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Die Uhr

Gedankenverloren saß ich, wie jedes Jahr an diesem Tag, um diese Zeit, an seinem Grab und spielte mit der defekten Uhr, die er mir kurz vor seinem Tod gegeben hatte.

Warum Dean so sehr an ihr gehangen hatte, wusste ich nicht. Mit dem Ding konnte man überhaupt nichts mehr anfangen.

7:41, zeigte sie stumm. Der Zeitpunkt seines Todes. Der Zeitpunkt an dem auch ich gestorben war, nicht körperlich, aber innerlich war ich vollkommen leer. Dean hatte damals vor zwei Jahren alles mitgenommen. Mein Lachen, meine Tränen, mein Leben. Nichts war übrig bis auf diese eiskalte Leere und eine alte defekte Uhr.

 

Ich verstaute meinen Schatz in der Hosentasche, bevor ich die mitgebrachten Blumen auf dem Grab ablegte, gleich neben dem Bouquet, dass seine Eltern ein paar Stunden zuvor hergebracht hatten.

Dann lehnte ich mich vor und drückte die Stirn an den Kühlen Stein gleich neben seinen Namen.

„Ich vermisse dich, mein Herz.“ Die Worte kamen mir nur schwer über die Lippen. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals und schnürte mir die Luft ab, bis ein leises Schluchzen meine Kehle verließ, mein Körper zu zittern begann und die Tränen unaufhaltsam über meine Wangen flossen.

Das erste mal seit zwei langen Jahren, gab ich dem Impuls nach mich einfach gehen zu lassen. Zusammen zu brechen, so wie ich es nach seinem Tod nicht vermocht hatte zu tun, weil ich das Mitleid und den Trost meiner und seiner Familie nicht wollte, weil ich es ihm versprechen musste.

Schau nur gerade aus, mein Schatz. Wie sehr ich es mir wünsche bei dir bleiben zu können, aber ich kann nicht. Es ist unmöglich. Ich werde dort auf dich warten, aber versprich mir, dass du hier weiter machst. Lebst. Auch ohne mich.

Ich tue, was du von mir wolltest, dachte ich, während sich das Zittern meines Körpers langsam legte, der Strom der Trauer versiegte und nur das leise Schluchzen über den einsamen Friedhof hallte.

Eine ganze Weile noch hockte ich so da, dicht gepresst an die letzte Ruhestätte meines Liebsten, bis mein Handy plötzlich Alarm schlug und die bedrückende Atmosphäre des Friedhofs durch ein fröhliches „Mambo Number 5“ gestört wurde.

Ich würde meinen besten Freund für den Klingelton umbringen müssen!

 

„Was ist?!“, bellte ich ungehalten ins Telefon, während ich die Finger einer Hand leicht über die Innschrift des Grabsteins streichen ließ. Es hatte irgendwie eine beruhigende Wirkung auf mich.

„Bist du immer noch auf dem Friedhof?“, wollte Daniel direkt wissen, ohne sich weiter mit Begrüßungen aufzuhalten.

„Ja.“

„Bereits seit über sechs Stunden?“

Mist. Hielt er etwa die Zeit an?

„Ja.“, brummte ich wieder und lehnte mich zurück an den Stein.

„Du weißt, was dein Therapeut dazu sagen würde.“

Vermutlich, irgendwas von Rückfall und weiteren Sitzungen, damit er mir weiterhin das Geld aus der Tasche ziehen konnte.

Ich wusste von genügend Fällen, in denen ein Therapeut wirklich eine Hilfe war. Leider traf dies nicht auf mich zu. Dr. Manok nervte mich ungemein, gleichzeitig hielt ich ihn für unfähig, gierig und sogar ein wenig dumm. Seine Behandlungsweise schien er aus irgendeinem billigen Ratgeber entnommen zu haben. Er versuchte es nicht einmal sich in mich hinein zu versetzen und mich zu verstehen. Wieso ich weiterhin dorthin ging?

Er war der Bekannte meines Vaters und Deans und meine Eltern zwangen mich dazu ihn mindestens einmal in der Woche aufzusuchen. Ich machte es mit, weil es auch ihnen besser zu gehen schien, wenn sie mich in den sicheren Händen eines Spezialisten wussten.

„Wenn interessiert’s schon. Ich lüge ihn einfach an, so wie ich es immer tue.“

 

Es schein ihnen sehr viel besser zu gehen, Herr Müller. Ich glaube langsam sie kommen über die Sache hinweg!“

Über die Sache hinwegkommen, meinte der Arsch das ernst? Am liebsten hätte ich auf den Mistkerl eingeprügelt, um ihn wenigstens auf der körperlichen Ebene zu zeigen, welches Schmerz mich im inneren quälte.

Sicher doch, darf ich jetzt gehen? Ich habe noch einen Termin.“, sagte ich stattdessen, stand auf und verließ die Praxis, bevor ich noch einen Mord begann.

 

Ich hörte das frustrierte Seufzen am anderen Ende der Leitung und wusste, das Daniel sich müde durch die Haare fuhr.

Machte er immer, wenn ich diese Laune hatte.

„Wenn du mich hier wegholen willst, kannst du es vergessen.“, sagte ich sofort, in die Stille hinein, die kurz zwischen uns entstand.

„Nein, ich weiß, dass der Tag nur Dean und dir gehört. Ist immerhin euer Jahrestag und sein Todestag.“

Und wie es Schmerzte, die Worte zu hören. Der schönste Tag meines Lebens wurde in kürzester Zeit zum grauenvollsten.

Meine Brust brannte und die Tränen wollten wieder fließen, aber ich hielt sie zurück, während ich in Gedanken mein Mantra aufsagte.

Dean sollte mich nie weinen sehen. Egal, ob im Leben, oder nach dem Tod.

 

„Ich wollte dich Fragen, ob du mit mir am Samstag in einen der Clubs gehen willst, bei fielen ist Tanzabend.“

„Daniel, ich…“,

„Ich will dich nicht verkuppeln, oder sonst etwas. Nur tanzen gehen. Maria ist mit den Kindern bei ihrer Schwester und ich hab nichts zu tun und für dich wäre es auch gut, dich wieder ein mal ein wenig zu entspannen.“

Er geben stöhnte ich auf.

„Keine Kuppelversuche?“

„Nein.“, versprach mir mein bester Freund ernst.

Ich überlegte. Es sprach wirklich nichts dagegen, mal wieder ein wenig tanzen zu gehen. Seit Deans Tod war ich nicht mehr feiern gewesen, obwohl ich es früher geliebt hatte.

Entschlossen nickte ich. Dean wollte, dass ich lebe. Es wäre ein erster Schritt dazu. Ich würde es langsam angehen und vielleicht fand ich irgendwann wieder zu mir selbst.

„Ja gut. Ich bin dabei.“

 

***

 

Ich stieg aus der Dusche, trocknete mich ab, bevor ich in mein Zimmer ging und mich anzog.

Zufrieden stand ich vor den Spiegel, stylte noch ein wenig meine Haare, da ertönte auch schon die Klingel und ich eilte die Treppe runter.

Daniel stand bereit vor der Tür und begrüßte mich mit einem festen Handschlag.

„Jacke nicht vergessen, es kann kalt werden und im Moon findet die Feier draußen statt.“

„Moment.“, wisperte ich und ging wieder ins Innere meines kleinen Hauses, um meine Jacke aus dem Wohnzimmer aufzusammeln.

„Bereit?“

„Jupp.“

Ich folgte Daniel zu seinem kleinen Sportflitzer, stieg ein und schon brausten wir los.

Die Fahrt war nicht lang. Nicht länger als eine Halbe Stunde, dann parkte Daniel seinen Wagen direkt vor dem Lokal.

Schon hörte ich den vertrauten Beat der Musik. Wie von selbst begann mein Körper vor Vorfreude zu summen und ich bewegte mich ins Innere.

Der Türsteher drückte uns jeweils einen Stempel auf den Handrücken und bedeutete uns um das Lokal herum zu gehen, denn die Party fand tatsächlich im Innenhof statt.

Das Spiel der Lichter, die zuckenden Körper auf der Tanzfläche und der leichte Geruch nach Schweiß und Alkohol. Es war gleichzeitig vertraut und fremd. Ich fühlte mich wohl, aber auch verdammt einsam, obwohl Daniel direkt neben mir stand.

Bilder von Dean und mir beim Tanzen, Trinken, Lachen, tauchten vor meinem Inneren Auge auf.

War es dieses Gefühl, was mich so lange davon abgehalten hat hier her zu kommen?

Ich unterdrückte den aufkeimenden Fluchtreflex, der Besitz über mich ergreifen wollte, um mich nach Hause zu zwingen, wo ich mich betrinken und mit Deans Bild ins Bett verkriechen würde.

Stattdessen ließ ich mich von Daniel am Handgelenk fassen. Er zog mich hinter sich her durch die feiernde Menge zur Bar, wo ich mich gleich auf dem freien Hocker neben ihn setzte.

 

„Hey, Sunny-Boy, Lust mit uns zu tanzen?“

Ich war gerade bei meinem 2. Bier angekommen und Daniel gerade auf die Toilette verschwunden, als ich die tiefe Männerstimme in meinem Rücken hörte.

Sogleich wandte ich mich um und stand einem großen, breitschultrigen Mann gegenüber. Der mich mit seinen zwei Kumpels lüstern angrinste. Jetzt erinnerte ich mich auch wieder an die negative Seite solcher nächtlichen Unternehmungen.

Man traf auf sehr viele Idioten.

Der Kerl, der die Meute anführt leckt sich über die Lippen und schenkte mir ein dreckiges Grinsen.

Selbst in meinen wilden Jahren—wenn man es den so nennen konnte—vor Dean, habe ich mich nie von solchen Hohlköpfen abschleppen lassen.

„Nein.“, sagte ich deshalb direkt und wandte mich wieder meinem Glas zu. Allerdings schien eine so simple Abfuhr den Kerlen überhaupt nicht zu passen.

Der Anführer der kleinen Gang ergriff mich an der Schulter und zerrte mich von meinem Hocker. Mein Glas fiel mir aus der Hand und brach in tausend glitzernde Splitter, als es auf dem Boden aufkam, während sich das Bier zu meinen Füßen verteilte und die Hose einsaute.

„Spinnst du, verflucht noch mal?!“, schrie ich den Koloss vor mir an und schon landete eine riesige Pranke auf meiner Wange und ich ging zu Boden.

„Das nächste Mal, solltest du aufpassen, wem du eine Abfuhr erteilst und jetzt mach dich nicht lächerlich und hab ein wenig Spaß mit uns.“

Schäumend vor Wut sah ich den Riesen an, aber im selben Moment beschlich mich auch die Angst, als er sich zu mir vorbeugte und nach mir greifen wollte.

Ich konnte es den Leuten um mich herum nicht einmal übel nehmen, dass sie sich erschraken und zurückwichen, waren es doch überwiegend Frauen, die gerade an der Bar standen. Selbst die Kumpels des Riesen wichen von ihm zurück, wurden aber durch einen finsteren Blick des Mannes davon abgehalten den Raum zu verlassen.

Scheiße! Ich saß in der Falle!

Bis sich plötzlich ein gigantischer Schatten über den Unruhestifter legte.

Gefesselt beobachtete ich wie der noch größere Mann den Typen packte, ihm die Arme auf den Rücken verdrehte und ihn ohne ein Wort von sich zu geben, von mir wegzerrte, den Weg hinunter zum Eingang des Lokals.

Ich saß einfach stumm da und verdaute das gerade gesehene, bis ich die große Pranke vor meinem Gesicht sah.

Im ersten Moment befürchtete ich sogar, dass der Koloss sich doch von dem…ja was eigentlich? Gehörte er zu Security? Egal… Dass sich der Koloss von dem irgendwas losgerissen haben könnte, aber ein Blick nach oben zeigte mir nur freundliche Braune Augen, kastanienbraune Haare und sehr maskuline Gesichtszüge. Muskulös, gutaussehend und ziemlich heiß.

Sehr, sehr falsche Richtung, die meine Gedanken da annahmen.

„Kleiner, geht’s dir gut?“

Wow. Was für eine Stimme.

„Ähm…Ja…ja klar.“, sagte ich nach längerem starren und ergriff die dargebotene Hand.

Mit einem kräftigen ruck seiner Seitz stand ich wieder fest auf beiden Beinen.

 

„Oh Gott, Fabi alles in Ordnung.“ Plötzlich schwirrte ein aufgeregter Daniel und eine Menge Frauen um mich herum. Ich hörte das satte Lachen meines Retters und konnte einfach den Blick nicht von ihm abwenden. Mein Libido, das seit mehr als zwei Jahren in einen tiefen Winterschlaf gefallen war spielte plötzlich völlig verrückt. Mir wurde abwechselnd heiß und kalt. Es wurde auch nicht besser, als er mir ein sanftes Lächeln Schenkte.

„Ich hoffe, die Kerle haben dich nicht zu sehr erschreckt. Sonst ist es im meinem Lokal ruhiger, aber manchmal kommen auch solche Idioten vorbei.“

„Geht schon.“ brachte ich irgendwie hervor, während mich Daniel weshalb auch immer in meine Jacke steckte.

„Nichts für Ungut, Ray, aber ich glaub ich bringe den Kleinen jetzt lieber nach Hause.“, sagte Daniel an den Riesen gewandt, der diesem Vorschlag nur zustimmen konnte.

„Leg ihm was Kühles aufs Gesicht!“, meinte er.

„Bis irgendwann mal, Kleiner, sag bescheid, ich gebe dir etwas aus.“, hörte ich noch bevor Daniel mich aus dem Lokal geleitete.

Irgendwie war mein Hirn zu keinem Gedanken mehr fähig. Ich werte mich nicht als wir an dem Türsteher vorbei gingen in Richtung seines Wagens und er mich Wortlos wieder zurück brachte.

Gelungener Abend! Falls es einer nicht merkt: Reiner Sarkasmus!

 

„Bist du sicher, dass ich dich alleine lassen kann?“ Daniel stellte die Tasse heißer Milch vor mir ab und sah mich mitleidig an.

Ich lag auf dem Sofa und kühlte wie verschrieben meine bereits anschwellende Wange. Der Kollos hatte einen verflucht festen Schlag drauf, das musste ich ihm lassen.

„Ja sicher doch. Tut schon gar nicht mehr weh.“ Glatte Lüge.

„Na gut, aber wenn was ist rufst du an, ja?“

„Sicher doch.“

Ich sah seinen Widerwillen, doch mein bester Freund schien zu merken, dass ich alleine bleiben wollte. Er nickte nur. Ich begleitete ihn sogar noch bis zur Eingang, dann hörte ich wie er davon fuhr.

Müde lehnte ich mich gegen die Tür. Das Bedürfnis mich zu verkriechen, wie ein verletztes Tier überkam mich und ich bewegte mich in Richtung Schlafzimmer, vergrub mich unter der Decke und griff nach dem Bilderrahmen, der auf dem Nachtisch stand.

Ich drückte Deans Bild an mich. Es spendete wenig Trost, doch an irgendetwas musste ich mich klammern um der Gefühle Herr zu werden, die mich überkamen. Seit seinem Tod lief einfach alles schief, selbst so ein simpler Abend.

Ich hätte von Anfang an einfach Daheim bleiben sollen. Es war doch sowieso alles für die Katz.

Wäre mein Herz noch hier, oder ich bei ihm! Es würde alles besser werden. Ich brauchte dieses Leben nicht!

Heulend lachte ich über mich selbst.

Mein Herz hätte mich verprügelt für diese Gedanken.

Ich tastete nach meiner Hosentasche, wollte seine Uhr in meinen Händen halten, erstarrte jedoch, als ich nur Leere ertasten konnte.

Sofort war alle Trauer verschwunden. Panik erfasste meinen Leib und ich stellte auf der Suche nach dem defekten Ding das gesamte Haus auf den Kopf.

Sie war nirgends!

Eilig griff ich nach dem Telefon und wählte Daniels Nummer.

Seine verschlafene Stimme meldete sich.

„Daniel!“

Sogleich war er hell wach und überschüttete mich mit fragen.

„Geht’s dir nicht gut, Fabi? Soll ich vorbeikommen? Brauchst du einen Arzt?“

„Daniel, meine Uhr ist weg!“

„Scheiße, erschreck mich doch nicht so. Gott, wir finden das Ding morgen, ist sicher irgendwo in deinem Chaos mach dir keinen Kopf.“

„Nein! Sie ist nicht hier. Nirgends!“

„Du hast doch nicht etwa…jetzt um die Zeit…Gut, okay, wahrscheinlich ist sie dir aus der Tasche gefallen, als dich der Typ zu Boden geschickt hat.“

In der Bar?

Ohne ein weiteres Wort legte ich auf und wählte eine Neue Nummer, bestellte mir ein Taxi, auf welches ich hektisch zuckend geschlagene zwanzig Minuten wartete.

Es hielt kaum vor meinem Haus, da saß ich schon drin und nannte dem Fahrer die Adresse des Moon.

Der Türsteher war nicht mehr da, aber die Tür war offen. Wie unvorsichtig, aber es war mir gleich. Ich ging durch und eilig nach hinten in den Hof, der noch hell erleuchtet war. Es fehlten nur die Musik und die Menschen, den bis auf meinen riesigen Retter, Ray, der hinter der Bar stand und Gläser polierte, war keiner da.

Wieder erstarrte ich bei seinem Anblick. Er schien wie versunken in seine Arbeit zu sein.

Aber etwas erinnerte mich daran, was ich hier so verzweifelt zu finden versuchte.

„Hallo.“, sagte ich. Mein Retter schreckte hoch und sah mich mit geweiteten Augen an, bevor er tief durchatmete, das Glas in seiner Hand abstellte und sich mit den Händen am Tresen abstützte.

„Kleiner, du hast mich erschreckt.“

Entschuldigend sah ich ihn an, wagte es aber nicht mich von der Stelle zu bewegen. Er musste mich ja jetzt schon für einen Wahnsinnigen halten, dass ich hier einfach so nach Ladenschluss hereinplatzte.

„Wie bist du hier rein gekommen.“, wollte er misstrauisch wissen.

Jupp. Er hielt mich für völlig durchgeknallt.

Mit einer kleinen Geste deutete ich in die Richtung, aus der ich kam.

„Die Tür war offen.“

Ein wütendes Knurren entfuhr ihm. Ein wenig gruselig für meinen Geschmack.

„Wenn er es noch einmal vergisst werde ich ihn feuern müssen.“, brummelte er vor sich hin und winkte mich zu sich an den Tresen. Brav gehorchte ich setzte mich jedoch auf keinen der Hocker, sondern sah mich genau um.

„Was willst du hier, Kleiner! Hast du auf die Zeit geachtet?“

„Ja.“, sagte ich einfach, ohne auf seinen abfälligen Tonfall einzugehen. Sollte er mich doch halten wofür er wollte.

„Ich hab meine Uhr verloren. Wahrscheinlich, als ich auf dem Boden gelandet bin.“

„Konnte das nicht bis Morgen warten?“, wollte er wissen und widmete sich wieder konzentriert seinen Gläsern.

„Nein. Sie ist mir sehr wichtig. Gehörte meinem verstorbenen Mann.“

Die Stille, die sich daraufhin ausbreitete, erdrückte mich beinahe.

Ich sah zu ihm auf und bemerkte den traurigen Ausdruck in seinen Augen, dann wandte er sich ab und griff nach etwas, was auf einem der Regale hinter ihm lag.

„Die hier?“

Er öffnete die Handfläche, präsentierte mir meine Uhr und ich hätte heulen können vor Glück.

Ich griff danach. Irgendwas brachte uns dazu zu verharren, als sich unsere Hände berührten.

Ich hörte es deutlich, spürte die Vibration in meiner Hand.

Tick, Tack. Tick, Tack

Die Uhr, die seit dem Tod meines Herzens nicht mehr gelaufen ist, war zum Leben erwacht.

Ich öffnete den Deckel.

02:24

Mein Blick traf den von Ray und er schenkte mir ein breites, verführerisches Lächeln.

„Wie wär’s wenn ich Kaffee mache?“

 

 

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 07.10.2016

Alle Rechte vorbehalten

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