Stückschreiber
Ahasver
Pontius Pilatus
Volantius/Ahasver
Aelius
Sophar
Tochter des Pilatus
Kaiphas/Ahasver
Hannas
Matthia
Zelote 1 und 2
Gestas
Wasserträger
Bürger
Römische Soldaten
(Man erblickt den über seinen Büchern und Manuskripten eingeschlummerten Stückschreiber. Ahasver erscheint und nimmt vom Schreibtisch einen Folianten, woraus er( in Bühnenmitte) dann einen Teil der Apokalypse vorträgt. .Der Scheinwerfer wandert dann zum Stückschreiber zurück und Ahasver ist vorerst nicht mehr zu sehen. Er taucht erst später, wie aus dem Boden gestampft, hinter dem Stückschreiber auf)
Ahasver
Ich, der auch euer Gefährte und Bruder an der Trübsal ist,
war im Geist an des Herren Tag und hörte hinter mir eine Stimme wie eine große Posaune.
Die sprach; Ich bin das A und das O, der Erste und der Letzte; und was du siehest, dass schreibe in ein Buch und übergebe es den nach Erleuchtung Dürstenden.
Und ich wandte mich zu sehen nach der Stimme, die mit mir redete. Und als ich mich umwand, sah ich sieben goldene Leuchter.
Und inmitten der goldenen Leuchter einen, der war eines Menschen Sohne gleich. Der war angetan mit einem langen Gewand und begürtet um die Brust mit einem goldenen Gürtel.
Sein Haupt aber und sein Haar war weiß wie weiße Wolle, weiß wie der Schnee und seine Augen wie eine Feuerflamme.
Und seine Füße gleichwie Messing, das im Ofen glüht, und seine Stimme wie großes Wasserrauschen. Und er hatte sieben Sterne in seiner rechten Hand, und aus seinem Munde ging ein scharfes zweischneidiges Schwert.
Sein Angesicht aber leuchtete wie die helle Sonne. Und als ich ihn sah, fiel ich zu seinen Füßen wie ein Toter.
Und er legte seine Hand auf mich und sprach zu mir; Fürchte dich nicht!
Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige!
Ich war tot; und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel der Verdammnis und die der Gnade.
Schreibe was du gesehen hast, was da ist und was geschehen soll und wird danach!
Schreibe, schreibe, schreibe.........
Stückschreiber
Hab nun, ach, seit vielen Wochen,
mich vor jedermann verkrochen
um ungestört vom Weltentreiben
an meinem neuen Stück zu schreiben.
Doch was auch immer ich probierte,
abwog, umschrieb, wieder strich,
durchsah, prüfte, recherchierte
ausschied, straffte, neu verglich,
brachte mich kein Stückchen weiter,
hemmte vielmehr mein Verlangen
machte dümmer, nie gescheiter...
war verfehltes Unterfangen...
Denn; was der Eine resümierte,
als die seine Wahrheit pries-
gleich der Andre annullierte-
und das Gegenteil verhieß.
Da wird am Wort herum gebogen –
ein jeder legt es für sich aus.
Hier wird der Glaube einbezogen-
dort machen sie ihm den Garaus.
Ich aber hab in diesen Stunden
zu meinem Golgatha gefunden......
Ahasver
Ja, am Ende wird dir noch zum Lohne-
gratis eine Dornenkrone
auf das müde Haupt gedrückt!
Stückschreiber (steht erschrocken auf)
Zum Kuckuck!
Was hat denn dich hierher geschickt!?
Wie kamst du überhaupt zu mir herein?
Ahasver
Man meint; ich könnte dir von Nutzen sein;
Und eben schlüpft‘ ich durch die off’ne Tür.
Stückschreiber
Um Mitternacht? Wie ein Gespenst erscheinst du mir?
Ahasver
Ich, bester Freund, bin immer dann zur Stelle-
wenn ich am wenigsten erwartet werde!
Stückschreiber
Demnach ein Spezialist für späte Überfälle!
Ahasver
Die besten Stunden sind mir auf der Erde –
grad die von Zwölfe bis zum ersten Hahnenschrei.
An allen andren bin ich an ein Wort gekettet –
nur just um diese Zeit hab ich die Hände frei.
Stückschreiber
Wie schön,
ich hätte nämlich fast darauf gewettet –
du sei´st nichts als ein bloßer Müßiggänger;
und nun erfahr ich, dass du Pflichten hast.
Ahasver
Die, lieber Freund, hat auch ein Rattenfänger!
Doch meine sind mir eine solche Last,
dass Atlas selbst sie anzuheben scheute...
Stückschreiber
Dann hast du dir zuviel aufs Kreuz geladen.
Ahasver
Kein Einzelfall – ich kenne da gewisse Leute,
die kamen eben dadurch so zu Schaden,
dass nicht mal ich – sie um ihr Los beneide.
Sie ähneln, mit Verlaub, dem stumpfen Vieh,
dem Schaf am Pflocke, das auf dürrer Heide-
begierig jedes Hälmchen schmeckt, doch nie
nach der Bekömmlichkeit des Futters fragt
Stückschreiber
Ich meinte, das sei einzig dein Problem –
hast du mir nicht dein Leid geklagt!
Ahasver
Als Gast macht man sich dadurch angenehm,
dass man dergleichen Höflichkeiten sagt.
Stückschreiber
Der Gast hat sich mir noch nicht vorgestellt!?
Ahasver
Im Allgemeinen fordert es der Brauch –
ich weiß; doch in der euren „Kleinen Welt“
sind Namen für gewöhnlich Schall und Rauch,
die nichts vom wahren Kern verraten
Kurzum – ich war so frei noch Gäste einzuladen,
zu deiner Lust und meiner eig‘nen Freude.
Lausch dem Gesang, von ihnen ist nicht viel zu sehen,
es sind ganz glitzerkleine unscheinbare Leute
doch was sie singen – ist vernehmlich zu verstehen.
Von einem solchen Schmelz voll ungeahnter Süße,
dass du vermeinst, dir sei der Engel holder Chor
herabgestiegen aus dem Wolkenparadiese.
Stückschreiber
Dann bitte; stell mir deine Freunde vor!
Ahasver
Ich hör sie flüstern, draußen auf den Dielen.
Was hemmt euch denn? Was kömmt ihr nicht herein?
Ach, ich vergaß, obzwar sie gerne mit der Flamme spielen,
blendet sie der Leuchte greller Schein.
Ein Finger-Schnips – das Übel wäre aus der Welt!
Da kommen sie auch meine muntren Kleinen.
Nun aber flugs im Halbkreis um mich aufgestellt,
dass sich Solist und Chor zum Ganzen endlich einen!
Chor
Unstet wandernd durch die Welten
Schleppt Ahaver müd sich hin.
Darf nicht rasten noch verweilen
Muss auf ewig büßend ziehn.
Mitleidlos, wie er einst selber
Mit dem ärmsten aller Armen
Fliehen Tiere ihn und Menschen
Selbst der Tod hat kein Erbarmen.
Ahasver *
Ich, der alte Ahasver
Habe große Eile
Zu verscheuchen wünsch ich sehr
Ewig lange Weile.
Lenke wieder meine Bahn
Endlos mir beschieden
Nach dem alten Kanaan
Das ich lang gemieden.
Chor
Niemals rastend, nimmer ruhend
Ihn treibt vorwärts sein Geschick
Brennt ihm Wüstensand die Sohlen
Zieht es ihn ans Meer zurück.
Und er wirft sich in die Fluten
Wiegt sich ein in ew`ge Ruh
Doch es bäumen sich die Wogen
Brausen auf die Lande zu.
Ahasver*
Rückwärts schweift mein Auge matt
Reuevoll umdüstert
Nach der alten Heldenstadt
Darin ich geschustert.
Derart, dass mich heute noch
Alle Welt verachtet,
weil ich nicht den Braten roch,
eh das Lamm geschlachtet.
Chor
Trocken steht der Fuß am Strande
Denn die Flut spült` ihn zurück
Kein Erlösen für Ahasver
Ohne Hoffnung irrt sein Blick.
Bis zum Firmament des Himmels
Schallt hinauf sein Klagelied
Unerhört verhallt sein Flehen
Da ihn Zeit und Raum entflieht.
Stückschreiber
Dein herbes Schicksal dauert mich –
all deine Energie verpufft. ins Leere.
Ahasver
Du hast uns falsch verstanden, fürchte ich.
Es geht mir nämlich gegen meine Ehre
für ein Art Perpetum Mobile zu gelten,
dass irgendwer zum Spaß in Gang gesetzt.
Stückschreiber
Da musst du deine kleinen Freunde schelten,
fühlt sich dein Ehrgefühl verletzt.
Ahasver
Ihr tatet was ihr konntet, meine braven Sänger.
Indes – ihr nahmt mir doch den Mund recht voll.
Allein genug- Ich brauch euch nun nicht länger.
Verflüchtigt euch! Nur treibt es mir nicht gar zu toll
beim nächsten Mal, wenn ihr den hehren Büßer preist!
So, lieber Freund, nun kennst du mich im Ganzen!
Stückschreiber
Ich gebe zu, ein Mann von deinem Geist-
darf ruhig etwas aus der Reihe tanzen.
Ahasver
Ahnst du- was mein Besuch für dich bedeutet?
Stückschreiber
Für mich? Ich habe etwas Zeit vergeudet!
Ahasver
Gewiss!
Ein Vögelchen hat mir vom Dach gepfiffen,
du hättest dich bei deinem neusten Stück-
ein wenig in der Zeit vergriffen...?
Stückschreiber
Ich gehe öfter einen Schritt zurück –
Um zwei nach vorne zu gelangen!
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Tag der Veröffentlichung: 11.04.2019
ISBN: 978-3-7487-0157-6
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