Kann Angst dein Herz treffen
Bist dir sicher
das anstelle von Verstand
Herzenstaub dich lenkt
glitzernder Staub
der dich auf die falschen Wege führt
zu Trauer und Wut
zu Blindheit
Bist du deines Weges sicher?
dein Weg, der Zorn
Chayh
Die Lösung, zum Greifen nah. Sie konnte es schaffen, nur noch ein Schritt... Doch plötzlich war da nur noch Dunkelheit vor ihren Augen und einen Moment lang dachte sie, immer noch in ihrem Traum gefangen zu sein. Gleich nach diesem kurzen Augenblick des Wachträumens verflog der Traum wieder, so schnell wie er erschienen war und an seine Stelle trat die Frage, was Chayh aus dem Schlaf gerissen haben konnte. Still lauschte sie ihrer Umgebung, doch lange hörte sie nichts ausser ihrem eigenen aufgeregtem Herzschlag und dem wütendem Pfeifen des Windes, der um die Wände des Häuschens strich, das sie und ihre Eltern bewohnten. Sie war kurz davor, wieder einzuschlafen, als sie doch ein Geräusch vernahm: Das Knirschen, das nur berstendes Holz von sich gibt. Binnen drei Sekunden stand sie auf den Beinen, ihren Jagdbogen schussbereit in der Hand und die tödliche Pfeilspitze auf den Türrahmen gerichtet. Ein animalisches Zischen - wie das einer Schlange - hallte durch das Hüttchen und liess Chayh so sehr zusammenzucken, das sie ihren Pfeil abschoss, ohne es gewollt zu haben. Der Pfeil surrte kurz durch die Luft, bis er dann mit einem dumpfen Geräusch in den Holzboden krachte und dort stecken blieb. Aus einem Reflex heraus griff sie blitzschnell in ihren Köcher und legte einen neuen Pfeil ein. Keine Sekunde zu früh, denn ein grossgewachsener Mann in einem schwarzen Lederumhang stürmte in ihr Zimmer. In seiner Hand blitzte ein gebogenes Messer auf. Ein Dieb? Doch warum würde er eine so arme Familie wie die ihre ausrauben wollen? Und da wurde es ihr klar; dieser Mann war weder allein, noch war er gekommen, um Geld und Schmuck zu stehlen. Er war ein Kopfgeldjäger. Sie wusste nicht wieso er es auf ausgerechnet ihr Leben abgesehen hatte, doch ein mordlustiges Glitzern in seinen Augen verriet seine Absicht. Und Kopfgeldjäger waren nie allein. Nicht zu solchen Zeiten, wie ihre Heimat sie gerade durchmachte. Sie musste den Pfeil abschiessen, sie musste ihre Eltern retten! Ein krampfhafter Schwindelanfall überfiel sie, ihre Hände zitterten - und der Pfeil flog durch die Luft. Kurz weiteten sich die Augen des Jägers, als das Geschoss sich in seine Hüfte bohrte. Aber erschreckenderweise schien ihn die Verletzung überhaupt nicht zu beeinträchtigen. In weniger als einer Sekunde hatte er
Chayh den Köcher aus der Hand geschlagen und den Bogen entzwei gebrochen. Chayh machte zwei entsetzte Schritte nach hinten - und stürzte! Kraftlos fiel sie zu Boden. Der Mann beugte sich bedrohlich über sie und hielt ihr das Messer an die Kehle. Die tiefe, gefährliche Stimme passte so gar nicht zum Gesicht des Mannes. Und auch wenn sie keines der fremdartigen Wörter verstand, so hatten sie doch eine Wirkung auf sie. Sie wollte aufgeben. Sie wollte sterben. Doch das Blut, das ihr in einem warmen Rinnsal den Hals hinunterlief, hatte eine belebende Wirkung auf sie. Ihre Gedanken rasten und sie fasste einen Entschluss. Eins... Zwei... Drei! Mit einem Schrei riss sie den Pfeil aus der Hüfte des Mannes heraus und rammte ihn ihm in den Hals, und zwar so oft, bis sie sicher war, das kein bisschen Leben mehr in ihm steckte. Als hätte sie etwas Giftiges angefasst schubste sie denn Toten von sich herunter und wehrte sich gegen einen Panikattacke, der sie zerreissen wollte, als sie realisierte, dass sie einen Menschen getötet hatte. Sie war nicht besser als er. Nicht einmal im Ansatz. Aus dem Nebenzimmer gellte ein Schrei. Eindeutig ihre Mutter! Sie hechtete zu ihrem Köcher und gabelte auf dem Weg zum Zimmer ihrer Eltern ihren Ersatzbogen auf, denn sie für den Fall, dass auf der Jagd ein Bogen bräche, gebaut hatte. Noch ihm Gehen legte sie einen Pfeil ein. Sie hatte keine Zeit, darüber nach zudenken, was mit ihrer Mutter geschehen war oder wie sie vorgehen sollte. Sie zielte kaum und schoss fast blind einen Pfeil in die Richtung des zweiten Kopfgeldjägers ab. Der Pfeil traf ihn in der Schulter. Der hünenhafte Mann knurrte und war für einen Moment nicht er selbst, was Chayh die Gelegenheit gab, die Situation zu erfassen. Ihre Mutter lag in ihrem eigenen Blut, ein gerader, sauberer Schnitt hatte ihr die Kehle durchtrennt. Chayh verbot sich,zu trauern. Der Kopfgeldjäger richtete sein Messer wieder auf ihren Vater. Ihr blieb nicht viel Zeit, zu handeln. Ihr Pfeil flog mit sicherem Kurs auf den Kopf des Jägers zu. Doch es war zu spät - er rammte ihrem Vater die Klinge ins Herz. ,,NEIN!" Chayhs Schrei liess die Erde beben. Der Jäger fiel tot zu Boden. Sie beachtete ihn nicht. Das Letzte, was ihr Vater sagte war: ,,Ich liebe dich, meine Kleine. Vergiss... das... nicht."
Siehst am Horizont
Neue Helden
Der Lichtschimmer
der Neuanfang
Hörst du die Chöre
Sie künden an
die neuen Helden
der Lichtschimmer
der Neuanfang
die Rettung
die Zukunft
unsere Helden
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Es war so weit. Heute war mein Tag. Ein letztes Mal schlug ich mit meiner kleinen Drachenklaue gegen das Ei und atmete meinen ersten Atemzug. So fühlte sich Welt an? Ich hoffte darauf, irgendwelche andere Geräusche zu vernehmen, aber alles blieb still. Vorsichtig rollte ich mich herum, damit die Eierschale vollständig zerbräche. Nicht wie erwartet blickte ich in die liebevollen Augen meiner Mutter... oder die meines Vaters... nicht einmal in die einer meiner Geschwister oder in die sonst irgendeines Verwandten. Ich sah bloss den Höhleneingang. Stille und Leere waren es, die mich begrüssten. Wo waren die den alle? Sie mussten doch wissen, dass heute mein Tag war!Ausserdem fror ich, denn meine dünnen Schuppen schützten mich noch nicht so richtig vor Kälte. Verwundert schaute ich mich in der Erdhöhle um, aber konnte nirgends einen anderen Drachen spüren oder hören, geschweige denn sehen oder riechen. Suchend tapste ich durch das Zwielicht, meine sensiblen geistigen Fühler so weit ausgestreckt, dass ich die kleinen, unbedeutenden Insekten unter mir spüren konnte, doch immer noch nicht einen meiner Artgenossen. Ein ungutes Gefühl machte sich in meiner Brust breit. Nun langsam ziemlich besorgt, ging ich also zur Höhle hinaus. Die Frühlingssonne schien mir mitten ins Gesicht und blendete mich ein wenig. Als sich meine Augen an das helle Licht gewöhnt hatten, sah ich nur Leere und Stille und sah ein, das Leere und Stille nicht meine Freunde waren. Sie waren meine grössten Feinde, genauso wie Einsamkeit. Besonders wie Einsamkeit. Die ehemaligen Schlafplätze waren überwuchert von Gras, Die anderen Erdhöhlen zugeschüttet oder strahlten eine so gähnende Leere aus, dass ich einen weiten Bogen machte. Mit jedem Schritt, den ich machte,wurde mir elender und ein kleines Stück meiner Drachenseele starb. Unter keinen Umständen konnte ich hierbleiben. Aber ich musste zuerst unser Heiligtum der Heiligtümer aufsuchen, meine einzige Chance, in der Wildnis alleine zu überleben. Mein Entschluss war gefasst...
Chayh
Die Erde hatte meine Finger bereits dunkel gefärbt, obwohl ich gerade erst angefangen hatte, nach geniessbaren Wurzeln oder Ähnlichem zu graben. Meine Hände waren rauer als früher, als meine Eltern noch nicht tot gewesen waren und ich nicht für mich alleine hatte sorgen müssen. Meine Fingerspitzen ertasteten eine Knolle, deren Name ich vergessen hatte, aber von der ich noch wusste, dass ich sie essen konnte ohne Schaden zu nehmen. Die wichtigste Regel, wenn man Pflanzen essen will ist, niemals eine in die Nähe seines Mundes zu lassen, wenn man nicht hundertprozentig sicher ist, dass sie ungiftig ist. Besonders in solchen Momenten vermisste ich meinen Vater wieder, wenn ich seinen Rat brauchen könnte. Genauso wie ich meine Mutter vermisste, wenn ich mir Kleidung nähen musste und ich Hilfe gebrauchen könnte. Seit Tagen bedrängte mich das starke Gefühl, weiterziehen zu müssen. Aber mein Verstand sagte mir, dass ich nicht mein gerade neu aufgebautes Heim verlassen sollte, jetzt, wo es mir seit dem Tod meiner Eltern in jener Nacht endlich wieder etwas besser geht. Bruchstückhaft flimmerte der Überfall vor meinen Augen vorüber. Wie ich aufgewacht war, denn Mann, der mich niederstrecken wollte, mit einem Pfeil niederstach, ins Zimmer meiner Eltern rannte, das Blut meiner Mutter sah, meinen Vater nicht mehr retten konnte. Auch, wie ich am Boden zerstört nur mit meinem Bogen, etwas Proviant und den Kleidern, die ich am Körper hatte, schnellstmöglich in den Wald gewandert war. Die Tage sind bisher an mir vorbei gezogen, ohne dass mich auch nur einer in irgendeiner Weise berührt hätte. Alles war bedeutungslos geworden ohne jemanden, der mich in der Welt hielt. Wie konnten bloss all die einsamen Leute leben? Ich betaste in einem neuerlichen Anfall von Wut und Trauer das Lederarmband, dass mir meine Mutter zum 12. Geburtstag geschenkt hatte. Niedergeschlagen liess ich mich auf den moosbewachsenen Boden fallen und liess die Tränen ungehindert fliessen. Ich drehte eine schwarze Haarsträhne zwischen den Fingern, was mich ungemein beruhigte. Die Bäume, die sich friedlich im Wind wiegten und das leise Zwitschern der Vögel liess mich verträumt werden. Wirklich, ich musste weiter. Das hier war nicht der richtige Ort, so konnte es nicht weitergehen. Mein Entschluss war gefasst...
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Auch wenn ich es gewollt hätte, ich hätte meinen Blick nicht abwenden können. Gebannt starrte ich auf die verzauberten Höhlenmalereien, diese atemberaubenden Kunstwerke, die mit Magie erschaffen wurden, um Geschichte zu sein. Die ersten Drachen hatten wirklich gute Arbeit geleistet. Man konnte förmlich spüren, wie sich hier die mächtigste Magie der Drachen versammelt hatte, man spürte die Erinnerungen. Es war überwältigend, wundervoll, unfassbar. Diese Höhle war so viel mehr als nur eine Höhle, diese Höhle war der Schmerz, die Freude, die Angst, die Wut, die Trauer, das Glück, der Stolz, die Ehre und die Liebe der Drachenseelen dieser Welt. Staunend betrachtete ich die rauen Wände und las aus ihnen die Geschichten meiner Vorfahren ab, bis zum Zeitpunkt meiner Geburt, der mit Magie schon ergänzt worden war. Wo war mein Stamm? Wieso war ich allein? Kein Hinweis, wo alle meine Verwandten abgeblieben waren, nur... VERSCHWUNDEN, GERAUBT, WEG, TOT. Die Worte sprangen mir ins Auge. Drangen in mein Herz, zerschlugen meine Hoffnung. Mir wurde Übel. Blind stolperte ich nach draussen, alles drehte sich, ich erkannte nicht, was oben und was unten war. Drachenschrift war intensiv, simpel, sie drückte nur aus, was wahr war, nichts Kompliziertes. Und diese Worte waren nicht kompliziert, nicht schwer zu verstehen. Meine Eltern, Geschwister, Tanten, Onkel... alle verschwunden, alle geraubt worden, sie waren weg, sie waren tot. Die Wahrheit war schrecklich, und das Schlimmste war, sie war glasklar, es gab daran nichts zu rütteln. Keine Hoffnung. Vielleicht sollte ich sterben? Doch, wollte ich ihnen wirklich folgen, in die Leere? Was gab es hoffnungsloseres als den Tod? Ich wäre bloss eine weitere Seele, verschluckt von der Zeit, nur Asche zu Asche. Hatte ich es nicht verdient, ein ehrenvolles Leben zu leben, zu fühlen was vielen anderen verwehrt geblieben war, weil sie sich zu früh der endlosen Stille hingegeben hatten? Doch, ich hatte es verdient. Deswegen ist es jetzt Zeit, aufzubrechen und mein eigenes Abenteuer zu finden und Rache zu üben an denen, die Schuld waren an dem, was mir widerfahren war. Das schwor ich bei meinem blutrünstigen Drachenzorn und brüllte so laut ich konnte, aus meiner kleinen Kehle, ich schrie den Schmerz und die Trauer hinaus in die Welt, alle sollten wissen, eine neue Heldin war geboren worden!
Texte: Die Rechte am Text und den Charakteren liegen bei mir. Covergestaltung: Cassy K. unter Verwendung mehrerer Motive von: http://mariquasunbird1.deviantart.com/
Tag der Veröffentlichung: 11.01.2012
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Für alle meine Leser. Für meine beste Freundin. Und für die BX-Userin cassyk, die so lieb war und mir das wundervollste Cover gestaltet hat, das ich haben konnte!