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Kapitel 1

Es war einer der typischen Abende, in der man in der Schlange zum Eingang eines Clubs feststeckte und man sich im Februar den Hintern in Ballerinas und Rock abfror. Wir standen hinter einer Gruppe Vollidioten bei denen jeder zweite Satz mit „Alter“ endete. Während Melissa in eine SMS auf ihrem neuen Smartphone versunken war und Jana mit einer, mir nicht bekannten Freundin tuschelte, blieb mir nichts anderes übrig, als den Gesprächen unserer Vorgängern zu zuhören, was gewaltig an meinen eh schon gestressten Nerven zerrte. Wir hatten uns bereits 3 Stunden vorher bei Jana getroffen, um uns auf zu stylen.

Es an diesem Abend bereits mehrere Nervenzusammenbrüche meinerseits gegeben. Ich mal wieder nichts zum Anziehen gehabt, da ich so gut wie nie abends ausging. Ich konzentrierte mich wieder auf den bevorstehenden Abend und hoffte, dass es ein guter werden würde.

„Wenn der noch einmal `Alter` sagt, dann schubs ich den gleich die Treppe da vorne runter“, murmelte ich Melissa zu, als der Kerl vor mir es schaffte gleich in EINEM Satz dreimal `Alter` unterzubringen. Melissa kicherte daraufhin leise. Und wie es kommen musste, fing es natürlich auch noch an zu nieseln. „Oh Mist“, seufzte ich, „jetzt regnet es auch noch.“ Ich hatte mir mühevoll die Haare geglättet und zog mir jetzt die Kapuze meines schwarzen Liebligswintermantels über den Kopf.

„Ooh man, Alte, bist du aus Zucker oder was?“, sagte der Typ vor uns und drehte sich um. „Nein, ALTER, schon mal was davon gehört, dass sich Haare bei Feuchtigkeit locken? Luftfeuchtigkeit und so, weißte ALTER??“, raunzte ich zurück und versuchte genau den Tonfall zu treffen, die er und seine Freunde eben bei ihrer Unterhaltung benutzt hatten, indem ich jedes ALTER besonders betonte.

Jetzt lachten auch einige Umstehende und der Kerl drehte sich ein wenig gekränkt wieder zu seinen Kumpels um. Nur noch die drei und dann waren wir dran mit Ausweiskontrolle und würden endlich aus der Haargefährdungszone rauskommen. „Oh, nee“, sagte Melissa just in diesem Moment, „ich habe meine Handtasche in deinem Auto liegen lassen! Tut mir echt Leid.“ und guckte reumütig. Auch das noch. Da war das Smartphone wohl wichtiger gewesen, als die SMS von Steven eingegangen war. Ich unterdrückte ein ärgerliches Brummen. „Ok, ich hol sie dir schnell. Geht ihr ruhig schon rein bei der Kälte.“, schlug ich großzügiger Weise vor und machte mich schnell Richtung Parkplatz davon.

Als ich wenige Minuten wieder in der Schlange stand war diese mal wieder länger geworden und ich musste mich hinten einreihen. Ich seufzte entnervt. Aber diesmal hatte ich wenigstens drei gut gebaute und dazu (zumindest von hinten) attraktive Kerle vor mir. Besonders der in der Mitte gefiel mir. Er war nicht übertrieben aufgepumpt wie die anderen, hatte aber ein breites Kreuz, schmale Hüften und starke Schultern. Er war etwas größer als ich, sozusagen genau die richtige Größe, dass man bei einem Gespräch keine Nackenstarre bekommen würde, aber dennoch das Gefühl hatte in Sicherheit zu sein, wenn seine starken Arme um einen schlangen. Das machte das Warten doch gleich viel angenehmer. Die Haarfarbe und das Gesicht von ihm konnte ich nicht erkennen, da er sich ebenfalls eine Kapuze tief ins Gesicht gezogen hatte, um sich vor dem Regen zu schützen. Doch markante männliche Gesichtszüge und gefährlich dunkle Augen blitzten aus dem Schatten hervor. Während ich so vor mich hinschmachtete, dauerte es nicht lange als mich auf einmal das Gefühl überkam, dass der Typ hinter mir irgendwie immer näher an mich heranrückte, obwohl es beim Einlass überhaupt nicht nach vorne ging. Als ich dann auch noch eine flüchtige Berührung an meinem Hintern spürte, die natürlich ganz beiläufig wirken sollte, reichte es mir. „Ey, kannst du mal Abstand und deine Finger bei dir behalten?!“, zischte ich ihm zu. „Ach, und was wenn nicht?“, erdreistete sich der Kerl tatsächlich zu fragen. Ich spürte wie sich die drei gutaussehenden Typen, die eben noch vor mir gestanden hatten sich ebenfalls umdrehten und ich diese nun in meinem Rücken hatte. „Dann werd ich sie dir brechen“, erklang hinter mir eine sehr maskuline, aber angenehme Stimme. Oh, Gott konnte das wirklich der Kerl in der Mitte sein, der geantwortet hatte? „Genau“, pflichtete ich ihm kurzerhand selbstbewusst bei und tat so, als würde ich meinen Retter hinter mir kennen. „Ach wirklich?!“, spottete der Grapsch-Typ nur, „da hab ich jetzt aber Angst.“, und setzte ein süffisantes Lächeln auf, was ihn nicht nur unsympathisch, sondern auch schmierig wirken ließ. Ich war inzwischen soweit zurückgewichen, dass ich den Kerl hinter mir berührte, sodass ich die Atembewegungen und Wärme seiner Brust spüren konnte. Die anderen gelangweilten Leute waren inzwischen ebenfalls auch die Scene aufmerksam und betrachteten uns als willkommene Abwechslung. Super, dachte ich, Zuschauer.

Ich drehte mich leicht zu Seite, um aus dem Augenwinkel den Schrank-Typ hinter mir mit dem schmierigen vor mir zu vergleichen. Dieser hätte eigentlich längst das Weite suchen müssen, weil er bei meinem Verglich nur als „halbe Portion“ eingestuft worden war und in keiner Weise mithalten konnte. Doch das tat er nicht. Verdammt, dachte ich und flüsterte „Was machen wir denn jetzt?“, über die Schulter. Allerdings war es so still in der Schlange an diesem Abend, dass alle es hören konnten. „Weiß auch nicht“, kam eine geflüsterte Brummstimmenantwort von hinten zurück, aus der ich ein Schmunzeln heraushören konnte. „Kannst du dem nicht ein bisschen Angst machen?“, schlug ich flüsternd vor und merkte, wie die Leute echtes Gefallen an der Scene fanden, die sich gerade abspielte, als einige lachend prusteten. „Wie denn?“, kam es nur von hinten zurück und diesmal lag eindeutig ein Lachen darin. Der war ja eine große Hilfe und mir kam der Gedanke mich umzudrehen und ihn böse anzugucken. „Ja, dich ein bisschen wichtig machen und so!“, schlug ich vor. Der wusste doch was ich meinte. Den anderen ein bisschen drohend anstarren und ein gefährliches Gesicht machen, so machte man das doch. Mir kribbelte es bei dem Gedanken, als ich mir diese Pose bei ihm vorstellte und schon fast spüren konnte, welche Macht er ausstrahlte, wenn er soviel Raum einnehmen würde. Zwar sprach die ganze Zeit über immer noch im Flüsterton, aber es war eine öffentliche Unterhaltung geworden. Der Typ vor mir grinste immer noch wie ein Idiot. Eine Bewegung am Ende der Schlange erregte meine Aufmerksamkeit und empörte Rufe drangen zu uns rüber. Schließlich standen zwei weitere Widerlinge neben dem ersten. Anscheinend waren es seine Kumpels, die sich mit ihrer dreisten Art einfach vorgedrängelt hatten. Ich hörte mit halbem Ohr, wie sich die drei gutaussehenden Typen hinter mir kurz etwas zuraunten und sich anders postierten. Anscheinend waren ihnen diese neuen Kerle nicht ganz unbekannt. Inwiefern konnte ich aber nicht verstehen, weil sie eine Mischung aus Deutsch und Russisch sprachen. Die beiden Neuankömmlinge ließen ihre Blicke gerade von oben bis unten über mich wandern, sodass ich das Bedürfnis bekam mich hinter irgendwas zu verstecken. Sie bemerkten die Spannung, die zwischen ihrem Freund und mir herrschte, woraufhin der eine: „Oh, Kevin, wen hast du dir denn da geangelt?!“, mit öliger Stimme feixte, „Sieht ja süß aus, obwohl man so mit der Kapuze garnicht viel sehen kann.“- „Ja, genau!“, stimmte der Andere zu und lächelte anzüglich, „lass doch mal sehen.“ Als er gerade im Begriff war näher an mich heranzutreten, um mir die Kapuze vom Kopf zu ziehen, spürte ich wie von hinten ein Arm um meine Taille geschlungen wurde und ich mich hinter dem Rücken, meines Typen wiederfand. Halt, jetzt war er schon zu meinem Typen geworden? Die Bewegung war so schnell gegangen, dass ich im ersten Moment etwas verwirrt war, mich aber eindeutig besser fühlte. Und noch etwas hatte sich geändert. Die Stimmung, die ich mir eben noch nur vorgestellt hatte, war eingetreten und die Luft erschien stickig und nicht mehr ausreichend für alle. Alle drei Typen vor mir hatten sich zu ihrer vollen Größe aufgebaut und standen mit breiter Brust vor den anderen. Diese, ebenfalls verärgert, fixierten ihre gegenüber mit harten Blicken. Oh, oh wo war ich da wieder hineingeraten. Als ich schon dachte die Spannung nicht mehr auszuhalten und das Gefühl hatte, das ganze würde gleich eskalieren hörte ich meinen Namen vom Eingang der Disco. „Milaaaa? Wo bist du?“ Das war meine Chance. „Hier hinten Jana!“ Ich wedelte mit den Armen, als würde sie mich nicht finden, wo alle Leute und eh schon anstarrten. „Mensch, wo bleibst du denn? Ich hab mir schon Sorgen gemacht. Du hättest dich doch nicht nochmal hinten anstellen müssen.“ Sagte sie, als sie uns erreichte. „Was ist los?“ flüsterte sie auf einmal, als auch sie die Stimmung mitbekam, die hier herrschte. „Ähm…“ machte ich wenig geistreich, ja was war hier eigentlich los? Ich sah zu den drei Jungs hoch, als könnten sie mir das sagen und bemerkte jetzt, dass mein Typ mich anschaute und erst jetzt fiel mir auf, dass mir bei der Rettungsaktion doch die Kapuze vom Kopf gerutscht war. Seine Augen waren unglaublich. Ich mochte nicht dieses Surfer Blau, auf das alle Mädchen so standen. Sondern genau solche. Sie waren von einem braun- grau und damit warm und trotzdem stechend. Ich verlor mich in ihnen. Sein Kumpel, der wohl gerade etwas zu ihm gesagt hatte knuffte meinem Typ in die Seite, da dieser wohl nicht geantwortet hatte. „… lass uns einfach abhauen, Mann. Der Club wird brechend voll sein, solange wie wir hier schon anstehen. Und auf solche Gesellschaft hab ich echt keinen Bock.“ Wobei er die drei Affen neben sich demontrativ anschaute. „Außerdem können wir dem Chef Bescheid geben, wen wir hier getroffen haben. Er muss auf defenitiv jemanden vom Bereitschaftsteam vorbeischicken.“- „Ooh, wollt ihr abhauen?! Habt wohl Angst bekommen, was?“ Pöbelte einer von ihnen daraufhin schon wieder los. „Dimitri, nein!“ Sagte mein Typ und hielt seinen Kumpel am Arm zurück. „Ja, ok lass uns abhauen, Sergej.“ Wandte er sich zustimmend seinem Freund zu. „Umso besser für uns, was Jungs! Dann bleiben für uns mehr Weiber!“ Dabei fiel der Blick der Widerlinge auf mich, die mich nun ebenfalls ohne Kapuze betrachteten. „Lass uns reingehen!“ Sagte Jana genervt und warf den Typen einen vernichtenden Blick zu und zog mich hinter sich her Richtung Eingang. Die Leute machten und sogar bereitwillig Platz nach dieser Scene. „Warte, Jana!“ Ich konnte meinen Typ doch nicht einfach verlassen, ohne mich bedankt zu haben. Doch Jana trampelten unbeirrt weiter. Sodass ich mich nur halb im Gehen umwenden konnte. Wo war er nur hin? Ich ließ meinen Blick hektisch über die Menge schweifen. Und da entdeckte ich ihn. Er fing meinen Blick auf und ich formte mit den Lippen ein lautloses „Danke. Ihr habt was gut bei mir.“ und hoffte, dass er es verstand. Er schmunzelte und nickte leicht. Wahrscheinlich war es ihm ziemlich egal, dass sich ein Mädchen wie ich mich bei ihm bedankte oder nicht, aber für mich ist es einfach eine Sache der Höflichkeit.

 

Insgesamt wurde es ein guter Abend, nachdem wir Melissa wieder gefunden hatten, die bereits mit einem Typen wild am Tanzen war, wir ihr die Bedeutung eines Mädels Abend nochmal verdeutlicht hatten und wir uns eine Menge Cocktails bestellt hatten. Der Alkohol nahm mir die Hemmungen und so schwärmte ich von dem Typ mit den gefährlichen braun grauen Augen, und plapperte etwas davon, dass es schade sei, dass sie gegangen wären sonst würde ich sofort mit dem Typ tanzen. Melissa und Jana prusteten los, da sie wussten, dass ich total ungern einfach mit fremden Typen tanzte. Daraufhin schmollte ich, obwohl ich wusste, dass sie Recht hatten. Ich traute einfach keinem Typen über den Weg, da ich nie glauben konnte, dass mich ein Typ hübsch finden könnte.

Später lag ich schließlich beduselt im Bett und dachte an meinen Retter heute in der Schlange. Er hatte so verdammt gut ausgesehen, zu gut für jemanden wie mich, aber wird wohl noch davon träumen, dass ein gut aussehender Typ vielleicht einmal nicht blonde blauäugige Schönheiten bevorzugte. Ich kannte nicht mal seinen Namen, nur die seiner Freunde. Dimitri und Sergej. Beide Russisch. Ob er wohl auch Russe war? Sprechen konnte er es zumindest, auch der Körperbau war entsprechend kompakt und muskulös, aber es sah im Gesicht nicht typisch russisch aus. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich ihn je wieder sah, war sowieso gering, da ich kein Mensch war der ein ausgeprägtes Nachtleben führte. Und diese Tatsache machte mich traurig. Schließlich glitt ich in einen unruhigen Schlaf.

 

Kap.2

Am Sonntagmorgen erwachte ich total zerknautscht und fühlte mich elend. Ich hatte einfach keine Lust aufzustehen. Ich müsste zum Sport und noch jede Menge für die Uni lernen. In weniger als 2 Wochen war meine Marketing Prüfung und ich musste mich unbedingt noch mit Preispolitik befassen. Ich studierte BWL. Es war nicht mein Traumfach, aber da ich keinen bestimmten Studienwunsch nach dem Abitur hatte und ich nichts soziales, mathematisches machen wollte, blieb mir eben das kaufmännische. Bis jetzt hatte ich mich schon überall irgendwie durchgebissen, auch wenn ich es nicht super fand. So schlecht war es auch garnicht, wie alle immer meinen. Das fünfte Semester hatte ich bald hinter mich gebracht und langsam musste ich mir überlegen, was ich danach machen wollte. Mein anderer Schwerpunkt neben Marketing war Logistik. Ich weiß nicht gerade eine Super- Kombi, aber ich habe mich nicht wie die anderen karrieregeilen Studenten auf Controlling und Finanzwirtschaft spezialisiert, weil es da ordentlich Kohle gibt. Ich wälzte mich im Bett auf die andere Seite, wobei mein Blick auf den Wecker auf dem Nachttisch fiel. Fast ein Uhr mittags. Ich gab ein widerwilliges Stöhnen von mir und wühlte mich aus meiner kuscheligen Federbettdecke mit hohem Daunenanteil. Na dann mal auf in den Tag. Der Tag verging schleppend und die meiste Zeit verbrachte ich im Bett, weil ich im Bett alles machte. Fernsehen, schlafen, lernen, essen und so weiter. Allerdings machte ich nur ein pseudo-lernprogramm in dem ich den Unikram auf meinen Knien hatte, allerdings die ganze Zeit im Internet unterwegs war, da ich mit meiner Cousine nach der Prüfung in den Urlaub fahren wollte. Mir fehlt im Winter einfach extrem die Sonne und ich bin total wetterfühlig, sodass sich meine Stimmung diesem entsprechend anpasst. Es würde wohl Gran Canaria werden, da war auch im Winter Hochsaison mit 20°C und es würden hoffentlich nicht nur Rentner die Insel bevölkern. Zwischendrin schrieb ich mit Jana, die mich ständig dazu zubringen wollte mich zu erinnern, ob ich nicht doch den Nachnamen von Dimitri aufgeschnappt haben könnte. Er war nämlich genau ihr Typ und sie machte, anders als ich, kein Geheimnis daraus. Sobald sie seine Nummer haben hätte würde sie nicht zögern ihn anzurufen und zu fragen, ober er mit ihr ausgehen würde.

Meine Mitbewohnerin Karen ließ auch den ganzen Tag nichts von sich hören. Das war nicht ungewöhnlich, da wir keine Küche hatten und uns nur das Bad teilten, unternahmen wir nur gelegentlich etwas zusammen und sahen uns nicht jeden Tag. Mir fehlte ein Wg Leben. Ich kam aus einer gr0ßen Familie und es war immer jemand zu Hause gewesen. Ich hatte mich im Studium also stark umstellen müssen, als ich auszog, mich aber bis jetzt noch nicht daran gewöhnen können.

 

Der Montagmorgen begann ähnlich wie der Sonntag. Ich war noch hundemüde, allerdings musste ich heute zur Uni und ich starte einfach besser in den Tag, wenn ich Termine hatte. So quälte ich mich aus den Federn und schleppte mich unter die Dusche um die Müdigkeit in meinen Gliedern zu vertreiben. Das Tutorium in Makroökonomie startete erst um zwei Uhr und ich wollte vorher noch mein Fahrrad in die Werkstatt bringen, weil letzte Woche tatsächlich die Kette gerissen war. Nicht zu fassen, aber es ist auch schon ein altes Schätzchen von meiner Omi. Trotzdem trödelte ich so herum, dass ich zur U-Bahn rennen musste, damit ich noch pünktlich kommen würde. Ich hechtete also wenig galant die Treppen zum Gleis hinunter und rempelte ein paar Passanten an, denen ich nur ein schnelles „`Tschuldigung“ über die Schulter rief. Ich huschte gerade durch die Tür, als diese sich auch schon hinter mir schlossen. Puuh noch gerade geschafft. Ich ging durch das Abteil, um mir einen Platz zu suchen, da ich zwanzig Minuten zu fahren hatte. Das machte mir nichts aus, da ich an lange Buszeiten zur Schule gewöhnt war und Straßenbahn mir viel kurzweiliger erschien als Busfahren. Vorsichtig wühlte ich mein Handy und die Ohrstöpsel aus meiner Handtasche darauf bedacht nicht meinen Nebenmann auf den engen Sitzen zu sehr anzustoßen. Gerade hatte ich es geschafft, da betraten an der nächsten Haltestelle drei junge Männer den Waggon und ich fluchte innerlich, als ich sie wiedererkannte. Es waren keine anderen, als die Idioten von Samstagabend. Ich versuchte noch etwas weiter in meinem Mantel und Schal zu versinken, sodass möglichst wenig von meinem Gesicht zu sehen war und verhielt mich möglichst unauffällig. Wenn ich Glück hatte würden sie mich nicht bemerken. Das taten sie auch nicht bis wir die Haltestelle erreichten, an der ich aussteigen musste. Inzwischen halb erstickt wollte ich nicht lieber als auf der Stelle raus aus der Bahn an die frische Luft. Jedoch machten die Kerle Anstalten ebenfalls an meiner Stelle auszusteigen. Ich seufzte entnervt. Das konnte doch nicht wahr sein. So schlich ich also mit einigem Abstand hinter ihnen her, nur um festzustellen, dass sie wohl ebenfalls auf die Uni gingen. Nicht vorstellbar bei deren Alter- IQ, aber anscheinend stimmte es, was die Medien dauernd berichteten, heute studierte jeder. Vermutlich auch BWL, welches den Ruf genoss, dass jeder der nicht wusste was er machen wollte genau das studierte. Das stimme aber nur halb, da man BWL einfach fast alles werden konnte und deswegen dies auch viele Leute studierten. Gerade als wir am Parkplatz vorbeikamen blieben die drei Typen stehen und hatten wohl beschlossen noch eine zu rauchen. Ich hechtete gerade noch so hinter ein Auto. Warum machte ich das eigentlich? Ich bin eine erwachsene Frau und sollte mit solchen Idioten umgehen können. Gerade als ich den Entschluss gefasst hatte einfach locker an ihnen vorbei zu gehen fiel mein Blick in eines der rückwärts parkenden Autos. Ein Polizeiwagen. Am Steuer saß Sergej und auf dem Beifahrersitz Dimitri. Beide grinsten mich an und meine Wangen färbten sich rot. Na toll, jetzt hielten sie mich für ein ängstliches Kind. Möglichst würdevoll trat ich neben dem Auto hervor und tat so als hätte ich… ja was? Mir das Auto angeguckt?! Verärgert über mich selbst schritt ich zielsicher auf den Eingang des Gebäudes zu und würdigte die typen keines Blickes, die mir ein „Hola, schöne Frau“ hinterherriefen und pfiffen. Tzz, doofe Affen. Entsprechend mies gelaunt betrat ich den Klassenraum. „Hey, was ist heute morgen mit dir los? Schlecht geträumt?“, begrüßte mich Jana. „Also ich habe super geträumt. Sehr süß sogar!“ und hatte dabei einen entrückten Gesichtsausdruck. „Na das ist ja schön für dich.“, zickte ich zurück, was sonst garnicht meine Art war. „Dein Dimitri sitzt draußen auf dem Parkplatz im Polizeiauto“, schob ich daher hinterher, um sie zu beschwichtigen. „Waas?“, fragte sie perplex. „Warum wurde er verhaftet?“ – „Häh, wurde er…“, setzte ich an. Jana unterbrach mich jedoch mit „oh, ich steh auf böse Jungs, die sind heiß!“ Ich schaute sie an und verdrehte die Augen. „Er wurde nicht verhaftet, er arbeitet als Polizist.“ Versuchte ich ihr zu erklären. Das glaubte ich zumindest, denn mir fiel gerade ein, dass er keine Uniform getragen hatte. „Ach, das ist auch nicht schlecht.“, meinte Jana schulterzuckend. Jetzt musste ich lachen und Jana schaute unschuldig. Zugegebenermaßen fand ich Kerle, die beruflich Verbrecher jagten, auch nicht schlecht. Schließlich kam der Tutor und wir mussten aufpassen. Die zwei Stunden konnte ich mich aber nicht wirklich konzentrieren, da ich mich fragte, ob mein Typ auch in der Nähe war, wenn seine beiden Freunde hier auftauchten. Was sie hier wohl suchten?

Am Ende des Seminars packten wir unsere Sachen zusammen und machten uns auf den Weg zur Mensa, um noch etwas zu essen. Ich war gerade dabei Jana etwas von meinen Urlaubsplänen zu erzählen, als sie plötzlich abrupt stehen blieb und „Da hinten ist Dimitri!“ hauchte. Oha, die hatte es ja schwer erwischt. Ich versucht sie weiter Richtung Mensa zu bugsieren, da ich keine Lust hatte dem Super tollen Dimitri zu begegnen, nach der peinliche Nummer heute morgen auf dem Parkplatz. Jana ließ sich jedoch nicht beirren und winkte den beiden wie verrückt zu. Ich meine hallo Jana hatte die beiden am Samstag doch nur total kurz gesehen und jetzt benahm sie sich wie eine Stalkerin. Dimitri und Sergej bemerkten uns schließlich auch und kamen uns entgegen. Nein, nein, nicht gut. „Ok, ich geh dann schon mal vor.“, sagte ich und unternahm einen letzten Versuch doch noch zu entkommen. „Kommt nicht in Frage“, zischte Jana, grinste den beiden zu und hielt mich eisern am Arm fest. Jana war tot, beschloss ich. Sowas würde sie mir nicht nochmal antun. Schließlich hatten die Männer uns erreicht. „Hey, alles klar bei euch?“, grüßten sie uns. „Hi, jup, danke.“, antwortete ich und lächelte gequält. „Hiii, sehr gut sogar“, flötete Jana. „Studiert ihr hier?“ begann Sergej das Gespräch. „Ja“, antworte Jana. „BWL. Und was macht ihr hier?“-„ Wir arbeiten bei der Kriminalpolizei und ermitteln in einem Fall. Dazu haben wir den Studenten auf dem Campus einige Fragen bezüglich dessen gestellt.“, sagte Dimitri. Er schien irgendwie erleichtert uns zu sehen. Plötzlich fiel mir ein Artikel der in der Zeitung ein, den ich gestern im Internet gelesen hatte. Eine Studentin war unweit der Diskothek, in der wir gewesen waren, tot aufgefunden worden. Mir war ganz anders geworden, als ich das gelesen hatte, es hätte auch uns treffen können. Im Artikel hatte gestanden, dass die Polizei von versuchter Entführung ausging, die aber irgendwie schiefgegangen war. Es hatte wohl in anderen Städten bereits ähnliche Entführungsfälle von Studentinnen nach dem gleichen Muster gegeben, jedoch ohne Tote bisher.

Kapitel 2

Gedankenverloren betrachtete ich den Strom der Studenten, die über den Campus schlenderten. Am Samstag abend hatten wir uns gegen halb vier, etwas taumelnd zwar, aber zielstrebig, zu dritt vom Jimmy`s auf den Heimweg gemacht. Wenn ich trinke fahre ich kein Auto mehr und bisher waren wir auch alle immer gut nach Hause gekommen. Unser Weg trennte sich nur ca. 10 min vor meiner Wohnung und dann gingen die anderen beiden Mädels zusammen weiter, da sie in derselben Wg wohnten. Ich erinnere mich, dass es auf jeden Falle eine ungewöhnlich dunkle Nacht gewesen war. Wohl Neumond oder so was. Ob ich das tote Mädchen wohl kannte? Kathi, Samantha und Irina waren an dem Abend auch im Jimmy´s gewesen.In der Seewiesenstraße hatte uns zwar eine Gruppe junger Männer angesprochen, doch das war nicht ungewöhnlich und häufig harmlos. Das was sie uns hinterher gerufen hatten war irgendwas mit „…einkassiert“ gewesen. Wir waren aber im großen Bogen um sie herum geschlichen und dann nicht weiter behelligt worden. Aber doch war mir der Heimweg unheimlicher als sonst vorgekommen. Natürlich ist mit immer etwas mulmig zumute, wenn wir nachts allein durch die Straßen wandern. Denn mal ehrlich, wenn es jemand auf uns abgesehen hat, dann fährt der einfach mit einem getönten VW Bus vor und schwupps di wupps ist es passiert. Drei betrunkene, durchschnittliche 1,65m große Mädels sind mal schnell geschnappt. Ich schüttelte den Kopf, um die Gedanken wieder los zu werden und wandte mich wieder den anderen zu. Gerade hörte ich Dimitri sagen:„… agen, ob euch was aufgefallen ist, nachdem wir gegangen sind. Mila hast du zugehört?“ Fragend schaute Dimitri zu mir herunter. „Es sollten auch Kollegen von uns dort gewesen sein.“ „Hmm, also mir ist nichts aufgefallen und die Kollegen hab ich auch nicht gesehen…“, murmelte Jana vor sich hin und scharrte mit der rechten Fußspitze am Boden. Schuldiger konnte sie echt nicht mehr aussehen. In Wahrheit hatten wir alle drei nach den ganzen Cocktails nicht mehr so viel wahrgenommen. Vermutlich hätte jemand vor uns tot umfallen können und wir hätten noch darüber gekichert. Das war nämlich eine Nebenwirkung des Alkohols bei uns. Trotzdem wollte ich nicht, dass die beiden Männer uns für naive Dummchen hielten. Deshalb beschrieb ich den beiden Männern die 6 Kerle, die uns auf der Seewiesenstraße entgegengekommen waren. Sergej blickte amüsiert von seinem Notizblock auf und wusste Janas ausweichende Antwort genau zu deuten. Mürrisch erwiderte ich den Blick und wollte mich zum Gehen wenden. Bitteschön, wenn die Herren meine Aussage für unwichtig hielten, dann wollte ich auch nicht länger ihre Zeit verschwenden. Ich wandte mich schon Richtung der Uni Gebäude, als Jana noch ein „Ach, stimmt“, hinzufügte. „An denen war irgendwas komisch…“. Sergej blickte Sie an. „Inwiefern komisch? Warum latscht ihr eigentlich nachts alleine durch die Gegend?“- „Wir haben Alkohol getrunken und fahren daher natürlich kein Auto mehr…“, erklärte ich ihm und konnte mir ein hinzugefügtes „…,Officer!“ nicht verkneifen. „Haha“, meinte Dimitri, ich sah aber, dass er versuchte ein Grinsen zu unterdrücken. „Euer Freund hätte euch zum Beispiel abholen können.“, schlug er vor. „Ich hab keinen Freund“, gab Jana ganz uneigennützig bereitwillig Auskunft und fügte zu meinem Ärger auch noch „… und Mila übrigens auch nicht.“, hinzu. Na vielen Dank auch, dachte ich und strafte sie mit einem entnervten Blick. „Zurück zu Thema. Was war ungewöhnlich?“, griff Sergej die Aussage von vorhin auf. „Ähm, hmm…“, suchte Jana nach den passenden Worten. „Sie waren alle fixiert auf Mila, obwohl ich den kürzesten Rock anhatte, was normalerweise den Fokuspunkt bestimmt.“ Überrascht sah ich sie an. „Ach, quatsch. Ist mir nicht aufgefallen. Mit ist nur das Riemchen von den Sandaletten aufgegangen und bin kurz stehen geblieben. Mit ist eher aufgefallen, dass die Typen jünger wirken wollten, als sie wirklich waren. Ich schätz die waren so alt wie wir, etwa Mitte zwanzig. Die Körpersprache aber absichtlich trottelig und unbeholfen. Fast als wären sie nicht wirklich betrunken gewesen…“. Jana starrte mich an. „Wie ist dir sowas aufgefallen. Wir haben die doch echt nur kurz gesehen und sind dann in Baumweg abgebogen, um die zu umgehen.“ – „Keine Ahnung.“, meinte ich und wunderte mich, dass auch Sergej und Dimitri meine Aufmerksamkeit verwunderte. „Auf jedenfall muss ich jetzt los. Sonst komme ich zu spät zum Excel Kurs. Mittagessen fällt ja jetzt wohl aus.“ „Ja, klar macht das. Tut uns Leid, dass wir euch so lange aufgehalten haben. Danke für die Auskunft. Wir melden uns dann, wenn wir was neues haben.“, sagte Sergej. Er kramte in seiner Hosentasche und reicht uns eine Visitenkarte aus seinem Portmonee. „Wenn euch noch was einfällt, dann klingelt einfach kurz durch.“„Sicher, machen wir“, versicherte ich und wollte die Karte entgegen nehmen. Doch Jana war schneller und schnappte sie aus seinen Fingern.

Nachdem wir uns endlich verabschiedet hatten kamen wir trotzdem verspätete zum Kurs, was uns einen verärgerten Blick des Dozenten einhandelte. Wir studierten an einer Hochschule, an der die Kurse viel kleiner waren, als an der Universität und daher nicht so anonym. Fragen konnte man direkt wie in der Vorlesung. Manche behaupten Hochschulen seien verschult, weil man einen Stundenplan in die Hand gedrückt bekommt, auf dem schon alle Kurse des Semesters eingetragen sind. Aber ich finde es echt super. Ich komme in jeden Kurs rein, den ich brauche um weiter zu machen. Was bringt mir die Option in der Uni mir meinen Stundenplan selber zu Recht fuddeln zu müssen und dann nicht mal in die Kurse zu kommen, um das Semester abschließen zu können. Außerdem waren die Kurse bei uns so gelegt, dass wir die Nachmittage und Abende und sogar die Freitage frei hatten. Darüber hinaus bestand trotzdem die Möglichkeit kurse aus höheren Semster vorzuziehen und aktuelle nach hinten zu verschieben.Der Uni Tag verlief im Grunde wie immer und gegen halb zwei waren wir in die Freiheit entlassen

 

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Tag der Veröffentlichung: 11.01.2015

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