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Warum tust du mir das an?

Meine Beine brannten, doch ich spürte die Stiche der Sporen in meiner Seite und ich wusste, wenn ich jetzt nicht loslief würde mich mein Reiter nur noch mehr treten und dann würde er auch die Gerte zur Hilfe nehmen. Obwohl meine Vorderbeine brannten galoppierte ich los. Mein Reiter riss an den Zügeln und ich spürte wie das Gebiss in das weiche Fleisch meines Mauls schnitt. Das Hindernis ragte riesig vor mir auf. An beiden Seiten standen Männer. Ich sprang, da meine Beine jedoch so sehr brannten zog ich sie nicht richtig an. Eine Stange knallte gegen meine Vorderbeine, so hoch war das Hindernis doch gar nicht gewesen. Es verwirrte mich, ich dachte eigentlich die Sprünge richtig einschätzen zu können, aber jedes Mal schlug diese Stange gegen meine Beine. Nun schmerzten meine Beine. Ich landete und knickte mit den Vorderbeinen ein. Die Stellen die vorher noch gebrannt hatten schmerzten nun höllisch. Doch ich durfte keine Pause machen, mein Reiter trieb mir die Sporen in die Seiten und ich lief weiter. Ich musste laufen, es war die einzigste Möglichkeit den Schmerzen auch nur ein wenig zu entkommen.

Ich lief auf den nächsten Sprung zu. Ich hatte Angst, Angst vor weiteren Schmerzen. Doch ich sprang und dieses Mal achtete ich darauf meine Beine so dicht wie möglich an den Körper zu ziehen. Dieses Mal entkam ich den Schmerzen und ein Glücksgefühl durchströmte meinen Körper. Ich war schon sehr lange nicht mehr gesprungen ohne dabei Schmerzen zu empfinden. Mein Reiter ließ mich kurz anhalten und rief den beiden Männern etwas zu. Sie gingen nacheinander zu allen Hindernissen und legten die Stangen noch höher. Warum mussten sie die noch höher legen? Sie waren schon vorher fasst auf der Höhe meines Rückens gewesen. Was hatte es für einen Sinn das ich so hoch sprang? Warum tat mein Besitzer mit diese Qualen an? Wo war mein Besitzer überhaupt? Wenig später wurden mir wieder die Sporen in die Seiten getrieben und ich konnte nicht mehr über meinen Besitzer nachdenken. Mein Besitzer kam nur selten zu mir, aber wenn er kam war er nett und ritt mich ohne Sporen und ohne das ich Schmerzen hatte.

Ich lief auf das Hindernis zu. Es war wirklich riesig, doch ich musste versuchen darüber zu springen. Ich sprang und spürte Schmerzen an den Vorderbeinen und an der Brust. Eine der Stangen fiel zu Boden und ich stolperte. Die Männer hatten mir mit der Stange die sie immer hielten gegen die Brust geschlagen. Ich schnappte nach Luft und stolperte weiter. Ich durfte jetzt keine Schwäche zeigen. Eine Runde durfte ich außen um die Hindernisse herum traben, dann musste ich wieder zum nächsten Sprung. Dieses Mal fiel keine Stange zum Boden, doch die Männer schlugen mir trotzdem hart gegen die Vorderbeine. Die Schmerzen waren unerträglich. Wann waren diese Schmerzen endlich vorbei?

 

Am nächsten Tag stand ich in meiner kleinen Box und sah auf die Stallgasse. Wie immer brannten meine Beine und ich versuchte es so gut wie möglich zu ignorieren. Ich hörte Schritte und sah meinen Reiter auf meine Box zukommen. Ich legte warnend die Ohren an. Ich hatte keine Lust das er mir wieder Schmerzen zufügte. Doch dann sah ich das mein Besitzer knapp hinter ihm war. Mein geliebter Besitzer. Ich wieherte leise. Auch wenn er mich lange nicht besucht hatte und mit meinem Reiter allein gelassen hatte hatte ich ihn sehr gern. Er kam zu mir und ich legte meinen Kopf an seine Brust. Endlich war er wieder da! Er strich an meinen Beinen entlang und ich zuckte zusammen als er an die brennenden Stellen kam. Er sah sie an, sagte jedoch nichts dazu. Er ging einfach wieder. Warum tat er mir das an? Warum ließ er mich allein mit meinem Reiter und diesen brennenden Schmerzen? Enttäuscht ließ ich den Kopf hängen und mein Reiter kam nun in die Box. Er zog mir mein Halfter über und ich ließ es über mich ergehen. Es brachte mir ja eh nur Schläge ein wenn ich mich wehrte.

Wenig später stand ich dann auch schon gesattelt und gezäumt in der Stallgasse. Mein Reiter ergriff die Zügel und zog fest daran was mir im Maul wehtat. Ich legte warnend die Ohren an, doch dann folgte ich ihm. Er ging jedoch nicht in die Reithalle sondern nach draußen. Es tat gut wieder an der frischen Luft zu sein. Ich sog sie in meine Lungen ein und vergaß den Schmerz den das Gebiss in meinem Maul verursachte. Mein Reiter ging zum Springplatz und ich folgte ihm. Die Hindernisse waren genauso groß wie in der Halle, doch draußen machte es mehr Spaß zu springen und die Männer waren nicht zu sehen. Er ließ mich über ein paar kleine Hindernisse springen und stieg dann ab. Das war alles? Was war denn heute los? So kleine Sprünge hatte ich schon seit Jahren nicht mehr gesehen. Dann sah ich fremde Pferde, viele fremde Pferde. Sie standen mit ihren Reitern auf den Rücken auf einer angrenzenden Wiese. Mein Reiter lenkte mich vom Platz und stieg vorm Stall wieder ab. Dann wurden Gamaschen an meinen Beinen befestigt und ich sah wie auch die anderen Pferde über die Sprünge auf dem Platz sprangen. Dann wurde ein Pferd in die Halle geführt und als es rauskam wurde das nächste nach drinnen gebracht. Aufmerksam sah ich zur Tür der Reithalle und versuchte die neue Situation zu verstehen.

Nach einiger Zeit stieg mein Reiter wieder auf und lenkte mich in Richtung Reithalle. Ich folgte seinen Hilfen und sah neugierig der Tür entgegen. Was mich dahinter wohl erwartete? Wir schritten durch die Tür und ich hörte die Stimmen vieler Menschen, sie saßen auf den Tribünen und verstummten als mein Reiter und ich in die Halle kamen. Ich musste antraben und einmal um die Hindernisse herumtraben. Sie waren nicht sehr hoch. Mein Reiter und ich hielten wieder an der Tür. Diese war inzwischen verschlossen. Eine Glocke ertönte und mein Reiter gab mir die Hilfe für den Galopp. Ich folgte seiner Anweisung und lief los. Er lenkte mich und nacheinander sprang ich über die Hindernisse. Ohne Schmerzen zu erfahren, ohne auch nur eine Stange auf den Boden zu schmeißen. Es war schön das keine Männer neben den Hindernissen standen die mir eine Stange gegen die Beine schlugen. Ich wurde aus der Halle gelenkt und kam wieder in meine Box.

Kurze Zeit später wurde ich jedoch wieder gesattelt. Ich war etwas genervt, schließlich war ich ja heute schon gesprungen. Jedoch ging es wieder nach draußen und das beruhigte mich. Dieses Mal sprangen wir auf dem Platz über die hohen Hindernisse.

Danach musste ich wieder vor dem Stall warten während andere Pferde nacheinander in die Halle kamen.

Schließlich war wieder ich dran. Als ich in die Halle kam fiel mir auf das die Hindernisse nun um einiges höher waren, ungefähr so hoch wie am letzten Tag. Doch ich wusste das ich über sie springen konnte. Das hatte ich schließlich schon oft getan. Ich war schon über die Hälfte der Hindernisse gesprungen als ich merkte das die Kraft aus meinen Beinen wich. Ich durfte jetzt nicht schwach werden, ich musste über alle Hindernisse springen.

Ich zog die Beine über dem nächsten Sprung an meine Brust, und beim Sprung danach. Wenn ich richtig lag war es noch genau ein Hindernis. Das konnte ich schaffen. Ich legte noch einen Zahn zu und sprang. Der Sprung war lang, länger als ich es erwartet hatte. Ich knallte gegen eine der Stangen in der Mitte und hatte das Bedürfnis zu landen. Doch ich war noch mitten über dem Sprung. Ohne nachzudenken setze ich die Vorderhufe auf den Boden und meine Hinterhand flog nach oben. Ich spürte wie ich das Gewicht meines Reiters verlor. Dann krachte ich mit dem Rücken auf die Stange und hörte das Splittern von Holz. Scharfe Splitter drangen in mein Fleisch ein und ich versuchte mich aufzurappeln. Doch das ging nicht. Ich hörte wie noch mehr Holz brach und Splitter drangen in meine Brust ein. Es wurde schwarz vor meinen Augen und mir tat alles weh. Ich spürte einen stechenden Schmerz in der Brust, dann war es vorbei. Endlich.

 

 

 

 

 

 

 

 

ANMERKUNG:

 

Diese Geschichte ist zwar erfunden, leider müssen manche Pferde aber wirklich solches Training erfahren. In der Fachsprache heißen die beiden Methoden Barren und Blistern. Blistern ist gesetzlich verboten, beim Blistern wird eine Substanz auf die Beine der Pferde gerieben. Die Haut entzündet sich und wenn ein Pferd beim Springen gegen eine Stange stößt verursacht das starke Schmerzen.

Das Barren ist nicht verboten, jedoch wird es nicht so angewant wie es eigentlich gedacht ist. Barren ist eine Methode bei der im eigentlichen Sinn das Pferd beim Sprung mit einer Gerte an die Beine getippt wird damit es diese höher hebt und richtig anzieht. Das Barren das jedoch weit verbreitet ist ist ganz anders, dabei stehen an beiden Seiten des Hindernisses Männer die eine Stange gegen die Beine des Pferdes schlagen wenn dieses springt, eigentlich kann ein Pferd die Höhe eines Sprunges gut einschätzen, doch wenn es gebarrt wird springt es beim nächsten Mal höher um den Schmerzen zu entkommen.

Ich könnte in beide Methoden noch etwas genauer eingehen, aber ich denke so genau interessiert es nicht unbedingt jeden.

Ich hoffe ich konnte mit dieser Kurzgeschichte ein wenig auf diese Tierquälerei im Springsport aufmerksam machen.

Mit freundlichen Grüßen Éowyn

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 11.03.2014

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