Die Gräser am Wegrand sind noch mit Morgentau benetzt, als Luca griesgrämig den allmorgendlichen Weg geht. Nein besser gesagt torkelt, denn seine großen Augenlider sind fast noch geschlossen, im Gegensatz zu seinen Lippen, die leise Verwünschungen von sich geben. Seine Füße stecken dazu noch verkehrt in den Schuhen, so dass sein rechter Fuß im linken Schuh und sein linker Fuß im rechten Schuh drückt.
Die Vögel, Eichhörnchen und die Reh-Herde auf der Waldlichtung würdigen ihn keinen Blickes, denn dazu kennen sie ihn schon zu gut. Es wäre vermutlich mehr Aufregung aufgekommen, wenn das schnaubende Chaos an diesem Morgen nicht vorbeigezogen wäre. Luca läuft diesen Weg nun schon fast zwei Jahre lang. Woche für Woche von Montag bis Freitag, außer in den Ferien natürlich, doch diese scheinen im Moment Jahrzehnte entfernt zu sein. Dabei hat er noch Glück, dass die Schule mitten im Dorf steht und somit für ihn der Weg nicht allzu weit ist.
Kopfschüttelnd dreht sich seine Mutter auf der Türschwelle um, um dann mit einem Seufzer wieder ins Haus zu gehen. Mit den Worten „Das hat er bestimmt nicht von mir!", schließt sie die Türe. Schwungvoll räumt sie das dreckige Geschirr ab, nicht ohne zu vergessen, dem Geschirr zu erklären, dass diese schlechten Eigenschaften eindeutig aus der Verwandtschaft von Flad, ihrem Mann, kommen müssen. Stück für Stück verschwindet das Geschirr im Spülbecken. Den Blick in den Garten gerichtet, fangen ihre Hände an zu spülen und die Gedanken schweifen wieder zu Luca.
Sie erinnert sich noch ganz genau wie Luca mit einem gewaltigen „Rumms!" mit seinem Roller gegen den einzigen Baum im Garten krachte. Freudestrahlend kam er dann in die Wohnung gerannt, einen winzigen Wurm ganz vorsichtig in den Händen haltend. „Mama, den habe ich gerade noch gesehen! Beinahe hätte ich ihn überfahren, was da hätte alles passieren können!" schilderte Luca, mit weit aufgerissenen Augen, das Geschehene. Sie lächelt als sie sich wieder den Größenunterschied klarmacht. Ein kleiner Wurm, kaum vier Zentimeter lang, warf ihren Sohn, der von Kopf bis zu den Sohlen um die zwei Meter und vierzig misst, aus der Bahn. Doch wenn Luca einen dann mit seinen großen kupferfarbenen Augen ansieht, hat man einfach das Gefühl in sein Herz zu sehen, und da kann keine Mutter mehr böse wegen eines Rollers, der nun in zwei Teilen neben dem Weg liegt, sein.
Luca, immer noch auf dem Weg zur Schule legt einen Zahn zu. Er hat bis jetzt nicht das Klingeln der Schulglocke gehört, was ihn vermuten lässt, dass er heute sogar erst nach dem Schulklingeln aus dem Haus ist. Ganz nach dem Motto „Jetzt oder nie" überwindet er die letzten Meter mit drei riesigen und kraftvollen Sprüngen. „Autsch!", schreit Luca auf. Obwohl er die Türklinke benützt, öffnet sich die Tür zu den Klassenräumen nicht. Sein Körper prallt mit den gelblichen Brustplatten voraus auf die Tür. Die Luft wird ihm aus dem Brustkorb gepresst Es scheint als würde er für Sekunden schweben, bis er lautstark vor der Tür auf dem Hintern landet.
Kurze Stille. Dann bricht ein Gelächter aus den Kehlen seiner siebzehn Mitschüler hervor. Eine Stimme ruft aus der Gruppe: „Typisch unser Flügelchen. Wir haben doch noch zehn Minuten bis der Unterricht beginnt!". Luca rappelt sich auf die, neben der Tür stehende, Bank hoch. Er reibt sich die Brustplatten. Eigentlich ist er es ja gewohnt Hohn und Spott zu ertragen, aber in Gedanken schimpft er sich, dass er wieder eine klasse Vorlage geliefert hat. Damit er nicht die anderen anschauen muss beginnt er damit seine Schuhe jetzt richtig anzuziehen. Die Schuhe sind sein ganzer Stolz, auch wenn sie etwas von der roten Farbe verloren haben und man nun schon fast rosafarben sagen könnte. Doch immerhin waren sie noch so rot, dass er, seit er die Schuhe hatte, beim durch den Bach gehen weder Fisch, noch Frosch oder sonstiges mehr aus Versehen getreten hat. Gut es hatte ein mächtiges Donnerwetter gegeben, als er mit den neuen Schuhen gleich eine Bachwanderung machte, aber das war es ihm wert gewesen.
Jakobus, der ungekrönte König des Schulhofes, hielt auf ihn zu. „Na, endlich Schuhe passend zu deinen kümmerlichen Flügeln gefunden?", tönte es Luca auch schon entgegen. Reflexartig schiebt Luca seine Flügel noch ein kleines Stück weiter unter seinen dunkelgrünen Rückenpanzer der, wie bei allen Drachen, als Schutz und Aufbewahrungsort für die Flügel, den ganzen Rücken bedeckt. Während er noch nach einer passenden Antwort hilflos sucht, rettet ihn seine Lehrerin vor weiteren Peinlichkeiten in dem sie einfach die Tür von innen aufschließt und öffnet. Jakobus stolziert an Luca vorbei Richtung Klassenzimmer. Luca schaut ihm neidisch nach, denn Jakobus ist wirklich eine beeindruckende Erscheinung. Groß und massiv, aber man sieht ihm doch an, dass er mit einem müden Lächeln jeden Wildhengst bei einem Wettrennen ein und auch überholen kann.
„Na Flad? Ich bin bestimmt bei dir richtig, wenn ich jemanden suche der bereit ist ein paar Überstunden zu machen, oder?", kommt fragend Flads Chef an den Arbeitsplatz von Lucas Vater. „Natürlich gegen Bezahlung, so wie immer.", schiebt der Chef schnell hinterher. Nach kurzem Überlegen antwortet Flad: „Du hast Glück ich habe Lust und dazu mir diese Woche noch nichts vorgenommen." Sich Notizen machend gibt Flads Chef die Termine bekannt: „Gut, dann trage ich dich von heute bis einschließlich übermorgen ein. Die Schichten gehen dann jeweils bis 21 Uhr. Es ist schön einen Mann in der Abteilung zu haben, der einem hilft die Mehrarbeit zu bewältigen, aber für was brauchst du denn das ganze Geld?" Flad seufzt: „Der liebe Nachwuchs fordert seinen Tribut ein." Mit einem mitleidigen Blick entgegnet der Chef: „Das kann ich mir bei deinem Sohn gut vorstellen."
Flad ignoriert einfach die Bemerkung, denn er weiß, dass nicht Luca, noch Mira, die gerade erst fünf geworden ist, ihn zu den Überstunden verleiten. Nein es war „Nummerdrei". denn Gunda, Lucas Mutter, war wieder schwanger. Mit drei Kindern gibt es dann aber auch keine Möglichkeit mehr den Ausbau des Hauses weiter zu umgehen. Flad hasst es wenn Leute abfällige Bemerkungen über Leute machten die sie nicht kennen, und erst recht natürlich bei seinen Kindern. Gut Luca hatte ein paar Macken, aber wenn Flad so in die Runde seiner Arbeitskollegen blickt, findet er keinen der nicht auch mindestens eine Macke hat. Mit diesen Gedanken muss Flad lächeln. Luca hat es also wieder geschafft und ihn zum Lächeln gebracht. Darum liebte er seinen Sohn.
Als Flad dann in der Mittagspause an seinen Schreibtisch kommt, liegt dort wieder das Prospekt einer Nachhilfeschule, die sich auf Flugunterricht spezialisiert hat. Mit einem Kopfschütteln flog das Prospekt im hohen Bogen in den Papierkorb. Flad weiß, dass Luca fliegen kann, er hat es ja schon ein paar Mal gesehen als er etwas früher als erwartet heimkam und an der Lichtung auf der seine Kinder gerne spielten vorbeischaute. Dann sah er wie Mira im Gras saß und mit großen Augen ihrem Bruder nachschaute wie er Schleifen, Kreise und andere Figuren flog. Doch sobald Luca bemerkt, dass jemand anderes als seine kleine Schwester anwesend ist, faltet er seine Flügel in Windeseile zusammen und lässt sie im Rückenpanzer verschwinden.
Ein Stich im Herz fühlt Flad wenn er sich vorstellt wie stark sich Luca für seine Flügel schämen muss, wenn er nicht mal seine Flügel den eigenen Eltern zeigen will. Luca muss bei Mira spüren, dass es ihr egal ist, ob er nun Schwingen hat die nach braunem, feinem gegerbten Leder aussehen oder so wie bei Luca Schmetterlingsflügel zum Vorschein kommen. Es sind nicht wirklich Schmetterlingsflügel, die Haut fühlt sich doch nach Leder an, aber die Flügel haben ein farbliches Muster und das ist definitiv das eines Pfauenauges. Und dass die Schwingen etwas runder enden als „normale" Schwingen kann bei einem schnellen Blick leicht übersehen werden. Flad hatte vor Luca so was auch noch nie gesehen, aber er sieht das nicht als Behinderung an. Er würde das auch bei keinem anderen jemals als Behinderung wahrnehmen, denn dazu gefallen ihm die Flügel zu sehr. Flad fasst einen Entschluss: „Ich werde mit Luca wohl eine Runde durch den Wald gehen und ihm gestehen, dass ich ihn doch schon mal heimlich beobachtet habe." Flad hofft damit mit Luca auf seine Ängste zu sprechen zu kommen und seinem Sohn genügend Selbstvertrauen abgeben zu können, dass er auf die Meinung der anderen keinen Cent gibt.
Die Sirene unterbricht rüde die Mittagspause. Flad stellt das Familienbild, das er unterbewusst in die Hand genommen hatte, wieder neben das Telefon auf dem Schreibtisch. Er streicht nochmal liebevoll darüber haucht seiner Frau einen Kuss zu. Mit behänden Schritten läuft er Richtung Lager um die nächste Fuhre Material für die Produktion zu holen.
Die Arbeit nimmt ihn so in Beschlag, dass er fast schon erschrickt, als das Signalhorn das Ende der Sonderschicht verkündet. Mit dem Feierabend werden ihm erst die verspannten Muskeln und die vor Anstrengung tränenden Augen bewusst Flad schnappt sich seine Tasche, die eine Thermoskanne mit Kräutertee, seine leere Vesperbox sowie die gelesene Tageszeitung enthält, um sich in den Umkleideraum zu begeben. Helm, Schutzbrille, Handschuhe und die Stiefel sind schnell eingeräumt und gegen gemütliche Schuhe getauscht. Vor der Tür saugt Flad erst mal zwei, drei Mal die frische Abendluft in seine Lungen. Er hat es nicht weit, darum verzichtet er darauf zu fliegen und läuft den Weg zu Fuß. Seine Gedanken schweifen zu seiner Familie und ohne es zu merken beschleunigen sich seine Schritte. Er hat alle so vermisst. Auf das kommende alle einmal durchknuddeln hat er sich schon den ganzen Tag gefreut. Was sie wohl so den ganzen Tag angestellt haben? Flad erreicht das Haus, umrundet es aber, da er denkt, dass die Terrassentüre noch offen sein wird und evtl. die Familie auch noch auf der Terrasse ist. Auf der Terrasse sitzt jedoch nur seine Frau, die er mit einem Küsschen auf die Wange begrüßt. Die Kinder sind schon im Bett. So können beide in Ruhe miteinander über die Sorgen die sie sich über Luca und Mira machen sprechen.
Genau zur rechten Zeit, und völlig unspektakulär, trifft Luca am Schulgebäude ein. Luca hat nämlich, nach der Aktion gestern, nicht vor wieder aufzufallen. Der Spießrutenlauf den gestern Jakobus veranstaltet hatte, soll heute nicht wiederholt werden. Dafür hat Luca sogar seine Hausaufgaben in Schönschrift geschrieben. Luca holt sein Erdkundebuch, Atlas und Heft aus der Tasche und fängt an im Atlas zu blättern. Er liebt Erdkunde, denn die Fremde ist was Faszinierendes. Jedes Land hat eine andere Beschaffenheit und beheimatet andere Kulturen. Die sich nicht nur durch die Sprache, sondern auch durch Aussehen und Verhalten unterscheiden. Luca hat den Traum ein Entdecker zu werden um dann ein neues Land zu entdecken. Ein Volk kennenlernen, das nicht nach Äußerlichkeiten, sondern nach Taten wertet. Und dabei meint Luca nicht so Taten wie „Bester im Sport" oder so was Ähnliches, sondern Wichtigeres wie „Keinem jemals mit Absicht wehgetan" oder gar „Bester Ausweicher für kleine Tiere". Schmerzhaft denkt Luca an den kaputten Roller.
Die Lehrerin beginnt mit dem Unterricht. Luca ist hochkonzentriert dabei, doch er ist bedacht sich nicht zu oft zu melden, denn Streber haben auch kein schönes Leben. Die Doppelstunde ist schneller vorbei als gedacht, so dass Luca zusammenzuckt, als die Glocke das Ende des Erdkundeunterrichts verkündet. Fast schon etwas traurig packt Luca die Erdkundesachen wieder in die Tasche um Platz für die Sachen der Mathematikstunde aus der Tasche zu holen. Obwohl Luca sich immer fragte wozu er denn das ganze Zahlengeschiebe braucht, ist er einer von den Besten. Das hat zur Folge, dass er, nein besser gesagt seine Hausaufgaben, sehr gefragt sind. Er genießt die positive Aufmerksamkeit und gibt deshalb auch seine Lösungen und Lösungswege gerne an die anderen weiter, und das nicht nur in Mathe. Das wiederum missfällt natürlich Jakobus, denn jede Aufmerksamkeit die nicht auf ihn gerichtet ist, ist für ihn sinnlose Aufmerksamkeit.
„He, Luca!", startet Jakobus einen weiteren Versuch die Aufmerksamkeit wieder auf sich zu lenken, „Ist dieses lächerliche Lineal nicht deines?" sprach es und Jakobus hob ein gelbes Lineal in die Luft, das mit Fröschen mit Kronen und Prinzen auf Pferden, geziert wurde. Ja es war Lucas „Froschkönig"-Lineal. Obwohl Luca sich nicht schämte gerne Märchen zu lesen oder zu hören, kam es ihm jetzt peinlich vor. Und das nur, weil Jakobus sein Lineal mit einem verspottenden Blick in die Luft hält. Luca hält reflexartig die Luft an, denn er weiß egal was er jetzt sagt, wird in einer spitzen Bemerkung von Jakobus enden. Lucas Reaktion lässt auf Jakobus' Gesicht ein Lächeln erscheinen. Und Jakobus setzt nochmal nach: „Hmmm doch nicht dein Lineal? Dann ist es dir also egal, wenn ich es in zwei Teile, oder noch mehr breche, Luca?
Luca schluckt und überlegt krampfhaft wie er sein Lineal retten kann ohne zu verraten, dass es doch seines ist. Doch bevor er eine Silbe über die Lippen bringen kann, bekommt er unerwartet Schützenhilfe. „Na wenn du dir schon beweisen musst, dass du es fertig bringst einem unschuldigen Lineal, dass nicht mal dein eigenes ist, den Rücken zu brechen, ist es wohl besser, dass dich keiner wirklich herausgefordert hat das Lineal wieder herauszurücken.", kommentiert Herr Mebus, der Mathematiklehrer, den Versuch von Jakobus Luca zu provozieren. „Dann bringen sie mir mal das Lineal, das es verdient hat von Ihnen so bestraft zu werden, hier nach Vorn. Aber bitte in einem Stück." Jakobus bringt das Lineal zu Herrn Mebus, aber nicht ohne Luca auf dem Rückweg böse anzuschauen. Herr Mebus beginnt nun mit dem Unterricht: „Wenn ich nun dieses Lineal theoretisch einmal durchbreche bekomme ich zwei Teile. Wenn ich dieses zwei Teile aufeinanderlege und nochmal breche habe ich schon vier. Wie oft müsste ich also das Lineal brechen um vierundsechzig Teile zu bekommen? Voraussetzung ist, dass ich immer die Bruchstücke aufeinanderlege." Als alle anfangen den Lösungsweg zu überlegen und erste Erkenntnisse in ihren Heften zu notieren, lässt Herr Mebus unauffällig das Lineal in Lucas Tasche fallen. Luca nickt Herrn Mebus dankbar zu.
Doch jetzt nach der Mathematikstunde kommt die Pause. Damit hat Jakobus freie Bahn sich für die missglückte Lineal-Attacke zu rächen. Und damit war es nicht genug nach der Pause folgt auch noch eine Doppelstunde Sport. Luca packt seine Vesperdose und den Turnbeutel mit den Hallenschuhen. Und versucht so unauffällig wie möglich den Schulhof und dann eine etwas abgelegene Ecke des Hofes zu erreichen. Das Glück scheint im gewogen, denn er erreicht „seine" Ecke ohne Zwischenfall. Geschützt von ein paar Büschen lässt sich Luca einfach auf den Hosenboden fallen und beginnt sein Vesper auszupacken. Schnell sammeln sich ein paar Vögel und zwei Feldmäuse in der Nähe von Luca. Luca grinst. „Na ihr? Hab' ich euch schon so verzogen?", flüstert Luca den Tieren zu und wirft die ersten Brotkrumen zu den Vögeln. Ein größeres Stück Käse lässt er den Feldmäusen zu kommen. So teilt Luca sein Vesper mit den Tieren. Lautes Gepolter lässt die Tiere verschreckt in die nächsten Verstecke fliehen. Auch Luca zieht instinktiv etwas seinen Nacken ein und geht noch etwas mehr in Deckung.
Ein Mitschüler hat es sich doch wirklich getraut sich auf die Schaukel zu setzen! Obwohl doch jeder weiß, dass das Jakobus Lieblingsplatz ist. Der Arme weiß noch gar nicht wie ihm geschieht als er schon im hohen Bogen von der Schaukel flog. Ehe er sich aufrappeln kann steht schon Jakobus über ihm und grinst ihn an: „Na hat das Baby sich nicht halten können? Ich hoffe du lernst daraus, dass die Schaukel nur für Erwachsene ist!" Und mit einem beiläufigen Tritt in die Seite setzt sich Jakobus auf die Schaukel und beachtet den staubigen Mitschüler nicht mehr.
Die Pause verläuft bis zum Ende ohne weitere Revierkämpfe und Demütigungen. Es klingelt. Ein Stöhnen geht durch Lucas Klasse. Luca und seine Klassenkameraden schnappen sich ihre Sportsachen und machen sich auf den Weg zum nahe gelegen Sportplatz. Es gibt keine glücklichen Gesichter. Nur getrippelt dreinschauende oder sogar ängstliche Gesichter. Sogar die Miene von Jakobus ist finster.
Der Sportlehrer, Herr Kalle, ist jemand, dem man es nie recht machen kann. Sogar wenn ein Spiel zur Entspannung, wie es Herr Kalle nennt, Fußball, Basketball, oder Völkerball gespielt wird. Denn ist man ein fairer Spieler ist man ein ehrgeizloser Spieler. Spielt man mit viel Ehrgeiz und achtet deshalb nicht immer auf den Gegner gilt man schon als rücksichtsloser Rüpel. Auch die sportlichen und sportlich Begeisterten, wie Jakobus schont er nicht. Ganz im Gegenteil. Herr Kalle meint, dass er nur verhindert, dass man sich auf den Lorbeeren ausruht. Die Schüler wissen: Egal wie weit man wirft, wie schnell man rennt, wie hoch man klettert oder wie zielgenau man landet. Beim nächsten Mal muss man besser sein, sonst drohen einem Liegestütz, Kniebeugen oder Medizinball stemmen.
In Reih' und Glied stehend wartet die Klasse auf „Schinderkalle“ und jeder trägt in sich die Hoffnung, dass er krank, verletzt oder sogar gefeuert ist. Doch das schrille Pfeifen der Trillerpfeife lässt alle Hoffnungen zu Staub zerfallen. „Ist das eine ordentliche Aufstellung nach der Größe?“, pflaumt der Lehrer die Klasse an. „Ich zähle auf elf, dann steht ihr aber richtig. Wenn nicht habe ich für jeden einen Medizinball! 1..2..4..7..11. Das war seine spezielle Art zu zählen. „1+1 machte 2 dazu dann 2 addiert macht 4 und nun die drei addieren und ihr seid bei sieben“, erklärt er immer den Schülern die das Glück hatten noch nicht seinen Sportunterricht besuchen zu müssen.
Irgendwie schafft es die Klasse sich richtig zu sortieren. Nun müssen die „Nicht-Flieger“ vortreten. Dazu muss man wissen, dass Drachen nicht von Anfang an fliegen können, denn dazu müssen die Flügel erst reifen und dann kann man erst beginnen mit den Flugübungen. Es treten insgesamt drei Schüler nach Vorn. Lia, Marten und natürlich Luca. Die anderen schickt Herr Kalle auf das Feld um dort Völkerball zu spielen. Nicht ohne die eine Warnung loszuwerden, dass er danach keinen sehen möchte der nicht außer Atem ist.
Die kleine Gruppe folgt dem Lehrer. Herr Kalle beginnt einen monotonen Vortrag darüber, dass man in diesem Alter schon längst fliegen können müsste und dass es eine Unverfrorenheit sei ihm solche Schüler zu geben. Mit der Zeit wird es schwerer seinen Worten zu folgen und nicht nur, weil er sich andauernd wiederholt, sondern weil der Wasserfall immer näherkommt. Nach weiteren fünf Minuten haben Sie ihn dann auch erreicht. Alle drei müssen ziemlich nah an der Kante zu einer Klippe die gute zweihundert Meter nach unten geht Aufstellung nehmen. Mit den Worten: „Ich werde es euch zeigen, dass ihr fliegen könnt!“ Schon schubst er Marten die Klippe hinab. Entsetzliche Stille. Marten lässt seine Flügel aus dem Rückenpanzer schnellen. Natürlich bekommt er jetzt Auftrieb aber völlig unkontrolliert. Marten knallt gegen die Felsenwand. Das lässt ihn unwillkürlich mit seinen Flügeln schlagen und … tatsächlich Marten fliegt und gewinnt an Höhe. Bis er etwas abseits von den anderen wieder oben am Klippenrand landet. Er ist völlig außer Atem.
Während die anderen noch fassungslos zu Marten schauen, schubst Herr Kalle Lia über den Rand. Auch Lia versucht ihre Flügel so schnell wie möglich aus dem Rückenpanzer zu holen. Doch als die Flügel sich ausbreiten, wird es Luca klar, dass sie noch zu klein sind und die ledrige Haut die Spannung nicht halten kann. „Ich hoffe du kannst wenigstens schwimmen“, ruft der Lehrer dem Drachenmädchen hinterher. Lia versucht weiter irgendwie den Fall abzubremsen und eventuell wieder an Höhe zu gewinnen. Ihre Bewegungen führen aber nur dazu, dass sie sich immer weiter vom Wasserbecken entfernt und die Gefahr, dass sie auf dem steinigen Boden aufschlägt wird immer größer.
Luca schaut den Lehrer an und schreit: „Machen Sie doch bitte was!“ Doch der Lehrer schweigt und tut nichts. Mit einem Satz springt Luca über den Rand. Seine bunten Flügel schnellen aus dem Rückenpanzer, damit er damit die Flugrichtung steuern kann. Als er den Kurs auf Lia gesetzt hat, legt er seine Flügel eng an, damit er sie noch erreichen kann bevor es ein Unglück gibt. Ohne nachzudenken fliegt der Jungdrache unter seine Mitschülerin bremst ab und beginnt mit kräftigen Flügelschlägen nach oben zu fliegen. Der Aufprall von Lia nimmt ihm fast den Atem und Tränen schießen ihm in die Augen. „Versuch auch mit deinen Flügeln so kräftig wie du kannst zu schlagen!“, schreit Luca, mit überschlagender Stimme, Lia zu.
Lia begreift erst jetzt, dass sie nicht auf dem Geröll aufgeschlagen ist. Sie versucht in Lucas Takt mit ihren Flügel zu schlagen. „Gut so!“, brüllt fast schon Luca, „und jetzt strecke deine Flügel noch ein wenig weiter aus auch wenn es stark in den Schultern zieht, denn dann erst straffen sich deine Schwingen ganz!“ Doch scheinbar waren Lias Schwingen noch nicht reif genug. Der Boden kommt näher und näher, doch die Fallgeschwindigkeit wird immer weniger, so dass beide sicher landen. Lia springt schnell von Lucas Rücken.
„Danke.“, flüstert Lia, „Ich hoffe ich habe‘ dir nicht allzu sehr weh getan.“ Ihre Augen suchen Luca nach Verletzungen ab, und bleiben an den schlafen Flügeln hängen. „Wow! Die sehen aber schön aus.“, bewundert sie seine Flügel ohne die Augen von den Flügeln abzuwenden. Luca hat doch wirklich seine Flügel vergessen. Nun aber schießt wieder Scham in ihm hoch und er zieht die Schwingen schnellst möglich wieder in den Schutz des Panzers. Wenn er rot werden könnte, wäre er jetzt knallrot im Gesicht.
„Würden die beiden Pfeifen bitte ihren Hintern in Bewegung setzen und wieder hier hochkommen?“, ruft der Lehrer vom Klippenrand. Schnell schauen sich die beiden nach einem Weg nach oben um. Es gibt nur einen schmalen Trampelpfad. Die zwei Schüler nicken sich zu und laufen los. Nach etwa einer Viertelstunde ist die Klippe erklommen. Weder Herr Kalle noch Marten sind da. So machen sich auch Lia und Luca auf, zurück zur Schule.
Auf dem Schulhof treffen sie auf den weinenden Marten: „Wie erkläre ich das nur meinen Eltern? Dieser blöde Herr Kalle! Ach ja die zwei soll ich euch geben.“ Mit diesen Worten übergibt er zwei Briefe die mit dem jeweiligen Namen versehen sind. Marten selber schaut wieder in den Brief in dem steht, dass er eine Sechs bekommt und zwei Wochen lang nachsitzen muss, weil er nie ernsthaft versucht hat seine Flugfähigkeiten zu testen. Lias Brief verheißt ebenfalls eine Sechs und 2 Wochen Nachsitzen, weil Sie es nicht geschafft hat trotz Anleitung und Hilfe zu fliegen. Im letzten, also Lucas Brief, wird auch die Sechs verteilt, aber vier Wochen Nachsitzen, denn er hat Herrn Kalle eiskalt ins Gesicht gelogen und sich als Nicht-Flieger ausgegeben.
Das saß! Als erstes rappelt sich Lia auf, bedankt sich nochmals bei Luca und macht sich ohne weitere Worte auf den Heimweg. Marten und Luca haben ein Stück den gleichen Weg und so trotten sie beide gemeinsam los. Beide schweigen. Als der Weg der beiden sich trennt, schaut Marten Luca nochmals in die Augen und murmelt: „Ich hätte mich das nie getraut. War 'ne coole Aktion!“. Ein letztes Zunicken und beide gehen die letzten Meter alleine zu ihrem bevorstehenden Donnerwetter.
Luca öffnet die Tür. Er hört und sieht wie seine Mutter das Mittagessen bereitet. Die Küche ist erfüllt von dem Duft von Kartoffelgratin, ausgerechnet seine Lieblingsspeise. Luca zieht seine Schuhe aus und stellt sie mit den Schulsachen in die Ecke. Mit dem Brief in der Hand schlurft Luca zu seiner Mutter. „Mama!“, fängt Luca zögerlich an, „Ich habe‘ hier einen Brief für dich und Papa, hab‘ nämlich Bockmist in der Schule gemacht.“ Luca wartet auf die Reaktion, ohne es zu bemerken zieht er seinen Nacken ein. Seine Mutter dreht sich um gibt ihm die Teller in die Hand und sagt: „Na wenn du gleich mit der Sprache raus rückst kann es ja nichts Weltbewegendes gewesen sein. Papa kommt ja heute auch wieder später, deshalb stell jetzt die Teller auf den Tisch und den Brief auf den Wohnzimmertisch.“ Luca ist froh nach den Schrecken am Wasserfall, jetzt nicht auch noch ein Donnerwetter abbekommen zu haben.
Luca vergisst, dass er den Teller nicht auslecken soll, aber bei so einem leckeren Essen, konnte er einfach nicht widerstehen. Denn Teller, das Besteck und sein Trinkglas balancierend steht er auf und räumt das Geschirr ins Spülbecken. Luca schaut nach Draußen, aber mit dem Brief auf dem Wohnzimmertisch, ist es wohl vergeblich zu diskutieren, ob er nicht noch ein Stündchen raus darf, bevor er mit seinen Hausaufgaben beginnt. Mit einem lauten Schnaufen nimmt Luca die Schulsachen und macht sich auf in sein Zimmer. Mit Schrecken muss er feststellen, dass der Schreibtisch leer ist. Da lagen gestern Abend doch noch seine Bastelsachen und das angefangene Holzkästchen. Luca schaut sich um. Keine Laubsäge, keine Feile, keine Holzstückchen. Doch zum Glück zeigt auch der Blick in den Mülleimer keine Spur von den vermissten Gegenständen.
Luca bleibt die Luft weg. So viele Stunden Arbeit. Woher sollte er das ganze Material geschweige denn das Werkzeug wieder herbekommen? Es waren doch nur noch knapp drei Wochen! Das sitzt! Luca setzt sich an Ort und Stelle auf den Boden. Ein letzter Blick durch das Zimmer und dann brechen die Tränen aus ihm heraus. Luca wünscht sich heute nie aufgewacht zu sein. Als erstes wäre sein Lineal fast zu Bruch gegangen, dann wären beinahe Marten und Lia auf der Schotterebene beim Wasserfall aufgeschlagen, dazu noch wurde sein Geheimnis entdeckt und zu guter Letzt das Geschenk für Mira.
Gunda hört Lucas Heulen in der Küche. „Was hat er denn?“, macht sie sich Sorgen, schickt Mira in ihr Zimmer und öffnet vorsichtig die Tür zu Lucas Reich. Als sie ihren kleinen sieht wie er jämmerlich auf dem Boden sitzt, tritt sie ein und nimmt ihn in den Arm. „Ich habe‘ irgendwie gestern, das Geschenk für Miras Geburtstag verschlampt!“, versucht Luca die Sachlage zu erklären. Gunda muss lächeln, denn Luca ging doch tatsächlich davon aus wieder selber einen Fehler gemacht zu haben, obwohl sie doch sein ganzes Werkzeug, die Materialien und das jetzt schon wunderschöne Kästchen vorsichtig in eine Kiste geräumt hatte, um diese dann in die Werkstatt von Flad zu stellen, damit Luca dort in Ruhe daran weiterarbeiten könnte.
Wortlos nahm Gunda Luca an die Hand und führte ihn vor den Schuppen. „Geh' mal rein.“, forderte Gunda ihren Sohn auf, „Ab jetzt darfst du hier deine Bastelarbeiten machen. Schau gleich mal in die Kiste auf der Luca steht.“ Ungläubig schaut Luca seine Mutter an. Seither war der Schuppen für ihn Tabu gewesen. Nach einem Blick in die Kiste, fällt Luca seiner Mutter in die Arme und drückt sie einfach nur eine lange Zeit.
„So nun aber nichts wie ran an deine Hausaufgaben! Und wie immer in Schönschrift, der Herr!“, schickt seine Mutter Luca wieder nach oben, während sie die Schuppentür schließt. Die Erleichterung lässt Luca förmlich sein Zimmer erstürmen, und geräuschvoll landen die Hefte und die Bücher auf dem jetzt nun nicht mehr leeren Schreibtisch. Obwohl Luca in Erdkunde wirklich gut ist, und er sich auch wirklich für andere Länder und den Aufbau der Welt interessierte, braucht er für diese Aufgaben am längsten. Was auch klar ist, wenn man daran denkt, dass Luca zu diesen Themen am meisten einfällt und er dies alles, laut der Aufforderung seiner Mutter, noch in Schönschrift schreiben muss.
Auch wenn Luca wirklich bemüht ist seine Hausaufgaben zügig und ordentlich zu machen, schweift sein Blick immer wieder nach Draußen. Vom Schuppen, zu dem er jetzt offiziell Zugang hat, sieht er nur das Dach. Dafür liegt aber das „Haus“ von ihm und Mira genau in seinem Blickfeld. Scheinbar war seine Schwester heute schwer damit beschäftigt gewesen das Äußere zu Gestalten. Ein niedriger, für Luca etwas wackelig aussehender, Zaun läuft jetzt in etwa einem Halbkreis um die Hütte. Luca fängt an sich wieder zu ärgern, jetzt darf er bestimmt eine Woche oder länger Mira nicht mehr helfen. Und wie soll er ihr das nur erklären, dass er als großer Bruder nur so einen Bockmist gemacht hat. Luca wird ganz schlecht als er nur an die enttäuschten Augen von Mira denkt.
Das Telefon klingelt. Gunda schlurft, da sie gerade den Boden frisch gewachst hat, zum Telefon. „Ja? Gunda am Apparat.“, meldet sie sich. Am anderen Ende ist Lias Mutter, und möchte sich erkundigen wie es Luca geht. Jetzt ist Gunda erst mal erstaunt, und hofft, dass Luca doch keinen größeren Bock geschossen hat, als sie vermutet hat. Deshalb erkundigt sie sich vorsichtig wie es Lia geht und gesteht, dass sie den Brief noch nicht gelesen und Luca nicht „verhört“ hat als er gleich ohne Zögern den Brief abgelegt und seinen Fehler zugegeben hat.
„Fehler zugegeben?“, man hört förmlich wie Lias Mutter die Augen unverständlich rollt, „Wenn dein Sohn nicht gewesen wäre, dann könnten wir jetzt unsere Tochter in der Krankenpflege besuchen, gar noch Schlimmeres will ich mir gar nicht vorstellen!“ Gunda atmet auf: „Dann hat Luca also niemanden was getan. Scheinbar bist du im Moment wesentlich besser informiert als ich. Mein Mann kommt heute leider erst wieder später von der Arbeit heim. Wie wäre es, wenn wir uns morgen treffen könnten um die Sache in Ruhe und mit allen Beteiligten zu besprechen.“ Kurze Pause. Lias Mutter hält das Mikrofon anscheinend mit der Hand zu. Dann meldet sie sich wieder: „Wir wollten morgen auf die große Lichtung wo der neue Unterstand mit dem Spielplatz gebaut wurde. Ich denke das ist ein guter Platz, und Barks werden dann auch kommen. Sagen wir so um elf Uhr? Dann haben wir das Fleisch bestimmt „durch“ bis zum Mittag.“, Lias Mutter betont die Frage so, dass eigentlich kein Widerspruch mehr möglich ist. Ein paar Sätze später ist das Telefonat beendet. Gunda fragt sich was denn nun die Barks, also Marten und seine Eltern, noch damit zu tun haben könnten.
Obwohl Mira förmlich in Lucas Zimmer stürmt, ist sie dabei erstaunlich leise, so dass ihr Bruder hochschreckt, als sie hinter ihm stehend fragt, wann er denn mit seinen Hausaufgaben fertig ist. „Das mit dem Heranschleichen musst du mir echt noch beibringen! Im Gegensatz zu dir erscheine ich ja als Trampeltier. Ich bin gleich fertig, ich denke mal noch zwanzig Minuten.“, antwortet Luca während er sich auf dem Stuhl seiner Schwester zuwendet. Das Gesicht von Mira drückt Entsetzen aus: „Zwaaaaaaaanzig Minuten nennst du gleich????“. Beide müssen gleichzeitig anfangen zu lachen. Luca beschwichtigt und beichtet: „Okay ich beeile mich, aber dann müssen wir wohl hier im Haus spielen, ich habe einen Brief von der Schule bekommen der mir eine Sechs in Sport bescheinigt.“ „Ich bin nicht blind! Ich habe doch den Brief auf dem Wohnzimmertisch schon gesehen.“, grinste Mira und zog dabei das Brettspiel „Mensch ärgere Dich nicht“ hinter Ihrem Rücken hervor. „Meinst wir kriegen das mal zu Ende gespielt, ohne dass einer das Brett „aus Versehen“ umstößt?“, war Miras Frage als sie schon anfängt auf dem Boden das Spiel aufzustellen.
Luca wendet sich wieder den letzten Zeilen seiner Mathematikaufgaben zu, als es hinter ihm kichert: „Denk an die Schönschrift!“ Luca murmelt nur: „Gibt es etwas hier in diesem Haus was du NICHT weißt?“ Luca wirft einen Blick auf den Stundenplan was er nächsten Montag alles in der Schule braucht, und packt auch dieses zusammen mit den Hausaufgaben ein, um dann das Nichtbenötigte aus dem Schulranzen zu nehmen. Das Spiel beginnt. Schnell wird klar keiner ist bereit auch nur eine winzige Chance dem anderen auf den Sieg zu geben. Nein es ist kein Spiel es ist ein Schlachtfeld. Mit einem höhnischen „Entschuldige bitte“ schlägt Mira die erste Figur von Luca, die nur noch ein Feld vor dem Ziel stand. Luca greift nach dem Würfel um nicht in die Versuchung zu kommen, doch noch das Spielbrett umzustoßen. Wenige Züge später bekommt er dann seine Rache und er darf eine Spielfigur von Mira, die kurz vor dem Ziel steht vom Platz verweisen. So vergeht Stunde um Stunde und das Spiel muss unterbrochen werden, als Gunda die beiden zum Abendessen ruft.
„Wollen wir nachher überhaupt weiterspielen? Eigentlich habe‘ ich doch eh schon gewonnen!“, kichert und gluckst Mira, „Aber mal ernst, ich habe ehrlich mehr Lust nachher den Film anzuschauen, du weißt doch das mit Prinzessin Ella und den Abenteuern im Herbstland.“ „Ich würde lieber noch etwas basteln.“, kommt kauend die Antwort, „Im Herbstland gibt es ja gar keine richtigen Schurken. Wie soll das spannend sein?“ Der Rest des Abendessens wird dann schweigend verbracht. Bis nach dem gemeinschaftlichen Spülen Mira im Wohnzimmer, Gunda im Waschkeller und Luca im Schuppen verschwindet.
Luca liegt schon im Bett, als sein Vater von der letzten Sonderschicht nach Hause kommt. Er spitzt seine Ohren um als er seinen Namen und etwas von dem Brief mitbekommt. Mist warum hat er nur die Türe geschlossen und nicht nur angelehnt. Luca öffnet die Türe einen Spaltbreit, lauscht kurz ob er alles verstehen kann und geht zurück ins Bett. Er hört wie sich sein Vater erkundigt ob Luca eventuell Lia verletzt haben könnte. Doch seine Mutter scheint belustigt und meint: „Du kennst doch Luca auch! Denk an deinen Sohn und dann weißt du die Antwort.“ In dem jetzt herrschenden Schweigen hörte Luca die Schritte seiner Mutter im Wohnzimmer und dann wird die Wohnzimmertür mit einem kaum hörbaren quietschen geschlossen.
Mit dem Blick an der Decke, stellt sich Luca vor wie seine Eltern am Wohnzimmertisch sein „Urteil“ fällen. Ob er wieder aus dem Schuppen ausziehen muss? Bekommt er Hausarrest? Muss er einen Brief schreiben in dem er sich bei Herrn Kalle entschuldigt? Kommt er aufs Internat? Wird er aus der Familie ausgestoßen? Muss er ins Gefängnis? Mit immer wirrer werdenden Gedanken und Ängste schläft Luca langsam ein, und seine Gedanken driften ab ins Land der Träume ….
Luca steht vor einem großen Schreibtisch, hinter dem Schreibtisch sitzt der Chef von Lucas Vater. „Deine Noten sind ja wirklich gut. Und du scheinst echt Interesse an diesem Job zu haben. Ich denke ich werde ...“ beginnt der Chef gerade als er von seiner Sekretärin unterbrochen wird die im ein Blatt überreicht. Der Chef schaut ihn traurig an und meint: „Aber, wenn ich jetzt so diese Kopie des Briefes von Herrn Kalle lese, werde ich dich wohl doch nicht einstellen. Es ist auch eine Schande, dass mir dein Vater nichts von dem Brief erzählt hat, ich werde ihm wohl kündigen müssen!“ Luca öffnet den Mund und möchte „Nein!“ schreien, doch die Szene wechselt schon und Luca sitzt mit einem Drachenmädchen auf einer Parkbank. Er übergibt ihr eine kleine Schatulle mit einer Kette darin. Sie beäugt die Kette kritisch und gibt sie ihm wieder zurück. Sie schaut ihn an und druckst herum: „Ich finde dich wirklich nett, aber du musst an meine Verwandtschaft denken. Was würden die über mich denken, bei deiner Vergangenheit.“ Luca ringt nach Luft und seine Umgebung wechselt wieder. Er wandert einen Pfad entlang, es geht steil bergauf. An einem Schild hält er kurz an um es zu lesen. „Zum Betrügerberggipfel 5 Min“. Luca läuft weiter bis er sich am Gipfel befindet. Dort findet er eine Höhle vor. Über dem Eingang ist sein Name eingemeißelt und neben dem Eingang befindet sich eine Steinplatte. Auch hier ist was eingemeißelt als Luca näher tritt erkennt er den Unglücksbrief wieder ….
Ein lauter Plumps und ein Schmerz in der rechten Pobacke. Luca ist aus dem Bett gefallen.er bleibt erst einmal liegen und reibt sich den Schlaf aus den Augen. Er fühlt sich gerädert, das war kein erholsamer Schlaf. Seine Schwester streckt den Kopf durch die Tür die immer noch ein Stückchen auf steht. „Alles okay, Luca?“, fragt sie ihn während sie ihn betrachtet wie er so in seiner Bettdecke eingewickelt vor dem Bett liegt. Noch bevor Luca antworten kann entscheidet sich Mira dafür, dass es ihm gut geht und möchte die Gelegenheit ausnützen, dass er so schutzlos ihrer Kitzelattacke ausgeliefert ist. Und Schwupps schon sitzt Mira auf ihrem Bruder und kitzelt ihn bis ihm beinahe die Luft wegbleibt. Mit letzter Kraft befreit sich Luca. Doch seine Drohung, dass es dafür Rache geben wird, wirkt durch sein breites Grinsen wenig glaubhaft.
Mira und Luca machen sich auf in die Küche. Am Küchentisch sitzt bereits Flad. Gunda hantiert noch mit einem großen Korb in der Vorratskammer. Mit einem Schlag fällt Luca wieder der Brief ein. Er murmelt nur leise ein „Guten Morgen“ und setzt sich mit schuldbewusster Miene an den gedeckten Tisch. Als das Donnerwetter nicht losbricht, zieht er sich eine Schüssel heran. Die Schüssel füllt er mit Frühstücksflocken und Milch, dann fängt er langsam an zu löffeln. Der unruhige Schlaf hat ihn scheinbar hungrig gemacht. Er schnappt sich die Marmelade und zwei noch warme Toastbrote. Schnell sind die Brote geschmiert, während er schon den ersten Bissen macht reicht er Mira das zweite Brot.
„Du Luca, sag mal“, beginnt sein Vater das Gespräch. Luca erstarrt. Er vergisst sogar weiter zu kauen. „Was hältst du davon, wenn wir heute Mittag auf der Lichtung mit der neuen Schutzhütte und dem Spielplatz alle gemeinsam grillen?“, fährt sein Vater fort. Luca merkt erst jetzt, dass er nicht mehr atmet er holt tief Luft und verschluckt sich natürlich am Bissen der noch im Mund war. Nach einer gefühlten Ewigkeit kommt er wieder zu Atem und kann endlich antworten: „Ähm ja das wäre echt klasse, wann soll's denn losgehen?“ Luca versucht sich nicht anmerken zu lassen, dass er völlig verwirrt ist. „Ich würde sagen, wenn Mama fertig ist können wir los, du weißt eine gute Glut braucht ihre Zeit, und ich will ja den Spielplatz auch testen!“, lacht sein Vater. Aus der Speisekammer wirft die Mutter noch ein: „Aber zum ordentlich Waschen reicht die Zeit auf jeden Fall noch!“ „Ihr habt eure Mutter gehört, also auf ins Bad und die Sachen packen die ihr mitnehmen wollt, aber denkt daran wir laufen!“, löste Flad sozusagen, den Startschuss aus und die beiden Kinder toben wie von einer Tarantel gestochen davon.
Wieder erwartend ist die ganze Familie doch recht schnell abmarschbereit, und die Kolonne macht sich auf den Weg. Flad nützt die gewonnene Zeit und lässt die Kinder kleine Äste und Tannenzapfen, zum leichteren entzünden des Feuers, sammeln. Luca der mit seiner kleinen Schwester gerade dabei ist, während des Laufens, einen kleinen Ball hin und her zu werfen ist das gar nicht recht. Doch murren hat keinen Erfolg, den Flad fängt geschickt den Ball ab und unterstreicht so seine Worte. Luca murmelt noch: „Warum können immer nur in den Märchen wir Drachen Feuer speien?“ und verschwindet dann rechts im Unterholz.
Die Schutzhütte ist bald erreicht und Luca steuert schnurstracks auf die Grillstelle zu damit er seine Ladung loswerden kann. Endlich kann er seine Arme ausschütteln, denn er hat sich maßlos überladen, aber er hätte niemals gefragt, ob jemand ihm was abnehmen könnte. Luca schnappt sich was zu trinken und sucht eine Stelle an der unbemerkt seine schmerzenden Muskeln etwas massieren und etwas ausruhen kann. „Ich setze mich ein wenig in die Sonne!“, ruft er seinen Eltern zu als er eine Holzbank an der vom Grillplatz abgewendeten Seite der Hütte entdeckt, die auch noch ganz von der Sonne beschienen wird. Luca sitzt da und betrachtet seine Schwester die scheinbar ein paar Grashüpfer entdeckt hat und diese nun beobachtet und ab und zu mit den Händen einfängt. Lucas Gedanken schweifen wieder zurück an den Frühstückstisch. Er hätte lieber eine Standpauke erhalten als jetzt nicht zu wissen, was Sache ist.
Am Lichtungsrand, tauchen Leute auf. „Tja da hatten wir nicht als einzigen diese Idee.“, denkt Luca. Auf den zweiten Blick kommt der kleinste und vermutlich auch der jüngste der Wanderer ihm bekannt vor. Nun winkt er auch noch, und damit wird es Luca klar: Es ist Marten der gerade mit seiner Familie über die Lichtung auf ihn zusteuert. Marten ist jetzt für Luca nicht das was man einen besten Freund nennt aber beide können sich gut leiden und gemeinsam haben sie doch eine bessere Chance den Gemeinheiten von Jakobus und seinen Freunden zu entkommen. Luca überlegt, wenn die Eltern von Marten annähernd so sind wie Marten, dann kann das auch mit dem gemeinsamen Grillen hier funktionieren. Auch wenn er den Kartoffelsalat seiner Mutter mit seinem Leben verteidigen wird!
„Na bist ja schon da. Dann fehlt ja nur Lias Familie.“, begrüßt Marten Luca. Marten bemerkt gleich Lucas große Augen: „Wie es mir scheint, hat man dir vermutlich nicht gesagt, dass wir uns alle hier treffen, um 'die Sache' nochmal mit allen zu Besprechen.“ „Das erklärt das ausbleibende Donnerwetter heute Morgen. Meinst die wollen uns eine gemeinsame Strafe aufbrummen?“, fragt Luca nach. „Spinnst du? Der Schuss ging für Schinderkalle nach Hinten los! Unsere Eltern überlegen sich wie sie ihm am besten die Meinung geigen können.“, schnaubt empört Marten auf. Lia, die sich unbemerkt den beiden Jungs genähert hat, fügt noch hinzu: „Also meine Eltern wollen sogar, dass er von der Schule verwiesen wird. Kommt bitte mit zum Grillplatz, unsere Eltern wollen, dass wir unsere Versionen - nein sie nennen es Sichtweisen - jeweils erzählen, damit dann alle über alles informiert sind.“ Kurz bevor die Eltern die drei sehen können hält Marten nochmal an und flüstert: „Und vergesst nicht eure Angst und eure Schmerzen ein wenig zu betonen und etwas auszuschmücken.“ Ein verschwörerischer Blick macht die Runde, dann biegen die drei um die Ecke.
Da das Feuer noch nicht brennt, sondern sich erst mal nur fürs qualmen entschieden hat, schießen den drei Verschwörern erst einmal die Tränen in die Augen, weil sie genau in eine Rauchschwade gelaufen sind. Da Marten auch als erstes über die Klippe geschubst wurde darf auch er als erstes anfangen das Erlebte zu erzählen. Für Lucas Geschmack ist das zweite Anstoßen an der Steinwand etwas zu sehr ausschmückend, aber Marten wird schon wissen was er macht. Dann ist Lia an der Reihe, zuerst ganz sachlich, dann mit immer mehr sichtbarem Schrecken, schildert sie den beinahe Unglücksflug. Lia laufen am Ende ein paar Tränchen über die Wangen. Und sie schließt mit den Worten: „Ohne Luca, könnte ich jetzt hier nicht stehen.“
Luca ist eher wortkarg und versucht mit einem „Ja so war's!“ das ganze schnell hinter sich zu bringen. Doch die Eltern wollen mehr wissen und so beginnt Luca, wohl oder übel, auch alles nochmal aus seiner Sicht zu erzählen.
Beinahe hat Flad beim Zuhören vergessen immer wieder Holz nachzulegen, doch langsam geht der Vorrat an Holz aus. „Na ihr vier?“, wendet sich Flad an die Kinder, „wie wäre es, wenn ihr euch nach ein paar Holzstücken, jetzt dürfen es ruhig große sein, umschaut? Wir werden jetzt sowieso erst einmal Kriegsrat halten. Und je schneller ihr das Holz habt umso schneller können wir die Sachen auf den Grill schmeißen.“ „Mensch Papa! Wir haben schon auf dem Herweg uns abgeschleppt!“, protestieren Mira und Luca. „Na dann seid ihr ja in Übung.“, lachte Flad und meinte dann beschwichtigend: „Okay ich brauch nicht mehr viel. Wenn jeder von euch ein Holzstück in dieser Größe“, Flad hob beim Sprechen ein rundes Holzstück hoch, dass etwa einen Meterlang und einen Durchmesser von etwa zwanzig Zentimeter hatte, „dann bin ich schon zufrieden. Mira du allerdings sammelst bitte nur Tannenzapfen ich weiß doch, dass du da eine Expertin bist.“
Die Aufgaben sind also verteilt. Da der Grillplatz scheinbar gerne besucht wurde, liegt natürlich in der Nähe kein brauchbares Holz mehr. Deshalb beschließt die Sammeltruppe, gleich das andere Ende der Lichtung aufzusuchen. „Luca, gib es zu, du trainierst heimlich das Fliegen.“ bricht Marten das Schweigen, „Okay hätte ich auch machen sollen, aber ich habe ja schon Angst bekommen als ich, damals daheim meine Flügel nach dem Baden ausschütteln wollte und aus Versehen mich zwanzig Zentimeter in die Luft hob. Von da an hab‘ ich bis gestern meine Flügel nicht mehr zum Fliegen gebraucht. Ich habe‘ jetzt noch Muskelkater von Gestern!“ „Ich kenne das, doch die Angst kriegst du nur weg, wenn du trainierst. Ich glaube jeder Drache sieht bei den ersten Flugversuchen aus wie eine betrunkene Fliege die gleich gegen den nächsten Baum klatscht.“, antwortet Luca und seine Schwester muss lachen: „Du sahst eher aus wie ein überfressener Spatz der nur linksrum lenken kann und deshalb meistens vor dich hin geflucht hast. Bei der Vorstellung mussten alle lachen.
Schnell ist das gewünschte Brennmaterial gesammelt. Die restliche Zeit bis zum Mittagessen spielen und toben die Kinder auf der Lichtung, und die Eltern kochen. Einmal das Mittagessen und dass zweite Mal vor Wut, weil ein Lehrer wie Herr Kalle niemals unterrichten dürfte. Der Duft des fertig gegrillten Fleisches und Gemüses lockt die Kinder rechtzeitig an den Tisch. Hier muss Luca mit Schrecken feststellen, dass der Kartoffelsalat seiner Mutter für die Allgemeinheit bestimmt ist. „Ist was?“, fragt seine Mutter, und als keine Antwort kommt fährt sie lächelnd fort, „Nur keine Panik Luca ich habe noch eine zweite Schüssel Kartoffelsalat dabei, die passt nur nicht mehr auf den Tisch. Auf Lucas Gesicht macht sich ein zufriedenes Lächeln breit.
Wie so oft können Erwachsene nicht ordentlich essen. Sie trödeln umher wollen „sinnlos“ sitzen bleiben und führen unnötige Gespräche so kommt es, dass die Kinder bald die Geduld mit ihren Eltern verlieren und sie einfach zur Strafe am Tisch sitzen lassen und selber sich dann auf der Lichtung wieder dem Ball zu widmen. Ohne es zu merken wandert die Gruppe langsam Stück für Stück an den Lichtungsrand an dem ein kleiner Bach entlangläuft. Als Lia versucht den von Marten geworfenen Ball zu fangen, fängt sie den Ball aber sie landet mit beiden Beinen im Bach.
Das Wasser spritzt ihr den ganzen Bauch und Rücken hoch. „Mist!“, jammert sie, „das ist ja kalt und läuft überall lang.“ Lia steigt aus dem Bach und versucht die Wassertropfen herunter zu schütteln. Sie entfaltet auch ihre Schwingen damit sie kontrollieren kann ob diese nass geworden sind. Wie vermutet befinden sich auf den Schwingen ein paar Tropfen. Lia schaut auf einmal Marten an und fragt: „Wie genau wolltest du deine Flügel abschütteln als du abgehoben bist?“ „Öhm, keine Ahnung.“, überlegt Marten, „So in etwa.“ Marten breitet seine Flügel aus, zieht die Schultern hoch und bewegt seine Flügel auf und ab. „Nur schneller halt“, erklärt Marten warum er nicht abgehoben ist. Lia breitet ihre Flügel noch ein Stück weiter aus zieht die Schultern hoch und beginnt zu flattern „Autsch!“ schreit Lia kurz auf als sich irgendwas bei an der Schulter unerwartet bewegt. Lia hört enttäuscht auf mit den Flügeln zu flattern. Da erst merkt sie, dass ihre Beine den Boden gar nicht mehr berühren. Mit einem Plumps landet Lia wieder auf dem Boden.
„Ach das ist der Trick! Die Schultern erst hochziehen dann mit den Flügeln schlagen!“, kichert Lia und hüpft begeistert umher. Bis sie plötzlich stehen bleibt und Luca mit großen Augen fragt: „Tut das jedes Mal so tierisch weh?“ „Naja man gewöhnt sich daran, von Mal zu Mal tut es weniger weh. Mira beginnt auf einen Schlag laut stark zu maulen: „Bin ich denn nun die einzige von uns die nicht fliegen kann?“ Tränen kullern ihr die Bäckchen herunter. Luca nimmt seine Schwester in den Arm und drückt sie kurz. Dann schaut er sie an und sagt mit einem Zwinkern wir wissen doch beide, dass du fliegen kannst und mit einem Schwupp setzt Luca seine Schwester sich auf den Rückenpanzer. Ohne auf die Antwort auf die Frage „Bereit?“ zu warten fliegt Luca ganz vorsichtig los. Er fliegt zwar nur eine ganz kleine Runde, linksherum um sicher zu gehen, aber Mira ist sichtlich begeistert.
Luca setzt Mira wieder ab und meint zu ihr: „Außerdem brauchen wir dich doch hier auf dem Boden du musst uns doch sagen was wir falsch machen damit wir aus unseren Fehlern lernen, wenn wir jetzt alle üben.“ Empört stemmt Lia ihre Hände in die Hüften: „Uns fragst du nicht?“ „Natürlich nicht, weil ich weiß, dass ihr sowieso nicht üben wollt. Aber ich kann euch nur eins sagen, wenn Jakobus davon Wind bekommt und wir nicht darauf vorbereitet sind, dann sind wir seinen Späßen schutzlos ausgeliefert. Marten weiß wovon ich rede, denn oft war unser Zusammenhalten die einzige Rettung davor im Staub des Schulhofes zu landen.“, erwidert Luca mit ernster Miene. Marten senkt nur den Kopf und nickt wissend. Man sieht wie es in Lia arbeitet. Um seine Worte zu unterstreichen breitet Luca seine Flügel aus und hebt sich mit zwei Flügelschlägen in die Luft. „Auf Luca! Rechtskreise aber das will ich ordentlich sehen!“, ruft Mira aus und scheint sich in ihrer Trainerrolle pudelwohl zu fühlen.
Luca seufzt und beginnt nach rechts zu fliegen. Eigentlich wollte er einen Kreis fliegen doch von außen betrachtet erscheint es eher wie ein Dreieck. Marten sieht mit großen Augen zu. „Luca bist du schon mal aus der Höhe runtergefallen, weil dich ein Luftloch getroffen hat?“, drückt Marten seine Angst aus. Doch die Antwort kommt von Lia: „Marten, ich habe gelesen, dass Luftlöcher einen nicht treffen können. Luftlöcher sind einfach Bereiche in denen der Wind unerwartet ausbleibt. Aber da wir ja mit unseren Flügelschlägen nicht auf das Gleiten angewiesen sind können wir mit ein paar Bewegungen extra ohne Schaden diese Luftlöcher überwinden.“ Lia errötet, denn sie möchte nicht als Streberin dastehen. Doch Marten scheint überzeugt, denn wer wird denn schon einer Einser-Schülerin widersprechen? Und deshalb erhebt sich auch Marten in die Luft, allerdings nur einen halben Meter über dem Boden. Nun startet auch Lia wieder einen Versuch sich in die Lüfte zu schwingen, doch die Angst vor dem Ziehen in der Schulter lässt den ersten Versuch misslingen.
Mira treibt ihre „Schüler“ an. Die Eltern beobachten gespannt und stolz das Treiben von der Hütte aus. „Verdammt! Müssen wir uns jetzt noch bei Herrn Kalle bedanken?“, spricht Martens Vater das aus was alle gedacht haben. „Danken vielleicht nicht, aber vielleicht reicht ja eine Rüge des Elternrates. Wir sollten dies nochmal mit den anderen Eltern bei der nächsten Elternversammlung besprechen.“, meint Flad nachdenklich. Den Müttern ist fürs Erste Herr Kalle völlig schnuppe. Lias Mutter verdrückt eine Träne und murmelt: „Ich dachte ich muss jetzt dann doch mal mit Lia zum Arzt. Doch zum Glück hat sie ja jetzt doch keine Missbildung.“ Und wieder wurde etwas ausgesprochen was in den Köpfen der anderen auch schon gedacht wurde.
Die Vierergruppe macht eine Pause und sich auf den Weg zurück zu ihren Eltern. Lia schneidet ein ganz anderes Thema an: „Sag mal habt ihr in der Zeitung auch schon von den Spielzeugdieben gelesen? Schließt ihr euer Spielzeug jetzt auch jeden Abend weg?“ Marten rollt die Augen: „Du liest auch noch in deiner Freizeit? Kein Wunder, dass du den Spitznamen Bücherwurm hast.“ „Zeitungen sind keine Bücher! Aber wenn die uns was klauen sollten dann werden wir denen schon helfen!“, antwortet Luca auf Lias Frage. „Wie kommst du denn auf wir?“, möchte Lia wissen. Marten antwortet schneller als Luca: „Na wenn wir uns Jakobus vom Hals halten können, wer hat dann noch eine Chance gegen uns!“ „Genau.“ flüstert Luca, denn Mira die er Huckepack trägt ist eingeschlafen, „da fällt mir ein mein Roller, besser gesagt die zwei Hälften, waren heute Morgen nicht mehr vor dem Schuppen. Dachte mein Pa hat ihn vielleicht aufgeräumt. Ob dass die Diebe waren?“ Schweigend werden die letzten Schritte gemacht, denn jeder der drei überlegt, was er in letzter Zeit vermisst oder im Garten verloren hat.“
Der Sonntag macht seinem Namen alle Ehre. Die Sonnenstrahlen, die sich durch den Vorhang zwängen scheinen Luca genau auf die Nase. Nach einem kräftigen Strecken und einem letzten herzhaften Gähnen steht Luca auf öffnet die Vorhänge und steht einen Moment geblendet vor dem Fenster. Die Sonne wärmt ihm und Luca geniest und hat das Gefühl sich, dass er sich von dieser Stelle nicht mehr fortbewegen kann. Als sein Blick umherschweift, bleibt er an dem roten Kreuz im Kalender hängen. Die Markierung für Miras Geburtstag erinnert ihm daran, dass er nicht mehr lange hat das Kästchen fertig zu machen. Luca lauscht. Das Haus und seine restlichen Bewohner scheinen noch zu schlafen.
Die Tür geht mit dem bekannten Knarzen auf und Luca schlägt eine kühle Luft entgegen, denn der Schuppen liegt noch im Schatten des Hauses. Luca lässt die Tür offen, damit die Wärme in den Schuppen kann. Schnell ist ein freies und passendes Plätzchen auf der großen Werkbank gefunden. Ein ganz anderes Basteln als auf seinem Schreibtisch der immer bis zur Hälfte mit Schulsachen oder Büchern gefüllt ist. Das Schatzkästchen macht schnell Fortschritte, und Luca ist so konzentriert, dass er richtig erschrickt, als sein Vater neben ihn auf die Werkbank den kaputten Roller stellt. „Was dagegen, wenn ich nachher neben dir versuche deinen Roller zu reparieren? Aber vorher gehen wir wohl erst mal ins Haus, denn deine Mutti wartet dort mit dem Frühstück.“, spricht Flad und wirft einen Blick über Lucas Schulter, „wenn ich mir aber so deine Arbeit ansehe, frage ich mich, ob du die Reparatur des Rollers besser kannst als ich.“ Stolz legt sein Vater Luca die Hand auf die Schulter. Luca spürt, dass ihm das Lob etwas peinlich ist, aber der Stolz seines Vaters fühlt sich verdammt gut an.
„Leg uns das nächste Mal bitte einen Zettel auf den Küchentisch, wenn du, bevor wir wach sind, in den Schuppen gehst. Wir haben dich gesucht bis mir das mit dem Schuppen eingefallen ist.“, begrüßte Gunda ihren Sohn. Luca murmelte eine Entschuldigung und beeilte sich die Hände zu waschen, da ihm mit dem Duft der frischen Waffeln sein Hunger bewusstwurde. Doch für ein Zunge Herausstrecken zu Mira reicht es immer. Bald war die Küche mit den typischen Geräuschen erfüllt. Flad lass die Zeitung. Luca fiel das Bild des Polizisten ins Auge. Die Bildunterschrift lautet: „Die Polizei warnt vor falscher Panik, denn bei fünfzig Prozent der Fälle kann nicht mal bestätigt werden, dass es sich wirklich um einen Diebstahl handelt.“ Luca fiel wieder ein wie er sich gestern auch nicht sicher gewesen wäre, wenn der Roller weg gewesen wäre ob ihn eventuell seine Eltern nicht weggeworfen haben. Luca versucht den Artikel weiter durch die Finger seines Vaters zu lesen. „Auch d......liche Müllabfuhr bittet von Anfragen abzusehen, da eine Suche nach G......ie vor länger als 1 Woche abgeholt wurden nicht möglich sei. Auch ist ein Abholen dann aus Hygienegründen nicht m......“
Luca lächelt, ja einen Roller der schon auf der Müllhalde gelegen ist will er auch nicht mehr haben. Auf was für Ideen die Leute kommen. Luca schüttelt den Kopf. Und die Diebe scheinen einen guten Riecher zu haben bei welchen Sachen das Fehlen in der nächsten Zeit nicht auffällt. Irgendwie machte ihn die Sache neugierig. Er liest den Artikel ein zweites Mal durch, doch er kann nirgends einen Hinweis darauf finden was die Polizei gedenkt zu unternehmen, er hat eher den Eindruck, dass die Polizei wenig Lust hat sich mit den Kleinigkeiten zu beschäftigen. Lucas Neugier ließ ihn einen abenteuerlichen Plan fassen: „Ich werde diesen Dieb schon irgendwie aufspüren!“. Luca ist froh, dass ab Mittwoch nächster Woche die „kurzen“ Ferien sind, denn dann konnte ihm vielleicht Lia und Marten helfen.
Zurück im Schuppen machen sich Luca und sein Vater direkt an den Roller. Der Bruch wird ganz einfach durch den Austausch des Holzes repariert. Hier setzt Flad nun aber ein dickeres und somit stabileres Brett ein. Luca grinst seinen Vater an: „Bist vorsorglich falls ich öfters vor habe unseren Baum zu rammen?“ Flad nickt nur und grinst zurück. Die Arbeit geht Hand in Hand und somit recht fix. Als der Roller fast fertig ist, schlägt Luca vor noch eine Vorrichtung zum anketten an das dicke Holz zumachen, denn schließlich will ja keiner, dass der Roller geklaut wird. Lucas Vater überlegt kurz und schaut in verschiedene Kisten bis er einen schweren Metallring und eine Kette mit Vorhängeschloss gefunden hat. Natürlich wird das Brett mit dem Fixierten Ring in Knallrot gestrichen, Lucas Lieblingsfarbe. Fast gleichzeitig meinen beide: „Sieht fast besser aus als zuvor!“
Lia ist wirklich skeptisch ob dem Spielzeugdieb oder den Dieben selber nachzustellen eine so gute Idee ist. Ganz im Gegensatz zu Marten der sofort Feuer und Flamme ist. Nach dem die Beiden den ganzen Tag über schon auf Lia eingeredet haben, schafften sie es auf dem Nachhauseweg, Lia vollständig zu überzeugen. „Habt ihr zwei dann euch auch schon eine Taktik ausgedacht?“, will Lia wissen. Da trifft sie einen wunden Punkt, genaueres haben sich die beiden nämlich noch nicht ausgedacht. Lia verdreht die Augen und sagt: „Ihr seid mir schon zwei so Detektive!“ Marten und Luca schauen sich an. „Wenn wir dich nicht den ganzen Morgen hätten überzeugen müssen, hätten wir Zeit gehabt für einen Plan.“, gibt Marten pampig zurück. Schnell beschwichtigt Luca: „Bis Mittwoch ist noch ein wenig Zeit. Außerdem werden wir vermutlich mit einem Plan nicht weit kommen. Wir sollten auf ALLES gefasst sein.“
„Die Einstellung gefällt mir schon besser. Also Jungs dann bis morgen!“, meint Lia noch und dann trennt sie auch schon der Weg. Marten äfft Lia nach und meint „Also manchmal geht mir ihre Streberart ziemlich gegen den Strich. Auch wenn sie ab und zu mal Recht hat.“ Marten grummelt noch ein wenig weiter. Luca überlegt ob es eventuell auch eine Belohnung gibt, wenn man den entscheidenden Hinweis, oder sogar den Dieb bekannt geben kann. Marten reißt ihn mit einer Frage aus seinen Gedanken: „Meinst du wir können die Ferien miteinander verbringen? Also Du und ich und auch die Nörgeltante Lia?“ Luca ist ein wenig verwirrt, klar würden sie sich jeden Tag sehen, was meint Marten nur? „Ich würde euch ja gern zu mir einladen zum Zelten, aber meine Oma wohnt doch jetzt bei uns.“ verzieht Marten das Gesicht, „Ich war ja schon froh, dass sie nicht mit zum Grillen geschleppt wurde, denn die ist soooooooo empfindlich mit den Ohren, und wenn die nur eine Kleinigkeit sieht die nicht exakt dort liegt wo sie meint das es liegen sollte, dann kriegt sie voll den Anfall, da ist Herr Kalle richtig nett dagegen.“, plappert Marten weiter und fuchtelt dabei wild mit den Armen. Luca unterbricht ihn nicht gerne aber der Schulweg von beiden trennt sich jetzt. „Marten, ich frag mal meine Eltern, aber dann haben wir, zumindest tagsüber, Mira am Hals.“ Marten stoppt mit den Händen in der Luft herum zu fuchteln: „He Klasse, und Mira wird schon nicht schlimmer sein als Lia!“
Luca hat sich für den Frontalangriff als Taktik für seine Mutter entschieden. Deshalb geht er gleich in die Küche und beginnt mit „Mama, duuuuu ….“. Doch die Küche ist leer. Er schaut sich um, dann hört er aus dem Hausarbeitsraum die Nähmaschine rattern. Mist, brauchte man einmal seine Mutter in der Küche! Gunda ist gerne Hausfrau aber am liebsten in der Küche, das war einfach ihr Revier. Wenn sie sich in den Hausarbeitsraum begibt, muss, das Radio ihre Stimmung heben, aber wenn sie auch noch Nähen muss, dann war ihre Laune meist nicht die Beste. Etwas ratlos stand Luca nun da. Er hatte sich die Worte schon so schön zurechtgelegt. Er schritt auf die Tür zur „Folterkammer“, wie seine Mutter immer scherzte, zu, und bevor er den Türgriff herunterdrückte hatte er sich entschlossen den Angriff weiter auszuführen: „Duuu Mamaaa! Rufst du nachher Lias Mama an und lädst sie zu uns ein in den Ferien, zum Zelten? Haben wir überhaupt noch unser großes Familienzelt? Oder ist das nicht mehr bei euch auf dem großen Kleiderschrank?“
Zack, die Fragerei hat gesessen. Gunda hat Luca gar nicht heimkommen gehört, dazu war sie viel zu vertieft in ihre Nähmaschine. Sie schaut Luca erstmal nur ein paar Sekunden an. Hat sie etwas was verpasst? Hat ihr Sohn schon einmal über seine Ferienpläne gesprochen und sie hat es überhört? „Auch dir erst einmal einen guten Tag.“, versucht Gunda die Fragewelle zu bremsen, „Klar liegt unser Familienzelt oben schön fein säuberlich aufgeräumt, aber kann das sein, dass ich jetzt zum ersten Mal was von eurer Idee höre?“ Luca musste innerlich grinsen, die Idee wurde nicht mehr hinterfragt, sondern nur woher sie so plötzlich kam. „Also wir drei wollen einfach die Ferien miteinander was unternehmen und da kamen wir zwei auf die Idee zu dritt zu zelten.“, fängt Luca an zu erklären, „Und da ich weiß, dass ihr Mütter, das ganze sowieso erst miteinander besprechen wollt und allerlei Regeln aufstellt, kannst du ja gleich Lias und Martens Mama anrufen und eine Einladung machen und wenn alles geritzt ist, gebt ihr uns einfach Bescheid.“ Jetzt war Gunda an der Reihe innerlich zu grinsen, Luca war vielleicht tollpatschig aber bestimmt nicht auf den Kopf gefallen. Er hat es doch wirklich versucht ihr den Wind aus den Segeln zu nehmen und es tatsächlich geschafft. „Na gut, wenn ihr euch schon so einig seid, dann will ich mal schauen, ob ich die anderen Eltern so gut überzeugen kann wie du mich, aber habe ich da richtig gehört, dass am letzten Teil des Planes Lia noch gar nicht beteiligt ist? Weil sie zu früh abbiegen musste auf dem Schulweg?“ Mist, Lucas Fehler war aufgefallen, hätte er doch nur immer von „uns drei“ und nicht einmal nur von „wir zwei“ gesprochen. Aber wenn er jetzt lügen würde, dann ist alles verloren. Deshalb setzt Luca sein schönstes Lächeln auf und antwortet ganz unschuldig: „Ja, darum auch eine telefonische Einladung und nicht nur eine telefonische Bestätigung, dass wir Kinder wirklich die Nacht hier im Garten verbringen.“
Trotz der Zweifel, funktioniert Lucas Plan. Zwar wird Lia von dem Anruf von Lucas Mutter überrascht, sie kann zum Glück schnell genug schalten und so wird das Zelten von allen drei Eltern abgenickt. Luca freut sich auf die Ferien wie schon lange nicht mehr. Jetzt sitzt er in seinem Zimmer und hat alle seine Bücher die nur im Entferntesten etwas mit Detektiven oder Spionage zu tun haben um sich herum verteilt. Okay es sind eigentlich seine ganzen Bücher, denn Luca liest am liebsten Geschichten in denen er selber mitgrübeln kann oder die Helden immer mit dem Besten vom Besten ausgestattet sind und sich so in jeder brenzligen Lage zu helfen wissen, allein nur, weil sie ihren Spionageagentengürtel sogar nachts im Bett trugen. Mit einem Bleistift hinter dem linken Ohr, auf einem Bleistift kauend, macht sich Luca mit dem dritten Bleistift Notizen in seinem abgegriffenen Notizbuch.
„Ach menno! Das müssen ja besondere Hausaufgaben sein, wenn du jetzt immer noch daran arbeitest.“, mault ihn seine Schwester an die sich etwas von Luca vernachlässigt fühlt. Luca blickt auf und muss blinzeln, da er im Lichtkegel der Schreibtischlampe sitzt, hat er überhaupt nicht bemerkt, dass es schon dämmerte. „Achherrje! Nein sind keine Hausaufgaben, hab‘ was für mich nachgeschlagen.“, erklärt Luca, „Aber jetzt ist mal Schluss. Komm her, ich habe dich heute noch gar nicht durch gekitzelt!“. Unvermittelt springt Luca auf und Mira versucht sich laut kichernd in Sicherheit zu bringen. „Versteck dich ruhig! Ich zähl sogar auf dreißig und dann suche ich dich!“, droht Luca seiner Schwester, doch in Wirklichkeit will er noch ein wenig Zeit gewinnen, denn ihm ist, als er Mira gesehen hat, eingefallen, dass er noch seine Mutter was zu fragen hat, was nicht für Miras Ohren bestimmt ist.
Wie erwartet findet Luca seine Mutter immer noch in der „Folterkammerkammer“. „Hast du mir einen Stoff für das Kästchen?“, flüstert Luca seiner Mutter zu. Gunda schaut Luca stirnrunzelnd an. Bis sie begreift was Luca mein: „Ach du meinst für Ihnen! Zum Auslegen als Schutz und Dekoration. Tut es auch ein blaues Samttuch? Das müsste hier noch irgendwo herumfahren.“ Der Blick von Luca folgt dem suchenden Blick seiner Mutter. Sein Blick bleibt am Nähkorb hängen, weil darauf ein blaues Tuch liegt. „Meinst du das?“, fragte Luca während er das Tuch an sich nimmt. Ohne eine Antwort abzuwarten, stürmt Luca wieder in den oberen Stock, denn es wird langsam Zeit seine Schwester in seinem Zimmer zu „finden“.
Während dessen lauscht Marten nochmal und löst dann mit einem Schraubendreher die zwei Schrauben, damit er dann das Dielenbrett unter seinem Bett anheben und zur Seite schieben kann. Marten ist stolz auf sein Versteck, denn durch die Schrauben fiel keinem ein wackelndes Brett auf und die Lage unter seinem Bett verhinderte, dass man sich die Schrauben genauer ansah. Er erinnert sich an das Unverständnis im Gesicht seiner Mutter, als er sie bittet sein Zimmer etwas umstellen zu dürfen und er ausgerechnet sein Bett dort haben will. Aber Marten hatte natürlich schon sein ganzes Zimmer nach einem Hohlraum abgesucht. Dazu hat er Millimeterweise alle Wände, die Decke und zum Schluss den Fußboden abgeklopft, und zu guter Letzt diese „Schatzkammer“ erklopft. Als er Stück für Stück den Inhalt der Kammer ans Licht befördert, hält Marten die Luft an, als könnte er alleine dadurch die Zeit anhalten. In den Jahren hat sich einiges angesammelt, so wird Marten beinahe die Luft knapp. Seine Schätze betrachtend, stellt Marten fest, dass er bestimmt nicht alles brauchen wird. Er sucht sich eine große Tasche für die Dinge die er brauchen wird. Er tut sich sichtlich schwer unnötige Dinge wieder in seinem Versteck verschwinden zu lassen, den für ihn erscheinen alle Dinge nützlich, Deshalb wandern nur die Dinge zurück die er bereits durch neuere und dadurch bessere Versionen ersetzen kann. Als Marten das Brett wieder festschraubt, kann Marten den Beginn der Ferien fast nicht mehr erwarten.
Auch Lia ist nicht untätig. Schwer schnaufend, legt Lia, den letzten der fünfzehn Stapel an alten Zeitungen in ihrem Zimmer auf den Boden. Sie ist zwar immer noch der Überzeugung, dass die Jagd nach den Dieben völlig hoffnungslos ist, aber sie will nicht unvorbereitet sein. Mit Kleber, Schere, Markierstift und einem Notizbuch bewaffnet macht sie sich an die Stapel. Sie möchte so viel wie möglich über die Diebe erfahren und durchsucht nun die Zeitungen nochmals nach Hinweise auf die Spielzeugdiebe. Sie arbeitet sich von heute Morgen bis ein ganzes halbes Jahr zurück, da hatte ihr Vater zuletzt, das Altpapier weggebracht. Oftmals werden die Diebstähle nur als kleine Randnotizen erwähnt. Die Sache scheint vor ungefähr vier Monaten begonnen zu haben. Lia betrachtet den Stapel Ausschnitte der sich auf dem Notizbuch gesammelt hat. Die wichtigsten Informationen hat sie mit ihrem Markierstift gelb unterstrichen. Sie wird wohl immer zwei Artikel auf eine Seite kleben, denn sonst ist das Notizbuch schon voll bevor die Jagd überhaupt begonnen hat. Lia packt die Reste zusammen und räumt sie wieder in den Keller. Beim Studium der Artikel spürt sie, dass sie ein Jagdfieber ergriffen hat. Sie packt das Notizbuch in die Schultasche und ob sie bedauert nicht die Unterbrechung der Schule durch die Ferien.
Obwohl es der letzte Schultag vor den Ferien ist, hat es Luca mal wieder geschafft und kommt gerade noch im letzten Moment im Klassenzimmer an. Das Kommentar von Jakobus, dass wenn Luca mal die Beine anheben würde, er dann auch mal pünktlich wäre. Überhört Luca und knallt erst einmal sein Mathematikbuch und sein Heft auf den Tisch. Doch als er sein Schlampermäppchen auf den Tisch wirft bemerkt er eine Sekunde zu spät, dass der Reißverschluss nicht geschlossen ist. Luca sieht schon bildlich seine Stifte durch den Raum fliegen. Er schließt seine Augen. Luca wartet, doch das Klappern der Stifte auf dem Boden bleibt aus. Luca öffnet langsam das linke und dann das rechte Auge, der Unterricht scheint gewohnt seinen Lauf zu nehmen, das Mäppchen liegt vor ihm zwar immer noch geöffnet aber mit allen Stiften gefüllt. Das einzige was unnormal ist Marten, der ihn angrinst und zuzwinkert. Luca blättert verwirrt in seinem Buch, was hat er verpasst?
Endlich ist die Doppelstunde Mathe vorbei, Luca raucht der Kopf. Aber es scheint nicht nur ihm so zu gehen, denn als die Schulglocke läutet, geht ein Aufatmen durch die Reihen. Schnell werden die Fenster und die Türen aufgerissen, damit in der Pause wieder frische Luft in den Klassenraum kommt. „Schau mal ob deine Stifte noch alle Heil sind, ich war vorhin nicht gerade zimperlich.“, stößt Marten Luca an. Die Kontrolle zeigt, dass noch alle Stifte in Ordnung sind. Jetzt schaut Luca Marten fragend an. Marten zieht eine Mischung aus Tennisschläger und Fischnetz unter seiner Bank hervor. „Darf ich vorstellen: 'Fänger', von Fliegen bis zu Wasserflaschen, 'Fänger' hilft den Flug zu beenden.“, spricht Marten mit einer Stimme die wirklich in einem Werbespot passend gewesen wäre. „Leider konnte ich ihn nicht als Fangnetz benützen, sondern musste dein Mäppchen auf den Schreibtisch zurückschlagen.“ „Danke! Und wo bekommt man so etwas her?“, Luca ist sichtlich interessiert, als er diese Frage stellt. Seine Augen sind auf den 'Fänger' gerichtet. „Na bei mir, wenn du einen bestellst. Allerdings dauert die Lieferung ein wenig, ich habe zurzeit keine Weidenstöcke mehr zur Hause.“, kommt prompt die Antwort von Marten, und er fährt fort, „Du weißt doch, dass ich so mit dem Fangen meine Probleme habe, aber im Basteln bin ich eine Eins, deshalb habe ich mir etwas gebaut, womit ich besser fangen kann und notfalls mit einem Schlag aus der Luft fischen kann, in dem ich es auf den Boden oder wie gerade eben auf einen Tisch, schlage.“ Marten übergibt 'Fänger' an Luca. „Wow, der liegt ja echt gut in der Hand! Ich bestelle hiermit verbindlich einen.“, lobt Luca, „Nein ich nehme zwei Stück ich habe ja schließlich zwei Hände.“ Marten strahlt, sein 'Fänger' hat sich wieder einmal bewährt. Die nächste Stunde beginnt, Marten steckt 'Fänger' wieder in seiner Tasche, aber so, dass der Griff in Reichweite bleibt.
Nach der Biologiestunde beginnt die Große Pause. Luca setzt sich mit seiner Vesperdose auf die Bank neben der Eingangstür, ein unbeliebter Platz, da er genau aus dem Lehrerzimmer eingesehen werden kann. Aber der Platz ist optimal, wenn man in Ruhe gelassen werden möchte, oder wenn man sich in Ruhe unterhalten möchte wie die drei angehenden Detektive. Lia und Marten kommen fast zeitgleich. Bevor Luca überhaupt die Chance bekommt Lia zu begrüßen. Lässt Lia ihren Unmut darüber aus, dass sie gestern nicht gefragt worden war, ob es ihr recht ist die Ferien in Lucas Garten zu verbringen. „Was hat dich denn gestern gebissen, mich und meine Mutter mit so einer Idee zu überraschen? Weißt du was ich gestern noch ertragen musste? Meine Mutter meinte nur, dass du ja doch ein Lieber wärst, und dass ich ja jetzt doch schon langsam erwachsen werde. Sie träumt sich jetzt eine Freundschaft, und ich meine eine FREUNDSCHAFT zwischen dir und mir zusammen!“ Luca schluckt. „Ahso? Und von mir hat sie nichts gesagt?“, fragt Marten sichtbar enttäuscht. Luca hat seine Schlagfertigkeit wiedergefunden und meint: „Ach ist da nichts zwischen uns? Ich dachte ich bedeute dir etwas.“ Luca schnieft und setzt einen herzerweichenden Blick auf. Lia und Marten prusten los. „Du Spinner!“, kommt es von beiden wie aus einem Mund.
„Ich habe gestern noch ein wenig in den alten Zeitungen nachgelesen.“, bringt Lia das Thema wieder auf die Spielzeugdiebe, „Die Sache scheint interessant, aber so einfach ohne Vorbereitungen ist das wohl nicht zu machen.“ Jetzt hat Lia mit Protest und Anspielungen auf ihre guten Noten gerechnet, aber die beiden nickten nur. „Ich war gestern auch nicht untätig ich habe‘ mir mal viele Bücher nach Lösungen durchsucht und bin auf einiges gestoßen, dass uns weiterhelfen könnte, und habe mir dazu dann auch Notizen gemacht.“, klärt Luca Lia auf. Marten fährt fort: „Ohne leistungsstarke Ausrüstung haben wir natürlich auch so gut wie keine Chance, deshalb habe ich mal meine Sammlung nützlicher Dingen geprüft und einsatzbereit gemacht. 'Fänger' hat Luca ja schon kennen gelernt.“ Lia ist sichtlich beeindruckt. Das hätte sie den beiden gar nicht zugetraut. Nach einem Blick auf die Uhr fangen die drei schnell an ihre Vesperbrote zu essen, während sie darüber diskutieren, ob es nun ein Dieb ist, oder eine Bande von Dieben. Die Schulglocke beendet die große Pause wieder einmal viel zu früh.
Je näher die Ferien rücken umso mehr, scheinen die Lehrer verbissener zu sein den Lehrstoff einer ganzen Woche noch schnell in die Köpfe pressen zu wollen und natürlich steigt auch im gleichen Maß die Unlust der Schüler sich noch was in den Kopf pressen zu lassen. Doch auch die letzten drei Stunden vergehen, und mit dem ertönen der Glocke beginnt Lucas Klasse zu Jubeln. Der Jubel pflanzt sich von Klasse zu Klasse fort bis das Schulhaus unter dem Jubel zu beben scheint. Luca tritt aus dem Schulhaus. Die Luft scheint sich verändert zu haben, sie hat jetzt den Duft und Freiheit und ja Luca ist sich sicher auch den Hauch des Abenteuers. Auf dem nach Hause vereinbaren die Nachwuchsdetektive, dass sie sich am Mittwoch nach dem Mittagessen bei Luca im Garten treffen wollen.
Flad kommt heute früher heim, denn durch einen Streik der Speditionen kam heute kein Material in der Firma an, so wurde Materiallager leer gearbeitet und dann hat man die Arbeite in den Feierabend geschickt. Flad schaut von seiner auf und blickt in den Garten. Er kann beobachten wie Luca versucht in den Haufen aus Stangen, Schnüren und Heringen etwas Ordnung zu bringen. Flad versucht sich zurück zu erinnern wann er zuletzt mit dem gleichen verzweifelten Blick vor dem Haufen gekniet hatte um das Chaos zu lichten. Es muss mehr als fünf Jahre her sein, denn Mira war noch nicht auf der Welt. Mira die Luca gegenüberstand pickte geschickt die Schnüre aus dem Haufen. Ja Mira sieht heute das Zelt zum ersten Mal und wenn Luca sein Versprechen hält, was er eigentlich immer tat, würden die beiden heute die Nacht im Zelt verbringen, ganz allein. Flad wusste jetzt schon, dass er kein Auge zumachen wird, und bestimmt des Öfteren eine Runde um das Zelt schleichen wird um nur zu lauschen, wie seine beiden kleinen Sternenstrahlen ruhig atmen. Er sieht gern wie seine Kinder wachsen, auch wenn es ihn ein wenig erschreckt wie schnell es doch geht. Jetzt hat Mira Luca den Plan unter der Nase weggeschnappt und rennt laut lachend davon. Flad schüttelt den Kopf, die beiden. Sie können nicht miteinander aber auf gar keinen Fall ohne einander.
Den Gefallen wird Luca Mira nicht machen und ihr hinterherrennen. Luca steckte die Stangen die er bereits sortiert hat zusammen. Jetzt könnte er den Plan gebrauchen, damit er schauen kann wie er die Stangen am besten hinlegen soll. Er überlegt kurz und schnappt sich die Schnüre. Schon hört er Mira schnauben: „He, lass die liegen die sind Meins!“ Luca grinst aber er öffnet eine Schleife die Mira zur Übung in eine Schnur geknotet hat. Mira stellt sich vor ihm: „Du bist sooooooo gemein!“ „Was hast du denn zum Tausch anzubieten?“, fragt Luca ganz unschuldig. „Menno, nimm halt den blöden Plan!“, mit diesen Worten fuchtelt Mira vor Lucas Augen mit dem Plan herum. Die Schnüre gibt Luca an Mira zurück, nachdem er sich den Plan von ihr genommen hat. Mira nimmt grummelnd die Schnüre und setzt in einigem Abstand von Luca ins Gras. Um dann die Schlaufe wieder mit höchster Konzentration zu knüpfen. Die Stangen sind schnell verteilt und die ersten Eckstücke verbunden. Luca entfaltet die Zelthaut. Da kommt sein Vater und meint: „Da komme ich ja gerade recht, ich habe das Imprägnierspray dabei, dann können wir gleich dafür sorgen, dass das Zelt dicht ist, falls es doch regnen sollte.
Es dauert dann doch ziemlich lang bis das Zelt komplett eingesprüht ist. Mira hat inzwischen das Interesse an den Schnüren verloren und sammelt lieber Schnecken. Mit vereinten Kräften ist die Zelthaut dann auch ohne Probleme über das Gestänge zu ziehen. Flad zeigt Luca auf was es beim Abspannen der Zeltplane, also das fixieren der Plane mit den Schnüren, zu beachten gibt. Kaum ist der letzte Hering versenkt, steht auch schon Mira wieder da: „Papa? Spielst du jetzt mit mir?“ Wortlos schnappt sich Flad seine Tochter und wirft sie in die Luft um sie danach wieder zu fangen. Mira johlt und quietscht. Luca geht in den Schuppen um die Luftpumpe zu holen, er muss ja noch seine und Miras Luftmatratze aufpumpen. Die Luftmatratzen hängen zum auslüften über der Wäscheleine. Die erste Matratze lässt sich ohne Probleme aufpumpen, die zweite scheint sich irgendwie nicht aufpumpen lassen zu wollen. Luca findet, als er mal kurz eine Pause beim Pumpen macht, den Fehler. Eigentlich hört er den Fehler bevor er ihn sieht. Aus einem Loch an der Unterseite entweicht die frisch gepumpte Luft wieder.
Wie auf Befehl erscheint Marten am Gartentürchen und winkt Luca zu. „Sag mal Luca, kannst du mir eine Luftmatratze leihen ich habe nämlich keine.“, verrät Marten seinen Grund für seinen verfrühten Besuch. „Hmm, ich hatte eine aber die stellte sich gerade als unbrauchbar heraus. Außer du möchtest alle fünf Minuten deine Matratze frisch aufpumpen.“, murrt Luca. „Hast du ein Flickzeug für Fahrradschläuche? Dann kann man das Loch damit abdichten.“, überlegt Marten. Beide gehen in den Schuppen um dort nach dem besagten Flickzeug zu suchen. Beim Öffnen einer der vielen Schubladen wird das Gesuchte gefunden. „Na das Loch müssen wir zum Glück nicht mehr suchen.“, meint Luca während er die Anleitung liest. „Warum muss das so kompliziert sein?“, fragt Luca mehr sich selbst als Marten. „Ach das scheint nur so beim ersten Mal. Beim ersten Schlauch, denn ich geflickt habe, habe ich bestimmt eine ganze Stunde gebraucht und dazu noch einen viel zu großen Flicken draufgemacht.“, erzählt Marten während er munter drauf loslegt und schon mal etwas Kleber um das Loch auf der Luftmatratze verteilt. „Das wichtigste ist echt, dass der Kleber wirklich etwas antrocknet bevor du den Flicken draufdrückst, denn sonst musst du den Flicken mindestens eine halbe Stunde auf das Loch drücken.“ Luca beobachtet Marten. Marten hatte recht so kompliziert wie es die Anleitung beschrieb ist es gar nicht. Nachdem Marten den Flicken etwa drei Minuten auf das Loch gedrückt hat. Pumpt Luca etwas Luft in die Matratze, damit der Flicken sich etwas an die aufgeblasene Form der Matratze anpasst. Nach weiteren zehn Minuten bläst Luca die Matratze vollständig auf. Sie hält dicht. „Okay, heute Nacht schlafe ich probe darauf und dann kannst du sie morgen haben.“, verspricht Luca während er nochmals den Flicken genauer untersucht.
Schnell sind die Luftmatratzen, Decken und Kissen in das Zelt eingeräumt. Am Kopfende der Matratze platziert Luca seine Detektiv-Tasche. Die Tasche hat er von seinem Opa bekommen, es ist eine alte, aber stabile, Doktortasche aus Leder. Dass Luca alles von oben aus der großen Öffnung nehmen kann und trotzdem nicht alles in der Tasche wild umherfährt, sondern schön in den entsprechenden Fächern bleibt, liebt Luca besonders. Neben dem alten Stethoskop seines Opas hat Luca sein Notizbuch, eine Taschenlampe, ein Taschenmesser, diverse Stifte, ein paar Stücke Kreide und eine Tüte Chips. Gerade überlegt er sich ob er es wagen soll sein Lieblingskuscheltier ins Zelt zu nehmen, da es doch bestimmt peinlich ist in seinem Alter noch mit einem Kuscheltier „erwischt“ zu werden, als Mira ins Zelt kommt und geräuschvoll ihre Tasche mit Malbücher, Stifte und Püppchen auf ihre Matratze schmeißt. Sie packt ihr Plüscheinhorn auf das Kissen und deckt es zu. Danach reicht sie Luca seinen Elefanten: „Damit sich mein Einhorn nicht so blöd hier im Zelt ohne meine restlichen Plüschies fühlt.“ Damit Luca nicht zugeben muss wie sehr er sich über 'Einohr' freut, erinnert er Mira daran, dass sie in seinem Zimmer ohne ihn nichts zu suchen hat. Mit einem liebevollen Streicheln über den Kopf steckt er 'Einohr' zu dem Einhorn unter die Decke und erklärt dann: „Damit die zwei sich unterhalten können. Lass uns schnell in die Küche gehen. Sie warten bestimmt schon mit dem Abendessen auf uns.“ Ohne einen Widerspruch abzuwarten nimmt er Mira an die Hand und beide verlassen Richtung Küche das Zelt.
Vor lauter Ungeduld essen Mira und Luca kaum was. Mit einem Lächeln reicht Gunda ihren beiden Kindern eine Vesperbox, mit kleinen Obststücken und Butterkeksen. „Jeder nimmt noch eine Flasche Wasser mit. Ich wollte ja noch eine Tüte Chips dazu geben, aber ...“, kommentiert Gunda die Boxen. „Die Chips habe ich schon ins Zelt mitgenommen.“, gesteht Luca und schaut betroffen auf den Boden. „Ah na dann. Ich dachte schon ich werde langsam alt und hab vergessen die Chips zu kaufen, oder irgendwo hin geräumt wo ich sie gerade nicht suche. Ist doch nicht schlimm ihr dürft doch an den Schrank mit den Naschereien, nur nicht vor dem Essen.“ entschuldigt Gunda ihren Sohn. „Bekomme ich heute auch frei oder muss ich extra zu dir ins Zelt kommen um deine Gute-Nacht-Geschichte vorzulesen, Mira?“, wird Mira von ihrem Vater gefragt. Die Antwort von Mira lautet: „Nö, darfst heute frei machen. Aber nicht ohne mich weiterlesen, weil ich will nichts von Prinzessin Ninas Abenteuern verpassen.“ Mira schaut ihren Vater eindringlich an, bis dieser seine rechte Hand auf das Herz legt und nickt.
Gunda und Flad sitzen auf der Terrasse, leise spielt ein Radio Musik. Zwischen den beiden ist ein Mühle-Spielbrett aufgebaut. Im Moment sind beide aber mehr vom Treiben im Zelt abgelenkt. Mira scheint so aufgeregt, dass sie wie ein Gummiball durch das ganze Zelt zu toben scheint. Die kleinen spitzen und grellen Schreie, zeigen wie sehr sie sich freut. „Hmmm. Wann schmeißt Luca sie raus?“, fragt Flad seine Frau, die die Augenbrauen hochzieht und kichert: „Ich denke eher das Luca einsehen wird, dass er keine Chance hat Mira ins Bett zu bekommen und samt Matratze sich vor das Zelt legt. So wie du in unserem ersten Urlaub mit dem Zelt, als Luca nach zu viel Cola auch nicht zu bremsen war.“ Sich an die Szene erinnernd müssen beide laut loslachen. Eine Träne läuft Gunda nach dem Lachen über die Wange. „Schön dich lachen zu hören, aber ich höre ja gar nichts mehr aus dem Zelt.“, lenkt Flad die Aufmerksamkeit wieder auf die Kinder. Beide lauschen gespannt. Ein Aufknallen der Chipstüte löst das Rätsel. „Ihr wurde das Maul gestopft. So und du darfst jetzt deine letzte Runde laufen und dann lassen wir die zwei Großen mal alleine, denn du hast gerade sowieso verloren.“ mit diesen Worten schloss Gunda ihre Mühle und nahm Flads letzte Möglichkeit für eine Mühle vom Feld. Die Runde von Flad führt ihn von der Terrasse zum Schuppen, den er abschließt, am Zelt vorbei zum Gartentor, dass er ebenfalls abschließt. Nur die Terrassentüre schließt er nicht ab, damit Mira oder Mira ins Haus kommen. Gundas Hoffnung, dass es Flads letzte Runde ist, hat sich leider nicht bewahrheitet. In jeder Werbepause des Abendfilmes treibt es Flad in den Garten. Gunda seufzt, als sie sich alleine ins elterliche Schlafzimmer aufmachen muss, obwohl sie ganz froh ist, das Flad nach dem rechten schaut, denn sonst würde sie sich auch Sorgen machen.
Die Nacht verläuft recht unruhig zumindest für Flad. Er kann kein Auge zu machen. Er lauscht den Geräuschen der Nacht, durch das geklappte Fenster. Immer wenn er es nicht aushält startet er, ausgestattet mit einer Taschenlampe, seine Kontrollrunde. Und ganz anders wie erwartet schlafen jedes Mal beide Kinder friedlich und ruhig atmend. Flad würde sich am liebsten einfach dazu legen so sehr beruhigt ihn der Anblick seiner Kinder. Nun sieht Flad bereits die Dämmerung und Flad schwört sich, in den kommenden Nächten nicht der Versuchung nachzugehen und keine Kontrollrunden zu laufen.
Die Sonne scheint bereits zum Fenster herein als Gunda erwacht. Sie reckt und streckt sich und gähnt noch einmal. Vorsichtig und leise steht sie auf, denn sie möchte Flad nicht wecken, der erst nachdem die Sonne aufgegangen ist, beruhigt einschlafen konnte. Die Zeitung aus dem Briefkasten holend macht sie einen kleinen Umweg über den Garten um auch mal einen Blick in das Zelt zu werfen. Es herrscht aber wieder erwartend kein Chaos. Das einzige was etwas unordentlich herumliegt sind Mira und Luca selbst, die friedlich schlafend zusammen mit ihren Schlafsäcken fast schon einen Knäuel in der Mitte bilden. Mit der Zeitung unter dem Arm schlendert Gunda Richtung Haus. Nebenbei sammelt sie noch ein paar Blumen und hübsche Gräser, die sind dann, auf der Terrasse angekommen dort auf den Tisch legt. Sie wird das Frühstück heute auf der Terrasse aufdecken. Sie wird hungrige Mäuler zu stopfen haben, denn die Kinder waren die ganze Nacht an der frischen Luft und Flad hat eine lange Nachtwache hinter sich.
Gerade fertig mit dem Geschirr und Besteck verteilen, stellt Gunda die Blumen in eine Vase, als sie aus den Augenwinkeln bemerkt wie jemand den Garten betritt. „Guten Morgen Frau Pitaja,“ begrüßt Lia die überraschte Mutter, „Entschuldigen sie, wenn ich zu früh dran bin, aber ich habe es vor Aufregung nicht zu Hause ausgehalten. Und Luca meinte je früher umso besser.“ Lia sieht ein wenig betröppelt aus und schaut auf den Boden. Schnell hat Gunda die Überraschung überwunden und begrüßt auch Lia: „Auch dir einen schönen Guten Morgen. Du scheinst, im Gegensatz zum Rest meiner Familie eine Frühaufsteherin zu sein. Setze dich doch schon einmal an den Tisch, ich hole ein weiteres Gedeck und werfe noch schnell die Brötchen in den Ofen.“ „Darf ich Ihnen helfen?“, fragt Lia die sich noch immer ein wenig unwohl fühlt. Gunda führt Lia in die Küche auf dem Küchentisch steht eine große Schüssel mit Brötchenteig, den Gunda gestern Abend noch zubereitet hat. Das Backblech, etwas Mehl und ein Schüsselchen Wasser stehen bereit. Gunda formt kleine Teigbällchen die sie auf das Backblech drückt. Lia hat ein Messer bekommen um die Teigbällchen so einzuschneiden, dass sie die typische Form bekommen.
Ruckzuck sind die Brötchen im Ofen und Gunda schenkt sich einen Kaffee und Lia eine heiße Schokolade ein. Der Duft der aufbackenden Brötchen scheint den Schlafenden so in der Nase zu kitzeln, dass alle nach und nach aufwachen und mit schnuppernder Nase dem Duft in die Küche folgen. Lia muss grinsen, als es Luca scheinbar erst auffällt, dass er Besuch hat, als Gunda ihn mit einem weiteren Gedeck auf die Terrasse schickt. Mit einem knallroten Kopf murmelt Luca noch schnell eine Begrüßung und wirft seiner einen bösen Blick zu. Wie konnte sie ihn nicht warnen? Beinahe rennt Luca auf der Terrasse Marten um, der einfach so ohne einen Mucks von sich zu geben auf der Terrasse steht. „Achtung! Lia ist auch schon da.“, raunt Luca verschwörerisch Marten zu. „Ich weiß.“, sagt Marten und zeigt auf die Sachen von Lia die vor der Terrasse stehen. Luca reibt sich die Augen, als er das Gepäck von Marten betrachtet: „Du hast mehr Gepäck wie Lia? Und die ist ein Mädchen!“ „Das ist Gepäck und Ausrüstung! Also kein Schnickschnack wie Düftchen, Tüchlein und Schmuck.“, rechtfertigt sich Marten mit einem Grinsen auf den Lippen. Das Besteck und Geschirr rückt Luca jetzt so, dass noch zwei Leute mehr Platz haben. Den Schuppenschlüssel übergibt Luca an Marten mit dem Hinweis, dass sich im Schuppen noch zwei Stühle befinden. Damit auch Marten mitfrühstücken kann, muss Luca nochmals in die Küche.
Die Plätze werden von Mira verteilt. Das Frühstück ist im Moment sehr schweigsam, denn alle am Tisch haben einen großen Hunger, man hört geschäftiges klappern, Kaugeräusche und ab und an ein Schlürfen. Langsam kehrt die Gesprächigkeit zurück. Flad und Gunda machen Pläne für das Einkaufen, denn Flads Chef hat angerufen, dass noch immer kein Material angekommen sei. Mira fragt Lia aus. Und Marten führt mit Luca eine Diskussion ab welcher Uhrzeit der Waldsee schon für das Baden geeignet ist. Also ab wann die Sonne hoch genug steht, dass auch der Strandbereich nicht mehr im kühlen Schatten liegt. Mira beendet die Diskussion damit, dass man das am besten durch ausprobieren herausfinden könne. Auch Mira ist natürlich Feuer und Flamme für den Waldsee, aber Gunda erklärt ihr, dass sie dringender beim Einkaufen benötigt werde. Als dieses Argument natürlich nicht so richtig greifen will, fügt sie nur hinzu, dass gute Helfer noch nie ohne Belohnung nach Hause gekommen sind. Damit sind die Pläne für die nächste Zeit geschmiedet und die Frühstücksrunde löst sich auf.
Um die Sachen zu verstauen gehen Lia und Marten ins Zelt, Mira und Gunda folgen um die Sachen von Mira zu holen. Luca schnappt sich wieder den Schuppenschlüssel und holt einen Leiterwagen. Flad beginnt schon einmal den Frühstückstisch abzuräumen bevor Gunda und er mit Mira zum Einkaufen gehen können. Damit Mira nicht doch noch auf die Idee kommt die anderen an den Waldsee zu begleiten, was mit einer ziemlichen Sicherheit in einem Geschrei und Gezeter mit Tränen enden würde.
Aus dem Zelt ruft Lia nach Luca. Sie steht mit den Händen in die Hüften gestemmt vor den aufgeblasenen Luftmatratzen. Ihre Augen funkeln Luca böse an als er das Zelt betritt und Lia fragend anschaut. „Und wo soll ich schlafen?“, fragt Lia entrüstet. Marten rollt mit den Augen und Luca hat keinen blassen Schimmer auf was Lia hinaus möchte. Er versucht die Stimmung etwas erheitern: „Also ich würde vorschlagen du nimmst die rosa Matratze und die würde sich am besten auf dem Boden machen.“ Doch dieser Versuch geht kläglich schief. Jetzt scheint Lia erst recht empört. „Ja und? Ist dir bei einer rosaroten und zwei blauen Matratze nichts aufgefallen? Kann das sein, dass du gerade im Moment etwas sehr Wichtiges übersiehst oder gar übersehen möchtest?“, bohrt Lia nach. Marten und Luca wechseln ratlose Blicke und schweigen. Lia fährt fort: „Ihr seid Jungs und ich bin ein Mädchen! Und das ist nicht zu übersehen. Also was habt ihr zwei Schlaumeier nun vor dagegen zu unternehmen?“ Schnell schluckt Luca die Frage, ob er etwas dagegen machen soll, dass Lia ein Mädchen ist, herunter. Um etwas Licht in die Angelegenheit zu bringen versucht Luca sie aus der Reserve zu locken: „An was hast du gedacht und was wäre dir am liebsten?“ Lia ist mit dieser Frage zufrieden und antwortet etwas entspannter: „Mir würde nachts eine Trennwand völlig reichen, ich brauche keine komplette Abtrennung oder gar ein Extrazelt.“ „Das lässt sich machen, und ich denke das bekommen wir vor dem Schlafengehen noch geregelt.“, verspricht Luca. Daran hat er wirklich nicht gedacht, dass sich Lia zwischen den Jungs beim Schlafen unwohl fühlen könnte. Doch nach dem das geklärt ist beladen die drei den Leiterwagen mit Badesachen, etwas Proviant und natürlich mit ihren Notsitzbüchern, denn der eigentliche Grund für das Zusammensein wurde von keinem der Dreien vergessen.
Mit einem Blinzeln schaut Luca nach dem Sonnenstand, für diese Uhrzeit steht die Sonne schon hoch am Himmel und strahlt mit voller Kraft auf die kleine Gruppe herunter. Luca hat von einer Abkürzung erzählt und ist dadurch jetzt der Führer der Gruppe. Der Weg führt, im Gegensatz zu den Waldwegen, zuerst am Waldrand entlang bis ein kleiner Bachlauf den Weg kreuzt. Der kleine Bach hat ein flaches aber weit ausladendes und sandiges Flussbett, so dass man ohne Mühen und sogar mit einem Leiterwagen im Schlepptau dem Fluss bis zu seinem Ziel, dem Waldsee, folgen kann. Der Fluss führt durch einen dichten Tannenwald so dass die Sonne kaum eine Chance den Weg und somit die drei Freunde zu wärmen. Wie versprochen ist der Weg um einiges kürzer, denn er führt nicht wie der Wanderweg, in großen Windungen durch den Wald, sondern fast kerzengerade vom Waldrand zum See.
Nach dem Lia, Marten und Luca aus dem dichten Wald heraustreten, müssen sie erst einmal stehen bleiben bis sich ihre Augen an das nun wieder helle Sonnenlicht gewöhnen. Der See liegt beschaulich fast mittig in der Lichtung. An den Ufern die noch im Schatten der hohen Tannen liegen wabert noch etwas Nebel. Luca meint zwischen den Schwaden die Körper mehrere Rehe auszumachen. Dort wo die Sonne schon die Chance bekommen hat sich zu entfalten, sind die Gräser schon trocken und der Boden verliert die letzte Kälte und beginnt damit die Sonnenstrahlen und deren Wärme zu speichern. Nach einer kleinen Suche finden die drei einen Platz der allen zusagt, nicht zu versteckt aber auch nicht auf den Präsentierteller, aber der ganze See ist einsehbar, falls doch noch Mira oder andere bekannte auftauchen sollten. Marten untersucht als erster die Temperatur des Wassers. Sein großer Zeh sagt ihm, dass es eindeutig noch zu kalt ist zum Baden. „Du großer Zeh-Quäler!“, necken Lia und Luca Marten, in dem sie sich über seine Art die Temperatur zu messen lustig machen. „Pfffh, dann verkühlt euch halt selber!“, ist Marten ein wenig eingeschnappt. Doch die beiden vertrauen doch auf Martens Urteil und kramen erst einmal ihre Notizbücher aus dem Wagen. Marten sucht den Rastplatz nach Stöcken und Steinen ab bevor er die Picknickdecke auf dem Boden ausbreitet.
Mit überkreuzten Beinen und ihr mitgebrachtes Trinken in der Hand sitzen die drei mit ihren Notizbüchern auf dem Schoß im Kreis um eine silberne Dose mit verschiedenen Keksen. Keiner weiß so genau, wie und ob er was sagen soll. Schließlich fasst sich Lia ein Herz und beginnt: „Also ich habe mal ein wenig recherchiert, dass soll heißen ich bin mal alle alten Zeitungen durchgegangen um herauszufinden seit wann denn das Klauen überhaupt angefangen hat.“ Als von den anderen ein anerkennendes Nicken kommen fährt Lia fort: Die ganze Sache fing, so glaube ich, vor etwa vier Monaten an. Doch da wurde nicht gleich nur Spielzeug geklaut, da kamen auch so Sachen wie Regentonnen und Schubkarren weg. Erst vor zwei Monaten scheinen sich der Dieb oder die Diebe dann auf Spielsachen zu konzentrieren und sie haben es meistens geschafft Dinge zu entwenden die entweder spät oder erst nach Nachfragen als verschwunden bemerkt wurden.“ So schließt Lia ihre Erkenntnisse. Zur Unterlegung der Beweise reichte sie ihr Notizbuch mit den Ausschnitten, an Marten und Luca weiter. Beide Jungs sind sehr beeindruckt über die Mühen die sich Lia gemacht hat.
Mit einem Räuspern fängt nun Luca über seine Überlegungen an zu berichten: „Ich habe auch recherchiert, allerdings nicht direkt über die Diebe, sondern darüber was wohl die erfolgversprechendste Art und Weise sein könnte den Dieben, das Handwerk zu legen. Dafür bin ich meine ganzen Bücher durchgegangen, wobei ich natürlich die Geschichten aussortiert habe, die nichts mit Diebstahl zu tun hatten oder einfach zu unrealistisch waren, denn ich denke mal, dass wir keine Fingerabdruckscanner besorgen können. Was sich dann herausstellte war, die Methode die dann noch am häufigsten benützt wurde. Diese Methode ist auch irgendwie die einfachste. Der Erfolg der Ködermethode hängt allerdings stark von der Qualität des Köders und ob die Beobachter gut im Hintergrund bleiben können, ab. Ich habe auch über eine Falle nachgedacht, aber dazu haben wir glaube ich nicht die Mittel dazu, vor allem weiß ich nicht ob wir damit nicht in Schwierigkeiten kommen, wenn doch was schiefläuft.“ Luca hörte regelrecht das Nachdenken über seine Worte. Lia hatte schnell ein freundliches und zustimmendes Lächeln.
Marten nickte nur und fischte dann ein paar kleine Sachen aus seinem Rucksack um seine Ergebnisse zu zeigen: „Ich sehe mich einfach mal als technischer Ausrüster der ganzen Sache. Denn ohne etwas technische Ausrüstung werden wir wohl trotz perfektem Köder und Versteck wohl nicht an die gesuchten Beweise kommen. Ich habe natürlich nicht erst jetzt angefangen mir über solche Sachen Gedanken zu machen, deshalb haben wir wohl ein kleines Arsenal an Tricks zur Verfügung. Zum Beispiel kann ich mit diesem Fernrohr sogar um die Ecke schauen, und diese Lupe wurde von mir durch eine weitere Linse verstärkt und kann sogar mit einer Lampe die zu untersuchende Stelle ausleuchten.“ Jetzt reicht auch Marten die genannten Gegenstände in die Runde. Und schaut gespannt auf die Reaktion der zwei anderen. Mit der Lupe in der Hand untersucht Luca den Umschlag seines Notizbuches, und er kann auf dem Kleber auf dem sein Name steht, ohne Hilfsmittel einen Fingerabdruck erkennen. Lia schaut durch das Fernrohr und ist begeistert: Wow so richtig nahe und scharf! Und dass Beste ist ich sehe sogar um dich, Marten, herum.“ Marten ist stolz auf sich und bekommt rote Backen.
Die Frage nach dem richtigen Köder ist jetzt der nächste Punkt, der festgelegt werden muss. Darüber hat sich Luca natürlich auch schon Gedanken gemacht. Und auch wenn es ihm schwer fällt unterbreitet er den Vorschlag seinen Roller zu nehmen, denn durch die Reparatur ist der Roller so einzigartig geworden, dass sich ein Dieb, wenn er mit dem Roller erwischt wird nicht herausreden kann. Lia zieht die Stirn etwas in Falten und meint dann, dass der Roller aber ein paar Tage unbeachtet, also zumindest, dass es so für andere aussieht und am besten im Garten stehen bleiben müsste. Denn die Diebe haben sich ja jetzt auf Gegenstände spezialisiert die nicht mehr die große Beachtung bekamen. Luca schluckt und schaut erst Lia und dann Marten an. Überlegt kurz und meint dann mehr u sich selbst als zu den anderen: „Wenn mein Papa und ich den Roller nicht repariert bekommen hätten hätte ich jetzt ja auch keinen Roller.“
Marten klopft Luca aufmunternd auf die Schulter: „Klasse, dass du so ein großes Opfer bringst, aber wir werden dich schon so auf Trab halten, dass du denn Roller nicht vermisst. Und ich denke jetzt können wir auch langsam daran denken, dass wir Ferien haben und uns amüsieren wollen. Das Wasser hier am See ist recht flach und die Sonne hatte nun genug Zeit das Wasser etwas zu erwärmen. Und wer als letztes im Wasser ankommt ist wohl zu feige!“ Und schon springt Marten auf und legt seine Spionagewerkzeuge zurück in den Rucksack. Lia schaut Luca an und meint, bevor sie losrennt: „Und das von dem Helden der sich nur getraut hat seinen großen Zeh in den See zu halten!“
Vor lauter Wasserspritzer dem Lachen und das Johlen der drei ist es unmöglich festzustellen wer als Letzter ins Wasser kam. Das Knie tiefe Wasser ist tatsächlich schon angenehm warm. Der dunkle Sand an der Bucht war schon so aufgeheizt, dass viele der Wassertropfen die dort hin fliegen sofort verdunsten. Die drei machen so einen Radau, dass die Waldtiere erschreckt sich weiter in den Wald zurückziehen. Das wilde Fangen und Jagen geht eine gute Stunde, bis sich die drei erschöpft auf den heißen Sand fallen lassen und einfach nur daliegen und schnaufen. Marten fängt plötzlich an zu kichern. Luca stupst ihn fragend an. „Wenn meine Mutter das wüsste! Die meint, dass ich das Wort SPORT nicht mal richtig schreiben kann geschweige denn freiwillig mich bewege.“, erklärt Marten. „Na dann willkommen im Waldsportlager! Nächste Disziplin ist Tannenzapfenweitwurf.“, verkündet Luca mit den Händen vor dem Mund zu einem Trichter geformt. Danach hebt Luca einen Tannenzapfen in seiner Nähe auf.
„Du weißt schon, dass das ein Kieferzapfen ist? Für Tannenzapfen müsstest du auf eine Tanne klettern, oder eine Tanne fällen. Kiefern werfen ihre Zapfen ab, nicht die Tannen.“, klärt Lia über die Herkunft der Zapfen auf. „Oh danke für die Info, dann werde ich wohl das Waldsportlager umtaufen müssen in das 'Waldsport- & Naturlernlager'.“ Luca schaut sich mit einer verschwörerischen Miene um: „Und wer das meinen Eltern erzählt der bekommt es mit mir zu tun.“ „Ui jetzt bekomme ich aber Angst!“, lästert Marten und beginnt sich nach den, nach seiner Meinung nach, am besten geeigneten Kieferzapfen umzuschauen. „Ich finde Weitwurf doof, mir wäre Zielwurf viel lieber.“, murrt Lia doch auch sie sammelt Zapfen ein. „Na dann ist das die nächste Disziplin, dann darf sich Marten eine Disziplin aussuchen, und dann beginnt es wieder bei mir.“ „Aber spätestens nach meiner Disziplin ist erst mal Pause mir knurrt schon leicht der Magen“, wirft noch Marten ein. Lia konzentriert sich schon auf den ersten Wurf und schon fliegt der erste Zapfen durch die Luft.
Weil keiner verlieren möchte werden unzählige Runden und somit unzählige Zapfen geworfen. So wird nachdem endlich Luca mit einem knappen Vorteil der Sieg zugesprochen wurde, die versprochene Pause vorgezogen, weil doch allen drei den Bauch knurrt. Luca verdrückt schnell seine Portion. Er lässt sich nach dem letzten Bissen nach Hinten fallen und er schaut in den Himmel, der nur von ein paar Wolken verdeckt wird. Wenn die Wolken von einem Windstoß erfasst werden und über den Himmel treiben, bekommt Luca fast ein wenig Sehnsucht mit den Wolken um die Wette zu fliegen. Ein lautes Schnarchen lässt Luca zusammenzucken. Marten hat sich auch zurückfallen lassen und muss beim Beobachten der Wolken eingeschlafen sein. Vorsichtig um Marten nicht zu wecken, rappelt sich Luca auf. Er fischt nach etwas zu trinken im Leiterwagen. Die Sonne scheint aber nicht nur Luca durstig gemacht zu haben, auch Lia kommt zum Leiterwagen um etwas zu trinken. „Ich werde dann mal eine geeignete Zielscheibe suchen, aber ich wollte auch nochmal“ Lia macht eine Pause und scheint Mut zu sammeln, „danke sagen, dass ich bei euch sein darf, auch wenn ich immer so besserwisserisch bin. Ich will es ja eigentlich nicht sein, es rutscht mir einfach immer raus. So wie eben mit den Tannenzapfen.“ „Erstens mal gibt es da nichts zu danken, dass wird dir auch Marten der Tüftler bestätigen. Und das besserwisserische kann ich ziemlich brauchen, denn so eine Leuchte bin ich in der Schule schließlich auch nicht.
Pünktlich zum Beginn der weiteren Wettkämpfe ist auch Marten wieder wach. Und es werden nach dem Kieferzapfen-Zielwerfen, noch weitere Wettkämpfe durchgeführt. Marten schlägt eine Zeiteinschätzung vor. In den Verschluss einer Wasserflasche wird ein kleines Loch gemacht, damit das Wasser langsam heraustropfen kann. Nun wird eine Stoppuhr gestartet und an eine Stelle gelegt die keiner der drei einsehen kann. Mit dem letzten Tropfen schreiben alle ihre Einschätzung wie lange es gedauert hat auf ein Blatt Papier. Nun wird auf der Stoppuhr nach der wirklichen Dauer geschaut. Klar ist derjenige der Sieger der sich mit seinem Tipp am nächsten an der Originaldauer befindet. Trotz Siegeswille und Konzentration kommt nie schlechte oder gar feindliche Stimmung auf. Ganz im Gegenteil, es wird viel gescherzt, gelacht und die gute Laune ist fast greifbar. So sind der Mittag und der Nachmittag schneller vorüber, als es den dreien lieb ist. Aber da die Essensvorräte nun zu Neige gehen, beschließt man doch sich wieder Richtung Garten aufzumachen. Alle drei hegen den Wunsch, dass vielleicht schon das Abendessen auf sie wartet. So wird der Weg nach Hause in fast der halben Zeit wie der Hinweg, zurückgelegt. Im Garten angekommen meint Luca mit einem breiten Grinsen: „Tja wenn die Lebensmittel weg sind, dann wird der Leiterwagen echt leichter und alles geht doppelt so schnell!“
Im Garten angekommen traut Luca seinen Augen nicht? Brennt da wirklich mitten im Garten ein Lagerfeuer? Und ausgerechnet sein Vater schürt das Feuer. Nach all den Ermahnungen auf den Rasen zu achten, dem vielen Pflegen, Schonen und Düngen hat sein Vater ein Loch in den Rasen gebrannt! „Wow! Cool! Das ist ja noch besser wie ich mir das Zelten vorgestellt habe! Aber meinst du nicht der Topf auf dem Feuer ist bei unserem Hunger nicht zu klein?“, fragt Marten mit einem Klopfen auf Lucas Schulter. Jetzt erst bemerkt Luca den Dreibein über dem Feuer. In dem Topf der direktüber dem Feuer hängt rührt Flad genüsslich um. „Was ist denn los Luca? Du schaust als ob du einen Geist gesehen hast.“, ruft Flad seinem Sohn entgegen. „Ja vielleicht.“, antwortet Luca, „Dein Rasen, hat jetzt ein riesen Loch.“ „Ach das erschreckt dich. Mach dir keine Sorgen.“, versucht Flad zu beruhigen, „Ich habe festgestellt, dass an den Ecken, an denen ihr etwas grober mit dem Rasen umgegangen seid, der Rasen am besten wächst. Ihr seid gerade richtig gekommen. Seid bitte so nett und geht in die Küche und holt Teller, Besteck, Servietten und natürlich Mira und Mama.“
Ohne ein Wort zu wechseln läuft Lia Richtung Küche und Marten und Luca Richtung Holzstapel. Flad sieht kopfschüttelnd zu. Schnell rollen Marten und Luca einige große Holzklötze in die Nähe des Feuers. Flad schaut fragend. Luca kichert: „Einer als Stuhl.“ Und Marten ergänzt: „Und einer als Tisch.“ Jetzt geht Flad ein Licht auf: „Gut für eine richtig gemütliche Lagerfeuerstimmung.“ Inzwischen haben sich auch Mira und Lia wieder am Feuer eingefunden, mit vielen Stöcken und einer Schüssel voller Brotteig. Nun rollt Lia den Teig portionsweise zwischen den Händen damit eine schmale Teigwurst entsteht und gibt diese an Mira weiter. Den Stock in der linken Hand windet nun Mira den Teig um das obere Ende, bis ein kleiner Leib entsteht. Als letztes bekommt Gunda den Stock um diesen dann in der Nähe des Feuers in den Boden zu stecken, damit der Teig vom Feuer fertig gebacken wird. Als der letzte Stock steckt schaut Gunda ihre Tochter an und fragt: „Wie schaffst du es nur ohne Punkt und Komma zu reden. Lias Ohren müssen ja schon förmlich glühen.“ „Ach, das ist nicht so schlimm.“, wirft Lia ein, „Wenn meine Ohren glühen, dann nur, weil wir heute den ganzen Tag schon an der frischen Luft sind.“ Als dann die erste Portion des Eintopfes verteilt ist, wird es dann doch still. Nur das Klappern der Löffel in den Tellern und das Knuspern des Stockbrotes ist für eine Weile zu hören.
Mit gut gefühltem Bauch, der Topf wurde mit vereinten Kräften geleert, wird Mira schläfrig und keine dreißig Minuten später schläft sie ein. Liebevoll trägt Flad die kleine Quasselstrippe in ihr Bett. Gunda bringt das Geschirr in die Küche bevor die Nacht hereinbricht und man das Geschirr suchen muss. „Wollen wir den Köder noch auslegen bevor wir auch noch wegschlummern?“, fragt Luca in die Runde. „Ja stimmt der muss ja ein Weilchen herumliegen.“, stimmt Lia zu. Marten überlegt kurz um dann aufzuspringen: „Wartet einen kleinen Augenblick, wir sollten noch etwas montieren.“ Und Schwupps verschwindet Marten im Zelt. Aus dem Schuppen holt Luca den Roller und als er am Lagerfeuer wieder ankommt ist Marten mit einem kleinen Leinen Säckchen zurück. Lia und Luca sind gespannt was in dem Säckchen sein könnte. Marten genießt die Aufmerksamkeit und packt langsam und vorsichtig den Inhalt aus. Jetzt hat er ein in Watte geschlagenes Etwas in der Hand. Nach dem vorsichtigen abwickeln der Watte erscheint ein kleines silbernes Kästchen. Nun bewegt Marten das Kästchen ein klein wenig, und als Reaktion darauf gibt das Kästchen ein lautes Scheppern und klingeln von sich. „Das ist eine Bewegungsalarmanlage, falls heute Nacht schon jemand den Roller klauen will.“, grinst Marten breit. Durch eine Ecke am Kästchen führt er nun einen schmalen Lederriemen. Das andere Ende fädelt er dann in die Schlaufe die Luca für die Kette und das Vorhängeschloss an den Roller montiert hat. Zu dritt bringen sie den Roller in Stellung.
„Willst du als erstes ins Bad um dich für die Nacht fertig zu machen? Wir hängen so lange die Abtrennung auf.“, bietet Luca Lia den Vortritt an. Mit einem Kopfnicken schnappt sich Lia ihr Waschzeug und marschiert ins Haus. Mit ein paar Holzstangen aus dem Schuppen und einem Leintuch von Lucas Mutter basteln Marten und Luca schnell einen Blickschutz. Als Lia zurück kommt scheint sie zufrieden. Marten und Luca streiten sich gerade noch über den Gesamtsieg des heutigen Tages. „Wir haben doch alle gewonnen!“, lacht Lia, „Also ich fand den Tag heute so gigantisch, viel besser als ich mir erträumt habe. Ich hatte sogar Angst, dass ihr mich nur verarschen wollt um euch dann über mich lustig zu machen.“ Empört schauen Marten und Luca zu Lia. „Dann hätte ich wohl von Anfang an das Slalomfliegen abgelehnt, bei meiner Schwäche von Linkskurven.“ protestiert Luca. „Und ich hätte euch nicht sehen lassen, dass ich bei Memory nicht mal zwei Pärchen finde.“, stimmt Marten zu. Lia bekommt rote Backen. „Ja das weiß ich jetzt auch. Aber ich konnte mir das nicht mit euch vorstellen ihr seid doch Jungs.“, versucht Lia sich zu rechtfertigen. „Was konntest du dir nicht vorstellen?“, fragt Marten. „Freundschaft.“, flüstert Lia. Luca schaut unsicher von Marten zu Lia und wieder zurück. Dann fasst er sich ein Herz und sagt laut: „Freundschaft!“ Dann streckt er seine Hand mit ausgebreiteten Fingern in die Zeltmitte. Marten kapiert schnell und legt seine Hand mit gespreizten Finger auf Lucas Hand: „Freundschaft!“. Jetzt nähert sich auch Lia, strecke ihre Finger aus und mit einem letzten ausatmen legt sie mit dem Wort „Freundschaft!“ ihre Hand auf die Hände ihrer Freunde.
Mit einem „Klopf, Klopf“ macht sich Mira vor dem Zelt bemerkbar. Luca schaut kurz in die Runde und als kein Widerspruch signalisiert wird, erlaubt er mit einem „Herein.“ Mira den Zugang ins Zelt. „Mama will wissen was ihr denn morgen so geplant habt?“, antwortet Mira auf die fragenden Blicke. Luca schleicht sich ein ganz breites Grinsen ins Gesicht, denn er weiß genau, dass seine Mutter selbst fragen würde. „Gute Frage Mira.“, antwortet Lia als Erste, „aber das wissen wir alle noch nicht, wir wollten uns gerade an die Planung machen. Aber du hast bestimmt auch ein paar Ideen oder?“. Miras Augen beginnen zu leuchten. Sie hat fest damit gerechnet weggeschickt zu werden und jetzt darf sie sogar ihre Meinung einbringen, und jetzt ist sie erst einmal so überrascht, dass auch ihr spontan nichts einfällt. „Auf jeden Fall nichts mit Sport“, bemerkt Marten, „ich spüre heute Abend schon alle Muskeln, selbst die, die ich nicht habe.“ „Stimmt ihr wart heute schon am See. Dann wird wohl aus Baden nichts werden.“, schließt Mira aus Martens Bemerkung. „Und Flugtraining fällt auch flach.“, fügt Luca noch hinzu, der auch schon seinen Muskelkater kommen spürt.
„Wir könnten ja eine Schnitzeljagd machen?“, schlägt Mira vor, „ähm ich meinte: ihr könnt ja eine Schnitzeljagd machen.“ „Klasse Idee.“, ist Lias Reaktion auf den Vorschlag, „aber das wir war schon richtig. Ich brauche schon Unterstützung, wenn ich mich vor den Jungs ordentlich verstecken will.“ „Aha, da haben wir wohl nichts mehr mitzureden, wie mir scheint.“, meckert Marten. Mit einem Lächeln bestätigt Lia: „Ja da habt ihr beiden nichts zu melden.“ Mit einem Kichern steht Mira auf: „So ich muss dann wieder ins Haus. Schlaft schön. Bis morgen.“ Mit einem kleinen Drücker wird Mira von jedem in eine 'Gute Nacht' geschickt. Marten und Luca machen sich nochmal auf ins Haus um sich auch für das Bett fertig zu machen.
Erstaunt stellen Marten und Luca fest, dass die Trennwand hoch gerollt ist. „Wir müssen ja noch unsere Taktik besprechen, wenn der Alarm am Roller losgeht, und im Bett bzw. im Schlafsack bekomme ich immer die besten Ideen. Und da stört dann die Trennwand doch ein bisschen.“, rechtfertigt Lia die eingerollte Trennwand. Weder Marten noch Luca geben zu, dass sie ganz und gar die Spielzeugdiebe vergessen haben. Als nun beide im Schlafsack stecken, äußert Lia als erstes ihre Bedenken: „Also ich denke mal, wenn wir gleich die Polizei verständigen nur, weil wir den Alarm hören, wird der Dieb wohl schon über alle Berge sein. Und vor allem müssen wir den Polizisten erst einmal erklären worauf wir den Verdacht begründen.“ „Das mit dem Überwältigen, kriegen wir wohl auch nicht hin, weil es viel zu gefährlich ist.“, meldet Luca seine Zweifel an. Marten sitzt schweigend da, man sieht förmlich wie seine Gedanken durch den Kopf sausen. Luca möchte fast die Luft anhalten um Martens Gedanken nicht zu stören. Mit einem Mal geht Marten eine Idee auf. Auch Lia und Luca sehen förmlich wie es heller wird im Zelt. Marten greift nach seinem Koffer und beginnt zu kramen.
„Wusste ich es doch!“, jubelt Marten als er endlich auf das Gesuchte stößt, „Genau drei Stück, fast wie abgezählt. Aber notfalls habe ich noch einen kleinen Vorrat zu Hause. Die sind kinderleicht zu bedienen.“ Als die drei Dinger von Marten ausgeteilt sind, starrt Luca auf eine, wie es scheint, kleine Schachtel. „Als erstes müsst ihr mal den Deckel abnehmen und dann die Pappnase die hier vorne dran ist einfach nach unten abziehen.“, erklärt Marten den beiden anderen die Handhabung, „Und wenn ihr jetzt hier oben draufdrückt hört ihr wie er auslöst.“ Marten betätigt wie gesagt den Knopf, danach ist das Auslösen und ein leises surren zu hören. Jetzt hat es auch bei Lia und Luca klick gemacht. „Mensch, was sind denn das für ulkige Fotoapparate und wo hast du die her?“, will Luca gleich wissen. „Mit einem breiten Grinsen erklärt Marten: „Das sind Wegwerf-Kameras, soll heißen, wenn der Film voll ist gibt man die Kamera komplett ab und bekommt nur die Fotos wieder. Die sind doch in den neuen Hilfesets für die Autos mit dabei und da mein Papa ja mit gebrauchten Autos handelt tauscht er immer, wenn er ein altes Auto wieder auf Vordermann gebracht hat diese Sets auch aus und so komme ich dann zu den alten Kameras.“
„Und wenn dann mal der Alarm losgeht, dann schnappen wir uns die Kameras und schießen Fotos von dem Dieb auf frischer Tat. Dann müssen wir nichts erklären, denn wir haben ja die Beweise.“, freut sich Lia. „Vom Alarm bis zu dem Zeitpunkt wo wir aus dem Zelt sind und bereit zum Fotografieren vergeht auch noch viel Zeit, aber ich denke da werden wir auch noch eine Lösung finden.“, grübelt Marten noch ein wenig weiter. „Och dafür, dass wir einfach so aus dem Nichts diese Jagd begonnen haben, sind wir schon ganz gut ausgerüstet und vorbereitet.“, versucht Luca die grüblerische Stimmung etwas auf zu hellen. Luca schnappt seine Kamera und sucht ein geeignetes Motiv für einen Probeschuss. Mit Lia hat er ein undankbares aber amüsantes Ziel gefunden. Mit allen möglichen Verrenkungen versucht Lia sich und ihr Gesicht vor der Kamera zu verstecken. Die Bewegungen die Luca mit der Kamera macht sehen eher so aus als ob er lästige Fliegen verscheuchen möchte. Bis abrupt die Bewegungen enden als Luca doch noch auslöst. „Ey Luca! Du bist gemein!“, faucht Lia. „Und ihr beide zum kaputtlachen!“, lacht Marten. Das scheint ein Startschuss für Lia und Luca gewesen zu sein. Beide Packen ihre Kissen und schon fliegen diese direkt auf Marten zu der gerade noch seine Kamera in Sicherheit bringen kann. Mit lautem Lachen entbrennt eine Kissenschlacht die erst endet als alle drei außer Puste wieder in ihre Schlafsäcke kriechen. Keine zehn Minuten hört man nur noch ruhiges Atmen und ab und an ein Rascheln, wenn sich einer der drei im Schlaf bewegt.
Sich die Augen reibend, lauscht Luca nach den Anderen. Dabei wird ihm bewusst, dass sie gestern Abend gar keine Nachtwache ausgemacht hatten und somit der Roller völlig unbewacht war. Bei dem Gedanken, dass sein Roller eventuell schon nicht mehr da sein könnte, merkt Luca erst wie sehr ihn der Verlust treffen würde. Ganz leise schält sich Luca aus dem Schlafsack und schleicht sich nach draußen. Die Sonne ist noch nicht ganz aufgegangen so dass Lucas warmer Atem eine kleine Dampfwolke vor seinem Mund hinterlässt. Mit klopfendem Herzen geht zu dem Platz an dem der Roller mit der Alarmanlage versehen wurde. Zu seiner Erleichterung ist der Roller noch da. Luca kann nicht widerstehen und rüttelt an dem Kästchen und schon gibt die Alarmanlage mächtigen Radau von sich. Aber fast so wie es sich Luca gedacht hat, kommt keine Reaktion aus dem Zelt.
Mit einem Grinsen auf dem Gesicht, denn das Nichtreagieren würde er den beiden schon noch auf das Brot schmieren. Plötzlich nimmt Luca aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahr. Luca hielt den Atem und traute sich kaum zu bewegen. Nein, die Bewegung war definitiv nicht aus dem Zelt gekommen. Nach einer gefühlten Ewigkeit, traut sich Luca wieder zu atmen, er hat keine weiteren verdächtigen Bewegungen oder Geräusche wahrnehmen können. Also machte er sich wieder auf den Weg zurück ins Zelt, allerdings nicht ohne seine Umgebung gut im Auge zu behalten. Jetzt fest davon überzeugt, dass er sich wohl alles eingebildet hat, tritt Luca wieder in das Zelt ein. Gerade als er nach seinem Buch, dass er sich mit ins Zelt genommen hat, greifen möchte um noch ein paar Seiten vor dem Frühstück zu lesen, hört er das Knarzen des Gartentürchens. „Mist! Warum habe ich niemanden entdeckt? Ich hoffe ich habe vorhin nicht unseren Plan verraten, als ich den Alarm ausgelöst habe.“, lässt Luca murmelnd seinen Gedanken freien Lauf.
Als die Frühstücksrunde vorbei ist, schnappt sich Mira Lia, eine große Packung Kreide eine handvoll weiße Baumwollstreifen, sowie etwas Proviant und etwas zu trinken und schon machen sich die beiden auf um, den beiden Jungs genügend Spuren zu hinterlassen, für eine interessante Schnitzeljagd. Schnell sind die Aufgaben unter den beiden aufgeteilt, denn Mira kennt sich besser im Wäldchen aus, weil sie öfters mit Luca dort unterwegs ist, und Lia sorgt sich um die Spuren, die beide hinterlassen wollen oder gerade nicht hinterlassen wollen. Nach einiger Zeit und vielen falschen Fährten, sowie einigen Strecken in denen die Spur sehr genau gesucht werden muss, hat Lia einen Einfall. Lia schaut sich um und entdeckt eine geeignete Stelle. Schnell ist auch Mira eingeweiht und beide springen wie der Wind in die Richtung in die Lia zeigt. Als Lia das Zeichen zum Halt gibt bleiben beide stehen und Lia hebt die Hand damit Mira kichernd einschlagen kann. Nun geht es wieder langsamer weiter oder besser gesagt wieder rückwärts, aber ganz vorsichtig, damit nicht erkannt wird, dass die beiden wieder zurückgegangen sind. Nach einer Weile treffen die beiden auf den felsigen Teil des Waldes, so dass der Weg ohne Spuren verlassen werden kann. Lia hat vorhin ein paar Felsen entdeckt und hofft nun sich irgendwo an, um oder auf dem Felsen zu verstecken zu können. Und in der Tat Mira entdeckt einen Weg um einfach auf den Felsen zu kommen. Die Sonne hat den Felsen schon erwärmen können und so lassen sich die gejagten erst mal eine Limonade schmecken.
Marten und Luca haben sich Zeit gelassen bis sie gestartet sind. Auch die ersten Spuren belächeln sie und schätzen, dass sie wohl bald die Mädchen eingeholt haben werden. Aber nach der dritten falschen Fährte wird ihnen klar, dass sie mit ihrer Einschätzung falsch liegen. Das Gespräch zwischen Marten und Luca stoppt und beide beginnen einen schnelleren Schritt und wenn der Wald es zulässt rennen die beiden sogar ein Stück. Doch schneller ist auch hier nicht unbedingt besser. So gehetzt sind die Jungs noch anfälliger für Mira und Lias listigen Fährten. „Menno! Da haben wir uns aber reingeritten!“, bemerkt Luca als er kurz anhält um einen Schluck aus der Flasche zu nehmen. Als er Marten die Flasche reicht, nickt dieser zustimmend: „Schwerer Fehler, die Fitness von Mira und den Kopf von Lia zu unterschätzen. Aber aufgeben ist nicht!“ Und schon wandert nach einem kräftigen Schluck die Flasche in den Rucksack und die beiden machen sich, nach einem kurzen Rundumblick, wieder auf die Suche nach den Unterschätzten. Schließlich erreichen die beiden den felsigen Waldteil und sie schwärmen beide aus um festzustellen, wohin die beiden Mädels wohl gegangen sind. Lia, gerade am Felsenrand kauernd, muss sich das Lachen verkneifen. Mira verpasst leider gerade das Schauspiel, denn das Käsebrötchen und die wirklich warmen Sonnenstrahlen haben sie schläfrig gemacht und darum schlummert sie friedlich auf einer Stelle mit weichem sonnengewärmten Moos. Da die Jungs schon wieder der falschen Spur folgen, weckt Lia vorsichtig Mira und mit einem wirklich breiten Grinsen startet der letzte Lauf zurück in den Garten. Mit der Siegesgewissheit fällt den beiden gar nicht auf wie weit der Weg wirklich ist und ohne Stopp schaffen sie es im schnellen Schritt in einer Rekordzeit zurück in den Garten.
Als die Jungs schlussendlich dann auch wieder im Garten auftauchen, waren die Mädels gut vorbereitet. „Oh die Schneckenpost! Ob sie wohl Briefe für uns haben?“, fängt Lia zu necken. Und Mira reicht grinsend eine Wasserflasche: „Ihr müsst durstig sein, denn es kann euch ja nur ein gewaltiger Sandsturm so lange aufgehalten haben!“. Die Flasche in die Hand nehmend, müssen die Jungs noch einige spitze und fast schon gemeine Bemerkungen über sich ergehen lassen. Doch wohl wissend, dass sie die zwei Drachenmädels mächtig unterschätzt haben, können die Jungs es gut zugeben und so übernehme Luca und Marten heute die Nachtwache, damit die anderen ausschlafen können.
Luca, erzählt nach dem Abendessen seinen Freunden von dem Probealarm und die eventuelle Beobachtung am Morgen. „Hmmmm“, fängt Marten an zu überlegen, „Dass ich da nicht gleich darauf gekommen bin, am Gartentürchen etwas zu machen, dass wir schon früher gewarnt sind.“ Die Freunde gehen zum Gartentürchen und betrachten dieses von allen Seiten, öffnen und schließen es nur ein bisschen, etwas mehr und ganz. Dabei stellen die Drei fest, dass es mit dem Quietschen schon eine eingebaute Alarmanlage hat, die vielleicht noch etwas verstärkt werden könnte, doch für heute macht sich erstmal Müdigkeit breit und die somit bleiben auch die Ideen aus. Schweigend gehen sie zurück zum Zelt. „Naja, heute müsst ihr ja sowieso Nachtwache halten!“, lacht Lia noch und verabschiedet sich ins Zelt in dem Mira bereits eingeschlafen ist.
Marten und Luca schnappen sich ihre Notizblöcke und setzen sich vor das Zelt, doch auch mit Stift und Papier bleiben die Ideen aus und die Blätter blütenweis. Luca fühlt sich in der Verantwortung und er schickt Marten ins Bett, und somit übernimmt er die erste Wache. Warum sollte der Dieb eigentlich per Fuß in den Garten kommen? Fragt sich Luca und seine Augen suchen den Nachthimmel ab, unweigerlich fängt er an die Sterne zu zählen. Dumme Idee, denn das Zählen macht müde, daher bricht Luca ab. Er greift wieder zum Block und versucht sich den Dieb vorzustellen und zu skizzieren. Die ersten Versuche zeigen ganz böse Augen in einem unfreundlichen Gesicht, als Lucas versuch eine Narbe in das Gesicht zu malen fehlschlägt, grinst der Dieb ziemlich schief. Lucas verpasst ihm noch eine Augenklappe und somit verliert der Dieb jegliche Möglichkeit Angst einzujagen. Luca kritzelt munter drauf los. Als das zehnte Blatt voll ist schaut Luca auf die Uhr. Es ist schon kurz vor zwei Uhr. Luca kriecht in das Zelt und versucht so vorsichtig wie möglich Marten zu wecken. Bis Marten richtig wach ist und Luca sich sicher ist, dass Marten nicht gleich wieder einschläft, vergeht auch fast nochmal eine Stunde.
Marten verflucht sich, dass er nicht gleich auf die Toilette gegangen ist, als Luca noch wach war. So läuft er ins Haus und versucht so schnell wie möglich fertig zu werden. Es wäre ja auch peinlich, wenn er zugeben müsste, dass der Roller weggekommen ist als er auf der Toilette war. Bis zum frühen Morgen passiert nicht wirklich etwas Spannendes. Und es macht nichts, dass Marten regelmäßig für fünfzehn Minuten eindöst. Als es langsam hell wird findet Marten, dass es ungerecht ist, dass die ganze Nachtwache von zwei Drachen allein gemacht wurde. Okay sie hatten bei der Schnitzeljagd versagt, aber eine kleine Rache an Lia war nun angesagt. Mit einem breiten Grinsen, seinem Fotoapparat und einem klitschnassen Schwamm, macht sich Marten auf Rache zu nehmen an Lia, gerade als er ins Zelt steigen will hört er das Gartentürchen. Schnell wirft er den Schwamm auf Luca. Dieser schreckt hoch und will schon lospoltern, als er Martens Gesicht sieht und sofort kapiert, dass es einen Alarm gab. Marten macht sich auf zum Roller, den Fotoapparat im Anschlag. Luca rüttelt Lia wach und gibt ihr stumme Zeichen, dass sie ruhig bleiben solle und hier im Zelt auf Mira aufpassen solle. Danach verlässt auch Luca barfuß das Zelt.
Lia hält die Luft an um besser lauschen zu können. Warum muss ausgerechnet jetzt der Wind die Bäume zum Rauschen bringen? „Klick, srrrrrr“, macht ein Fotoapparat. Lias Herz macht einen Hüpfer. „Himmel, sind die Fotoapparate laut!“, denkt sich Lia als sie noch öfters hört wie die Auslöser gedrückt werden. Dann schnelle Schritte und ein leichtes Pfeifen als Flügel schnell geschlagen werden. Ein dumpfer Schlag und dann wieder Stille. Bis Stühle auf der Terrasse verschoben werden hört Lia nichts mehr. Schnell kontrolliert sie nochmal ob Mira schläft, dann verlast auch sie das Zelt. Zu sehr brennt ihre Neugier ihr unter den Nägeln.
„Habt ihr schon so Hunger, dass ihr auf der Terrasse bereits den Frühstückstisch deckt?“, möchte Lia wissen. Sie geht auf die zwei Jungs zu die etwas auf dem Tisch zu betrachten scheinen während sie Seite an Seite stehen. „Noch nie einen Tisch gese…“, möchte Lia gerade fragen, als sie sich zwischen Luca und Marten zwängt, doch sie stockt mitten im Satz, als sie sieht, dass ein Leinensack auf dem Tisch liegt der auch noch zappelt. Alle drei schauen sich an, aber keiner weiß wie es weitergehen soll. Langsam wird der Leinensack ruhiger, ihm scheint doch langsam die Puste auszugehen. Jetzt liegt er ganz ruhig nur ein ganz leises wimmern scheint aus ihm heraus zu kommen. Marten ist der erste der sich wieder bewegt und einen Stock holt. Er reicht ihn Lia, damit sie den Sack an stupsen kann. Doch sie traut sich nicht, also reicht sie denn Stock an Luca weiter.
Nach kurzem Zögern stupst Luca den Sack, besser gesagt das im Sack, mit dem Stock an. „Autsch! Pass doch auf mein Auge!“, tönt es aus dem Sack, zwar in einem komischen Dialekt, aber klar verständlich. „Entschuldige!“, entschuldigt sich Luca sofort und bekommt dafür einen Schlag auf seinen Bauchpanzer von Marten, der die Augen verdreht. Lia fasst zusammen: „Also gut, es lebt, es bekommt Luft, es kann zappeln und maulen, was zum Henker, habt ihr da gefangen?“ „keine Ahnung Lia. Auf jeden Fall war es rot etwas kleiner wie Luca und es ist sauschwer!“, gibt Marten seine Erkenntnisse bekannt.
„Und es muss dringend aus dem Sack!“, befiehlt die Stimme von Gunda die schon eine Weile in der Terrassentüre steht. Als sie sieht, dass sich keines der Kinder rührt, ruft sie ins Haus: „Flad? Kommst du mal bitte auf die Terrasse?“. Und mit einem genervten Blick fragt sie die Kinder: „Wer von euch weckt nun Mira zum Frühstück?“. Nach drei Runden „Schere, Stein, Papier“ ist es entschieden und Luca muss los Mira zu wecken. Luca braucht nicht lang, denn die Information, dass heute Morgen etwas gefangen wurde, macht Mira hellwach und blitzschnell. Und so muss sich Luca beeilen, dass ihn seine kleine Schwester nicht abhängt.
Bis Luca wieder bei der Terrasse ankommt hat Flad den Sack geleert, Gunda den Tisch gedeckt und Lia und Marten sich gesetzt. Mira rennt gleich auf den Fremden zu und beäugt ihn, während sie ihn umrundet. „Warum hast du nur eine Farbe? Und warum ist die rotbraun? Bist du ein Drache, oder eine Echse? Hast du eine gespaltene Zunge oder sind das zwei?“, sprudeln die Fragen aus ihr heraus. Als sie kurz Luft holt schnappt sich Lucas Papa Mira und hält ihr den Mund zu. „Auch dir einen schönen guten Morgen meine Kleine. Lass unseren Gast erstmal zu Wort kommen, reicht schon das Luca und Marten ihn heute Morgen vermöbelt haben.“ Und so setzen sich alle an den Tisch und selbst der rotbraune Gast setzt sich nach kurzem Zögern auf einen Stuhl. Abenteuer machen hungrig, so wird erstmal der Hunger und der Durst gestillt ohne allerdings die anderen aus den Augen zu lassen.
„Mein Name ist Knietsch“, sagt Knietsch die rotbraune Echse in seinem etwas eigentümlichen Dialekt, „Ja ich bin eine Echse und deshalb habe ich auch nur eine Farbe und nicht verschiedene Schuppen und Panzer wie ihr. Ich habe eine gespaltene Zunge, aber es gibt auch Echsen die zwei Zungen haben.“, beantwortet Knietsch die restlichen Fragen von Mira. Knietsch wird nun von Lucas Eltern ausgefragt, dabei erzählt er, dass er mit seinen Eltern vor vier Monaten in die alte Hütte am Bergfuß gezogen ist. Seine Eltern versorgen sich damit, dass sie einen kleinen Bauernhof führen, also die Wiesen und Felder um die Hütte für Pflanzen und Tiere, hauptsächlich Hühner, nutzten. Da sie Angst vor den Drachen haben bleiben Echsen eigentlich den Drachen fern, nur Knietsch ist zu neugierig.
„Vermissen dich deine Eltern nicht?“, fragt ihn Gunda. Da beginnt Knietsch zu erzählen: „Nein, denn solange meine Eltern auf den Feldern sind, habe ich die Aufgabe zu sammeln. Da wir nicht in den Läden einkaufen können, weil wir von den Drachen keine Arbeit annehmen können, müssen wir das meiste das wir benötigen sammeln, oder tauschen, allerdings wirft unser Hof noch nicht so viel ab, dass wir viel tauschen könnten, deshalb ziehe ich jeden Tag los um nichtmehr Benötigtes zu sammeln.“
Lia hakt nach: „Ist sammeln das richtige Wort? Ich denke stehlen trifft es besser!“. Knietsch schaut zu Boden und antwortet kleinlaut: „Ich beobachte die Sachen ziemlich lange bevor ich sie an mich nehme. Ich versuche auch immer zu tauschen, doch oft habe ich nicht mehr als ein bis zwei Hühnereier oder Salatköpfe dabei, die ich dann für das gesammelte dalasse. Manchmal spiele ich auch nur mit Spielsachen und lege sie dann an die falschen Stellen, weil ich mich so verspiele. Darum bin ich auch heute wiedergekommen, dass Radaukästchen, dass du gestern benutzt hast fand ich so spitze, dass ich es auch mal ausprobieren wollte, doch dann habt ihr mich schon in den Sack gestopft und auf die Terrasse gebracht.“
Luca grübelt, warum war ihm in der Schule über Echsen nie etwas beigebracht worden und warum können Echsen nicht für Drachen arbeiten? Fragen über Fragen, auch Lia ging es ähnlich, selbst Marten kaute nachdenklich auf seinem Brot. Nur Mira hatte Besseres vor. „Komm wir spielen“, sprach es und schon zog Mira an Knietschs Hand um ihn in ihr Zimmer zu zerren. Nach einem Blick in die Runde folgte Knietsch Mira ins Spielhaus. Lia meint, sie müsse das mit den Echsen recherchieren und verabschiedete sich in die Bücherei, Marten und Luca müssen ihre Gedanken beim Basteln sortieren und verzogen sich in den Schuppen. Flad verabschiedete sich in die Arbeit und an Gunda blieb das Aufräumen hängen. Sie schüttelte den Kopf beim Gedanken Luca den ganzen Tag „sammeln“ zu schicken, konzentrierte sich dann aber wieder auf den Abwasch. Als sie durch den Garten ging um die Wäsche aufzuhängen die sie gewaschen hatte, blieb sie mit gespitzten Ohren beim Spielehaus stehen und konnte hören, dass sich Knietsch und Mira köstlich amüsierten. Ihre kleine war einfach ein Talent, sie konnte jeden und alle begeistern und sie hatte ein sehr gutes Gespür wem sie vertrauen konnte. Als nächstes hielt sie beim Schuppen an und hörte wie Marten und Luca diskutierten ob es rechtens wäre Knietsch an die Polizei zu verraten. „Ich denke mal er meint es ehrlich, denn hast du gesehen was er in seinem Beutel dabeihatte, der noch unter dem Baum beim Roller liegt?“, fragt Luca Marten. Gunda hört keine Antwort vermutlich schüttelt Marten nur den Kopf, denn Luca erzählt Marten, dass er in dem Beutel eine ganze Menge Äpfel gefunden hat, und das die Tauschabsicht klar beweist. Als Gunda die Wäsche aufgehängt hat und wieder im Haus ist überlegt sie selbst was sie über Echsen wusste, außer dass sie ab und an als erbitterte Gegner in alten Märchen auftauchen, die die Altdrachen ab und zu erzählen um Jungdrachen schneller zum Schlafen zu bringen.
Lia geht einem ähnlichen Gedanken nach sie versucht Bücher über Echsen zu finden, doch als sie den alten Bibliothekar fragt, ist auch er ratlos, und er schickt Lia erstmal in die Märchenecke. Lia weiß, dass in jedem Märchen auch ein Fünkchen Wahrheit steckt und so macht sie sich auf Echsen-Märchen zu suchen. Als sie gerade das dritte Buch herauszieht, legt ihr der Bibliothekar einen Stapel Bücher auf den Tisch an dem Lia gerade noch gelesen hat. Das ist das was ich in der Abteilung Biologie und Geschichte gefunden habe. Die Geschichtsbücher bitte nur mit Handschuhen anfassen, erstens, dass du nicht schmutzig wirst und zweitens, dass die Bücher lesbar bleiben sie sind alle älter als 500 Jahre. Er schaut kurt auf Lias Hände und reicht ihr dann ein passendes Paar Handschuhe, zwinkert ihr zu und sagt: „Die hätte ich gerne wieder sind nämlich meine. Aber eine jungen Forscherin möchte ich nicht den Tatendrang nehmen. Melde dich einfach, wenn du bei irgendetwas Hilfe brauchst.“ Lia beglückwünscht sich, dass sie hier so oft herkommt, denn sonst würde der alte Bibliothekar ihr bestimmt nicht solch kostbare Bücher anvertrauen. Ganz in ihrem Element versenkt sie ihre Nase sehr tief in die Bücher.
Luca hat mit Martens Hilfe schnell das Kästchen für Mira fertiggestellt, wurde auch höchste Zeit übermorgen ist Miras Geburtstag. Dafür half Luca beim Bau einer zweiten Alarmanlage also an einer Büchse die genauso laut klingelte und schepperte, wenn man sie berührt wie das Kästchen, dass immer noch an Lucas Roller hing. Mit der Alarmbüchse in der Hand gehen die beiden nun zum Spielehaus, dort springen die beiden gerade drum herum und wedeln beide mit den Armen als wären es Flügel. „Mira, warum nimmst du nicht deinen wirklichen Flügel?“, möchte Lucas wissen. Die Antwort von Mira ist so einfach wie einleuchtend: „Das wäre gemein gegenüber Knietsch, da er keine hat.“ Okay das saß, aber so muss Luca schon nicht das Thema auf Knietsch lenken. „Knietsch, kommst du mal zu uns? Mira du kannst gerne auch kommen.“, fragte Luca während er im Vorgarten des Häuschens Platz nahm. „Verstecken sich alle Echsen vor Drachen? Oder ist das eher die Ausnahme?“, beginnt Luca ein Interview. Nach dem Knietsch sitzt beginnt er zu erzählen, dass ihm sein Uropa schon gewarnt hat mit Drachen zu sprechen und sich mit Ihnen abzugeben. Aber Knietsch erklärt auch, dass er noch bei keinem Drachen beobachten konnte, dass sie kleine Echsenkinder im Garten in einem Käfig gefangen hielten und sie zum Frühstück aßen so wie es der Uropa erzählt hat. Darum ist Knietsch auch heute Morgen geflüchtet, denn er wusste nicht ob er als Frühstück enden würde. Ansonsten wurde über Drachen nicht geredet außer sie zerstören eines der Felder in dem sie alles aufbaggerten um Wasserrohre, Straßen oder Telefonleitungen zu bauen.
Marten schaute sich Knietsch ganz genau an und schlussfolgerte: „Ich glaube da kann ich mir viele bessere Sachen vorstellen zum Frühstück zu essen als dich. Das einzige was ich über Echsen weiß steht in den Märchenbüchern und das sind wie der Name schon sagt Märchen. Meine Mama hat zu mir gesagt, dass nach einer Hungersnot ihr Echsen vor langer Zeit ausgestorben seid. Aber du scheinst ja noch richtig lebendig zu sein.“ Nach diesem Satz mussten alle lachen, dabei wackelte Marten mit der Alarmbüchse so dass diese einen Höllenlärm machte. Alle mussten sich die Tränen vom Lachen aus den Augen wischen. Marten hatte als erstes wieder Luft und gab die Büchse an Knietsch. „Hier! Damit du nicht mit leeren Händen zuhause ankommst. Ich denke ihr könnt für euer zuhause eine Alarmanlage gebrauchen und außerdem warst du doch so neugierig auf unsere Alarmanlage.“ Knietsch bekommt ganz große Augen, springt auf und rennt zu seinem Beutel der noch immer neben dem Roller liegt. „Hier Äpfel zum Tausch mehr habe ich leider nicht!“, entschuldigt sich Knietsch als er die Äpfel vor Marten ausschüttet. Marten winkt ab, stopft die Äpfel wieder in den Beutel und gibt ihm Knietsch. Knietsch bekommt Tränen in die Augen und er umarmt Marten so heftig, dass Marten meint keine Luft mehr zu bekommen. Auch Luca bekommt einen dicken Drücker.
„Wenn du durch die Vordertüre kommst und klingelst bist du hier jederzeit willkommen, wir machen uns jetzt aber auf um Lia von der Bücherei abzuholen und an den Badesee zu gehen. Und du wirst vermutlich zu deinen Eltern zurückwollen?“, spricht Luca eine Einladung aus und springt im selben Moment auf die Beine um die Badesachen für Mira, Lia und sich zu packen. „Du Luca?“, Knietsch war sehr unsicher, „Macht es dir etwas aus, wenn ich doch durch das Gartentor verschwinde? Da bin ich schneller in Deckung ich trau mich noch nicht so ganz, ganz offen durch das Dorf zu laufen.“ Luca schlägt sich mit der Hand an die Stirn. „Ja na klar! Ich bin aber auch ein Dussel! Ist ja schon fast Mittag und da werden die Straßen recht voll sein! Ich habe noch eine bessere Idee! Ich fliege dich zum Waldrand.“ Die Augen von Knietsch fallen ihm fast aus dem Kopf, denn soweit hat er sie aufgerissen. Jetzt muss Luca schon wieder sich an die Stirn schlagen, denn Knietsch weis bis jetzt noch nicht, dass Drachen Flügel haben und damit auch fliegen können. Während Mira die Hand von Knietsch hält zeigen Marten und Luca Knietsch ihre Flügel und beide drehen eine Runde über dem Kopf von Knietsch. Da die beiden Flieger sehen, das Knietsch nun noch mehr Angst bekommt schnappt Luca kurzerhand Mira und nimmt sie eine Runde mit. Mira quietscht und lacht vor Vergnügen.
„Sag mal wie schwer bist du eigentlich?“, und da Luca nur ein Schulterzucken erhält fragt er gleich hinterher: „Und wie alt biste?“ Die Antwort gibt allerdings nicht Knietsch, sondern Mira: „Er ist genau in der Mitte zwischen dir und mir!“ Schießt es aus Mira heraus. Scheinbar konnten sie sich beim Spielen auch viel mit Knietsch unterhalten. „Gut dann sollte es kein Problem sein.“, sagt Luca und er stell sich hinter Knietsch, greift ihm unter die Arme, breitet seine Flügel aus und macht ein paar schnelle Flügelschläge. Dabei kommt er höher als erwartet denn Echsen sind durch die fehlenden Flügel und Panzerung viel leichter als Drachen. Luca schlägt die Richtung zum Waldrand ein und ruft Marten zu, dass er zusammen mit Mira schon mal die Badesachen packen soll. Ohne Antwort abzuwarten fliegt Luca los. Mit Knietsch unter sich, der noch nicht weis ob er es gut finden, oder lieber Angst bekommen soll. Auf jeden Fall ist er schneller und unerkannter am Waldrand als er es jemals alleine wäre. Vorsichtig setzt Luca zur Landung an und als er merkt, das Knietsch Boden unter den Fußen hat lässt er ihn los. Knietsch zeigt Luca noch in welcher Richtung er wohnt dann eine kurze Verabschiedung und beide gehen wieder nach Hause.
Zu Hause sind Marten und Mira fast fertig mit packen. Marten rollt gespielt übertrieben mit den Augen und fragt Luca was die Mädchen mit dem ganzen Zeug immer machen, dass sie mitschleifen müssen. Luca lacht und geht sich von seiner Mutter verabschieden um ihr zu sagen wo sie den restlichen Tag verbringen werden. Schnell zählt Lucas Mama nochmal die Regeln auf, die zu beachten sind, dann wünscht sie den Kindern eine schöne Zeit und erinnert sie daran, dass sie pünktlich vor Dämmerungsbeginn wieder hier sein sollen. Die drei Drachenkinder laufen durch die Stadt zur Bücherei. Und ganz wie vermutet finden sie Lia in der hintersten Ecke ganz von Staub und Bücher umgeben. Lia schaut kurz auf, macht ihre Notizen fertig und steckt diese ein. „Hatten wir Hausaufgaben über die Ferien?“, möchte Luca wissen, denn der Notizzettel ist in Schönschrift geschrieben, zumindest für die Verhältnisse von Luca. „Quatsch! So schreibe ich immer!“, ist die kurze Antwort von Lia, mehr ist erst einmal nicht von ihr herauszubekommen. Am Badesee suchen sie sich ein Plätzchen allerdings ist das in der Ferienzeit nicht so einfach, denn sie sind etwas spät dran. Sie haben noch die ganzen Bücher, die Lia durchgearbeitet hat, aufgeräumt. Als erstes ist jetzt toben angesagt, egal ob mit Ball oder Wurfscheibe, beim Fangenspiel oder Verstecken. Danach gibt es eine kleine Pause mit Snacks und Getränke. „Wisst ihr schon was wir morgen machen, da der Dieb bereits gefasst ist?“, fragt Lia die Gruppe. Doch noch keiner hat sich so wirklich Gedanken gemacht.
„Dann besuchen wir doch einfach Knietsch.“, schlägt Lia vor. „Dann muss ich meine Erkenntnisse nichtzweimal vortragen, denn ich denke ihn und seine Familie wird es auch interessieren was ich herausgefunden habe. Da zwar keiner gerne wartete, sie aber Lia kannten, dass sie vorher kein Wort rausrücken wird und sie für morgen sowieso nichts vor hatten stimmte n Sie dem Vorschlag zu. Der Nachmittag verlief wie ein Nachmittag der nur für Kinder gemacht ist und auch am Abend passierte nicht viel Besonderes, außer dass alle Kinder komischer weiße Märchen lesen oder sich vorlesen lassen. Bei den Geschichten mit besonderen Monstern, hoffte jeder, dass es diese Monster nicht gab, wenn sich jetzt schon gezeigt hat, dass es Echsen in Echt gibt. Bei Mira zeigt sich schnell, dass es heute zu aufregend für sie war deshalb schnuckelt sie sich recht früh in Mamas und Papas-Bett um dort schnell in den Schlaf zu sinken.
Der Morgen bricht an und die Kinder werden erst wach als Flad schon lang auf der Arbeit ist. „Mist!“, flucht Lia, „Wenn wir uns nicht beeilen sind die Eltern bestimmt schon wieder auf dem Feld bis wir ankommen, es gibt ja nicht nur einen Bergfuß den wir absuchen müssen.“ Luca grinst, zum Glück hat ihm Knietsch beim Abschied den richtigen Berg gezeigt, aber das wollte er erst später erzählen, als kleine Rache für die Geheimniskrämerei von Lia. Zu viert fliegen die Jungdrachen zu der Stelle an der Luca Knietsch abgeladen hat. Luca nimmt Mira von seinem Rücken und sieht schon wie zerknirscht Lia die Berggipfel zählt. Als sie bei über zwanzig ist, steht ihr die Verzweiflung im Gesicht. „Ich hatte ja gewusst, dass es einige Berge sind, aber so viele? Da brauchen wir länger als die Ferien lang sind.“, sprach es und Lia ließ sich auf den Boden fallen, „Mir tun ja jetzt schon meine Flügel von der kurzen Strecke hierher weh.“ „Hälst du mich für so dumm oder blind?“, provoziert Luca. „Natürlich hat mir Knietsch gestern gezeigt wie wir zu ihm kommen. Allerdings meinte Knietsch wenn wir fliegen würden wir seine Eltern erschrecken, daher bleibt uns nur zu Fuß dem Trampelpfad vor uns zu folgen.“ Lia ist erleichtert und sie schmollt zugleich, sie kann es nicht leiden, wenn man es ihr mit der gleichen Taktik zurückzahlt.
So wandern die vier nun dem schon ausgetretenen Trampelpfad entlang. Jeder in Gedanken und konzentriert, einmal wegen der vielen Wurzeln. Zweitens, weil sie alle nicht wissen was sie erwartet. Eine Echse schön und gut, aber mehrere und dazu noch ausgewachsene Echsen? Als sie bei der Hütte ankommen, sehen sie gerade wie Knietsch in den Hühnerstall geht mit einem großen Korb. Kurz darauf hört man die Hühner empört gaggern, da man ihnen die Eier wegnimmt. Die vier Drachen bleiben stehen und warten darauf, dass ihr Echsenfreund wieder aus dem Stall auftaucht. Als es endlich soweit ist winken alle vier Drachen wie wild. Beinahe hätte Knietsch den randvollen Korb mit Eiern fallen gelassen. Doch schon kurz darauf zieht ein Lächeln über sein Gesicht. „Schön dass ihr hier seid!“, werden die Jungdrachen begrüßt. Schnell ist erzählt, dass seine Eltern ihm nicht alles geglaubt haben und sein Opa wohl ganz aus dem Häuschen war, dass sich Knietsch einer solchen Herde an Monstern gestellt hat. Knietsch erklärt auch nach einem Blick auf die Uhr, dass seine Eltern in etwa zwanzig Minuten auch wieder da sein müssten, denn so lange würde es brauchen bis sie mit dem gefüllten Wasserfass wieder vom Fluss zurück sind. Pünktlich treffen die Eltern von Knietsch ein und stellen den Wagen mit dem Wasserfass neben das Haus. Beide erstarren zur Salzsäule als sie entdecken mit wem Knietsch die Eier sortiert, putzt und in die Schachteln packt. Langsam gehen sie auf die Fremden zu schauen sich einem nach dem anderem gründlich an, aber bringen noch immer kein Wort heraus. Also muss Knietsch das Vorstellen übernehmen: „Mama, Papa, darf ich euch Mira, Lia, Marten und Luca vorstellen?“ Dabei zeigt er auf die Erwähnten. „Das sind meine …“, Knietsch stockt. Wie aus einem Mund ergänzen die Drachen den Satz mit „Freunde!“
„Wir durften gestern ihren Sohn bei uns zu Hause kennenlernen.“, fährt Luca fort. „Ja wir wissen es, dass er sich hat erwischen lassen.“, kommentiert der Vater. Jetzt ist es Zeit für Lia mit ihrem Wissen die angespannte Situation zu entspannen. „Ich weiß, dass es einige Missverständnisse und Fehler gab zwischen uns Drachen und euch Echsen, aber ich denke nach über 600 Jahre sollte es wieder möglich sein normal miteinander zu leben in Frieden und Harmonie. Jedoch nicht so wie früher als die Echsen nur die Ernährung der Gemeinschaft zuständig waren und die Drachen einzig die Aufgabe der Verteidigung hatten, sondern jedes Volk so wie es leben möchte. Wobei wir sehr viel voneinander lernen könnten.“, so erklärt Lia in kurzen Worten was sie über die Vergangenheit gelernt hat.
Früher lebten Echsen und Drachen zusammen, die Echsen betrieben die Landwirtschaft und die Drachen achteten, dass die Stadt und das umliegende Land sicher war vor wilden Tieren und anderen Stämmen der Drachen und Echsen. Allerdings brach vor ca. 600 Jahren eine kalte Zeit an, so dass sie Ernten immer schlechter wurden und nach und nach immer weniger Echsen und Drachen versorgt werden konnten, und das obwohl die Echsen noch eine Menge aus dem gefrorenen Boden herausgeholt haben. Die Drachen fingen an sich gegenseitig anzugreifen, damit sie an die Vorräte des anderen kamen. So blieb der Schutz der Echsen aus, und zugleich wurden sie immer öfter von anderen Drachen angegriffen. So beschlossen die Echsen einfach sich ein neues Land zu suchen, und damit sie dort in Ruhe leben konnten gingen sie heimlich. Die Drachen dachten, dass sie von einer Hungersnot ausstarben, weil sie den Echsen zu viel an Essen weggenommen haben, und die Echsen erzählten Ihren Kindern, dass die Drachen böse und ausbeuterisch seien. So kam es, dass bei den Drachen bald keiner mehr sich richtig an die Echsen erinnerte und bei den Echsen wuchsen die Schauergeschichten von Jahr zur Jahr so wurde schnell der Ausbeuter zum Echsenfresser.
Lia ist fertig mit dem Erzählen und hofft, dass sie kein wichtiges Detail vergessen hat. Die Echseneltern sehen ein, dass diese Erklärung logisch erscheint und so manches beobachtet bei den Drachen erklären würde, warum sie einfach ab und zu den völlig falschen Apfelbaum pflanzten oder manche Pflanzen zu viel und andere wiederherum zu wenig gossen. Trotzdem hatten sie immer noch Zweifel, denn vor ihnen sitzen Kinder und keine ausgewachsenen Drachen, da konnte alles anders sein. „Wer weiß alles von unserem zuhause“, frägt Nora die Mutter von Knietsch. „Ähm von uns nur wir vier, okay meine Eltern wissen, dass ihr am Fuße eines Berges wohnt aber davon gibt es so verdammt viele!“, klärt Luca auf. „Meine Eltern sind echt in Ordnung und die anderen bestimmt auch wenn sie euch erst mal kennen. Ihr könnt gerne mal zu uns kommen.“, schlägt Luca vor ohne dass er seine Eltern gefragt hat, aber soweit kennt Luca seine Eltern. Enzo, Knietschs Papa, schaut auf seine Uhr: „Ihr könnt gerne noch etwas mit Knietsch spielen es gibt hier leider zu wenige Echsenfamilien damit er Freunde hätte, wir aber gehen wieder hinaus aufs Feld wir müssen etwas über das ganze nachdenken.“ Enzo nimmt Nora an die Hand und beide verschwinden in Richtung Feld. Die fünf Freunde entscheiden sich Verstecken zu spielen. Es ist für alle abenteuerlich, da sie hier alle noch nicht verstecken gespielt haben. Und so dauert es immer ziemlich lange bis alle gefunden sind. Nach einer Pause mit leckerem Obst und Gemüse, holt Knietsch einen alten Ball der schon richtig die Farbe verloren hat und an drei Stellen geflickt wurde doch das nimmt den Kindern kein bisschen den Spaß beim Völkerball und Fußball. Als Nora und Enzo wieder vom Feld kommen, merken die Kinder erst wie spät es schon geworden ist. Sie verabschieden sich, nicht ohne sich zu versprechen sich bald wieder zu sehen. Der Heimweg durch den Wald und die Stadt kommt ihnen viel länger vor als der Weg zu dem Zuhause von Knietsch.
Als die Kinder wieder im Garten eintreffen, sieht Gunda schon, dass Mira wieder schläft und deshalb von Luca getragen wird, und Lia so lahme Flügel hat, dass sie es nicht mal mehr schafft sie komplett in den Rückenpanzer einzuziehen. Daher fragt sie sich wo die Kinder denn den ganzen Tag gesteckt haben? Gunda eilt hinaus nimmt Luca seine kleine Schwester ab und zieht zugleich Mira mit sich mit. Marten und Luca schauen sich nur an, okay Mira hat gerade ein wenig mitgenommen ausgesehen, aber wo wollte Lucas Mama mit ihr hin? Vor allem mit Mia auf dem Arm? Das laute Plätschern, dass aus dem Bad kam löste das Rätsel und vor allem als noch der intensive Duft nach Fichtenholz dazu kam war es beiden klar, dass Lia ein Bad mit Fichtenharzöl eingelassen wurde für ihre Muskeln und ihre Spannhäute. Wenn Lucas Schwester weiter schlief würden die drei wieder eine Nacht zu dritt im Zelt bekommen, aber das gibt nur noch ein Wettschnarchen nach den spannenden Tagen. Obwohl eines müssen die drei auf jeden Fall noch besprechen, den Geburtstag von Mira morgen. Auch wenn Mira die ganzen Tage kein Wort über ihren Geburtstag verloren hat, wissen doch alle wie wichtig ein Geburtstag für Mira ist.
Marten und Luca sind gerade dabei das Kästchen für Mira mit Gummibärchen zu füllen, als eine müde Lia das Zelt betritt. „Na geht’s wieder?“, erkundigen die Jungs sich bei Lia. „Geht so. Das Bad mit dem Öl hat verdammt gutgetan, aber wisst ihr wie lange man dann hinter bracht um die Flügel wieder trocken zu kriegen? Vor allem, wenn man sich in den Schultern kaum mehr bewegen kann und möchte?“, Lia gibt sich selber die Antwort, „Viel zu lange!“. Sie lässt sich einfach zwischen die beiden plumpsen und möchte sich keinen Millimeter mehr rühren. „Sagt mal ist das das Kästchen für Mira morgen?“ Beide Jungs nicken. „Macht es bitte nicht zu voll! Ich habe noch eine kleine Tüte voll Klitzersteine und Perlchen. Die Würden auch super zu dem Kästchen passen.“ Wiedererwartet bewegt Lia sich nun doch nochmal, um das Tütchen zu holen. Allerdings sind schon ein paar Gummibärchen zu viel im Kästchen so dass wohl oder übel ein paar davon gegessen werden müssen. Lia fängt plötzlich an etwas zu zittern, denn nach dem heißen Bad ist es doch etwas kühl im Zelt. Trotzdem möchte sie nicht im Haus schlafen. Schnell sind die Schlafsäcke zu einem großen Schlafsack zusammengebaut und alle drei schlüpfen in diesen Riesenschlafsack. Marten und Luca nehmen Lia in die Mitte damit sie nicht frieren muss. Lia kuschelt sich dankbar an beide an, und kaum hat sie ein „Gute Nacht!“ gemurmelt ist sie eingeschlafen. Marten schnuppert nochmal an Lia und findet, dass sie gut riecht bevor auch er eng a Lia gekuschelt einschläft. Luca lacht leise vor sich hin denn er muss an den Aufstand denken, den Lia wegen der Trennwand gemacht hat.
Mira wacht auf und muss sich erst mal klarwerden, dass sie schon lange zu Hause ist und Luca sie nicht mehr trägt. Sie schaut zum Fenster, von draußen dringt kein Lichtstrahl mehr ins Zimmer, denn es ist stockfinster. Also kann Mira noch ein wenig liegen bleiben bis sie endlich ihren Geburtstag genießen. Wer wohl heute alles kommt? Okay, es interessiert sie mehr was alles mitgebracht wird. Zumindest weiß sie, dass es wieder eine Bananen-Melonen-Torte geben wird, denn es ist ihr liebster Kuchen, und denn kann einfach nur Mama backen. Bei diesen Gedanken bekommt Mira langsam Hunger. Schnell überlegt sie was Luca für sie gebastelt hat, denn dass er wieder etwas gebastelt hat ist klar. Aber Mira mag die Sachen die Luca sich immer ausdenkt. Den Stiftehalter aus Klopapierrollen benutzt Mira jedes Mal, wenn sie ein Bild malt. Auch die Magnetangel für Reisnägel und Büroklammern die in kleine Schlitze gefallen sind benützt sie sehr oft. Ihr Blick fällt auf den Bilderrahmen auf ihrem Nachttisch, sie gibt dem inneren Rahmen einen Schups und schon rotieren die drei eingespannten Bilder bis es zufällig bei einem Bild stehen bleibt, auch so ein tolles Ding von Luca auch wenn hier eindeutig sichtbar ist das Papa mitgeholfen hat. Bei Papa und Mama hat sie absolut keine Idee was sie schenken könnten, sie hat dieses Jahr auch gar nichts verdächtiges finden können. Langsam muss Mira auf die Toilette sie schnappt sich ihr Einhorn und tappst los. Ihre Augen suchen jeden Winkel und jede Nische ab aber auch jetzt keine Spur. Nur das Schnarchen der Eltern ist zu hören, als sie wieder zurück unter ihre Decke schlüpft und nochmal die Augen schließt.
Sie erwacht erst wieder als die Familie mit Lia und Marten zusammen in ihrem Zimmer stehen und für sie ein Geburtstagslied trällern. Genau so liebt Mira ihren Geburtstag. Auch wenn sie jetzt zu groß ist, dass ihr Kuchen noch ins Zimmer getragen wird, weiß sie dass er unten auf dem Küchentisch steht und die Kerzen bereits brennen. Sie öffnet ein das Geschenk von Luca und seinen Freunden. Mira ist begeistert! Das Kästchen hat Luca super gemacht, die Gummibärchen hat Marten super ausgesucht, genau ihr Geschmack, und die Schmucksteinchen und Perlen sind ganz klar von Lia. Mira nimmt sich richtig viel Zeit alle zu knuddeln. Doch wo ist das Geschenk von Mama und Papa? Da entdeckt Mira eine Konfettispur auf dem Boden und folgt ihr auf die Terrasse, die Treppen runter zu ihrem Spielhaus. Mira kann es nicht fassen da steht ihr erstes richtiges Fahrrad! Mit einem Juchzer springt sie auf und fährt gleich los. Luca hält ihr das Gartentürchen auf so, dass sie gleich auf den Gehweg fahren kann, Doch auf dem Gehweg fährt sie beinahe in eine Gruppe, die anscheinend gerade an der Haustüre klingeln wollte. Das Hallo ist groß als sie erkennt wer gerade ankommt. Knietsch mit Mama, Papa und sogar Opa. Doch jetzt ist erst mal das Fahrrad wichtiger und sie führt die Gruppe zum Gartentor, um dann eine weitere Rund auf der Straße zu fahren, während Knietsch seine Leute in den Garten führt.
Als Luca erkennt wer da gerade den Garten betritt, wird im flau im Magen, denn er hat seine Eltern gestern nicht mehr vorbereitet, dass er die Familie von Knietsch eingeladen hat vorbei zu schauen. Doch da Gunda sowieso auf Gäste eingestellt ist kommt es auf ein paar mehr auch nicht an. Sie bittet die unerwarteten Gäste in die Küche und setzt gleich nochmal Kaffee auf, und bietet ein Stück vom Geburtstagskuchen an. Nora und Enzo ist es sichtlich peinlich, dass sie in diese Geburtstagsfeier platzen, und nicht mal etwas für das Geburtstagskind dabeihaben. Flad wiegelt ab, dass Mira bestimmt auch Knietsch eingeladen hätte, wenn sie gestern dran gedacht hätte. Da zieht Knietsch aus seiner Tasche eine aus Holz geschnitzte Pfeife. „Die habe ich letzte Woche geschnitzt, es wäre mir eine Ehre, wenn ich diese an Mira verschenken dürfte.“, erfragt Knietsch die Erlaubnis bei Flad und Gunda. „Natürlich! Ich denke sie wird sich sehr freuen.“, antwortet Flad und im selben Atemzug fragt er die Erwachsenen was ihn denn die Ehre verschafft, dass er die Familie von Knietsch begrüßen darf in seinem Haus. Nunja wie sie vermutlich das werte Fräulein Lia schon aufgeklärt haben wird, bestehen einige Missverständnisse zwischen unseren Arten und daher sind wir uns noch ein wenig unsicher welchen Umgang unser Sohn pflegen möchte.“ „Nunja, Lia hat uns jetzt weniger aufgeklärt als sie, wie mir scheint. Aber da ich von Echsen seither nichts bis gar nichts gewusst habe, reicht es mir nicht aus um Vorurteile zu haben. Allein der Umstand, dass sie sich solche Sorgen und Mühen für ihren Sohn machen, zeigt mir auf das sie gute Eltern und Menschen sind. Und das reicht uns völlig.“
Nach diesen Worten spürte Luca, das alles in Butter war. Er gab seiner Mutter schnell ein Küsschen auf die Wange und stürmte mit Lia, Knietsch und Marten aus der Küche um Mira zu suchen und sie beim Radfahren zu begleiten. Luca hat recht und auch die Eltern entspannen sichtlich und sogar Egmont, der Opa von Knietsch, lässt sich zu einem zweiten Stück Kuchen überreden.
Gegen später treffen die Eltern von Lia und Marten noch ein. Für Mira fallen eine Klingel und ein Schloss für ihr neues Fahrrad ab, die Familien müssen sich also gut abgesprochen haben. Das Zusammentreffen aller Familien läuft völlig normal jeder stellt sich jedem vor, schnell ist ausgetauscht, dass wer wo wohnt wer was macht und wer ein Drache ist oder auch nicht. Da Martens Vater im Stadtrat ist stellt er fest, dass die Familie ja noch gar nicht in der Gemeinde vorgestellt worden ist, so wie es normalerweise mit jeder neuen Familie in der Gemeinde gemacht wird, darauf entbrennt eine Diskussion ob die Hütte innerhalb der Gemeinde liegt, doch als sich herausstellt, dass es eigentlich die alte Kohlemiene ist, ist es klar, dass die Familie Nager zur Gemeinde gehört. Und je länger die Familien miteinander reden umso mehr freut sich Familie Nager darauf in der Gemeinde anzukommen. Frau Pitaja bringt es auf den Punkt: „Wir brauchen euch, denn unser Dorfladen muss sein ganzes Obst und Gemüse ziemlich weit herholen, und deshalb ist es meist auch schon überreif bis es im Laden ist. Die Versuche hier am Ort etwas anzubauen sind leider kläglich in die Hose gegangen.“
Alle stimmen Lias Mutter zu, doch sind sich alle einig, dass Familie Nager erst mal langsam in der Gemeinde ankommen muss. Und dann kann man langsam Schritt für Schritt schauen was die Gemeinde für die Familie und eventuell die Familie für die Stadt machen kann. „Wichtiger ist, dass ihr und euer Sohn sich hier wohl fühlen.“, schließt Flad die Diskussion um die Erweiterung der Gemeinde. Und die Frauen wenden sich dem Salat zu, während die Männer den Grill aufbauen und sich um das Feuer kümmern. Die Kinder haben davon gar nichts mitbekommen, sie freuen sich einfach über den Spaß denn sie miteinander haben obwohl sie noch nicht wissen welche Abenteuer auf sie noch warten. Aber das ist eine neue Geschichte …
Texte: Frank Städler-Rainer
Bildmaterialien: Gefunden über Google-Bildersuche und ohne Copyrightangabe.
Lektorat: Familie, Viele Freunde und die Office-Rechtschreibprüfung.
Tag der Veröffentlichung: 12.12.2016
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Das Buch ist in erster Lnie meiner Familie gewidmet.
Danke dass ihr mir zur Seite steht, auch wenn ich euer Leben verd.... oft nicht einfacher mache.
Danke Matheo für dich als Triebfeder.
Danke Pamela fr deine Liebe die kein Blatt vor dem Mund nimmt.
Dank an meine Eltern, die mich mit offenen Augen durch's Leben geschickt haben.
Dank an meine Schwester und meinen Bruder, die mir das zusammenleben "erklärt" haben.
Meine Freunde die ihre Zeit mit mir opfern und trotzdem versuchen mein Buch zu lesen obwohl ist Legastheniker bin.
Was mich zu der letzten Gruppe führt: Danke Softwareindustrie für die Erfindung der elektronmischen Rechtschreibprüfng!