Der Urlaub war schon lange geplant. Endlich raus aus dem Alltagstrott. Diesen Sommer wollte sie nur einfach mal ausspannen. Erholung vom Job, von den eigenen vier Wänden, vom Freund, der sie ohne hin seit einiger Zeit nicht mehr zu verstehen schien und Erholung von sich selbst. Die Gedanken wieder auf die richtige Schiene bekommen. Die ersten drei Urlaubstage verliefen auch wie geplant. Ruhe und die totale Entspannung. Sie tat einfach nur was ihr gerade in den Sinn kam, ohne über das Warum nachzudenken. Wenn sie einfach nur einen Spaziergang am Hafen machen wollte, dann tat sie es. Wenn sie ihren sportlich schlanken Körper am Strand den ganzen Tag lang in die Sonne legen wollte oder auch nur einfach in einem Straßenkaffee sitzen und die Leute beobachten wollte, dann tat sie es, wann immer sie die Lust dazu verspürte. Nur hin und wieder dachte sie an ihren Liebsten und das nicht ohne ein wenig Wehmut zu verspüren. Was ist eigentlich passiert? Haben sie sich so schnell auseinander geliebt oder haben sie eigentlich von Anfang an gar nicht zusammen gepaßt? Wenn sie so darüber nachdenkt und die innig verliebten Pärchen vorbei schlendern sieht, fühlt sie sich als würde sie allein, mitten im November im Regen stehen gelassen. Wieso hat er sich nur so sehr verändert? Wie oft hat sie schon darüber nachgedacht ihn zu verlassen? ! Dieser Urlaub war gut um einfach mal über alles nachzudenken.
Sie entschloß sich vor dem Abend noch ein wenig am Strand auf und ab zu gehen. Rechts von ihr tanzten die Wellen auf der See und zu ihrer linken Seite war der große Aufbruch geplant. Alles was sich den ganzen Tag über hier niedergelassen hat, bricht nun die Zelte ab, packt zusammen und verschwindet im Hotel, um sich etwas später wieder in einem Restaurant zu treffen. Und während sie, Gedanken versunken, einen Fuß vor den anderen setzt, kommt ein junger Mann ihr entgegen. Jogend. Nicht besonders athletisch oder sonnengebräunt. Er war ganz einfach nicht der Typ, der mit der auffälligen Solariumbräune und den gepuschten Muskeln am Strand hoch und runter „post“. Aber doch hatte dieser Bursche etwas an sich, von dem sie sich angezogen fühlte. Denn plötzlich erwischte sie sich dabei, wie sie ihn von oben bis unten musterte und damit nicht genug, sie schaute ihm auch hinterher. Bis zu dem Zeitpunkt als er sich, mitten im Lauf umdrehte und ihr zuwinkt. Es war ihr eigentlich schon fast peinlich, aber trotzdem konnte sie nur eins machen. Nämlich ihr bezauberndstes Lächeln aufzusetzen, um zurück zuwinken. Später wurde ihr klar was es war, was sie so beeindruckte. Es mußte sein durch und durch natürlich wirkender Charme gewesen sein. Aber was sollten ihre Gedanken? Ihr Freund war ja zu Hause und diesen sympathischen Jungen würde sie sowieso nicht wieder sehen.
Ihr Freund, da waren wieder diese Gedanken. Ihr Freund, von dem sie sich manchmal wünschte er würde sich mehr um sie kümmern, so wie in der Zeit als sie sich kennenlernten. Damals hat er ihr immer mal noch ein paar Blumen geschenkt oder sie mit einem schnuckeligen Abendessen verwöhnt. Aber seit einiger Zeit hat er nur noch seinen eigenen Gedanken im Kopf. Es ist ja auch nicht so das sie nicht glücklich wäre, doch irgendwie fehlt ihr die Wärme die sie früher hatte. Das Gefühl umsorgt zu sein.
Wie es auch immer sein mochte, in vier Tagen ist sie ohnehin wieder zu Haus und bei ihrem Freund. Aber jetzt war sie noch hier und wollte sich auch noch ein bißchen amüsieren. Und das tat sie auch. Im Hotel angekommen überlegte sie was sie wohl tun sollte? Da war diese kleine gemütliche Kneipe unweit vom Strand. Da wird sie hingehen. Doch als sie in ihrem Zimmer im Bad steht und sich fertig macht, mußte sie unentwegt an den jungen Mann denken, der vor kaum einer Stunde an ihr vorbei gelaufen ist. Sie wußte einfach nicht warum das so war und konnte sich auch nicht erklären, warum sie immer seinen Anblick vor den Augen hatte. Nach gut einer halben Stunde war sie fertig und ging los. Die Tür zum Fahrstuhl öffnet sich und sie drückt den Knopf für das Erdgeschoß. In der vierten Etage hält der Lift an und zu ihr herein trat Er. Der Typ vom Strand. Augenblicklich schlug ihr Herz aufgeregter und sie wußte nicht ob sie was sagen sollte oder nicht. Sie war viel zu verwirrt, weil sie ihre Gefühle nicht verstehen konnte.
Er lächelte ihr nur zu und wünschte ihr einen guten Abend. Ganze sechs Etagen schwiegen beiden. Er schaute sie nur an und versank in ihren wundervollen Augen. Er war einfach nur fasziniert von ihrer einfachen, aber doch grazilen und beeindruckenden Schönheit. Durch den durchsichtigen Stoff ihres Kleides konnte er die Konturen ihrer Schenkel erahnen. Ihre Hüften und die Taille konnten weiblicher kaum sein. Ein Anblick der ihm den Atem nahm. Ihre Brüste waren wohlgeformt. Und dann das Gesicht. Er konnte einfach nicht wegsehen, auch wenn dieses Starren schon fast peinlich war. Ihr Haar fiel seidig weich auf die Schultern. Die Lippen und der Mund luden regelrecht ein sie zu küssen. Wenn es nach den beiden gegangen wäre, würden sie heute noch in diesem Fahrstuhl stehen und sich einfach nur anschauen. Aber ihre Wege trennten sich vor dem Hotel. Sie ging in die kleine Kneipe und er wollte einen alten Freund besuchen.
Sie saß schon gut anderthalb Stunden an der Bar und schaute, nicht ohne sich zu amüsieren, den Leuten zu, die vergnügt und in Urlaubsstimmung erzählten, tanzten und lachten. In ihr kam ein bißchen Neid auf, endete doch der letzte gemütliche Abend den sie zu Haus mit ihrem Schatz verbrachte mit einem Streit. Es ging um Kleinigkeiten und Nichtigkeit die man hätte durchaus mit einem Lächeln beenden können. Aber keiner von beiden, weder sie noch er, wollte nachgeben. Im Gegenteil. Ein Wort ergab das andere und am Ende wußte keiner mehr so richtig worum es ging.
In diesem Moment hörte sie neben sich ein „ Hallo „. Erschrocken sah sie auf. Und da stand dieser junge Mann vom Strand vor ihr. Wie weggeblasen waren ihre unschönen Gedanken und sie lächelte sogar wieder. Kein Wunder, denn ihr Gegenüber gefiel ihr ausgesprochen gut. Nach einer kurzen Vorstellung wie jeder heißt und was man so macht, erzählten sie über dies und das und jede Menge Kleinigkeiten. Sie bemerkte das sie sich in Ihrem Gefühl nicht getäuscht hat, was ihn betraf. Er war nicht nur auf eine Art sympathisch, sondern hatte auch noch viel Humor. Die Zeit verging von da an wie im Flug. Sie tranken miteinander und schauten sich dabei unentwegt an. Dann fragte er sie ob sie nicht tanzen wolle. Natürlich wollte sie. Beide bewegten sich zum Rhythmus der Musik und ihre Blicke trafen sich immer wieder in einem tiefen Augenblick. Und dann passierte was sie sich insgeheim wünschte. Die Musik wurde langsamer und er hielt ihr seine Arme offen entgegen. Sollte sie es tun oder nicht. Sie war doch sonst so eine entschlossene Frau und wußte was sie tat. Nur in diesem Augenblick zögerte sie. Verwirrt ließ er die Arme sinken und stand einfach nur da. Es war ihr Lieblingslied was sie hörte und wußte einfach nicht was sie tun sollte.
Er drehte sich zur Seite und wollte gerade zur Bar zurückgehen, als sie ihn festhielt und sich an ihn schmiegte. Seine Arme umfaßten sie und sie wiegten sich mehr zu der Musik, als das sie tanzten. Ihre Körper kamen immer näher, als ob sie verschmelzen wollten. Und unwillkürlich legte sie ihren Kopf an seine starke Schulter. Sie fühlte sich in diesem Moment geborgen und sicher. Und doch konnte sie es nicht verstehen. War es die Wärme die dieser Mann ausstrahlte oder war es nur der Reiz des Neuen und Unbekannten, der sie so handeln ließ. Sie konnte doch nicht einfach ihren Freund vergessen und sich Hals über Kopf in dieses Abenteuer einlassen. Das wollte sie eigentlich auch gar nicht. Dafür war sie doch viel zu realistisch. Sicher hat sich ihre Beziehung irgendwo festgefahren, doch einfach alles aufgeben konnte bzw. wollte sie doch auch nicht. Schließlich kannte sie doch ihren Freund schon eine Weile. Sie kannte seine Vorzüge und seine Schwächen. Das machte das alles einfacher. Wenn sie sich jetzt ihren Gefühlen hingeben würde, stünde sie wieder am Anfang. Selbstverständlich wußte sie auch, daß sie glücklicher werden könnte, wenn sie sich anders entscheiden würde. Unwohl fühlte sie sich gerade bei diesen Gedanken. Doch wenn sie alles beim alten belassen würde hieße das, das sie mit ihrem Freund bis ans Lebensende zusammen bleiben würde oder bis er sie verletzt.
Aber sie wollte sich nun nicht mehr weiter mit diesen Gedanken tragen. Sie genoß es einfach in der Nähe dieses faszinierenden Mannes zu sein. Alle beide tanzten gedankenversunken und eng umschlungen, selbst als die Musik aufhörte und der Takt etwas schneller wurde. Jeder befand sich in seinem eigenen Paradies und kam erst zurück, als sie von den anderen angeschupst wurden. Jeder der die beiden sah, hätte denken müssen, das sie schon immer und ewig zu einander gehörten. Sie setzten sich wieder an die Bar und tranken noch ein zwei Gläschen, um dann wenig später, Hand in Hand hinaus zu gehen. Hinaus wohin? Doch ohne ein Wort zu sagen, führte sie ihr Weg, über die Dünen zum Strand. Dieser lag in einem, romantisch wirkenden Halbdunkel. Von hinten kam das Licht der Straßenlampen, die flackernd die Promenade erhellten. Und vor ihnen lag die tiefe schwarze Dunkelheit, die nur unterbrochen wurde, durch ein paar leuchtende helle Punkte auf See und ein paar Lagerfeuer am Strand. Der Wind umstreifte die beiden, die einfach nur den Augenblick genossen in dem sie sich befanden. Der Augenblick, de viel zu schnell vorüber ging, denn es war schon spät und sie gingen gemeinsam in ihr Hotel zurück. Doch ohne einen tiefen Blick wollte keiner den anderen gehen lassen. So standen sie auf dem Flur und die Spannung wollte die Tapeten herunter reißen. Er nahm ihre Hand zog sie an sich und gab ihr liebevoll einen Kuß auf die Wange. Dann flüsterte er ihr noch zu ,Gute Nacht, drehte sich um und ging. Sie stand da wie festgenagelt. Darauf hat sie, in ihrem Innersten, die ganze Zeit gewartet. Und nun war es passiert und sie wußte nicht was sie denken sollte. Teils war es wundervoll und auf der anderen Seite schämte sie sich ein wenig. Da war doch noch ihr Freund, den sie hatte.
Diesen Konflikt trug sie mit sich aus, bis sie in ihrem Bett einschlief. Nach einem wunderschönen Abend erlebte sie nun die beeindruckendste und erotischste Nacht, die sie je erlebt hat. Sie und ihre neue Bekanntschaft liebten sich, wie man sich nur in voller Hingabe, Leidenschaft und Ekstase lieben kann. Ihre Hände gingen auf Wanderschaft, um den Körper bis zum letzten Zentimeter zu berühren. Als sie vor lauter Lust der Ohnmacht nahe war, spürte sie einen Luftzug auf ihrer Haut. Sie schaute sich um und sah durch das Fenster die aufgehende Sonne am Horizont. Dann nahm sie ihre Decke vom Boden hoch, kroch darunter, damit sie keiner mehr sehen konnte. Es war ihr schon fast unangenehm, dieser Traum. Nur gut, das niemand etwas davon erfahren wird.
Als sie die Sonne schon im schönsten gelb strahlte, stand sie auf. Aber nicht ohne noch einmal an den vergangenen Traum zu denken. Dann war sie fertig angezogen und harrte de Dinge die da kommen sollten. Und im selben Moment klopfte es. Es war ihr Prinz, der sie zum Frühstück abholte. Moment mal, hatte sie ihn in ihren Gedanken wirklich als Prinz bezeichnet? Was war denn nur los? Sollte es tatsächlich jemanden geben, der alles, was sie sich wünschte, in einem war? Wenn sie ihm in die Augen sah, wußte sie, das er sie anhimmelte und verehrte. Schon lange hatte sie diesen Blick vermißt. Für ihren Freund war die Beziehung zur Routine und Selbstverständlichkeit geworden. Doch in dem Gesicht ihr gegenüber, sah sie den Blick der aussagte, das eine gute Beziehung auf keinen Fall selbstverständlich ist und das man jeden Tag neu darum kämpfen muß, um nicht eines Morgens verbittert und unzufrieden auf zu wachen. Keine Partnerschaft sollte so aussehen, das ein Partner vergißt dem anderen mal eine Freude zu bereiten. Und sei es nur eine Blume, eine Geste oder ein Satz der sagt , Ich liebe Dich , .
Nach dem Frühstück wollten sie noch was unternehmen. Und dafür war der Jahrmarkt bestens geeignet. Sie amüsierten und lachten und unterhielten sich den ganzen Tag. Am Abend gingen sie noch was essen. Sie fühlte sich so frei und leicht, wie nie zuvor. Und er genoß ihre Nähe und war der glücklichste Mann auf der Welt. Einfach nur weil sie in seiner Nähe war. Aber auch der größte Teller ist mal leer und der Kellner kommt zum abkassieren, weil es schon spät ist. Er bezahlte und sie gingen. Am Eingang stand noch ein Blumenmädchen und er kaufte eine Rose für seine Angebetete. Danach gingen sie an den Schaufenstern der Geschäfte entlang, in Richtung Strand. Sie gingen nebeneinander über die Straße und auf einmal blieb er stehen und zog sie zu sich rum. Er schaute ihr lange und tief in die Augen und nahm ihren Kopf zärtlich in seine Hände und zog ihn sanft an seine Lippen. Dann verschmolzen sie in einem langen und leidenschaftlichen Kuß. Die Stadt wurde auf einmal viel kleiner und sie begaben sich in eine Welt die weit hinter jedem erkennbaren Horizont lag. Weit weg von allen Bedenken, gesellschaftlichem Handeln und weit weg von allen Ängsten. Sie waren so tief, daß sie nicht einmal bemerkten, das sie immer noch auf der Straße standen. Und erst ein hupendes Auto holte sie in die Realität zurück.
Als beide dann Hand in Hand den anderen Fußweg erreichten, sahen sie die vielen Leute die schmunzelnd und teilweise kopfschüttelnd die Szene beobachtet haben. Am Strand angekommen suchten sie sich ein gemütliches Plätzchen, in „Dünennähe“. Sie ließen sich in den Weichen Sand fallen und sahen hinaus auf die See. Wieder waren die vielen kleinen Lichtpunkte da, die aussahen wie ins Meer gefallene Sterne. Sie lag in seinem Arm und wollte in diesem Augenblick nirgends wo anders sein. Und er fühlte sich, als würde sich die Welt um sie drehen. Alles schien auf einmal so einfach und leicht. So als würde es auf dem Weg durchs Leben keine Probleme geben. Ihr Sommerkleid ist über ihren Schenkel gerutscht, so das er ihr den Sand darüber rieseln lassen konnte. Es war ein Gefühl für sie, als wenn ein Seidentuch, kühl ihre warme Haut berührte. Hinter ihnen spielte der Wind mit den Halmen des Strandhafers. Ihre Hände glitten über den Körper des anderen. Sie küßten sich und flüsterten sich zärtliche Worte ins Ohr. Sie waren ganz allein auf der Welt und kein böser Gedanke drängte sich in diese Stimmung. Nur als die Sonne aufging wurden beide etwas traurig. Die Sonne bringt einen neuen Tag. Doch bringt sie ihn auch für die sich? Was sollte nun geschehen? Wie ging es weiter? Was ist im Leben die richtige Entscheidung?
Die richtige Entscheidung trifft man nicht mit dem Verstand oder der Logik, sondern vielmehr mit dem Herz und der Seele. Denn nur diese beiden können uns sagen was für uns richtig ist.
Tag der Veröffentlichung: 01.12.2008
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Liebesroman ist etwas hochgegriffen. Ich hätte es Liebesgeschichte genannt. Und das soll es auch sein. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Zeilen zum lesen und genießen.