Ich warte den ganzen Winter auf den Sommer und mir scheint, dieses Jahr auch auf den Frühling. Soll mal einer den Frühling schicken! Ich schaue aus dem Fenster im Schulzimmer und frage mich ernsthaft, warum es an diesem Morgen schneit. Auf dem Kalender steht April, kann Petrus denn nicht lesen? Der Winter kommt mir in diesem Moment vor wie ein kleiner Wadenbeisser, der nicht aufgibt.....
Heute will ich den Schülern beibringen wie man sich vom Unterricht abmeldet, wenn man krank ist oder zum Arzt muss. Nein, bei der Null-Bock-auf-Schule-Stimmung kann dies nicht angewendet werden. Ob ich ihnen das auch erklären muss? Und was, wenn es sich um dringende Fälle wie Einkaufen, schönes Wetter geniessen oder Ausschlafen handelt? Ist es nicht herrlich, dass es draussen schneit? Damit hat sich der Punkt „schönes Wetter geniessen“ bereits erledigt, wie praktisch! Vielleicht sollte ich doch ein wenig netter über den Winter reden, wo er mir doch so viel Arbeit abnimmt. Aber was ist mit Einkaufen? Als Frau kann ich ja einigermassen nachvollziehen, dass man immer ganz dringend ein paar neue Schuhe braucht. Aber deswegen nicht zu Schule gehen, geht ja wieder gar nicht. Shopping gestrichen! Und das Ausschlafen? Vor meinen Augen erscheinen die gähnenden Schüler, wie sie jeden Morgen schlaftrunken ins Schulzimmer tappen und den Eindruck hinterlassen, als würde ihnen demnächst das Gesicht einschlafen. So gesehen, wäre Ausschlafen wirklich ein guter Grund der Schule fernzubleiben. Ich muss zugeben, dieser Zustand erinnert mich jedes Mal an meine eigene Schulzeit. Auch ich schlich jeden Morgen dösig in den Klassenraum und hoffte, der Lehrer würde mich in Ruhe lassen. Aber deswegen zu Hause bleiben? Wäre nie in Frage gekommen. „Wer am Abend spät ins Bett geht, kann am Morgen auch früh aufstehen“, war der Standartspruch meiner Eltern. Mich dem zu widersetzen hätte ich mich nie getraut. Und geschadet hat es mir letztlich auch nicht, im Gegenteil. Es hat mich bestenfalls zur Einsicht gebracht, dass ich am Abend rechtzeitig ins Bett gehe. Eben....Und dasselbe erwarte ich auch von meinen Schülern. Also, Ausschlafen ist auch gestrichen. Bleibt nur die Abmeldung im Krankheitsfall oder bei einem Arztbesuch.
Während ich immer noch das Bild meiner dösenden Schüler vor Augen habe, sind diese bereits am eintrudeln, begleitet von ihren schläfrigen Gesichtern. Ey Mann, diese Gedankenübertragung ist irgendwie krass. Als hätten sie geahnt, dass ich an sie denke, haben sie sich sofort aufgemacht zur Schule. Cool, würde das tatsächlich funktionieren, gäbe es keine Absenzen, ergo hätte ich heute keine Unterrichtsthema - und damit keine Schule! Voll krass....
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Tag der Veröffentlichung: 09.04.2013
ISBN: 978-3-7309-2079-4
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Widmung:
Die Autorin unterrichtet in der Schweiz Migranten/Innen in der Deutschen Sprache. Das Sprachbarrieren hin und wieder zu abstrusen, lustigen und schwierigen Situationen führen können, wird in diesem Buch auf humorvolle Art erzählt.