Flugdrachen
Hans-Herbert ließ sich tragen von den Schwingen des Windes.
Zwischen Himmel und Erde schwebend lebte er den Moment.
Spürte Freiheit, Leichtigkeit und einen Hauch Ewigkeit.
„Moin.“
Ein Misston störte seine Gedanken. Ein anderer Flieger? Hier?
„Geiles Flugwetter heute.“
Kein Interesse, zu schwätzen, er suchte Einsamkeit, Schweigen.
„Tolle Flügel.“
Wie bitte? Wer? Wieso? Ein Blick zur Seite.
„Sie sollten trotzdem aufpassen ...“
Grüne Schuppenhaut, Krokodilschnauze, qualmende Nüstern …
„... auf den Baum da.“
Ein wahrhaftiger Drache?
Hans-Herbert drehte sich vollends zur Seite, geriet ins Trudeln und knallte gegen einen Baumwipfel.
Derweil flog der Drache lachend weiter.
Feurig
„Es reicht!“ Wütend stampfte sie auf.
„Was ist los, mein feuriger Liebling?“
„Mit mir kann man es ja machen ...“ Sie schnob Funken. „Nee, nicht mehr. Nie mehr.“
„Warum zürnst du, meine Flamme?“
„Ich mach und tu den ganzen Tag. Putzen, kochen, die Kokeleien deiner Tochter löschen ...“
„Das machst du ganz wunderbar, o Heißblütige.“
„Aber jetzt ist das Maß voll! Schluss! Aus!“
„Welches Maß genau?“
„Deinem Sohn gefällt es, vor der Zeit zu entflammen.“ Sie kehrte ihm ihr Brandblasen übersätes Hinterteil zu.
Leises Lachen erklang aus einem rotglühenden Ei.
Flugdrachen
Strandtag, warm, windig.
Ein Junge lässt einen Lenkdrachen in der Luft tanzen.
Ein Mann nähert sich mit einem Korb. Die Windrichtung prüfend stellt er den Korb ab.
„Hallo.“ Der Junge äugt herüber, neugierig auf den lebhaften Inhalt.
„Hallo.“ Der Mann nickt, kramt im Korb.
„Toller Wind. Gerade richtig zum Drachen steigen lassen.“
„Jepp.“ Mit festem Griff holt der Mann etwas aus dem Korb und wirft es in die Luft.
„Flieg!“ ruft er. Ein kleiner Drache entfaltet seine Flügel und steigt hoch empor.
„Ideal zum Drachen steigen lassen.“ Der Mann zieht den zweiten Babydrachen hervor.
Texte: Cover by Murkele
Tag der Veröffentlichung: 02.02.2010
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