Cover

Unerwünscht

Unerwünscht

 

Aufgeregt lief ich neben meiner Mutter her. Wo waren wir? Hier war es so laut, es waren so viele Menschen hier. Nicht das ich keine Menschen kennen würde, ich hatte schon mein ganzes Leben mit ihnen zu tun und mochte sie auch, doch ich hatte noch nie so viele Menschen auf einmal gesehen.

Mein Besitzer kam und führte meine Mutter weg, schnell folgte ich ihr und lief neben meiner Mutter in eine Halle. Ich kannte diese Hallen, ich war schon öfters in ihnen gewesen, der Boden war richtig toll zum wälzen. Doch noch nie in meinem Leben waren in solch einer Halle so viele Menschen gewesen wie jetzt. Ich trabte dicht hinter meiner Mutter her, um sie nicht zu verlieren, und spitzte aufmerksam die Ohren um den Geräuschen zu lauschen.

Nach kurzer Zeit verließen wir die Halle wieder und ich stellte mich dicht an die Seite meiner Mutter, hier im Stall war es ruhiger, aber der Stall war ungemütlich und fremd. In unserer Nähe waren noch ein paar Fohlen und deren Mütter die ich schon mein Leben lang kannte, auch viele fremde Pferde waren da. Ich sah wie manche Fohlen von ihren Müttern weggebracht wurden, die Luft war erfüllt von Wiehern, es stimmte mich traurig wenn ich das Leid der anderen Fohlen hörte. Ich war glücklich das ich nicht von meiner Mutter weggebracht wurde und schmiegte mich dicht an sie. Liebevoll stupste sie mich an und ich lehnte mich leicht an ihre Schulter.

Doch irgendwann kam ein fremder Mann zu mir, er packte mich grob an meinem Halfter und entsetzt zuckte ich zusammen, so war noch kein Mensch zu mir gewesen. Er zerrte mich von meiner Mutter weg und ich rief nach ihr, ich wollte sie nicht verlassen. Immer wieder rief ich nach meiner Mutter, und ich hörte auch das sie mir antwortete. Ich wollte wieder zu ihr.

Ich wurde in einen Anhänger geschoben und der Strick wurde aus dem Halfter ausgeharkt. Ich sah mich um und entdeckte das ich inmitten von anderen Fohlen war. Noch mehr wurden hinter mir nach drinnen gebracht und langsam wurde es immer enger. Entsetzt riss ich den Kopf hoch, ich wollte nicht auf so engem Raum mit so vielen Artgenossen stehen.

Auf einmal ruckelte der Anhänger und ich war so unvorbereitet das ich gegen das Fohlen neben mir fiel. Auch dieses stolperte und fast wären wir beide auf den Boden gefallen. Zum Glück konnte ich mein Gleichgewicht rechtzeitig wiederbekommen und versuchte verzweifelt es zu halten. Doch dieser Transporter ruckelte viel mehr wie der in dem ich immer mit meiner Mutter gereist war. Außerdem hatte ich kaum Platz und konnte mich daher schlecht ausbalanzieren. Warum wurden wir nicht in mehreren Anhängern transportiert? Waren wir den Menschen so egal?

 

Ich wusste nicht wie lange wir unterwegs waren, doch ich hatte schrecklichen Durst. Zudem war ich noch hungrig und hier gab es kein Wasser und auch nichts zu essen, jedenfalls konnte ich nichts entdecken. Den anderen Fohlen ging es ähnlich wie mir, viele lagen inzwischen auf dem Boden, waren erschöpft und ausgelaugt, und da wir so wenig Platz hatten lagen sie auch teilweise halb übereinander. Wielange würden wir noch in diesem Wagen sein? Wielange würde die Reise noch dauern? Was würde uns am Ende dieser Reise erwarten?

 

Irgendwann gab es dann einen Ruck der mich zu Boden warf, dann war es ruhig, ich wusste das nun die Fahrt vorüber war. Wenig später wurde die Klappe geöffnet und helles Sonnenlicht strahlte mir entgegen, ich drehte meinen Kopf weg, da es mich blendete, das Licht erschien mir greller wie sonst und es störte mich. Wir wurden von einigen Menschen in Pferche getrieben, wieder behandelten sie mich sehr grob. In den Pferchen bekamen wir etwas zu essen. Doch ich hatte kaum die Kraft dazu bis zum Trog zu gehen. Ich sank auf den Boden, endlich hatte ich etwas mehr Platz wie im Transporter und konnte mich hinlegen. Auch die anderen Fohlen die bei mir waren legten sich hin und ich schlief ein.

Als ich wach wurde standen ein paar auf und fingen an zu fressen. Schließlich beschloss auch ich endlich etwas zu essen. Es tat gut wieder etwas in den Magen zu bekommen. Ich hatte in meinem alten Zuhause immer genug zu fressen bekommen und Freude flammte in mir auf als ich wieder etwas bekam. Viel zu lange hatte der Transport gedauert, viel zu lange hatte ich nichts gegessen. Ich war es immer gewohnt gewesen zu festen Zeiten etwas in den Magen zu bekommen, und der Transport hatte mich sehr erschöpft. Kein Mensch hatte es für nötig gehalten uns beim Transport etwas zu geben. Aber warum? Ich kannte es das in jedem Transporter Heu war und fragte mich warum es in dem von vorhin nicht so gewesen war. Dachten diese Menschen das wir während der Reise kein Futter brauchten?

 

Wielange ich wohl schon in diesem Pferch stand? Ich wusste es nicht. Doch gerade kam ein Mensch herein, seit wir hierher gekommen waren waren Menschen immer außerhalb des Pferchen geblieben, hatten das Futter über den Zaun zu uns herein geworfen. Er nahm eines der anderen Fohlen mit und ich sah den beiden lange hinterher. Wo kam dieses Fohlen hin? Würde es bald wiederkommen? Ob der Mensch noch mehr von uns abholen würde?

Ich kannte es nicht das Pferde nicht mehr wiederkamen, und als dieses Fohlen am Abend nicht wieder da war, machte es mich nervös. Doch vielleicht war es einfach zu einem neuen Zuhause gekommen, vielleicht ging es ihm jetzt besser wie hier. Ich hoffte es und wünschte mir auch an solch einen Ort zu kommen. Denn hier war es wirklich eng und langweilig. Ich sehnte mich nach den großen Wiesen auf denen ich aufgewachsen war. Ich wollte wieder galoppieren, Gras unter meinen Hufen spüren. Ich wollte endlich wieder frei sein. Ich trabte an und merkte wie steif meine Muskeln vom langen Stehen waren. In einem langsamen Trab bahnte ich mir einen Weg zwischen den anderen Fohlen hindurch und merkte wie ich nach und nach alle nervös machte. Doch das war mir egal, ich brauchte das gerade einfach.

 

Am nächsten Morgen kam ein Mensch zu mir, ich kannte ihn zwar nicht, folgte ihm jedoch brav aus dem Pferch. Ich war einfach nur froh endlich aus dem Pferch zu kommen. Ich warf übermütig den Kopf hoch und machte einen Galoppsprung. Eigentlich hatte ich beschlossen anzugaloppieren und aus dieser Enge zu flüchten, doch ein Schmerz an meiner Flanke ließ mich wieder stoppen. Der Mensch hatte mich getreten und setzte zu einem weiteren Tritt an. Ängstlich wieherte ich und wich ihm aus. Grob riss er an meinem Strick und ich folgte schnell mit dem Kopf um den Schmerzen so gut wie möglich zu entgehen. Ich sah das wir auf ein Gebäude zugingen und zögerte etwas bevor ich durch den schmalen Eingang folgte. Ich hatte Gebäude nicht so gern, ich war nie viel in welchen gewesen und es störte mich das es in ihnen oft so eng war. Ein wiederwärtiger Geruch schlug mir entgegen, doch ich konnte ihn nicht zuordnen. Obwohl ich den Geruch noch nie in meinem Leben gerochen hatte versetzte er mich in Panik. Ich stieg und wieherte, nun nicht voller Angst wie eben, sondern voller aufrichtiger Panik. Ich hörte das panische und schmerzerfüllte Wiehern von anderen Pferden. Was war das hier für ein Gebäude? Der Mensch brachte mich in eine enge Box. Der Boden war glitschig und es stank hier noch mehr wie am Eingang. Meine Panik steigerte sich und ich begann mich zu wehren. Ich stieg und trat mit den Hufen in alle Richtungen, ich wollte einfach nur weg von diesem furchtbaren Ort. Warum taten mir die Menschen so etwas an? Eigentlich hatte ich Menschen immer gemocht. Hatte ich mich so in ihnen getäuscht? Ein Schlag traf mich am Hinterkopf und meine Vorderbeine knickten ein. Schmerz breitete sich in meinem Kopf aus. War das mein Ende? Würde mein Leben so schnell enden? Würde ich jung sterben? Ich wieherte schrill, voller Schmerz und Angst. Ich rief nach meiner Mutter, obwohl ich wusste das sie mich nicht hörte. Aus den Augenwinkeln sah ich das ein Mensch neben die Box trat und sich über mich beugte, ich hatte jedoch nicht mehr die Kraft mich zu wehren. Ein erneuter Schmerz durchzuckte meinen Kopf, dann merkte ich wie meine Beine entgültig unter mir nachgaben und es schwarz vor meinen Augen wurde.

 

Ich galoppierte über die weiten Wiesen. Es gab keine Zäune und keine Menschen die mich aufhalten konnten. Ich war frei, vollkommen frei und das für immer. Ich wusste das ich tot war, doch angesichts dieses Paradieses störte es mich überhaupt nicht. Ich beschleunigte und überholte ein anderes Fohlen, auch dieses war dort gewesen wo ich gestorben war, und auch dieses war gestorben. Ich vermutete das alle Fohlen mit denen ich zu diesem Hof gekommen war sterben würden.

Nachwort

 

Die Kurzgeschichte habe ich aus der Sicht eines Fohlens geschrieben. Dieses Fohlen kam zu einer Fohlenauktion und dort fand es keinen Käufer. So kam es zu einem Schlachter, die Bedingungen sind beim Transport katastrophal, manche Fohlen haben danach Transportverletzungen, oder sterben sogar während dem Transport. Die Züchter züchten auf Überschuss, obwohl sie wissen das die Fohlen die nicht verkauft werden beim Schlachter und schließlich in der Wurst landen. Ihnen scheint das egal zu sein. Ich möchte nach meinen Kurzgeschichten „Alles für den Menschen“ und „Warum tust du mir das an?“ in denen ich über Rennpferde und Springpferde geschrieben habe, mit dieser Kurzgeschichte verdeutlichen das es nicht nur manchen Sportpferden schlecht geht, sondern auch den Fohlen. Ich finde das Schlachten von Fohlen schrecklich, oft sind wirklich schöne Tiere dabei aus denen später bestimmt mal tolle Reitpferde geworden wären, und wollte einfach mal diese Kurzgeschichte dazu schreiben.

Was ihr von der Kurzgeschichte haltet ist natürlich eure Sache, ich würde euch bitten es einfach in die Kommentare zu schreiben.

 

LG Éowyn

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 12.05.2014

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für alle die gegen Tierquälerei sind.

Nächste Seite
Seite 1 /