Gefangen von den glitzernden Kleidern der Tänzerinnen entkamen die Sonnenstrahlen schließlich auf den Boden und führten dort einen ebenso bunten Tanz aus. Das Lächeln eines jeden Mädchens galt dem Tanz der Lichter, nicht aber dem staunenden Publikum ringsum. Sie waren sich ihrer Wirkung durchaus bewusst, doch die Schönste von ihnen war Salira, welche so zerbrechlich wirkte, wie sie dort mit geschlossenen Augen den Trommeln lauschte und sich ganz der Musik hingab. Alle Mädchen waren in dieselben Kleider gehüllt, purpurrot und mit vielen Ornamenten bestickt, dabei leise klingend. Sie jedoch glänzte am meisten. Dies mochte zum einen an ihrem Lächeln liegen, mit dem sie jeden bezauberte, zum anderen aber an der Perlenkette, die sie um den Hals trug. Sie schien lebendig, wie das Licht sich in ihr brach und in allen Regenbogenfarben strahlte. Als wäre sie angefertigt worden, um diesen schmalen Hals zu schmücken. Doch der Schein trog, was lediglich ihr offenbart war, denn es lag ein Fluch darauf. Niemals sah jemand Salira ohne diese Perlenkette, seit sie eines Tages in das Dorf gekommen war und um Asyl gebeten hatte. Sie erzählte, man hätte sie aus ihrem Land vertrieben, was sich niemand vorzustellen vermochte, war sie doch so unglaublich schön. Allerdings wagte man es auch nicht, einer solchen Schönheit einen Wunsch abzuschlagen. Seither lebte sie in dem kleinen Dorf am Rande der Wüste und vermutlich gab es kein Wesen dort, das ihr nicht verfallen war. Ihre liebevolle Art und die Offenheit, mit der sie jedem begegnete, wirkte wie ein Zauber. Niemals verurteilte sie jemanden, selbst wenn alle anderen es taten, und ihre Seele war so rein wie niemandes Seele sonst. In ihr aber lag ein See voll tiefster Trauer, denn es war ihr sehnlichster Wunsch, in ihr Heimatland zurückkehren zu dürfen. Es trug sich einmal zu, dass einst ein Mädchen als einzige Tochter des Königs geboren wurde, denn sonst hatte er nur Söhne. Das Mädchen war Salira und sie war ein Ebenbild ihrer Mutter. Als sie mit der Zeit zu einer jungen Frau heranwuchs, wuchs auch der Zauber, den sie in sich trug. Und weil das Volk sie verehrte, wollte sie sie zur Königin machen, wenn sie erst einmal einen Mann gefunden hatte, der an ihrer Seite herrschen konnte. Als nun ihre Brüder davon hörten, waren sie erfüllt von Hass und Neid auf ihre Schwester, die Prinzessin. Denn ihre Herzen waren längst nicht so rein wie das ihrer Schwester und sie gönnten ihr den Thron nicht, wo dieser doch eigentlich einem von ihnen zustand. So begab es sich, dass die Brüder eine Versammlung hielten und einen furchtbaren Plan beschlossen. Der älteste und stärkste von ihnen, Arian, wurde zu einer Greisin geschickt. Ein jeder im Land fürchtete sich vor ihr, weil sie die tiefsten Abgründe der Magie beherrschte und man munkelte, sie hätte einst ihren eigenen Mann in ein Tier verwandelt, nur weil er sie in ihrem Schönheitsschlaf gestört hatte. Arian erzählte ihr von dem Plan, die Prinzessin mit einem Fluch für ewig aus dem Land zu verbannen und weil die Greisin Gefallen an einem so bösartigen Vorhaben fand, wollte sie Arian helfen. Natürlich war sie aber nicht so selbstlos, dass sie keine Gegenleistung dafür verlangte. Ihr Wunsch erschien Arian lächerlich, denn sein Herz war kalt. Die Greisin befahl ihm, das Mädchen mitsamt ihrer Mutter zu ihr zu locken, sie würde das Mädchen verbannen und die Mutter für ihre Zaubereien gefangen nehmen, schließlich kam es nicht selten vor, dass etwa eine Haarsträhne oder ähnliches für einen Trunk benötigt wurden. Arian ritt also zurück zum Palast und erzählte seiner Schwester und deren Mutter, er hätte ein Picknick in der Wüste für sie vorbereitet, die königliche Familie pflegte es schließlich, dort ihren Nachmittagstee zu sich zu nehmen. Erfreut über die Gutmütigkeit des Jungen ritten sie also gemeinsam zu der Hütte der Greisin und nicht nur die Frauen wurden dort von der Hexe betrogen. Zuerst gab sie vor, Salira eine Kette schenken zu wollen und als sie ihr diese umlegte, fiel die Mutter auf der Stelle in einen tiefen Schlaf, aus dem sie womöglich niemals mehr aufwachen sollte. Arian, zuerst erfreut über den Erfolg, wollte davon reiten und dem Volk erzählen, die Frauen seien entführt worden, doch die Magierin hatte die Tür verriegelt und stach Arian, dessen Augen schreckgeweitet waren, einen Dolch in das Herz, dass er starb und in die Hölle verbannt wurde, war er ja ein solch furchtbarer Mensch gewesen. Salira musste all das mit ansehen und bekam schließlich noch ein schwarzes Samtsäckchen von der Greisin, die ihr befahl, unverzüglich das Land zu verlassen, denn sonst würde ihre Mutter sterben. Sie tat, wie ihr geheißen und lief barfuß auf dem heißen Sand, so schnell sie konnte, und schlief nicht und aß nicht, bis sie ein kleines Dorf erreichte. Dort wohnte sie nun und verdiente sich ihr Geld auf dem kleinen Marktplatz, wo sie den Lichtertanz mit ihren Freundinnen aufführte. Es bedrückte sie sehr, dass sie nicht wusste, was mit ihrer Mutter geschehen war, denn sie liebte sie immer noch von ganzem Herzen. In dem kleinen Säckchen, das die Greisin ihr damals gegeben hatte, befanden sich jedoch winzige Schriftrollen. Dort standen Aufgaben geschrieben, die Salira erfüllen sollte, für jede Perle an ihrer Kette eine. Vorher konnte sie diese nicht ablegen und sollte sie ihr Heimatland jemals mit dem Schmuckstück um den Hals betreten, so würde ihre Mutter niemals erwachen. Eine der Aufgaben war es, bis zum Schluss niemandem von dem Fluch zu erzählen und so konnte Salira ihr unermessliches Leid nicht einmal teilen. Sie hatte sich geschworen, niemals aufzugeben, denn sie war sehr mutig und willensstark. In all den Jahren, die sie in dem Dorf verbrachte, löste sie viele der Aufgaben und sehnte sich danach, endlich zurückkehren zu können, doch sie wusste nicht, dass die Greisin sie auch diesmal betrogen hatte, gab es doch eigentlich nur eine einzige Aufgabe zu erfüllen. Diese bestand darin, dass jemand, der Salira so liebte wie sie ihre Mutter, sich bereit erklärte, ihr zu helfen. Da sie aber niemandem von dem Fluch erzählte, war es unmöglich, die Kette jemals abzunehmen. Eines Tages aber entdeckten ihre besten Freundinnen Elin und Dilara den Samtbeutel in einer versteckten Schublade im Schmuckkästchen, als sie sich für den Lichtertanz vorbereiteten. Sie begannen auf der Stelle zu weinen, denn Salira war für sie wie eine Schwester und sie spürten am eigenen Leib, wie groß deren Leid war, so stark waren ihre Herzen miteinander verwebt. Und als Salira den Raum betrat, weinte auch sie, denn die Perlen um ihren Hals zerbarsten zu Tränen und liefen an ihrer Brust herunter, wurden eins mit ihren eigenen und versiegten schließlich auf dem erdigen Boden. Und obwohl Elin und Dilara es niemals ausgesprochen hatten, sie wären unverzüglich mit Salira auf die beschwerliche Reise gegangen und das, was die grauenvolle Hexe für unmöglich gehalten hatte, trat ein. Was Salira ebenfalls nicht wusste, war, dass die Greisin die Perlen aus einem Edelstein angefertigt hatte, der das Lebenselixier dieser enthielt und so starb sie in dem Moment, als die Tränen versiegten. Und mit ihr verschwand all ihre Magie aus der Welt und Saliras Mutter erwachte. Schon wenige Stunden später erreichte die Tochter die Hütte der Magierin und schloss die Mutter in die Arme und bis heute schlagen die Herzen der beiden im selben Takt.
Texte: © by mysticmango
Tag der Veröffentlichung: 31.12.2010
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Für Samira.