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Volunteer

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Éowyn S.

 

 

 

 

 

Prolog

 

Ich ging über den großen Hof zu den Koppeln. Die Pferde sahen mir wie immer schon entgegen. Ich wohnte erst seit einem halben Jahr, also seit Anfang des Jahres, auf dem Hof und hatte mich schon super eingelebt. Ich machte hier meine Ausbildung zur Pferdetrainerin und der Besitzer des Hofes, Ben, ließ mich schon recht viel allein machen. Der Hof lag vielleicht etwas mehr als eine Stunde von Los Angeles und man konnte in der Gegend um den Hof richtig schöne Ausritte machen. Ich durfte sogar allein ausreiten und seit kurzem musste ich Ben auch nicht mehr fragen wenn ich ins Gelände gehen wollte.

Ich erreichte die erste der Koppeln und pfiff nach den Pferden, es waren nicht viele Pferde auf dem Hof, doch sie waren alle absolute Traumpferde, jedenfalls auf ihre eigene Art und Weise. Auf dieser Koppel standen Jingle und May. Jingle war 12 Jahre alt und 2005 als erstes Pferd zu Ben gekommen. Der Wallach war ein Mustang und damals direkt aus der Wildnis gekommen. Ben hatte ihn ausgebildet und inzwischen war der graue Wallach ein absolutes Verlasspferd und im Gelände mein erklärter Liebling. Die Stute May war 2 Jahre alt und hier auf dem Hof geboren worden. Ihr hellbraunes Fell, das immer einen leicht goldenen Schimmer hatte, glänzte im Licht der Sonne. Die schwarze Mähne hob sich wunderschön von dem hellen Fell ab. Ich streichelte beide Pferde und ging dann weiter um noch kurz nach den anderen Pferden zu sehen bevor ich mit Jingle ins Gelände ging. Etwas weiter den Weg entlang kam ich zu der nächsten Koppel auf der Pferde standen. Auf ihr standen die Hengste Mellow und Gino. Mellow war 14 Jahre alt und ein Jahr nach Jingle gekommen. Wie Jingle war auch Mellow ein Mustang. Ben setzte Mellow zur Zucht ein und er war auch der Vater von May, er sah auch ähnlich aus wie seine Tochter, doch sein Fell war eher sandfarben mit einem graustich, jedoch hatte er genau die selbe pechschwarze Mähne. Gino war 1 Jahr alt und sein Vater war ebenfalls Mellow. Er sah genau aus wie sein Vater, hatte aber noch eine schmale Blesse, doch die fiel kaum auf. Auch Gino war hier auf dem Hof geboren worden. Ich ging weiter und wenig später kam ich schon zu der letzten Koppel auf der im Moment Pferde standen. In einiger Entfernung sah ich auch schon die erste der Stuten, Diana. Diana war ein Appaloosa und Ben hatte sie vor 6 Jahren gekauft. Sie hatte weißes Fell mit braunen und schwarzen Tupfen, ihre Mähne war hellbraun. Diana war von Ben eingeritten worden, jedoch noch immer sehr schreckhaft. Sie konnte sie vor wirklich allem erschrecken, sogar bei Sachen die sie kannte erschrak sie ab und zu. Es war immer nervenaufreibend sie zu reiten und trotzdem hatte ich auch Diana sehr gern. Außerdem war sie die Mutter von May und Gino, sie war zu ihren Fohlen immer ruhig und geduldig gewesen und in der Anwesenheit der Fohlen auch etwas weniger schreckhaft. Die zweiter Stute kam zu mir an den Zaun. Sie hieß Rose und war ein Mustang. Rose war rotbraun und 2011 von Ben adoptiert worden. Er hatte die 5 jährige Stute dann eingeritten, doch sie war noch immer sehr unsicher. Schräg hinter ihr stand ihr Fohlen Harley. Harleys Vater war ebenfalls Mellow, er hatte die selbe Fellfarbe wie sein Vater, jedoch die rotbraune Mähne seiner Mutter. Dazu kam noch ein hübscher Stern.

Ich ging wieder zu der Koppel von Jingle und May zurück und nahm Jingles Halfter vom Holzzaun, ich wusste nicht warum Ben die Halfter immer an den Zaun hing, schließlich konnte dann ja jeder ein Pferd mitnehmen, doch immer wenn ich ihn darauf ansprach meinte er das er es lieber so hatte und das schon niemand eines der Pferde klauen würde. Für mich ergab das keinen Sinn, aber da er ja nicht mehr dazu sagte und ich also nicht genau wusste warum er es so wollte, konnte ich auch nichts dagegen erwidern.

Ich ging auf die Koppel und halfterte den Wallach auf. Wie immer folgte er mir am durchhängenden Stick bis zum Hof zurück und ich band ihn an einem der Anbinderinge die an der Stallwand hingen an. Während ich ihn dann putzte dachte ich über mein Leben und über meine bisherige Zeit auf Bens Hof nach. Ich hieß Gwendolyn, war 20 Jahre alt und in Dublin, Irland geboren worden. Ich hatte lange blond-braune Haare, dessen Farbe man nicht unbedingt bestimmen konnte, dazu blau-graue Augen deren Farbe ebenfalls nicht zuzuordnen war. Ich hatte zwei Brüder und eine Schwester. Als ich drei war hatten unsere Eltern beschlossen mit mir und meinen Brüdern (meine Schwester war damals noch nicht geboren gewesen) nach Amerika zu ziehen. Wir zogen nach Los Angeles wo unsere Eltern beide Arbeit fanden. Ein Jahr später wurde meine Schwester Claire geboren, sie war inzwischen 16 Jahre alt. Mein großer Bruder Nathaniel war nun schon 22 und mein kleiner Bruder Brian war vor kurzem 19 geworden. Meine Eltern Lorna und James lebten mit Claire noch immer in Los Angeles und ich versuche sie so oft wie möglich zu besuchen. Brian arbeitet in San Francisco und Nathaniel studiert in New York.

Ich hatte Jingle fertig geputzt und ging nun in die Sattelkammer um sein Sattelzeug zu holen. Er hatte eine Westerntrense (also eine Trense ohne Nasenriemen) mit einem wunderschönen geflochtenen Stirnriemen. Ich hängte mir die Trense über die linke Schulter und nahm dann Jingles riesigen Westernsattel. Ich nahm die Vorderseite mit dem Horn in die rechte Hand und stützte den hinteren Teil des Sattels auf meiner Hüfte ab. Dann nahm ich das ebenfalls bunte Pad von Jingle in die linke Hand und ging wieder nach draußen um den Wallach fertig zu machen. Zuerst legte ich einhändig das Pad auf seinen Rücken und rückte es gerade. Dann hob ich mit beiden Händen den schweren Sattel auf das Pad, schob ihn richtig und machte ihn fest. Es war ein etwas älterer Verschluss der mit Hilfe des Krawattenknotens befestigt wurde. Als alles richtig saß legte ich dem Wallach die Trense an und schnallte den einzigen Riemen den sie hatte fest. Dann hängte ich Jingles Halfter an den Haken an dem auch der Strick fest gemacht war und führte ihn vom Stall weg. Mitten auf dem Hof ließ ich ihn anhalten und gurtete noch einmal nach. Die Steigbügel waren noch von gestern auf der richtigen Länge. Ich stieg auf und nahm die Zügel in die rechte Hand, die linke legte ich locker auf meinen Oberschenkel. Dann lenkte ich Jingle im Schritt vom Hof runter und auf den Weg der in den Wald führte. Jingle streckte den Kopf nach unten und ich sah in Richtung Wald. Die Baumspitzen wurden von der Sonne beleuchtet und wiegten sich in dem leichten Wind.

Bald darauf hatten Jingle und ich den Wald erreicht und folgten einem schattigen Weg. Ich ließ den Wallach antraben und saß den Trab dann aus. Jingle hatte einen sehr sanften Trab, es war als würde man auf einem Sofa sitzen. Jingle hatte auch eine tolle Ausdauer und liebte es lange Strecken zu traben, doch noch mehr liebte er es zu galoppieren. Er kannte alle Galoppstrecken genau und wurde immer ganz aufgeregt wenn wir uns einer von ihnen näherten, doch er galoppierte nie los ohne das ich es ihm erlaubte. Er wartete immer auf meine Hilfe. So wie auch jetzt. Der Weg begann anzusteigen und Jingle trabte noch immer am lockeren Zügel. Doch er hatte den Kopf gehoben und die Ohren aufgestellt. Voller Vorfreude drängte er vorwärts und konnte es kaum erwarten endlich zu galoppieren. Ich hielt ihn zurück und sprach leise auf ihn ein. Außerdem atmete ich ruhig weiter und versuchte Ruhe auszustrahlen, was mir auch gelang. Als wir dann bei dem breiten Weg waren den wie als Galoppstrecke benutzten war der Wallach kaum noch zu halten, er wurde im Trab immer schneller und ich ließ ihn angaloppieren. Er preschte vorwärts und ich ließ ihn rennen. Er wusste wann die Galoppstrecke vorbei war und wurde dann von allein langsamer und fiel zurück in den Trab. Jingle war ein tolles Pferd und ich kannte ihn schon sehr gut.

 

Wieder zurück auf dem Hof begegnete ich Ben. Er kam auf mich zu und klopfte Jingle den Hals. Ich stieg aus dem Sattel und wandte mich an Ben: „Soll ich heute noch mit irgendwem bestimmten arbeiten?“ Ben zuckte mit den Schultern: „Ich hab eben mal ein bisschen Bodenarbeit mit May gemacht, sie ist sehr lernwillig. Mal sehen ob wir nächstes Jahr schon langsam mit dem Einreiten anfangen. Du kannst mit Diana auf den Platz gehen wenn du willst.“ „Mach ich.“ versicherte ihm und ging dann mit Jingle wieder zum Stall um ihn zu versorgen. Ich brachte das Sattelzeug weg und kratzte dann seine Hufe aus bevor ich ihn wieder auf die Koppel brachte.

Dann ging ich zu der Koppel der Stuten und nahm Dianas rotes Halfter vom Zaun. Langsam ging ich in die Koppel und auf die Stute zu. Sie war wie immer sehr schreckhaft und wich zurück. Leise sprach ich auf sie ein und blieb ein Stück hinter dem Zaun stehen. Sie kam langsam auf mich zu und ich streichelte sie während ich noch immer leise auf sie einredete. Schließlich ließ sie sich aufhalftern und ich führte sie aus der Koppel raus und zurück zum Hof. Dort band ich sie wie Jingle an der Stallwand an, doch ihren Strick ließ machte ich etwas lockerer fest, falls sie sich erschrecken würde konnte sie sich so selbst befreien und würde nicht Gefahr laufen sich selbst zu verletzen. Beim putzen ließ ich mir wie immer Zeit und sprach auch weiterhin leise mit ihr. Das beruhigte sie immer.

Als Diana geputzt, gesattelt und getrenst war führte ich sie zum Reitplatz. Dort stieg ich von einem Holzhocker aus auf. Wie immer blieb Diana dabei nicht ruhig stehen und tänzelte nervös auf der Stelle, egal wie viel Ben und ich mit ihr arbeiteten, wir bekamen ihre Schreckhaftigkeit nicht weg. Obwohl Ben meinte das sie viel schlimmer gewesen war als er sie gekauft hatte und mit dem Training begonnen hatte. Ich ritt Diana ebenfalls am langen Zügel beziehungsweise im Westernstil. Ich ließ mir mit Diana Zeit und so lange alles um den Reitplatz herum ruhig war lief sie auch einigermaßen entspannt. Doch sie erschreckte sie wirklich schnell und war immer aufmerksam. Sie achtete auf alle Geräusche in ihrer Umgebung. Ben hatte mir erzählt das sie früher schon vor dem Wind erschrocken war wenn dieser zwischen den Gebäuden hindurch pfiff oder auch nur einen leichteren Gegenstand etwas bewegte, wie zum Beispiel die Äste und Blätter eines Baumes. Zum Glück war sie jetzt wenigstens dagegen „immun“. Ich trabte sie an und wie immer schoss sie im Galopp nach vorne. Ich beruhigte sie und kurz darauf hatte ich sie in einem schnellen und ruckelnden Trab der unmöglich auszusitzen war. Also trabte ich leicht und versuchte Diana noch weiter zu beruhigen, denn wenn sie in einem langsamen Trab lief konnte man sie auch aussitzen. Doch es dauerte bis sie sich soweit beruhigt hatte und selbst dann konnte ich sie auch nur kurz in dem langsamen Trab halten, denn schon kurz darauf schoss sie wieder nach vorne. Ben meinte immer das sie sich wahrscheinlich auch vor dem Schenkeldruck erschreckte wenn er plötzlich kam und inzwischen hatte ich mich auch schon daran gewöhnt. Als ich Diana kennen gelernt hatte war es auch unmöglich sie in einen einigermaßen kontrollierten Galopp zu bekommen (also in einen Galopp der nicht von Buckeln und Zickzacklaufen unterbrochen wurde, oder von einem plötzlichen Sprung zur Seite), doch inzwischen ging es immer besser.

Als ich lange Zeit getrabt war wurde die Stute langsamer und ruhiger und ich beschloss es mit ein bisschen Galopp zu versuchen. Ich gab ihr die Hilfe und sofort schoss sie nach vorne. Ruhig und leise sprach ich auf sie ein bis sich sich einigermaßen beruhigt hatte und nicht mehr im Jagdgalopp, sondern in einem recht anständigen und langsamen war. Plötzlich machte sie einen Sprung zur linken Seite und blieb abrupt stehen. Ich war etwas genervt, ließ es mir aber nicht anmerken, also galoppierte ich sie einfach noch einmal an.

Ich hatte vielleicht eine Stunde lang mit Diana gearbeitet als ich beschloss es für heute gut sein zu lassen. Ich ritt sie trocken und versorgte sie dann. Danach durfte sie zurück auf die Weide worüber sie sehr froh schien. Sie trabte zu Rose und Harley und begann bei ihnen zu grasen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.Kapitel

 

Am nächsten Morgen stand ich wie immer früh auf. Die Pferde mussten nicht gefüttert werden (sie hatten ja schließlich genug Gras auf den Koppeln) und so ließen Ben und ich uns Zeit beim Frühstück. Danach gingen wir nach draußen. Ich wollte mit Rose und Harley ein bisschen spazieren gehen und dabei gleich mit dem Fohlen das am Strick laufen weiter trainieren. Er konnte das inzwischen schon ganz gut, aber ab und zu rannte er noch los oder lief zur Seite weg, ich ließ den Strick dann immer los und er kam auch immer wieder zurück zu seiner Mutter wenn er ein Stück gerannt war. Doch ich wusste das er das irgendwann nicht mehr machen würde und jedes Pferd musste vernünftig am Strick laufen können, daher kam auch Harley nicht um das Training herum.

Also ging ich zur Koppel und halfterte beide auf. Da Diana immer sehr nervös wurde wenn sie allein war holte Ben sie von der Koppel. Er wollte sie auf dem Reitplatz longieren und vielleicht dann noch etwas Bodenarbeit mit ihr machen.

Ich ging mit Stute und Fohlen die Feldwege entlang. Rose lief am durchhängenden Strick zu meiner linken Seite und Harley am etwas kürzeren Strick zu meiner rechten. Ab und zu versuchte er anzutraben, doch er war in den letzten Wochen schon um einiges Halfterführiger geworden. Der junge Hengst war jetzt drei Monate alt und machte sich für sein Alter total gut. Er ließ sich ohne Probleme aufhalftern und soweit ja auch schon führen. Außerdem konnten Ben und ich seine Hufe anheben und ihn putzen. Bald würden wir ihm auch das Verladen zeigen und natürlich sollte er auch lernen als Handpferd neben Rose zu laufen. Danach würde er erstmal alles können was für ein Fohlen wichtig war und bis er dann in drei Jahren bereit war eingeritten zu werden konnten wir auch noch ein enges Verhältnis zu ihm aufbauen.

 

Als ich Rose und Harley zurück auf die Koppel brachte war Diana noch nicht wieder da, also beschloss ich zum Reitplatz zu gehen und Ben beim longieren zuzuschauen. Ich ging langsam auf die beiden zu und die Stute erschrak dieses Mal nicht. Ben und ich redeten nicht, doch als er dann wenig später mit Diana vom Platz ging begleitete ich ihn zur Koppel zurück. Wir sahen Diana hinterher als sie zu Rose und Harley trabte und Ben erzählte mir das er demnächst mal zu einem Quarter Horse Gestüt fahren würde. Ben hatte mir schon oft erzählt das er unbedingt einen Quarter Horse oder auch einen Paint Horse haben wollte, es war sein größter Wunsch und ich konnte ihn verstehen, schließlich waren es tolle Pferde. Ich mochte ja allgemein Schecken sehr gerne und daher war ich natürlich für einen Paint Horse oder auch für noch einen Appaloosa, denn die Farbe von Diana hatte es mir wirklich angetan.

Ich fragte Ben was ich sonst noch machen sollte, schließlich war es noch nicht Zeit zum Mittagessen und er meinte das ich ruhig etwas Bodenarbeit mit Mellow machen konnte. Ich stimmte ihm zu und ging los um den Hengst von der Koppel zu holen. Ich ging auf die Koppel der Hengste und auf den stolzen Mustang zu. Er sah mir aufmerksam entgegen und senkte den Kopf als ich neben ihm stand. So konnte ich ihm bequem das Halfter umlegen und es dann zumachen. Dann führte ich ihn aus der Koppel heraus und zum Reitplatz. Ich machte den Strick von Mellows Halfter ab und ließ ihn frei über den Platz laufen während ich ein paar Sachen aufbaute an denen ich mit ihm trainieren konnte.

Ich legte Stangen auf den Boden, normal hintereinander und auch in L-Form. Außerdem baute ich einen Slalom auf und schleppte eine Wippe heran. Zum Schluss holte ich noch eine Plane.

Mellow hatte mich die ganze Zeit über neugierig beobachtet und als ich dann nach ihm rief kam er sofort zu mir. Ich befestigte den Strick wieder an seinem Halfter und führte ihn zu den Stangen. Gemeinsam gingen wir drüber und er hob ordentlich die Hufe so das er an keine anstieß. Dann ging ich mit ihm durch den Slalom, auch hier folgte der Hengst mir brav und machte keine Probleme. Nach dem Slalom richtete ich ihn kurz rückwärts bevor ich auf das L zuging. Ich führte Mellow vorwärts hindurch und dann auch direkt rückwärts, wie bei den anderen Sachen machte er keine Probleme und führte die von mir gestellte Aufgabe ohne Fehler durch. Dann ging ich mit ihm zur Wippe. Als er auf der Wippe stand ließ ich ihn anhalten so das sich die Wippe langsam nach vorne senkte. Der Hengst blieb geduldig und wartete bis ich ihm erlaubte weiterzugehen. Zum Schluss ließ ich ihn neben der Plane anhalten und legte sie wie eine Decke auf seinen Rücken. Kurz zuckte er zusammen, doch dann ließ er es sich gefallen. Den Parcours wiederholte ich noch zwei Mal bevor ich ein paar Wendungen übte ohne Druck am Strick auszuüben. Dafür wendete ich mich in die Richtung in die er sollte und machte mich groß so das er in die Richtung wich. Natürlich klappte auch das ohne Probleme und ich beschloss einen kleinen Sprung aufzubauen. Ich holte zwei Ständer und zwei Stangen und baute ein kleines Kreuz auf. Dann lief ich voran und Mellow trabte hinter mir her, zusammen sprangen wir über das Hindernis. Im Galopp konnte ich dem Pferd natürlich nicht vorlaufen, also beschloss ich auf seinen Rücken zu steigen. Ich hing den Strick über den Zaun und lenkte Mellow nur durch Bein- und Gewichtshilfen. Ben hatte ihn super ausgebildet und er reagierte auf die feinsten Hilfen. Kurz darauf galoppierten wir auf das Kreuz zu und sprangen hinüber. Auch beim Springen mache der Hengst keine Probleme und ich lobte ihn überschwänglich.

 

Am späten Nachmittag beschloss ich wieder mit Jingle auszureiten. Ich holte ihn von der Koppel und machte ihn fertig. Die Schatten wurden länger und es kühlte sich auch ab, jedoch war es hier in Kalifornien nie sonderlich heiß (auch wenn es natürlich Ausnahmen gab), die Höchsttemperaturen lagen im Sommer bei etwa 25°C und im Winter wurde es auch nie sonderlich viel kälter, was mir gut gefiel. Denn mit Minustemperaturen und Schnee konnte ich nicht sonderlich viel anfangen. Heute wollte ich mit Jingle nicht in den Wald, sondern einfach so die Wege entlang. Der Wallach freute sich nach draußen zu kommen und auch ich freute mich über den Ausritt. Ich war heute wie immer viel gelaufen und da war es toll einfach mal auf Jingels Rücken entspannen zu können. Bei ihm musste ich nicht aufpassen, oder Hilfen geben, er lief einfach die Wege entlang und trug mich. Der Wallach war ein absolutes Verlasspferd und ich liebte ihn dafür. Ich liebte auch die Herausforderung die man mit schwierigen Pferden hatte (sonst würde ich ja wohl kaum Pferdetrainerin werden wollen) doch es gab nichts besseres als nach einem langen Tag bei einem Ausritt zu entspannen. Vielleicht würde ich mir irgendwann ein eigenes Pferd kaufen, denn die Pferde gehörten ja alle Ben. Aber eigentlich brauchte ich das nicht zum glücklich sein, es reichte schon jeden Tag mit Pferden zu arbeiten und ein so tolles Pferd wie Jingle reiten zu dürfen.

 

 

 

 

 

 

 

2.Kapitel

 

Als ich am nächsten Morgen aufwachte war Ben nicht da. Er hatte einen Zettel auf den Küchentisch gelegt:

 

Ich bin bei dem Quarter Horse Gestüt bei Beverly Hills und sehe mir ein paar Pferde an. Vielleicht bring ich auch heute schon eins mit. Du könntest vielleicht mal in Ruhe mit Diana arbeiten, vielleicht auch mit ihr ausreiten. Aber achte dann bitte darauf das du die Wege nimmst auf denen nie was los ist.

Bis später Ben

 

Ich legte den Zettel zurück und schmierte mir ein Brot. Mit dem Brot in der Hand verließ ich das Haus und schlenderte in Richtung Koppeln. Ich würde machen was Ben mir vorgeschlagen hatte und mich in Ruhe um Diana kümmern. Als ich die Koppel erreichte auf der sie stand hatte ich mein Brot aufgegessen und nahm das Halfter in die Hand. Leise rief ich nach den Stuten und dem Fohlen und sie kamen auch sofort. Ich ging auf die Koppel und halfterte Diana auf, sie warf den Kopf hoch und versuchte mir auszuweichen, doch ich konnte sie beruhigen und ihr dann auch das Halfter anziehen. Dann ging ich langsam mit ihr zurück zum Hof. Ich hatte geplant mir beim Putzen Zeit zu lassen und dann mit ihr ein kleines Stück ins Gelände zu gehen. Ich fragte mich wann Ben wieder kommen würde und ob er ein neues Pferd mitbringen würde. Diana war heute überraschend ruhig und ich lobte sie überschwänglich dafür. Sie sollte merken das es richtig toll war wenn sie sich so ruhig verhielt und sich nicht wegen jeder Kleinigkeit erschreckte.

Doch als Bens großer Transporter auf den Hof fuhr war es mit ihrer Ruhe vorbei. Erschrocken stieg Diana und der lockere Knoten mit dem ich den Strick befestigt hatte löste sich. Ben hielt den Transporter an, doch er stieg nicht aus. Wenn er jetzt schnell auf die Stute zukommen würde würde ihre Angst nur noch wachsen. Beruhigend sprach ich auf Diana ein und griff nach dem Strick. Sie wurde wieder ruhiger, doch zitterte noch immer am ganzen Körper. Nun kam Ben langsam zu uns. Er streichelte die Stute kurz und meinte das er uns nicht gesehen hatte, das war auch unmöglich da man nicht auf den Putzplatz sehen konnte wenn man von der Straße kam und eigentlich ahnte man auch nicht damit das Diana sich so erschrecken würde. Schließlich hatten wir sie an die Motorengeräusche des Transporters gewöhnt und es war eher ungewöhnlich das sie in so einer Situation noch erschrak, doch es konnte vorkommen. Als wir die Stute beruhigt hatten und sie wieder angebunden war sagte Ben: „Ich hab einen Hengst gekauft.“ Ich nickte einfach nur und er erzählte weiter: „Er heißt Mentos und ist natürlich ein Quarter Horse. Bring doch Diana nochmal auf die Weide dann zeig ich ihn dir. Ich will hier nicht noch mehr Unruhe stiften.“ ich stimmte ihm zu und band die Stute los. Dann führte ich sie in Richtung der Koppeln. Ausreiten konnte ich auch noch später, jetzt wollte ich erstmal Mentos kennenlernen.

Nachdem ich Diana wieder zu den anderen gebracht hatte, stand ich mit Ben vor dem Transporter. Zusammen machten wir ihn auf und Ben holte Mentos nach draußen. Mentos war ein kräftiger Fuchs mit einer schmalen und sehr geraden Blesse. Neugierig sah er sich um und beschnupperte meine Hand die ich ihm hinhielt. Während ich den Hengst streichelte erzählte Ben etwas über ihn: „Mentos ist vier Jahre alt und jetzt soweit fertig eingeritten. Seine Eltern waren beide schon auf Turnieren erfolgreich und Mentos hat auch das Potential dazu. Ich denk das wir mit ihm vielleicht auch ein bisschen züchten könnten. Er ist toll zu reiten, wenn du willst kannst du ihn auch bald mal reiten.“ „Das wäre toll!“ meinte ich begeistert. Mentos gefiel mir, er war wunderschön und so wie Ben ihn beschrieb musste er toll zu reiten sein. Mein Ausbilder konnte gar nicht mehr aufhören von dem neuen Hengst zu schwärmen. Er war total begeistert.

 

Als wir Mentos versorgt und fürs erste in einer der im Sommer wenig genutzten Boxen im Stall untergebracht hatten ging ich wieder zu Diana. Ich holte sie von der Koppel und machte sie auf dem Hof fertig. Ich wollte jetzt mit ihr ein bisschen ausreiten was ich ja auch schon am Vormittag vorgehabt hatte.

Als ich sie geputzt,gesattelt und getrenst hatte stieg ich auf und lenkte sie behutsam in Richtung Wald. In den Teil des Waldes in den ich wollte kamen so gut nie Spaziergänger (ich hatte erst einmal einen dort gesehen) und so würde uns auch niemand stören. Ich wollte auf keinen Fall das sich die Stute vor irgendetwas erschreckte und im Gelände durchging. Obwohl sie sich ja auch vor anderen Sachen als einem Spaziergänger erschrecken konnte, doch wenn ich die Garantie hatte keine anderen Menschen zu treffen war ich schon um einiges beruhigter.

Doch es ging alles gut, Diana war zwar sehr nervös und im Nachhinein dachte ich mir das es besser gewesen wäre wenn Ben mit Rose und dem Fohlen mitgekommen wäre, aber die Stute riss sich zusammen und benahm sich einigermaßen. Ich war stolz auf sie, das war der erste Ausritt auf dem sie sich nicht vor etwas erschreckt hatte (und sei es nur ein Schatten oder Busch) und blindlings davon gerannt war. Früher hatte sie nicht nur mich oder Ben gefährdet, sondern ganz besonders auch sich selbst, denn wenn sie einmal durchgegangen war hatte man sich nicht mehr halten können bis sich sich von selbst wieder beruhigt hatte. Und wenn Diana sich im Gelände erschreckte war sie nur sehr schwer zu beruhigen. Sie steigerte sich dann richtig in ihre Angst ein und vergaß vollkommen den Reiter auf ihrem Rücken und meist achtete sie auch nicht mehr auf ihre Umgebung.

 

Am späten Nachmittag wollte ich wieder mit Jingle ausreiten. Das war inzwischen fest in meinem Tagesablauf verankert und Ben störte es nicht wenn ich die tägliche Bewegung von dem Wallach übernahm. Er wollte sich immer so viel wie möglich auf das Training der anderen Pferde konzentrieren können und Jingle musste ja nicht trainiert werden. So war es oft vorgekommen (das gab Ben selbst zu) das der Wallach oft zu kurz gekommen war. Ben war froh das ich jetzt jeden Tag mit Jingle ins Gelände ging, denn auch er wusste wie sehr das Pferd das Gelände und die entspannten Ausritte liebte. Ich ging heute wieder mit ihm in den Wald und gab mich vollkommen meinen Gedanken hin. Es war nur das leise Geklapper der Hufe auf dem weichen Waldboden und das gelegentliche Schnauben des Wallachs zu hören. Ein paar Vögel zwitscherten und ich sah sogar ein Reh das im Schatten eines großen Baumes stand. Es ließ sich von mir und Jingle nicht stören, es sah uns einfach an und rannte nicht weg. Ich hatte schon oft gemerkt das durch die Pferde die Rehe blieben wo sie waren solange man nicht zu nahe kam und ich liebte es die scheuen Waldtiere zu beobachten, auch dieses Reh musterte ich so lange wie es ging, doch schon kurz darauf bogen Jingle und ich um eine Kurve und das Reh verschwand aus meinem Blickfeld.

 

 

 

 

3.Kapitel

 

Eine Woche später war Ben wieder unterwegs. Er wollte sich wieder auf ein paar Gestüten umsehen. Manchmal gab es Fohlen die in der Zucht nicht erwünscht waren, manche Züchter schlachteten diese Fohlen, andere verkauften sie billig an Freizeitreiter, die zweite Lösung war natürlich die beste und ich hasste Züchter die Fohlen schlachten ließen nur weil sie nichts ins Zuchtbild passten. Pferde hatten schließlich auch Gefühle und sollten nicht einfach zu ermordet werden. Ich blieb währenddessen wieder auf dem Hof und besuchte Diana, Rose und Harley auf der Koppel. Ich kuschelte mit dem Fohlen und streichelte auch die Stuten.

Dann hörte ich auf dem Hof Bens Transporter und beeilte mich wieder zurück zu kommen. Als ich kam lud er gerade eine pechschwarze Stute aus. Er stellte sie als Hope vor. Hope war drei Jahre alt und hatte zum Verkauf gestanden. Hope war ein Morgan Horse und entsprach genau dem Zuchtbild. Der Züchter hatte gemeint das er sein Gestüt etwas verkleinern wollte und so hatte Ben die Stute zu einem anständigen Preis bekommen, zum Glück war es ein Züchter der seine Pferde nicht einfach so zum Schlachter brachte sondern ein neues Zuhause für sie suchte.

Wir brachten Hope in den Stall. Mentos hatten wir am Tag zuvor zu Mellow und Gino gebracht, die Hengste verstanden sich gut worüber Ben froh war. Wir hatten Jingle und May auch zu Diana, Rose und Harley gebracht da Ben nicht so viele kleine Grüppchen haben wollte.

 

Um die Mittagszeit rum holte ich Mentos von der Koppel und band ihn vor dem Stall an. Ich putzte den Hengst und holte danach sein Sattelzeug. Wie alle Pferde hatte er Westernsattel und Westerntrense. Beides war tiefschwarz und sein weißes Pad hob sich stark davon ab. Das schwarz und weiß sah einfach toll zu dem Fuchs aus. Ich führte Mentos zum Reitplatz und stellte mir dort die Steigbügel ein. Ben kam aus dem Haus und lehnte sich an den Zaun des Reitplatzes um mir zuzuschauen, doch er sagte nichts. Ich stieg auf und ließ den Hengst im Schritt loslaufen. Er lief genauso entspannt wie Jingle. Ben beugte sich etwas weiter über den Zaun und sagte nun: „Lass es langsam angehen, er hat ziemlich Temperament. Wenn er einmal anfängt zu Rennen hört er auch nicht mehr auf.“ ich nickte um ihm zu zeigen das ich verstanden hatte. Mentos lief entspannt mit aufgestellten Ohren.

Nach vielleicht einer viertel Stunde als ich das Pferd warm geritten hatte trabte ich ihn das erste Mal an. Mentos hatte einen sehr schwungvollen und schnellen Trab, doch er war auch gut zu sitzen, genau wie Jingle. Es machte Spaß ihn zu reiten und jetzt konnte ich Bens Begeisterung erst richtig verstehen. Es war einfach ein tolles Pferd und ich musste zugeben das es noch mehr Spaß machte ihn zu reiten wie bei Jingle

Irgendwann (nachdem ich viel getrabt war) meinte Ben das ich auch mal ein Stück galoppieren sollte. Ich ließ Mentos anspringen und er galoppierte mit gewölbtem Hals an. Es war ein schneller, doch ebenfalls sehr schwungvoller und weicher Galopp. Ich musste den Hengst nicht treiben, er lief von allein und hatte richtig Spaß daran.

Ben sah mir und dem Pferd zu, sagte aber nichts. Er war niemand der viel lobte und allgemein redete er auch nie sonderlich viel, aber solange er mich nicht kritisierte und verbesserte war alles gut. Dann machte ich wohl alles richtig.

Ich versorgte Mentos und ließ mir wie immer Zeit dabei. Ich fragte Ben war ich noch alles machen sollte und er meinte das ich ruhig noch mit Mellow und natürlich auch noch mit Jingle ins Gelände gehen konnte. Damit würde ich wahrscheinlich den ganzen Nachmittag etwas zu tun haben. Er selbst wollte ein wenig mit Diana und auch mit Harley trainieren. Ich brachte Mentos zur Koppel zurück und holte direkt Mellow. Ich machte den Hengst fertig und lenkte ihn dann in Richtung Wald. Am liebsten ritt ich im Wald, er hatte einfach die schönsten Wege und auch die besten Galoppstrecken. Ich liebte den Galopp im Gelände wenn es Berg hoch ging und die Hufe des Pferdes dumpf auf dem Waldboden zu hören waren. Ich liebte es allgemein im Gelände zu sein, das Gefühl der Freiheit raubte mir jedes Mal aufs neue den Atem und ich wusste das auch die Pferde (vielleicht mit Ausnahme von Diana, für sie waren die Ausritte ja eher immer stressig) gerne im Gelände waren und auf jedenfall das Gelände der Arbeit auf dem Platz vorzogen. Auch sie liebten die Freiheit, wie bei allem wurde es noch besser wenn man es teilte und eigentlich alle Pferde die ich jemals geritten war liefen lieber im Gelände. Der Trab wurde schneller und natürlich auch der Galopp. Die Pferde kennen immer die Strecken auf denen Galoppiert wird und auf denen sie richtig Gas geben dürfen und das wollen sie dann auch immer machen. Ich konnte das auch verstehen, ich lief auch lieber Wege entlang wie auf einem Platz immer im Kreis.

 

Nachdem ich mit Mellow wieder da war und ihn versorgt hatte aß ich erstmal was da das Frühstück ja schon länger her war und ich kein Mittagessen gehabt hatte. Ich beeilte mich mit dem Essen, weil ich ja auch noch mit Jingle ins Gelände wollte. Wie immer freute ich mich schon sehr darauf. Ich holte den grauen Wallach von der Koppel und band ihn wie immer vorm Stall an. Dann putzte ich ihn und holte sein Sattelzeug. Als er gesattelt und getrenst war schwang ich mich in den Sattel und ritt in Richtung Wald. Ich wollte mit Jingle zu unserer Lieblingsstrecke.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

4.Kapitel

 

Am nächsten Tag kam mich Claire besuchen. Sie hatte vor kurzem ihren Führerschein gemacht und jetzt von unseren Eltern ein Auto geschenkt bekommen. Es war ein alter roter Pick-Up der nicht sehr viel gekostet hatte, doch Claire freute sich sehr darüber endlich ein eigenes Auto zu haben und sich nicht mehr von unseren Eltern überall hinfahren lassen zu müssen. Sie stieg auf dem Hof aus, schlug ihre Autotür zu und kam auf mich zu. Ich putzte gerade Jingle und da meine Schwester ihre Reitsachen dabei hatte schlug ich vor ihr auf Jingle eine Reitstunde zu geben. Claire war eine recht gute Reiterin, doch es gab noch viel das sie lernen konnte und sie meinte immer das sie mal so gut werden wollte wie ich, was mich natürlich sehr ehrte. Wir machten Jingle zusammen fertig und ich lief neben Claire her während sie den grauen Wallach zum Reitplatz führte. Dort gurtete sie noch einmal nach und stellte sich die Steigbügel auf die richtige Länge ein. Ich setzte mich auf den Holzzaun und sah ihr zu als sie aufstieg und losritt. Sie gab behutsame Hilfen und Jingle hörte immer sofort auf jede einzelne von ihnen. Claire lächelte und klopfte dem Wallach den Hals. Sie liebte es genau wie ich zu reiten, doch sie musste auch viel für die Schule tun und hatte daher nicht oft Zeit dazu. Als ich noch zur Schule gegangen war hatte ich das selbe Problem gehabt und der Reitverein in dem ich damals geritten war und der am Stadtrand von Los Angeles gelegen hatte hatte inzwischen zu gemacht. Daher gab es in der Umgebung keine günstige Möglichkeit für Claire zu reiten, was bedeutete das sie nur Reiten konnte wenn sie zu mir kam und das war für sie natürlich immer etwas besonderes.

Nachdem sie Jingle warmgeritten hatte sagte ich ihr das sie mit der Trabarbeit beginnen sollte. Sie tat es sofort und Jingle trabte sofort an. Ich sprang vom Zaun und baute ein paar Hütchen als Slalom auf. Claire und Jingle ritten im Trab und später auch nochmal im Schritt durch und machten dabei keine Fehler. Sie waren ein gutes Team und Claire kam gut mit dem Wallach klar, jedoch war Jingle auch immer sehr kooperativ und tat alles was man ihm sagte oder was man von ihm wollte. Da war es selbstverständlich das Claire mit ihm zurecht kam. Jeder der Jingle einmal geritten hatte liebte ihn, er war einfach ein tolles Pferd.

 

Am Nachmittag (nachdem ich und Claire erst gekocht und dann gemeinsam mit Ben gegessen hatten) beschloss ich mit ihr, Rose und Harley spazieren zu gehen. Wir gingen zu den Koppeln und unterhielten uns dabei über alles mögliche. Sie erzählte mir von der Schule und auch von ihren Freunden und ich erzählte ihr von meiner Arbeit hier auf dem Hof. Sonderlich viel passierte hier ja nicht, aber Claire beneidete mich darum das ich jeden Tag mit den Pferden arbeiten konnte und so viel reiten konnte wie ich wollte. Natürlich war das was tolles, aber inzwischen hatte ich mich schon daran gewöhnt. Am Anfang war es für mich jeden Tag wieder der totale Traum gewesen und Ben hatte mich deswegen oft ausgelacht und gemeint das sich das legen würde, ich hatte ihm erst nicht geglaubt, doch er hatte recht gehabt. Inzwischen gehörte das tägliche Reiten zu meinem Leben, es war nicht mehr was total besonderes, doch ich wollte es auch nicht mehr missen. Es war immer mein Traum gewesen das ich eigene Pferde haben würde und auch wenn ich noch keine eigenen Pferde hatte war es hier auf dem Hof fast das selbe. Schließlich kümmerte ich mich um die Pferde als wären es meine eigenen.

Wir gingen auf die Koppel und ich nahm die Halfter von Rose und Harley vom Zaun. Claire kannte alle drei Pferde hier noch nicht da ich sie ihr bis jetzt noch nicht gezeigt hatte. Sie standen am weitesten vom Hof weg und ich hatte bis jetzt noch nie die Zeit gehabt ihr alle Pferde zu zeigen. Sie war sofort begeistert von Diana und ging zu ihr. Sie streckte Diana die Hand hin und ich wusste das die Stute gleich das Weite suchen würde, ab und zu waren Fremde oder auch Bekannte von Ben auf dem Hof um sich Harley anzusehen den Ben vielleicht verkaufen würde und Diana ließ keine Menschen an sich heran die sie nicht kannte. Sie suchte dann sofort verängstigt das weite und blieb in sicherer Entfernung zu den Menschen stehen. Doch jetzt blieb sie vollkommen ruhig und mir klappte im wahrsten Sinne des Wortes die Kinnlage herunter. Meine Schwester konnte die Stute streicheln und Diana war vollkommen entspannt. Ich hatte sowas noch nie gesehen und ich brachte es auch nicht über mich irgendetwas zu sagen. Ich wollte die beiden nicht stören und halfterte schweigend Rose und Harley auf. Als ich die beiden in Richtung Koppeltor führte drehte sich Claire um und folgte mir und den beiden Pferden. Wir verließen die Koppel und ich drückte ihr den Strick von Rose in die Hand, noch immer wusste ich nicht was ich zu dem sagen sollte was gerade passiert war. Meine Schwester wusste natürlich nicht was gerade in mir vorging und so fragte sie: „Was war das für eine Stute?“ Ich musste lächeln und meinte: „Das war Diana, sie ist eigentlich total schreckhaft und lässt keine Fremden an sich heran. Sowas wie eben ist noch nie passiert.“ Ein betretenes Schweigen entstand zwischen uns und wir gingen nebeneinander den Weg entlang. Zu meiner rechten Seite lief recht entspannt Harley und links neben mit war Claire die an ihrer linken Seite Rose führte. Ich konnte verstehen das sie nicht wusste was sie dazu sagen sollte und das sie das erstmal verdauen musste. An ihrer Stelle wäre es mir genauso gegangen. Für mich war es wie ein Wunder das diese sonst vollkommen scheue Stute meine Schwester einfach so an sich heran gelassen hatte obwohl sie sich nicht kannten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

5.Kapitel

 

An dem darauf folgenden Tag war es schon am frühen Morgen sehr warm. Ben und ich würden heute weniger mit den Pferden arbeiten, aber sie mussten natürlich alle auch ein wenig bewegt werden. Ich sollte als erstes mit Mentos auf dem Platz arbeiten und so ging ich zur Koppel um den Hengst zu holen. Ich zog ihm sein Halfter über und führte ihn zurück zum Hof. Er war vollkommen brav und lief entspannt neben mir her. Auf dem Hof begegnete ich Ben der neue Wasserfässer auf die Koppeln bringen wollte und diese gerade mit Hilfe des Wasserschlauches auffüllte. Ich hatte ihn noch am gestern Abend von dem Vorfall zwischen Claire und Diana erzählt und er hatte es mir nicht glauben wollen. Seiner Meinung nach mussten die beiden eine spezielle Verbindung hatten und Ben hatte gesagt das Claire das nächste mal wenn sie kam mit Diana arbeiten sollte. Ich stimmte ihm in dem Punkt zu, denn vielleicht kam meine Schwester ja auch beim Reiten besser mit der Stute klar wie Ben und ich, wir wollten es auf jeden Fall wissen und waren schon sehr gespannt. Möglich war es auf jeden Fall. Ich machte Mentos fertig und führte ihn dann zum Reitplatz. Dort ließ ich die Arbeit langsam angehen und ließ ihn am Anfang noch viel Schritt laufen. Nach einiger Zeit trabte ich ihn an, legte dazwischen aber immer wieder Schrittpausen ein. Es war wirklich sehr warm und ich wollte ihn nicht überanstrengen. Die ungewohnt hohen Temperaturen waren schon anstrengend genug für die Pferde.

 

Um die Mittagszeit brachte ich Mentos wieder zurück auf die Koppel und ging dann auf den Hof zurück. Ich ging ins Haus und machte mir etwas zu essen. Bis zum späten Nachmittag wollten Ben und ich die Pferde in Ruhe lassen und dann am Abend weiter mit ihnen arbeiten und trainieren. Jetzt war es einfach zu warm dazu und die Pferde sollten sich auf den Koppeln entspannen können. Ich würde am Nachmittag die Sättel und Trensen saubermachen und auch im Haus ein wenig putzen. Die Hausarbeit kam bei mir und Ben immer sehr kurz da wir die meiste Zeit draußen bei den Pferden waren, eigentlich machten wir es immer am Abend, aber wenn ich wie jetzt nichts zu tun hatte konnte ich es ja auch am Nachmittag machen, dann würde ich heute Abend länger etwas mit den Pferden machen können und auch mal Zeit zum entspannen haben.

 

Am Abend beschloss ich mit Mellow in den Wald zu reiten. Im Schatten hatte es sich schon abgekühlt und so würde es im Wald angenehmer sein wie auf dem Feld. Ich machte den Hengst fertig und ließ mir mit dem Ausritt Zeit. Ich wollte danach auch noch etwas mit anderen Pferden machen, aber trotzdem blieb ich recht lang weg. Schließlich hatte ich ja noch Zeit bis es dunkel wurde und im Haus musste nichts mehr gemacht werden, das hatte ich zum Glück schon alles gemacht. Es tat gut bei einem Ausritt mal nicht ständig auf die Uhr gucken zu müssen um noch Zeit für die anderen Pferde zu haben.

Als ich mit Mellow wieder kam zog ich ihm die Trense aus, band ihn an und holte dann einen Eimer mit Wasser damit der Hengst trinken konnte. Danach versorgte ich ihn und brachte ihn zurück zur Koppel. Auf dem Weg traf ich Ben der mir erzählte das er im nächsten Jahr anbieten wollte fremde Stuten von unseren Hengsten decken zu lassen. Ich fand die Idee gut und Ben nahm mir Mellow ab. Er wollte sowieso zu den Hengsten und trug mir auf in den Stall zu gehen und mich um Hope zu kümmern. Sie sollte bald auch zu den anderen Pferden, doch im Moment stand sie noch in einer der Boxen. Schließlich war sie ja auch erst zwei Tage bei uns. Ich ging also wieder zurück auf den Hof und in den kühlen Stall. Hope begrüßte mich freudig, die Stute konnte es kaum erwarten endlich aus ihrer Box raus zu kommen. Ich zog ihr das Halfter an und band sie dann vor ihrer Box in der Stallgasse an. Danach holte ich die Putzsachen aus der Sattelkammer und begann ihr Fell zu säubern. Ich wollte sie nicht reiten, aber ich wollte ein Stück mit ihr spazieren gehen. Dazu musste sie zwar nicht sauber sein, aber es machte mir Spaß sie zu putzen und ich musste ja auch auf ihre Hygiene achten.

Als die Stute sauber war band ich sie los und führte sie aus dem Stall. Ihre Hufe klapperten auf den Steinen und sie zog ungeduldig am Strick. Ich ließ mich davon nicht beeindrucken. Hope freute sich darüber endlich raus zu kommen, was ich verstand. Sie schien am liebsten sofort losgaloppieren und sich austoben zu wollen, doch das ließ ich sie nicht. Sanft aber bestimmt bremste ich sie ab und führte sie vom Hof und über die Feldwege, die Feldwege hier in der Gegend waren immer recht kurz und führten schon bald in den Wald, doch gerade das fand ich schön. Es war noch immer warm, aber es hatte sich schon abgekühlt. Die Schatten wurden länger und ich wusste das es in ungefähr zwei Stunden anfangen würde richtig dunkel zu werden. Also würde ich mich nach dem Ausritt beeilen müssen wenn ich noch was mit einem anderen Pferd machen wollte.

 

Als ich von dem Spaziergang mit Hope wieder kam brachte ich sie wieder in den Stall zurück und fütterte sie. Sie wirkte etwas enttäuscht darüber das ich sie wieder alleine ließ, doch es ging nicht anders, ich hatte schließlich nicht nur sie. Dann ging ich zu den Koppeln um Jingle für unseren täglichen Ausritt zu holen. Ich wollte auch mit ihm in den Wald, jedoch nicht allzu lang da es bald auch dunkel werden würde. Trotzdem ließ ich mir Zeit beim Putzen und nachdem ich ihn gesattelt und getrenst hatte ritt ich entspannt in Richtung Wald. Ich wollte ungefähr eine Stunde lang ausreiten, so lange würde es auf jeden Fall noch hell sein, dass wusste ich.

Jingle freute sich wie immer sehr über unseren Ausritt und ich war glücklich. Es gab wirklich nichts besseres als meinen täglichen Ausritt mit Jingle.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

6.Kapitel

 

Zwei Tage später sollte ich Hope das erste Mal Reiten. Fürs erste würde ich mit ihr auf dem Platz arbeiten und Ben würde mir zusehen. Ich war schon sehr gespannt darauf Hope zu Reiten, wenn sie so viel Feuer wie bei dem Spaziergang haben würde, wäre sie ein perfektes Pferd für mich. Ich liebte Pferde mit Temperament. Zusammen machten Ben und ich die Stute fertig und wie schon vor zwei Tagen war sie sehr stürmisch und wollte unbedingt laufen. Als ich dann auf ihrem Rücken saß trabte sie sofort an. Sanft hielt ich sie wieder an und ließ sie Schritt laufen was ihr gar nicht gefiel. Sie trabte immer wieder an und ich musste mich durchsetzten damit sie auch nur eine halbe Runde im Schritt ging. Sofort war mein Ehrgeiz geweckt mit diesem Pferd klarzukommen. Als ich dann auch traben wollte schoss Hope wie eine Rakete im schnellen Trab nach vorne. Sie hatte viel Temperament und wusste nicht genau wo ihre Grenzen waren. Sie meinte es nicht böse, doch sie verstand auch nicht das sie etwas machte was sie nicht unbedingt machen sollte. Mich störte nicht die Geschwindigkeit, mich störte es das sie nicht auf meine Hilfen wartete und dann viel schneller wurde als ich eigentlich wollte.

Ben lehnte sich über den Zaun und meinte das ich möglichst ruhig mit der Stute umgehen sollte und nicht so viel traben sollte damit sie nicht noch richtig heiß aufs Rennen wurde. Galopp war auch erstmal nicht drin, doch das störte mich nicht. Ich hatte schon genug damit zu tun die Stute zurück zu halten. In der nächsten Zeit würde ich hoffentlich öfters mit ihr Arbeiten können und dann würde ich auch besser mit ihr klar kommen, das wusste ich. Erstmal mussten wir beide uns kennenlernen. Hope sollte jetzt bald zu Jingle und May auf die Koppel und vielleicht würde sie ja dann etwas mehr ausgelastet sein. Schließlich würde sie dann nicht mehr die ganze Zeit in der Box stehen und sich langweilen, sondern konnte soviel laufen wie sie wollte. Aber so richtig glaubte ich nicht daran das sie dann ruhiger und ausgelasteter sein würde.

 

Als ich Hope versorgt war kam Ben auf mich zu: „Ich möchte mal sehen ob Mentos springt. Ich baue auf dem Platz ein paar Hindernisse auf und du machst ihn fertig, ok?“ „Ja klar, ich hole ihn.“ antwortete ich aufgeregt und lief direkt zu den Pferden. Schon immer war ich gerne gesprungen (wenn die Hindernisse nicht zu hoch waren) und war gespannt wie gut und gerne Mentos springen würde. Ich machte den Hengst fertig und sah vom Stall aus wie Ben ein paar Cavalettis und kleine Kreuze aufbaute, ich war froh das die Hindernisse nicht zu hoch waren, denn einmal war ich bei einem Hindernis das vielleicht einen Meter vierzig gewesen war ziemlich mies gestürzt und hatte daher an diese hohen Sprünge nicht die besten Erinnerungen. Mentos schaute immer wieder interessiert zum Platz herüber und schien sich zu fragen was Ben da machte.

Schließlich hatte ich Mentos gesattelt und getrenst und führte ihn zum Reitplatz. Dort stieg ich auf und zog dieses Mal auch einen Reithelm an. Eigentlich ritt ich nur mit Cowboyhut, aber wenn ich sprang war es mir wichtig das ich den Kopf geschützt hatte. Es konnte ja sonst was passieren, zum Beispiel konnte ich wie schon so oft vor nach oder während dem Sprung stürzen und ich war ja auch nur eine mittelmäßige Springreiterin. Da konnte es ja mal passieren das ich das Gleichgewicht verlor. Doch eigentlich hatte ich so langsam den Dreh raus, ich durfte einfach nicht zu weit aus dem Sattel aufstehen (was ich eigentlich eh nie machte) und wenn ich mit den Füßen fest in den Steigbügeln stand und mein Gewicht in die Steigbügel verlagerte hatte ich auch den nötigen Halt um oben zu bleiben.

Nachdem ich den Hengst warmgeritten hatte lenkte ich ihn im Trab auf das erste Cavaletti zu und er sprang flüssig darüber. Sobald wir gelandet waren galoppierte ich ihn an und ritt auf ein weiteres Cavaletti zu. Auch darüber sprang Mentos ohne Probleme, er sprang passend ab, flog über das Hindernis und landete sanft. Nun lenkte ich ihn zu einem Kreuz über das er ebenfalls flüssig und ohne Probleme sprang. Mentos schien richtig Spaß beim Springen zu haben und er fiel zwischen den einzelnen Hindernissen auch nicht in den Trab oder in den Schritt wie es vielleicht andere Pferde taten. Ich klopfte ihm den Hals und ließ ihn noch über ein paar weitere Sprünge springen bevor ich ihn trockenritt und schließlich versorgte. Ben war zufrieden mit uns beiden und baute den Parcours wieder ab.

 

Nach dem Mittagessen ging ich zusammen mit Ben wieder zu den Pferden. Er hatte mir aufgetragen mit Diana ein wenig Bodenarbeit zu machen während er mit Rose und Harley arbeitete. Ich hatte damit kein Problem auch wenn Diana bestimmt wieder sehr unruhig sein würde. Ich wollte unbedingt sehen was passierte wenn meine Schwester mit der Stute arbeitete und konnte es kaum erwarten bis sie mich endlich wieder besuchen kam. Doch jetzt war sie nicht da und ich hatte die Aufgabe mit Diana zu arbeiten und meine Schwester war nicht da. Ich hatte für die Bodenarbeit nichts besonderes geplant. Ein paar Führübungen und Bodenstangen, dazu noch ein Slalom und vielleicht (wenn die Stute heute gut mit sich arbeiten ließ) auch noch eine Sprühflasche mit Wasser. Doch soweit würde ich bestimmt nicht kommen, denn auch vor Wasser hatte Diana panische Angst.

Ich hatte ja so schon Mühe mit ihr zu arbeiten, sie war rein gar nicht kommunikativ und zuckte bei dem kleinsten Geräusch panisch zusammen. Also würde ich einfach schauen zu welchen Aufgaben sie bereit war und dann das beste daraus machen.

 

Nach der anstrengenden Bodenarbeit mit Diana brachte ich sie auf die Koppel zurück und holte Jingle. Ich freute mich auf einen entspannten Ausritt nach der Arbeit mit Diana, die Stute war sehr unruhig gewesen und hatte eigentlich bei jeder Übung gescheut. Sie war noch immer sehr schreckhaft und ängstlich und ich war mir inzwischen sicher das das auch immer so bleiben würde. Wenn ich und Jingle wieder da waren und ich den Wallach versorgt haben würde dann würde ich vielleicht noch mit Mellow arbeiten. Worauf ich mich auch schon sehr freute.

Als ich und Jingle wieder auf einem unserer üblichen Waldwege waren sah ich zwischen den Bäumen an unserer rechten Seite einen Container von dem Planen herunterhingen. Jingle schaute den Container interessiert an, ging jedoch ohne Probleme weiter. Mit den schreckhafteren Pferden (besonders Diana) würde ich jetzt nicht mehr diesen Weg benutzen und ich würde auch Ben Bescheid sagen. Wenn eines der Pferde nämlich Angst vor dem Container, oder eher vor den Planen bekam und durchging konnte das böse enden und meistens war ich ja auch allein unterwegs so das es kein anderes und mutigeres Pferd gab das vorgehen konnte. Also würde es das beste sein wenn man mit den Pferden die keine besonders starken Nerven hatten diesen Weg mied. Es gab genug andere Wege die genauso schön waren wie dieser und so würde es keinen Unterschied machen. Ich ritt eigentlich nie die selben Wege, sondern suchte mir oft neue Routen. So gewöhnten sich die Pferde nicht zu sehr an bestimmte Strecken und hatten auch mehr Abwechslung.

 

Am Abend ging ich noch mit Mellow auf den Reitplatz. Ich machte nichts besonderes, nur Schritt, Trab, Galopp, etwas rückwärts richten und auch sehr viele Übergänge (Stehen-Schritt, Schritt-Trab, Trab-Galopp, Stehen-Trab). Ben wollte mit Mellow auch das angaloppieren aus dem Stand üben, aber jetzt klappte es noch nicht. Später sollte der Hengst auch den berühmten Slinding Stop lernen, also das Stoppen aus dem vollen Galopp. Rückwärts richten klappte schon sehr gut und auch schon mehrere Meter am Stück. Mellow lernte schnell und daher war ich mir sicher das er bald aus dem Stand angaloppieren würde. Und in ein paar Wochen oder einem Monat würde er auch den Slinding Stop einigermaßen beherrschen. Ich liebte es Ben zuzusehen wenn er mit Jingle arbeitete, denn der graue Wallach konnte so ziemlich alles und natürlich auch den Slinding Stop. Ab und zu hatte ich auch schon einen Slinding Stop mit Jingle gemacht und es war immer ein atemberaubendes Gefühl gewesen wenn das Pferd aus dem vollen Galopp auf den Hinterbeinen über den Boden schlitterte und dann anhielt.

 

 

 

 

 

 

 

 

7.Kapitel

 

Vier Tage später kam wieder Claire zu Besuch. Es war zwar erst eine Woche her das sie das letzte Mal da gewesen war aber ich freute mich sehr über ihren Besuch. Schon bald war klar das nicht ich sondern Diana der Grund für ihren Besuch gewesen war, es hätte mich auch gewundert wenn es nicht so gewesen wäre. Meine Schwester schien sich total in die Stute verliebt zu haben.

Nachdem sie aus ihrem Auto gestiegen war wollte sie sofort zu ihr und ich ging mit ihr zusammen zur Koppel. Dann nahm ich Dianas Halfter vom Zaun und gab es meiner Schwester. „Wenn du willst kannst du sie mal einfangen.“ sagte ich mit einem Zwinkern. Claire grinste mich an und ging ohne etwas zu erwidern in die Koppel. Sie lief direkt auf die Appaloosa Stute zu und bei jedem anderen Menschen wäre Diana jetzt auf und davon gewesen, nicht so bei meiner Schwester. Bei ihr blieb sie ruhig stehen und ließ sich ohne Probleme das Halfter überstreifen. Diana folgte ihr am durchhängenden Strick bis zu mir. Ich machte das Koppeltor auf und die beiden kamen heraus, hinter den beiden schloss ich das Tor und stellte den Strom wieder an. Die Stute war vollkommen ruhig und entspannt. Ich wusste nicht was ich dazu sagen sollte, also hielt ich den Mund und beobachtete die Beiden einfach nur. Wir gingen zusammen zum Hof wo ich meine Schwester anwies die Stute anzubinden. Diana war noch immer vollkommen ruhig. Ich ging los um die Putzsachen von Diana zu holen und ließ meine Schwester mit ihr allein. Als ich vielleicht eine Minute später wiederkam (ich hatte mir Zeit gelassen) waren die beiden am kuscheln. Normalerweise war es ein Problem die Stute am Kopf anzufassen, doch bei Claire registrierte sie es ohne die leiseste Unruhe. Es war als wären die beiden füreinander bestimmt. Ich sah Claire dabei zu wie sie anfing die Stute zu putzen. Diana fing an zu dösen, soweit ich wusste hatte sie das noch nie in der Nähe eines Menschen gemacht, geschweige denn während sie angebunden war und geputzt wurde.

Ben kam aus dem Haus und stellte sich neben mich. Er sagte mich aber seinem Blick sah ich an das er genauso wie ich über Dianas Verhalten erstaunt war. Er lehnte sich zu mir rüber ohne den Blick von meiner Schwester und der Stute zu wenden und flüsterte: „Ich habe Diana noch nie so entspannt gesehen. Ich weiß nicht was da zwischen ihr und deiner Schwester ist, aber es ist etwas total besonderes.“ Ich nickte, noch immer wusste ich nicht richtig was ich zu dem allem sagen sollte. Ich war immer noch zu verblüfft von dem Verhalten des Pferdes. So eine Bindung hatte ich noch nie zwischen einem Pferd und einem Menschen gesehen wenn sie sich erst so kurz kannten.

 

Claire hatte Diana fertig geputzt und drehte sich zu mir und Ben um. Ben lächelte ihr ermutigend zu: „Komm mit ich zeig dir ihr Sattelzeug, dann kannst du sie fertig machen. Du kannst sie dann auf dem Reitplatz reiten.“ Er ging in Richtung Sattelkammer und meine Schwester folgte ihm sofort. Auch ich ging mit. Ben gab Claire Dianas Pad, mir die Trense und nahm selbst den Sattel. So gingen wir wieder nach draußen und Claire legte das Pad ordentlich auf den Wiederrist der Stute und zog es dann auf den Rücken bis es richtig lag. Dann gab Ben ihr den Sattel, diesen legte sie etwas unelegant und schwerfällig auf Dianas Rücken. Das war der Moment wo ich dachte das die Stute endgültig durchgehen würde, doch sie blieb vollkommen ruhig und drehte nur die Ohren leicht nach hinten in Claires Richtung, doch nicht so das es als Drohung zu verstehen war. Sie wollte einfach nur wissen was hinter ihr an Geräuschen zu hören war. Ich gab meiner Schwester die Trense und sie ging zum Kopf der Stute. Dann zog sie ihr das Halfter aus und direkt die Trense an. Bei jedem anderen Menschen hätte Diana den Kopf hoch geworfen und wäre rückwärts ausgewichen um das Gebiss nicht ins Maul nehmen zu müssen, aber bei Claire machte sie natürlich nichts und nahm das Gebiss brav in den Mund. Zu diesem Zeitpunkt hätte es mich auch schon gewundert wenn die Stute etwas getan hätte. Sie schien Claire vollkommen zu vertrauen.

Nun kam der spannendste Teil, Claire würde Diana reiten. Das war immer recht problematisch da es sich ja um ein sehr schreckhaftes und sensibles Pferd handelte. Die Stute reagierte auf jede Hilfe überempfindlich und erschreckte sich vor so ziemlich allen Sachen die auf dem Platz oder sonst wo waren. Also waren Ben und ich sehr gespannt wie die Stute sich bei Claire verhalten würde. Doch ich war mir sehr sicher das meine Schwester ebenfalls aufgeregt und gespannt war, auch wenn sie es nicht zeigte.

Wir gingen hinter Claire her als sie Diana losband und mit ihr zum Reitplatz ging. Dort gurtete sie nochmal nach (Diana blieb natürlich auch dabei ruhig, was sie sonst nicht tat, da konnte man mit einem Satz nach vorne oder hinten rechnen oder auch mit einem drohenden Biss in die eigene Richtung) und stellte sich dann die Steigbügel auf die richtige Länge ein. Ben und ich lehnten uns an den Zaun und sahen zu wie meine Schwester von einem Hocker aus aufstieg. Diana blieb ruhig stehen und wartete bis Claire auf ihrem Rücken war, das hatte sie noch nie getan, wenn Ben oder ich aufstiegen tänzelte sie auf der Stelle und blieb NIE ruhig stehen. Es war als würde an Dianas Stelle eine andere Stute stehen, eine die genauso aussah nur VIEL ruhiger, entspannter und gelassener war. Die Stute sah zwar noch aus wie sie selbst, war in der Gesellschaft von Claire aber nicht mehr wiederzuerkennen. Sie lief vollkommen ruhig und entspannt, auch wenn sie von ihrer Reiterin eine Hilfe bekam erschrak sie nicht. Sie trabte an als Claire es wollte und parierte auch sofort durch als sie später die Parade bekam. Unauffällig beobachtete ich Ben aus dem Augenwinkel, ihm stand im wahrsten Sinne des Wortes der Mund offen. So lange hatte er mit der Stute ohne eine wirkliche Besserung gearbeitet und jetzt kam meine Schwester, setzte sich einmal auf den Rücken der Stute und Diana lief so gut als ob sie niemals etwas anderes gemacht hatte und das am besten ausgebildete Pferd der Welt war. Es war einfach unglaublich. Dieses Gefühl das man beim zuschauen hatte war nicht in Worte zu fassen, man konnte einfach spüren wie nah sich die beiden waren und das war atemberaubend.

 

Am späten Nachmittag konnte ich meine Schwester endlich dazu bringen Diana wieder zu verlassen. Wir hatten sie nach dem Reiten nur schnell versorgt und dann auf die Koppel zurück gebracht. Danach hatte Claire die ganze Zeit mit ihr geschmust, was die Stute mit totaler Ruhe mitgemacht hatte. Da sie in zwei Stunden wieder fahren musste schlug ich vor noch einen Ausritt mit Mellow und Mentos zu machen. Claire nahm Mellow und ich Mentos. Wir machten die beiden Hengst fertig und unterhielten uns dabei. Ben war bei Jingle, heute wollte er mit ihm arbeiten. Er hatte vor ein paar Übungen mit ihm zu machen, denn Jingle hatte wie gesagt Western total drauf und Ben hatte schon lange nicht mehr mit ihm gearbeitet. Soviel ich wusste wollte er Slinding Stops üben, aber auch Übergänge, Starts und Wendungen.

Claire und ich hatten die Pferde für den Ausritt fertig gemacht und stiegen in die Sättel. Dann ritt ich voran in Richtung Wald. Da wir ja zu zweit waren wollte ich auch den Weg nehmen wo der Container stand. Ich war mir nicht sicher ob Mentos vorbeigehen würde, aber Mellow würde es bestimmt machen.

Der Container stand direkt hinter der Galoppstrecke und so parierte ich Mentos ein wenig früher durch. Er hatte den Container schon gesehen und schaute ihn misstrauisch an. Ich gab Claire ein Zeichen und sie und Mellow überholten uns sofort. Mellow lief ohne Probleme an dem Container vorbei und jetzt folgte ihm auch Mentos. Durch Mellows Gelassenheit war er nun sicher das der Container ihm nichts tun würde und ging daran vorbei. Ich lobte ihn und versprach ihm eine dicke Karotte wenn wir wieder auf dem Hof waren. Ich fand es gut das er nur kurz gezögert und keine größeren Probleme gemacht hatte.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

8.Kapitel

 

Am nächsten Tag wollten Ben und ich um die Mittagszeit nach Los Angeles fahren. Doch vorher wollte ich noch mit Rose und Harley auf den Platz und dort ein wenig mit der Stute arbeiten. Ich holte Stute und Fohlen von der Koppel und putzte sie nach einander. Dann sattelte und trennte ich Rose und führte sie herüber zum Platz, das Fohlen folgte uns in einigem Abstand, kam jedoch mit zum Reitplatz. Rose war ein tolles Pferd, sie war zwar etwas faul, ließ aber mit sich arbeiten und solange man nicht zu viel von ihr wollte war sie auch bereit mal einen Zahn zuzulegen. Harley war um einiges temperamentvoller wie seine Mutter und sprang die ganze Zeit um uns beide herum. Ab und zu wies seine Mutter ihn zurecht wenn er zu stürmisch wurde. Immer wieder trank er und ich ließ ihn natürlich. Rose war eine tolle Mutter und hatte heute auch beim Reiten richtig gute Laune. Also konnte ich sie auch dazu überreden eine halbe Runde für mich zu galoppieren.

 

Nachdem Rose und Harley versorgt und wieder auf der Koppel waren ging ich ins Haus und zog mir saubere Klamotten an, schließlich konnte ich ja nicht in den Reitsachen nach Los Angeles fahren. Es war nicht unbedingt ein Problem das es Reitsachen waren, sie waren einfach total schmutzig und wenn ich mich schon umzog dann konnte ich mir auch etwas ganz anderes anziehen. Als ich mich umgezogen hatte ging ich zusammen mit Ben wieder aus dem Haus und wir stiegen ins Auto. Ben fuhr los und wir redeten beide nicht. Ben war genauso ungesprächig wie ich und ich war froh mich nicht mehr als nötig zu unterhalten müssen. Ich hatte echt Glück mit ihm, er ließ mir total viele Freiheiten und vertraute mir, außerdem zwänge er mir (wie schon gesagt) keine Gespräche auf. Die ganze Fahrt über schwiegen wir, was ich sehr angenehm fand.

Das Radio lief leise und ich sah aus dem Fenster. Die Fahrt in die Stadt würde etwas mehr als eine Stunde dauern, doch das fand ich nicht schlimm. Ben wollte sich in der Stadt mit ein paar Bekannten treffen und ich wollte natürlich zu meiner Familie. Ich hatte meine Eltern jetzt schon recht lange nicht mehr gesehen und freute mich schon sehr darauf. Aber auch darauf Claire wieder zusehen freute ich mich schon sehr. Ich liebte meine kleine Schwester über alles und wir hatten eine viel bessere Bildung wie die meisten anderen Schwestern.

 

Wir kamen in Los Angeles an und auch gut durch den Stadtverkehr. Ben ließ mich in der Straße raus in der die Wohnung meiner Familie lag und ich ging das letzte Stück zu Fuß, so hatte ich es schon vorher mit Ben abgesprochen und es war das einfachste. Denn sonst hätte Ben noch einmal in die für ihn vollkommen falsche Richtung fahren müssen und wenden konnte man hier nicht gerade gut. Dann stand ich auch schon vor der Haustür und klingelte. Sofort wurde die Tür geöffnet und ich lief die Treppen hoch. An der Tür wartete schon meine Mutter Lorna die mich zur Begrüßung umarmte. Sie zerdrückte mich fast und lachend sagte ich: „Jetzt zerquetsch mich doch nicht Mum.“ Sie lächelte mich an und wir gingen gemeinsam ins Wohnzimmer. Zu diesem Zeitpunkt sollte ich vielleicht mal sagen das meine ganze Familie nicht sonderlich gesprächig war. Wir hatten noch nie viel geredet und immer nur über das nötigste. Claire war die die am meisten redete und auch wirklich mit jedem ein Gespräch anfing. Ich umarmte meinen Vater James der gerade den Tisch im Wohnzimmer deckte. Meine Mutter hatte Kuchen gebacken und wir setzten uns alle an den Tisch. Claire fragte natürlich nach Diana und ich meinte das es ihr gut ging. Warum sollte es ihr auch nicht gut gehen und meine Schwester wusste das es ihrem Lieblingspferd gut ging, schließlich war sie noch am Tag zuvor auf dem Hof gewesen und hatte sie umsorgt und geritten. Ich hatte mit Ben noch einmal über die Beziehung zwischen Claire und Diana gesprochen und er hatte gemeint das meine Schwester ruhig so oft sie wollte vorbeikommen konnte und sich dann selbstständig um die Stute kümmern durfte. Ich überbrachte meiner Schwester diese Nachricht und sie war vor Freude vollkommen außer sich. Kreischend sprang sie durch die Wohnung und unsere Eltern und ich brauchten lange bis wir sie wieder beruhigt hatten. Ich wollte jedoch nicht lange bei meiner Familie bleiben, schon in einer Stunde wollte ich mich mit Ben in einem Café treffen und dann wollten wir noch einen alten Freund von ihm treffen der Paint Horse Züchter war. Auf dieses Treffen war ich schon sehr gespannt und ich fragte mich ob Ben nun vielleicht auch ein Paint Horse kaufen würde.

 

Das Café hatte ich schnell gefunden, schließlich kannte ich mich ja in Los Angeles noch von meiner Kindheit und Jugend aus und in dem letzten halben Jahr hatte sich natürlich nichts geändert. Ben saß schon an einem der Tische und ein mir fremder Mann saß ihm gegenüber. Er trug Jeans, Cowboystiefel, Lederjacke und Cowboyhut. Als er mich sah stand der Mann auf. Er grinste mich breit an und meinte: „Ich bin Logan Harper.“ Ich ergriff seine Hand und stellte mich ebenfalls vor: „Gwendolyn Hogan, ich mach bei Ben meine Ausbildung.“ Wir setzten uns beide hin und Logan (der redete wie ein Wasserfall) erzählte mir etwas von ihm. „Also ich hab am Rand von LA ein Paint Horse Gestüt, das hat Ben dir schon bestimmt erzählt. Ich hab es von meinem Vater geerbt und arbeite seit meinem Schulabschluss jeden Tag mit den Pferden, also seit sieben Jahren. Ich bin 25 Jahre alt. Achso Ben hab ich auf einer Mustangauktion kennengelernt. Damals hast du Mellow gekauft, oder Ben? Ich hab damals Freedom gekauft, er ist klasse, wenn auch sehr wild. Er will einfach nicht ruhig stehen. Achso Gwendolyn, Freedom ist natürlich auch ein Mustang, er ist echt toll. Wenn du willst zeig ich ihn dir mal.“ Ich nickte nur, denn Logan redete sofort weiter. Ich sah ihn an, er hatte gebräunte Haut und blonde Haare. Er saß vollkommen lässig auf seinem Stuhl und seine blauen Augen leuchteten während er von seinem Gestüt und seinen Pferden erzählte. Er lud mich und Ben auf sein Gestüt ein und wir vereinbarten in einer Woche zu Besuch zu kommen. Er hatte auch einige Pferde die zum Verkauf standen und er würde sie uns billiger verkaufen wenn wir an ihnen interessiert waren. Logan erzählte uns von den Pferden die zum Verkauf standen und erzählte alles mögliche über sie. Irgendwann hörte ich nicht mehr so genau zu. Ich war niemand der lange zuhören konnte, irgendwann ließ meine Konzentration einfach nach und ich schaltete ab. So auch jetzt, ich sah mich im Café um und beobachtete die anderen Leute die ihre Getränke tranken, Kuchen aßen und sich ebenfalls unterhielten. Nicht das mich Logans Erzählungen nicht interessiert hätten, es war einfach zu viel was er erzählte. Irgendwann fragte ich: „Wann ist eigentlich die nächste Mustangauktion?“ Logan grinste mich an und ging sofort auf meine Frage ein: „So viel ich weiß im nächsten Februar. Ich denke ich fahre hin. Was ist mit euch Ben?“ Dieses eine Mal ließ er Ben sogar zu Wort kommen. Dieser meinte das er es schon vorhatte. Es war ja immer großes Glück wenn man ein Pferd zog und er hatte zwar schon öfters Glück gehabt, jedoch natürlich nicht immer. Logan selbst hatte nur ein Mal ein Pferd adoptiert, Freedom, von dem er uns ja schon zur Genüge erzählt hatte. Jetzt erzählte er sogar noch mehr und ich fragte mich wie er sich so viel zu jedem einzelnen seiner Pferde merken konnte. Ben beugte sich zu mir: „Wenn er einmal angefangen hat zu reden hört er so schnell nicht auf. Wir werden also noch länger hier sein.“ Er klang nicht genervt, eher belustigt und Logan hatte Ben zum Glück nicht gehört. Ich musste grinsen. Es störte mich nicht noch länger hier zu sein, ich fand es lustig Logan beim Reden zuzuschauen. Er redete mit vollem Einsatz und machte viele Gesten um seine Worte zu verdeutlichen. Außerdem schien er dem Reden auch nicht müde zu werden.

 

Wir hatten drei Stunden mit Logan in dem Café gesessen bis er weg gemusst hatte. Jetzt waren wir wieder bei uns auf dem Hof und ich hatte Hope von der Koppel geholt um einen kleinen Ausritt mit ihr zu machen. Es war der erste Ausritt den ich mit ihr machte und sie war genauso gut zu reiten wie auf dem Platz. Sie machte überhaupt keine Probleme und lief auch an dem Container ohne Probleme vorbei. Ich war sehr zufrieden mit der Stute und freute mich über die Ruhe. Ich hatte Kopfschmerzen von Logans vielem Gerede und da war ein Ausritt mitten im Wald einfach das beste um sich wieder zu entspannen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

9.Kapitel

 

Eine Woche später fuhren wir zu dem Gestüt von Logan. Es war wieder ungefähr eine Stunde Fahrt und ich freute mich schon sehr darauf die Pferde von Logan kennenzulernen.

Als wir bei ihm ankamen wartete er schon auf dem Hof. Er begrüßte uns und zeigte uns dann als erstes Freedom. Danach zeigte er uns all seine Fohlen und konnte uns jeden der einzelnen Stammbäume auswendig sagen. Das interessierte mich und Ben jedoch reichlich wenig, doch wir sagten es Logan nicht und ließen ihn einfach weiter reden.

Dann zeigte er uns die Pferde die zum Verkauf standen und nun hörte ich dem zu was er sagte. Als erstes stellte er uns einen wunderschönen Rappscheckhengst vor: „Das ist Shadow, er ist jetzt 5 Jahre alt und richtig lieb. Er läuft auf dem Platz, in der Halle, im Gelände. Shadow hat noch nie Probleme gemacht und er ist total toll. Starts und Stops hat er auch schon gelernt und beherrscht sie. Ich denke er wäre ein gutes Pferd für dich Ben. Du kannst ihn gerne mal Probereiten wenn du willst.“ Ben nickte und stimmte zu. Logan meinte das er uns erst noch die anderen Pferde zeigen wollte und wir dann einige zu Probe reiten konnten. Als nächstes zeigte er uns eine Fuchsscheckstute. „Das ist Happily. Sie ist die Tochter von Shadow und jetzt 2 Jahre alt. Sie kennt schon Bodenarbeit und läuft als Handpferd auf dem Platz und in der Halle. Am besten natürlich im Gelände. Sie ist sehr menschenbezogen und mutig, außerdem auch immer sehr kooperativ. Wenn sie einmal eingeritten ist wird sie ein tolles Reitpferd sein. Ich denke sie würde zu dir passen Gwendolyn.“ Ich fragte nicht warum er das dachte, Ben hatte mir am Tag zuvor erzählt das Logan immer genau einschätzen konnte welches Pferd zu welchem Mensch passte und er hatte sich angeblich noch nie geirrt, was ich jedoch nicht so richtig glaubte. Daher war er natürlich als Verkäufer sehr beliebt, denn jeder Pferdemensch wollte ja ein Pferd das zu ihm passte und nicht eines bei dem die Chemie einfach nicht stimmte. Wie Logan das machte wusste Ben auch nicht, Logan hatte es ihm mal erzählt, aber es war ja unmöglich sich etwas zu merken was Logan sagte. Dazu redete er einfach viel zu viel. Es musste wohl eine Art sechster Sinn sein. Logan wusste es einfach wenn Pferd und Mensch sich gegenüber standen und sagte es dann auch.

 

Als wir alle Pferde gesehen hatten wollte Ben nur Shadow Probereiten, Logan war sofort dafür und die beiden machten das Pferd gemeinsam fertig. Ich wollte auf jeden Fall Happily kaufen und war gerade bei ihr. Wenn Logan schon sagte das sie zu mir passte würde es bestimmt auch so sein. Ich glaubte seinem Urteil. Ich kuschelte mit Happily, die Stute hatte mir sofort vertraut und ich liebte sie jetzt schon. Bei Ben und Shadow hatte Logan nichts gesagt, doch als mein Ausbilder den Hengst Probe geritten war nickte der junge Züchter und meinte das es zwischen den beiden passen müsste. Sie hatten zwar einige Meinungsverschiedenheiten, aber Logan meinte das Shadows Vertrauen zu Ben einfach noch etwas fehlte und auch der Respekt. Doch das würde mit der Zeit und intensivem Training alles kommen.

Wir bezahlten die beiden Pferde und verluden sie in den Hänger den wir schon mitgenommen hatten. Logan gab uns die Papiere von Shadow und Happily und auch die Putzsachen und Shadows Sattelzeug. Wir brachten alles ins Auto und verabschiedeten uns dann von Logan.

Ich stieg ins Auto und war überglücklich. Happily war mein erstes eigenes Pferd und ich hatte sie dank Logan gefunden. Ich hatte noch nie einen Menschen getroffen, oder von einem gehört, der merkte welche Pferde und Menschen zusammen passten. Ich war einfach Sprachlos über diese Fähigkeit und dankbar darüber das ich durch diese Fähigkeit Happily bekommen hatte. Von allein hätte ich mir sicher kein zwei Jahre altes Pferd gekauft, sondern eher ein ausgebildetes. Doch es sollte so sein das ich und Happily zusammen kamen und ich nahm es mit großer Freude so hin.

 

Nachdem wir Shadow und Happily in den Stall gebracht hatten ging ich zu den Koppeln und holte Jingle. Noch immer dachte ich die ganze Zeit über Logans sechsten Sinn nach, es faszinierte mich und ich beschloss Logan das nächste Mal näher dazu zu fragen, doch leider wusste ich nicht wann ich ihn wiedersehen würde.

Mit Jingle ging ich natürlich wieder ins Gelände. Ich mochte diesen Teil meines Tages da Jingle einfach wie ein Fels in der Brandung war, immer vollkommen ruhig und entspannt. Wenn ich aufgebracht (was eher selten war) oder nervös war konnte der Wallach mich mit seiner bloßen Anwesenheit beruhigen. Heute war er so wie immer, doch ich konnte meine Gedanken nicht so in die Ferne schweifen lassen wie sonst. Ich musste die ganze Zeit an Logan und Happily denken. Ich freute mich schon auf das nächste Jahr, dann würde ich mit der Ausbildung von meiner Stute beginnen. Es würde bestimmt toll sein wenn ich mir mein Pferd selbst ausbildete. Logan hatte viel über Happily erzählt und wenn sie sich an Sattel, Trense usw. so schnell gewöhnte wie an Halfter, Putzzeug und andere Sachen, dann würde es nicht lange dauern bis ich sie eingeritten hatte. Vielleicht wollte ich später auch selbst einmal züchten, doch erst einmal stand meine Ausbildung im Vordergrund und dahinter kam direkt Happily. Wenn ich irgendwann einen eigenen Hof haben würde, dann würde ich auch züchten und mir wahrscheinlich auch noch mehr Pferde kaufen. Denn allein würde ich Happily schließlich nicht halten können.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

10.Kapitel

 

Inzwischen war es Februar und ich hatte Logan seit dem letzten Juni nicht mehr gesehen. Ich hatte über den ganzen Winter viel Zeit mit Happily verbracht und hatte ihr Vertrauen nun vollkommen gewonnen. Sie lief mir ohne Strick und Halfter hinterher, egal ob auf der Koppel, auf Feldwegen, auf dem Hof, im Stall, auf dem Reitplatz, in der Reithalle oder auch auf den Waldwegen. Logan hatte wirklich recht gehabt, wir passten richtig gut zusammen und ich war froh die Stute zu haben. Ich liebte es wenn ich zur Koppel ging und sie mir entgegenlief und ihren Kopf gegen meine Brust legte. Harley war inzwischen abgesetzt und stand bei den anderen Hengsten. Jingle, May, Diana, Rose, Hope und Happily standen auf einer anderen Koppel. Noch immer kam Claire oft (eigentlich jedes Wochenende) zu Diana und konnte inzwischen ohne Probleme mit ihr ausreiten. Meistens kam ich dann zusammen mit Rose mit, da es Ben und mir zu unsicher war Claire und Diana allein ins Gelände zu lassen. Wir warteten noch immer auf den Tag an dem sie bei Claire durchging, doch der kam einfach nicht.

Gerade saß ich im Haus und schrieb eine Mail an meine Eltern. Ich schrieb ihnen ab und zu damit wir nicht den Kontakt verloren was wir alle nicht wollten. Die Mail war fertig und gerade abgeschickt als das Telefon klingelte. Ich hob ab und meldete mich. Es war Logan: „Hey Gwendolyn. Wie geht’s dir? Ich weiß ich hab mich lang nicht gemeldet, aber ich hatte viel auf dem Hof zu tun. Ich hab nur gerade erfahren das morgen eine Mustangauktion stattfindet. Du hattest ja gesagt das du auch mal zu einer willst und ich könnte dich und Ben mitnehmen. Er kann mich ja nochmal zurückrufen. Wenn ich nichts von euch höre bin ich um acht Uhr morgen früh bei euch auf dem Hof und dann fahren wir zu der Auktion.“ „Ähh, ja ich richte es ihm aus.“ sagte ich vollkommen perplex. Dann fragte Logan nach Shadow und Happily und ich berichtete das es beiden gut ging. Ich erzählte auch von der Beziehung zwischen mir und Happily und meinte das sie einfach mein Traumpferd war. Ich freute mich schon darauf sie selbst einzureiten (Ben wollte mir dabei helfen) und sie dann auch zu reiten. Für mich gehörte das Reiten nicht unbedingt zur Arbeit mit dem Pferd, mir machte auch alles andere Spaß, aber ich kannte Happily schon so lange und konnte es kaum erwarten endlich auf ihrem Rücken zu sitzen. Wenn sie nur ein bisschen nach ihrem Vater kam musste sie ein tolles Pferd sein. Sie hatte in May eine gute Freundin gefunden, die beiden waren unzertrennlich und sollten in diesem Jahr auch parallel eingeritten werden.

Ich liebte es den beiden jungen Stuten zuzusehen. Sie waren ein Herz und eine Seele. Wenn sie auf der Koppel waren standen sie Seite an Seite beieinander und als die Pferde im Winter mehr im Stall gewesen waren (sie waren auch jetzt noch über Nacht im Stall) hatten wir ihnen Boxen nebeneinander geben müssen da beide so lange keine Ruhe gegeben hatten bis sie wieder zusammen waren. Diese Freundschaft zwischen zwei Pferden zu sehen war total toll. Und ich hoffte die beiden nie trennen zu müssen.

Ich freute mich schon auf die Mustangauktion und hoffte das es für Ben ok war wenn wir am nächsten Tag zusammen mit Ben hin fuhren.

 

Ich ging aus dem Haus und zu den Koppeln. Ich wollte einen kurzen Spaziergang mit Happily machen. Wie immer wenn ich auf öffentlichen Wegen unterwegs war zog ich ihr ein Knotenhalfter an und nahm einen Strick mit. Es konnte immer ein Spaziergänger oder Auto kommen und da war es sicherer die Stute an den Strick zu nehmen, denn dann konnte ich sie halten falls sie sich mal erschrecken würde, doch das war mir noch nie passiert. Ich wollte auf keinen Fall ein Risiko eingehen, wenn Happily etwas zustoßen würde könnte ich mir das nie verzeihen. Wir gingen die Waldwege entlang und sie folgte mir dicht auf den Fuß. Ich blieb ab und zu stehen um sie ein bisschen zu streicheln. Ich war mir sicher das Happily einmal ein tolles Reitpferd werden würde mit dem ich viel machen konnte. Doch ich wünschte mir auch nichts sehnlicher als einen Mustang und hoffte am nächsten Tag einen zu bekommen. Mustangs waren einfach was tolles und es gab sie in allen Farben, was mich total faszinierte. Außerdem waren sie wild und man musste viel mit ihnen arbeiten. Ich war ehrgeizig und wünschte mir nichts mehr als ein Pferd das keine Menschen und sonst auch nichts außer die Wildnis kannte. Es musste ein tolles Gefühl sein wenn man solch ein Pferd eingeritten hatte.

 

Am Abend machte ich einen langen Ausritt mit Shadow. Er war genauso ein tolles Pferd wie seine Tochter und wunderbar zu reiten. Er hatte weiche und schwungvolle Gänge die sehr bequem waren. Außerdem gab er im Gelände alles und liebte es auf den Galoppstrecken Vollgas zu geben. Wenn ich mit Shadow unterwegs war galoppierte ich mehr wie bei den meisten anderen Pferden, ich wusste das er eine richtig gute Ausdauer hatte und wenn er diesen Drang hatte sich zu verausgaben und zu rennen sollte er ihm auch nachkommen dürfen, Logan hatte mir erzählt das Shadow nichts lieber tat als zu galoppieren und das er ziemlich schlechte Laune bekam wenn er beim Training oder bei einem Ausritt nicht galoppieren durfte. Ben schärfte mir immer ein auf die Grundbedürfnisse und Wünsche eines Pferdes zu achten und so gut wie möglich zu merken was es brachte und dem nachzukommen. Ein glückliches Pferd hatte man nur wenn man alles für sein Glück tat. Ich wollte das alle Pferde mit denen ich arbeitete glücklich waren und ich sah es als meine Lebensaufgabe an ihre Wünsche zu erkennen und ihnen nachzukommen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

11.Kapitel

 

Ich konnte es am nächsten Morgen kaum noch erwarten das Logan endlich kam um Ben und mich abzuholen. Ich wusste nicht so genau wo die Auktion stattfand und wie lange wir fahren würden, doch ich freute mich schon darauf die Mustangs zu sehen. Vielleicht sollte ich mal erwähnen das ich hier in der Nähe von Silverado lebte (etwa eine halbe Stunde entfernt), der Hof von Ben lag am Ende des Silverado Truck Trail. Umgeben von Wald und Bergen, ich liebte die Gegend und die Fahrt nach Los Angeles dauerte im Idealfall 1 ½ Stunden.

Logan fuhr in seinem Truck auf den Hof und sprang aus dem Wagen sobald dieser stand. Er lief auf mich zu und umarmte mich freundschaftlich. Dann meinte er: „Hey Gwendolyn, geht’s dir gut? Wir müssen nach Paso Robles. Wir werden 257 Meilen fahren müssen und über vier Stunden unterwegs sein. Also sollten wir mal so langsam aufbrechen. Ich will um die Mittagszeit bei der Auktion ankommen.“

Wir verschwendeten nicht viel Zeit und fuhren fast sofort los. Jeder von uns fuhr in seinem eigenen Auto an die wir je einen Hänger gekuppelt hatten. Logan fuhr voraus da sein Auto ein Navi hatte, Ben und ich sahen es nie ein uns ein Navi zu kaufen und folgten daher Logan. Ich fand es schön allein zu fahren, denn so war es ruhig, aber wir hatten es nicht gemacht um mehr Ruhe zu haben, sondern um im Falle eines großen Glückes mehrere Pferde mit nach Hause nehmen zu können. Zuerst ging es auf dem vertrauten Weg nach Los Angeles. Dann fuhren wir weiter nach Norden in Richtung Paso Robles. Ich war schon sehr aufgeregt, doch ich wusste auch das es eine lange und anstrengende Fahrt werden würde. Ich hasste es lange Auto zu fahren, aber für die Mustangauktion tat ich es gerne.

Nach genau zwei Stunden in denen wir gut voran gekommen waren machten wir eine Pause in Buttonwillow um etwas zu Essen. Noch gut die halbe Strecke des Weges lag vor uns und ich hoffte das wir weiterhin so gut voran kommen würden und in keinen Stau geraten würden.

Nach einer halben Stunde Pause fuhren wir weiter. Die Fahrt würde jetzt noch etwa 1 ½ Stunden dauern. Dann würden wir noch zum Veranstaltungsort der Auktion fahren müssen. Doch der würde bestimmt leicht zu finden sein und auch ausgeschildert sein.

 

Wir kamen genau um die Zeit die Logans Navi uns angezeigt hatte in Paso Robles an. Das Veranstaltungsgelände fanden wir schnell, es war unmöglich es zu übersehen mit den vielen Schildern die neben der Straße waren. Wir stellten unsere Autos ab und gingen das letzte Stück zu Fuß. Wie immer redete Logan die ganze Zeit und ich fand das er wie ein kleines Kind war. Ich war auch aufgeregt, aber ich war niemand der seine Gefühle allen anderen Leuten zeigte, nur bei meiner Familie wurde ich mal emotional. Mir war es ziemlich egal ob ich heute einen Hengst oder eine Stute bekam, die Hauptsache war das ich überhaupt ein Pferd bekam und wie gesagt war die Chance darauf sehr, sehr gering. Bei den Stuten bestand die Möglichkeit das sie tragend waren, doch das interessierte mich nicht. Ob ich nun in ein oder zwei Monaten ein Fohlen bekommen würde oder nicht war mir ziemlich egal, obwohl ich zugeben musste das ich mich über ein Fohlen schon sehr freuen würde. Unsere Namen kamen in einen Hut, heute würden nur 55 Menschen das Glück haben einen der eingefangenen Mustang zu adoptieren da jedem Los vier Mustangs zugeteilt waren.

Schon bald darauf wurden die Namen aufgerufen. Ich wusste das es Schicksal war ob ich die Chance zur Adoption bekam oder nicht. Ich wollte nur ein Pferd und wusste auch nicht genau warum jedem Los vier zugeteilt wurden. Soviel ich wusste musste ich aber nicht vier mitnehmen. Es gab auch Leute die nur drei oder weniger Mustangs zu sich nahmen. Ben wurde so ziemlich in der Mitte gezogen. Gespannt hörte ich zu welche Nummern sonst noch gezogen wurden. Doch mein Name war bis zur Nummer 54 nicht genannt worden und auch der von Logan nicht. Der letzte Name wurde genannt und ich zuckte vor Schreck zusammen, es war meiner! Zusammen mit Logan und Ben ging ich zu den Pferden. Wir wollten sie uns ansehen und dann die Nummern aufschreiben die wir haben wollten. Ich war jedoch als letzte an der Reihe und das Glück genau diese Pferde zu erhalten war sehr gering. Die Pferde standen in provisorischen Paddocks aus hohen Metallzäunen, durch die Stangen der Paddocks konnte man gut hindurch sehen und daher jedes der Pferde gut betrachten. Sie waren immer in kleinen Gruppen und mit Nummern gekennzeichnet. Wir sahen uns die 220 Mustangs in Ruhe an und Logan redete die ganze Zeit. Als erstes kamen wir an einen Paddock mit sechs wunderschönen und jungen Hengsten. Mir viel sofort ein mittelgroßer und kräftiger Blue Roan farbiger auf. Das Fell hatte einen Ton von verwaschenem blau-grau, was ich einfach wunderschön fand. Ich beobachtete den Hengst und Logan meinte: „Der Blue Roan würde zu dir passen Gwendolyn.“ Es war ganz klar das er das mit seinem sechsten Sinn gemerkt hatte und so schrieb ich mir die Nummer des Hengstes auf und hoffte ihn später zu bekommen, doch da er so schön gefärbt war würden sich bestimmt noch mehr Leute für ihn interessieren und nicht nur ich. Der Hengst war sehr ruhelos und trabte die ganze Zeit durch den Paddock. Wir gingen weiter und kamen bald zu einem Paddock mit sechs Stuten. Dort entdeckte ich eine kleine und sehr zierliche Stute. An ihrem dicken Bauch war sofort zu sehen das sie tragend war. Sie war ein Pintaloosa, das bedeutete das sie meistens ein Gemisch aus der Färbung eines Schecken (Flecken) und eines Appaloosas (weiße Schabracke mit Punkten) hatte. Diese Stute war ein Schecke, doch auf ihren Flanken war eine weiße Schabracke mit vielen Tupfen und Punkten. Ihre Flecken und die Tupfen waren beide von einem hellen braun. Ich schrieb mir auch die Nummer der Stute auf und wartete dann auf Ben der ebenfalls die Pferde ansah und sich Nummern aufschrieb. Logan kommentierte die ganze Zeit über das Aussehen der Mustangs, doch Ben und ich beachteten ihn nicht. Wir ließen ihn einfach reden und ihn störte es auch nicht das wir ihm nicht antworteten.

Dann war es auch schon bald soweit das die Pferde zugeteilt wurden. Ich saß wie auf heißen Kohlen und hoffte meine beiden Favoriten zu bekommen. Logan redete die ganze Zeit auf mich ein, doch irgendwann ging es zu einem Ohr rein und zum anderen wieder raus. Ich wusste warum er allein lebte, das Geplapper hielt doch kein Mensch auf Dauer aus und das war meiner Meinung nach auch der Grund (und mit diesem Gedanken war ich bestimmt nicht allein) das er keine Freundin hatte. Natürlich war Logan ein sehr netter Mensch, doch er nervte jeden sobald er denjenigen auch nur eine Stunde oder weniger kannte.

Endlich war es soweit und ich war an der Reihe um die Nummern der Pferde zu nennen die ich gerne haben wollte. Ich bekam sowohl den Hengst als auch die Stute deren Nummern ich mir aufgeschrieben hatte und ich fiel vor Glück erst Ben und dann auch Logan um den Hals. Ich war noch nie in meinem Leben glücklicher als in diesem Moment gewesen gewesen und bestimmt würde auch nie ein glücklicherer Moment kommen. Ben hatte sich zwei junge Hengste und ebenfalls eine trächtige Stute ausgesucht. Unsere Pferde wurden verladen und wir nahmen sie wieder mit nach Hause. In den Hängern waren sie alles andere als ruhig und traten immer wieder gegen die Wände und gegen die Klappe.

 

Als wir ein paar Stunden später wieder zuhause waren brachte wir die Stuten und Hengste getrennt voneinander in zwei Paddocks. Sie waren alle sehr verwirrt und verängstigt. Schließlich kannten sie es nicht auf so engem Raum eingesperrt zu sein (außer von der Auktion). Jetzt hatten sie viel zu verkraften; das Einfangen durch den Hubschrauber, das auf engem Raum gefangen zu sein und natürlich die neue Umgebung, doch am schlimmsten war wahrscheinlich die Anwesenheit von Menschen. Obwohl ich mir sicher war das die verlorene Freiheit die Pferde noch mehr störte und auch schlimmer für sie war. Sie kannten nur die weiten Ebenen der Nevada Wüste und jetzt waren sie auf verhältnismäßig kleinem Raum, unsere Paddocks waren zwar groß, aber für die Mustangs musste es sehr klein sein. Wir hatten am Morgen auch Happily und May in einen der anderen Paddocks gebracht, da die Koppel sehr weit weg lag und wir am Abend auf jeden Fall noch mit den beiden jungen Stuten arbeiten wollten. Die beiden wieherten den Neuankömmlingen zu (wie es bei Hauspferden normal war) und die Mustangs drängten sich jeweils in eine Ecke ihrer Paddocks, kauerten sich zusammen, senkten die Köpfe und bewegten sich so verstohlen wie ihnen nur irgendwie möglich war. Nach ihrer Ansicht verstießen Happily und May gegen eine der wichtigsten Regeln im Leben eines Wildpferdes, denn durch ihr Rufen konnten sie meilenweit entfernte Raubtiere anlocken und das war für Mustangs das schlimmste was es gab. Sie hatten kaum Feinde, da sie unter Naturschutz standen und Menschen daher keine Jagd auf sie machen durften, doch große Raubkatzen konnten ihnen natürlich noch etwas anhaben und auch wenn die Pferde sich immer verteidigten, kam es vor das sie während oder nach des Kampfes starben. Wenn ein Wildpferd also wieherte, lockte es Raubkatzen an und unterschrieb damit dann schon fast sein Todesurteil, es würde für das Pferd und für die Herde einem Selbstmord nahe kommen. Ich hatte das Verhalten der Mustangs zuvor noch nie gesehen und beobachtete die neuen Pferde interessiert. Es war ein Instinkt aus dem sie handelten, ein Instinkt den die zahmen Pferde verloren hatten. Ich merkte wie sehr sich die Wildpferde dann doch von den Hauspferden unterschieden, auch wenn sie von der selben Art waren.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

12.Kapitel

 

In diesem Jahr würden nicht nur die beiden neuen Stuten, sondern auch Diana ein Fohlen bekommen. Die Fohlen sollten wie immer zwischen März und April kommen und ich freute mich schon sehr darauf. Ben überlegte auch schon welche Stuten er in diesem Jahr decken lassen wollte und er überlegte natürlich auch von welchem der Hengste Hengst. Er bezog auch mich in diese Entscheidungen mit ein und ich freute mich mal wieder sehr über das Vertrauen das er mir entgegen brachte, ich war mir sicher das kein anderer Ausbilder so viel Vertrauen in seine Azubis steckte wie Ben es tat.

Außerdem sollten im April auch Privatpferde zum Decken auf unseren Hof kommen, die Besitzer konnten sich dann einen der Hengste aussuchen. Doch noch war es ja noch nicht so weit und wir wollten uns erst einmal auf die neuen Mustangs konzentrieren und mit diesen arbeiten.

Vielleicht sollte ich sie alle mal vorstellen. Zuerst den Blue Roan Hengst. Er war ungefähr fünf Jahre alt und größer und kräftiger wie die meisten Mustangs. Wie schon gesagt hatte sein Fell eine Farbe von einem verwaschenen blau-grau. Die Mähne war von der selben Farbe, nur ein wenig dunkler. Er war ein aufmerksames und sehr wildes Pferd. Noch immer war er sehr unruhig und sprang bei jedem neuen Geräusch erschrocken zur Seite. Ich wusste noch nicht was ich ihm für einen Namen geben wollte und beschloss zu warten bis ich ihn besser kannte. Meine Stute hatte ich ja auch schon beschrieben. Sie war nicht so wild wie der Hengst und hielt sich eher scheu im Hintergrund. Sie war ungefähr vier Jahre alt. Auch für sie wollte ich mir später einen Namen überlegen, doch ich tendierte schon jetzt zu Sunshine. Ich fand den Namen einfach total schön und er würde zu ihrem hellen Fell passen.

Jetzt zu den Pferden von Ben. Seine Stute war ungefähr so alt wie meine und war schwarz mit braunen Flecken, was eine recht seltene Färbung war, nicht nur bei Mustangs, sondern bei allen Pferden. Dazu hatte sie braunes Langhaar und weiße Fesseln.

Einer von Bens Hengsten hatte eine Farbe die ein wenig aussah wie Weißgold. Dazu hatte er eine schwarze Mähne. Er war kleiner und schmaler wie meiner, jedoch nicht weniger wild. Der dritte Hengst war schwarz mit vielen weißen Punkten, es sah aus als würde es vor einem dunklen Himmel schneien. Die beiden Hengste von Ben waren etwa ein Jahr alt.

Alle Mustangs sollten erstmal so zusammen bleiben wie wir sie geholt und dann auch auf die Paddocks gestellt hatten, doch später sollten die Hengste von Ben zu Harley, da sie ja gleichalt waren. Ich wollte viel Arbeit in die Ausbildung meines Hengstes stecken. Bei der Stute wollte ich nur ein wenig Vertrauen und halfterführigkeit für den Anfang. Wenn ihr Fohlen älter war würde ich sie dann auch einreiten.

In diesem Jahr würde ich den Hengst und Happily mit Bens Hilfe einreiten. Dazu kam dann noch die Betreuung und Ausbildung meines Fohlens und natürlich auch das Versorgen und Trainieren der ganzen anderen Pferde. Ich würde also auch in diesem Jahr mehr als genug zu tun haben und immer auf trab sein. Doch ich freute mich auch schon auf das Jahr und auf die ganzen Erfahrungen die ich sammeln würde. Ich war jetzt schon etwas mehr als ein Jahr hier und hatte schon einiges gelernt, mein Grundwissen über Pferde hatte sich weiter verbessert und auch meine Reitfähigkeiten waren viel besser geworden, obwohl ich vor meiner Ausbildung auch schon gut in Theorie und Praxis gewesen war. Wenn ich erst einmal meine Ausbildung bei Ben in ungefähr zwei Jahren abgeschlossen hatte würde ich bestimmt gut mit all meinen Pferden klar kommen. Vielleicht würde ich mir dann hier in der Gegend einen eigenen kleinen Hof suchen. Seit meiner Kindheit träumte ich von einem eigenen Hof auf dem ich umgeben von Pferden lebte. Ich würde dann vielleicht als Pferdetrainerin arbeiten und damit auch mein Geld verdienen, vielleicht würde ich auch züchten und mein Geld durch den Verkauf von den Fohlen verdienen. Doch jetzt wusste ich das noch nicht genau und beschloss einfach mal zu sehen was die Zukunft mir brachte und dann daraus das beste zu machen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

13.Kapitel

 

Zwei Wochen nachdem die Mustangs zu uns gekommen waren begann der März und die Fohlen konnten nun jede Nacht kommen. Die beiden Mustangstuten standen jetzt zusammen mit Diana auf einer Koppel so das die Fohlen zusammen aufwachsen würden. Es war das beste für sie wenn sie gleichaltrige Spielkameraden hatten, denn so würden sie auch genug Sozialkontakt haben und sich nicht langweilen. Meine Stute hatte inzwischen den Namen Sunshine bekommen. Mit ihr und dem Hengst hatte ich bis jetzt noch nicht gearbeitet damit sie sich erst einmal an die neue Umgebung und an die „Gefangenschaft“ gewöhnen konnten. Heute wollte ich das erste Mal etwas mit meinem Hengst machen. Ich ging zu der Koppel auf der er und die anderen beiden neuen Hengste gerade standen und stellte mich an den Zaun. Neugierig schaute er zu mir herüber, er war etwa zehn Meter von mir entfernt, es war genug Abstand für ihn, doch er schien mir trotzdem zu misstrauen. Er hatte bis jetzt nur auf der Mustangauktion Erfahrung mit Menschen sammeln können und da waren die Menschen oft etwas grob und laut. Ich wollte nicht auf ihn zugehen, dann würde ich ihn nur verschrecken und das würde nur Schaden in sein Vertrauen bringen, er hatte noch kein Vertrauen, aber er schien auch kein wirkliches Misstrauen zu haben und das musste ich ausnutzen. Ich wollte das er merkte das ich ihm nichts tat und das er am Ende von allein zu mir kam.

Der goldfarbene Hengst hatte den Namen Aurum bekommen der auch wirklich zu ihm passte, schließlich bedeutete Aurum im lateinischen Gold. Der zweite von Bens Hengsten erhielt den Namen Strong und seine Stute wurde Cheyenne genannt.

Vielleicht sollte ich noch kurz etwas zu der Adoption von Mustangs sagen. Es durften sie nur Leute mit einer amerikanischen Staatsbürgerschaft adoptieren, das hieß das niemand der nur zu Besuch in Amerika war sie adoptieren durfte. Das erste Jahr das man sie hatte wurde man streng überwacht. Hatte man sich in diesem Jahr gut gemacht wurde man als Besitzer eingetragen und der Mustang gehörte einem offiziell. Das war natürlich mein größter Traum und ich hoffte das ich ihn bekommen würde. Doch ich war mir sicher das ich es schaffte, schließlich ging ich ja gut mit ihm um und er und Sunshine hatten es gut auf dem Hof.

 

Am Nachmittag ging ich zu Happily. Ich holte sie von der Koppel und machte einen Spaziergang mit ihr. Ich hatte beschlossen das ich auch von ihr früher oder später ein Fohlen haben wollte. Am liebsten wäre es mir wenn mein neuer Hengst der Vater sein würde, denn ich liebte seine Farbe und ich fragte mich was die beiden wohl für ein Fohlen bekommen würden. Wenn ich ihn in vielleicht ein oder zwei Monaten soweit hatte das er mit sich umgehen ließ und ich schon etwas sein Vertrauen hatte würde ich sie zu ihm bringen.

Als ich mit Happily über den Hof ging kam Ben auf mich zu. Er lächelte mich an. Dann meinte er: „Ich will Gino verkaufen. Er ist ein tolles Pferd und ich kann ja nicht alle meine Fohlen ewig behalten. Morgen kommt ein Interessent um ihn anzusehen und ich denke das er ihn auch kaufen wird, bei Gino wird niemand nein sagen können.“ So viel hatte er noch nie an einem Stück geredet seit ich hier war und ich musste grinsen. Ich konnte Ben verstehen und fand es toll das er ein neues Zuhause für Gino suchte. Er meinte auch das er sich so viel wie möglich auf die Ausbildung der Mustangs und der noch ungeborenen Fohlen kümmern wollte. Er wollte nicht das eines der anderen Pferde deswegen zu kurz kam und da war ein Verkauf die beste Lösung. Schließlich brauchte auch Gino Training und Ben hatte ja auch nicht rund um die Uhr Zeit für die Pferde. Ich konnte das verstehen und insgeheim war ich froh das er nicht Jingle verkaufte. Schließlich wäre auch das eine Möglichkeit. Doch ich wusste das Jingle als sein erstes eigenes Pferd etwas sehr besonderes für ihn war und das er sich nie von ihm trennen würde. Ich konnte das verstehen, meine Happily würde auch immer etwas besonderes für mich sein. Ich liebte natürlich auch meine Mustangs, doch bei Happily war es einfach nochmal was anderes. Sie war mein erstes eigenes Pferd gewesen und dazu kam noch die Bindung zwischen uns beiden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

14.Kapitel

 

Eine Woche lang war ich jeden Tag zur Weide der Hengste gegangen und mein Hengst hatte mich immer sehr interessiert beobachtet. An diesem Tag, nach genau einer Woche, kam er das erste Mal auf mich zu. Er war bis jetzt immer ungefähr zehn Meter entfernt gewesen und jetzt kam er bis auf drei Meter an mich heran. Ich redete leise auf ihn ein und versuchte alle schnellen Bewegungen zu vermeiden. Aurum und Strong waren mir gegenüber noch sehr misstrauisch und daher ging ich auch nicht in die Koppel. Es war mir zu gefährlich, es waren alles drei vollkommen wilde Tiere und ich wollte bei der Arbeit mit ihnen kein Risiko eingehen. Schließlich konnte auch ich verletzt werden.

Die Fohlen ließen noch immer auf sich warten und ich war schon sehr gespannt wann Sunshine ihres bekam und was es für eins sein würde. Würde es eine Stute oder ein Hengst sein? Würde es wie Sunshine aussehen oder anders?

Gino war inzwischen verkauft worden, er lebte jetzt auf einem Hof am Stadtrand von Silverado. Dort würde er es gut haben. Die Besitzer des Hofes hatten auf mich einen sehr netten und erfahrenen Eindruck gemacht und sie hatten auch gemeint das sie gerne wieder ein Fohlen von Mellow kaufen wollten. Doch im Moment wollte Ben erstmal kein anderes Pferd verkaufen und so würden sie darauf noch warten müssen.

 

Der Tag neigte sich dem Ende zu und ich beschloss mit Jingle auszureiten. Ich holte ihn von der Koppel und band ihn wie immer vorm Stall an. Dann putzte ich ihn und machte ihn für den Ausritt fertig. Als er gesattelt und getrenst war stieg ich auf und ritt in Richtung Wald. Ich liebte den Wald und das von den Blättern gedämpfte Licht. Im Wald war ich viel lieber wie auf dem Feld, doch wenn es viel geregnet hatte und die Wege aufgeweicht waren war das Feld besser. Im Wald die Wege waren einfach schlechter und bei nassem Wetter waren sie sehr schlammig und rutschig.

Wir kamen zu unserer Galoppstrecke und ich ließ den Wallach laufen. Er preschte im Renngalopp los und das Donnern der Hufe war dumpf auf dem weichen Waldboden zu hören. Jingle hatte die Ohren aufgestellt und gab wie immer alles. Ich hielt die Zügel so lang wie möglich und er streckte sich bei jedem Galoppsprung.

Wir jagten nur so dahin. Ich liebte dieses Gefühl der Freiheit, ich (und auch Jingle) könnten ewig so weitergaloppieren. Doch der Weg wurde immer schmaler und bei dem steilen Abhang zu unserer rechten war es einfach zu gefährlich weiter zu galoppieren. Ich bremste Jingle ab. Er schüttelte etwas unwillig den Kopf, gehorchte mir wie immer aber sofort und machte auch keine Probleme, also er galoppierte nicht einfach nochmal an wie es schon andere Pferde gemacht hatten mit denen ich im Gelände gewesen war. Ich hatte immer etwas Angst vor dem Abhang. Was wenn ich einmal nicht rechtzeitig durchparieren würde? Was wenn mir mein Pferd durchgehen würde? Was wenn wir den Abhang hinunter stürzten? Ich hoffte so sehr das mir das oder ein anderer Unfall nie passieren würde. Wenn einem der Pferde etwas zustoßen würde, ich könnte mir das nie verzeihen. Ich würde mich immer fragen was passiert wäre wenn ich anders gehandelt hätte. Was würde Ben machen wenn ich einen Unfall mit einem von seinen Pferden haben würde? Würde er mich feuern? Sobald ich nur einen dieser Gedanken hatte schossen mir sofort mehr durch den Kopf und ich konnte an nichts anderes denken. Jingles Schnauben holte mich wieder zurück in die Gegenwart. Ich klopfte seinen Hals und umarmte ihn dann während er im Schritt weiter ging. Wir folgten weiter dem Weg der noch immer anstieg und nicht sonderlich breit war. Ein Pferd konnte ohne Probleme über ihn laufen und es war immer noch an beiden Seiten Platz. Aber trotzdem gab es ja die Möglichkeit das etwas passierte, besonders wenn das Pferd galoppierte. Es war einfach sicherer an dieser Stelle im Schritt zu reiten.

 

Als ich mit Jingle wieder auf den Hof kam versorgte ich ihn und ging dann nochmal zu den Stuten. Sie standen alle drei zusammen und grasten. Sie alle hatten nun dicke Bäuche und ich hoffte das sie bald ihre Fohlen bekommen würden. Ich beobachtete sie einige Zeit und bewunderte meine Sunshine. Ich liebte ihr Muster und sie hatte einen wunderschön eleganten Körperbau. Außerdem hatte sie auch anmutige (im Moment durch den dicken Bauch etwas schwerfällige) Gänge. Vom Charakter her war sie eher scheu und misstrauisch, sie hielt sich im sicheren Abstand zu den Menschen, das hieß zu mir und Ben, andere Menschen kannte sie ja nicht.. Doch sie war auch neugierig und schaute immer wieder zu mir herüber wenn ich am Koppelzaun stand. Ich war mir sicher das irgendwann ihre Neugier über ihr Misstrauen siegen würde und dann würde ich ihr Vertrauen haben.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

15.Kapitel

 

Drei Tage später kam ein Tag den ich als einen der besten in meinem Leben bezeichnen konnte, denn es passierten wirklich tolle Sachen und ich war so glücklich wie noch nie. Als ich am Morgen zu den Koppeln ging hatte Sunshine ihr Fohlen bekommen. Es war ein kleiner und pechschwarzer Hengst der seiner Mutter überhaupt nicht ähnlich sah. Ich beobachte das neugeborene Fohlen eine Zeit lang bevor ich weiter zu den Mustanghengsten ging. Als ich mich an den Koppelzaun stellte und mich auf die oberste Holzlatte lehnte sah mein Hengst mir schon entgegen. Ich verhielt mich wie immer vollkommen ruhig und er kam in meine Richtung. Doch dieses Mal blieb er nicht in drei Meter Entfernung stehen, er kam bis an den Zaun und sah mich direkt an. Ich machte rein garnichts sondern blickte nach unten, in die Augen zu gucken wäre jetzt ein Fehler, denn dieses Fixieren machten Raubtiere vor einem Angriff und mein Pferd sollte ja nicht denken das ich ein Raubtier war und ihn umbringen wollte.

Nach einiger Zeit hob ich langsam meine Hand. Der Hengst sah sie an, doch er lief nicht weg. Vorsichtig streichelte ich ihn. Er, der vollkommen wilden Mustang, der nie etwas mit Menschen zu tun gehabt hatte, ließ sich streicheln! Ich konnte dieses Vertrauen das er in mich setzte kaum fassen und genau in diesem Moment kam mir ein Name in den Sinn. Volunteer! So sollte mein Hengst heißen. Leise sagte ich: „Na Großer, was hälst du von Volunteer. Ich denke das passt zu dir.“ Er ließ sich einfach weiter streicheln und sagte (natürlich) nichts zu meinen Worten. Jedenfalls nicht im herkömmlichen Sinne des Sprechens. Doch er bockte auch nicht und daraus schloss ich das er keine Abneigung gegen den Namen hatte was ja durchaus positiv war, ich hatte schon davon gehört das Tiere etwas gegen den Klang ihres Namens hatten und immer wenn man den Namen aussprach bockig und missgelaunt wurden. Ich selbst hatte das noch nicht erlebt und wusste auch nicht ob es stimmte oder ob es einfach irgendwer erfunden hatte um Aufmerksamkeit zu bekommen.

 

Sobald ich von der Koppel ein Stück entfernt war holte ich mein Handy aus der Hosentasche und rief Logan an. Ich wollte ihm unbedingt sagen was gerade passiert war. Ein bisschen erinnerte es mich an das was im letzten Jahr zwischen meiner Schwester Claire und Diana passiert war. Die Stute hatte meiner Schwester auch sofort vertraut, bei Volunteer hatte es zwar eine Weile gedauert, aber er hatte ja noch keine Menschen gekannt, wie Diana. Logan meinte das er es ja gesagt hatte das Volunteer zu mir passte. Ich gab ihm recht. Wie schon bei Happily (und auch bei Sunshine) hatte Logan sofort gewusst das ich und Volunteer ein gutes Team sein würden und durch das Vertrauen des Hengstes hatte sich meiner Meinung nach seine Aussage bestätigt, er hatte wirklich eine Gabe dafür und ich hoffte das er mich auch zukünftig beim Pferdekauf unterstützen würde. Ich konnte es kaum erwarten mit der Ausbildung von Volunteer anzufangen, doch ich wollte es so langsam wie möglich angehen lassen. Wenn ich etwas überstürzen würde konnte es schlimme Folgen haben und das gerade erwachte Vertrauen des Mustangs wieder zerstören und das wollte ich ja nicht. Ich wollte dem Hengst die Zeit lassen die er brauchte, egal wie lange er brauchen würde.

 

An diesem Tag wurde nicht nur Sunshines Fohlen geboren. Es wurde mir auch nicht nur Volunteers Vertrauen geschenkt. Es war auch der Tag an dem ich mit dem Einreiten von Happily begann. Ich hatte sie in den letzten Monaten immer viel longiert an der normalen Longe und auch an der Doppellonge, beides konnte sie gut und tat es gerne. Allgemein arbeitete die junge Stute gerne. Doch heute war der Tag gekommen an dem sie das erste Mal einen Sattel auf den Rücken bekommen sollte. Ich hatte ein Pad, eine Satteldecke und einen leichten Sattel und einen normalen Westernsattel besorgt und brachte alles zum Reitplatz.

Dann holte ich natürlich auch noch Happily die ich vorher ordentlich und ausgiebig geputzt hatte.

Ich zeigte ihr das Pad und sie beschnupperte es neugierig. Als ich es ihr auf den Rücken legte sah sie erst das Pad und dann mich fragend an. Ich streichelte sie und versicherte ihr mit leisen Worten das alles gut war und das sie das super machte. Ich führte sie ein wenig mit dem Pad auf dem Rücken über den Reitplatz und nahm dann das Pad wieder ab. Jetzt kam der leichte Sattel zum Einsatz. Ich kannte die Stute und wusste das ich bei ihr schnell neue Übungen machen konnte. Ich spürte das sie bereit für den Sattel war und legte ihn ihr auf den Rücken. Dann machte ich ihn zu und führte sie wieder ein Stück. Happily lief als hätte sie nie etwas anderes getan und schien überhaupt kein Problem mit dem Sattel auf ihrem Rücken zu haben, sie war vollkommen entspannt. Ich sprach auf sie ein, das gab ihr die Sicherheit die sie brauchte und nach einiger Zeit nahm ich den Sattel ab und ließ sie noch ein wenig frei über den Platz laufen was ihr natürlich noch besser wie die Arbeit gefiel. Happily lief herum, galoppierte, buckelte und wälzte sich. Sie hatte das ganz toll gemacht und Ben, der uns zugeschaut hatte meinte das er noch nie ein Pferd gesehen hatte das weniger gegen den Sattel getan hatte und ihn auch sofort akzeptiert hatte.

Zum Abschluss des Tages machte ich noch einen langen Spaziergang mit Happily. Wie immer hatte ich ihr das Halfter abgenommen und sie lief frei hinter mir her. Ich hatte mich schon daran gewöhnt das sie das immer machte, doch heute traf ich das erste Mal mit ihr einen Spaziergänger. Er schaute mich und meine Stute an als wären wir Aliens und fragte mich ungläubig ob ich keine Angst hätte das sie sich erschreckte und weglief. Ich versicherte ihm das ich Happily vollkommen vertraute und das sie mir ebenfalls blind vertraute. Außerdem gab es hier im Wald kaum Situationen in denen sich ein Pferd wirklich erschreckte. Das einzigste was hier war waren Bäume, Büsche, Pflanzen und natürlich Tiere. Happily hatte vor all dem keine Angst, wie eigentlich alle Pferde (bis auf ein paar SEHR Schreckhafte) und auch vor sonst kaum etwas. Sie kannte Plastiktüten, Planen, Motorengeräusche und auch viele andere Sachen. Sie war ein gelassenes Pferd mit einem ausgeglichenen Charakter. Ich würde ihr immer blind vertrauen und nie Angst haben das sie wegen irgendetwas durchging.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

16.Kapitel

 

Der kleine Hengst bekam von mir den Namen Through the Dark. Ich fand das das zu dem Rappen passte. Sunshine ließ mich nicht an ihn heran, sie hatte noch nicht richtig Vertrauen zu uns Menschen gefasst und ich wusste das es unmöglich werden würde das Fohlen früh zu erziehen. Später würde alles schwerer werden, doch bei Volunteer und Sunshine musste ich ja auch mit der Erziehung und Ausbildung von 0 anfangen da sie ja vorher komplett wild gewesen waren. Dadurch wusste ich das es auf keinen Fall unmöglich war.

In der Nacht nachdem Sunshine Through the Dark bekommen hatte bekam auch Diana ihr Fohlen. Es war ein Fuchs mit heller Mähne und ebenfalls ein Hengst. Der Kleine hatte es Ben sofort angetan. Auch ich fand ihn toll und hoffte das Dianas Sohn und Through the Dark später einmal gute Freunde werden würden. Jetzt erwartete nur noch Cheyenne ihr Fohlen und auch das würde bestimmt nicht mehr lange auf sich warten lassen.

Es waren am selben Morgen auch zwei Stuten gekommen die gedeckt werden sollten. Beide sollten von Mentos gedeckt werden, die Besitzerin der beiden hatte sich den hübschen Hengst ausgesucht. Wir hatte ihr natürlich die Wahl gelassen, schließlich konnten wir ja nicht entscheiden welcher unserer Hengste fremde Stuten deckte. Zum Zusammenführen von Stute und Hengst hatte Ben eine andere Methode als sie einfach nur zusammen zu stellen und zu warten. Er stellte den Hengst im Stall in eine Box die direkt am Eingang lag. Die Stuten kamen in Boxen weiter hinten und mussten, wenn sie morgens auf die Koppel kamen, an dem Hengst vorbei. Zeigten sie Interesse an ihm waren sie bereit zum Decken und kamen noch am selben Tag zum Hengst. Die beiden Stuten waren genau wie Mentos Quarter Horses und sie trugen die Namen Lady und Fenja. Beide sollten natürlich bleiben bis sie gedeckt waren und dann würden sie wieder abgeholt werden. Auch Rose sollte von Mentos gedeckt werden und kam nun über Nacht ebenfalls in den Stall.

 

Die Sonne wanderte den Horizont entgegen und ich beschloss mit Hope ins Gelände zu gehen. Ich machte sie fertig und ritt dann los. Wie immer nahm ich meinen Lieblingsweg mit der langen Galoppstrecke. Alle der Pferde rannten gern und liebten die Strecke. Auch Hope ließ ich die Zügel lang als die Stute mit mir auf dem Rücken den Berg hoch preschte. Vor uns sprang ein Reh über den Weg und Hope machte erschrocken eine Vollbremsung. Mit ruhigen Worten beruhigte ich sie wieder und strich ihr über den Hals. Schon bald war sie bereit weiterzugehen. Ich ließ sie traben und wir galoppierten nicht noch einmal an, schließlich war die Galoppstrecke auch schon fast zuende, obwohl ich auch noch das kurze Stück hätte galoppieren können. Für mich war das vollkommen ok, ich wollte nicht das Hope sich nochmal erschreckte und dann vielleicht zur Seite ausbrach anstatt anzuhalten. Ich hatte echt Glück gehabt, denn wäre sie nach links ausgebrochen, wären wir mitten im dichten Unterholz gewesen, und rechts wären wir den steilen Abhang hinuntergestürzt. Wieder kam mir der Gedanke was passieren würde wenn ich mit einem der Pferde diesen Abhang hinunterstürzte doch ich verdrängte ihn sofort. Über solche Sachen wie Unfälle wollte ich garnicht nachdenken, solche Gedanken deprimierten mich nur. Ich ließ meine Gedanken schweifen und dachte über die Fohlen nach. Dann dachte ich an die Ausbildung von Happily und Volunteer. Wie lange es wohl bei ihnen dauern würde bis ich mit ihnen ausreiten konnte? Bei dem Hengst würde es sicher noch eine ganze Weile dauern, doch bei der Stute konnte ich es mir gut vorstellen das ich schon bald das erste Mal auf ihrem Rücken sitzen würde.

 

Zu Volunteer ging ich an diesem Tag erst am Abend. Er kam wieder an den Zaun und ließ sich von mir streicheln. Ich beschloss ihm in ein paar Tagen auch mal ein Halfter zu zeigen und zu versuchen ihn daran zu gewöhnen. Danach würde ich ihn führen und dann würden andere grundlegende Dinge wie das Putzen kommen. Ich wollte es ja wie gesagt langsam angehen lassen und ich sprach auch jeden Morgen und Abend mit Ben über die Ausbildung der Pferde. Er vertraute mir alle seine Pferde an obwohl ich nur seine Schülerin, seine Auszubildende, war und das beeindruckte mich zutiefst. Doch dieses Vertrauen beängstigte mich auch ein wenig, noch nie zuvor hatte mir jemand von Anfang an so viel Vertrauen geschenkt und es setzte mich innerlich ziemlich unter Druck. Ich hatte in der Schule nicht sonderlich gute Noten geschrieben und war auch oft negativ aufgefallen. Dadurch hatten mir die Lehrer kein Vertrauen entgegen gebracht. Doch auch bei meinen Mitschülern war ich nicht immer beliebt gewesen. Ich war immer sehr in mich gekehrt und hatte durch das negative Auffallen versucht meine Unsicherheit zu verbergen. Ich war ein wenig wie ein scheues Pferd gewesen das aus Unsicherheit angefangen hatte zu beißen. Das war ein passender Vergleich, auch wenn ich natürlich mit Worten und nicht mit den Zähnen gebissen hatte. Die letzten Jahre in der Schule hatte ich noch einmal so richtig Gas gegeben und hatte dadurch einen wirklich guten Abschluss gemacht. Die Lehrer waren alle sehr überrascht darüber gewesen und allein ihre verdutzten Gesichter war die Anstrengung für die Abschlussarbeiten wert gewesen, in dem Moment hatte ich gemerkt was es brachte wenn man für etwas arbeitete und das man danach richtig glücklich und stolz war.

Danach hatte ich beschlossen Pferdetrainerin zu werden und mich bei ein paar Höfen beworben. Es hatte etwas gedauert bis ich die Zusage von Ben bekam und dann wieder ein bisschen bis ich mit der Ausbildung beginnen konnte. Doch all die Wartezeit hatte sich gelohnt und ich war mir zu hundert Prozent sicher niemals einen besseren Ausbildungsplatz hätte finden zu können. Ich liebte die Pferde hier und den Hof und die ganze Arbeit die ich hatte. Ich liebte es mich den ganzen Tag über total zu verausgaben und am Abend erschöpft ins Bett zu sinken. Ich wollte für meinen Traum arbeiten und eine gute Pferdetrainerin werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

17. Kapitel

 

Cheyenne bekam ihr Fohlen in der Nacht nach Diana. Auch dieses Fohlen war ein kleiner Hengst, er war weiß mit einem braunen Fleck der sich über Stirn und Ohren zog und wie ein Hut aussah. Der Kleine von Diana bekam den Namen Jake und der von Cheyenne wurde von Ben Colorado genannt. Die drei Hengstfohlen waren im Moment eigentlich nur bei ihren Müttern, doch schon bald würden sie zusammen spielen und über die Koppel toben. Aber sie waren ja alle erst ein paar Tage alt und da war es vollkommen normal das sie sich nah an ihrer Mutter hielten. Wenn sie vielleicht eine Woche alt waren würden sie anfangen sich von den Stuten zu entfernen und dann würden sie immer selbstständiger werden.

 

Ich ging zu Volunteer und nahm dieses Mal eines der vielen Knotenhalfter mit. Noch hatte ich es in meine Tasche gesteckt so das der Hengst es nicht sofort sah. Ich rief nach ihm und er kam an den Zaun galoppiert. Ich hätte nie gedacht das ein vollkommen wilder Mustang das tun würde, doch mein Volunteer machte es und ich war stolz darauf ihn mein Eigen nennen zu dürfen.

Volunteer hielt vor mir an und ich streichelte ihn. Dann holte ich das Halfter aus der Tasche. Beim Anblick des neuen Gegenstandes wich er einen Schritt zurück und sah das Halfter etwas verwirrt und entsetzt an. Leise sprach ich auf ihn ein und der Hengst kam wieder zu mir. Ich begann ihn mit dem Halfter zu streicheln. Bei der ersten Berührung zuckte er zusammen, doch dann ließ er es sich gefallen.

Nach einiger Zeit hielt ich ihm das Halfter einfach nur hin. Er beschnupperte es und stupste es mit der Nase an. Als sich das Halfter bewegte zuckte er wieder zurück, doch seine Neugierde siegte und er beschnupperte es gleicht weiter. Ich ließ ihn in Ruhe während er sich versicherte das das Halfter ihn nicht angriff und kein Feind für ihn war. Ob ich es ihm einfach anziehen sollte? Oder sollte ich noch warten?

Als er nach einiger Zeit probeweise die Nase durch das Halfter steckte beschloss ich es ihm anzuziehen. Ich legte langsam den Genickriemen hinter seine Ohren und verschloss das Halfter mit einem Knoten, wie es bei den Knotenhalftern üblich war. Als er den leichten Druck des Knotenhalfters an seinem Kopf spürte machte er einen erschrockenen Satz nach hinten und schüttelte den Kopf. Seine Mähne flog nur so durch die Luft. Volunteer sah mich an. Es war ein fragender und etwas entsetzter Blick. Als wollte er sagen: „Was ist das? Warum hab ich das um meinen Kopf?“

Nach einigen Sekunden drehte sich der Hengst um und preschte buckelnd davon.

Vielleicht zwanzig Meter entfernt blieb er neben einem Baum stehen und versuchte das Halfter abzureiben. Doch als Volunteer merkte das das nicht ging sah er zu mir herüber. Er schien zu begreifen das das Halfter ihm nichts tat.

Dann überraschte mein Pferd mich vollkommen. Er trabte auf mich zu und stupste mit den Nüstern gegen meine Hand. Ich streichelte ihn und nahm ihm dann wieder das Halfter ab. Schließlich sollte er sich ja langsam daran gewöhnen und es auch nicht auf der Weide anbehalten. Die Verletzungsgefahr war viel zu groß. Er könnte mit dem Halfter an einem Ast hängenbleiben und sich dann erhängen oder sonstige Verletzungen am Kopf zufügen.

Ich streichelte ihn noch einmal und ging dann zurück zum Hof. An diesem Tag hatte keine der Stuten Interesse an Mentos gezeigt und so waren sie alle auf einer der Koppeln neben dem Hof. Mentos war neben dem Stall angebunden und wurde gerade von Ben geputzt. Ich ging zu ihm herüber und berichtete von meiner Arbeit mit Volunteer. Dann schickte er mich los um Mellow von der Koppel zu holen damit wir ausreiten konnten.

Ich holte den Hengst und band ihn neben Mentos an. Ben war schon dabei Mentos zu satteln, doch er wartete auf mich.

Als wir schließlich beide fertig waren führten wir die Pferde in die Mitte des Hofes und stiegen auf. Nebeneinander ritten wir den noch breiten Weg entlang, wie immer schweigend. Wir ritten meinen Lieblingsweg im Wald entlang und auf der Galoppstrecke ritten wir hintereinander, Ben mit Mentos vorne und ich mit Mellow hinter ihm. Zum einen weil der Weg so schmal war, zum anderen weil wir nicht wollten das die beiden Hengste sich gegenseitig zu einem Rennen anstachelten.

 

Wieder zurück auf dem Hof versorgten wir die beiden Hengste und brachten sie zurück auf ihre Koppeln. Am Abend und über Nacht würde Mentos dann wieder in den Stall kommen, doch Mellow und alle anderen Pferde (außer den Stuten die gedeckt werden sollten) blieben nun auch über Nacht auf den Koppeln. Dann ging ich los um Jingle zu holen. Wie immer wollte ich mit ihm ausreiten. Doch heute nahm ich zur Abwechslung mal einen anderen Weg. Auch dieser Weg führte durch den Wald, doch die vielen Kurven machten einen Galopp unmöglich. Erst auf dem Rückweg galoppierte ich noch ein kleines Stück. Jingle schien es zu gefallen mal auf einem etwas anspruchsvolleren Weg zu laufen und es war wirklich mal etwas anderes als immer nur die recht geraden Wege auf denen ich sonst sehr viel unterwegs war. Und ich war ja wirklich viel im Gelände unterwegs, ich wusste das auch die Arbeit auf dem Reitplatz wichtig war, doch nur die wenigsten Pferde wurden von uns jeden Tag auf dem Platz bewegt, und im Moment waren es auch nur die jüngeren, die die wir gerade ausbildeten. Das hieß Happily und May waren die einzigen die wirklich regelmäßig auf dem Platz arbeiteten. Sie waren beide noch nicht so weit das man mit ihnen ausreiten konnte und daher bestand die einzigste Bewegung im Gelände aus Spaziergängen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

18.Kapitel

 

Ich stand am Zaun der Koppel und sah Volunteer, Aurum und Strong zu. Sie galoppierten gemeinsam über die Wiese. Sie liefen eine Kurve und kamen in meine Richtung. Als Volunteer mich sah blieb er stehen und sah mich an. Jedes Hauspferd hätte gewiehert, doch mein Hengst mit seinen Mustangmanieren tat das nie und es gefiel mir das er anders war wie die anderen, schließlich war er ein Mustang und etwas ganz Besonderes. Er preschte nun wieder los und jetzt direkt auf mich zu. Vor dem Zaun blieb er stehen und ich begann ihn zu streicheln. Aurum und Strong waren in sicherer Entfernung stehen geblieben und sahen in unsere Richtung. Doch sie kamen nicht zu mir, sie hatten noch Angst vor uns Menschen und waren viel zu scheu und wild. Ben hatte schon etwas versucht mit ihnen zu arbeiten, aber noch nie sonderlich viel Zeit gefunden da er sich ja auch noch um den Bürokram kümmern musste.

Ich hatte heute auch wieder das Halfter dabei und zog es dem Mustang an. Er blieb ruhiger wie am Tag zuvor und schüttelte nur etwas den Kopf als ich das Halfter zugemacht hatte. Er schien sich nicht mehr an dem Stück Seil um seinen Kopf zu stören. Das verwunderte mich und ich wusste nicht woran das lag das er das Halfter einfach so akzeptierte und nicht wirklich etwas dagegen tat, er schien mir wirklich zu vertrauen.

Vielleicht würde ich morgen das erste Mal einen Strick an das Halfter machen und Volunteer ein Stück führen. Ich würde so gerne wissen warum sich ein vollkommen wildes Pferd so ruhig verhielt. Er musste seine Freiheit doch vermissen. Ich konnte mir nicht vorstellen das er es einfach so hingenommen hatte das Menschen ihn gefangen hatten und er jetzt viel weniger Platz wie früher hatte. Ich würde an seiner Stelle total wütend und traurig sein. Warum blieb er aber so ruhig?

 

Through the Dark war jetzt drei Tage alt und hielt sich noch immer dicht an der Flanke seiner Mutter. Als ich an diesem Tag zur Koppel kam trank er gerade und ich machte ein paar Fotos von den Stuten und Fohlen. Ich hatte schon immer gerne Fotos gemacht und auf meinem Laptop waren sehr viele. Besonders viele Fotos waren natürlich von Pferden, es war einfach das häufigste Motiv das ich hatte. Ein besonders schönes Foto von Diana und Jake schickte ich als MMS an meine Schwester. Sie antwortete sofort und freute sich sehr über das Foto. Sie wollte bald vorbeikommen um Jake auch endlich zu sehen und konnte es kaum abwarten. Schließlich kannte sie Dianas Fohlen noch nicht und ich konnte verstehen das sie sich darauf freute es endlich kennen zu lernen.

 

Am Nachmittag arbeitete ich wieder mit Happily. Ich holte die Stute von der Koppel und putzte sie. Auf den Zaun des Reitplatzes hatte ich schon ein Pad und einen Westernsattel gelegt. Außerdem hatte ich mir auch eine Longe geholt.

Als die Stute sauber war ging ich mit ihr zum Reitplatz und legte ihr das Pad auf den Rücken. Dann legte ich den Sattel drauf. Die junge Stute beobachtete mich, tat jedoch nichts gegen den Sattel. Ich schloss den Gurt und führte Happily einige Runden über den Reitplatz damit sie sich an den schweren Westernsattel gewöhnen konnte. Dann longierte ich die Stute, sie buckelte nicht und versuchte nicht den Sattel loszuwerden, wie es sonst ein Pferd tat das das erste Mal unter dem Sattel lief. Ich lobte sie überschwänglich und beschloss ihr auch zu zeigen das später das Gewicht eines Menschen in den Sattel kam. Ich holte die Aufstiegshilfe und und stellte sie neben das Pferd. Dann stieg ich auf die Aufstiegshilfe und lehnte mich quer über Happilys Rücken in den Sattel. Sie sah sich zu mir um, blieb aber weiterhin ruhig stehen. Sie hatte schnell verstanden das es nicht schlimm war wenn sie einen Sattel trug und das es auch ok war wenn Gewicht auf ihrem Rücken war. Es schien die Stute auch nicht zu stören und ich war mir sehr sicher das sie einmal ein tolles Reitpferd werden würde.

Ich beschloss die Arbeit für heute zu beenden. Am nächsten Tag würden ich dann mit der Trense beginnen und wenn Ben Zeit hatte vielleicht auch das erste Mal auf den Rücken der Stute steigen, ich wusste das es Happily nicht stören würde wenn ich in der Ausbildung große Schritte machte und es schien sie auch nicht zu stören. Sie kannte außerdem von der Longenarbeit auch alle Sprachbefehle und ich hatte beschlossen sie später nur mit Sprachbefehlen zu reiten. Ich sattelte Happily ab und band sie vor dem Stall an. Dann brachte ich das Sattelzeug weg und ging zurück zu der ruhig wartenden Stute. Ich streichelte sie einige Zeit und beschloss dann noch einen kleinen Spaziergang mit ihr zu machen. Ich harkte den Strick aus dem Halfter und ging von der Stute weg. Sofort folgte sie mir und wie immer blieb sie dicht hinter mir während ich über den Hof und die Wege ging. Ich liebte es mit ihr spazieren zu gehen und ich wusste das auch die Stute jeden Spaziergang genoss. Ich hatte das Gefühl das sie gerne in meiner Nähe war, da sie mir ja vollkommen freiwillig folgte.

 

Der Tag neigte sich dem Ende zu und ich beschloss noch mit Jingle auszureiten. Es wurde schon langsam dunkel als ich losritt und als ich auf einem der Hügel anhielt und den Himmel ansah erstrahlte er in den verschiedensten Rottönen. Die Sonne war schon fast hinter dem Horizont verschwunden und wenn jetzt jemand aus der Nähe auf den Hügel sehen würde würde sich ihm ein tolles Bild zeigen; ein Pferd mit Reiter im Cowboylook, dahinter der Sonnenuntergang. Ich hätte so gern ein Bild von diesem Moment, doch es war niemand da der eins machen konnte. Also genoss ich einfach den Moment und die Stille die mich und Jingle umgab. Der Wallach stand vollkommen ruhig da und ich schloss die Augen. Ich hörte das Rufen einer Eule und öffnete die Augen wieder. Es war schon beinahe dunkel, ich musste sehr lange einfach nur auf dem Hügel gestanden haben und beschloss mich auf den Heimweg zu machen. Jingle lief sicher durch den nun dunklen Wald und ich vertraute darauf das er den richtigen Weg fand. Ich konnte in der Dunkelheit nicht so gut sehen, aber Jingle wusste immer wo es nach Hause ging.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

19.Kapitel

 

Am nächsten Tag ging ich wieder zuerst zu Volunteer. Ich hatte heute außer dem Halfter noch einen Strick dabei. Wieder kam er sobald er mich sah an den Zaun, er kam freiwillig und daraus konnte ich schließen das er wirklich nichts gegen mich hatte und mir vertraute. Mir wurde warm ums Herz und ich war sehr glücklich. Schon oft hatten mir Pferde vertraut, doch bei einem Mustang war es etwas vollkommen anderes und daher war ich bei Volunteer auch viel glücklicher wie bei den anderen Pferden.

Ich war dieses Mal durch den Zaun in die Koppel geklettert und das erste Mal trennte uns kein Zaun. Aurum und Strong waren am anderen Ende der Koppel und ich hatte den vorderen Bereich allein mit Volunteer. Ich zog ihm das Halfter an und hakte dann den Strick ein, womit er überhaupt kein Problem hatte. Dann ging ich ein Stück von ihm weg so das der Strick leicht gespannt war. Volunteer stupste den Strick an und als er sich bewegte riss er entsetzt die Augen auf, doch er lief nicht weg. Ich sprach auf ihn ein und drehte mich zu ihm um auch wenn ich wusste das man das Pferd beim Führen nicht anschauen sollte. Er kam vertrauensvoll zu mir und ich lobte ihn. Dann ging ich rückwärts weiter und lockte ihn mit der Stimme. Volunteer folgte mir und als wir etwa zehn Meter zurück gelegt hatten beschloss ich die Übung für heute zu beenden und zog ihm sein Halfter aus, ich konnte auch noch später daran arbeiten das er mir folgte ohne das ich ihn locken musste. Nach einer kurzen Streicheleinheit verließ ich die Koppel und hängte das Halfter und den Strick an den Zaun. Dann ging ich los um Happily zu holen mit der ich als nächstes arbeiten wollte. Schließlich musste ich auch jeden Tag mit ihr trainieren, ich wusste das es viel Arbeit war zwei Pferde gleichzeitig auszubilden, doch ich machte es gerne. Ich liebte die Anstrengung mit den Tieren zu arbeiten und ich liebte es zu sehen wie sie immer mehr lernten.

Ich ging zur Koppel und rief nach Happily. Sofort wieherte sie und galoppierte auf mich zu. Freudig begrüßte sie mich und ich zog ihr ihr Halfter an. Den Strick ließ ich wie immer ab und ging zum Tor. Schnell öffnete ich es und ging hindurch. Dann hielt ich das Tor für Happily auf und schloss es hinter ihr. Zusammen gingen wir zum Hof und dort band ich sie am Stall an. Eigentlich war es nicht nötig sie anzubinden, doch es konnte ja auch jemand fremdes auf den Hof kommen und da Happily auf jeden Menschen zurannte wenn ich sie nicht zurückhielt konnte sie jemanden den sie nicht kannte verängstigen, ich wusste natürlich das sie keiner Fliege etwas zu Leide tun würde, doch woher sollten fremde Menschen das wissen? Ich putzte sie und brachte dann Sattel und Trense zum Reitplatz. Danach ging ich zum Haus und rief nach Ben. Schließlich band ich Happily los und führte sie zum Reitplatz. Dort sattelte ich sie und zog ihr dann die Trense an. Sie ließ sich beides anziehen doch als sie das kalte Gebiss in ihrem Maul hatte warf sie den Kopf hoch und leckte daran herum. Ich beruhigte sie und wartete auf Ben. Als Ben kam zog ich meinen Reithelm an und er half mir beim Aufsteigen. Happily blieb ruhig stehen als ich im Sattel saß und ich streichelte sie. Dann führte Ben uns über den Platz damit die Stute sich an mein Gewicht gewöhnen konnte. Sie blieb ruhig und man merkte ihr überhaupt nicht an das sie gerade das erste Mal einen Reiter auf dem Rücken hatte. Ben meinte das das für heute reichte und er mich morgen mit Happily longieren würde damit sie sich auch im Trab und Galopp an einen Reiter gewöhnte. Doch Ben war jemand der immer möglichst kleine Schritte bei der Ausbildung eines Pferdes machte und wenn eine Sache gut klappte hörte er sofort auf. Ich war genau der selben Meinung. Man sollte immer mit einem positiven Erlebnis aufhören und das Pferd nicht überanstrengen, es sollte Zeit haben die neuen Sachen zu lernen.

 

Ich holte Hope von der Koppel und band sie vorm Stall an. Dann holte ich ihre Putzsachen und begann ihr Fell zu säubern. Ben kam zu uns und streichelte seine Stute. Währendessen fragte er mich ob ich am Abend auch noch mit Rose ausreiten konnte. Ich versprach es ihm und sattelte Hope. Nachdem ich ihr ihre Trense angezogen hatte stieg ich auf und ritt vom Hof. Heute ritt ich einen anderen Weg über eine Strecke die ebenfalls im Wald verlief. Hope lief im schnellen Trab und die Landschaft zog schnell an mir vorbei. Ich sah verschiedene Tiere; Vögel, Rehe, Kaninchen. Es war einfach toll von einem Pferd durch die Natur getragen zu werden. War man allein im Wald versteckten sich die meisten Tiere, doch war man auf dem Rücken eines Pferdes blieben sie meistens wo sie waren und blickten einen neugierig an. Vor dem Pferd hatten sie keine Angst und schienen den Reiter dann auch nicht zu beachten. Mir gefiel das, schließlich konnte ich dann all die Wildtiere sehen.

Als ich jünger gewesen war hatten wir unsere Urlaube immer in Silverado verbracht und waren jeden Tag wandern gegangen, ich war früher immer sehr gerne gewandert, doch jetzt zog ich einen Ausritt dem Wandern vor.

Beim Wandern hatten wir nur sehr selten Tiere gesehen. Bei einem Ausritt war das anders, wenn man die Augen offen hielt konnte es oft passieren das man mal eines oder mehrere Rehe sah.

 

Als ich Hope versorgt hatte holte ich Rose von ihrem Paddock und begann sie zu putzen. Sie hatte äußerst schlechte Laune und sah mich immer wieder mit angelegten Ohren an. Auch Pferde hatten mal schlechte Laune und ich dachte mir nicht sonderlich etwas dabei. Ich ritt einfach los und Rose benahm sich auch einigermaßen. Sie war jedoch nicht sonderlich schnell. Ich beschloss einen Weg zu nehmen bei dem wir eine Straße überqueren mussten. Auf der Straße waren eigentlich nie Autos und so konnte man sie immer sicher überqueren.

Wir waren etwa auf halber Strecke zwischen unserem Hof und der Straße als ich anhielt um den Sattelgurt zu kontrollieren. Er war fest genug und ich wollte weiterreiten, doch Rose drehte sich auf dem Absatz rum und wollte wieder zurück. „Gehts noch Rose? Wir gehen jetzt ausreiten, stell dich nicht so an.“ sagte ich streng und drehte die Stute wieder in die richtige Richtung.

Als wir dann an der Straße ankamen hielt ich an und sah nach ob Autos kamen, wie immer kamen keine Autos und so ließ ich Rose weiterlaufen. Doch wieder wollte sie nicht so wie ich, mitten auf der Straße drehte sie sich ein weiteres Mal um. Mein Herz klopfte bis zum Hals, was wenn jetzt ein Auto kommen würde? Zum Glück schaffte ich es sie wieder zu drehen und sicher auf die andere Seite zu bringen. Was war nur los mit Rose? Sie war doch sonst immer total brav bei Ausritten. Aber da waren auch immer andere Pferde dabei, hatte die Stute etwa Angst das ich sie entführte?

Wir kamen zu der Galoppstrecke, doch ich sah das auf ihr Fußgänger unterwegs waren. Also trabte ich Rose an und parierte sie vor den Fußgängern wieder durch. Als ich etwas von den Fußgängern entfernt war trabte ich sie wieder an. Doch Rose sprang in den Galopp und als ich sie wieder bremste drehte sie zum dritten Mal auf dem Absatz um und stellte auf Durchzug. Innerlich kochte ich vor Wut, aber ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen. Ich bekam sie wieder in die richtige Richtung und ritt weiter. Nun ging es langsam wieder zurück in Richtung Hof und Rose war wie ausgewechselt. Als wie ein Stück galoppierten benahm sie sich gut und wollte am liebsten den ganzen Weg nach Hause im Galopp zurück legen. Ich hielt sie zurück und auch auf der Straße benahm sie sich.

Erst als wir wieder auf dem Hof waren fiel es mir wie Schuppen von den Augen, Rose war stockrossig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

20.Kapitel

 

Eine Woche später konnte ich Volunteer ohne Probleme führen und Happily auf dem Platz im Schritt und Trab reiten, sie hörte sehr gut auf die Stimmbefehle. Das angaloppieren klappte zwar noch nicht ganz so gut, aber ich arbeitete daran.

Gerade war ich wieder bei Volunteer. Ich hatte ihm sein Halfter angezogen und führte ihn von der Koppel in Richtung Hof. Er hatte schnell verstanden wie er sich am Strick verhalten musste. Ich zog ihm das Halfter erst wieder aus wenn er auf der Koppel vollkommen ruhig vor mir stand, damit er merkte das er mit Ruhe weiter kam.

Er war allgemein sehr kooperativ und für einen Mustang der bis vor kurzem noch in der Wildnis gelebt hatte auch sehr ruhig und gelassen. Ich wollte heute mit ihm neue Übungen anfangen. Als erstes sollte er angebunden werden. Ich band ihn nicht richtig fest sondern machte den Strick nur recht locker fest. Falls der Hengst sich erschrecken würde konnte er sich so schneller befreien und es bestand keine Gefahr das er sich verletzte. Als er ruhig stand begann ich die empfindlichen Körperpartien zu berühren und streicheln (Bauch, Flanken Rücken, Beine) eben die Stellen an denen ihn ein Raubtier angreifen würde. Mehr als einmal zuckte Volunteer zurück, doch er versuchte sich nie zu befreien und unternahm keinen einzigen Fluchtversuch und am Ende durfte ich ihn überall berühren. Zufrieden über seine Leistung beendete ich das Training für diesen Tag. Ich brachte den Hengst zurück auf die Koppel und ging dann weiter zu Happily. Da ich sie ja so gut kannte und ihr vollkommen vertraute beschloss ich heute einen ersten Ausritt mit ihr zu machen. Wie immer machte ich sie fertig und stieg dann in den Sattel. Dann ritt ich auf meine Lieblingsstrecke zu. Happily kannte diesen Weg, jedoch wusste sie nicht welcher Teil die Galoppstrecke war und ich hatte auch nicht vor heute zu galoppieren. Da war es gut das sie nicht wusste wo sie rennen durfte. Vielleicht sollte ich kurz die Befehle erklären die ich ihr gab. Wenn ich Whoow sagte hieß es für sie das sie stehen bleiben sollte, wenn sie Schritt gehen sollte sagte ich Walk, für Trab setzte ich Jog ein und für Galopp Lope. Diese Befehle hatte ich ihr beim Longieren beigebracht und so waren sie nichts neues für die junge Stute.

Die Galoppstrecke trabte ich mit Happily hoch. Sie kannte das Gelände schon da ich seit ich sie hatte sehr oft mit ihr spazieren gegangen war, doch da waren wir immer nur im Schritt unterwegs gewesen. Ich klopfte ihr den Hals und parierte sie durch. Dann sah ich den Abhang hinunter weiter in den Wald, wie immer konnte ich nur die Baumspitzen erkennen, ich vermutete das der Abhang ungefähr fünfzehn Meter abwärts führte bis der Boden wieder eben wurde. Wir folgten dem Weg und ich ließ Happily weiterhin viel traben. Sie genoss den Ausritt und schnaubte zufrieden. Auch ich genoss den Ausritt, ich war überglücklich endlich mit meiner Happily ausreiten zu können. Dieses Gefühl ließ sich einfach nicht in Worte fassen, es war unglaublich.

 

Am Abend ritt ich wie immer mit Jingle aus. Ich beschloss heute mal eine Strecke zu reiten die ich schon lange nicht mehr geritten war. Sie hatte nicht so viele Möglichkeiten zum Galoppieren da sie viel bergab ging, aber sie war trotzdem sehr schön und auf dem Rückweg fand ich auch ein Stück auf dem ich gut galoppieren konnte. Ich ließ Jingle in den Galopp anspringen und wir schossen den Weg entlang. Ich stellte mir vor wie dieses Gefühl der Freiheit mit Volunteer sein musste, der ja viel mehr Temperament wie Jingle hatte. Wie er sich wohl im Gelände oder beim Reiten allgemein verhalten würde? Ich konnte über nichts anderes nachdenken und hoffte ihn noch vor Ende des Jahres reiten zu können. Es ging mit der Ausbildung ja schon voran, ich konnte ihn führen und an den empfindlichen Stellen berühren. Als nächstes wollte ich ihn putzen, mit ihm Bodenarbeit machen und anfangen ihn zu longieren. Dann musste er natürlich noch an Sattel und Trense gewöhnt werden und zuletzt an einen Reiter. Ausreiten würde ich mit ihm erst wenn er sich ohne Probleme auf dem Platz reiten ließ, wie man es bei jedem Pferd machte das sich in der Ausbildung befand. Das konnte jedoch auch noch einige Zeit dauern. Ich war bereit zu warten, auch wenn ich mich am liebsten sofort auf seinen Rücken gesetzt hätte.

 

Als ich mit Jingle von dem Ausritt wieder kam ging ich zu den Stuten und Fohlen. Die drei Hengste entfernten sich jetzt schon mehr von ihren Müttern und spielten miteinander. Es war total toll ihnen dabei zuzusehen. Und ich wurde immer richtig glücklich wenn ich den Hengstfohlen zusehen konnte, ich wurde ruhig und entspannte mich. Es gab nichts besseres nach einem anstrengenden Tag.

Lady und Fenja hatten noch immer kein Interesse an Mentos gezeigt, doch Rose war schon von dem Hengst gedeckt worden, direkt an dem Tag nach meinem letzten Ausritt mit ihr. Ich nahm ihr ihr Verhalten nicht übel, trotzdem hatte der Ausritt nicht sonderlich Spaß gemacht und ich war danach mit meinen Nerven total am Ende gewesen.

 

 

 

 

 

 

 

 

21.Kapitel

 

Zwei Tage später wollte ich Volunteer das Putzzeug zeigen und ihn auch das erste mal putzen. Ich holte ihn wie immer von der Koppel und band ihn vorm Stall an. Das Anziehen des Halfters war überhaupt kein Problem mehr und auch beim Führen machte er sehr gut mit. Für ein Pferd das erst seit weniger Zeit mit dem Menschen zu tun hatte war er wirklich sehr weit. Dann holte ich einen der Putzkästen und holte einen Striegel heraus. Ich zeigte ihn Volunteer eine Zeit lang und er sah ihn sich genau an. Nach einigen Minuten begann ich ihn zu putzen. Bei der ersten Berührung des ungewohnten Materials auf seinem Fell zuckte er zusammen, ließ es sich dann aber gefallen. Ich lobte ihn und nahm nach einiger Zeit eine Kardätsche zur Hand. Auch diese beschnupperte er kurz und nahm das Putzen dann so gelassen wie vorher hin.

Als das Fell des Hengstes sauber war kam der schwierigste Teil; die Hufe. Für ein Pferd war es völlig unnatürlich auf drei Beinen zu stehen. Nicht das es sein Gleichgewicht nicht halten konnte, es war dann einfach angreifbarer und es konnte bei Gefahr dann nicht mehr so schnell fliehen. Besonders für einen Mustang würde das schwer zu verstehen sein warum er einen Huf heben sollte. Ich nahm den Hufauskratzer aus der Putzbox und stellte mich neben Volunteers Schulter. Dann lehnte ich mich leicht gegen sie, strich sein Bein entlang und zog sanft den Huf am Behang hoch. Als der Huf nur ein Stück über dem Boden war machte Volunteer einen erschrockenen Satz rückwärts. Ich beruhigte ihn und versuchte es noch einmal. Es dauerte einige Zeit bis er merkte das ihm niemand was antun würde wenn er den Huf hob. Er ließ ihn säubern, wirkte jedoch noch sehr nervös und sah sich immer wieder nach Gefahren um. Ich lobte ihn überschwänglich und ließ es für diesen Tag mit dem Training gut sein. Volunteer durfte wieder auf die Koppel und ich ging weiter zu Happily. Ich holte die junge Stute von der Koppel und ging mit ihr zurück zum Hof. Heute wollte ich wieder auf dem Platz mit ihr arbeiten. Ich putzte, sattelte und trenste sie und führte sie dann zum Platz. Dort baute ich uns einen Slalom mit vier Hütchen auf und holte drei Stangen die ich so hinlegte das sie im Trab gut darüber laufen konnte. Schließlich stieg ich auf und ritt Happily warm. Happily war toll zu reiten und ich wusste das ich schon bald gut mit ihr ins Gelände würde gehen können.

Nach einiger Zeit ging ich im Schritt durch den Slalom. Die Stute verstand schnell was ich von ihr verlangte und hatte richtig Spaß daran um die Hütchen zu laufen. Schließlich fing ich mit der Trabarbeit an und ließ Happily im Trab über die Stangen laufen. Ab und zu stieß sie mit den Hufen noch gegen die Stangen oder fiel zurück in den Schritt, aber meistens lief sie flüssig über die Stangen. Sie achtete darauf wo sie ihre Hufe hinsetzte und ich war sehr stolz auf sie. Etwas später ließ ich Happily auch im Trab durch den Slalom laufen. Ab und zu lief sie an einem Hütchen vorbei oder fiel auch hier wieder in den Schritt, aber sie machte es sehr gut und ich war zufrieden mit ihr. Ich arbeitete heute zum ersten Mal mit Stangen oder Slalom und die Stute hatte schnell verstanden was von ihr verlangt wurde und machte ihre Sache gut. Bevor ich sie trocken ritt galoppierte ich noch ein Stück. Wir schafften eine halbe Runde bevor sie wieder von allein durchparrierte. Ich ließ sie nochmal angaloppieren, da sie nicht selbst entscheiden sollte wann sie aufhörte. Und dieses mal galoppierte sie eine halbe Runde bis ich ihr das Kommando zum durchparieren gab.

Ich versorgte Happily und brachte sie zurück auf die Koppel. Dann ging ich ins Haus. Ben kam zu mir und meinte das er am Morgen Lady zu Mentos gebracht hatte. Ich nickte und fragte ihn ob ich irgendetwas machen sollte. Ben sagte das ich ein paar Sachen in Silverado besorgen konnte. Er schrieb mir auf was fehlte und ich fuhr los.

In Silverado kannte ich mich gut aus, schließlich war ich oft hier um irgendetwas zu besorgen. Als ich aus einem der Läden kam hörte ich eine Stimme hinter mir. „Gwendolyn? Gwendolyn! Warte mal.“ Ich drehte mich um und sah meine alte Schulfreundin Zoey auf mich zurennen. Wir umarmten uns und sie fragte: „Wie geht’s dir? Was machst du so?“ Ich musste grinsen, Zoey war schon immer sehr neugierig gewesen. Ich antwortete das es mir sehr gut ginge und das ich eine Ausbildung zur Pferdetrainerin machte. Früher war Zoey auch geritten und so fragte ich ob sie es noch immer machte. Sie schüttelte den Kopf und meinte das ihr Studium sehr viel Zeit in Anspruch nahm. „Was studierst du denn?“ fragte ich. „Astrologie, Physik und Tiermedizin.“ Ich sah sie etwas entsetzt an und musste dann lachen. Zoey war der einzigste Mensch den ich kannte der drei verschiedene Sachen studierte. Sie hatte sich nie entscheiden können was sie später einmal machen wollte und so hatte sie einfach alles genommen was sie interessierte. Ich erzählte Zoey von meinen Pferden und fragte sie ob sie mich mal besuchen wollte. Sie war total begeistert von meiner Idee und wir tauschten unsere Nummern aus sodass wir per Telefon besprechen konnten wann wir uns treffen wollten. Wir verabschiedeten uns und gingen beide weiter unsere Wege. Ich freute mich sehr darüber sie getroffen zu haben und ich freute mich schon darauf das sie mich bald besuchen würde. Vielleicht würde ich dann auch mit ihr ausreiten. Zoey war eine sehr gute Reiterin, das wusste ich noch. Wahrscheinlich war sie ein wenig aus der Übung, doch das war ja nicht schlimm, Reiten verlernte man nicht und wir hatten genug gute Pferde mit denen jeder klarkam.

 

Wieder zurück auf dem Hof brachte ich die Einkäufe ins Haus und ging dann wieder zu den Koppeln. Ich fing Jingle ein und führte ihn zurück zum Hof. Dort machte ich ihn für unseren täglichen Ausritt fertig und ritt dann los. Wie so oft nahm ich meinen Lieblingsweg. Ich wusste das es auch Jingles Lieblingsweg war und das er die Galoppstrecke liebte. Sie war auch eine der besten in der Gegend, sie hatte einen nicht zu harten Boden und war außerdem noch sehr lang. Jingle schnaubte zufrieden als wir losritten und ich streichelte seinen Hals. Es war einfach ein toller Tag gewesen, das Training mit Volunteer und Happily war gut gelaufen und ich hatte Zoey getroffen, worüber ich mich sehr freute.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

22.Kapitel

 

Eine Woche nachdem ich Zoey in der Stadt getroffen hatte kam sie zu Besuch. Inzwischen waren Lady und Fenja wieder von ihrer Besitzerin abgeholt worden und alle Pferde standen wieder auf den Koppeln auf denen sie immer waren. Through the Dark war jetzt zwanzig Tage alt und ein richtiger Wirbelwind. Er spielte fast ununterbrochen mit den anderen Fohlen und kam auch mit zum Tor wenn wir Diana und Jake von der Koppel holten. Sunshine war genau wie Cheyenne sehr scheu, doch die Fohlen der beiden hatten nichts gegen uns Menschen, sie kannten uns ja auch schon seit ihrer Geburt und waren daher überhaupt nicht misstrauisch.

Zoey kam um die Mittagszeit und ich zeigte ihr als erstes meine Pferde, Volunteer, Happily, Sunshine und Through the Dark. Dann schlug ich vor einen Ausritt zu machen. Ich hatte Ben gefragt ob ich Jingle mitnehmen konnte und für ihn war es kein Problem. Also fingen wir Happily und Jingle ein und führten sie zum Hof. Zoey erzählte mir von ihrem Studium und auch ich erzählte von meiner Arbeit. Wir putzten die Pferde und Zoey war total begeistert von Jingle den sie auch reiten würde, denn auch wenn ich Zoey vertraute wollte ich sie nicht so gerne auf meine Happily lassen, schließlich war sie ja auch länger nicht geritten und bei Happily sollte nichts schief gehen. Jingle erinnerte Zoey an eines unserer alten Schulpferde das sie immer total gern geritten hatte. Wir redeten über die alten Zeiten und mussten beide lachen als wir an die Trailprüfung dachten an der wir beide teilgenommen hatten. Ich hatte mein Lieblingspferd, eine Stute mit dem Namen Sheila, gehabt die alles ohne Fehler gemacht hatte, jedoch nicht gerade schnell gewesen war. Zoey hatte einen jungen Wallach mit dem Namen Flash gehabt der seinem Namen alle Ehre gemacht hatte und wie ein Blitz durch den Parcours gegangen war. Danach waren das meiste Hindernisse umgeworfen und kaputten gewesen. Er hatte es nicht böse gemeint, doch Zoey war danach ziemlich enttäuscht gewesen. Im Nachhinein konnte sie darüber lachen und erzählte das sie das Video, das ihre Eltern gemacht hatten, noch immer hatte. Flash war ein wunderschöner Fuchs gewesen, und im Jahr nach der Trailprüfung verkauft worden. Wir hatten ihn beide vermisst, auch wenn er ziemlich verrückt gewesen war hatten ihn eigentlich alle Reitschüler ins Herz geschlossen. Er war ein sehr freundliches Pferd gewesen und auch der ständige Reiterwechsel hatte ihn nicht gestört.

Als wir die Pferde gesattelt und getrenst hatten stiegen wir auf und ich ritt voran in Richtung meines Lieblingsweges.

Am Anfang der Strecke konnten wir noch nebeneinander reiten und unterhielten uns weiterhin über unsere alten Lieblingspferde und auch über die Schule die wir gemeinsam besucht hatten. Ich hatte seit der Abschlussfeier niemanden aus unserer Klasse mehr gesehen und fragte Zoey ob sie jemanden getroffen hatte. Sie meinte das sie vor etwa einem Jahr unseren alten Lehrer getroffen hatte. Uns fielen immer mehr Geschichten ein über die wir redeten. Einmal waren wir mit der Klasse in New York gewesen und hatten dort unseren Lehrer verloren. Wir waren einen ganzen Tag durch die uns völlig fremden Straßen von New York geirrt bis wir ihn wiedergefunden hatten. Wir Schüler waren alle zusammen gewesen, wie gesagt hatte nur der Lehrer gefehlt. Am Ende bekamen wir den Ärger da der Lehrer nicht zugeben wollte das er uns verloren hatte oder eher gesagt das er verloren gegangen war. Noch immer mussten wir bei dieser Erinnerung total lachen und Zoey meinte das sie den Lehrer darauf angesprochen hatte als sie ihn getroffen hatte. Es war ihm noch immer peinlich gewesen und er wollte es auch noch immer nicht zugeben.

Wir kamen an die Galoppstrecke und ich ließ Happily angaloppieren. Wir schossen den Weg hoch, Zoey und Jingle waren dicht hinter uns.

Wie immer parierte ich durch als der Weg schmaler wurde. Jingle hinter mir tat dasselbe, schließlich kannte er den Weg nur zu gut und wusste wo die Galoppstrecke zuende war. Zoey und ich lobten die beiden Pferde die zufrieden schnaubten. Dann machten wir uns wieder in Richtung Heimat und unterhielten uns weiter. Es war einfach toll mal wieder mit Zoey über die alten Zeiten zu reden. Wir hatten echt viel gemeinsam erlebt. Kennengelernt hatten wir uns als wir dreizehn waren, damals war Zoey von London nach Los Angeles gezogen. Wir hatten uns von Anfang an gut verstanden und Zoey war dann auch in den Reitverein gekommen in dem ich damals schon seit ein paar Jahren ritt. Wir kannten uns nun schon seit sieben Jahren und ich hatte sie in den letzten Jahren vermisst. Nach unserem Schulabschluss hatten wir uns nicht mehr gesehen und ich bereute es sie nie angerufen zu haben. Es wäre schön gewesen wenn wir uns schon früher wiedergetroffen hätten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

23.Kapitel

 

Eine weitere Woche verging bis ich beschloss mit Volunteer das erste Mal Bodenarbeit zu machen. Ich holte ihn von der Koppel und putzte ihn. Daran hatte er sich jetzt schon gewöhnt und er hatte auch mit dem Hufe geben kein Problem mehr. Obwohl er noch immer leicht nervös war wenn er ein Bein heben sollte.

Ich führte Volunteer zum Reitplatz und dort ein paar Runden im Schritt. Dann holte ich fünf Hütchen und stellte sie in einem Slalom auf. Danach holte ich noch drei Stangen die ich so hinlegte das der Hengst im Schritt flüssig darüber gehen konnte und dabei nicht mit den Hufen an die Stangen stieß. Zum Schluss holte ich noch eine kleine Brücke und auch eine Wippe.

Als alles aufgebaut war ging ich mit Volunteer zu dem Slalom. Ich ließ ihn die Hütchen anschauen und führte ihn dann um sie herum, er folgte mir brav, beobachtete aber die Hütchen aus den Augenwinkeln, so als hätte er Angst das sie auf ihn losspringen würden wenn er an ihnen vorbeiging. Als nächstes kamen die Stangen. Bei ihnen ließ ich Volunteer mehr Zeit zum begutachten, schließlich sollte er ja über sie steigen. Als er sie ausgiebig beschnuppert hatte hob er den Kopf und sah mich an. Ich ging voran über die Stangen und der Mustang folgte mir. Während ich ihn lobte gingen wir gemeinsam auf die Brücke zu. Er sah sie sich kurz an und ging dann ohne Probleme drüber, diese Aufgabe schien ihm recht wenig Probleme zu machen, vielleicht weil die Brücke nicht bunt war, so wie Hütchen und Stangen. Bei der Wippe brauchte er keine Zeit zum überlege, sie war genau wie die Brücke aus Holz und daher machte er sich anscheinend keine Gedanken, denn die Brücke hatte ihm ja auch nichts getan. Als er dann in der Mitte der Wippe war und sie sich nach vorne senkte machte er einen erschrockenen Satz zur Seite und sprang damit von der Wippe nach unten. Mit leisen Worten beruhigte ich den Hengst und führte ihn dann noch einmal an die Wippe heran. Dieses Mal ging er zögernd hinüber, ich lobte und streichelte ihn. Dann ging ich alle Übungen noch einmal mit ihm durch bevor ich ihn zurück auf die Koppel brachte.

Als nächstes stand mein Training mit Happily auf dem Programm. Ich rief vom Koppelzaun aus nach der Stute und sie kam sofort. Nebeneinander gingen wir zurück zum Hof und ich überlegte was ich heute mit ihr machen könnte. Vielleicht konnte ich ja mal versuchen mit ihr zu springen, oder einfach einen Ausritt machen. Natürlich könnte ich auch Bodenarbeit machen so wie mit Volunteer. Ich beschloss einfach auf dem Platz zu reiten und verschiedene Sachen zu machen. Also machte ich die Stute fertig und ließ mir dabei wie immer Zeit.

Nachdem ich sie gesattelt und getrenst hatte führte ich sie zum Platz und machte die Zügel ab damit sie ein wenig rumlaufen konnte und nicht Gefahr lief sich in den Zügel zu verheddern. Dann holte ich die ganzen Sachen die ich brauchte während Happily ein wenig über den Platz lief. Ich baute einen Slalom auf, holte Stangen, ein Cavaletti, die Brücke und die Wippe. Dann befestigte ich die Zügel wieder an der Trense und stieg auf. Zuerst ritt ich Happily natürlich wie immer ganz gemütlich warm. Danach ritt ich als erstes durch den Slalom an dem die Stute großen Spaß fand. Auch die Wippe hatte es ihr angetan und sie blieb darauf stehen bis sich das Stück Holz nach vorne gesenkt hatte. Brücke und Stangen wurden von ihr ebenfalls ohne Probleme bewältigt und sie blühte bei den Aufgaben total auf. Außerdem ließ ich das junge Pferd viel Traben und im Trab liebte sie den Slalom noch mehr. Sie ging keine großen Kurven, sondern dicht an den Hütchen vorbei, sie schien es toll zu finden das sie sich in die Kurven legen konnte und das ich sie für eine so einfache Übung auch noch lobte. Schließlich fing ich mit der Galopparbeit an und als die Stute im Galopp war ritt ich auf das Cavaletti zu. Ich trieb sie an und Happily sprang über das kleine Hindernis. Zufrieden schnaubte die Stute und ich klopfte ihr den Hals. Ich sprang noch einige Male und machte auch die anderen Übungen noch ein paar Mal. Happily machte keinen einzigen Fehler und ich war sehr zufrieden mit ihr, sie lernte wirklich schnell und hatte auch Spaß an der Arbeit. Danach beschloss ich zum Trockenreiten einen kleinen Ausritt zu machen. Ich ritt vom Platz runter und in Richtung Wald. Ich wollte nur über die nahen Wege hier in der Umgebung des Hofes und circa zehn Minuten unterwegs sein. Da ich die Stute ja trockenreiten wollte würde ich natürlich nur Schritt gehen. Happily lief entspannt am langen Zügel und schnaubte immer wieder. Ich war glücklich über ihre Mitarbeit im Training und auch über ihre Lernbereitschaft. Die Stute war einfach ein tolles Pferd das schnell lernte und offen für neues war. Solch ein Pferd hatte ich mir immer gewünscht und die Arbeit mit einem lernwilligen Pferd machte viel mehr Spaß wie mit einem Pferd das überhaupt keine Lust hatte.

Ich hatte schon viele Pferde, besonders Schulpferde, kennengelernt die einfach keine Lust auf ihre Arbeit hatten und sich dadurch dem Reiter gegenüber stur und dickköpfig verhielten. Ich wollte verhindern das Happily je den Spaß an der Arbeit verlor und hatte daher vor ihr immer viel Abwechslung zu bieten. Es war mir am wichtigsten das mein Pferd Spaß hatte, denn wenn ein Pferd bei der Arbeit Spaß hatte machte es auch die gestellten Aufgaben besser und ihm kam nicht die Idee sich dem Reiter zu widersetzen. Jedoch dachte ich nicht das meine Happily jemals den Spaß an der Arbeit verlieren würde, schließlich machte es ihr ja großen Spaß unter dem Reiter zu gehen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

24.Kapitel

 

Zwei Wochen später war endlich der Tag gekommen an dem ich Volunteer das erste Mal Sattel und Trense anziehen würde, darauf hatte ich die letzte Zeit hingearbeitet und hoffte das alles gut gehen würde. Ich holte ihn wie immer von der Koppel und machte ihn fertig. Dann führte ich den Hengst auf den Reitplatz wo ich schon alles vorbereitet hatte. Zuerst zeigte ich ihm natürlich das Pad. Neugierig beschnupperte der Hengst es und fand es nicht weiter interessant. Ich zog mir Handschuhe an um ihn besser festhalten zu können falls er durchging, oder eher um mir dann keine Brandblasen an den Händen zu holen, denn wenn er durchgehen würde dann hätte ich sowieso keine Chance mehr ihn zu halten. Dann legte ich ihm das Pad auf den Rücken. Volunteer schoss nach vorne und ich ließ den Strick los. Er preschte ans andere Ende des Platzes von woaus er mich misstrauisch ansah. Ich lockte ihn mit sanften Worten wieder zu mir und er kam auch, was mich sehr freute. Ein weiteres Mal legte ich ihm das Pad auf den Rücken, nun noch vorsichtiger. Er schüttelte unwillig den Kopf, ließ es sich dann aber gefallen. Ich führte ihn ein paar Schritte damit er sich an den Gegenstand auf seinem Rücken gewöhnen konnte und beschloss es in Richtung Sattel für heute gut sein zu lassen. Schließlich sagten seine Instinkte ihm ja das ein Monster oder ein Feind auf seinem Rücken war und das Pferd flüchtete instinktiv. Für den Mustang hatte Ben mir ein Hacklemore gegeben das ich ihm jetzt anzog. Diese Gebisslose Trense fand ich für mein Pferd besser geeignet als eine mit Gebiss. Falls ich wollte konnte ich ihn später immer noch an eine mit Gebiss gewöhnen, doch für den Anfang war ein Hacklemore am besten. Er hatte nichts gegen das Hacklemore, es unterschied sich ja auch nicht sehr von seinem Halfter und es würde leichter sein ihn daran zu gewöhnen wie wenn ich mit einer normalen Trense mit Gebiss kam. Ich sah auf die Uhr und bemerkte das ich nun eine halbe Stunde mit Volunteer auf dem Platz gewesen war. Ich zog ihm das Hacklemore wieder aus und beendete das Training. In den nächsten Tagen würde ich ihn darauf vorbereiten einen Sattel zu tragen und später natürlich auch darauf das ein Reiter auf seinem Rücken saß. Doch jetzt wollte ich auf keinen Fall zu viel mit ihm Arbeiten und es langsam angehen.

Nun wollte ich ihn wieder auf die Koppel bringen und mich dann an mein Training mit Happily machen. Heute wollte ich einfach nur ausreiten, in den letzten Tagen waren wir nur auf dem Platz gewesen und ich wollte das Happily zwischendurch auch mal einen Tag hatte an dem sie weniger leisten musste. Auch wenn sie sehr lernwillig war wollte ich sie auf keinen Fall überanstrengen und sie sollte das neu gelernte erstmal sacken lassen. Ich machte die Stute fertig und stieg dann auf. Ich streichelte sie und sagte leise: „So Happily, dann gehen wir mal Ausreiten, du freust dich bestimmt endlich wieder ins Gelände zu kommen.“ Ich ließ sie loslaufen und streichelte sie an der Schulter während wir den Hof gemütlich im Schritt verließen.

 

Am Abend hatte ich mich mit Zoey in einem Club in Los Angeles verabredet. Ben wollte nicht mitkommen, doch Logan wollte kommen. Ich duschte und zog dann ein kurzes schwarzes Kleid an. Zoey hatte gesagt das es ein sehr schicker Club war und daher schminkte ich mich auch, das tat ich sonst eigentlich nie weil es mir nicht wichtig war. Ich fuhr los und schaffte es in keinen der Staus rund um Los Angeles zu kommen. Zoey hatte mir die Adresse von dem Club gegeben und fand ihn schnell. Vor der Tür wartete schon Zoey auf mich und umarmte mich zur Begrüßung. Logan hatte mir gesagt das er drinnen auf uns warten würde und so gingen wir zu dem Türsteher. Wir durften beide noch nicht trinken und so malte der Türsteher uns je ein x auf die Hand damit die Leute an der Bar wussten das wir noch nicht 21 Jahre alt waren, denn in Amerika durfte man zwar mit 16 schon Auto fahren, aber Alkohol trinken durfte man gesetzlich erst wenn man 21 war. Wir gingen in den Club und ich hielt Ausschau nach Logan. Es war schwer ihn in der Menschenmasse zu finden.

Endlich entdeckte ich ihn und zog Zoey durch die Menge zu ihm. Logan grinste mich an. Er hatte eine dunkle Jeans und ein Hemd an. „Hi.“ meinte ich atemlos. „Hey Gwendolyn.“ erwiderte Logan. Ich stellte Zoey und Logan einander vor und dann gingen wir zur Bar um uns jeweils eine Cola zu holen. Logan fragte wie es mit der Ausbildung von Happily lief und ich erwiderte das die Stute sehr schnell lernte und auch richtig Geländesicher war. Außerdem fragte Logan nach Volunteer. Ich erzählte von ihm und auch davon das ich mit dem Hengst ebenfalls große Fortschritte machte. Wir tranken und sahen den Leuten zu die zu der lauten Musik tanzten. Ich hatte keine große Lust zu tanzen (ich hatte noch nie gerne getanzt und es immer so gut wie möglich vermieden), doch Zoey ging schon bald los. Ich und Logan blieben an der Bar und ich wusste nicht worüber wir reden sollten. Zum ersten Mal seit ich ihn kannte hielt auch Logan den Mund. Wir standen schweigend nebeneinander und als ich meine Cola leer hatte bestellte ich eine neue. Auch Zoey bestellte sich noch eine, sie war gerade wieder zu uns gekommen und nun unterhielt sie sich mit Logan.

 

Logan fuhr schon recht früh wieder, er hatte am nächsten Tag einen Termin mit einem Interessenten und würde daher noch früher aufstehen müssen wie sonst um vorher alle Pferde versorgen zu können. Ich und Zoey beschlossen noch eine Weile zu bleiben und unterhielten uns ein wenig. Schließlich ließ ich mich von ihr überreden ein wenig zu tanzen. Zoey war ein sehr offener Mensch, doch ich war schon immer sehr in mich gekehrt gewesen, es fiel mir nicht leicht fremde Leute anzusprechen. Doch Zoey verwickelte auch jetzt sofort wieder welche in ein Gespräch. Wie so oft wünschte ich mir so zu sein wie meine Freundin, sie war total toll und genau so wie ich schon immer sein wollte. Als ich ihr das erzählte lachte sie und meinte das ich es doch gut hatte. Schließlich hatte ich vier eigene Pferde und lebte auf einem Hof wo ich fast alle Freiheiten hatte die ich wollte. Da musste ich ihr natürlich zustimmen, mein Leben auf Bens Hof war echt das beste was mir je passiert war und ich wollte niemals mit jemand anderem tauschen. Vielleicht war es übertrieben, doch ich würde eher sterben als meine Pferde zu verlieren oder auch mein Leben auf dem Hof. Ich konnte es mir nicht vorstellen ohne Pferde zu leben.

Ich war so froh meine eigenen Pferde zu haben und wenn ich meine Ausbildung beendet hatte wollte ich mir sehr wahrscheinlich einen eigenen Hof suchen. In der Gegend um Silverado war es sehr schön, doch vielleicht würde ich auch in einen anderen Bundesstaat ziehen, denn eigentlich wollte ich nicht ewig in Kalifornien bleiben. Ich beschloss abzuwarten was die Zukunft mir brachte, ich war mir sicher das ich irgendwann einen tollen Hof finden würde auf dem ich glücklich mit meinen Pferden leben konnte.

 

 

 

 

 

 

 

25.Kapitel

 

Es dauerte weitere fünf Tage bis ich Volunteer den Sattel auflegen konnte. Doch am Tag darauf war es endlich soweit, ich würde heute das erste Mal auf dem Rücken meines Hengstes sitzen. Ich holte ihn von der Koppel und putzte ihn, daran hatte er sich inzwischen vollkommen gewöhnt. Dann legte ich erst das Pad und dann den Sattel auf seinen Rücken. Als alles fest war zog ich ihm sein Hacklemore an und führte ihn zum Reitplatz. Dort wartete schon Ben auf mich und ich übergab ihm Volunteers Zügel. Dann holte ich mir die Aufstiegshilfe und meinen Helm. Wie ich es auch bei Happily gemacht hatte stieg ich auf die Aufstiegshilfe und lehnte mich quer über den Sattel sodass mein Gewicht auf dem Rücken des Pferdes war. Der Mustang machte einen Satz nach vorne und ich fiel vornüber und stolperte von der Aufstiegshilfe. Zum Glück landete ich auf den Füßen. Ben führte den Hengst eine Runde und ließ ihn dann wieder neben der Aufstiegshilfe anhalten. Ich wiederholte die Übung und dieses Mal blieb Volunteer stehen. Dann stieg ich in den Sattel. Danach geschah alles im Bruchteil einer Sekunde. Ich schlüpfte in die Steigbügel und griff nach dem Sattelhorn während Volunteer einen riesigen Satz nach hinten machte und dann lospreschte (natürlich nach vorne). Mit leisen Worten sprach ich auf ihn ein und nach einer Weile blieb der Hengst zitternd stehen. Ich stieg langsam ab und ging an seinen Kopf um ihn zu beruhigen. Vielleicht war er noch nicht so weit gewesen, vielleicht hatte ich mich zu früh auf seinen Rücken gesetzt. Ich fühlte mich schuldig und wusste nicht was ich jetzt machen sollte. Also streichelte ich weiter Volunteers Kopf und er legte ihn vertrauensvoll an meine Brust. Ich kraulte ihm den Hals und sah Ben fragend an. Er kam langsam zu uns: „Führ ihn ein paar Runden, ich bau euch einen Slalom auf. Ihr solltet mit einem positiven Ereignis aufhören.“ Ich nickte und nahm die Zügel in die Hand. Dann führte ich den Mustang ein paar Runden während Ben einen Slalom aufbaute. Schließlich führte ich Volunteer ein paar Mal durch den Slalom was er ohne Probleme bewältigte, schließlich war es ja auch eine einfache Übung.

Danach versorgte ich ihn und brachte ihr wieder auf die Koppel zu den anderen.

Nun war wie immer mein Training mit Happily an der Reihe und ich holte die Stute von ihrer Koppel. Heute wollte ich sie mal ohne Sattel reiten und schauen wie sie sich dabei verhielt. Also zog ich ihr nach dem Putzen nur die Trense an und führte sie dann zum Reitplatz. Ich stieg auf und zuerst schien meine Stute etwas verwirrt darüber das ich direkt auf ihrem Rücken war und nicht der Sattel. Ich streichelte sie und ritt dann los. Nach kurzer Zeit war ihre Verwirrung verschwunden und sie hatte sich daran gewöhnt. Sie machte alles wie immer. Ihr Trab war sehr bequem, noch bequemer wie mit Sattel und es war einfach ein tolles Gefühl direkt auf ihrem Rücken zu sitzen. Am Schluss galoppierte ich auch. Da alles gut geklappt hatte beschloss ich die Stute nun öfters ohne Sattel zu reiten. Ich war früher eigentlich immer lieber mit Satter geritten, doch irgendwann hatte ich das Reiten auf dem blanken Rücken des Pferdes für mich entdeckt und hatte es von da an geliebt.

 

Am Abend saß ich auf dem Sofa und ordnete ein paar Unterlagen. Da klingelte das Telefon. Ich hob ab und meldete mich. Es war Zoey, sie wirkte sehr aufgeregt und als ich sie fragte was los war meinte sie: „Ich geh in einer Woche für ein Semester nach Kentucky. Dort gibt es ein Zentrum das sich darauf spezialisiert hat Pferden Prothesen anzupassen. Ich habe gerade die Zusage bekommen.“ Ich freute mich für sie. Sie hatte sich schon immer für die Heilung von Pferden interessiert die früher wegen ihren Verletzungen erschossen worden waren. Auch jetzt ließen die meisten Pferdebesitzer ihre Pferde erschießen oder einschläfern. Auf den ländlichen Farmen wurde jedoch öfters zum Gewehr gegriffen als zum Telefon um den Tierarzt zu rufen. Zoey hatte sich schon immer sehr dafür interessiert wie Prothesen angepasst wurden und wie die Pferde danach behandelt wurden. Da war für sie das halbe Jahr in Kentucky genau das richtige. Sie würde das machen was sie interessierte und das war das beste was man tun konnte. So hatte ich es ja auch gemacht. Sie versprach mir das sie mir alles erzählen würde was sie erlebte, schließlich interessierte ich mich ja für alles was mit Pferden zu tun hatte und dadurch natürlich auch für die Behandlung verletzter Pferde.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

26.Kapitel

 

Zwei Wochen nachdem Zoey nach Kentucky gefahren war ritt ich das erste Mal richtig auf Volunteer. Ich hatte viel mit ihm geübt und nun das Gefühl das er wirklich bereit war. Ich stieg auf und ritt los. Heute war er vollkommen anders und ließ sich ohne Probleme reiten. Ich lobte ihn und ließ ihn lange Zeit im Schritt gehen. Ben lief mit einem langen Führstrick neben uns her um dem Hengst die nötige Sicherheit vom Boden zu geben die er durch die Bodenarbeit kannte. Doch irgendwann machte Ben den Strick ab und ich ritt allein. Volunteer war bereit dafür und ich ließ mir jetzt auch wirklich Zeit. Ich wollte nicht schon wieder etwas überstürzen nur weil ich es mir so sehr wünschte ihn zu reiten, ich war immer noch total sauer auf mich selbst weil ich diesen Fehler gemacht hatte. Schließlich trabte ich auch noch ein bisschen. Es klappte sehr gut, doch er hatte einen sehr unbequemen Trab. Er machte große und werfende Schritte. Daher trabte ich auch leicht um ihn nicht zu irritieren indem ich ab und zu etwas hoppelte. Ich war zwar Pferde mit unbequemen Gängen gewöhnt, doch es passierte auch mir mal das ich aus dem Sitz geriet.

 

Am Nachmittag holte ich Happily und May von der Koppel. Ich putzte beide und sattelte dann Happily. Ich wollte mir ihr und May ins Gelände um auch May an Ausritte zu gewöhnen, denn sie war im Gelände noch sehr unerfahren. Auf Happily würde ich reiten und May würde ich als Handpferd nehmen. Ben wollte jetzt mit Shadow trainieren und hatte mich daher gefragt ob ich heute die Bewegung von May übernehmen würde, er hatte ja mehr Pferde wie ich und mit ihnen allen immer viel zu tun. Ich machte es gerne und so ritt ich schon kurz darauf los. Ich beschloss heute nicht auf meinem Lieblingsweg zu reiten, da er ja nach der Galoppstrecke so schmal wurde und zwei Pferde dort nicht nebeneinander laufen konnten. Ich folgte ein Stück der Straße und bog dann auf einen breiten Weg ein der leicht bergab ging. Ich ließ die Pferde im Schritt gehen. May war etwas nervös und erschrak ab und zu leicht vor Dingen die ich nicht sah, doch durch die Ruhe von Happily beruhigte sie sich sofort wieder. Nach einer Weile trabte ich an und May lief direkt neben Happily. Sie machte keine Probleme und ich lobte beide Stuten immer wieder. May machte ihre Sache gut und die Anwesenheit von Happily schien sie zu beruhigen. Happily war wirklich ein Traum von einem Pferd, sie war zwar noch jung und erst kurz unterm Sattel, doch wenn jemand Fremdes sie jetzt reiten würde würde er denken das sie erfahren und viel älter war.

Ich beschloss nicht zu galoppieren und trabte dafür mehr. Nach einem recht langen Ausritt kam ich zurück auf den Hof. Ich versorgte die beiden Stuten und brachte sie zurück auf die Koppel. Danach schaute ich noch kurz nach Sunshine und Through the Dark. Das Fohlen trank gerade und ich blieb eine Weile am Zaun stehen und beobachtete die Pferde.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

27.Kapitel

 

Am nächsten Tag holte ich Volunteer wieder von der Koppel. Ich wollte mit ihm auch heute auf dem Platz arbeiten. Ich machte ihn fertig und stieg auf dem Platz auf. Der Hengst benahm sich super und hörte auf all meine Hilfen. Es war das zweite Mal das ich ihn richtig ritt und dafür benahm er sich erstaunlich gut, genau wie Happily schien er schnell zu lernen. Nur beim antraben war er etwas ungehalten und stieg leicht. Ich ließ mich davon nicht beeindrucken und schon nach zwei Metern lief er einfach nur perfekt.

Nach einiger Zeit beschloss ich ein Stück mit Volunteer zu galoppieren. Ich trabte ich an und er lief entspannt und mit aufmerksam aufgestellten Ohren. Dann galoppierte ich ihn an und er schoss nach vorne. Es gab für ihn kein Halten mehr und er rannte so schnell er konnte. Seine Ohren hatte er nach hinten gelegt und wir flogen nur so dahin. Mir war sofort klar das er durchging, nicht schlimm, aber er ließ sich garnichts mehr von mir sagen und reagierte auf keine meiner Paraden. Also blieb mir nichts anderes übrig als ihn laufen zu lassen. Er legte sich in die Kurven und ich griff mehr Zügel nach und versuchte ich auf einen Zirkel zu lenken. Dann würde er von allein abbremsen, denn wenn er einen Kreis laufen musste konnte er nicht weiterhin so schnell sein. Das würde er nicht schaffen, das würde kein Pferd schaffen. Ich lenkte Volunteer sanft in die Kurve um auf den Zirkel zu kommen, doch er schaltete auf Stur und reagierte nicht auf mich. Ich wurde etwas strenger mit ihm und hatte ihn nach einigen Minuten auf dem Zirkel. Ich verkleinerte den Kreis immer mehr und immer mehr und der Mustanghengst wurde langsamer.

Schließlich blieb er bebend stehen. Ich beschloss ihn trocken zu führen und rutschte aus dem Sattel. Meine Knie waren etwas wackelig. Wer mochte es auch schon wenn sein Pferd durchging? Der Hengst war nassgeschwitzt und zitterte leicht, vielleicht war der frühe Galopp doch etwas zu viel gewesen und ich hätte mich Ohrfeigen können. Warum machte ich bei Volunteer andauernd Fehler? So etwas war mir doch noch nie passiert.

Ich versorgte Volunteer und brachte ihn wieder zurück auf die Koppel. Dann holte ich Happily. Als ich mit ihr auf den Hof kam begegnete ich Ben. Er erzählte das am nächsten Tag ein neues Pferd zu uns kommen sollte. Ein Kumpel von ihm, Tom, hatte einige Pferde vor dem Schlachter gerettet und konnte sie nicht alle behalten da sein Stall voll war und er auch jetzt schon Probleme hatte seine Pferde zu bezahlen und die ganzen Kosten zu tragen. Ein sehr aggressives wollte nun Ben zu uns holen und es trainieren. Ich freute mich schon darauf, wie auch auf jedes andere neue Pferd das zu uns kam. Es war immer toll ein neues Pferd kennenzulernen. Doch jetzt wollte ich erst einmal mit meiner Happily ausreiten. Ich machte sie fertig und ritt los. Heute wollte ich nach Silverado reiten. Es würde pro Strecke ungefähr eine Stunde dauern und damit würde es der längste Ausritt mit Happily sein den ich machte. Aber ich wusste das sie es schaffen würde und die Strecke war total schön. Wir kamen in Silverado an und ich ging in einen der Läden. Happily wartete brav vor der Tür. Ich ging hinein und kaufte mir eine Packung Kekse und Happily einen Apfel. Sie verschlang ihn gierig und ich sah ihr dabei zu. Die Einwohner von Silverado beachteten uns kaum, rund um die Stadt gab es Farmen und da war ein Reiter mit Pferd vollkommen normal. Doch einige Touristen machten Fotos von uns (Westernpferd und Westernreiterin mussten ein wirklich tolles Motiv abgeben) und manche kamen auch zu uns um Happily zu streicheln und Fotos mit uns zu machen. Happily nahm das vollkommen gelassen hin und ich erfüllte die Fotowünsche. Solange meine Stute sich nicht bedrängt fühlte war das für mich ok und Happily schien richtig gefallen an der Zuneigung zu finden. Ich lobte sie für ihre Gelassenheit, sie war noch so jung und ließ sich trotzdem nie aus der Ruhe bringen.

Nach einer Stunde Pause (eigentlich hatte ich eine kürzere machen wollen, doch ich hatte die Fotowünsche der Touristen nicht abschlagen wollen, das wäre total unhöflich gewesen) ritt ich wieder in Richtung Heimat. Als wir auf den vertrauten Wegen waren und Happily merkte das wie wieder nach Hause ritten legte sie einen Zahn zu und beeilte sich um früher wieder auf den Hof zu kommen. Sie hatte den Ausritt sehr genossen, doch sie schien sich auch wieder sehr auf die Koppel zu freuen. Ich versorgte sie und brachte sie dann wieder zurück. Übermütig galoppierte sie zu May und begrüßte ihre Freundin. Danach begannen die beiden Seite an Seite zu grasen. Ich sah ihnen noch eine Weile zu bevor ich losging um auch mit Jingle einen Ausritt zu machen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

28.Kapitel

 

Am nächsten Morgen fuhr ein schicker Transporter auf den Hof. Ein Mann in Bens Alter mit schulterlangen schwarzen Haaren stieg aus und schüttelte mir die Hand. Er stellte sich als Tom vor noch bevor ich etwas machen konnte kam Ben aus dem Haus und begrüßte ihn. Dann gingen die beiden Männer zu dem Transporter und luden ein Pferd aus. Es war ein riesiger und schlanker Schimmel. Nervös tänzelte er um Tom herum der den Strick fest hielt. Die Ohren des Pferdes lagen flach am Kopf und als Ben zu ihm ging um Tom den Strick abzunehmen schnappte der Hengst drohend in die Luft. Ich merkte sofort das ihm die ganze Situation überhaupt nicht geheuer war. Er bäumte sich leicht aus und trat mit den Vorderhufen in Bens Richtung. Tom blickte Ben an: „Ich bring ihn in seine Box, zeig mir einfach wo sie ist. Er heißt übrigens Giantano.“ Ben ging voraus in den Stall und Tom folgte ihm mit Giantano der immer noch nervös wirkte und die Ohren flach angelegt hatte. Ich wiederum folgte den beiden in sicherem Abstand. Giantano kam in eine der großen und hellen Boxen und Tom erzählte von der Vergangenheit des Pferdes: „Er ist ein Quarter Horse, muss auch auf einem guten Gestüt groß geworden sein, ich habe mich in den letzten Tagen intensiv mit seiner Vergangenheit beschäftigt. Dann wurde er an eine alte Dame verkauft die jedoch mit seinem Temperament nicht klar kam, damals war er ein Jahr alt. Soviel ich weiß war er dann zwei Jahre lang auf einer Koppel und muss auch ein Halfter angehabt haben. Die Narben an seinem Kopf deuten darauf hin das es eingewachsen war.“ Tom machte eine kurze Pause und sah den Hengst an, dann fuhr er fort: „Als er drei war verstarb die Frau und eine junge Tierärztin nahm Giantano zu sich. Sie versorgte ihn und päppelte ihn wieder auf. Nach vielleicht einem Jahr bei ihr verkaufte sie ihn an einen Pferdetrainer. Dieser hat ihn eingeritten, doch er war nie ein tolles Reitpferd. Soviel ich weiß war er am Kopf immer sehr empfindlich und hatte auch seelische Wunden, er wurde von einem Besitzer zum nächsten geschoben und ist nie lange an einem Ort geblieben. Der Pferdetrainer verkaufte Giantano an eine Familie die eigentlich ein Reitpferd für ihre Kinder suchte, doch dafür war er rein garnicht geeignet. So kam es das er zum ersten Mal zum Schlachter kam. Dieses Erlebnis muss ihn noch stärker traumatisiert haben, denn die Frau die ihn danach kaufte berichtete das er stark traumatisiert zu ihr kam. Sie gewann sein Vertrauen, doch dann kam die Frau bei einem Autounfall ums Leben, Giantano war damals fünf Jahre alt. Dieses Erlebnis hat die alten seelischen Wunden wieder aufgerissen und ihn wahrscheinlich noch mehr traumatisiert. Er kam wieder zum Schlachter und nach kurzer Zeit zu einem weiteren Pferdetrainer. Da galt er schon als aggressiv und unrettbar. Das ganze letzte Jahr wurde er von einem Trainer zum nächsten geschoben und immer als aggressiv und unreitbar abgestempelt. Ich habe ihn vor ein paar Wochen beim Schlachter gefunden. Er ist jetzt sechs Jahre alt, ich denke das du ihn wieder hinbekommst Ben, du hast schon vielen Pferden geholfen wo die anderen dachten das nichts mehr aus ihnen wird.“ Ben sah ihn an: „Wenn ich ihn wirklich reitbar mache und er nicht mehr so aggressiv ist, was hast du dann mit ihm vor?“ Tom zuckte leicht mit den Schultern: „Ich werde ihn so lange wie möglich bei mir auf dem Hof behalten und versuchen ein neues und gutes Zuhause für ihn zu finden.“ Vielleicht sollte ich an dieser Stelle erwähnen das Tom einen Gnadenhof betrieb und regelmäßig Pferde vom Schlachter holte die er dann zu Pferdetrainern brachte um sie einzureiten, auszubilden oder was auch immer nötig war. Dann versuchte er mit viel Geduld neue Besitzer zu finden. Diese klärte er genau über die bekannte Vorgeschichte (die Tom eigentlich immer irgendwie durch lange Recherchen herausfand) des Pferdes auf und sagte ihnen auch worauf sie bei dem Tier achten mussten. Außerdem kontrollierte er die potenziellen Besitzer streng und überlegte genau an wen er seine Pferde weitergab. Giantano würde jetzt also von Ben trainiert werden und dann würde Tom versuchen auch für ihn neue Besitzer zu finden.

 

Ich holte Volunteer von der Koppel, Tom war eben wieder gefahren und Ben war noch bei dem neuen Pferd im Stall. Ich wollte jetzt mit Volunteer und danach auch mit Happily trainieren, so wie jeden Tag. Heute würde ich Volunteer longieren und dabei versuchen seinen Galopp besser unter Kontrolle zu bringen, denn was er gestern gemacht hatte war für mich nicht akzeptabel. Wie ich bald darauf feststellen musste ging er wieder durch. Ich konnte die Longe nicht halten, dafür war mein Hengst viel zu stark, und musste daher warten bis er von allein aufhörte zu rennen. Es dauerte eine gute halbe Stunde und danach war der Mustang wieder nassgeschwitzt. Ich versorgte ihn und brachte ihn wieder auf die Koppel, bis aus diesem Pferd ein gutes Reitpferd wurde würde noch einige Zeit vergehen. Irgendwie musste ich seinen Galopp unter Kontrolle bringen, doch ich war mir nicht sicher wie ich das machen sollte.

 

 

 

 

 

 

 

29.Kapitel

 

Mitte Mai hatte Ben Geburtstag, doch er feierte nicht. Nur ich war wie immer da und Logan kam am Nachmittag vorbei. Bens Geburtstag war drei Tage nachdem Giantano zu uns gekommen war. Der Schimmel war noch immer sehr nervös und griff mich und Ben an wenn wir uns der Box näherten. Ihn zu füttern erforderte totale Konzentration wenn man nicht gebissen werden wollte und der Umgang mit dem aggressiven Pferd war sehr anstrengend und nervenaufreibend. Ben machte die meiste Arbeit mit ihm und ich war sehr froh darüber, obwohl ich das Ben natürlich nicht sagte.

 

Zwei Tage nach Ben hatte Claire Geburtstag. Ich fuhr nach Los Angeles wo wir mit der Familie feiern würden. Auch Nathaniel und Brian kamen. Ich freute mich sehr darüber da ich meine beiden Brüder schon länger nicht gesehen hatte. Wir feierten nur im engsten Kreis, wir vier Geschwister und unsere Eltern. Nathaniel erzählte von seinem Studium das er im nächsten Jahr beenden würde und Brian erzählte von seiner Arbeit. Auch ich erzählte von meiner Ausbildung beziehungsweise Arbeit, denn ich arbeite ja mehr als das ich etwas von Ben lernte, er gab mir schließlich nur ab und zu Tipps und meinte das ich es von den Pferden sowieso am besten lernen konnte wie ich mit ihnen umzugehen hatte. Claire bekam von uns allen Geschenke, doch das von mir, oder eigentlich von Ben, war das tollste. Ben hatte sie in den letzten Monaten beobachtet wenn sie uns auf dem Hof besucht hatte und schenkte ihr nun Diana. Claire war außer sich vor Freude und rief Ben sofort an um sich zu bedanken. Mir fiel sie um den Hals und meinte das Diana das beste Geburtstagsgeschenk sei das sie je bekommen hatte. Ich konnte sie verstehen, als ich so alt wie sie gewesen war hatte ich mir auch nichts sehnlicher als ein Pferd gewünscht. Diana würde erst einmal bei mir und Ben auf dem Hof bleiben, wenn Claire in einem Jahr ihren Abschluss hatte wollte sie genau wie ich eine Ausbildung bei Ben anfangen die sie auch schon sicher hatte und dann würde sie jeden Tag bei ihrer geliebten Diana sein. Sie konnte diese Zeit kaum erwarten, doch natürlich wusste sie das es wichtig war als erstes die Schule zu beenden.

 

Am Abend ritt ich wieder mit Volunteer auf dem Platz. Ich hatte seinen Galopp jetzt einigermaßen im Griff und wollte heute den ersten kleinen Ausritt mit ihm machen. Nachdem ich ihn fertig gemacht hatte ging ich auf den Platz um ihn warmzureiten und auch schon ein wenig Trab und Galopparbeit mit ihm zu machen. Ich wollte das er schon gearbeitet hatte bevor ich mit ihm ins Gelände ging, dann war er nicht so nervös. Trotzdem wollte ich nur einen kurzen Ausritt um die Wege nah am Hof machen, auf keinen Fall wollte ich den Hengst schon wieder überfordern. Ich ritt vom Hof und Volunteer blieb vollkommen ruhig. Nach einiger Zeit trabte ich ein Stück. Auch im Trab machte der Hengst keine Probleme, aber trotzdem traute ich mich noch nicht an den Galopp heran. Ich hatte noch zu oft Probleme ihn wieder in den Trab zu bekommen und im Gelände war mir das Risiko einfach zu hoch, wenn er hier durchging konnten wir uns beide verletzen und das wollte ich auf keinen Fall. Also beließ ich es bei Schritt und Trab.

Ich ritt zurück auf den Hof und rutschte aus dem Sattel. Dann zog ich Volunteer sein Hacklemore aus, zog ihm sein Halfter über und band ihn an. Im Stall hörte ich wie Giantano gegen die Boxenwände trat. Ben wollte am nächsten Tag mit dem Training des neuen Pferdes anfangen. Volunteer interessierte sich sehr für die Geräusche die aus dem Stall kamen, ließ sich von ihnen jedoch in keinster Weise stören, sondern begann schon wenig später entspannt zu dösen. Ich nahm ihm Sattel und Pad ab und brachte alles in die Sattelkammer. Dann kratzte ich noch seine Hufe aus und bürstete über sein Fell bevor er wieder auf die Koppel zu Aurum und Strong kam. Er trabte über das Gras und sah sich noch einmal zu mir um bevor er mit den beiden anderen Hengsten ans andere Ende der Koppel galoppierte wo ich die drei nicht mehr sehen konnte.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

30.Kapitel

 

Drei Tage später bekam ich mit Volunteer den ersten wirklich kontrollierten Galopp auf dem Platz hin. Ich lobte ihn und ritt ihn trocken, ich wollte nicht schon wieder was falsch machen und das Training mit einem positiven Erlebnis für das Pferd abschließen. Es war das erste Mal gewesen das er beim Galopp nicht durchgegangen war und nun wollte ich ihn langsam ans Gelände gewöhnen. Ich war einfach am liebsten im Gelände und dem Mustang würde es dort sicher auch besser gefallen wie auf dem Platz. Jetzt stieg ich ab und versorgte ihn. Ben machte mit Giantano keine Fortschritte, der Hengst war sehr aggressiv und Ben konnte schon von Glück reden wenn er nah an die Box des Pferdes kam. Heute hatte er ihm die Stalltür aufgemacht und ihn auf den Paddock gelassen der hinter dem Hintereingang lag. Dort trabte er schon den ganzen Tag nervös seine Runden. Volunteer und ich blickten beide zu ihm, doch er beachtete uns garnicht. Also versorgte ich meinen Hengst und brachte ihn zurück auf die Koppel.

Danach holte ich wie immer Happily. Ich band die Stute vor dem Stall an, nun blickte Giantano interessiert in unsere Richtung. Als er merkte das er nicht zu der Stute konnte bäumte er sich wütend auf und fuhr mit seinem nervösen herumtraben fort. Ich putzte, sattelte und trenste Happily und stieg dann in den Sattel. Happily lief in einem schnellen Schritt vom Hof und blickte aufmerksam um sich. Sie schien sich sehr darüber zu freuen das ich mit ihr ausritt. Ich trabte sie nach einiger Zeit an und Happily legte einen extra schnellen Trab ein. Ich musste über ihren Übermut lachen und bremste sie sanft ab. Schließlich kamen wir zu der Galoppstrecke und ich galoppierte die junge Stute an. Sie preschte los und machte ein paar Bocksprünge. Sie war heute wirklich sehr übermütig und ich konnte sie verstehen, der Winter war lang gewesen und heute war der erste richtig warme Tag in diesem Jahr. Ich freute mich auch sehr darüber und machte daher einen etwas längeren Ausritt.

Als wir schließlich wieder auf den Hof kamen versorgte ich Happily und gab ihr etwas zu trinken. Ich sah das Claires Auto auf dem Hof stand und sie kam gerade mit Diana und Jake von der Koppel. Jake war das einzigste der drei Fohlen das bis jetzt eine Ausbildung genossen hatte und wie es aussah würde es bei Through the Dark und Colorado auch noch dauern, schließlich waren Sunshine und Cheyenne beide komplett wild und würden keinen Menschen an ihr Fohlen lassen, das war gegen ihre Natur. Ich streichelte Jake der mutig auf mich zukam, er war nicht so scheu und schreckhaft wie seine Mutter. Dann umarmte ich meine Schwester und streichelte auch Diana. Claire band Diana an und ich fragte sie was sie vor hatte, sie meinte das sie wahrscheinlich auf den Platz gehen würde. Ich nickte und sah ihr zu wie sie ihre Stute putzte und schließlich auch sattelte und trenste. Dann begleitete ich die beiden zum Reitplatz und warf dabei ein Auge auf Jake der ein Stück hinter uns war. Hinter den dreien schloss ich das Tor und lehnte mich an den Zaun um meiner Schwester zuzusehen. Claire stellte ihre Steigbügel ein, gurtete nach und stieg dann auf. Wie immer war Diana bei ihr vollkommen ruhig. Das Fohlen sprang um die beiden herum und galoppierte so übermütig wie vorhin Happily über den Platz. Auf Claires Wunsch hin baute ich ihr einen Slalom auf und holte Brücke und Wippe. Außerdem legte ich ihnen einen Pferdefußball hin den sich sofort Jake schnappte. Der kleine Hengst jagte den Ball über den Platz und warf sich auf ihn, er kämpfte mit ihm und hatte großen Spaß dabei. Ich machte ein paar Fotos von dem Fohlen und auch von meiner Schwester und Diana.

Als sie etwa eine Stunde gearbeitet hatten schlug ich vor zum Trockenreiten einen kleinen Ausritt zu machen. Ich harkte den Strick in das Halfter des Fohlens und führte ihn neben Diana her. Claire und ich schwiegen beide. Diana benahm sich richtig gut und erschreckte sich kein einziges Mal, doch Jake war eine richtige Nervensäge. Er zog am Strick und wollte immer wieder antraben. Sanft aber streng hielt ich ihn im Schritt an meiner Seite. Zum Glück hatte ich mir Handschuhe angezogen, sonst wären meine Hände schon nach kurzer Zeit mit Brandblasen übersät gewesen.

 

Als wir wieder auf dem Hof waren versorgten wir Diana und Jake und brachten sie dann zurück auf die Koppel. Dort beobachteten wir sie noch eine Weile. Jake lief zu Through the Dark und Colorado und die drei Hengstfohlen begannen zu spielen. Diana lief zu Rose und die beiden Stuten begrüßten sich bevor sie Seite an Seite anfingen zu grasen. Immer wieder warf Diana einen Blick in Richtung ihres Fohlen um sich zu vergewissern das alles gut war. Ich bot Claire an noch einen Ausritt mit ihr zu machen. Sie nahm das Angebot dankend an und wir gingen los um Mellow und Mentos zu holen. Claire mochte Mentos sehr und wollte natürlich ihn reiten, ich selbst würde Mellow nehmen. Wir putzten die beiden Hengste und holten dann das Sattelzeug. Als wir sie sattelten kam Ben zu uns. Er wünschte uns viel Spaß und ging dann weiter zu Giantano. Das letzte was wir sahen bevor wir den Hof verließen war das Giantano wie immer aggressiv in Bens Richtung schnappte. Ben und ich wussten beide das es sehr schwer werden würde das Vertrauen des Hengstes zu gewinnen, doch Ben würde nicht aufgeben. Er gab nie die Hoffnung auf und war sich sicher das man mit jedem Pferd arbeiten konnte wenn man nur die nötige Geduld aufbrachte. Claire und ich ritten wie so oft auf meiner Lieblingsstrecke und die beiden Pferde genossen den langen Galopp.

Als wir uns wieder dem Hof näherten und der Weg breiter wurde trabten wir nebeneinander und unterhielten uns nun auch ein wenig. Claire erzählte von der Schule und ich wie immer von den Pferden, von was sollte ich auch sonst erzählen? Schließlich gab es ja sonst nichts in meinem Leben. Wir versorgten die Pferde. Ben kam gerade aus dem Haus und brachte Äpfel für die beiden Hengste mit. Dann fragte er mich ob ich ihm dabei helfen konnte die Wasserfässer auf die Koppeln zu bringen. Schüchtern bot Claire an die beiden Hengste allein zurück zur Weide zu bringen. Wir hatten sie inzwischen schon versorgt und Claire und ich waren gerade dabei sie wieder zur Koppel zu bringen. Ben zwinkerte ihr zu und meinte das sie das machen konnte. Claire nahm Mellows Strick und ging mit ihnen los in Richtung Koppel. Ich ging mit Ben zu den Traktoren und den schon gefüllten Wasserfässern. Wir brachten erst ein Fass zu den Stuten, Fohlen und Jingle. Dann eines zu Mellow, Harley, Shadow und Mentos und eines zu Volunteer, Aurum und Strong. Giantano hatte ein Wasserfass das wir ebenfalls füllten. Doch da mussten wir nicht mit dem Traktor hin, sondern konnten es einfach mit dem Wasserschlauch füllen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

31.Kapitel

 

Eine Woche später war die Galopparbeit mit Volunteer auf dem Platz noch besser geworden und ich beschloss den ersten großen Ausritt zu machen. Ich band den Hengst vorm Stall an und machte ihn fertig. Dann ritt ich los, natürlich wollte ich meinen Lieblingsweg nehmen.

Als wir zur Galoppstrecke kamen trabte ich Volunteer an und galoppierte nicht an. Ich hatte ihn im Galopp noch nicht so gut unter Kontrolle das ich ihn auf dieser Strecke galoppieren würde. Schließlich wurde der Weg ja an dieser einen Stelle sehr eng und falls er ausgerechnet heute durchging hätte ich ein ernsthaftes Problem.

Wir waren erst ein paar Meter getrabt als ein Hubschrauber über uns hinweg flog. Volunteer bäumte sich auf und ich griff instinktiv nach dem Sattelhorn. Dann schoss der Hengst auch schon wie von der Tarantel gestochen im Galopp nach vorne über den Weg. Ich spürte wie mein Herz immer schneller schlug und hatte richtig Angst, das war genau das was ich nicht gewollt hatte. Ich hatte zum Glück die Steigbügel nicht verloren und versuchte mein Pferd zu beruhigen, doch das ging nicht. Er war von dem Geräusch des Hubschraubers total verstört, das Geräusch musste ihn an den Tag erinnern an dem er eingefangen worden war, an den Tag der Mustangauktion.

Der Weg wurde immer schmaler und schmaler und wir kamen an die Stelle an der ich immer durchparierte, doch noch immer ließ der Mustang sich nicht beruhigen. Ich hielt mich voller Angst am Sattel fest, der Weg war nun an der schmalsten Stelle und Volunteer war viel zu schnell. Diese Stelle war allgemein kritisch weil sich das Pferd sehr darauf konzentrieren musste wo es seine Hufe hinsetzte, und der Hengst dachte ja gerade an nichts anderes als die Flucht vor dem Hubschrauber. So kam es das er mit einem Huf vom Weg abrutschte. Sofort kam er ins Schlingern und mit hoher Geschwindigkeit rutschte er den steilen Abhang nach unten. Ich schrie obwohl ich wusste das der Schrei mein Pferd nur noch mehr in Panik versetzen würde. Mit aller Kraft hielt ich mich im Sattel fest um auf keinen Fall zu stürzen. Wir drehten uns immer wieder, mir wurde schwindelig und Volunteer hielt noch immer nicht an. Zitternd schloss ich die Augen um das Schwindelgefühl loszuwerden, doch es half nichts.

Nach einer gefühlten Ewigkeit war der Abhang zu Ende und der Mustang galoppierte weiter. Ich hatte jegliche Orientierung verloren, doch wir mussten uns ungefähr auf Moreno Valley zubewegen, doch das war einige Zeit von unserem Hof entfernt. Ich hoffte das Volunteer sich bis dahin wieder beruhigt hatte, denn bei Moreno Valley gab es einige stark befahrene Straßen.

Meine Arme und Beine taten weh, doch ich ließ nicht los. Wenn ich jetzt vom Pferd fallen würde, wie sollte ich dann nach Hause kommen? Wie sollte ich dann Volunteer wiederfinden? Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich beim Reiten richtige Angst. Ich hatte schon oft auf durchgehenden Pferden gesessen, doch jetzt war es anders, als würde gleich etwas schreckliches passieren. Um uns herum wurde der Wald immer karger und es gab kaum noch Bäume. Wir flogen an letzten Bäumen vorbei und der Hengst preschte über eine zum Glück leere Straße.

 

Ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren, doch nach einiger Zeit tauchten wieder Häuser vor uns auf. Schon kurz darauf, vielleicht ein paar Sekunden später, hörte ich die Geräusche einer stark befahrenen Straße. Sie wurden rasch lauter und ich stellte fest das wir uns der Straße mit rasender Geschwindigkeit näherten. Dann ging alles sehr schnell, wir waren am Rande der Straße und Volunteer lief, immer noch im Galopp auf die Fahrbahn. Die Hupen die nun ertönten verschreckten ihn nur noch mehr und er stieg. Ich sah nach links und sah einen Lastwagen auf uns zufahren. Er hupte und eine Sekunde später erfasste er mich und Volunteer. Volunteer wurde nach rechts unter mir weg geschleudert und ich flog nach oben. Ich hatte entsetzliche Angst, war das das Ende? Ich spürte einen Aufprall und einen stechenden Schmerz im Rücken. Dann wurde um mich herum alles schwarz.

 

Als ich wieder zu mir kam hörte ich um mich herum nur ein gleichmäßiges Piepsen. Ich öffnete die Augen. Das Zimmer in dem ich lag war komplett weiß und mit Geräten vollgestellt, es war ein Krankenhauszimmer, das erkannte ich sofort. Ein Arzt kam zu mir. „Können sie mich hören?“ fragte er und ich nickte. Was war passiert? Wo war Volunteer? Der Arzt nahm ein Klemmbrett zur Hand und mir fiel ein das er nicht wissen konnte wer ich war, ich hatte immer nur ein Handy bei mir wenn ich ausreiten ging und das hatte genau ich heute morgen daheim gelassen. Es war mir am Tag zuvor kaputt gegangen. „Wie heißen sie?“ fragte der Arzt (er hatte sich als Professor Doktor Kreuzer vorgestellt). „Gwendolyn Hogan.“ Er schrieb mit und fragte mich auch nach Geburtstag, Alter und Wohnort. Schließlich fragte er ob ich chronische Erkrankungen hatte, hatte ich nicht. Und nach meiner Blutgruppe, A positiv. Zum Schluss fragte er mich noch wen er anrufen sollte. Ich gab ihm die Nummer von Ben und die meiner Eltern. Bevor der Arzt ging sagte er mir dann endlich noch was ich eigentlich hatte: „Sie haben großes Glück gehabt Mrs. Hogan, wir konnten keine inneren Verletzungen finden. Ihr rechtes Handgelenk ist angebrochen, neun Rippen sind geprellt und ihr Rückennerv ist eingeklemmt, deswegen spüren sie wahrscheinlich auch nichts in ihren Beinen.“ Erst jetzt wurde mir bewusst das ich wirklich nichts in meinen Beinen fühlte. Ich bekam es mit der Angst zu tun und fragte den Arzt ob ich das Gefühl in meinen Beinen wiederbekommen würde. Dazu konnte er nichts genaueres sagen, aber die Chance bestand. War mein Leben jetzt ruiniert? Würde ich je wieder reiten können? Was würde aus meiner Ausbildung werden? Und wo um Himmels willen war Volunteer?

 

Zwei Stunden später kam Ben. Er hatte erst mit dem Anruf des Arztes von dem Unfall gehört und war dann fast sofort losgefahren. Die Fahrt dauerte 1 ½ Stunden. Meine Eltern und Claire kamen erst kurz danach obwohl sie eine kürzere Fahrt gehabt hatten. Ben bot an herauszufinden was mit Volunteer passiert war. Er verließ den Raum und rief bei der Polizei an. Zitternd lag ich in meinem Bett und ignorierte meine Eltern und Claire die versuchten mich zu beruhigen. Ich wollte ich nicht beruhigen, ich wollte wissen was mit Volunteer los war.

 

Vielleicht eine viertel Stunde später kam Ben wieder zu mir, Claire und unseren Eltern. Er berichtete das Volunteer nach dem Unfall in eine Pferdeklinik gekommen war die eine halbe Stunde von dem Unfallort entfernt war. Sein linkes Vorderbein war mehrfach gebrochen und er hatte auch einige innere Verletzungen. Die Tierärzte wollten ihn einschläfern, doch durften das natürlich nicht ohne Einwilligung machen. Ich zuckte zusammen und flehte Ben an die Tierärzte dazu zu bringen das nicht zu tun. Ich wollte meinen Volunteer nicht verlieren. Ich wollte ihn nicht sterben lassen. Konnte man ihm denn nicht helfen? Vielleicht war dieser Gedanke aber auch egoistisch von mir, vielleicht war es das beste das der Hengst eingeschläfert wurde. Mein Verstand riet mir zu dieser Entscheidung, doch mein Herz wollte es nicht zulassen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

32.Kapitel

 

Eine Woche später durfte ich nach Hause. An der Lähmung meiner Beine konnten die Ärzte nichts ändern, entweder würde der Nerv sich von allein lösen, oder nicht. Ich hatte einen Rollstuhl bekommen den ich benutzen musste, was anderes blieb mir auch garnicht übrig wenn ich mich fortbewegen wollte.

Doch bevor wir auf den Hof fuhren, besuchten wir noch Volunteer in die Pferdeklinik. Der Tierarzt wollte noch einmal mit mir sprechen und ich folgte ihm im Rollstuhl in ein Behandlungszimmer. Er sah mich an und meinte: „Ich weiß nicht ob sie genau über Volunteers Zustand Bescheid wissen, aber ihm geht es sehr schlecht. Sein Bein werden wir nicht retten können, das Röhrbein ist komplett zertrümmert und die Muskeln und Sehnen sind zerrissen. Wir haben die Blutung gestoppt und könnten die obere Hälfte des Beines auch erhalten, doch Prothesen für Pferde können wir nicht herstellen und anpassen. Daher wäre es für den Hengst am besten wenn wir ihn einschläfern würden. Ansonsten hat er am ganzen Körper Schnitte auf der Haut die alle nicht allzu tief sind. Jedoch hatte er ein paar innere Blutungen, die sind nun schon alle wieder zum Stehen gekommen, aber wenn sie wieder anfangen zu bluten müssen wir ihn operieren.“ Ich sah ihn entsetzt an, ich hatte nicht gewusst das es so schlecht um mein Pferd stand. Ich hob den Kopf und sah den Tierarzt an: „Wo kann man denn so eine Prothese machen lassen?“ Nun wirkte er leicht belustigt: „Die beste Klinik ist in Kentucky. Doch das ist sehr teuer und es wäre ungewiss ob Volunteer den Transport überleben würde.“ Mir fiel ein das Zoey in dem Zentrum in Kentucky arbeitete, Verbindungen hatte ich also und so fragte ich: „Wäre es denn möglich ihn zu transportieren?“ „Theoretisch … ja, aber er müsste die ganze Fahrt in Narkose liegen oder so starke Beruhigungsmittel bekommen das er nicht versucht aufzustehen. Außerdem muss der Anhänger sicher sein und so breit das er darin liegen kann. Aber vor allem müssten jedoch Gurte vorhanden sein um den Hengst zu sichern. So einen Anhänger müsste man wohl speziell anfertigen lassen und das wird sehr teuer.“ Mitleid schwang in seiner Stimme mit und er beteuerte das er Volunteer gerne helfen wollte, es jedoch außerhalb seiner Macht stand. Ich nickte leicht und verlangte dann endlich mein Pferd zu sehen. Der Tierarzt führte mich durch einen langen Gang und hielt mir die Türen auf damit ich durch sie durch fahren konnte. Schließlich kamen wir an eine große Tür, er schloss sie auf und hielt sie mir dann ebenfalls auf. Mir kamen die Tränen als ich Volunteer sah. Er lag auf dem gepolsterten Boden, um seine Beine und um seinen Bauch waren Gurte die ihn an den Boden fesselten sodass er nicht aufstehen konnte. Denn das würde ihm nur schaden. Sein linkes Vorderbein war in Verbände gewickelt und lag in einer Schiene. Er schien voll mit Beruhigungsmitteln und Schmerzmitteln zu sein, doch er hob den Kopf als er mich hörte. Ich fuhr mit dem Rollstuhl zu ihm und beugte mich neben seinem Kopf runter. Langsam streichelte ich ihn während mir die Tränen über die Wangen liefen. Ich wollte ihn nicht verlieren, ich wollte nicht das er starb. Doch wie sollte ich ihm helfen? Wie sollte ich das Geld zusammen bekommen das für seine Heilung nötig wäre? Und wie sollte ich das alles in der nächsten Zeit schaffen?

 

Ich saß zuhause auf dem Sofa und telefonierte mit Zoey. Sie hatte angeboten bei dem Professor der das Zentrum leitete ein gutes Wort für mich und Volunteer einzulegen sodass ich vielleicht weniger bezahlen musste. Doch für den Transport würde ich natürlich allein aufkommen müssen und so ein Anhänger der extra angefertigt werden musste würde nicht gerade billig sein, das war ja schon ein normaler Anhänger nicht. Doch das größte Problem war die Zeit, ich konnte nicht ein paar Jahre warten bis ich das Geld zusammen hatte, das alles musste so schnell wie möglich passieren.

Ich rief auch noch bei Tom an, vielleicht kannte er ja jemanden der so einen Transporter hatte, auch wenn ich es bezweifelte. Doch Tom war im Tierschutz sehr aktiv und hatte viele Kontakte. Er versprach mir zu helfen, er schlug vor das man vielleicht Spenden sammeln könnte, aber er bezweifelte das mir das in so kurzer Zeit genug Geld bringen würde.

 

Ich rollte mit meinem Rollstuhl über den Weg zu den Koppeln. Die ganze Zeit dachte ich darüber nach wie ich das Geld bekommen sollte das ich für Volunteer brauchte. Ben, Logan, Tom und Zoey wollten mir alle etwas leihen und ich hatte auch noch Erspartes. Doch ob das reichen würde? Ich hatte noch immer große Angst meinen geliebten Hengst zu verlieren und wollte alles dafür tun um ihn zu retten. Ich fuhr an den Zaun der Koppel und rief Happily zu mir. Sie galoppierte sofort zu mir an den Zaun und begrüßte mich stürmisch. Ich streichelte sie einige Zeit lang, dann hörte ich Schritte hinter mir. Ich drehte mich um und sah Ben der auf mich zurannte. Er teilte mir mit das die Polizei auf dem Hof war und mit mir über den Unfall sprechen wollte. Ben schob mich, oder eher gesagt meinen Rollstuhl, zurück zum Hof und ich begrüßte die beiden Polizisten. Dann fuhr ich vor in Richtung Haus und sie folgten mir. Ich bot ihnen Sitzplätze auf dem Sofa an und rollte meinen Rollstuhl so das ich ihnen gegenüber war. „Was wollen sie wissen?“ fragte ich dann. Der ältere der Polizisten sprach zuerst: „Wir wollen wissen wie es zu dem Unfall gekommen ist und an was sie sich noch erinnern können.“ Ich atmete einmal tief durch, es tat mir in der Seele weh mich an diesen schrecklichen Tag erinnern zu müssen, doch ich wusste das es nötig war. Also begann ich zu erzählen: „Ich hab Volunteer seit ein paar Monaten. Ich habe ihn selbst ausgebildet und das war unser erster längerer Ausritt. Eigentlich wollten wir nur über eine Strecke die mir sehr vertraut ist und auf der ich jeden Tag unterwegs bin. Ich weiß genau wann ich die Pferde abbremsen muss, doch ein Stück bevor es zu einer sehr schmalen Stelle vom Weg kam flog ein Hubschrauber über uns hinweg. Volunteer ist ein Mustang und hat nun wirklich keine tollen Erfahrungen mit Hubschraubern gemacht. Er erschreckte sich und ging durch. Als wir zur besagten schmalen Stelle kamen rutschte er ab und wir schlitterten einen Abhang hinunter. Von hier ist es ein ganzes Stück bis Moreno Valley …“ Ich konnte einen Moment nicht weiter reden, die Ärzte hatten mir gesagt das der Unfall in Moreno Valley passiert war und mir war klar das das eine recht lange Strecke von unserem Hof aus war. Schließlich redete ich weiter: „ … bis Moreno Valley wo der Unfall passierte. Er war die ganze Zeit nicht zu bremsen, so verschreckt habe ich ihn noch nie erlebt, aber ich kann ihn in gewisser Weise auch verstehen. An den Unfall erinnerte ich mich nicht mehr so genau, es passierte alles sehr schnell. Volunteer lief auf die Straße und ich sah den Lastwagen auf uns zukommen. Dann erfasste er uns und … und Volunteer wurde unter mir weg geschleudert. Ich weiß nur das ich durch die Luft flog und irgendwo aufschlug. Und das ich einen stechenden Schmerz im Rücken hatte bevor ich im Krankenhaus wieder aufwachte.“ Die beiden Polizisten sahen mich an. Wie die Tierärzte mir gesagt hatten hatte Volunteer sehr viel Blut verloren und alle Autofahrer die bei dem Unfall dabei gewesen waren standen unter Schock. Ich gab kurze Auskunft über das Befinden des Hengstes und ließ mir dann sagen das die Zeitung über den Unfall berichten wollte. Sie fragten nur nach ob es für mich möglich war Auskunft zu geben, ich nickte. Mich störte es nicht Auskunft zu geben, dann würde sich vielleicht ein großzügiger Sponsor finden der die Rettung meines Pferdes finanzierte. Die beiden Polizisten nahmen mich mit nach Los Angeles wo sie mich vor dem Gebäude der Zeitungsredaktion absetzten. Ich schrieb meinem Vater eine SMS und fragte ob er mich nach meinem Interview oder was auch immer ich gleich machen musste, abholen würde. Er antwortete sofort und schrieb das er mich in einer Stunde bei der Redaktion holen würde. Ich rollte in das Gebäude und fragte mich zum Reporter durch. Er war sehr an dem Thema interessiert und an seiner Stimme merkte ich auch das mein Schicksal ihm wirklich Leid tat. Er spielte es mir nicht nur vor, er meinte es auch so. Er ließ mir Zeit zum Beantworten der Fragen und fragte auch nicht zu genau nach. Er schien zu merken wie weh es mir tat über dieses Thema zu sprechen.

 

Ich war genau eine Stunde im Gebäude der Redaktion gewesen. Der Artikel würde schon am nächsten Tag in der Zeitung stehen, das hatte der Reporter mir versichert. Jetzt saß ich im Rollstuhl vor der Tür und suchte mit den Augen nach dem Auto meines Vaters. Als ich es entdeckte fuhr ich so schnell ich konnte auf es zu und umarmte meinen Vater. Dann half er mir beim Einsteigen und verstaute den Rollstuhl. Schließlich setzte er sich hinter das Lenkrad und fuhr los. Wie schwiegen die ganze Fahrt über. Er fragte mich nicht wie es mir ging und auch nicht nach dem Interview das ich gerade gegeben hatte. Das war mich gerade recht so und ich dachte über das nach was gerade geschehen war. Ich wollte über all das nicht reden, nicht über meine Gefühle, nicht über den Unfall und auch nicht über das Interview. Ich fühlte mich nach wie vor schrecklich. Was wenn ich für immer gelähmt bleiben würde? Was wenn ich nie mehr reiten konnte? Was wenn Volunteer starb? Es gab so viele unbeantwortete Fragen und die meisten ließen sich auch nicht beantworten. Ich würde vielleicht Jahre auf die Antworten warten müssen, oder sie auch nie finden. Vielleicht waren es auch Fragen auf die es einfach keine Antworten gab. Die wichtigste Frage, die Frage die alles umschloss, war: womit hatte ich das alles verdient? Warum ich? Warum musste gerade ich diesen Unfall gehabt haben? Warum war ich diejenige die gelähmt war? Warum war ich die die vielleicht ihr Pferd verlor? Warum? Warum? Warum? Ich konnte kaum einen anderen Gedanken fassen, wenn ich abends in meinem Bett lag und versuchte einzuschlafen kreisten diese Worte durch meinen Kopf. Oft weinte ich mich in den Schlaf. Das Leben war so ungerecht! Warum mussten solche Unfälle überhaupt passieren?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

33.Kapitel

 

Ich schlug die Zeitung auf. Direkt auf der zweiten Seite war der Artikel über den Unfall. Ein Bild war nicht dabei und das fand ich auch besser so, denn ich wollte nicht das mich jemand erkannte und darauf ansprach. Ich begann den Artikel zu lesen und während ich ihn las kamen mir die Tränen:

 

Unfall bei Moreno Valley

Vor etwa einer Woche, am 24. Mai, ereignete sich auf der I-215 ein schwerer Unfall. Nachdem das Pferd im Wald in der Nähe von Silverado durchgegangen war lief es bis nach Moreno Valley und dort auf die Straße. Die Reiterin, Gwendolyn H. Konnte nichts tun und auch der Lastwagenfahrer der gerade auf der Straße unterwegs war sah das Pferd zu spät um zu bremsen. Der Lastwagen erfasste das Pferd und schleuderte es gut zehn Meter weit, Gwendolyn H. wurde in die Luft geworfen und landete auf dem Dach des Lastwagens von wo aus sie wieder auf die Straße fiel. Inzwischen ist Mrs. H. Wieder aus dem Krankenhaus entlassen, jedoch nun an den Beinen gelähmt. Das Pferd liegt in einer Pferdeklinik und die Tierärzte kämpfen um sein Leben. Das linke Vorderbein ist stark beschädigt und nicht mehr zu rette, wie die Tierärzte berichten. Das einzigste was dem Pferd helfen könnte wäre eine Amputation und danach eine Prothese. Doch das ist nicht gerade billig und hier in Kalifornien gibt es keine Spezialisten dafür. Bleibt nur noch zu hoffen das Mrs. H. Und ihr Pferd das alles gut überstehen. Doch es würde schon an ein Wunder grenzen wenn sie jetzt noch eine Möglichkeit finden würden das Pferd zu retten.

 

Ich wischte mir die Tränen von den Wangen und legte die Zeitung beiseite. Ich beschloss Happily zu besuchen und fuhr aus dem Haus. Ich fuhr über den Hof, da sah ich Ben und schlagartig wurde mir klar das sich seit dem Unfall nicht nur das Leben von mir und Volunteer verändert hatte sondern noch mehr. Denn Ben führte Giantano am Strick, der Hengst wirkte zwar noch sehr nervös und nicht sonderlich brav da er immer wieder drohend die Ohren anlegte, doch er griff Ben nicht an und das war schon ein riesen Fortschritt. Ich lächelte Ben vorsichtig an und fuhr dann weiter zu den Koppeln. Happily kam sofort zu mir und ich nahm ihr Halfter vom Zaun. Danach fuhr ich auf die Koppel. Mit dem Rollstuhl kam ich im Gras nicht sonderlich gut voran, er war dafür einfach nicht geeignet. Wenn ich wirklich für immer gelähmt bleiben würde musste ich mir wohl früher oder später einen Rollstuhl mit breiteren Rädern kaufen. Ich halfterte meine Stute auf und verließ mit ihr die Koppel. Dann führte ich sie zurück zum Hof. Happily lief am lockeren Strick neben meinem Rollstuhl her. Ich war so froh das ich den Strick locker in die Hand nehmen konnte, denn ich brauchte beide Hände um den Rollstuhl zu fahren und da konnte ich mich nicht sonderlich auf das Pferd konzentrieren.

Ich putzte die Stute und dachte darüber nach was ich an diesem Tag noch alles machen würde. Ben hatte angeboten mich wieder zu Volunteer zu fahren und ich war ihm sehr dankbar dafür. Er unterstützte mich und wollte genau wie ich alles tun um den Hengst zu retten. Doch ich war mir sicher das er etwas realistischer darüber dachte wie ich. Es würde schon ein Wunder brauchen wenn ich das Geld schnell bekam das ich benötigte, genau wie es in der Zeitung gestanden hatte.

 

Wir fuhren ungefähr eine Stunde bis wir bei der Pferdeklinik waren. Der Tierarzt der Volunteer behandelte meinte das sein Zustand unverändert war. Er brachte mich zu ihm und ich rollte meinen Rollstuhl neben den Kopf des Pferdes. Was sollte ich nur tun? Ich konnte ihn einfach nicht einschläfern lassen. Doch er konnte ja auch nicht für ewig in diesem Zimmer hier festgebunden liegen. Es musste etwas passieren, aber was? Klar, eine Prothese war eine gute Möglichkeit, doch sehr teuer und der Transport war ja auch noch zu bezahlen. Schließlich musste er ja irgendwie nach Kentucky kommen wo der Eingriff oder eher die Herstellung und Befestigung der Prothese gemacht wurde, und auch wieder zurück. Zoey hatte mit dem Chef des Centers geredet und der würde den Eingriff bei Volunteer machen. Auch würde er uns einen zeitnahem Termin geben, doch erst einmal mussten wir den Transport organisieren.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

34.Kapitel

 

Fünf Wochen und einen Tag später (also etwas mehr als einen Monat nach dem Zeitungsartikel) war mein Geburtstag. Eigentlich sollte ich mich freuen und feiern, es war ja schließlich mein 21. Geburtstag und ich war nun nach den Amerikanischen Gesetz volljährig. Doch Volunteer ging es noch immer nicht besser und die Tierärzte wollten nun langsam eine Entscheidung von mir. Am Tag zuvor (genau sechs Wochen und einen Tag nach dem Unfall) war im Fernsehen über mich und Volunteer berichtet worden, das war mir ziemlich unangenehm gewesen, da ich und Volunteer beide gezeigt worden waren. Jetzt saß ich Zuhause und telefonierte mit meinen Eltern, sie wollten am Abend zu Besuch kommen obwohl ich ihnen gesagt hatte das ich keine Lust hatte zu feiern.

Bedrückt legte ich auf, genau wie Volunteer ging es auch mir nicht besser und ich hasste meinen Rollstuhl aus tiefstem Herzen. Warum konnte nicht alles wieder so sein wie früher?

Das Telefon klingelte und ich hob ab. Dann nahm ich es an mein Ohr und meldete mich: „Gwendolyn Hogan, Guten Tag.“ „Guten Tag, hier ist Daniel Carrey.“ Oh Gott, bloß ruhig bleiben Gwendolyn. Sagte ich mir. Daniel Carrey war Schauspieler und hatte schon in einigen Westernfilmen mitgespielt, bei denen ich immer im Kino gewesen war. Er war bekannt für seine Tierliebe, immer wieder setzte er sich für Tiere in Not ein und hatte auch mehrere seiner Filmpferde gekauft. Nun sprach er weiter und brachte sein Anliegen vor: „Ich habe gestern im Fernsehen von ihnen und Volunteer gehört, ich würde sie gerne unterstützen und den Transport sowie die Behandlung bezahlen.“ Ich begann zu zittern und meinte: „Das kann ich nicht annehmen …“ „Klar können sie! Ich will euch beiden gerne helfen, wäre es ok wenn ich heute vorbeikomme damit wir alles besprechen können?“ Ich stimmt zu, gab ihm meine (naja, eigentlich Bens) Adresse und wir vereinbarten das er in drei Stunden kam.

Es war mir egal das heute mein Geburtstag war, ich wollte das es Volunteer so schnell wie möglich besser ging und das er wieder gesund wurde. Natürlich würde sein Bein nie heilen, doch mit der Prothese würde er wieder ein recht normales Leben führen können. Das einzigste das nicht ging war Reiten, soviel ich wusste war diese Belastung für die Prothese zu hoch, doch Pferde mit einer Prothese konnten genau wie andere Pferde traben, galoppieren und sich auf der Koppel aufhalten. Manche meinten das Prothesen die Pferde störte und sie in ihrer Lebensqualität negativ beeinflusste, doch die Pferde die ich im Fernsehen oder Internet gesehen hatte wirkten absolut zufrieden und voller Lebensfreude. Zoey hatte in letzter Zeit oft mit mir telefoniert und mir erzählt das eigentlich alle Pferde mit ihrer Prothese sehr gut klar kamen und daher hatte ich auch keine Zweifel und wollte es auf jeden Fall bei Volunteer machen lassen.

 

Daniel Carrey kam pünktlich und ich machte ihm die Tür auf. Ben war bei den Pferden und ich unterhielt mich mit Daniel, der unbedingt wollte das ich ihn mit seinem Vornamen ansprach. Er sah so live noch viel besser aus wie im Kino, er war vielleicht fünf Zentimeter größer wie ich, hatte blond gefärbte (eigentlich braune) Haare die ihm fast bis zu den Schultern reichten und blaue Augen. Ich erzählte ihm von Volunteer, ich hatte ihn ja noch nicht sonderlich lange, aber ich erzählte ihn von so ziemlich allem was ich schon mit dem Hengst erlebt hatte. Wie ich sein Vertrauen gewonnen hatte, wie ich ihn das erste Mal geritten war, wie wir immer bessere Freunde geworden waren. Ich erzählte alles bis hin zu dem Unfall und der Zeit danach. Außerdem erklärte ich ihm seinen Gesundheitszustand. Daniel wollte sich um den Transport kümmern, in zwei Wochen sollte es los gehen wenn alles so klappte wie es geplant war und darüber war ich sehr froh.

Nachdem wir das wichtigste besprochen hatten wollte ich ihm die Pferde zeigen. Als erstes kam natürlich meine geliebte Happily, dann Sunshine und Through the Dark. Er bewunderte das Fohlen und meinte das er ihn sofort kaufen würde wenn ich ihn verkaufen wollte. Das wollte ich natürlich nicht und daher wies ich lachend ab. Daniel war jedoch besonders an Volunteer interessiert und ich beschloss direkt mit ihm zu meinem Hengst zu fahren. Ich rief meine Eltern und Logan (der vor acht Tagen 26 geworden war) an und sagte ihnen das ich nochmal weg sein würde. Sie würden alle erst am Abend zum Essen kommen, worauf ich jetzt schon mehr Lust hatte. Schließlich stand die Rettung von Volunteer bevor.

 

Als ich mit Daniel im Auto saß und wir zu der Pferdeklinik fuhren lud ich auch ihn ein. Er meinte das er gerne kommen würde und erzählte ein wenig aus seinem Leben als Schauspieler.

Wir kamen in der Klinik an und ich sprach kurz mit den Tierärzten. Außerdem stellte ich ihnen Daniel vor und wir erzählten von unseren Plänen zu Volunteers Rettung. Sein Zustand war stabil und er würde transportiert werden können, soweit es ihm in den nächsten Wochen nicht erheblich schlechter ging. Allerdings wollte der behandelnde Tierarzt mitfahren was mir nur Recht war. Er brachte uns zu Volunteer, der wie immer unter Beruhigungsmitteln stand und ließ mich und Daniel mit dem Hengst allein. Die Tierärzte konnten die Mittel nicht absetzen, denn dann würde Volunteer versuchen aufzustehen und sich nur noch mehr verletzen, was natürlich niemand wollte. Ich rollte zu Volunteer und begrüßte ihn. Er hob leicht den Kopf und registrierte meine Anwesenheit mit einem leichten Schnauben. Ich streichelte ihn und Daniel kam nun zu mir und dem Pferd. Volunteer ließ sich auch von ihm streicheln, doch ich war mir sicher das das an den Beruhigungsmitteln lag, denn Volunteer hatte eigentlich keine Erfahrungen mit Fremden (mal abgesehen von den Leuten auf der Mustangauktion und den Tierärzten) und daher war er immer sehr vorsichtig gewesen.

 

Wir blieben ungefähr eine Stunde in der Pferdeklinik bevor wir wieder zurück fuhren. Als erstes stellte ich Ben und Daniel einander vor. Ben hatte gerade mit Giantano gearbeitet und die beiden Männer redeten über das Pferd. Ben erzählte von Giantanos Aggressivität (die sich schon sehr gebessert hatte) und Daniel hörte ihm aufmerksam zu. Danach erzählte auch er von seinen Pferden. Es waren allesamt super ausgebildete Filmpferde und er bot an das er sie mir mal zeigen konnte wenn ich Lust hatte. Ich war begeistert von dem Angebot und hoffte das ich Daniels Pferde bald kennenlernen konnte. Doch zuerst war es mir wichtiger das Volunteer endlich nach Kentucky kam.

 

Als erster von den Gästen kam Logan und mit ihm Tom, die beiden hatten sich in der letzten Zeit angefreundet seit sie sich einmal bei Volunteer getroffen hatten. Ich begrüßte die beiden und nachdem sie mir gratuliert hatten stellte ich auch ihnen Daniel vor. Zusammen gingen, beziehungsweise fuhren, wir ins Haus und setzten uns ins Wohnzimmer. Von meiner Familie kam Brian als erstes. Er kam mit den anderen sofort ins Gespräch und ich freute mich darüber, denn Brian kannte niemanden von den anderen und war eigentlich immer sehr schüchtern.

Schon wenig später kam Nathaniel, er war total begeistert Daniel zu treffen. Nathaniel liebte Westernfilme und Daniel war sein Lieblingsschauspieler, war er ihm auch sofort sagte. Daniel musste darüber lachen und unterhielt sich mit meinem Bruder über seinen neusten Film. Jetzt fehlten nur noch meine Eltern und Claire. Ich setzte mich zu den anderen und wir unterhielten uns. Die meiste Zeit ging es um Daniels Filme und die Pferde von ihm, aber es ging auch sehr viel um Volunteer was mich traurig stimmte.

 

Wenig später kamen dann auch meine Eltern und Claire die Kuchen mitbrachten. Meine Eltern begrüßten mich und verschwanden hinter mir im Haus. Claire begrüßte mich nur flüchtig mit einer Umarmung und lief dann sofort zu den Pferden um Diana zu besuchen (das Pferd war ihr natürlich wichtiger wie ihre eigene Schwester). Ich folgte meinen Eltern zurück ins Haus, ich wusste das es bei Claire noch eine Weile dauern würde und so fingen wir schon mal mit dem Essen an. Während dem Essen unterhielten wir uns natürlich weiter.

Etwa zehn Minuten später kam dann auch Claire. Ich fing sie an der Tür ab und sagte ihr das Daniel da war, sonst hätte sie wahrscheinlich noch einen Herzinfarkt vor Schreck bekommen und ich wollte nicht das sie anfing zu kreischen wenn auf einmal ein Schauspieler in meinem Wohnzimmer saß. Sie folgte mir ins Wohnzimmer und setzte sich hin. Ben holte ihr etwas zu essen und ich rollte meinen Rollstuhl neben das Sofa. Wir unterhielten uns weiter und am Ende des Abends packte ich auch meine Geschenke aus. Ich hatte mir zwar nichts gewünscht, aber ich freute mich trotzdem darüber das die anderen an mich gedacht hatten.

 

 

 

35.Kapitel

 

Zwei Wochen später war dann alles vorbereitet. Daniel hatte genug Verbindungen und so alles schnell bekommen. Außerdem hatte er auch dafür gesorgt das wir Hotelzimmer in Kentucky nahe des Zentrums bekommen würden damit wir in der Nähe von Volunteer waren. Ich war ihm sehr dankbar und konnte es kaum abwarten das wir endlich losfuhren. Doch es würde auch eine sehr lange Fahrt durch halb Amerika werden. Für mich, für Volunteer, für uns alle, würde es sehr anstrengend werden. Ich wollte mich mit Daniel und dem behandelnden Tierarzt bei der Pferdeklinik treffen. Zusammen mit Ben fuhr ich dort hin, ich hatte einen Koffer gepackt da ich bestimmt einige Zeit in Kentucky bleiben musste. Ich wusste das der Center schon seit einigen Jahren solche Operationen, also Beinprothesen, bei Pferden durchführte und das beruhigte mich. Es waren Spezialisten und Zoey hatte mir gesagt das sie wirklich gut waren und wussten was sie taten. In Kentucky würde ich dann auch Zoey wiedersehen worauf ich mich schon sehr freute.

 

Endlich waren wir bei der Pferdeklinik. Der Transporter den Daniel besorgt hatte war mit einem weichem Boden und Gurten im Inneren ausgestattet. Volunteer war schon verladen worden, doch ich wusste nicht wie sie es geschafft hatten. Ich umarmte Daniel zur Begrüßung und verabschiedete mich von Ben. Danach begrüßte ich auch Volunteer und stieg dann mit Daniels Hilfe ins Führerhaus des großen Transporters ein. Daniel verstaute meinen Rollstuhl und unsere Koffer. Dann setzte er sich ans Lenkrad und der Tierarzt setzte sich auf meine andere Seite, jetzt waren wir startklar. Im Führerhaus waren drei Plätze nebeneinander und Daniel und der Tierarzt würden sich mit dem Fahren abwechseln. Von Norco (wo wir gerade waren) bis zu dem Center würde es 30 Stunden dauern wenn man keine Pause machte, doch wir wollten auf jedenfall alle zwei Stunden anhalten und vielleicht auch in ein Hotel.

Es war 10 Uhr morgens als wir endlich losfuhren, ich schaute aus dem Fenster und dachte über die Operation nach die meinem Volunteer bald bevorstand.

 

Nach einiger Zeit hatten wir die Wälder hinter uns gelassen und fuhren durch die karge Landschaft. Es gab nichts zu sehen, außer Steine, Erde und Sand oder aus was auch immer diese Landschaft bestand. Es war sehr langweilig und das Radio hatte in dieser Gegend auch keinen guten Empfang. Dadurch machte ich mir leider auch die ganze Zeit Gedanken über die Operation. Daniel und der Tierarzt schwiegen. Sie hatten mir beide versichert das bestimmt alles gut gehen würde, aber trotzdem hatte ich schreckliche Angst um mein Pferd.

 

Unseren ersten Halt machten mir nach 1 ½ Stunden in Newberry Springs. Es war eine drückende Hitze und der Tierarzt schloss Volunteer eine Infusion an, da der Hengst nicht sonderlich gut selbst trinken konnte. Wir kauften uns auch etwas zu trinken und Daniel wurde von Fans belagert die fragten was er hier machte. Er erklärte das er dabei war ein Pferd zu retten und zum Glück gaben sich die Fans damit zufrieden.

Wir fuhren nach einer halben Stunde Pause weiter durch die karge Landschaft. Ich machte mir weiterhin große Sorgen um Volunteer, es war schon im Führerhaus sehr heiß und hinten bei ihm würde es bestimmt auch nicht kühler sein. Daniel beruhigte mich und meinte das er eine Kühlungsanlage oder so ähnlich eingebaut hatte, hinten war es also kühler wie vorne und außerdem hatte der Hengst ja noch die Infusion die ihn mit Flüssigkeit versorgte.

 

Weitere 1 ½ Stunden später machten wir den nächsten Halt, dieses Mal in Essex. Sobald ich in meinem Rollstuhl saß beeilte ich mich zu Volunteer zu kommen. Der Tierarzt, er hieß Dr. Sullex, wechselte die Infusion und spritzte dem Hengst auch noch ein paar Beruhigungsmittel, er wollte ihn nicht in Narkose legen da er bei der Operation dann wieder in eine kommen würde und zu viele Narkosen würden dem Pferd nicht gut tun.

Daniel wurde wie immer von Fans belagert und auch nach mir und Dr. Sullex wurde er gefragt.

Dieses Mal machten wir eine Stunde Pause, was auch daran lag das Daniel den Autogramm- und Fotowünschen seiner Fans nachkommen wollte.
Dr. Sullex und ich gingen in ein Restaurant und aßen etwas. Währenddessen unterhielten wir uns über Volunteer und die bevorstehende OP. Ich erzählte ihm von meinen Ängsten und er beruhigte mich wieder. Er war sich sicher das alles gut laufen würde.

 

Vor der nächsten Pause fuhren wir weitere 1 ½ Stunden und überquerten dabei die Grenze von Kalifornien nach Arizona. Nun waren wir in der Stadt Kingman. Es war nun schon Nachmittag und langsam wurde es kühler, daher sollte die nächste Fahrtetappe auch etwas länger sein. Schließlich wollten wir möglichst schnell voran kommen. Doch erst einmal machten wir eine weitere halbe Stunde Pause. Volunteer ging es den Umständen entsprechend gut, worüber ich froh war. Dieses Mal traf Daniel etwas weniger Fans worüber er so froh wirkte wie ich über Volunteers Zustand. Mir wurde klar das Daniel von uns eigentlich den meisten Stress hatte, denn er war berühmt und alle wollten mit ihm sprechen, Fotos mit ihm machen und Autogramme haben. Jetzt fühlte ich mich schuldig weil ich nur an mich und Volunteer gedacht hatte und es tat mir schrecklich Leid.

 

Unser nächstes Ziel war Flagstaff, eine weitere Stadt in Arizona. Wir fuhren etwas mehr wie zwei Stunden und die Luft kühlte sich soweit ab das es eine wirklich angenehme Temperatur draußen war als wir die nächste Pause machten.

Wir machten eine Stunde lang Pause und aßen etwas nachdem wir Volunteer versorgt hatten der wieder eine neue Infusion bekam. Natürlich trafen wir auch in dieser Stadt wieder auf Fans, doch langsam gewöhnte ich mich daran und da es später am Tag war waren auch nicht mehr so viele Leute unterwegs. Wir hatten beschlossen die Nacht durchzufahren. Daniel und Dr. Sullex waren sich bewusst das es sehr anstrengend wurde, doch für Volunteer taten sie es gern, denn genau wie ich wollten sie so schnell wie möglich nach Kentucky. Volunteer schlief im Transporter und wirkte sehr friedlich. Durch die Schmerzmitteln konnte er ruhig schlafen und ich war sehr froh darüber. Er brauchte all seine Kraft für unsere Reise. Was mir am meisten im Herz lag was das er sich schon wundgelegen hatte in der Zeit die seit dem Unfall vergangen war. Es würde lange dauern bis es ihm wirklich wieder gut ging und er alles überstanden hatte. Denn auch seine Muskeln waren bestimmt um einiges schwächer geworden.

 

Die 3 ½ Stunden danach brachten uns von Arizona nach New Mexico. Wir beschlossen eine längere Pause zu machen damit wir uns alle von den Strapazen der Fahrt erholen konnten. Gerade befanden wir uns in Grants und ich hoffte das wir in der Nacht noch viel weiter kommen würden.

Ich blieb einige Zeit lang bei Volunteer, Hunger hatte ich keinen. Ich hatte schließlich schon zu Abend gegessen und das war noch garnicht so lange her. Nachdem ich auf der Toilette gewesen war fuhr ich zurück zum Transporter und wieder zu Volunteer. Ich wollte ihn in dieser schweren Zeit so wenig wie möglich alleine lassen.

Insgesamt blieben wir zwei Stunden in Grants bevor wir wieder weiterfuhren. Fast sofort nachdem ich auf meinem Sitz saß war ich auch schon eingeschlafen. Ich war von der langen Fahrt total überanstrengt, wir waren schon seit vielen Stunden unterwegs und hatten noch nicht einmal die Hälfte der Strecke geschafft.

 

Drei Stunden später waren Santa Rosa was ich glatt verschlief. Wie Dr. Sullex später erzählte hatten wir eine halbe Stunde in Santa Rosa Halt gemacht bevor wir weitergefahren waren.

Wir fuhren weitere 2 ½ Stunden und überquerten dabei die Grenze nach Texas. Als wir in Amarillo ankamen wachte ich auf. Es war so um die 7 Uhr morgens und wir beschlossen erst einmal zu frühstücken, doch zuerst versorgten wir natürlich wieder Volunteer, der neue Schmerzmittel und eine Infusion bekam. Es ging dem Hengst unverändert und ich war wirklich froh darüber.

Wie eigentlich bei jeder Pause wurde Daniel von Fans belagert und inzwischen fand ich es schon ganz normal. Immer wenn Daniel nach mir und Dr. Sullex gefragt wurde meinte er das wir Freunde waren und das er mit uns auf dem Weg nach Kentucky war. Besonders wurde er nach mir gefragt und die Paparazzi verfolgten uns in Schwärmen, die Kameras immer bereit. Anscheinend wollten sie herausfinden ob wir ein Paar waren und dann natürlich auch ein Foto haben das sie in den Zeitungen abdrucken konnten. Daniel und ich mussten die gierigen Paparazzi in dem Punkt enttäuschen, wir waren kein Paar, wir waren nur gute Freunde.

Wir blieben eine Stunde in Amarillo bevor wir wieder aufbrachen. Ich war total fertig und die Fahrt würde noch einige Zeit dauern, also schlief ich wieder um mich weiter auszuruhen. Ich konnte sowieso nichts anderes tun.

 

Von Amarillo fuhren wir nach Clinton und von dort aus weiter nach Edmond. Von dort aus ging es weiter nach Joplin, diese Strecke (Edmond-Joplin) dauerte drei Stunden und danach hatten wir uns eine lange Pause (zwei Stunden) zum Abendessen verdient. Auch diese Nacht wollten wir wieder durch fahren und noch so weit wie möglich kommen. Volunteer ging es unverändert und ich schlief wieder ein.

Nach dieser Pause fuhren wir vier Stunden lang bis nach St. Louis und machten dort eine ebenfalls vierstündige Pause in der wir alle drei schliefen. Denn auch Daniel und Dr. Sullex brauchten mal etwas Ruhe wenn sie nicht vor Übermüdung noch einen Unfall bauen wollten.

 

Nach dieser Schlafpause wurde uns bewusst das es bis zu dem Center nicht mehr lange dauern würde. Wenn wir gut durchkamen würden wir nur noch fünf Stunden brauchen. Ich schrieb Zoey eine SMS um ihr mitzuteilen das wir noch am selben Tag kommen würden und dann fuhren wir auch schon weiter, dieses Mal schlief ich nicht, vor Aufregung konnte ich einfach nicht mehr einschlafen. Volunteers Zustand hatte sich zum Glück nicht verändert und so hatten wir die Hoffnung den Rest der Strecke ohne eine weitere Pause schaffen zu können.

Da wir jedoch in ein paar Staus kamen brauchten wir sechs Stunden, wir machten keine Pause, doch Dr. Sullex kletterte während wir in einem Stau waren durch die Verbindungstür zu Volunteer und sah nach ihm. Sein Zustand hatte sich noch immer nicht verändert und so konnten wir mit einem guten Gewissen weiterfahren.

 

Es war ungefähr 10 Uhr als wir in dem Center ankamen. Wir wurden von Zoey und ihrem Chef begrüßt und während ich und Dr. Sullex mit zu dem Chef gingen um alles zu besprechen blieb Daniel bei Volunteer. Der Hengst wurde ausgeladen und in eine der Boxen im Center gebracht. Es sollte nun alles so schnell wie möglich gehen und der Chef und leitende Tierarzt sah sich meinen Hengst eingehend an. Außerdem röntgte er ihn auch um die Prothese passend für ihn herzustellen zu können.

Da der Tierarzt extra eine Prothese für meinen Volunteer designen musste konnte er noch nicht sagen wie lange es dauern würde. Doch er meinte das die Amputation schon vorher durchgeführt wurde. Dann erklärte er mir das wichtigste zu der Prothese, sie würde immer 24 Stunden lang am Pferd bleiben und ungefähr einmal in der Woche abgenommen werden damit der Stumpf gereinigt werden konnte. Während des Heilungsprozesses würde außerdem Strahlgewebe in den Stumpf implantiert werden sodass der Stumpf nicht wund wurde und später keine Druckstellen entstanden.

Ich hoffte das von nun an alles möglichst schnell gehen würde, denn ich wollte einfach nur das diese schreckliche Zeit seit dem Unfall endlich zu Ende war und das mein Volunteer nicht mehr dauernd unter irgendwelchen Medikamenten stehen musste. Wir waren in einem Hotel in Versailles untergebracht das eine viertel Stunde vom Center entfernt lag, so würde ich so oft wie ich wollte zu meinem Pferd können und immer in seiner Nähe sein. Volunteer war sehr zäh und hatte den Transport gut überstanden, ich war zuversichtlich das er auch die Operation gut überstehen würde. Als erstes war die Amputation des verletzten Beines dran, dann musste mein Pferd eine provisorische Prothese tragen die jedoch den Stumpf nicht berührte sodass dieser in Ruhe abheilen konnte. Akzeptierte Volunteer dieses Provisorium würde er seine spezielle Prothese angepasst bekommen und danach musste er lernen damit zu laufen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

36.Kapitel

 

Alles wurde am nächsten Tag für die Amputation vorbereitet. Es waren nun seit dem Unfall genau zwei Monate vergangen und ich hoffte das nun endlich alles gut werden würde. Danach würde mein geliebtes Pferd ja lernen müssen mit der neuen Situation klar zukommen, ich war schon sehr gespannt wie Volunteer das machen würde und ob er große Probleme haben würde.

Jeden Tag traf ich mich mit Zoey, sie hatte versprochen mich zu unterstützen und ich war ihr dafür sehr dankbar, schließlich kannte ich mich auf diesem Gebiet überhaupt nicht aus.

 

Zusammen mit Daniel war ich in Versailles. Wir unterhielten uns über Volunteer. Daniel hatte mein Pferd in den letzten Tagen und Wochen ins Herz geschlossen und war froh ihm und auch mir helfen zu können. Natürlich wurden wir auch hier in Versailles von Fans belagert. Es störte mich das Daniel ständig nach mir gefragt wurde. Zoey schrieb mir eine SMS, es war alles für die OP vorbereitet und es würde in einer halben Stunde losgehen. Ich sagte Daniel sofort Bescheid und wir wollten auch direkt zurück zum Center fahren. Die Fans machten uns jedoch einen Strich durch die Rechnung, hartnäckig hängten sie sich an unsere Fersen und verfolgten uns bis zu dem Transporter. Daniel wimmelte sie ab und meinte das er noch einige Zeit in der Stadt sein würde, jetzt jedoch einen dringenden Termin hatten.

 

Als wir endlich im Center waren lag Volunteer schon in Narkose, ich streichelte ihn noch einmal kurz und wartete dann mit Daniel vor dem Center. Ich fand es schlimm nichts machen zu können, doch ich vertraute den Tierärzten. Zoey durfte bei der Operation zusehen und wollte mir später alles erzählen. Nervös spielte ich mit meinen Händen, meinem Haargummi, meinen Haaren, eigentlich mit allem was mir in die Finger kam.

Ich wusste nicht wie lange ich warten musste, doch irgendwann kam Zoey nach draußen und umarmte mich. „Es ist alles gut gelaufen, er ist zwar noch in Narkose, aber die Operation war erfolgreich. Es wird alles gut werden Gwenny. Wenn er aufgewacht ist werden wir sehen ob er die provisorische Prothese belastet.“ sagte sie leise und sanft. Vor Freude kamen mir die Tränen, überglücklich umarmte ich auch Daniel und folgte dann Zoey nach drinnen.

Ich wartete zusammen mit Daniel vor der Aufwachbox. Da ging die Tür wieder auf und Zoey kam raus. Dann befestigte sie die Tür an der Wand sodass Daniel und ich hineinsehen konnten. Die Tierpfleger halfen Volunteer beim Aufstehen und bald stand er. Er war noch etwas unsicher, doch er stand und das war die Hauptsache. Nach ein paar vorsichtigen Schritten verstand er das er die Prothese belasten konnte und lief los. Er war sehr ungelenk und man merkte ihm an das seine Muskeln weniger geworden waren und vielleicht auch kaum noch vorhanden waren. Der Stumpf war noch in einem Verband und es würde noch etwas dauern bis die eigentliche Prothese angebracht werden konnte, aber Volunteer würde wieder laufen können und mit ein wenig Glück auch ich. Das war mir alles wert, auch wenn ich traurig darüber war meinen Hengst nie mehr reiten zu können, ich war ihn so selten geritten und nie war es wirklich richtig gut gelaufen, es hatte eigentlich immer kleinere oder größere Probleme gegeben. Doch ich hatte mich an diesen Gedanken schon gewöhnt und für mich stand im Vordergrund das Volunteer keine Schmerzen hatte und ein glückliches Leben führen konnte. Für mich selbst stand erstmal im Vordergrund das ich wieder laufen konnte und dann irgendwann auch wieder Reiten. Ich vermisste meine Ausritte mit Happily und Jingle und allgemein das Reiten. Jeder Tag, jede Woche, jeder Monat ohne Reiten kam mir sinnlos vor. Doch was wenn ich für immer gelähmt bleiben würde? Was wenn ich nie mehr reiten konnte?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

37.Kapitel

 

Eine Woche später wurde Volunteer von einem Tierpfleger in die Reithalle geführt. Er lief noch immer sehr ungelenk, hatte jedoch sofort verstanden gehabt das die Prothese sein Bein ersetzte. Doch die Muskeln im ganzen Rest seines Körpers waren entsetzlich schwach geworden und es würde lange dauern bis sie wieder alle vorhanden waren. Wenn der Stumpf dann richtig verheilt war würde der Hengst seine richtige Prothese bekommen und mit dieser dann das Training fortsetzen. Ich sah dem Tierpfleger zu wie er mein Pferd langsam Runde um Runde führte. Ich spürte das der Mustang voller Energie und Lebenswille war und wieder gesund werden wollte. Zu gerne wollte ich helfen, doch ich konnte ein Pferd vom Rollstuhl aus natürlich nicht so gut führen und trainieren, also ließ ich die Pfleger diese Aufgabe übernehmen und sah einfach zu.

Da ich meinem Pferd nicht nochmal einen so langen Transport zumuten wollte hatte Daniel die Idee gehabt einen Hof hier in der Nähe zu kaufen. Er wollte dann alle unsere anderen Pferde einfliegen lassen, so würde Volunteer nicht allein sein. Ich fand die Idee super, auch wenn das bedeutete das ich meine Ausbildung abbrechen musste. Doch wie sollte ich sie auch fortsetzen, jetzt wo ich im Rollstuhl saß? Ich war Daniel sehr dankbar das er mit mir zusammenziehen und mir weiterhin helfen wollte.

Ben wollte Sunshine und Through the Dark zähmen und in ein paar Monaten würden dann auch die beiden nach Kentucky kommen. Happily und Daniels Wallache sollten schon bald kommen. Daniel hatte drei Wallache, den fünfjährigen Paint Horse Rico, einen Braunschecken; den zwanzigjährigen weißen Mustang Sheldon und den dreijährigen Quarter Horse Simon, einen Rappen. Sie alle waren Filmpferde und bestens ausgebildet. Außerdem waren sie es gewohnt zu fliegen und hatten daher kein Problem damit.

Sheldon sollte zu Happily kommen und dann etwas später mit ihr zusammen fliegen wenn sich die beiden angefreundet hatten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

38.Kapitel

 

Zwei Monate nach der Amputation sollte endlich die richtige Prothese an Volunteers Bein befestigt werden. Der Stumpf war richtig verheilt und die Muskeln bauten sich auch langsam wieder auf worüber ich sehr froh war.

Rico, Simon, Sheldon und Happily standen alle auf dem Hof der das neue Zuhause von Daniel und mir geworden war. Auch all unsere Sachen waren inzwischen da. Ich freute mich schon auf den Tag an dem Volunteer zu uns auf den Hof kommen würde, denn er war noch immer im Center. Wenn die Prothese angebracht war würde er auf jeden Fall noch eine Woche im Center bleiben um sich auch an diese Prothese zu gewöhnen. Da ich ja (fast) Pferdetrainerin war würde ich danach mit dem Training zur Wiederherstellung der Muskeln beginnen und Daniel wollte mir dabei helfen. Ich hatte von einem Rennpferd gehört das mit einer Prothese noch Rennen gewonnen hatte, es schien möglich zu sein ein Pferd mit Prothese zu reiten, doch ich konnte ja nicht mehr reiten und ich wusste auch nicht ob ich so etwas verantworten wollte. Also würde Volunteer wahrscheinlich für den Rest seines Lebens auf der Koppel sein. Das war ja nicht unbedingt schlecht für ihn und er würde sich darüber wahrscheinlich sehr freuen, doch ich würde unsere gemeinsamen Ritte vermissen (auch wenn es sehr wenige gewesen waren). Vielleicht konnte ich ihn ja als Zuchtpferd einsetzen und Stuten decken lassen, das hatten schon viele Hengste mit Prothese getan. Sogar welche mit Prothesen an einem Hinterbein, welche beim Decken ja am meisten belastet wurden. Doch erst einmal musste er seine Prothese haben.

 

Alles wurde inzwischen für die Operation vorbereitet und ich blieb bei meinem Hengst um ihn zu beruhigen. Aufmerksam schaute er um sich und betrachtete die Tierärzte und Pfleger die alles fertig machten.

Dann war es soweit und ich musste Volunteer verlassen damit er vorbereitet und in Narkose gelegt werden konnte.

Zoey würde mich anrufen wenn die OP vorbei war und ich fuhr zusammen mit Daniel wieder nach Hause. Dort rollte ich in Richtung der riesigen Koppel und rief nach den Pferden. Happily kam sofort angeschossen und Sheldon folgte ihr. Rico und Simon kamen etwas langsamer und ließen sich Zeit. Doch das störte mich nicht, die Hauptsache war für mich das meine Happily kam. Ich streichelte sie und kramte ein Leckerli aus einer meiner Taschen. Eigentlich sollte man keine einzelnen Pferde füttern während sie in der Herde waren, doch ich achtete darauf das die Wallache (die einen Meter weiter bei Daniel waren) es nicht bemerkten und steckte meiner Stute das Leckerli zu. Das Leckerli war in Sekundenbruchteilen weg und die drei Herren hatten nichts bemerkt. Ich kuschelte noch ein wenig mit Happily und bemerkte dabei garnicht wie sehr die Zeit verflog. Auf einmal bekam ich eine SMS von Zoey, alles war gut gelaufen und Volunteer würde bald aufwachen. Ich sagte Daniel Bescheid und zusammen fuhren wir zurück zum Center. Ich zitterte vor Aufregung und Daniel nahm mich in den Arm bis ich mich wieder einigermaßen beruhigt hatte.

Als wir ankamen war Volunteer gerade am wachwerden. Ich wartete mit Daniel draußen und wir sahen durch ein Fenster in die Aufwachbox. Volunteer lag noch benommen am Boden, hatte jedoch den Kopf gehoben und blickte mit noch etwas benebeltem Blick um sich. Dann rappelte er sich auf und ehe ich es mir versah stand er auch schon. Noch war er etwas wackelig auf den Beinen, doch das war nach der Narkose vollkommen normal und daher machte ich mir auch keine Sorgen. Die Hauptsache war das er stand.

 

Als der Hengst eine Stunde später richtig wach war kam er in eine andere Box. Er lief sehr normal und man merkte ihm nur noch eine kleine Unsicherheit an. Er hatte sich an die Prothese sofort gewöhnt und nun lag das unsichere Laufen wahrscheinlich nur noch an den Muskeln die ihm fehlten, das jedenfalls sagte der Tierarzt und ich war der selben Meinung. Ich durfte nun zu meinem Pferd und kuschelte eine Zeit lang mit ihm. Alles hatte geklappt und in ein paar Wochen würde Volunteer sich vollkommen an sein Ersatzbein gewöhnt haben. Mit der Zeit würden seine Muskeln wiederkommen und er würde wieder anfangen zu traben und zu galoppieren. Ich freute mich schon darauf ihn in einer Woche zu mir und Daniel auf den Hof holen zu können. Er sollte zuerst noch recht viel in einer der Boxen bleiben (auf jeden Fall in den Nächten) und an den Tagen auf einen Paddock mit sehr weichem Sandboden kommen. Danach wollten wir ihn mit Sheldon auf einen größeren Paddock stellen und schließlich mit ihm auf eine Koppel.

Mit Volunteer ging es aufwärts, doch ob ich jemals wieder gesund werden würde? Ob ich jemals wieder laufen und reiten können würde? Ob es für mich und Volunteer ein gemeinsames Happy End geben würde? Oder würde es nur ein Happy End für mein Pferd geben?

 

 

 

 

 

 

 

 

39.Kapitel

 

Volunteer blieb noch eine Woche im Center, dann durfte ich ihn endlich mit nach Hause nehmen. Daniel und ich verluden ihn und fuhren dann zu unserem Hof. Am Morgen hatte Daniel die Box für den Hengst vorbereitet und in diese brachten wir ihn jetzt. Er schaute sich neugierig um und ich blieb noch eine Weile bei ihm. Volunteer begann das Heu zu fressen das ich vorher in ein Heunetz gemacht hatte und schien sich wohl zu fühlen. Anscheinend war er froh aus dem Center raus zu sein wo alles nach Tierarzt roch.

Nach einiger Zeit fuhr ich los zu den anderen Pferden. Bald sollten auch Sunshine und Through the Dark zu uns kommen und ich freute mich schon sehr darauf die beiden wieder zusehen. Ich war gespannt ob sie mich an sich heran lassen würden, oder ob sie immer noch sehr scheu waren.

Jetzt rief ich nach Happily und den Wallachen, sie kamen sofort und Happily prustete mir ihren Atem in die Haare. Ich streichelte sie und sie legte mir vertrauensvoll ihren Kopf auf die Schulter. Simon drängte sich neben Happily und wollte auch gestreichelt werden. Meine Stute sah ihn nicht gerade freundlich an, ich gab ihr einen Klaps und sagte leise: „Ach Happily, du brauchst doch nicht auf Simon eifersüchtig sein.“ Ich streichelte auch den Wallach und merkte nicht das Daniel zu uns gekommen war. Er legte mir die Hand auf die Schulter und erschrocken schrie ich auf. Die Pferde wichen ebenfalls erschrocken zurück, doch sie hatten sich nicht vor Daniel sondern vor meinem Schrei erschreckt.

„Musst du mich immer so erschrecken?“ fragte ich Daniel und tat dabei als sei ich voll genervt. Er grinste mich an: „Ich kann doch nichts dafür das du dich so leicht erschreckst. Unsere Pferde tun mir Leid bei deinem Gekreische.“ Nun musste auch ich grinsen und meinte: „Die haben sich in erster Linie vor dir …“ „Ach die haben mich gesehen, die haben sich nur erschrocken weil du angefangen hast du kreischen.“ er grinste mich schelmisch an. Ich schüttelte den Kopf: „Musst du immer das letzte Wort haben Daniel?“ Nun fing er an zu lachen: „Klar.“

Ich dachte über den Tag nach an dem wir beschlossen hatten zusammen zu ziehen. Ich hatte meinem Pferd nicht noch einmal eine so lange Reise bis zurück nach Kalifornien zumuten wollen und daher beschlossen lieber in Kentucky zu bleiben. Das größte Problem war jedoch das ich nicht sehr gut alleine klar kam und so hatte Daniel (ohne das ich ihn gefragt hatte) angeboten mit mir zusammen zu ziehen. Er musste natürlich für seine Arbeit immer wieder zurück nach Los Angeles, doch das störte mich nicht.

Auch in einer Woche würde er wieder zurück müssen und Rico und Simon mitnehmen, Sheldon würde bei mir bleiben worüber ich mich sehr freute. Wenn ich in den zwei Monaten in denen Daniel weg sein würde Hilfe brauchte oder irgendwo hingefahren werden musste wollte Zoey mir helfen und in dieser Zeit würde sie auch zu mir ziehen.

Daniel würde einen neuen Film drehen und ich freute mich für ihn. Er bekam sehr viele Anfragen von Regisseuren die ihn als Darsteller wollte, natürlich konnte er nicht alle annehmen und in der letzten Zeit hatte er mich oft um Rat gefragt, was mich sehr ehrte.

Ich streichelte die Pferde noch einmal und folgte dann Daniel ins Haus. Ich wusste jetzt schon das ich ihn sehr vermissen würde wenn er wieder in Los Angeles war und wusste nicht richtig was ich ohne ihn machen sollte. Er war immer für mich da und hatte mich und Volunteer in den letzten Monaten immer unterstützt. Aber natürlich musste und wollte er auch wieder arbeiten. Ich selbst war im Moment ja nicht arbeitsfähig, hoffte aber eines Tages wieder arbeiten zu können. Ich hatte keine Lust auf einen Bürojob und wollte auf jeden Fall etwas mit Pferden machen. Doch das war mir ja im Moment leider noch nicht möglich. Ich hoffte immer noch das ich irgendwann das Gefühl in den Beinen wiederbekam.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

40.Kapitel

 

Von Tag zu Tag ging es Volunteer besser und als Daniel wieder zurück nach Los Angeles musste lief er schon wieder normal im Schritt. Ich bewunderte mein Pferd, er war so zäh und voller Lebenswille, er war glücklich und kam mit seiner Prothese so gut klar wie vorher mit seinem richtigen Bein. Warum konnte ich nicht auch das Gefühl in meinen Beinen wiederbekommen?

Da es Volunteer ja besser ging beschloss ich auch wieder mit ihm zu arbeiten. Da Daniel schon gefahren war war ich allein auf dem Hof und hatte alle Zeit der Welt. Ich holte Halfter und Strick von Volunteer aus dem Stall und zog ihm sein Halfter an. Dann befestigte ich auch den Strick und führte ihn langsam über den großen Paddock. Er folgte mir so gehorsam wie eh und je und lief langsam, ich hatte das Gefühl das er eigentlich schneller laufen konnte und nur für mich so langsam lief und mir wurde richtig warm ums Herz. Die Muskeln in meinen Armen waren mit der Zeit im Rollstuhl immer stärker geworden, doch es war schon später Nachmittag und ich mich den ganzen Tag bewegt, also waren sie ziemlich überanstrengt und daher war ich nicht mehr sonderlich schnell. Ich lobte Volunteer immer wieder, er war ein absolutes Traumpferd und ich liebte ihn über alles. Ich war so froh das ich für ihn gekämpft hatte und ihn nicht aufgegeben hatte. Ich hatte alles richtig gemacht und das machte mich stolz.

Nach vielleicht zehn Minuten zog ich Volunteer das Halfter wieder aus und klopfte ihm den Hals. Er wollte nicht von mir weg gehen und so streichelte ich ihn noch einige Zeit. Dann schob ich ihn sanft von mir weg und verließ den Paddock. Ich warf ihm einen letzten Blick zu, er sah mir etwas wehmütig nach, und fuhr dann in Richtung Haus. Ohne Daniel Simon und Rico war der Hof sehr leer und ich vermisste sie alle drei. Ich fuhr durch die Tür und schloss sie hinter mir, ich hatte von Hunden gehört die ihren Besitzern im Rollstuhl viel halfen und vielleicht wäre so ein Hund gut für mich, denn wenn mir etwas runter fiel konnte ich den Gegenstand nicht mehr aufheben und musste große Mühe, Kraft und Konzentration aufbringen bis ich ihn dann vielleicht hatte. Das nervte mich sehr und außerdem hatte ich mir schon immer einen Hund gewünscht. Neben Pferden waren Hunde meine Lieblingstiere und so beschloss ich mich einfach mal nach solchen Hunden die einem halfen zu informieren. Doch ich wusste auch das die Ausbildung sehr lange dauerte und teuer war, also wollte ich es mir gut überlegen. Ich wollte keine voreiligen Schlüsse treffen und vielleicht wurde ich ja doch wieder gesund. Ich hoffte es jedenfalls.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

41.Kapitel

 

Von diesem Tag an führte ich Volunteer jeden Tag auf dem Paddock. Zwei Wochen lang lief alles total perfekt und ich war glücklich mit dieser alltäglichen Beschäftigung.

Doch nachdem ich Volunteer zwei Wochen lang jeden Tag auf dem Paddock herum geführt hatte passierte (mal wieder) etwas unerwartetes.

Ich hatte ihn aufgehalftert und angefangen zu führen als ich auf der Straße die in der Nähe unseres Hofes lag einen Lastwagen hupen hörte. Volunteer stieg, blind vor Panik schleuderte er die Beine durch die Luft. Ich ließ erschrocken den Strick los und warf schützend meine Arme über den Kopf um ihn zu schützen. Volunteer trat mit den Vorderbeinen durch die Luft und als er wieder auf allen vieren landen wollte streifte er mit der Prothese meinen Rollstuhl. Der Rollstuhl kippte um und ich spürte einen stechenden Schmerz im rechten Bein. Da lag ich auf dem Boden und wusste nicht ob ich lachen oder weinen sollte. Der Hengst hatte sich inzwischen wieder beruhigt und sah mich interessiert an. Er schien sich zu fragen warum seine Besitzerin vor ihm auf dem Boden lag. Ich kniff mir ins Bein und spürte den Schmerz. „Oh Volunteer!“ schluchzte ich. Endlich hatte ich das Gefühl in meinen Beinen wieder und natürlich wollte ich auch direkt aufstehen. Doch meine Beine versagten mir und ich sank wieder zu Boden, diese bescheuerten Muskeln hatten sich abgebaut. Ich beschloss das es das Beste war wenn ich einen Krankenwagen rufen würde, denn allein würde ich nicht wieder hoch kommen. Zum Glück hatte ich mir seit dem Unfall angewöhnt mein Handy immer bei mir zu tragen und ich war froh darüber, denn sonst hätte ich ein ernstes Problem gehabt. Ich nahm das Handy und wählte den Notruf. Dann schilderte ich mein Problem.

 

Schon eine viertel Stunde später war besagter Krankenwagen bei mir und die Sanitäter halfen mir auf. Ich bat einen von ihnen meinem Pferd das Halfter abzunehmen und den kaputten Rollstuhl vom Paddock zu stellen. Er tat mir den Gefallen und kurz darauf fuhren wir auch schon los in Richtung Krankenhaus. Munter erzählte ich den Sanitätern von meiner Vorgeschichte und dem Vorfall der gerade passiert war. Ich war aufgeregt über die Diagnose die der Arzt stellen würde und kam zum Glück auch direkt dran als wir im Krankenhaus waren. Ich erzählte nun auch dem Arzt von meiner Krankheitsgeschichte und er untersuchte mich. Dann meinte er das sich der Nerv wieder gelöst hatte. Doch meine Beinmuskeln waren natürlich sehr schwach geworden und so ordnete er mir einige Sachen an. Fünf Mal in der Woche sollte ich Krankengymnastik machen, zum Glück gab es eine Frau die dafür zu mir kommen würde, ich sollte weiterhin auf längeren Strecken einen Rollstuhl benutzen (ich bekam einen neuen), doch auf kurzen Strecken (anfangs nur im Haus) durfte ich mit Krücken laufen die ich ebenfalls bekam. Endlich würde es auch bei mir aufwärts gehen und ich konnte kaum erwarten das die Krankengymnastik endlich los ging.

Einer der Sanitäter war so nett mich wieder nach Hause zu bringen und ich rief gleich alle möglichen Leute an um ihnen die Neuigkeit zu erzählen. Ich rief meine Eltern, meine Brüder, Daniel, Logan und Ben an und sie alle freuten sich (natürlich) mit mir. Auch ich war überglücklich, wie es aussah würde es für uns beide, für mich und Volunteer ein Happy End geben. Ich fuhr mit meinem neuen Rollstuhl wieder nach draußen zu den Pferden. Als erstes fuhr ich natürlich zu Volunteer. „Volunteer mein Großer, ich werde wieder ganz gesund.“ rief ich ihm glücklich zu und streichelte ihn kurz bevor ich weiter zu Happily und Sheldon fuhr. „Na ihr Süßen. Ich werde wieder gesund! Und dann machen wir wieder tolle Ausritte zusammen Happily. Du kannst dir nicht vorstellen wie sehr ich mich freue.“ erzählte ich den Pferden aufgeregt. Ich umarmte die Stute die ihren Kopf nach unten zu mir beugte und streichelte auch Sheldon. Das war mit Abstand der beste Tag in meinem Leben.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

42.Kapitel

 

Die Krankengymnastik war sehr anstrengend, doch sie bewirkte das ich nach einem Monat schon weitere Strecken laufen konnte. Jedoch noch immer an Krücken und mit riesiger Anstrengung. Doch ich freute mich sehr darüber und trainierte hart. Die Gymnastin hatte gesagt das es mit dem Reiten noch dauern würde, aber natürlich wollte ich nicht auf sie hören und so beschloss ich mich heute (ich hatte an diesem Tag keine Gymnastik) auf Happilys Rücken zu setzen. Ich holte mir einen Hocker (was ziemlich kompliziert war) und zog dann meiner Stute ihre Trense an. Sheldon schaute mir mit einem leicht besorgten Blick zu als ich meine Krücken an den Zaun lehnte und mich bis zu dem Hocker am Zaun entlanghangelte. Mit Worten dirigierte ich Happily neben den Hocker und sie folgte mir so brav wie immer. Ich legte meine Hände auf ihren Rücken und kletterte dann den Hocker hoch. Mit großer Anstrengung zog ich mich auf ihren Rücken. Die Stute blieb vollkommen ruhig stehen, doch ich rutschte auch schon auf der anderen Seite wieder von ihrem Rücken. Verzweifelt klammerte ich mich an ihren Hals und bei dem was danach passierte konnte ich schwören das die beiden Pferde meine Verzweiflung spürten. Happily ging in die Knie so das ich mich auf den Boden gleiten lassen konnte und Sheldon holte tatsächlich meine Krücken. Ich war in dem Moment so froh ihn zu haben, er war nicht nur ein Filmpferd, er schien auch die Gedanken der Menschen hören zu können und in dem Moment hatte ich mich im Stillen über mich selbst geärgert. Ich hatte keine Ahnung wie ich zu meinen Krücken kommen sollte und der Wallach half mir. Ich zog mich an den Krücken und auch etwas an den Pferden nach oben und stand schon wenig später wieder. Ich zitterte am ganzen Körper und war mir sicher das es die blödeste Idee war die ich je gehabt hatte. Ich wollte es niemandem erzählen, es würde nur Ärger machen. Ich umarmte beide Pferde kurz und steckte ihnen ein paar Leckerlis zu.

Ich zog mich ins Haus zurück und legte mich ins Bett um mich erst einmal zu erholen. Mir war klar geworden wie lange es noch dauern würde bis ich wieder richtig gesund sein würde und bis ich wieder reiten konnte. Doch ich wollte nicht mehr warten, ich wollte endlich wieder reiten. Zum Glück wusste ich das ich es irgendwann wieder können würde und das beruhigte mich. Hoffentlich würde es nicht zu lange dauern und hoffentlich würde ich danach nicht noch mehr schreckliche Sachen wie den Unfall erleben müssen. Das alles reichte mir an schrecklichen Dingen für mein ganzen Leben.

Tief in meinem Inneren wusste ich das alles gut werden würde, mit mir und auch mit Volunteer. Irgendwann würde ich nicht mehr jeden Tag an den Unfall denken müssen und irgendwann würde Volunteer auch wieder ein fast normales Leben führen können.

Ich konnte diesen Tag kaum erwarten und freute mich darauf das Volunteer wieder über die Koppel galoppieren würde und vielleicht auch Vater werden würde, denn ich hätte nur zu gern ein Fohlen von ihm und Happily. Auch sonst würde ich gern viele Fohlen haben und züchten. Ich liebte Fohlen und die Erziehung von ihnen bereitete mir großen Spaß. Es war einfach toll ein junges Pferd aufwachsen zu sehen und es dabei zu begleiten. Vielleicht sollte ich darüber nachdenken ein kleines Gestüt aufzumachen und vielleicht würde ich auch meine Ausbildung als Pferdetrainerin fortsetzen. Doch jetzt würde ich erstmal richtig gesund werden und dann abwarten was die Zukunft mir brachte. Ich war mir nur sicher das eine Zukunft ohne Pferde für mich nicht möglich war und das ich alles dafür tun würde das mir und Volunteer keine schrecklichen Dinge mehr passieren würden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Epilog

 

„He Volunteer, warte doch auf mich.“ rief ich meinem Pferd belustigt hinterher. Er sah sich nicht nach mir um, sondern preschte einfach hinter Through the Dark her über die Koppel. Ich rannte den Beiden ein Stück nach bis ich stehen blieb und ihnen einfach lächelnd hinterher sah. „Was habt ihr denn alle?“ fragte Daniel belustig und schlenderte grinsend auf mich zu. Ich zuckte mit den Schultern. Es war ein Jahr seit dem Unfall vergangen und endlich konnten Volunteer und ich beide wieder richtig laufen. Es ging allen Pferden gut und auch mir und Daniel. Wir beide waren seit einem Monat zusammen und ich war mehr als glücklich mit ihm. Jetzt legte er seinen Arm um mich und wir beobachteten die beiden Hengste. Sie preschten noch immer über die Koppel und spielten Fangen. „Lust auf einen Ausritt?“ fragte mich mein Freund. Ich nickte und wir verließen die Koppel. Wir holten Happily und Sheldon, die inzwischen unzertrennlich waren und führten sie zum Hof. Dort banden wir die beiden an und holten die Putzsachen. Ich begann meine Stute zu putzen und ließ mir wie immer Zeit dabei. Sie war nicht sonderlich schmutzig und so musste ich nur kurz über ihr Fell bürsten und die Hufe auskratzen. Doch ich putzte sie noch ein wenig länger, einfach weil ich es gerne machte und weil sie es genoss. Sheldon war wie immer total dreckig und Daniel brauchte lange um sein Fell sauber zu bekommen. „Man Sheldon du bist total das Schwein.“ beschwerte er sich grinsend und ich sah ihm belustigt zu. Am Ende war Daniel mal wieder schmutziger wie sein Pferd und wir holten die Sättel und Trensen. Dann gingen wir zurück zu unseren Pferden und sattelten und trensten sie. Mir fiel auf das bald schon die Sonne untergehen würde, doch das störte uns nicht. Wir stiegen auf und ritten los. Hier in der Gegend gab es wunderschöne Wege und wir nahmen einen der sehr breit war sodass wir nebeneinander reiten konnten. Der Weg führte nach Westen hin einen leichten Hügel hinauf. Der Hügel war die beste Galoppstrecke überhaupt und auch an diesem Tag galoppierten wir dort an. Vorher nahm Daniel meine Hand und so ritten wir dicht nebeneinander den Hügel hoch. Die Pferde galoppierten direkt auf den Sonnenuntergang zu. Wenn uns andere Menschen von hinten sehen würden würden wir wahrscheinlich ein total kitschiges Bild abgeben; Cowboy und Cowgirl die Händchen haltend mit ihren Pferden auf den Sonnenuntergang zugaloppierten. Aber wenn ich ehrlich war würde ich dieses Bild gerne haben und in dem Moment würde ich auch am liebsten die Zeit anhalten und ewig so weiterreiten. Es war einfach wunderschön und ich war überrascht wie sehr sich mein Leben wieder dem guten zugewannt hatte. Es war einfach das beste Happy End das ich mir vorstellen konnte.

 

Und Ende!

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 23.02.2014

Alle Rechte vorbehalten

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