brachte, er begleitete den Schattenkrieger in den Laden. Erst am Abend zeigte er Cameron das Tattoo, sein Lippenpiercing konnte er schlecht verstecken. Der Rothaarige hatte geweint vor Rührung, ob dieser Liebeserklärung. Wusste Kim eigentlich von dieser?
Ein anderer Bindungsgeruch mischte sich plötzlich in den ihren. Riss Cameron aus seinen Gedanken. Nur ein paar Schritte entfernt lehnten der Schotte und Chris-Angel an einem alten Baum und knutschten. Die grauen Augen des Highlanders funkelten. Ihr Blick lag auf Seans linkem Oberarm.
„Endlich sieht man es mal! Ich fand es all die Jahre schade, dass du es immer unter diesem blöden Make up versteckt hast, Sean.“ Stellte der Schattenkrieger grinsend fest. Er trug ein ähnliches Bild auf dem Arm, bemerkte Cameron jetzt erst.
„Und bekommt deiner nun endlich die Augenfarbe deines geliebten Schattenkriegers?“ Fragte zu ihrer Überraschung dieser nach.
„Das wird er Sean, sobald ich wider nach Anchorage komme!“ Kim gab Chris-Angel einen zärtlichen Kuss. „Eigentlich sollten wir euch fragen, ob ihr hier am See übernachten wollt, oder mit den anderen zurück ins Dorf fahrt.“
„Ich glaube wir bleiben hier, sonst schreit Sean heute Nacht noch das ganze Dorf zusammen!“ Gab Cameron zurück, presste sich dabei von hinten gegen seinen Gefährten. Die beiden Schattenkrieger vor ihnen grinsten dreckig. Gemeinsam gingen sie zurück zum See. Die Bänke standen noch dort, waren jedoch, bis auf eine, leer. Brendan und Gordon saßen darauf, betrachteten eng umschlugen die Sterne.
Mit dieser Nacht begann der Frieden für die Krieger und Dragon. Denn mit Gordons Liebe zu dem ehemaligen Highlord Brendan O´ Gardey, war der neue Weg endgültig beschritten worden. Der Weg den Cameron und Kilian bereits in Kanada begonnen hatten, als sie sich von ihrem alten Leben lossagten.



Frieden – auf ewig
The End


Impressum

Texte: Gräfin Nadine von Wttgensteyn
Bildmaterialien: Gräfin Nadiine von Wiggensteyn
Tag der Veröffentlichung: 10.09.2012

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