Cover

Bloody Letters



„Am Tag und auch bei Nacht, sehe ich, wie du fröhlich bist. In meinen Träumen geht es nur um dich. Deine blauen Augen lässt meinen Atem stocken. Vergessen kann ich dich einfach nicht..."

Grob wurde der Brief aus Andrews Händen gerissen.

„Hey!“, rief er und stand von seinem Stuhl auf.

„Hast du da wieder einen Liebesbrief von deiner geheimnisvollen Verehrerin?“, fragte Nick las dabei den Brief laut vor.

 „Hör auf damit! Das ist privat!“, Andrew riss ihm den Brief aus der Hand.

 „Wer denkst du ist sie?“, erkundigte sich Nick und schaute sich in der Cafeteria der Bellevue Highschool um.

 „Ich denke es ist Kristie“, antwortete er. Genau in diesem Moment drehte sie sich um und lächelte ihn an.

 „Kristie?“ Nick schaute ihn verwundert an. „Hätte ich gar nicht von ihr gedacht, dass sie Gedichte und so ein Zeug schreibt“.

„Warum nicht?“

„Na, weil sie nicht der Typ dafür ist“, meinte er und drehte sich zu ihr um. „Lange schwarze Haare, super Figur, wunderschönes Gesicht. Und nicht zu vergessen, sie ist die einzige Frau im freiwilligen Werkkurs“.

 „Und was willst du damit sagen?“, hakte Andrew nach biss dabei ein Stück von seinem Schinkenbrötchen ab.

„Ich meine sie scheint überhaupt nicht so eine Romeo- und- Julia- Verrückte zu sein. Ich hab sie im Werkkurs gesehen, sie ist besser als die Hälfte der Jungs“, verriet ihm sein Freund.

 „Und letzte Woche hat sie beim Basketball einem Mädchen fast den Arm gebrochen!“ Verstehend nickte Andrew. Auch er musste zugeben, dass sie von außen ziemlich taff erschien.

 „Trotzdem denke ich, dass sie es ist. Sie ist immer in meiner Nähe. Und egal wo sie mich sieht, lächelt sie mich jedes Mal an“, erklärte er ihm.

 „Dann verstehe ich nicht, warum du nicht einfach zu ihr rüber gehst und sie um ein Date bittest. Ihr sieht euch doch fast jeden Tag!“ Nick schüttelte verständnislos den Kopf.

 „Vielleicht will sie das nicht? Oder sie ist noch nicht bereit?“, antwortete er achselzuckend, faltete den Brief zusammen und steckte es in seiner Hosentasche.

 „Du meinst sie hat einen Plan. Oder sie will es hinauszögern und dich zappeln lassen“, sprach Nick seine Theorie aus.

 „Kann sein. Aber du hast da eine Sache vergessen“, sagte Andrew und warf die Papiertüte in dem sein Brötchen eingepackt war, mit einem Schwung in den Mülleimer. „Ich bin nämlich nicht leicht zu haben und möchte gerne erobert werden“.

Grinsend klatschten beide die Hände ab und verließen gleich darauf die Cafeteria. Andrew war ein gut aussehender Junge. Seine schwarzenLocken und seine leicht dunkle Hautfarbe, gaben ihn ein Südländisches Aussehen. Im Sommer strahlten seine Augen dunkel blau. Jetzt im Winter glitzerten sie eher grau-blau. Sein athletischer Körper sparte nicht an Muskeln. Er wusste, dass er für viele Mädchen als Schwarm galt. Seine Freunde erzählten ihm, dass die meisten Mädchen nur wegen seines Aussehens mit ihm zusammen sein wollten. Eigentlich störte es ihm nicht aber er sehnte sich auch nach einer richtigen Partnerin, mit der er Spaß haben, aber auch ernste Gespräche führen konnte. Und das alles erhoffte er sich in Kristie. Auch sie war eine der schönsten Mädchen der Schule. Vom Aussehen her würden sie locker als Geschwister durchgehen. Sie hatte viele Freunde aber auch viele Feindinnen. Doch Andrew hatte bis jetzt nichts Verkehrtes an ihr gesehen, warum man sie hassen sollte.

 

 „Es macht mich glücklich dein wunderschönes Lächeln und deine Nachtschwarzen Haare zusehen. Ich sehne mich nach deiner Wärme. Vermisse deinen wohltuenden Duft. Ich freue mich an den Tag, an den wir uns endlich gegenüberstehen und uns tief in die Augen blicken können“.

 Seit einer Woche fand er täglich einen Liebesbrief von Kristie in seinem Spind. Er las sie zwar gerne aber langsam wurde es ihm eintönig und langweilig. Vielleicht sollte er doch auf sie zu gehen und sich endlich mit ihr Treffen. Doch er konnte sie nicht zu einem Treffen zwingen wenn, sie nicht wollte. Auch wenn sie nicht gerade schüchtern erschien, war sie es beim Thema Liebe vielleicht doch. Auf den Flur oder in der Klasse hatte er außer ein „Hallo“ kein anderes Wort mit ihr gewechselt. Immer wenn er es versuchte, verschwand sie oder ihre Mädchenclique tauchte auf. Er war wirklich gespannt, wie lange das noch weiter gehen würde.

 Am darauf folgenden Tag hatte Andrew Sportunterricht. Normalerweise hatte er meistens draußen auf den Sportplatz Sport aber da es Mitte Dezember war und es kräftig schneite, mussten sie es in die Turnhalle verlegen. Er liebte es Basketball zu spielen. Er war einer der besten Spieler. Nicht umsonst war er ein Mitglied der BelleHigh Basketball Mannschaft. Gerade als er den Ball zu gespielt bekam, sah er Kristie auf der Tribüne sitzen. Schüchtern winkte sie ihm zu.

 „Also ist sie doch schüchtern“, dachte er und schlug den Ball mehrmals auf den Boden. Angeberisch rannte er los und warf ohne Probleme einen Korb. Die anderen Team Mitglieder und einige Zuschauer klatschten bewundert in die Hände. Doch als er zur Bank schaute, war Kristie weg.

 „Hey Andrew! Hast du die Laborarbeit fertig geschrieben?“, fragte Liv am nächsten Tag.

 „Was? Äh, nein ich hab es vergessen sorry“, entschuldigte er sich und stopfte einen weiteren Brief in seiner Tasche.

 „Aber das ist eine „Partnerarbeit“. Das heißt zwei Personen Arbeiten zusammen!“ Liv funkelte ihn böse an.

 „Und wenn schon. Ich hatte keine Zeit“, antwortete Andrew genervt schaute dabei auf die Uhr. Noch eine ganze Stunde Laborunterricht! Man, wie ich dieses Fach hasse!, dachte er gereizt.

 „Zum Glück hab ich die Arbeit für uns beide geschrieben. Da ich ja schon wusste, dass du sie nicht machst“, meckerte Liv. Sie zeigte ihm eine perfekt geschriebene Arbeit über das Thema „Tödliche Keime“.

 „Streber haben eben außer der Schule nichts anderes zu tun“, konterte er.

 „Du kannst mir später für die Eins danken“, sagte sie gelassen und zog ihren blonden Zopf zu Recht. Es nervte ihn so sehr das er Liv als Labor Partnerin zu geteilt bekommen hatte. Aber er wusste, dass sie recht hatte. Am Ende würde er nichts sagen und sich auch im Laborunterricht durchmogeln. Anfangs war Liv nett zu ihm gewesen und er hatte sie auch gemocht. Doch dann hatte sie sich in ein arrogantes und besserwisserisches Biest verwandelt. Sie sagte nur nichts, weil ihr die Noten wichtig waren. Aber so bald die Partnerarbeit zu Ende war, würde sie ihn eiskalt verraten. Als endlich die Schulglocke klingelte, und Andrew seine Bücher zusammenpacken wollte, griff Liv nach seiner Hand. Obwohl sie einen zierlichen Körperbau hatte, war ihr Griff ziemlich kräftig.

 „Das nächste Mal wirst du die Arbeit mit mir zusammenschreiben“, flüsterte sie drohend. Angewidert zog er seine Hand weg.

 „Sonst was?“, fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen. „Spiel dich nicht so auf. Denkst du ich, habe Angst vor dir?“. Schweigend und lächelnd schüttelte sie den Kopf. Dann zog sie ihre Jacke an, schenkte dem Lehrer beim Vorbeigehen ein zuckersüßes Lächeln und verlies mit hoch erhobenem Kopf das Klassenzimmer. Dieses Mädchen sollte sich dringend Hilfe suchen, dachte er während auch er den Raum verlies.

 In der Pause saß Andrew in der Cafeteria und erledigte seine Englisch Hausaufgaben. Englisch war das einzige Fach, worin er gut war und es ihm auch spaß bereitete. Er war so vertieft in seinem Buch, das er aufschreckte, als ihn jemand an der Schulter berührte. Als er auf schaute sah er das es Annalynn war. Annalynn hatte er in Spanischunterricht kennengelernt. Oft setzte sie sich im Unterricht neben ihn, damit sie ihm bei den mündlichen Aufgaben half. Sie war nett und war gerne hilfsbereit ganz anderes als die fiese Schlange Liv.

„Wie geht’s dir?“, fragte sie ihn und setzte sich gegenüber. „Seit der Spanischunterricht ausgefallen ist, hab ich dich kaum gesehen.“

Andrew hob die Schulter und antwortete: „Wahrscheinlich haben wir uns einfach verpasst.“

Nervös zupfte sie an ihren roten Locken. „Weißt du?“, begann sie. Sie musste sich kurz räuspern um fort zu fahren. „Ich trage diese Frage schon lange mit mir herum.“

Andrew bemerkte, wie sie ein bisschen rot wurde und auf dem Boden schaute.

„Ich hab mich gefragt, ob wir vielleicht die Nummern austauschen könnten“, sagte sie als hätte sie diesen Satz schon mehrmals geübt. Er fand Annalynn hübsch und nett aber Interesse an ihr hatte er nie gehabt. Ihre grünen Augen waren voller Erleichterung und Hoffnung. Unauffällig atmete er tief ein.

 „Du bist wirklich nett und ich unterhalte mich sehr gerne mit dir, aber …“, sagte er und lächelte ihr aufmunternd zu. Ihre Mundwinkel begannen zu zittern. Er griff nach ihrer Hand doch sie zog sie weg.

 „Es tut mir wirklich leid. Aber ich hab mich in ein anderes Mädchen verliebt“. Ok das war ein bisschen übertrieben aber es war keine Lüge. Er war nun mal an Kristie interessiert. Nach diesem Satz füllten sich Annalynns Augen mit Tränen.

 „Bitte verstehe mich. Es hat nichts mit dir zu tun“, sagte er  in der Hoffnung, dass sie nicht zusammenbrach oder eine Szene machte.

 „In Ordnung“, flüsterte sie. Sie wischte sich mit ihrem Pulli die Tränen aus dem Gesicht. Als sie aufstand, erhob sich auch Andrew von seinem Stuhl.

 „Ich hoffe wir können trotzdem weiterhin Freunde bleiben“, schlug er vor. Er strich ihr mitfühlend und sanft über die Schulter. Bei seiner Berührung zuckte sie zusammen und verlies ohne ein Wort den Speisesaal.

 „Na, das hast du mal wieder toll hingekriegt. Das war’s dann wohl mit deiner guten Spanischnote“, sagte er laut und lies sich auf seinen Stuhl fallen.

 Annalynn hatte nicht wie Andrew gedacht die Cafeteria verlassen. Einige Meter entfernt beobachtete sie wie er sichtlich aufgebracht seine Sachen zusammen packte und den Raum verlies. Sie wusste, dass er auf Kristie stand. Welcher Junge stand den nicht auf sie. Sie hatte geglaubt, dass sie Andrew etwas bedeutete. Da sich oft herausgestellt hatte, dass sie vieles gemeinsam hatten. Leider hatte sie nicht fiel Eindruck bei ihm hinterlassen. Wütend schlug sie mit der flachen Hand gegen die harte Wand. Dabei verstauchte sie sich ihren Finger. Doch der Schmerz interessierte sie nicht. Sie musste es schaffen, dass Andrew seine Entscheidung änderte und sich für sie interessierte. Oh ja, sie würde Andrew für sich gewinnen, egal was es kostete.

 Als endlich der letzte Schultag eintraf und Andrew sein Spind öffnete, fiel ein weißer Brief auf seine Schuhe. Gespannt öffnete er den Brief und seine Augen fingen an zu leuchten.

 „Ich fühle mich wie nie zuvor zu dir hingezogen. Deine warme Hand zu umschließen und die Sterne am Himmel zu beobachten. Ich kriege vor Sehnsucht kaum noch Luft. Triff mich am 24. Dezember um 19Uhr auf dem Footballfeld. Dann werden wir endlich vereint sein“.

 „Ja, endlich“!, rief er laut machte dabei ein Luft Sprung. Er musste zwar eine ganze Woche auf das Treffen warten, aber ein besseres Weihnachtsgeschenkt gab es nicht.

 Heute war der Abend an dem er Kristie traf. Schon seit einer halben Stunde stand er vor dem Spiegel und kämmte seine Haare. Er war sicher das Kristie atemberaubend Aussehen würde, deshalb hatte er sich heute extra schick gemacht. Schon bei dem Gedanken vor Kristie zu stehen und in ihr hübsches Gesicht zu schauen, kam er ins Schwitzen. Normalerweise war er eher der coole Typ doch heute war das ganz anderes. Nachdem er sein Gesicht und Outfit ein letztes Mal überprüft hatte, stieg er ins Auto und fuhr zum Treffpunkt. Keine zwanzig Minuten später hatte er den Footballplatz erreicht. Er schaute aus dem Fenster, doch der Platz stand leer. Nervös schaute er auf die Uhr. Es war Punkt 19 Uhr. Nach zehn Minuten Wartezeit blieb das Feld immer noch leer. Langsam hatte er das Gefühl, dass alles nur ein Scherz war und in jede Sekunde einer seiner Schulkameraden aus dem Gebüsch sprang und das ganze Geschehen mit der Kamera filmte. Wenn das wirklich so ist, dann werde ich ausflippen!, dachte er. Als er nun schon 20 Minuten im Auto gewartet hatte, schaltete er den Motor an und war bereit wieder nach Hause zu fahren. „Ich hab es gewusst, dass es eine Verarsche ist!“, sagte er wütend und schlug mit beiden Händen aufs Lenkrad. Genau in der Minute als er die Handbremse lösen wollte betrat eine Person das Footballfeld. Durch den eleganten Laufgang konnte er sehen, dass es sich wahrscheinlich um eine weibliche Person handelte. Er kniff die Augen zusammen um das Gesicht der Person zu erkennen. Doch leider trug sie eine Mütze, die tief ins Gesicht fiel. Sie trug einen violetten Mantel mit langen schwarzen Stiefeln. „Das muss sie doch sein oder?“, er starrte sie weiter aus dem Fenster an. Die Person blieb in der Mitte des Platzes stehen und schaute sich um. Aufgeregt schaltete er den Motor wieder aus und stieg aus dem Auto. Während er langsam zu ihr lief, schaute er sich aufmerksam um, ob doch nicht jemand mit einem riesen Schild mit der Aufschrift „Verarscht!“, plötzlich auftauchte. Als er noch wenige Meter von ihr entfernt stand, rief er ihren Namen. Sie drehte sich nicht um.

 „Kristie, bist du das?“, fragte er vorsichtig. Hört sie schlecht oder warum dreht sie sich nicht um?

 „Hey!“, sagte er und berührte ihre Schulter. Als sie sich umdrehte und Andrew ihr Gesicht sah, trat er geschockt einen Schritt zurück.

„Du!?“, fragte er entsetzt. Seine heimliche Verehrerin war nicht Kristie sondern die ganze Zeit Liv gewesen.

 „Wen hast du den sonst erwartet?“, fragte sie lachend.

 „Wo … wo ist Kristie?“, stotterte er immer noch geschockt.

 „Kristie? Sag mir nicht du, hast sie erwartet“, antwortete Liv und kicherte als hätte er ein Witz gerissen.

 „Es war doch so offensichtlich gewesen ich verstehe das nicht!“, flüsterte er Kopfschüttelnd.

 „Du meinst, dass sie mit dir geflirtet hat?“, half sie Andrew auf die Sprünge. „Dieses Flittchen flirtet doch mit jedem. Das musst du doch wissen!“

 Als Andrew bereit war zu gehen, griff Liv nach seinem Arm. „Bitte, lass es mich erklären“, begann sie. „Seitdem wir uns das erste Mal begegnet sind hab ich mich in dich verliebt“.

 „Liv hör auf!“, fiel er ihr wütend ins Wort. „Sag mir doch einfach, dass du mich verarschen wolltest!“.

 „Das wollte ich nicht“, sagte sie besorgt und umschloss Andrews Hand.

 „Die ganzen Briefe dich ich dir geschickt habe waren alle erst gemeint. Es tut mir leid, dass ich oft arrogant und gemein zu dir war, ich habe mich nur so verhalten, damit niemand etwas merkt“. Wütend schüttelte er ihre Hand ab.

 „Ich wollte erst, dass wir uns besser kennenlernen bevor wir alle bekannt geben, dass wir ein Paar sind“, lies sie in Wissen und entfernte eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht.

 „Ein Paar?!“, sagte Andrew diesmal lachend. „Hast du es immer noch nicht kapiert? Wir werden NIEMALS zusammenkommen!“

 Ihr Gesichtsausdruck verkrampfte sich. „Das meinst du jetzt nicht erst“, sagte sie entsetzt. Andrew ob die Augenbrauen und schaute ihr tief in die Augen. „Und wie ich das ernst meine“. Gerade, als er sich umdrehen wollte um zu gehen, fiel Liv auf die Knie. „Nein, bitte geh nicht! Gib uns doch eine Chance!“.

 Andrews Nerven begannen erneut zu kochen. „Willst du es nicht verstehen oder kannst du es nicht?“, brüllte er jetzt aggressiv. „Ich will nichts mit dir zu tun haben! Es müsste schon ein Wunder geschehen, damit irgendjemand freiwillig mit dir zusammen sein möchte!“. Als Liv zu weinen begann, fühlte er kein Mitleid. Sie hat es verdient! , sagte eine wütende Stimme in seinem Kopf.

 „Gleich, wenn die Schule anfängt, sage ich Mrs. Dorma bescheid das ich ein neuen Laborpartner möchte“, sagte er entschlossen. Er lief zu seinem Auto und fuhr mit quietschenden Reifen davon. Das in Tränenaufgelöste Mädchen lies er auf dem kalten verschneiten Boden zurück. Liv fühlte sich wie betäubt. Dass Andrew so reagieren würde, hätte sie nicht gedacht. Sie hatte gehofft, dass sie vielleicht nach mehreren Verabredungen sie sich endlich von ihrer wahren Seite zeigen konnte. Und es dann auch bei ihm funken würde. Tief verletzt stand sie vom eiskalten Boden auf. „Was bildete er sich eigentlich ein so mit mir zu reden?“, dachte sie nun zornig. „Damit darf ich ihn nicht entkommen lassen! Er wird - nein er muss dafür büßen!“, sagte sie lächelnd und zog ein langes scharfes Messer aus ihrer Tasche.

 Als Andrew am Weihnachtsmorgen seine Augen aufschlug, fühlte er sich müde und schlapp. Der gestrige Abend war wie ein schlechter Film abgelaufen. Er war wütend auf Liv und auch auf sich selbst. Er verurteilte sich weil, man ihn so leicht manipulieren konnte. Verschlafen setzte er sich im Bett auf. Ein eiskalter Wind streifte seinen Nacken und Rücken. Verwirrt bemerkte er, dass das Fenster einen Spalt offen stand. Er konnte sich nicht daran erinnern es geöffnet zu haben. Aber so genau wusste er es auch nicht. So wütend und verstört, wie er gestern Nacht ins Bett gegangen war. Verschwommen erinnerte er sich an einen Traum. Ein Schatten war neben sein Bett gestanden und hatte ihn beim Schlafen beobachtet. Er hätte schwören können, dass er sogar eine Berührung an seiner Wange gespürt hatte. Aber als er kurz wach geworden war, stand niemand da. Halb wach verlies er sein Zimmer und lief barfüßig die Treppe hinunter. Der große Christbaum schmückte das gemütliche Wohnzimmer. Zufällig bemerkte er, dass unter dem Baum ein großes eingepacktes Geschenk mit der Aufschrift „Für Andrew“ lag. Er legte die Stirn in Falten und lief darauf zu. „Ich dachte ich hätte gestern schon alle Geschenke geöffnet“, sagte er und nahm es in die Hand. Das Paket war mit einem roten Geschenkpapier umhüllt. Er schüttelte es und spürte, dass es ganz schön schwer war. Nun begann er doch etwas neugierig zu werden. Doch bevor er das Präsent aufriss, las er den weißen Zettel, der auf dem Papier klebte. „Für Andrew, dass du immer alles bekommst, was du dir wünschst. Dieses Geschenk wird dich glücklich machen“. Von wem es war stand nicht drauf. Da der Zettel mit dem Computer geschrieben war, konnte er von der Schrift nicht erkennen wer es sein könnte. „Vielleicht ist es Onkel Jerry“, dachte er achselzuckend. „Wenn es mich glücklich machen soll, dann muss es etwas verdammt Gutes sein“, murmelte er jetzt etwas fröhlicher. Gespannt wie ein Kleinkind öffnete er es. Ein stinkendes und dreckiges Tuch kam zum Vorschein. „Was ist das den?“ Er zog das Tuch angewidert mit zwei Fingern heraus. Als er dann erneut ins Paket schaute, weiteten sich seine Augen. Instinktiv warf er das Geschenk von sich weg. Er wusste, dass er dieses Bild nie wieder aus seinem Gedächtnis löschen konnte. Wie ein verängstigtes Kind umschloss er seine Beine und schaukelte sich hin und her. Seine Gesichtsfarbe wurde schlagartig weiß wie Schnee. Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn und sein Körper zitterte unkontrolliert. Dann hörte er, ein feuchtes und dumpfes Geräusch auf sich zu kommen. Keuchend vor Furcht drehte er seinen Kopf in die Richtung und sah wie Kristies abgetrennter Kopf auf ihn zu rollte.

Ende

 

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 08.05.2012

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /