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Prolog


* Drei Jahre zuvor *
Gaaras Arme bebten, als er sie hob und seine Hände langsam zu Fäusten schloß. Als sie drohten sich komplett zu verschließen, nahm ich einen lauten, sowie verzweifelten Hilfeschrei des Opfers auf der anderen Seite des Feldes wahr. Harter Sand schloß sich um ihn, wurde fester. Schnürte ihm mit der kleinsten Handbewegung Gaara's die Luft ab, bis ich schließlich das laute knirschen seiner Knochen und einen letzten Schrei vernahm. Dunkelrotes Blut des Opfers bedeckte meine Haut, einzelne Scherben des Sandkokons schwankten durch die Lüfte und zerbrachen wie Glasscherben auf dem trockenen Boden der Wüste. Fassungslos musterte ich meinen Teamkameraden, welcher nur wenige Zentimeter hinter mir stand und emotionslos geradeaus schaute, als wäre nichts erwähnenswertes geschehen. Er hatte gerade einen Gegner getötet, obwohl es völlig gereicht hätte ihn einfach für eine Weile außer Gefecht zu setzen. Und das auf eine so blutrünstige Art. Wahrscheinlich konnte man nun sehr gut das dunkle grün meiner Iris erkennen, denn meine Pupillen zogen sich förmlich zusammen, wurden immer kleiner und zitterten wild, sowie unkontrolliert umher. Ich hatte noch nie eine Leiche gesehen, immerhin war dies auch meine erste A Rang Mission, was sogar mir selbst ein wenig erbärmlich vor kam. Respekt machte sich in mir breit, Angst, Panik .. Aber wenn ich ihm tief in die Augen sah .. auch etwas Beruhigung. Mein Blick wanderte zu Kankuro, welcher ebenfalls eine Miene aufgesetzt hatte, als wär das alles hier ganz normaler Alltag. Er schien die Mordlust seines jüngeren Bruders gewohnt zu sein. In was für ein Team wurde ich hier bloß eingeteilt? Zitternd wischte ich mir mit meinem Ärmel über die Wange, entfernte die Blutspritzer, die sich dort zeichneten. »Wie lange wollt ihr hier noch tatenlos rumstehen?« ich zuckte zusammen, als ich Gaaras sanfte Stimme vernahm. Er redete nicht sonderlich oft, was bei so einer Stimme wirklich bedauernswert war. Immer noch starrte er in die Leere, jedoch hatte sich ein befriedigtes Lächeln auf seine Lippen geschlichen. Es war alles andere als ein aufrichtiges Lächeln, es war angsteinflößend, als hätte er gerade die Droge zu sich genommen, der er so sehr verfallen und ausgeliefert war. Dem töten. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Diese waren trocken und trugen die selbe blasse Farbe, wie der Rest seiner Haut. Plötzlich überkam mich das Verlangen nach ihm, der Wunsch seine Nähe zu spüren und diese Lippen zu liebkosten. Schnell vertrieb ich den Gedanken wieder aus meinem Kopf, wie könnte ich einen Mörder lieben? Lautlos stampften Kankuro und ich durch den Sand, folgten Gaara auf Schritt und Tritt - Kankuro darauf bedacht, sich so fern wie nur möglich von ihm zu halten. Ich viel eher darauf bedacht dicht neben dem Rotschopf her laufen zu können. Warum zog mich seine Art und Weise bloß so stark an? Vielleicht war es der weiche Kern, den ich sofort hinter der harten Schale erkennen konnte. Seine türkisfarbenen Augen, geprägt von Hass und Einsamkeit, doch durch und durch mit Liebe gefüllt. Ich war noch nie einem Menschen mit einem so leeren Blick begegnet, er war etwas besonderes.

Die Umrisse Konohas bauten sich vor meinen Augen auf, wurden immer größer, wir kamen unserem Ziel immer näher und legten an Tempo an. Schon vor einer Weile hatte ich bemerkt, dass wir die fahle Wüstenlandschaft zurück gelassen hatten und sich immer dichter werdendes Grün vor uns erstreckte. Wir waren auf dem Weg zur Chuunin Prüfung - Warum dieser Gang eine A Rang Mission darstellte, fragt ihr ? Ganz einfach, Baki erkrankte plötzlich und somit mussten wir den Weg nach Konohagakure ganz auf uns allein gestellt meistern. Von Sunagakura bis Konoha dauerte es rund drei Tage Fußmarsch und uns kamen so einige Ninja entgegen, welche Gaara ohne mit der Wimper zu zucken erledigte. Doch nun waren wir endlich angekommen und konnten uns in aller Ruhe auf die anstehende Prüfung vorbereiten.

Sein Ziegelsteinrotes Haar wehte im Mondlicht, als ich seine Umrisse in der schwarzen Dunkelheit erfasste. Er saß schweigend auf dem Dach der Halle, in welcher wir morgen um den Titel des Chuunin kämpfen würden. Schrill läuteten kleine Glocken im Winde, welche als Dekoration, fest gebunden an einem Stück Stoff an den Dächern hingen. Eigentlich wollte ich nur noch einen kleinen Spaziergang zurücklegen, da mir die ganze Aufregung das einschlafen ziemlich schwer machte, doch als ich Gaara dort sitzen sah, konnte ich einfach nicht anders, als mich zu ihm zu gesellen. Auch wenn jeder meinte, er sei gefährlich, ich glaubte nicht daran. »Gaara .. ?« Es war das erste mal, dass ich ihn von mir aus ansprach, Unsicherheit machte sich in mir breit. Er schwieg, jedoch deutete ich sein Schweigen als eine Erlaubnis bei ihm sein zu dürfen. »Was machst du hier so ganz allein ?« Fragte ich zögernd und ließ meinen Erwartungsvollen Blick über seinen Rücken, welchen er mir zuwandt, fahren. »Die Frage ist wohl eher, was du hier bei mir machst« sagte er nach langem schweigen und erhob seinen Kopf, um in den Himmel zu schauen. »Uhm .. Willst du etwa, dass ich gehe?« Zitternd versuchte ich mich ihm ein paar Schritte zu nähern, jedoch unterbrach er meine Annährungsversuche sofort, indem aufstand, seinen Körper auf die Beine brachte. Jedoch schaute er mich immer noch nicht an, drehte sich nichteinmal zu mir um. Er schien den Vollmond um einiges unterhaltsamer zu finden. »Hast du keine Angst?« zischte er. »Hey. Ich weiß, was die anderen reden, jedoch habe ich wirklich keine Ahnung, warum sie dich für so bösartig halten. Ja, du bist ein Jinchuuriki, aber naja, ich denke du bist eigentlich ziemlich-« Mit einem »Sei ruhig« unterbrach er meinen Redefluss und wandt sich mir zu. »Ich könnte dich jeden Moment töten« sein Blick traf auf meinen, es war als würde er geradewegs durch mich hindurch schauen. »Das glaube ich nicht! Ich fürchte mich nicht vor dir« Überzeugt davon, dass er mir niemals auch nur ein Haar krümmen würde legte ich meine Handfläche auf seine Wange, jedoch schlug er diese sofort wieder weg. »Such dir eine Methode aus« »Eine Methode?« »Eine Methode, wie ich dich töten soll« »Das würdest du niemals tun« Seine Augen weiteten sich, als dichter Sand aus seinem Kürbis hinauf stieg. Der Sand schlung sich dicht um mich, ich hörte auf zu atmen, mein Herz setzte aus. »Tu es« flüsterte ich, als der erste Schock überwunden war. Er hob seinen Arm, wieder drohten seine Finger sich zu einer Faust zu schließen und ich spürte, dass der Sandkokon um mich immer fester wurde. Nun bekam auch ich Panik, fing an zu zweifeln. Hoffnung überfuhr meinen Körper jedoch, als ich dieses Glänzen, diese Unsicherheit in seinen Augen wahr nahm. Er zögerte. »Na los. Töte mich, Gaara, zöger nicht länger« ich unterdrückte die Angst in meiner Stimme. ».. Ich kann nicht« plötzlich lockerte sich sein Griff und der Sand ebenfalls, bis er völlig von mir abließ. »Ich sagte doch, dass ich dir vertraue. Das meinte ich auch so« Ich ging ein paar Schritte auf ihn zu, jedoch rührte er sich nicht. »Wie kannst du dir da bloß so sicher sein?« Seine Stimme klang labil, verletzt. Und das schlimmste war, dass ich nichtmal eine Antwort auf seine Frage kannte. Vielleicht sollte ich einfach das aussprechen, was momentan in mir vorging. »Deine Augen verraten es mir«, vielleicht mochte dieser Satz ein wenig aufdringlich klingen, doch genau dies war es eben, was in mir vorging. Sich in mir breit machte. »Du hast keine Ahnung, was ich für ein Monster bin .. Renn weg« »Ich gebe dich nicht auf, Gaara« meine Stimme war nur noch ein leises Hauchen, ich fragte mich wirklich, auf was ich mich da gerade einließ. »Warum hast du mich nicht getötet?« fügte ich interressiert hinzu. Eigentlich sollte zumindest dieser Satz halbwegs normal klingen, doch auch diesesmal entgleitete nur ein sanftes Flüstern meinen Lippen. »Weißt du, als ich dich das erste mal in der Akedemie gesehen habe .. « setzte er an. »Machte sich sofort ein Gefühl in mir breit, welches ich so noch nicht kannte« ».. War es Liebe?« Fragte ich viel erwartend. »Erst dachte ich, es wäre eine andere Art von Hass« fuhr er fort, ohne meine Frage zu beachten. »Ich war verzweifelt, denn ich konnte dieses Gefühl einfach nicht zuordnen, hatte es noch nie zuvor erlebt. Also stufte ich es ganz einfach als Hass ein, welcher stärker als mein sonstiger ist. Somit zeigte ich dir die kalte Schulter, beachtete dich kaum. Ich habe oft genug versucht dich zu töten, Nadine« Ich hatte ihn noch nie so viel aufeinmal reden hören. »Du hast jetzt die Chance dazu, du kannst es doch, oder?« Entschloßen schaute ich ihm in die Augen, wollte eine genauere Antwort hervor provozieren. ».. Jedoch konnte ich es einfach nie. Ich kann dich auch jetzt nicht töten. Ich glaube man nennt dieses Gefühl .. Liebe« Er schwieg. Mehrere Sekunden lang schauten wir uns einfach nur stumm in die Augen, während der Wind unsere Haare durch die Lüfte gleiten ließ. »Liebe ist stärker als Hass. Es ist warm, schön. Willst du mich beschützen, Gaara?« Er nickte. Plötzlich wirkte er gar nicht mehr so bösartig, sondern liebevoll und unsicher. Ich hatte wohl einen weichen Kern getroffen. »Ich bringe dir Liebe bei« hauchte ich, doch zu meinem Überraschen kam er mir zuvor und überbrückte die letzte Entfernung zwischen uns, indem er seine Lippen auf meine legte. Überwältigt von meinen Gefühlen zog ich ihn dichter an mich, schloß die Augen. Seine Lippen waren rau, ich spürte seine Unsicherheit, seine Unerfahrenheit, jedoch störte mich dies nicht weiter. Der Kuss war voller Emotionen. Ein Feuerwerk schien in meinem Körper zu toben und es viel mir unfassbar schwer, mich wieder von ihm abzuwenden.


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Tag der Veröffentlichung: 04.12.2011

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