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Das Leben ist kein Ponyhof 2

The Next Generation

Éowyn S.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Fortsetzung!


Dies ist die Fortsetzung von „Das Leben ist kein Ponyhof“.

Es ist zum Verständnis der folgenden Geschichte besser den ersten Teil vorher zu lesen!


Viel Spaß beim Lesen wünscht

Éowyn















Prolog


Ich saß in einem engen Raum und hielt meine sechs Jahre jünger Schwester im Arm. Wir saßen auf dem blanken Boden und es war eiskalt. Deanna und ich zitterten vor Kälte und ich hatte verdammten Hunger. Ich wollte einfach nur nach Hause. Warum waren wir entführt worden? Denn das waren wir, nach der Schule hatte ein Mann erst Deanna und, etwa eine Woche später, auch mich abgeholt und hier hin gebracht. Ich vermisste meinen Wallach Aurum, doch am schlimmsten vermisste ich meine Mutter. Doch würde ich sie je wiedersehen? Oder würden Deanna und ich für immer hier bleiben? Ich hatte so viele Fragen, doch keine Antworten.


Ich wusste nicht wielange Deanna und ich in diesem Keller gewesen waren, doch irgendwann holte uns die Polizei raus.

Eine Polizistin teilte uns mit das unsere Mutter ermordet worden war. Deanna verstand den Sinn dieser Worte noch nicht ganz, doch ich verstand. Weinend sank ich an die Schulter der Polizistin. Wie sollte mein Leben nur ohne meine Mutter ablaufen? Was sollte mit Deanna und mir geschehen? Würden wir in ein Kinderheim kommen? Oder vielleicht in Pflegefamilien? Konnte es auch passieren das wir getrennt wurden?

Ich war mir sicher nie mehr glücklich sein zu können, nicht nachdem meine Mutter ermordet worden war!







4 Jahre später




















1.Kapitel


Gestern war ich achtzehn geworden und nun sollten der Hof und die Pferde mir gehören. So hatte Lily das vor vier Jahren mit dem Jugendamt abgesprochen. Inzwischen waren auf dem Hof keine Kühe, Schafe und Hühner mehr. Es gab nur noch die Pferde und es waren immer noch die selben wie vor vier Jahren. Allerdings gab Lily nun keine Reitstunden mehr, dazu hatte sie einfach keine Zeit.

Ich ging zur Koppel und pfiff einmal. Sofort kam mein Palominowallach Aurum an den Zaun galoppiert. Liebevoll begrüßte ich ihn. Während ich ihn streichelte hing ich meinen Gedanken nach. Schon länger spielte ich mit dem Gedanken aus dem Hof ein Gestüt zu machen. Ich hatte vor zwei Jahren meinen Realschulabschluss gemacht und in einem Jahr würde ich meine Ausbildung zur Pferdewirtin mit der Fachrichtung Pferdezucht abschließen. Während mein Großvater und meine Mutter hatten Tinker züchten wollte, tendierte ich zu Hannoveranern. Mein Aurum war ebenfalls einer und durch ihn hatte ich mich in diese Rasse verliebt.

Vom Vermögen meines Großvaters war noch so ziemlich alles vorhanden und mit meiner Hälfte, die andere war natürlich Deanna, wollte ich die Zucht aufbauen. Doch bevor ich überhaupt anfangen konnte zu züchten brauchte ich natürlich Pferde. Besonders Stuten, wenn ich keinen Hengst hatte war es nicht weiter tragisch, ich konnte die Stuten ja auch von fremden Hengsten decken lassen.

„Tasha?“ erschrocken zuckte ich zusammen als ich die Stimme hinter mir hörte. Ich drehte mich um und sah Deanna. Mit großen Augen sah sie mich an.
„Warum erschreckst du dich denn?“

„Ich war in Gedanken.“
„Über was hast du nachgedacht?“

Meine Schwester war einfach total neugierig, doch ich beantwortete ihre Fragen gern.

„Darüber zu züchten?“
„Wirklich? Machst du es?“

„Wahrscheinlich?“
„Und wann werden wir dann Fohlen haben?“
Ich musste lachen. Deanna war einfach zu süß.

„Nun ja, wir haben März, wenn ich in den nächsten zwei Monaten schon Pferde finde nächstes Jahr, wenn nicht in zwei.“

„Das dauert aber noch lang.“
„Das ist normal Deanna. Was wolltest du eigentlich von mir?“

„Ich wollte fragen ob ich mit Sphinx auf den Platz kann.“

Nachdem Lily beschlossen hatte die Reitschule aufzugeben hatten wir die Fellponystute Deanna geschenkt und die beiden waren über die Jahre zu einem eingespielten Team geworden.

Ich bejahte die Frage meiner Schwester und sie ging auf die Koppel um sich ihr Pferd zu holen. Wesley kam zu mir und stupste mich an, also ich vermutete das er es als Stupsen gemeint hatte, denn wie immer steckte er viel zu viel Kraft in seine Bewegungen und ich flog nach Hinten auf den Boden. „Verdammt Wesley.“ schimpfte ich und der junge Wallach sah zu mir herunter. Als Wesley und Shirkhan ein Jahr alt gewesen waren hatte Lily sie kastrieren lassen und im vergangenen Jahr waren sie eingeritten worden. Ich war oft mit den Beiden im Gelände und sie waren wirklich toll zu reiten. Doch ich überlegte Shirkhan vielleicht zu verkaufen, ich hatte nicht genug Zeit für zwei junge Pferde, da ich ja auch noch meine Ausbildung hatte, und außerdem mochte ich lieber größere Pferde. Ich wusste das Deanna der Abschied schwerfallen würde, doch für die war Shirkhan einfach noch zu ungestüm. Bei ihm musste man sie durchsetzen und damit hatte meine Schwester noch ziemliche Probleme.


Am Abend saß ich mit Lily in der Küche. Wir wollten eigentlich essen, doch Deanna war noch draußen bei den Pferden.

„Willst du eigentlich Wesley und Shirkhan beide behalten? Schaffst du das mit der Ausbildung?“ fragte mich Lily.

„Also Wesley behalte ich auf jeden Fall. Shirkhan will ich wahrscheinlich verkaufen. Hast du vielleicht Interesse an ihm?“ fragte ich zurück. Ich wusste das ihre Beiden Pferde nicht mehr die Jüngsten waren und beide, Amor und Lady, lahmten oft. Daher hatte Lily schon länger überlegt sich vielleicht ein junges Pferd zu kaufen. Ich würde den jungen Wallach natürlich nicht an sie verkaufen, sondern ihr schenken.

„Natürlich. Er ist ein tolles Pferd. Wieviel willst du für ihn?“
„Du musst mir nichts geben. Du weißt doch das ich genug Geld habe.“

Lily widersprach zwar, doch am Ende waren wir uns einig das sie ihn nicht bezahlen musste. Ich hatte sie damit überzeugt das sie doch zur Familie gehörte, schließlich hatte sie meine Schwester und mich adoptiert.













2.Kapitel


Ich lenkte den Geländewagen auf den Parkplatz und hielt an. Dann stieg ich aus dem Auto und sah mich um. Ich stand vor einem großen Haus, hinter dem Haus waren viele weitere Gebäude zu sehen, wahrscheinlich Stallungen.

Ein Mann kam auf mich zu und ich schüttelte ihm die Hand. „Ich habe im Moment vierzig Pferde die zu verkaufen sind, an was für eines hatten sie denn gedacht?“ fragte der Mann.

„Ich würde mir gerne eine kleine Zucht aufbauen, daher eine Stute. Sie sollte jedoch auch geländegängig sein.“ meinte ich. Ich hatte nun wirklich keine großen Anforderungen und war mir sicher ein passendes Pferd zu finden.

„Kommen Sie mit ich zeige ihnen ein paar Pferde.“ meinte der Mann und ging in Richtung Stallungen. Ich folgte ihm rasch und sah mich dabei um. Als wir zu den Ställen kamen herrschte um uns herum hektisches Treiben. Hier schienen wirklich viele Menschen zu arbeiten.

Der Züchter ging in einen der Ställe und ich folgte ihm.
„Hier sind die trächtigen Stuten untergebracht. Eine von ihnen steht zum Verkauf, sie ist viel zu wild, hat einen schlechten Charakter und sollte eigentlich nicht in die Zucht. Durch einen Fehler von einem der Pfleger wurde sie gedeckt. Sowohl sie als auch der Hengst haben eine gute Abstammung, jedoch ist ihr Charakter in meiner Zucht vollkommen unerwünscht. Der Vater des Fohlens ist im übrigen ein gutes und erfolgreiches Springpferd.“ erklärte er mir und blieb schließlich vor einer Box stehen. In der Box war eine riesige schwarze Stute. Sie war bestimmt zwanzig Zentimeter größer wie Aurum, obwohl ich auch zugeben musste das Aurum für einen Hannoveraner recht klein war. Ich musste zugeben das mir diese Stute gefiel, sie hatte eine schmale Blesse, die sehr aus dem restlichen Fell herausstach. Aufmerksam sah sie mich an und kam auch an die Boxentür. Während ich sie streichelte fragte ich:

„Wie heißt sie?“

„Sie heißt Guinan. Sie ist im Stutbuch eingetragen und kann daher zur Zucht verwendet werden, ich hab sie von einem Kollegen gekauft, er meinte das sie früher normal gewesen war, als sie vier war ist sie so wild geworden. Niemand konnte sich das erklären, immer wenn sie geritten wird geht sie durch und versucht ihren Reiter loszuwerden, aber mein Kollege schwört darauf das nichts passiert ist.“
„Wie alt ist sie jetzt?“

„Sieben, ich hab sie seit sie fünf ist, aber egal was ich und meine Trainer versucht haben, wir konnten ihr Vertrauen nicht gewinnen.“

„Kann ich sie mal zur Probe reiten.“
„Sie können es gerne versuchen. Wenn sie Lust haben können sie in drei Tagen noch einmal kommen, kurzfristig geht das jetzt nicht.

Soll ich ihnen noch die anderen Pferde zeigen?“
„Gerne.“

Wir verließen den Stall wieder und gingen nun in einen anderen.

„Das ist der Stall in dem alle Pferde stehen die verkauft werden sollen, hauptsächlich sind es junge Pferde.“ erklärte mir der Züchter während er vor einer der Boxen stehenblieb. „Das hier ist Pina Colada, sie ist gerade vier geworden und hat eine gute Abstammung. Sie wurde auch ins Stutbuch aufgenommen.“ erklärte er.

„Warum wollen Sie die Stute verkaufen?“ fragte ich.

„Der ständige Betrieb hier macht sie ziemlich nervös, sie war als Fohlen in einem kleinen Stall am Rande des Hofes und gewöhnt sich nicht an den Trubel. Daher halte ich es für das Beste wenn ich sie verkaufe.“ meinte der Züchter und ich hatte das Gefühl das er mir gerade seine Problempferde zeigte um diese besser verkaufen zu können. Bei beiden Stuten die ich bis jetzt gesehen hatte hatte er etwas zu bemängeln.

„Kann ich auch sie Probe reiten?“ fragte ich weiter, die Fuchsstute gefiel mir und bei mir auf dem Hof war nun wirklich nicht viel los, eher gesagt garnichts. Der Züchter bejahte meine Frage und zeigte mir noch mehr Pferde. Doch ich beschloss erstmal nur die beiden Stuten auszuprobieren, da ich mir ja auch nicht zu viele Pferde kaufen wollte. Schließlich musste ich sie alle ja auch versorgen und reiten.


Am Abend saß ich wieder mit Lily und Deanna in der Küche.

„Du willst dir ja mehr Pferde kaufen. Hast du vielleicht mal daran gedacht nach Reitbeteiligungen zu suchen?“ fragte mich Lily und ich nickte. Daran hatte ich wirklich schon gedacht, schließlich hatte ich neben meiner Ausbildung auch nur begrenzt Zeit und oft konnte ich an einem Tag nicht alle Pferde bewegen.

„Ja. Ich denke das ich mal eine Anzeige in die Zeitung setze. Achso, eine der Stuten die ich in drei Tagen ausprobieren will ist trächtig. Der Züchter meinte es sei ungeplant gewesen und durch den Fehler eines Pflegers passiert. Ich weiß zwar nicht wie der Pfleger das geschafft hat, aber die Stute gefällt mir und der Vater des Fohlens ist ein erfolgreiches Springpferd, daher wird das Fohlen eine tolle Abstammung haben.“
„Warum war es ungeplant?“ fragte Deanna.
„Die Stute ist angeblich sehr wild. Ich werde ja sehen wie sie sich beim Reiten verhält.“ antwortete ich. Ich war wirklich schon sehr gespannt auf die beiden Stuten und freute mich schon darauf sie endlich reiten zu können.
Am nächsten Tag würde ich mal zur Zeitung gehen um eine Anzeige rauszubringen. Meiner Meinung nach war es besser wenn ich schon nach Reitbeteiligungen suchte. Eigentlich kam ich noch ganz gut allein mit der Arbeit klar, doch wenn ich erstmal züchtete würde sich das ändern.






























3.Kapitel


Zwei Wochen später beobachtete ich den Transporter der auf den Hof fuhr. Ich hatte Guinan und Pina Colada gekauft. Sie waren zwar beide beim Probereiten sehr wild und nervös gewesen, doch ich hoffte das mit der Zeit in den Griff zu bekommen. Außerdem hatte ich mich in die beiden Stuten verliebt. Nachdem Dr. Peters eine Ankaufsuntersuchung bei den beiden gemacht hatte, sollten sie nun zu mir ziehen. Der Züchter hatte mir gesagt das er sie persönlich vorbeibringen würde und ich wollte sie dann auch bezahlen.

„Guten Morgen.“ meinte der Züchter als er aus dem Führerhaus des großen Transporters stieg.

Ich schüttelte ihm die Hand und wir gingen zusammen zur Klappe am hinteren Ende des Transporters. Während der Züchter die Klappe öffnete ging ich nach drinnen zu den Stuten und band Guinan los.

Wenig später waren beide Stuten ausgeladen und ich bezahlte sie. Dann fuhr der Züchter auch wieder.

Ich streichelte die nervöse Pina Colada und führte die beiden dann zu der kleinen Koppel neben dem Haus. Sie sollten sich in Ruhe einleben und dann würde ich sie in die Herde bringen.

Lily und Deanna waren beide nicht da und so beschloss ich einen Ausritt mit Aurum zu machen. Ich hatte heute frei und bis meine kleine Schwester aus der Schule kam würde es noch drei Stunden dauern. Lily würde wie so oft erst am Abend von der Arbeit nach Hause kommen.

Gerade als ich in den Sattel steigen wollte klingelte mein Handy. Sofort hob ich ab und meldete mich.

„Hallo?“
„Hallo, hier ist Marie Müller, ich rufe wegen ihrer Anzeige in der Zeitung an. Ich würde sehr gerne eine Reitbeteiligung übernehmen.“
„Hallo Frau Müller. Sie können heute Nachmittag vorbeikommen, dann zeige ich ihnen die Pferde und sie können schauen mit welchem sie zurecht kommen.“
„Gerne. Kann ich so um drei kommen?“
„Natürlich. Bis dann.“
„Bis nachher.“
Zufrieden legte ich auf und steckte mein Handy zurück in die Tasche. Dann stieg ich in den Sattel und lenkte meinen Wallach im Schritt Richtung Wald.


Marie war ungefähr dreißig Jahre alt und erzählte mir das sie als Krankenschwester arbeitete. Ich zeigte ihr Cora, Keyra und Gizmo. Sie ritt alle drei ein wenig und entschied sich dann schließlich für Gizmo. Marie war gut mit ihm klargekommen und schien den Schecken sofort in ihr Herz geschlossen zu haben. Wir vereinbarten das sie vier Mal die Woche kommen würde. Da sie ja im Schichtdienst arbeiten musste würden wir die Tage immer kurzfristig festlegen.

Marie fuhr wieder und ich ging zu Deanna. Meine kleine Schwester sah sich gerade meine neuen Stuten an und kuschelte ein wenig mit Pina Colada. Ich hatte beschlossen die Stute einfach nur Pina zu nennen, da mir ihr Name einfach etwas zu lang war.

„Tasha, wann bekommt Guinan denn ihr Fohlen?“ fragte mich Deanna.

„Nächstes Jahr. Dann will ich wahrscheinlich auch Pina decken lassen.“ antwortete ich ihr.

„Willst du dir einen eigenen Hengst kaufen?“
„Nicht unbedingt. Ich kann sie ja auch von einem der Hengste des Gestütes decken lassen wo ich sie gekauft habe. Wenn ich mir selbst einen Hengst kaufen würde, müssten wir in einzeln stellen und daher zwei Herden haben. Da ist es mit einer Herde um einiges einfacher.“
Nickend pflichtete Deanna mir bei und streichelte nun Guinan. Ich freute mich schon darauf wenn die Stute im nächsten Jahr ihr Fohlen bekommen würde. Dann würde meine Zucht beginnen und ich hoffte das sie auch wirklich gut werden würde.




























4.Kapitel


Ich führte Pina von der Koppel zum Stall. Vorm Stall band ich die junge Stute an und holte mir meinen Putzkasten. Guinan und Pina waren nun schon zwei Wochen bei mir und standen inzwischen auch bei den anderen Pferden. Mir war aufgefallen das Pina eigentlich garnicht so nervös, doch das lag wahrscheinlich daran das hier auf meinem Hof auch nichts los war. Sie war ein tolles Pferd und ihre Fohlen würden später bestimmt genauso toll werden wie sie. Guinan hingegen war wirklich so wie der Züchter sie beschrieben hatte, sie war mir gegenüber misstrauisch und beim Reiten sehr wild. Ich arbeitete nun daran ihr Vertrauen zu gewinnen und hoffte das sie sich unter dem Sattel beruhigen würde wenn sie erstmal wusste das ich ihr nichts tun würde.

Ich sattelte Pina und stieg auf. Heute wollte ich das erste Mal mit der jungen Stute ausreiten und war schon gespannt wie sie im Gelände lief.

Ich ritt in Richtung Wald, schon immer war das eine meiner liebsten Strecken gewesen. Es waren wunderschöne schmale Waldwege, streckenweise waren sie recht kurvig, doch es gab eine wunderbare Galoppstrecke die einen leichten Hügel hinaufführte.

Einige Male erschrak Pina leicht vor irgendwelchen Sachen die sie sich jedoch alle einbildete, denn ich konnte nichts sehen. Vielleicht waren es auch nur Schatten oder das Rascheln von Blättern gewesen. Doch jedes Mal konnte ich sie wieder beruhigen und alles in allem lief der Ausritt sehr gut und ich war zufrieden mit der Stute.

Als ich wieder zurück auf dem Hof war machte ich sie fertig und brachte sie zurück auf die Koppel. Ich nahm Wesley mit zum Hof, da ich mit ihm ein wenig auf dem Platz arbeiten wollte. Ich begann den jungen Wallach zu putzen. Er tänzelte umher und konnte kaum stillstehen. „Jetzt reicht es aber Wes.“ meinte ich streng und schon ihn wieder an seinen Platz. Dieses Pferd kostete mich sicher nochmal alle Nerven.






























5.Kapitel


Als ich am nächsten Tag die Zeitung aufschlug sprang mir sofort ein Artikel ins Auge:


Schwerverbrecher aus Gefängnis geflohen

Nach vier Jahren Haft ist ein Schwerverbrecher gestern aus dem Gefängnis geflohen. Karsten B. Saß wegen Mord, Entführung, Tierquälerei und Erpressung. Es finden Großeinsätze der Polizei nach dem als hochgefährlich eingestuftem Verbrecher statt. Welche Gründe er für seinen Ausbruch hatte sind nicht bekannt. Sicher ist jedoch das er keine psychischen Probleme hat und völlig klar im Kopf ist, die Psychologin des Gefängnisses meint das er genau weiß was er tut.

Wenn ihn jemand gesehen hat soll er sich bei der nächsten Polizeistelle melden.


Darunter war ein Bild von dem Verbrecher und ich zuckte erschrocken zusammen. Dieser Verbrecher war mein Vater, der Mörder meiner Mutter. Mir liefen die ersten Tränen über die Wangen als ich überlegte warum er ausgebrochen war. Wollte er noch immer das Geld? Würde er auch mich umbringen? Oder, noch schlimmer, Deanna? Was hatte er vor? Zitternd legte ich die Zeitung wieder auf den Tisch.

Ich hatte Angst! Angst um Deanna, um Lily, um die Pferde und auch um mich. Ich wusste wozu dieser Mörder, ich konnte ihn einfach nicht als meinen Vater bezeichnen, fähig war. Daran hatten sich auch die vier Jahre Gefängnis nichts geändert. Ich war überzeugt das solche Menschen sich einfach nicht ändern konnten. Was würde nun aus meinem Leben werden? Sicher würde er mich, Deanna und Lily finden. Wäre es besser wenn wir umziehen würden? An Geld konnte es nicht mangeln, doch ich war mitten in der Ausbildung, Deanna ging hier zur Schule und Lily arbeitete in der Stadt. Kurzfristig war also kein Umzug möglich und bis wir dann vielleicht mal umziehen konnten, würde er uns schon gefunden waren.

Ich wischte mir die Tränen weg und stand auf. Vielleicht sollte ich um polizeilichen Schutz bitten. Aber würde ihn das abschrecken? Oder würde er dann einen Moment abwarten wenn ich doch mal ungeschützt war und dann zuschlagen?

Ich war vollkommen fertig und wusste nicht weiter.

Wie hatte er aus dem Gefängnis entkommen können? Warum die Gefängnisse nicht immer so gut geschützt? Von so einem Ausbruch hatte ich noch nie gehört und die ganze Geschichte machte mir furchtbare Angst. Wenn er es geschafft hatte aus dem Gefängnis auszubrechen könnte er es mit Leichtigkeit schaffen in das Haus hier einzubrechen und uns alle im Schlaf zu ermorden. Ein kalter Schauer lief mir den Rücken hinunter. Was konnte ich nur tun?

Deanna würde ich erst einmal nichts erzählen, ich wollte ihr keine unnötige Angst machen. Doch ich wusste das ich mit Lily reden musste, sie würde es mir nie verzeihen wenn ich ihr das nicht erzählen würde. Obwohl ich mir sicher war das sie Zeitung lesen würde wenn sie nach Hause kam. Aber bestimmt war es ihr lieber wenn ich ihr das erzählen würde und sie es nicht aus der Zeitung erfahren musste.

Ich ging in die Küche und sah dort aus dem Fenster. Die Pferde grasten friedlich auf der Weide neben dem Haus.

Ich trat vom Fenster weg und nahm mir ein wenig trockenes Brot aus der Schale auf dem Küchentisch. Dann ging ich in den Flur und schlüpfte schnell in meine Schuhe.

Schnell war ich an der Koppel und machte den Strom aus. Ich pfiff leise und sofort kamen die Pferde zu mir an den Zaun. Das Brot legte ich so auf den Boden das sie es nicht erreichen und, wegen dem Wasserfass, auch nicht sehen konnten. Ich streichelte Aurum und eifersüchtig drängte sich Pina zwischen uns. Ich streichelte auch die Stute und schaute dann nach Guinan. Die große Rappstute schaute mich etwas misstrauisch an, doch sie lief nicht weg als ich durch den Zaun kletterte und zu ihr ging. Sie ließ sich streicheln, doch ich merkte das ihre Muskeln angespannt waren. Die Stute traute mir nicht, sie war bereit zur Flucht. Ich fragte mich was mit ihr passiert war das sie so ängstlich war. Denn von diesem Misstrauen, dieser Angst, kam bestimmt auch die Wildheit beim Reiten.























6.Kapitel


Am nächsten Tag wartete ich bis Deanna aus dem Haus war, dann holte ich die Zeitung rein und legte sie auf den Tisch. Ich setzte mich mit meinem Frühstück auf einen der Stühle und überflog die Schlagzeilen. Es war nichts zu sehen, doch unten in der Ecke bei den Spätmeldungen entdeckte ich was.


Verbrecher überfällt Schützenverein

Nachdem es zuerst von dem, aus dem Gefängnis geflohenen, Karsten B. Keine Spur gab, hat er nun einen Schützenverein überfallen und dabei zwei Schusswaffen und Monition erbeutet. Um was für Waffen es sich handelt ist noch unklar, allerdings hat die Polizei ihre Suchtrupps aufgestockt und bittet weiterhin um Hinweise.

Außerdem gab sie eine Warnung raus, der, nun bewaffnete, Karsten B. Ist hoch gefährlich und die Polizei ist sich sicher das er auch nicht vor Morden zurückschreckt.


Ein Schauer lief mir den Rücken hinunter und ich ließ die Zeitung wieder auf den Tisch sinken. Was hatte dieser Arsch vor? Wollte er zu Lily, Deanna und mir? Oder hatte er etwas ganz anderes vor? Doch das konnte ich mir nicht vorstellen. Mit mir und meiner Familie hatte er ja sozusagen noch eine Rechnung offen, schließlich wollte er unser Vermögen. Oder hatte er sich mit noch mehr Leuten angelegt?

Ich war mit meinen Nerven total am Ende, als der Arsch vor vier Jahren ins Gefängnis kam dachte ich das wäre für immer vorbei. Ich hatte meine Mutter schrecklich vermisst, doch ich hatte immer gewusst das das Leben weitergehen würde und das ich nicht in meiner Trauer versinken durfte. Zu dieser Zeit hatten mir die Pferde geholfen, sie hatten mich abgelenkt. Wenn ich bei ihnen gewesen war hatte ich eine Zeitlang meine Trauer vergessen, dann hatte ich vergessen was ich schreckliches erlebt hatte. Das war soweit gegangen das ich sogar die Schule geschwänzt hatte, nur um den ganzen Tag bei den Pferden zu sein. Nachts hatte ich schreckliche Albträume von diesem Keller gehabt, doch mit den Jahren hatten diese Träume nachgelassen und inzwischen träumte ich nur noch sehr selten davon.

Und jetzt, nach all den Jahren rissen die alten Wunden wieder auf. Ich spürte das ich wieder Angst hatte, wie damals. Und ich wusste das ich nichts tun konnte. Egal was ich machen würde, tief in meinem Herzen spürte ich das er mich früher oder später finden würde. Und dann würde ich mich meinem Schicksal fügen müssen. Ich wusste das es zwecklos war zu fliehen, meine Mutter hatte es versucht und sie war gescheitert. Ich wusste noch wie Lily damals ihre Leiche gefunden hatte. Die Polizei war gekommen und hatte es irgendwie geschafft Spuren zu finden. Deanna und ich waren ins Haus geschickt worden, die Leiche war, zum Glück, vor uns verborgen worden und ich hatte versucht meiner Schwester klarzumachen das unsere Mutter tot war.

Wir waren beiden nur am Weinen gewesen, wir hatten festgestellt das uns nun ein Kinderheim oder ähnliches bevorstand und das hatte die ganze Trauer nur noch verschlimmert. Wir hatten beide den Hof nicht verlassen wollen und zum Glück hatte Lily und geholfen. Sie hatte uns adoptiert und wir hatten auf dem Hof bleiben können. Auch meiner Schwester hatten die Pferde über die Trauer geholfen und ich war froh gewesen das wir die Tiere hatten. Sie strahlten immer solch eine Ruhe aus. Ich war mir sicher das alles anders gekommen wäre, hätten wir keine Tiere gehabt. Dann würden meine Schwester und ich bestimmt jetzt noch die ganze Zeit trauern. So hatten wir wenigstens ein richtiges Leben und ich war froh darüber. Der Tod gehörte zum Leben, doch es musste nach einem Tod für die Angehörigen auch irgendwie weitergehen. Irgendwann musste man wenigstens teilweise die Trauer überwinden und ich war froh das ich das geschafft hatte.


Lily machte am Abend mal wieder Überstunden. Ich war total fertig, einerseits wegen all dem mit dem Verbrecher und so, andererseits hatte ich den ganzen Tag gearbeitet. Eine Ausbildung und ein eigener Hof zusammen waren echt verdammt viel Arbeit. Daher war ich froh das ich im nächsten Jahr mit der Ausbildung fertig sein würde. Dann konnte ich mich vollkommen auf meine eigenen Pferde konzentrieren.

„Deanna, kommst du bitte runter.“ rief ich durchs Treppenhaus nach meiner kleinen Schwester.

„KOMME!“ brüllte sie zurück und ich ging in die Küche. Ich hatte beschlossen zusammen mit meiner Schwester zu kochen, das machte einfach viel mehr Spaß als wenn ich es allein tun würde. Ich ließ Deanna entscheiden was es heute geben sollte und sie entschied sich für Pizza. Während wir anfingen den Teig zu machen fragte ich:
„Und wie war´s heute in der Schule?“

„Es ging. Hatten viel Vertretung und haben nicht viel gemacht.“ Ich wusste das ich keine genauere Antwort von meiner Schwester bekommen würde, und daher beließ ich es dabei.

„Du, Tasha?“ fragte Deanna mich.

„Ja?“

„Kann morgen Gwendolyn mit zu mir kommen?“
„Natürlich.“
„Danke. Ich ruf sie dann nachher an.“
„Mach das.“

Gwendolyn war die beste Freundin meiner Schwester und sie war wirklich oft bei uns. Da sie ebenfalls ritt ging ich manchmal mit den beiden Mädchen ausreiten, jedoch wollte ich nicht das sie das allein taten. Das war mir einfach zu gefährlich, da ich ja die Verantwortung für sie hatte und dann doch viel bei einem Ausritt passieren konnte.

Es war zwar noch nie etwas passiert, doch irgendwann war immer das erste Mal und jetzt wo dieser Arsch von Verbrecher wieder auf freiem Fuß war wollte ich es noch weniger riskieren das meine Schwester und Gwendolyn allein unterwegs waren. Ich würde es mir nie verzeihen wenn etwas passieren würde.

Gedankenverloren sah ich aus dem Fenster.

„Tasha?“ riss Deanna mich aus meinen Gedanken und ich zuckte leicht zusammen.
„Ist alles ok?“ fragte sie zaghaft.

„Jaja, hab nur grad an die Pferde gedacht.“ antwortete ich ausweichend.

„Achso.“ antwortete Deanna nur und wir schwiegen eine Zeit lang. Nun ja, eigentlich schwiegen wir die ganze restliche Zeit beim Kochen und auch danach. Wir waren beide so in Gedanken versunken das wir den ganzen Abend über kein Wort mehr wechselten.












7.Kapitel


Am nächsten Wochenende war ich allein. Deanna übernachtete bei Gwendolyn und Lily war mit einer Freundin weg. Ich hatte damit kein Problem und hatte gerade beschlossen mir etwas zu kochen. Ich bückte mich zu dem Schrank mit den Töpfen als ich Schritte hörte. Mit der Pfanne in der Hand richtete ich mich auf und hof die Pfanne über den Kopf. Dann streifte ich mir die Hausschuhe von den Füßen und versteckte mich in einer Nische an der Küchenwand. Ich sah einen Schatten an mir vorbeigehen und schlug mit der Pfanne zu. Es gab einen Schlag und ein Körper fiel mit einem dumpfen Aufprall auf den Boden. Mit einem Schritt war ich aus meinem Versteck draußen und beugte mich über den Körper. Mit Schrecken stellte ich fest das es mein Vater war. Er war also gekommen. War er ohnmächtig? Hatte er Waffen dabei? Konnte ich ihn gefahrlos durchsuchen? Ich hatte so viele Fragen und keine Antworten. Konnte ich es riskieren näher an diesen Arsch dran zu gehen? Ich beschloss das Risiko einzugehen und beugte mich über ihn. In der einen Hand hielt er eine Pistole. Er hatte die Augen geschlossen und daher ging ich davon aus das er ohnmächtig war. Seine Brust senkte sich regelmäßig, also lebte er noch.

Plötzlich schlug er die Augen auf und ich schrie wie am Spieß. Verdammt, hatte ich mich jetzt erschrocken. Schnell versuchte ich wieder auf die Beine zu kommen, doch ich strauchelte und fiel nach hinten. Der Mann stand schon und richtete seine Pistole auf mich. Zittern tastete ich nach hinten, etwa einen halben Meter hinter mir war die Wand. Langsam wich ich zurück, er folgte mir. Die Pistole war direkt auf mein Herz gerichtet und ich wusste das ich nicht flüchten konnte.

Jetzt beugte er sich direkt über mich. „Naa, Kleine.“ sagte er mit einer Stimme die mir das Blut in den Adern gefrieren ließ. Noch nie zuvor hatte ich solche Angst verspürt, dabei hatte ich gedacht schon wirklich viel Angst in meinem Leben gehabt zu haben. Doch das hier übertraf alles.

„Wegen deiner Mutter kam ich ins Gefängnis. Jetzt wirst du dafür bezahlen.“ sagte er und ich dachte über die Worte nach. Was sollten sie bedeuten, sie hatten keine Logik. Wenn er mich umbrachte kam er doch erst recht wieder ins Gefängnis.

Er beugte sich noch mehr über mich, sein Gesicht war meinem ganz nah. Ich konnte nicht mehr zurückweichen, mein Kopf war schon an die Wand gedrückt. Er lachte und sein Atem schlug mir ins Gesicht. Er stank wiederwärtig auch wenn ich den Geruch nicht richtig zuordnen konnte.

Ich merkte wie er mir die Pistole auf die Brust hielt, direkt ans Herz.

Feixend sah er mich an, dann durchfuhr ein stechender Schmerz meine Brust.


Ich sah mich von oben. Mein Körper lag in einer Blutlache und mein Mörder stand auf. Ohne mir einen weiteren Blick zu schenken verließ er das Haus. Dann bemerkte ich eine Hand auf meiner Schulter. Ich drehte mich um und sah in das Gesicht meiner Mutter. Ohne ein Wort zu sagen schloss ich sie in eine Umarmung.

„Mama, bin ich tot?“ fragte ich sie nach einer Weile.

Nachdenklich nickte sie und sah ebenfalls auf meinen toten Körper. Ich musste an meine kleine Schwester denken und sie tat mir Leid. Was würde aus ihr werden? Sie hatte erst ihre Mutter und nun auch mich verloren. Würde sie das alles verkraften können? Würde sie je ein normales Leben führen können?

Doch noch wichtiger war mir die Frage ob mein Mörder wieder gefasst werden würde. Würde die Polizei ihn finden? Würde er endlich wieder dorthin kommen wo er hingehörte, ins Gefängnis?
































Epilog


Ich sah auf den hellen Holzkasten. In diesem Kasten lagen meine sterblichen Überreste. Ich stand auf der Empore mit der Orgel und sah auf die Menschen hinab die sich in der Kirche versammelt hatten. Sie waren alle wegen mir hier, das war meine Beerdigung. Ich sah in der ersten Reihe Deanna. Lily hatte einen Arm um sie gelegt und schien zu versuchen meine kleine Schwester zu trösten. Ich wandte meinen Kopf zur Seite und betrachtete das Profil meiner Mutter. Sie sah nachdenklich auf die Trauergemeinde herab.

Ich wusste das wir beide Geister waren und niemand uns sehen konnte. Damit kam ich klar, so würde mich wenigstens niemand nach meinem Tod ausfragen.

Ob meine Mutter damals auch bei ihrer eigenen Beerdigung gewesen war? Ich traute mich nicht sie zu fragen, keine Ahnung warum.

Es kam Leben in die Menschen und mein Sarg wurde von einigen Männern aus der Kirche getragen. Schnell folgte ich den Menschen und sah auf dem Friedhof zu wie der Sarg in die Erde gelassen wurde.

Nun waren meine sterblichen Überreste unter der Erde, in vielen Jahren würden sie verrottet sein, doch ich würde immer ein Geist bleiben. Meine Seele würde ewig bestehen.









Impressum

Tag der Veröffentlichung: 04.05.2014

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