Cover

Alleine saß Emma auf dem Dach des Hauses und überlegte.
Über was sie überlegte wusste sie selbst nicht.
Sie starrte einfach in die Nacht.
Plötzlich sagte eine Stimme hinter ihr: „Hey, Emma. Was machst du hier?“
Emma schreckte ruckartig aus ihren Träumereinen auf.
Daniem, dem die Stimme gehörte setzte sich neben sie.
Er sagte: „Emma. Es ist kalt. Komm rein ins Haus.“
„Nein , mir ist nicht kalt. Warum bist du hier?“
„Ich hab mir sorgen gemacht.“
„Lüg nicht, Daniem. Du machst dir nie um irgendwas oder irgendwen außer um dich selbst Sorgen. Was ist los?“
„Okay: Ich wollte mich mit dir unterhalten.“
„Über was?“
„Na über was wohl?! Über den Sandmann?! Nein du Dussel. Über heute Abend natürlich.“
„Was war heute Abend?“
„Mann, Emma! Warum bist du einfach von dem Familientreffen abgehauen? Tante Melissa war sehr enttäuscht.“
„Soll sie doch. Ich bin nicht wie die. Dieses dumme Abendkleid, das ich anhatte hat gejuckt und ich habe mich so. .so ..komisch gefühlt.. Ach vergiss es einfach.“
„Du bist meine Schwester. Ich kenne dich.“
„Kennst du den Geruch von Blut und Feuer?“
„Was meinst du?“
„Na das, was ich gesagt hab“
„Emma, ich verstehe dich nicht.“
„Wie solltest du auch?“
Dann schwiegen sie beide und starrten in den Himmel. Irgendwann war Emma eingeschlafen und Daniem trug sie durch das kleine Dachfenster ins Haus. Dann legte er sie in ihr Bett und ging selbst in sein Zimmer.
Doch er war nicht müde.
Er dachte über Emma und ihn nach. Früher waren sie sich so nahe gestanden. Hatten alles übereinander gewusst. Was war nur passiert….?
Diese Grüblerei machte ihn müde und er legte sich ins Bett.

Als Emma aufwachte, stieß ihr der Geruch von frisch gebratenem Speck entgegen.
Sie setzte sich auf und dachte an gestern Abend.
Ihre Mutter hatte ein Familientreffen organisiert und Emma hatte ein Abendkleid anziehen müssen. Später dann musste sie sich das Geschwafel der Erwachsenen anhören wie zum Beispiel ihre Tante Maria gesagt hatte „Oh unsere kleine Emma ist aber groß geworden.“
Oder Onkel Jeff hatte gesagt: “Emma, du bist zu einer richtigen Dame geworden.“
Sie war 17 und kein Kind mehr. Natürlich hatte sie sich diese typischen Fragen anhören müssen, die Erwachsene stellten, wenn sie nicht zeigen wollten, dass sie mit Teenagern nicht umgehen konnten.
„Emma, was macht die Schule?“
„Emma, was wirst du studieren?“
„Emma, was macht die Liebe?“
Sie hatte nur zum entsetzen aller Verwandten gemeint:
1. Hoffentlich brennt sie.
2. Ich werde Penner.
3. Das geht euch einen Scheißdreck an.
Ihre Mutter hatte Emma böse angeschaut und geflüstert: „Aber Emma!“

Daraufhin war Emma wutentbrannt aus dem Raum geflüchtet und ihre Mutter hatte sie bei den Verwandten entschuldigt und gesagt, dass sie nicht wüsste, was in ihre kleine liebe Tochter gefahren war.
Doch das hatte sie Sehrwohl gewusst.
Aber sagen hatte sie es nicht wollen.
Sie war böse auf ihre Mutter gewesen und hatte sich den Abendkleid-Fummel vom Körper gerissen, war in ein Shirt von ihrem Vater geschlüpft und hatte sich aufs Dach gesetzt.
Seit ihr Vater gestorben war, hatte sie nicht einmal gelacht.
Eigentlich hätte sie es vorgezogen alleine auf dem Dach zu sitzen doch dann war ja Daniem gekommen. Das war auch schön gewesen. Auch wenn sie es nicht zugab… sie hatte Daniem sehr gerne.
Vielleicht war sie vom Weg abgekommen..
Wie auch immer. Sie wollte heute nicht frühstücken.
Sie schaute in ihrem Zimmer herum und entdeckte den Koffer, den sie vor 3 Jahren von ihrem Dad geschenkt bekommen hatte. Er war schon gepackt.
Niemand wusste, dass sie abhauen wollte. Nur sie und der Kater Neiro. Ihm konnte sie alles erzählen. Tiere sind die einzigen Geschöpfe, denen es egal ist, ob du arm oder reich, dumm oder schlau oder schön oder hässlich bist.
Jedenfalls wollte sie weg. Wohin wusste sie noch nicht so genau. Aber auf jeden Fall weg.
Auf ihrem Nachtkästchen lag ein Zettel mit Telefonnummern von Verwandten, bei denen sie einziehen könnte. Es waren nicht viele. Um genau zu sein nur zwei. Entweder zu Cousine Louisa, die neunzehn war und in England wohnte oder zu Tante Judie, die eine 18-jährige Tochter hatte, die Anna hieß. Anna und Emma hatten sich immer gut verstanden.
Sie wollte eher zu Tante Judie und Anna als zu Louisa.
Emma nahm sich vor, mal bei Anna anzurufen und die Lage zu checken.
Vielleicht war das Glück diesmal auf ihrer Seite.
Sie nahm ihr Handy und wählte die Nummer.
1. Freizeichen.
2. Freizeichen.
„Hallo?“ Eine frische Stimme meldete sich.
„Ähh. Hey Anna. Hier ist Emma.“ Stotterte sie, da sie eigentlich nicht mit so einer schnellen Antwort gerechnet hatte.
„Oh. Hey Emma.“
„Ja.. emm Anna, Ich brauche deine Hilfe.“
„Um was geht’s?“
Emma erklärte ihr ihr Vorhaben.
„Emma, bist du dir sicher, dass du das auch durchziehen willst?“
„Ja Anna. Ich gehe ja nicht für immer. .aber ich brauche Veränderung. Hilfst du mir?“
„Natürlich. Ich ruf dich an, sobald ich mit meiner Mutter geredet hab’“
„Danke.“
Und damit war das Gespräch beendet.


Emma hockte alleine auf dem Bahnhof. Ihre Koffer und das kleine Täschchen, das sie mitgenommen hatte, kamen ihr so schwer vor. Als ob zehn Steine darin wären. Aber im Moment machte ihr das wenig aus. Hauptsache der Zug kam bald.
Sie drehte sich um. Hinter ihr war nichts. Rechts von ihr waren zwei Jungen, die mit den Skateboards umher fuhren. Sie waren bestimmt nicht älter als 15 und sahen doch so erwachsen aus.
Da kam auch schon der Zug. ‚Nashville (Tennessee)’
Emma stand auf und schleppte ihre Koffer zum Bahngleis B.
Der Schaffner half ihr das Gepäck einzuladen und nahm ihre Fahrkarte in Augenschein.
Emma setzte sich neben einen Jungen, den sich nicht kannte.
Er Sagte: „ Hey. Ich bin Dylan. Und du?“
„Emma.“
„wohin fährst du?“
„Nashville“
„Ah“
Dann schwiegen sie beide.
Nach einer weile fasste sich Emma ein Herz und sagte:
„Hattest du schon mal das Gefühl nicht dazuzugehören?
„warum fragst du?“
„nur so.“
„Aber klar hatte ich das Gefühl schon. Ich kann in einer riesigen Menschenmenge stehen und bin trotzdem alleine.“
Emma starrte aus dem Fenster. Sie dachte lange über seine Worte nach. Sie verstand ihn nicht. Aber das war egal.
Nach zwanzig Minuten schlief sie ein.

Irgendwann drang die Stimme des Fahrers aus den Lautsprechern: „Nashville“
Dylan weckte Emma sanft: „Emma? Aufwachen. Wir sind in Nashville.“
„Äh was?? Oh emm. Danke.“
Sie schnappte sich ihr Gepäck und stieg aus dem Zug.
Die kalte Luft des Morgentaus schlug ihr entgegen.
Ihre Kehle brannte vom langen schweigen. Das machte ihr im Moment am wenigsten aus.
Wie sollte sie jetzt zu ihrer Cousine kommen?
Ah! Da war ja Tante Judie. Mit ihrem Volvo. Emma hatte eigentlich keine Lust einzusteigen aber sie sehnte sich nach Anna.
Früher war Anna ihre beste Freundin gewesen aber als sie weggezogen war, hatten sie nie miteinander geredet.
Sie freute sich auf das Wiedersehen.
„Emma! Oh Emma!“ rief ihre Tante Judie. „Emma! Schön, dass du hier bist! Wir haben dich vermisst. Wie geht’s dir?“
„Gut. Danke. Und euch? Leben noch alle Pferde?“
„Nein. Leider nicht. Wir mussten Lenny einschläfern lassen. Er hatte einen Tumor.“
Ihre Tante besaß einen Pferdehof. Emma war immer gerne geritten.
„Oh nein…“ stieß Emma aus.

Als sie auf der Farm ankamen lief Anna aus dem Haus und umarmte ihre Cousine stürmisch.
„Oh Emma! Ich hab dich so vermisst!“
„Ich dich auch, Anna.“ sagte Emma.
Sie gingen zurück in das Haus. Sie redeten über alles Mögliche.
„Anna, Ich muss einen Brief schreiben. Bitte gib mir Stift und Papier.“
„Natürlich. Aber wir haben hier auch Internet.“
„Ich weiß aber ich möchte einen Brief schreiben.“
„Alles klar.“
Anna brachte ihr einen Bogen Briefpapier und einen Stift.
Emma brauchte viele Anläufe, bevor sie fertig war, aber im Endeffekt fand sie, dass der Brief logisch klang.

Hey Mum. Hey Daniem.

Vielleicht ist euch ja schon aufgefallen, dass ich nicht mehr da bin..
Ich glaub schon.
Ich wollte euch nur sagen, dass ich euch liebe.
Macht euch keine Sorgen um mich.
Wo ich bin sage ich nicht aber ihr könnt sicher sein, dass ich hier gut behütet bin.
Bitte sucht mich nicht.
Ich komme zurück. Vielleicht bald. Oder auch nicht.
Ich brauche einen Tapetenwechsel.
Bitte vertraut mir.
In Liebe.
Emma.

Als Emma fertig war, ging sie mit Anna zur Post. Der weg dort hin war nicht sehr weit.
Als die beiden durch die Sommerlandschaft spazierten sagte Anna: „Emma, du hast dich nicht verändert. Du bist immer noch die alte Emma.“
„Wie bin ich denn?“
„Du bist du.“
„Wer sollte ich sonst sein?“
„Vielleicht ein schlechter Britney Spears fake?“ sagte Anna scherzhaft.
„Vielleicht“
„Wie lange wirst du bleiben?“ wechselte Anna das Thema.
„Weiß nicht.“
„Emma, was ist los?“
„Was soll sein?“
„Du hast doch irgendwas. Das merke ich.“
„Okay. Ich vermisse Dad.“
„Oh.“
Dann schwiegen sie.
Als sie Im Postamt ankamen lies Emma ihren Brief zustellen und ging mit Anna wieder hinaus.
„Okay. Emma, ich will dich was fragen.“
„Dann frag“
„Am Wochenende steigt eine riesige Party bei Tessa. Willst du mit mir dorthin gehen? Es gibt viele nette Jungs und dort ist immer gute Stimmung.“
„Klar.“
„Was wirst du anziehen?“
„Na das, was ich anhab.“
Anna fing an schallend zu lachen.
„Ist das dein ernst?“ japste sie.
„Warum nicht?“
„Ach Emma. Komm schon.Wir kaufen dir jetzt ein Kleid“
„Ich hab kein Geld mehr dabei“
„Ist doch egal. Ich lade dich ein“
„Das kann ich nicht annehmen.“
„Doch kannst du. Komm schon.“
„Okay okay.“
Sie gingen in eine Boutique namens Leora’s.
Dort sah Anna ein dunkelviolettes Kleid mit geschnürten Ärmeln.
„Emma, probier das an.“
„Okay. Wenn du meinst.“
Langsam entspannte Emma sich.
Sie ging in die Umkleidekabine und zog das Kleid an. Es passte perfekt.
Als sie es Anna zur Schau stellte blieb ihr der Mund offen stehn.
„Du siehst unglaublich aus!“
„Findest du?“
„Aber Natürlich!“
„Okay. Aber es ist so teuer.“
„Warum? Das ist ein Schnäppchen.“
Wo bin ich hier nur gelandet? Dachte Emma.
„Was kosten deine Kleider denn sonst so?“ fragte Emma.
„Auf jeden Fall mehr.“
Emma musste zum ersten Mal lächeln.
„Wow. Ich glaub, ich muss ein Foto machen. Du hast gelächelt. Bist du krank?“ meinte Anna ironisch.
Emma zog sich wieder um und dann ging sie mit Anna zum Tresen um zu bezahlen.
Doch plötzlich blieb Anna stehen.
„Was ist denn los?“ fragte Emma.
„Ich hab kein Geld da.“
„Dann lass es uns zurück bringen. Dann nehme ich ein Kleid von dir.“
„Nein.“
„Was hast du vor?“
Anna steckte das Kleid in ihre Tasche und ging unauffällig nach draußen.
Emma konnte es nicht fassen.
Oh mein Gott. WO BIN ICH HIER NUR GELANDET????
Sie lief Anna hinterher. Ihre Cousine wartete vor der Boutique auf Emma.
„Was sollte das?“ fragte Emma entgeistert.
„Ach komm schon.“
„Wie lange machst du das schon?“
„Lange. Du verpfeifst mich doch nicht bei meiner Mum oder?“
„Nein.“
„Danke“
Emma konnte es einfach nicht verstehen.

Als sie zuhause waren beschloss Emma ihre E-Mails zu checken.
Als sie sich bei gmail einloggte erwarteten sie 37 neue Mails.
Eine davon war von Daniem.
Sie machte die E-Mail auf und fing an zu lesen:

Hey Ems.
Ich verstehe dich.
Mum lässt dir schöne grüße ausrichten und sie weiß, dass du bei Tante Judie und Anna bist.
Aber sie will dir deine Freiheiten lassen und dich deinen eigenen Weg gehen lassen.
Sie hat nur eine Bedingung. Du darfst keine Dummheiten anstellen.
Ich hoffe, dass du glücklich wirst. Das hoffe ich wirklich.
Ich hab dich lieb.
Daniem


Als sie die Zeilen las, die ihr Bruder geschrieben hatte, traten ihr die Tränen in die Augen.
Die anderen Mails waren nur Werbungen.
Sie löschte sofort alles.
Als sie zum Abendessen ging, hörte sie, wie Anna mit ihrem Vater stritt.
„Du nervst“ rief Anna.
„Wieso?“ fragte ihr Vater.
„Das fragst du noch?“
„Wird doch normal sein, wenn man nicht will, dass die Tochter stiehlt.“
„Wer sagt, dass ich das tue?!“
„Ich habe es gesehen.“
„Gar nichts hast du gesehen! Du hast keine Ahnung!“
Das war Emma genug.
Sie lief ins Esszimmer und setzte sich auf einen Stuhl.
Als Anna da war konnte man ihre Wut spüren.
Anna sagte: „ Ich hab keinen hunger.“
Sie ging nach oben und blieb den ganzen Abend in ihrem Zimmer.

Am nächsten Tag wachte Emma von Sonnenstrahlen auf, die ihr Gesicht kitzelten.
Als sie die Augen öffnete, stellte sie fest, dass Anna schon aufgestanden war. Sie tappte nach unten. Dort befand sich niemand. Sie ging wieder nach oben und kam am Bad vorbei.
Sie blieb kurz stehen und hörte gespannt.
Jemand putzte sich dort drinnen die Zähne. Sie klopfte und öffnete die Tür.
Anna stand mit der Zahnbürste in der hand da und grinste.
Emma beschloss, sie nicht auf den gestrigen Streit mit ihrem Vater anzusprechen.
Sie nahm ihre Zahnbürste und putzte sich die Zähne.
„Was möchtest du heute machen?“
„Was kann man hier unternehmen?“
„Viel. Wir könnten schwimmen gehen.“
„Ich wusste gar nicht, dass ihr hier ein Schwimmbad habt.“
„Haben wir auch nicht.“
„Was dann?“
„Na einen See du Dummerchen“
„Ach so.“
„Leihst du mir einen Bikini?“
„Klar.“

Nach dem Frühstück gingen Emma und Anna in Annas Zimmer.
Anna machte ihren Kasten auf und Emma sah sieben Bikinis.
Emma entschied sich für einen Blauen mit weißen Punkten und die dazugehörende Hose.
Anna nahm einen gelben mit dunkelroten Sternen.
Sie packten die Taschen und fuhren mit dem Bäderbus zum See.
Der Eintritt war gratis. Das behauptete Anna jedenfalls und Emma hatte gerade keine Lust sich mit ihr auseinanderzusetzen.
Emma schaute sich um und sah einen hübschen jungen, der mit seinen Freunden alberte.
„Emma. Emma? Ems?“
„Äh ja?“
„Wo starrst du denn hin?“
„Ach nirgends.“
„Wir 2 sind stärker als eine Mannschaft.“
„wie kommst du denn jetzt auf das?“
„Ich bin eben poetisch.“
Emma lachte.
Die Mädchen gingen zu einem freien Platz am Rande des Sees.
Dort setzten sie sich, breiteten die Badetücher aus und rieben sich gegenseitig mit Sonnencreme ein. Gerade, als Emma sich von Anna einreiben lassen wollte, kam ein Junge näher. Anscheinend kannte er Anna, denn er sagte:
„Hey Annie. Willst du das nicht lieber mir überlassen? Wer ist deine Freundin?“
„Hey Marcus. Das ist…“
„Ein Mensch, der für sich selber reden kann. Ich heiße Emma.“ Unterbrach Emma ihre Cousine.
Anna lachte: „Da siehst du’s.“
Marcus setzte sich neben die beiden und schaute auf den See.
„Ganzschön heiß heute, was?“ sagte Marcus geheimnisvoll.
„wir ziehen unsere Bikinis trotzdem nicht aus“ meinte Anna provozierend.
Dann schmiss sie ihr rotes, langes Haar über die Schulter und legte sich auf den Bauch, damit Emma sie eincremen konnte.

Nachdem sie fertig war, gingen sie schwimmen. Der See war angenehm kühl und entspannend.
Emma dachte an die Nacht, wo Daniem neben ihr gesessen hatte. Damals auf dem Dach.
Doch ihre Gedanken wurden durch Marcus Stimme unterbrochen. „Wo kommst du her?“
Wollte er wissen. Seine Blonden haare waren zerstrubbelt von der Feuchtigkeit.
„Aus New York“.
„Und wieso bist du hier?“
„Ich schätze, ich habe es nicht mehr ausgehalten.“
„Ich verstehe.“
„Nein, tust du nicht.“
„Wie du meinst.“
„Ich bin süß und nett, doch der Schein trügt. Ich habe die Scheiße jahrelang vor dem Spiegel geübt.“
„Okay. Ich verstehe nicht.“
„Das brauchst du nicht. Hauptsache, du hörst mir zu.“
Marcus musterte sie mit einem besorgten Blick und schwamm weg.

Als Emma und Anna wieder zu Hause waren, fragte Anna, wie Emma der Ausflug gefallen hatte. Sie log und sagte, dass es schön gewesen sei.
Was sie beiden vergessen hatten, war, dass es Samstag war.
„Oh mein Gott. Heute ist die Party!“ rief Anna.
„Schnell! Mach dich fertig! Um halb acht fängt die Party an!“ keuchte Emma
„Wie spät ist es?“
„zehn vor halb sieben!“
Die Mädchen liefen hektisch im Haus umher und suchten die Kleider, das Schminkzeug, die Taschen, die Schuhe und was sie sonst noch so für diesen Abend brauchten.
Als sie um viertel nach sieben fertig waren, rief Anna ihre Mutter an und bat sie, ihnen den Jeep zu leihen, weil sie zu fuß nicht schnell genug waren.
Zum Glück war Tante Judie bei solchen dingen nicht sehr Skeptisch und erteilte ihnen die Erlaubnis mit ihrem Auto zu Tessa’s Party zu fahren.

Als die Mädchen dort ankamen, war die Halle, die für die Partygäste vorgesehen war schon ziemlich voll.
Anna nahm Emma bei der Hand und führte sie durch den Saal hinüber zu einer Gruppe von Teenagern in ihrem Alter.
„Hey, Anna. Wen hast du uns mitgebracht?“ Fragte ein großes schlankes mädchen mit blonden Haaren.
„Hallo Eliza. Das ist Emma, meine Cousine aus New York.“
„Oh! New York also? Schön dich kennen zu lernen, Emma.“
Eliza reichte ihr freundlich die Hand.
Als sich alle in der Runde vorgestellt hatten und Emma sämtliche Hände geschüttelt hatte war Anna verschwunden.
Emma redete noch einwenig mit der Runde und dann ging sie zur Bar, schüttete sich Bowle in ein bereitstehendes Glas und schaute durch den Raum. Da sie nichts sehen konnte, stieg sie auf einen Stuhl. Da war ja Anna- eng umschlungen mit einem Typen, den, wie es nicht anders zu erwarten war, Emma nicht kannte.
Emma wollte die beiden jetzt nicht stören und schaute sich nach der Runde um, mit der sie so nett geredet hatte. Sie sah niemanden und so zog sie es vor, einfach stehen zu bleiben.
Plötzlich wurde sie angerempelt. Ein Junge mit blonder Sunnyboyfrisur stand vor ihr und schaute unschlüssig herum.
Als sie ihn sah sagte er: „ Oh. Em. Entschuldigung. Tut mir echt leid. Wie wär’s, wenn ich das wieder gut mache?“
„Ach. Schon okay. Was würde dir denn als Entschuldigung vorschweben?“ fragte Emma frech.
„Hmm. Wie heißt du denn? Wenn ich deinen Namen weiß, kann ich einstufen, was ich mache.“ Meinte er sarkastisch.
„Ich bin Emma.“
„Ich bin Ryan.“
„Okay. Was hast du für Emmas geplant?“
„Emma. Emma. Emma. Ich hab’s! Wie wär’s mit einem Dinner für zwei?“
„Hört sich gut an.“
„Wann hast du denn Zeit?“
„So gut wie immer.“
„Okay. Gib mir deine Nummer. Ich ruf dich an.“
„Alles klar.“
Emma gab ihm ihre Handynummer und war überglücklich.
Bald darauf kam Anna. Sie war ziemlich verschwitzt, was daraus schließen ließ, dass sie mit diesem Typen lange getanzt hatte.
„Hey, Ems. Wo warst du? Du hast echt was verpasst.“
„Ach da wär ich mir nicht so sicher.“ Sagte Emma verstohlen.
„Wieso? Hast du was getrunken?“
„Nein.“
„Okay. Wer war es?“
„Wer war was?“
„Na das ist doch klar. Du hast einen Typen kennen gelernt.“
„Bist du Psychologin?“
„Nein aber ich kenne doch meine kleine Emmi. Wie heißt er?“
„Ryan“
Da kam der Junge wieder, mit dem Anna so angeregt getanzt hatte.
„Hey, Ems. Wir reden später okay? Ich will noch tanzen.“
„Alles klar.“
Als der Club geschlossen wurde, saß Emma auf den Stiegen, die zum Eingang führten und wartete auf Anna.
Sie zog ihre Knie heran und legte ihre Hände darauf. Sie betrachtete sie kurz und bettete ihren Kopf in ihren Händen. Dann schloss sie die Augen.
Das nächste, an das sie sich erinnerte, war, dass Anna sie wachrüttelte.
„Verdammt, Emma! Es ist zehn vor zwei! Mum wird ausrasten! Komm!“
Emma taumelte benommen hinter ihrer Cousine zu dem blauen Jeep, mit dem sie hergekommen waren.
Als sie im Wagen saß, sackte sie in sich zusammen und schlief ein.
Sie wurde vom quietschen der Reifen geweckt, das entstand, weil Anna den nassen Kies der Einfahrt hinauf fuhr.
In ihrem Zimmer angekommen, zog sie sich so schnell wie möglich um und fiel todmüde ins Bett.
Emma fiel in einen unruhigen Schlaf, aus dem sie immer wieder aufwachte. Sie träumte von der Nacht, als die Rettung mit blaulicht vor ihrem Haus gestanden hatte und ihre Mutter geweint hatte. Als Emma gefragt hatte, was los sei sagte ihre Mutter nur, dass sie jetzt stark sein müssten und Daddy nicht wiederkommen würde.
Emma fand es komisch, dass sie sich daran noch so gut erinnern konnte. Damals war sie vierzehn gewesen. Heute war sie siebzehn und sie wusste noch jedes Detail. Wie ihre Mutter am Morgen danach ausgesehen hatte, wie sie sich selbst in den schlaf geweint hatte und dass Daniem nicht gegessen hatte.
Plötzlich schreckte sie wieder hoch.
Sie beschloss sich in der Küche einen Kaffee zu machen und schlich auf zehenspitzen in die Küche.
Dort angekommen nahm sie einen Filter und goss den Kaffee auf.
Als sie das heiße Getränk hinunterwürgte wurde ihr klar, dass sie hier ihr zu Hause gefunden hatte.
Warum kamen ihr diese Gedanken jetzt wieder hoch? Jetzt, wo sie sich gerade so gut fühlte.

Als sie Am Morgen aufwachte, fand sie sich in ihrem Zimmer wieder.
Sie ging zu Annas Zimmer und Klopfte. Anna riss die Tür auf und sagte verschlafen: “Hey“
Plötzlich läutete Emmas Handy im Nebenzimmer. Sie lief schnurstracks zum Telefon und hob ab.
„Hallo?“
„Hey Emma. Hier ist Ryan.“
„Oh. Hey.“
„Hast du heute Abend was vor?“
„Soviel ich weiß nicht.“
Er lachte und dann verabredeten sie sich.
Als Emma Anna von Ryan erzählte, fing sie an zu kreischen.


Als Emma sich fast zwei Stunden fertig gemacht hatte, hielt ein grüner Volvo vor der Haustür.
Ryan stieg aus und ging zur Tür. Er klingelte und Emma lief so schnell sie konnte hinunter um aufzumachen.
„Hey!“
„Hallo,Emma.Bist du fertig?“
„Klar.“
Sie stieg in sein Auto und Anna sah aus dem Fenster.
Ein lächeln zwang sich auf ihre Lippen.

Als Emma und Ryan im Restaurant waren, bestellten sie einen Tisch für zwei und setzten sich.
Als der Kellner kam, bestellten beide Cola und Hühnchen mit Reis.
„Ich hab dich noch gar nicht richtig kennen gelernt. Erzähl mal was über dich.“
„Ich heiße Emma. Ich bin von zu Hause abgehauen, weil mich niemand verstanden hat. Ich mag Tiere. Besonders Pferde. Ich war total traurig, als ich nicht mehr reiten konnte, weil meine Tante und meine Cousine hier her gezogen sind. Ich habe einen Bruder namens Daniem. Meine Mutter hat mich nie verstanden und mein Vater.. er ist vor drei Jahren gestorben. Oh Mann. Warum erzähle ich das ausgerechnet jetzt? Tut mir leid.“
„Das tut mir leid.“
„Nein. Tut es dir nicht. Eines kommt. Eines geht. Das ist so.“
„Wie heißt deine Cousine? Vielleicht kenne ich sie.“
„Anna. Anna Newberg.“
„Ach so. Anna.“
„Erzähl jetzt was über dich!“
„Okay. Ich heiße Ryan. Ich habe eine Schwester namens Rina. Ich mag Musik. Ich jobbe gelegentlich als DJ. Meine Eltern leben noch aber sind geschieden. Ich habe früher in New Orleans gelebt. Seit 5 Jahren spiele ich Keyboard und ich mag Tiere.“
Emma lächelte.

Nach 40 Minuten kam das Essen. Es schmeckte vorzüglich und danach übernahm Ryan die Rechnung.
Danach redeten sie noch lange.
„Wie weit muss man rennen, um sich vor einem Albtraum zu verstecken?“ fragte Emma.
„Ich denke, es kommt nicht darauf an, wie weit sondern wie lange. So lange, bis man mit sich selbst im reinen ist.“
„Können Märchen wahr werden?“
„Nein. Aber Träume.“
Vielleicht ist das Leben wirklich eine Achterbahn und ich bin nur unten, um Spaß bei der Fahrt nach oben zu haben. Dachte Emma.
„Du verstehst echt jeden Vers, den ich sage“ sagte Emma glücklich.
Er Lächelte.
„Denkst du, du wirst jemals alle Fragen beantwortet bekommen, die du gestellt hast?“
„Ich schätze, im Tod.“
„Was nützen sie dann noch?“
Er freute sich über ihre Offenheit ihm gegenüber und brachte sie nach Hause.

Zu Hause schrieb sie Daniem eine E-Mail.

Hey Danny.
Mir geht’s gut. Nein, wirklich.
Es ist hier toll. Ich glaube, ich habe mein zu Hause gefunden.
Ich habe den Platz in meiner Welt gefunden.
Aber jetzt muss ich erst mal sehen, was ich mache.

Hab dich Lieb.
Ems.♥

Sie war so glücklich, sie wollte tanzen, hüpfen oder sonst was.
Sie Entschied sich dafür, ein Lied zu schreiben.

Everybody seems like a dreamer.
The Dreamland isn’t far away but you have to find it on your own way.
Nobody can find it for you but you never figure it out.
You don’t know, what you want so I don’t ask you why,
Because you still trying to figure it out this time.
Dreamland is one of your deepest fears.
Dreamland drinks your blackest tears.
Dreamland is the sixteenth moon of universe.
Dreamland is far, far away.
Find it on your own way.
Take it for another part.
Dreamland’s in your heart.


Als sie das Lied sang, tappte Anna verschlafen aus dem Wohnzimmer.
„Du bist noch wach?“
„Ich kann doch nicht schlafen, wenn meine minderjährige Cousine sich mit irgendeinem Typ herumtreibt.“
Emma musste über die gespielte Besorgnis ihrer Cousine lächeln.
„komm, geh wir ins Bett. Wie war es?“
„Es war nett.“
„Nett? Nur diese eine Silbe?“
„Dann war es eben SEHR nett.“
„Hat sich was daraus entwickelt?“
„Falls es sich was entwickelt, bist du die erste, die es erfährt.“
„Okay. Komm. Wir gehen schlafen.“
„Okay.“
Sie gingen ins Badezimmer, putzten sich die Zähne und entfernten das Make-up.
Dann gingen beide schlafen.
Diese Nacht war die erste, in der Emma wirklich und ungelogen gut schlief.


Am Morgen war Emmas gute Laune nicht verflogen.
Für diesen Tag war ein Ausritt mit Anna geplant.
Die Mädchen zogen die Reithosen, Reitstiefel und Westen an.
Sie schnappten sich 2 Helme und Sattelten die Pferde auf.
Sie stellten die Steigbügel und den Sattelgurt ein, nahmen eine Gerte und stiegen auf.
Zuerst trabten sie über die Weide zum Waldrand.
Sie ritten in den Wald hinein und wurden langsamer.
Der kühle Wind, der ihnen um die Nase wehte entspannte beide.
„Heute ist es Traumhaft schön!“ schwärmte Anna.
„Ja, toller Ausritt.“ Bestätigte Emma.
„Du gehst doch noch in die Schule, oder?“
„Ja..aber nächsten Monat werde ich 18 und dann breche ich die Schule ab.“
„Denkst du wirklich, dass das die richtige Entscheidung ist?“
„Was meinst du damit? Willst du mich nicht hier haben?“
„Doch klar aber ich möchte nicht daran schuld sein, wenn du irgendwann mal keine Arbeit findest.“
„Oh Mann! Du willst mich also nicht hier haben!“
Emma trat die Stute Morilia kräftig in die Seite und das Pferd fing an zu galoppieren.
„Emma! Warte! Das war nicht so gemeint! Es tut mir leid!“ rief Anna ihr nach, aber Emma war schon weg.
Emma galoppierte über Wiesen und Felder. Wohin sie wollte, wusste sie nicht aber sie wollte sich nicht vertreiben lassen, weil sie ihren vermeintlichen Platz in der Welt gefunden hatte.
Sie würde nicht so einfach aufgeben.
Plötzlich merkte sie, dass sie die Kontrolle über die Stute verloren hatte und versuchte sie anzuhalten, aber alle Versuche waren vergeblich. Das Pferd blieb nicht stehen. Egal, was sie versuchte. Sie konnte die Zügel auch noch so fest zurückziehen und es half trotzdem nichts.
Plötzlich sah sie einen großen Baumstamm, den die Stute unmöglich einfach so überwinden konnte.
Morilia sprang über den Baumstamm und Emma konnte sich nicht mehr festhalten.
Sie fiel.
Es kam ihr unendlich lange vor, als sie am Boden aufkam.

Das nächste, an das sie sich erinnern konnte, war, dass Anna sich besorgt über sie beugte.
Sie fragte leise:
„Bist du okay?“
„Ja.“
Emma setzte sich auf. Ein stechender Schmerz fuhr durch ihren Kopf.
„Ahhhh“ zischte sie.
„Was?“ fragte Anna besorgt.
„Ach nichts.“
Emma erkannte, dass sie sich immer noch im Wald befand.
„Kannst du aufstehen?“
„Ja.“
Emma stand auf und ging einpaar schritte.
Scheinbar hatte sie sich nicht verletzt.
Sie sah, dass Morilia neben ihr graste.
Sie setzte sich wieder in den Sattel und ritt etwas zittrig mit Anna nach hause.
Dort zog sie sich um und legte sich auf das Sofa.
Ihr Kopf dröhnte immer noch, als sie wieder aufwachte.
Sie sah auf die Uhr.
Es war 2.14 Uhr.
„Oh, Verdammt“ fluchte sie und taumelte etwas benommen über die Stufen hinauf in ihr Zimmer.
Sie beschloss Ryan nichts von dem Unfall zu erzählen um nicht Unnötig aufsehen zu erregen.
Sie legte sich in ihr Bett uns schlief sofort ein.

Als Emma wieder aufwachte, hörte sie Gelächter von draußen.
Sie stand auf und ging zum Fenster, von dem man eine tolle Aussicht auf den Garten hatte.
Draußen in Garten saß Anna in der Sonne auf der Schaukel und telefonierte.
„Und das hat er echt gesagt?“
redete Emma in ihr Handy.
„Oh mein Gott. Nein!...Ja, ich bleib kurz dran“
Sie wandte sich von ihrem Telefon ab und schaute zu Emma hinauf.
„Guten Morgen, Schätzchen!“
„Hallo!“ rief Emma
„Hast du gut geschlafen?“
Gerade als Emma antworten wollte, war Annas Aufmerksamkeit wieder an ihrem Handy.
Emma ging nach unten zum Frühstückstisch. Frische Semmeln und Butte standen noch auf dem Tisch.
Sie holte sich aus dem Obersten Regal Nutella und setzte sich auf einen Stuhl.
Sie Nahm sich eine Semmel, strich Butter darauf und verteilte Nutella darauf.
Gerade, als sie Herzhaft in ihr Frühstück beißen wollte, hörte sie einen schrillen Schrei vom Garten.
Sie sprang auf und rannte bei der Glasstür, die zum Garten führte hinaus, um die Ecke und zu Anna.
Sie schrie immer noch gellend.
Emma rief: „ Anna! Was ist passiert?“
„Mein Handy!!!!!!“
„Was ist damit?“
„Es ist in den Fluss gefallen!“
Sie zeigte auf den kleinen Bach, der direkt neben dem Haus seinen Lauf nahm.
„Und deswegen schreist du so?“
„Ich kann ohne mein Handy nicht leben!“
Emma lief das Bachbett entlang und hielt nach dem Telefon Ausschau. Als sie es sah, fischte sie es schnell heraus und rief: „Anna, reagier dich ab! Ich habe es!“
„Funktioniert es noch?“
Anna hetzte zu Emma.
„Da hast du aber Glück gehabt. Es funktioniert noch.“
„Gut“ stöhnte Anna erleichtert.
Sie riss ihr Handy an sich und tastete es ab.
Emma ging genervt zurück ins Haus. Sie nahm die Semmel und schlang ihn gierig hinunter.
Danach ging sie in ihr Zimmer und zog sich um.
Sie lief zu ihrer Handyhysterischen Cousine in den Garten.
„Was ist für heute geplant?“
„Ich weiß nicht.“
„Wie du weißt nicht?“
„Wir könnten uns die Geschichten von früher erzählen.“
„Okay. Cool. Wir treffen uns in zwanzig Minuten auf dem Dach. Bring decken mit.“
„Okay. Bist dann.“
Emma ging zurück ins Haus und holte ihr Tagebuch.

Sie saß schon lange auf dem Dach, als ihre Cousine endlich mit den Decken aufkreuzte.
„Du bist zu spät.“
„Tut mir leid.“
„schon okay. Kannst du dich noch daran erinnern, als diese Gäste da waren, und wir uns total geschminkt hatten und wir das vergessen hatten und so hinausgegangen sind?“
„Oh man. Das war sooooooooo mega peinlich. Oder das eine mal, als wir die stiegen hinuntergegangen sind und du mich geschubst hast und ich mich an dir festgehalten habe und wir über die Stiegen gefallen sind?“
„Ja, genau! Oder damals, wo du mit deinem Minirock beim Schulfest warst und als wir vor der Schule auf meine Mum gewartet haben und ein Autofahrer gefragt hat, wie viel du für eine Stunde kostest?“
„Ich dachte, er spinnt. Weißt du noch, wie du immer mit deiner Armbanduhr herumgelaufen bist und zum nächsten Jungen gesagt hast: „ Frag mich mal, wie spät es ist““
„Oh mein Gott!“
Die beiden Mädchen zerkugelten sich über die Vergangenheit.
„Weißt du noch, als wir im Hasenkäfig geschlafen haben und deine Mum uns mitten in der Nacht geholt hat, weil sie angst hatte, dass wir krank werden?“ japste Emma.
„Wir waren Detektive, Prinzessinnen und Hexen“
sie ließen sich nach hinten fallen und lachten.
„Zum glück haben wir ein Flachdach.“
„Ja, sonst wären wir schon unten!“
„Und oh mein Gott! Die Pubertät! Wir haben stunden lang über Freddy Hendrix geredet! Du warst immer in Adam Lincoln verknallt!“ lachte Emma.
„ja, ich war in ihn verliebt. So, wie sich eine sechsjährige eben in einen sechsjährigen verlieben kann“ erklärte Emma.
„Oder als wir an deinem achten Geburtstag am Meer waren und mit irgend einem Typen italienisch geredet haben?“ Sie brachen in Gelächter aus.
„Du bist echt eine Schwester für mich. Und du kennst mich besser, als ich.“
Jetzt umarmten sie sich.
„wir sind zwar keine Kinder mehr aber..schwören wir auf Blutsbruderschaft sorry. Ich meine Schwesternschaft, dass wir uns nie verlieren?“
„klar.“ rief Emma.
Anna zog aus ihrer Hosentasche ein Taschenmesser.
Unter großer Überwindung schnitten sich beide Mädchen in den Daumen.
„So. Jetzt sprich mir nach. Ich, Anna Newberg“ sagte Emma
„Ich Anna Newberg“ entgegnete Anna.
„Gelobe hier und heute, dem 30. Juni 2011“
„Gelobe hier und heute, dem 30.Juni 2011“
„Mit meiner Cousine Emma Rogers“
„Mit meiner Cousine Emma Rogers“
„eine ewige Blutsbrüderschaft zu schließen.
„eine ewige Blutsbrüderschaft zu schließen.“
Dann drückten sie ihre bereits blutüberströmten Daumen aufeinander und fingen an zu lachen.
„Hast du lust auf Verse?“
„Klar. Lies vor.“
„Man kann nicht von einer Klippe springen, wenn du schon von einem Berg gefallen bist.“
„Wow.“
Beide schwiegen.
Sie redeten noch den ganzen Nachmittag.
Später checkte Emma ihre E-Mails.
Da war eine Nachricht von Daniem.
Sie öffnete sie und las:
Ems.
Wir vermissen dich.
Mum will dir deine Klamotten schicken. Ich glaube, sie denkt, dass du für immer in Tennessee bleiben willst.
Ich habe angst, dass du dich selbst verliers, wenn du versuchst so zu sein, wie Dad.Dad ist auch mit 17 abgehauen. Das weißt du genau…
Danny

Sie antwortete schnell:

Damiem!!!!

Denkst du, dass ich das alles nur wegen Dad mache?????
Ich meine.. Vielleicht ist das Glück wirklich nur etwas, wonach wir streben.
Ich habe endlich meinen Platz gefunden. Ich gehöre hier hin.
Vielleicht komme ich nicht wieder zurück.
Ich habe jetzt herausgefunden, wer ich wirklich bin., Du musst das akzeptieren!
Ich bin, wo ich sein will. Hier ist mein Pölatz. Bitte versteh das. Wenn du willst, dass ich glücklich werde, dann lass mich mein Leben selber leben.
Alles was ich sein soll, ist alles, was ich nicht bin.
Bitte versteh mich. Oder versuch es wenigstens.

Emma.


Sie konnte nicht verstehen, wie ihr Bruder so verständnislos sein konnte.
Er kannte sie doch. Jedenfalls hatte sie gedacht, dass er sie kannte.
Plötzlich klingelte ihr Handy.
„Ryan ruft an“ Stand auf ihrem Handydisplay.
„Hallo?“
„Hey Emma.“
„Hey Ryan.“
„Hast du zeit?“
„Für was?“
„Kino?“
„Klar.Wann?“
„um 19 Uhr.“
„Welchen Film?“
„Woher weißt du, dass es liebe ist.“
„Alles klar. Bis dann.“

Uns sie legte auf.
Im Nachhinein kam sie sich sehr unfreundlich Ryan gegenüber vor. Sie beschloss, sich später im Kino dafür zu entschuldigen.
Sie war noch immer in gmail eingeloggt, als sie sah, dass Daniem im Chat war.

Daniem R: Hey Ems.
Du: Hey Danny.
Daniem R: wann kommst du nach Hause?
Du: weiß ich noch nicht. Hab ich zu Hause was verpasst?
Daniel R: Ja! Wir haben dein Zimmer vermietet.
Du: Echt jetzt?
Daniem R: Nein.
Du: Gut. Wie geht’s Neiro?
Daniem R: Gut. Er frisst und schläft.
Du: Und Mum?
Daniem R: Was soll ich sagen? Sie ist irgendwie so … sorglos.
Du: Wie schön. Wenn ich nicht da bin, geht es ihr toll.
Daniem R: Das meinte ich nicht so.
Du: Byem Danny. Ich geh dann mal.
Daniem R: Bye Ems.

Sie loggte sich aus und ging nach draußen.
Draußen saß Anna in einem Sonnenstuhl und ließ sich bräunen.
„Hey, Anna. Leihst du mir für heute Abend ein Kleid?“
„Klar. Such dir eins aus. Wohin gehst du?“ sagte Anna, ohne die Augen zu öffnen.
„Mit Ryan ins Kino.“
„Achso.“

Emma ging nach oben in Annas Zimmer und sah ihren Kleiderschrank durch. Annas Zimmer war klein und voll. Das Bett, das direkt neben der Tür stand und der verhältnismäßig große Schrank, der gleich gegenüber stand.
Im Kleiderschrank befanden sich viele Tolle Kleider.
Emma entschied sich für ein Lila farbenes, trägerloses Kleid mit Säumen aus spitze. Als sie es anprobierte ging es ihr bis zu den Knien.
Jetzt war es schon 17 Uhr. Nur noch zwei Stunden Zeit.
Sie malte sich das Treffen mit Ryan aus.
Vielleicht würden sie sich küssen.
Dann dachte sie darüber nach, ob sie ihn liebte.
Ja, sie liebte ihn.
Sie beschloss, ihm heute ihre Gefühle zu vermitteln.
Sie hatte Angst davor aber sie wusste, dass sie es tun musste.
Eigentlich hatte sie immer gedacht, dass Liebe unnötig sei, denn wenn man sich wehtun wollte, sollte man sich die Finger in eine Autotür einklemmen.
Doch jetzt wusste sie, dass es anders war.
Ich hörte, dass Liebe gift sei. Doch wieso bin ich nicht schon tot? Dachte sie.
Damals, als ich wegen Dad gefallen bin, war da dieses Gefühl nicht zu wissen, wer ich bin. Jetzt weiß ich es .Dad.. Ich dachte, ich würde immer noch leiden. Ich fühle nichts. Ich meine..ich fühle keine Trauer. Nur Liebe. Unendliche Liebe.
Ich bin nicht mehr die, die ich mal war.
Jetzt war es schon 18 Uhr.
Sie machte sich fertig und ging zu fuß zum Kino. Als sie dort ankam, war Ryan schon da.
Er hielt eine Rose in der Hand und lächelte. Emma ging zu ihm.
„Hey, Ryan.“
„Schön dich zu sehen.“
„Sorry, dass ich am Telefon so unfreundlich war.“
„Macht nichts.“
„Ich muss dir was sagen.“
„Leg los.“
„Ich liebe dich.“
Er lächelte. Doch eine Erwiderung ihrer Worte kam ihm nicht über die Lippen.
„Was ist deine Definition von Liebe, Emma?“
„Na, Liebe ist, wenn man sich gegenseitig ergänzt.“
Jetzt war Emma verwirrt. Liebte er sie nicht?
„Emma, ich habe ich auch sehr gern.“ Erwiderte Ryan.
Er hat mich gern? Was soll das heißen?? Gern ist der kleine Bruder von scheiße
Emma versteckte ihre Enttäuschung gekonnt und tat, als ob nichts wäre.
Aber Ryan merkte es ihr an.
Emma. Ich hab dich gern, aber Liebe.. das ist so ein großes Wort. Ich bin mir noch nicht sicher, was liebe ist. Jetzt noch nicht. Sei ehrlich. Was ist Liebe?“
„Das weißt du erst, wenn du sie erfährst.“
„Und wie kann ich das?“
„Du wirst es wissen, wenn es soweit ist.“
„Ich hoffe es.“
Sie gingen ins Kino hinein und setzten sich. Sie zogen ihre Jacken aus und genossen den Film.
Emma fand die Schauspielerbesetztung toll.

Nach dem Film fuhr Ryan Emma nach Hause.
Emma war nicht so berauscht von diesem Abend. Wieso fiel es Ryan so schwer Ich liebe dich zu sagen?
Oh mann.. das war eine typische Sommerliebe. Verdammt.. das hatte sie schon tausendmal durchlebt. Na ja eigentlich nur 16 mal. Soweit sie sich erinnern konnte jedenfalls hatte es jeden Sommer eine Liebe gehabt. Und jeden sommer hatte es Tränen und leid gegeben.
Jetzt kam ihr die Vorstellung wieder nach Hause zu fahren und so zu tun, als ob nichts wäre.
Nein! Nein! Nein! Sie durfte jetzt nicht aufgeben!
Warum sollte ich von einer Klippe springen, wenn ich auch auf eine Lichtung kommen könnte?
Dachte sie: ssssssssssssssssssssssssssssss
An diesem Abend schrieb sie in ihr Tagebuch:

Liebes Tagebuch.
Langsam fange ich an, mich zu fragen, ob d ies hier wirklich meine Bestimmung ist..
Theorätisch könnte mein Platz auch irgendwo ganz anders sein..
Wer bin ich?
Ich verstehe es einfach nicht aber ich habe etwas gelernt:
Ich schwöre, dass ich immer in liebe bleibe.
Und auch, wenn es Kalt wird, werde ich mein Versprechen nicht brechen.
Emma.


Plötzlich bekam sie einen Anruf. Wer um alles in der Welt rief so spät noch an?
Es war Meliha. Ihr ehemalige beste Freundin. Bevor sie abgehauen war.
„Meliha?“
„Bist du schon mal ertrunken, nur weil du nicht wolltest, dass er es tut?“
„Worum geht es?“
„Um Riley.“
„Immer noch?“
„Ja…nein.. wieder“
„Oh Mann.. Ist dir eigentlich aufgefallen, dass ich nicht da bin?“
„Wo bist du?“
„Nashville.“
„Okay. Bis dann.“
„Nein.. ich kommen nicht zurück. Nie wieder“
„was meinst du verdammt noch mal damit?“
„Ich habe meinen platz gefunden.“
Und dann legte Emma auf.
Kurz darauf bekam sie eine SMS von Meliha.
‚Wer soll mir jetzt noch sagen, dieses Leben wäre gerecht? Ich will dich zurück’
Emma simste zurück:
‚Du bist ein toller Mensch. Aber leider lebe ich mein leben und du deins. Vielleicht treffen wir uns in einer besseren Welt wieder.’


Jetzt verstand sie sich selber nicht mehr. Sie suchte Anna, aber fand sie nicht.
Emma rief sie auf ihrem Handy an.
„Ja?“
„Wo bist du?“
„Ich hab ein Date.“
„Okay.“
„Wann kommst du wieder?“
„Weiß noch nicht. Bye.“

Nach diesem Gespräch ging Emma ins Bett.

Später in dieser Nacht hörte sie ein scheppern. Sie wachte ruckartig auf und setzte sich in ich Bett. Sie nahm den Baseballschläger, der in ihrem Schrank lag und schlich leise auf den Gang.
Sie blickte sich forschend um. Im ersten Stock, wo auch ihr Zimmer war, war nichts zu sehen.
Sie tappte leise die Stiege hinunter und umklammerte den Baseballschläger mit jeder Stufe, die sie zurücklegte fester. Plötzlich hörte sie, wo die Geräusche herkamen. Sie kamen aus Der Küche.
„Wer. .ist da? Zeig dich!“
„Emma! Reg dich ab! Ich bin es!“
„Anna? Aber.. was ist passiert?“
Emma drückte auf den Lichtschalter und sah mit Entsetzen, dass Annas Gesicht mit Blut verschmiert war.
„Oh mein Gott! Was ist passiert?“
Während Emma ihrer Cousine einen Eisbeutel machte ließ sie sich die ganze Geschichte erzählen.
Als Anna fertig war, weinte sie.
Emma konnte es kurz zusammengefasst so verstehen:
Es war ein schöner Abend gewesen, doch als sie sich verabschiedet hatte, wollte er mehr als nur einen Kuss.
Als sie nein gesagt hatte, hatte er sie geschlagen, doch sie konnte sich ins Haus retten.
„Willst du heute bei mir im Zimmer schlafen?“ fragte Emma.
„Nein, geht schon.“ Erwiderte Anna.
Sie gingen beide ins Bett aber in dieser Nacht bekam Emma kein Auge zu. Sie machte sich Sorgen um Anna.
Irgendwann war sie dann wohl doch eingeschlafen.

Am nächsten morgen hatten Anna und sie einen kleinen streit weil Anna behauptet hatte: „Du…Du bist doch perfekt! Menschen wie du wissen doch gar nicht, was es heißt verletzt zu werden!“
„Emma hatte gesagt:“ Wie bitte?! Menschen wie ich haben sofort gelernt ihre Gefühle zu unterdrücken!“
„Wie können wir so verschieden sein und so gleich fühlen?“
„Wie können wir so gleich sein und so verschieden fühlen, Anna?“
„Weil wir wie Schwestern sind!“

Als Emma am Nachmittag mit ihren Freundinnen Casey Evans und Laila Brooke shoppen ging, kaufte sie sich eine Nerd-Brille und ein T-shirt mit der aufschrift: ‚Durchgeknallt’.
Eigentlich war diese Art von Kleidung gar nicht ihr Stil. Ihre Art war eher schüchtern aber
elegant, doch jetzt wollte sie ihren Stil ändern. Es gibt immer ein erstes mal, dachte Emma bei sich.
Anschließend ging sie mit ihren Freundinnen zum Friseur. Casey riet ihr sich die Haare färben zu lassen. Das war Emma doch zu stürmisch. Deshalb entschied sich sich dafür, ihre Haare zu tönen. Sie wählte aus einer Farbpailette eine Mischung aus Blond und rot.
Zuerst wurden ihre Haselnussbraunen Haare gebleicht und dann getönt. Emma saß ungefähr eineinhalb Stunden unter der Trockenhaube. Während dieser Zeit schmökerte sie durch die Exklusivsten Modemagazine und durch den Klatsch und Tratsch über die Stars.
Plötzlich bekam sie einen Anruf. Sie schaute auf das Display und sah den Schriftzug Anna aufleuchten.
„Hallo?“
„Emma, es gibt schlechte Nachrichten…“
„Wieso,was ist los?“
„Meine Mutter hat gesagt, du musst zur Schule gehen, wenn du hier bleiben willst. Sonst musst du wieder nach Hause.“
„Oh mann. Scheiße, was machen wir denn jetzt?“
„Naja.. ich würde sagen, du denkst über alles nach. Aber ich glaube, wenn du jetzt alles hin schmeißt, wirst du es bereuen. Du solltest einen Abschluss machen.“
„Da hast du wohl recht. Ich komme jetzt nach Hause.“
„Okay.“
Emma wurde kreideweiß. Ohne ein Wort stand Emma von ihrem Sessel auf, bezahlte und ging. Sie hatte nicht in den Spiegel geschaut bevor sie gegangen war, also wusste sie nicht, wie ihr die neue Haarfarbe stand.
Als sie nach Hause kam, schrie sie: „Tante Judie?????!!!!!“
„Ja, liebes?“
„Meinst du das ernst?“
„Was denn?“
„Dass ich wieder in die Schule muss.“
„Darling, ich könnte es mir niemals verzeihen, wenn du meinetwegen dein Leben verpatzt.“
„Aber das ist meine Entscheidung!!!“
„Das mag sein aber ich bin im Moment noch verantwortlich für dich und ich würde dich nur ungern nach Hause schicken.“
„Vielleicht hast du recht..“
„Ich habe dich schon angemeldet. In drei Tagen fängt die Schule für dich an.“
Emma ging wortlos in ihr Zimmer. Sie legte sich auf ihr Bett und starrte die Wand an. Ob ihr Vater wohl gewollt hätte, dass sie einen Abschluss macht..? Bestimmt.
Emma ging duschen und putzte sich die Zähne.
Jetzt war sie müde und ging schlafen.

In den nächsten zwei Tage kam es ihr so vor, als würde der Zeiger der Uhr sich schneller drehen nur um sie unter druck zu setzen. Es kam ihr vor wie eine Frist und wenn diese Frist abgelaufen war, musste sie ins Gefängnis beziehungsweiße in die Schule.
Am letzten Tag ihrer ‚Freiheit’, es war ein Sonntag, überlegte sie, ob sie abhauen sollte. Aber wie konnte man vor einem Albtraum weglaufen???
Irgendwann schlief sie doch ein und sie träumte von gemeinen Klassenkameraden und Feuer speienden Lehrern.

Am nächsten Tag wachte sie komischerweise mit einem lächeln im Gesicht auf. Sie freute sich. Auch Wenn es keinen Grund hab sich zu freuen.
Als sie zum Frühstück ging begrüßte Anna sie fröhlich: „Hey, Streberin. Was steht an?“
Emma schenkte ihr ein mitleidiges Lächeln: „Eifersüchtig?“
„Das wäre das letzte, was ich bin!“
„Gibt es süße Jungs auf der Schule?“
„Das dürfte dich nicht interessieren. Ryan hat angerufen.“
„Was wollte er?“
„Mit dir sprechen.“
„Hat er was gesagt?“
„Ja, klar. Wieso sollte er sonst anrufen, wenn er nichts sagen würde?“
„Nein Anna! Im ernst?“
„Nein. Du sollst ihn zurück rufen.“
„Okay.“
Emma schmierte sich ein Nutellabrot und aß es in 4 Bissen. So einen Hunger war sie gar nicht gewohnt.
Als sie mit den Frühstück fertig war, ging sie ins Bad um sich die Zähne zu putzen. Sie sah in den Spiegel und ärgerte sich, dass sie kein Glätteisen hatte, denn ihre Haare kräuselten sich über ihren ganzen Kopf hinweg. Nun war ihre gute laune jedenfalls verflogen.
Als sie wieder in ihr Zimmer zurückkehrte ging sie zu ihrem leeren Kleiderschrank. Sie schaute missbilligend hinein und beschloss dann sich etwas von Anna auszuleihen.
Sie stöckelte in Annas Zimmer und stöberte diesen Schrank durch. Sie musste nicht lange suchen, da fand sie ein Top, das aussah als ob es mit einem schwarzen Neilonseil umwickelt wäre und die passende hose dazu, die am linken Hosenbein ebenfalls mit einem schwarzen Band umwickelt war. Sie zog ihre Fundstücke an und betrachtete sich lange im Spiegel. Was sie sah gefiel ihr gut.
Nun stellte sich nur noch die Frage, welche Schuhe sie anziehen sollte, aber letztendlich entschied sie sich für ein Paar Orange Ballerinas, die auf die Grundfarbe ihres Haarreifens abgestimmt waren.
Als Anna ihre Cousine so sah, schlu7g sie die Hände vor ihrer Nase Zusammen.
„Waaas? Bin ich zu übertrieben? Bitte sag die Wahrheit“ presste Emma heraus.
„Du. Siehst. Aus. Wie. Eine. Göttin.“ Rief Anna ihr zu.
„Vielen Dank. Ich hoffe, dass du nicht böse bist, dass ich deinen Kleiderschrank geplündert habe.“
„Ach was. Wir sind doch jetzt Schwestern. Ich weiß nur nicht, was ich jetzt dem ganzen Tag machen soll. Ohne dich meine ich.“
„Dir wird schon was einfallen. Die Boxen der Pferde sind auszuräumen.“
„Spinnst du? Da wirst du mir schön helfen.“
Emma und Anna lachten schallen doch dann verstummte Emma.
„glaubst du, ich schaff das heute?“
„Du wirst das schon schaukeln. Sonst komm ich und schreie sie alle an.“
Emma musste grinsen als sie sich auf dem Weg zur Schule Annas versprechen bildlich vorstellte.
Nun stand sie vor ihrer neuen Schule. Das Gebäude war grau und kahl. Wie ein Betonbunker. Es hatte unzählige Fenster aus massivem Doppelglas mit grauen Stahl Fensterrahmen. Vor dem Hauptgebäude befand sich ein liebloser, inzwischen sehr verwachsener Teich mit etwas Grünfläche rund herum. Auf dem Rasen standen zwei große Totempfahle mit eingeschnitzten Indianernamen.
Als Emma sich bei der Sekretärin nach ihrer Klasse erkundigte schüttelte diese ihr eifrig die Hand.
„Du musst dann Emma Rogers sein. Wir haben dich schon erwartet. Du bist neu hergezogen. Richtig? Wie ich hörte wohnst du bei deiner Tante. Wissen deine Eltern von deinem Umzug oder bist du einfach abgehauen? Dann ist Anna wohl deine Cousine. Sie war eine Musterschülerin und wir freuen uns sehr über dein Kommen. Ich bin mir sicher, dass du dich gut einleben wirst“
Das war Emma etwas zu viel an Information. Sie überlegte fieberhaft ob sie jetzt ‚ja’, ‚nein’ oder sonst was antworten sollte, aber da redete die Sekretärin schon weiter.
„Etwas wortkarg, das Mädel, hmm? Macht nichts. Deine Klasse ist im ersten Stock im Klassentrakt. Am schnellsten kommst du dort hin, wenn du gerade aus gehst, dann den Klassentrakt des zweiten Stockes hinunter, dann kommst du an eine Treppe. Die Treppe geht’s du hinunter und dann die erste Klasse links. Und wenn du deiner Lehrerin Miss Davie dieses Formular mitbringen würdest, wäre ich dir sehr verbunden.“
Emma erkannte, dass die Sekretärin eine Quasselstrippe war, also schnappte sie sich das Blatt, bedankte sich bei ihrer Beraterin und folgte ihrer Wegbeschreibung. Als sie vor der klasse stand las sie das Schild, das neben der Klassentür angebracht war

8c
Frau Professor Veronica Davie

Sie betrachtete die blaue Tür und atmete tief ein, schloss die Augen und drückte die Türklinke nach unten. Als sie die Tür öffnete rang sie sich ein gequältes Lächeln ab. Die Lehrerin sah sehr freundlich aus. Sie hatte eines dieser Maxikleider an und dazu stylische schwarze Riemchensandalen. Ihre Nase war spitz und ihr Haar schulterlang und blond. Sie beäugte Emma stumm und nach einiger Zeit fragte sie: „Kann ich dir helfen, junge Dame?“
Erst da fiel Emma auf, dass sie schon viel zu lange dort im Türrahmen stand.
„Äh. Ja. Danke. Ich meine.. Ich bin die neue Schülerin.“
„Ah ja. Hallo, Elena, richtig?“
„Ich heiße Emma“
„Ach ja. Stimmt. Tut mir leid. Such dir am besten einen Platz aus. Dort neben Dayna ist noch einer frei. Aber warte. Bevor du dich setzt. Könntest du dich der Klasse kurz vorstellen?“
„Natürlich“
Emma ging zur Lehrerin, die sich inzwischen gesetzt hatte und gab ihr den Brief von der Sekretärin. Dann stellte sie sich vor die Klasse und erzählte.
„Hallo. Ich heiße Emma Rogers und ich bin 17 Jahre alt. Ich komme aus New York. Ich bin von zu Hause abgehauen, weil ich es nicht mehr ausgehalten habe. Als ich 14 wahr ist mein Vater gestorben. Das ist alles, was ihr über mich wissen müsst.“
Im nächsten Moment hätte sie sich dafür ohrfeigen können, so viel von sich preisgegeben zuhaben.
Emma ging auf dem schnellsten Wege auf den Platz zu, den ihr die Lehrerin zugeteilt hatte.
Daya schien ihr eine nette Banknachbarin zu sein. Sie sagte nichts und schien ganz unbeteiligt an ihren Fingernägeln zu feilen.
Nach einiger Zeit sagte Daya beiläufig: „Du bist von zu Hause abgehauen? Find ich cool. Willst du dich mal mit mir treffen?“
Verblüfft bejahte Emma Dayas Angebot und musste unwillkürlich lächeln.
Den Rest des Schultages ließ sie ohne ein Wort über sich ergehen.

Als sie zu Hause ankam spang ihr Anna mit einer Gurkenmaske im Gesicht entgegen.
„Heeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeei. Was gehd appp?“
„Anna! Hast du getrunken oder gekifft?“
„Beides negativ, Sister. Wollte dich nur erschrecken. Wie ist es gelaufen?“
„Spitze. Ich hab sogar eine Verabredung.“
„Cool. Mit wem?“
„Daya. Sie sitzt neben mir.“
„Daya? DIE DAYA???? Spinnst du? Mit der macht man doch nichts aus. Unter welchem Vorwant hat sie sich mit dir verabredet?“
„Sie fand es cool, dass ich von zu Hause abgehauen bin ich..“
„Da siehst du es! Dieses Mädchen hat nichts gutes im Sinn. Sie hat schon viermal die Schule gewechselt und hat ein volles Vorstrafenregister. Versprich mir, dass du dich nicht mit ihr einlässt!“
„ Aber Anna! Sie ist die erste, die nett zu mir ist!“
„Weißt du was? Mir ist das egal. Aber sag hinterher nicht, ich hätte dich nicht gewarnt“
Emma drehte sich auf dem Absatz um und ging mit grimmiger Miene in ihr Zimmer. Dort legte sie sich auf ihr Bett, angelte sich einen Ball und warf ihn an die Wand.

Am nächsten Tag ging Emma ohne ein Wort aus dem Haus. Sie steuerte geradewegs auf ihre neue Schule zu, als sie plötzlich jemanden anrempelte. Emmas Schulbücher fielen ihr aus den Armen und verteilten sich auf dem Boden. Sie schaute unschlüsstig auf den nun verstreutn Innhalt ihrer Tasche und wandte den Kopf nach oben um die Person anzusehen, die sie in diese Lage gebracht hatte.
Sie sah in ein von Sommersprossen übersähtes hübsches Gesicht, aus dem zwei wunderschöne blaue Augen auf sie herab blickten. Das Mädchen hatte volle Lippen und dichtes lockiges rotes Haar, das sich über ihren rücken hinabschlängelte.
Sie bückte sich ebenfalls um Emma beim Einsammeln ihrer Büche zur Hand zu gehen und entschuldigte sich währenddessen bei ihr.
"Tut mit echt super leid. Das wollte ich nicht.Ich hab dich nicht gesehen und.."
"Ist schon okay.Es ist ja nihts passiert" besänftigte Emma sie. Die Mädchen standen auf und sahen sich an.
"Ich bin Fire. Bist du auch neu hier?" erzählte das Mädchen.
"Ich heiße Emma. Ja.Ich bin vor kurzem hier her gekommen"
"Hier in der Schule redet man über dich"
"Echt? Na toll. Also hab ich mir hier schon Feinde gemacht. Aber ich kann es niemandem verübeln. Ich bin nicht so, wie die anderen."
"Emma! Die sind doch alle total eifersüchtig. Lass dir nicht in dein Leben hinein reden. Und besonders nicht von den Leuten hier. Hier ist so wenig los, dass sie froh sind, wenn man über etwas reden kann."
Emma musste lächeln. In New York war man froh gewesen, wenn es nicht so viel Gesprächsstoff gegeben hätte.
"Oh nein. Wenn wir jetzt nicht laufen, dann verpassen wir den Geschichtekurs. Mr Melani wird ausrasten.Los. Komm."


Am Abend schrieb Emma in ihr Tagebuch:
Liebes Tagebuch.
Ich habe eine beste Freundin gefunden. Sie ist nicht wie die Anderen. Es kommt mir vor, als würde ich sie mein Leben lang kennen. Ich weiß, dass ich das meiste überstürze. Ryan hat sich distanziert. Aber heute habe ich einen Jungen gesehen.. er hatte die blauesten Huskyaugen, die ich je gesehen habe. Ich muss wissen, wer er ist. Es war wie ein Blitzschlag. Ich glaube, ich bin verliebt. Aber ich kenne ihn nicht. Oh mein Gott. Ich bin doch gar nicht der Typ dafür.
Ich bin das Mädchen, das während dem Sprung die Augen öffnet um zu erfahren, wie das Fliegen ist.
Ich bin das Mädchen, dessen Herz so fest berührt wurde, dass es zerbrach.
Ich bin das Mädchen, das nicht wissen will, wer es ist.
Ich bin das Mädchen, das jemandem in die Augen sieht und ihm damit sofort in die Seele blickt.
Ich bin das Mädchen, das zu schüchtern ist um zu sagen, dass sie nicht will.
Ich bin das Mädchen, das ihre Grenzen nicht kennt.
Ich bin das Mädchen, das in den Spiegel schlägt, wenn es sich selbst darin sieht.
Ich bin das Mädchen, das stundenlang die Wolken anstarrt.
Ich bin das Mädchen, das zu oft am Boden war, um zu wissen, wie schön es oben ist.
Ich bin das Mädchen, das weiß, dass der Himmel zu zerbrechlich ist um ihn zu berühren.
Ich bin das Mädchen.
Sein Mädchen.


Emma schlug ihr Tagebuch zu und atmete tief durch. Dann schloss sie für einen Moment die Augen und als sie sie wieder öffnete stand Anna im Zimmer und sah sie misstrauisch an.
"Was ist los, Emmi?"
"Was zum..? Hast du mich erschreckt. Nichts..was soll los sein?"
"Ach nichts. Gute Nacht."

Als Emma am Nädchsten Tag zur Schule ging traf sie auf dem hinweg Fire. Sie begrüßten sich und gingen nebeneinander her.
"Emma?"
"Ja?"
"Hast du dich schon mal so gefühlt, als ob du einen Menschen schon ewig kennst obwohl er dir erst gestern begegnet ist?"
"Ja. Aber nur bei dir."
"Mir geht es genau so. Ich meine.. was weiß ich schon über dich?"
"Nichts. Und das ist vermutlich auch besser so."
"Warum bist du immer so distanziert?"
"Seit mein Vater gestorben ist, will ich niemanden mehr an mich heranlassen, weil ich Angst habe, dass dieser Jemand wieder geht und ich genauso alleine da stehe wie vor 2 Jahren."
Fire sagte nichts und ging schweigend neben Emma her.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 16.08.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für Ney. Weil sie mir Kraft gegeben hat und mich inspiriert. Weil sie mein Vorbild ist und sie das größte Kämpferherz hat, das ich kenne. Und weil sie Fächer liebt. Und für Carina. weil sie mit mir alles durchgestanden hat, was man sich vorstellen kann.

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