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Alle Jahre wieder... der gleiche Blödsinn –
Von besoffenen Weihnachtsmännern und anderen Orgien

Wenn ich jetzt jeden Morgen aufstehe, überkommt mich dieser quälende Gedanke. Kaum, dass ich die Augen aufschlage, schwirrt diese Tatsache in meinem Kopf herum. Es ist wirklich ätzend! Schon wieder Weihnachten!!!
Endlich beginnt sie wieder: Die tolle Zeit. Und das meine ich ernst! Die tolle Zeit der Preistreiber, der Spendensammler, der überteuerten Weihnachtsmärkte, den endlosen Werbeblocks im Kinderfernsehen über sinnfreies Spielzeug, den ständigen Weihnachtsbasaren, der kalorienreichen Schokoladen-Weihnachtsmänner, der dudelten Weihnachtslieder...
Da soll noch mal einer sagen, diese Adventszeit ist nicht toll! Ich finde sie toll und vor allem schön – schön bescheuert! Man sollte sich diese Zeit von einem anderen Standpunkt ansehen. Sobald man sich inmitten dieser tollen und schönen Welt befindet, ist es zu spät dafür. Darum für alle: Glaubt meine Texte – oder lasst euch weiterhin von Werbeblöcken und Schokomännern bedudeln!


1. Die Geschäfte
Als ich das letzte Mal mit einer Freundin in die Stadt fuhr, um einige Einkäufe zu erledigen, gefielen mir die Schaufenster der Geschäft sehr gut. Abgesehen von den Schlachterläden, die halbe Schweine oder Herzen hinter den Scheiben in der Sonne liegen haben. Aber das ist ein anderes Thema...
Zurück zu den Schaufenstern der Mode-Boutiquen. Überall Hosen, Röcke, Pullis oder T-Shirts in allen erdenklichen Variationen. An solchen Dingen kann ich mich einfach nicht satt sehen.
Jedenfalls wanderte ich mit meiner Freundin durch die Innenstadt, als mir plötzlich ein Geschäft mit vielen kleinen Lämpchen im Schaufenster auffiel. Angezogen von den betörenden Farben und Lichtern sah ich hinein und bemerkte, dass die neuesten Lichterketten und Keramikweihnachtsmänner angepriesen wurden. Mitten im September!!! Hallo? Ich kaufe mir doch auch keine Skier im Hochsommer oder lange Unterhosen mit eingebauter Heizung! Spätestens wenn ich Schnee unter den Füßen oder kalte Pobacken habe, besorge ich mir solche Dinge. Was soll ich denn im September mit den neuesten, kreativsten, stilvollsten Christbaumkugeln? Vielleicht könnte ich sie ja an die Sonnenblumen in meinem Garten hängen. Das wäre die beste Lösung dafür.
Während ich die Auslagen ungläubig betrachtete, fiel mir ein, dass ich bis zum Heiligen Abend sicherlich weitere neue, kreative, stilvolle Christbaumkugeln sehen würde. Darum dachte ich, wenn ich mir jetzt diese Kugeln holte, würde ich mich bei den nächsten, die ich fände, zu Tode ärgern, weil ich mir schon welche gekauft hatte!

Meine Freundin war hingegen einer komplett anderen Meinung. Sie fand die Waren hinter der Scheibe so klasse, dass ich ihr unbedingt in den Laden folgen musste.
Kaum hatte ich den Laden betreten, stiegen mir Zimt-, Anis- und Orangenöldüfte in die Nase. Von denen bekomme ich jedes Mal solche Kopfschmerzen, als würde mir jemand mit einem Hammer an die Stirn kloppen. Innerhalb weniger Sekunden entdeckte ich die Übeltäter in einer Ecke voller Duftöllämpchen, in denen meine Freundin wie eine Wilde stöberte. Desinteressiert drehte ich mich um und wollte in eine andere Richtung des Ladens gehen, als sich meine Haare in einer Girlande aus Kunsttanne verhedderten.
Welcher Mensch kauft sich die Dinger eigentlich? Meiner Meinung nach, verdienen solche Leute zu wenig Geld, um sich jedes Jahr echte Tanne zu leisten und darum alle Jahre wieder die Kunstgirlande vom Boden schleppen. Zwar sieht die Kunsttanne schon nach dem ersten Jahr auf dem Dachboden aus wie ein zertretener Plastikteller vom Kindergeburtstag, aber man sparte ja das Geld für echte (und somit teure) Tanne. Allerdings existiert eine weitere Art „Kunsttannen-Girlanden-Käufer“. Der Experte ordnet sie in der Kategorie „Platz-auf-dem-Dachboden-Verschwender“ ein. Sie kaufen sich eine Kunstgirlande, hängen sie im ersten Jahr zur Weihnachtszeit auf, bringen sie danach auf den Dachboden, holen sie nach einem Jahr wieder herunter und stellen fest, dass sie so aussieht wie ein zertretener Plastikteller vom Kindergeburtstag und kaufen sich eine neue Girlande. Das Ganze Theater beginnt von vorne und schließt sich wie ein fortwährender Kreislauf, der sich jährlich wiederholt.

Nun gut, die Geschäfte richten sich so ab Mitte September, spätestens aber Mitte Oktober, auf das Weihnachtsgeschäft ein.
Überall werden Kunsttannengirlanden aufgehangen, Lichterketten in den verschiedenen Abteilungen platziert, wo sie mich als Kunden eher stören (meistens hängen sie so günstig, dass man vor lauter Blinklichtern die Waren kaum noch erkennen kann) und super Weihnachtsangebote werden präsentiert.
Irgendwann trifft man irgendwo zwischen Dosensuppen und Joghurt auf einen Pappaufsteller mit der Aufschrift „Ihr Supermarkt wünscht Ihnen ein fröhliches Weihnachtsfest und ein gutes, neues Jahr!“. Manchmal verspüre ich den Drang, einfach mit Edding darunter zu schreiben: „Mein Jahr ist mit zehn Monaten noch nicht zu Ende. Ihres anscheinend wohl!“
Was fällt denen vom Marketing eigentlich ein, mir im Oktober ein gutes, neues Jahr zu Wünschen. Die verkürzen einem das Jahr um ganze zwei Monate. Grässlich!

Kaum befinden wir uns Mitte, Ende November, preisen die verschiedenen Einzel- und Großhändler ihre ganz speziellen Weihnachtsaktionen an. Plötzlich kann ich mir beim Autohaus an der Ecke einen Tannenbaum kaufen. Schneide ich sogar den Gutschein aus der Tageszeitung aus, spare ich dabei tatsächlich satte fünf Euro. Dafür stelle ich am Heilig Abend zwar einen Baum ohne Nadeln auf, weil er in den anderthalb Monaten des Lagerns nadelt wie nichts Gutes, aber ich habe fünf Euro gespart! Jippieh!

Außerdem veranstalten die Busunternehmer an jedem Adventswochenende Fahrten zu den größten und schönsten Weihnachtsmärkten in ganz Deutschland. Ein Beispiel davon ist ein Werbeplakat, das ich in einem Linienbus an der Scheibe las: „Weihnachtsmarkt in Erfurt! Vom 3.12. bis zum 5.12. erleben Sie einen eindrucksvollen Besuch in Erfurt. Zum Programm gehören zudem eine Ein-Tages-Fahrt nach Dresden und eine Stadtführung. Preise pro Person im Doppelzimmer: 229 ¤!“
Für so viel Geld kann ich locker für eine Woche nach München fahren und mir die Stadt ansehen, inklusive Frühstück am Bett und Farb-TV auf dem Zimmer. Ich schätze, man macht diese Weihnachtsmarktfahrten nur mit, damit man im Büro zwischen Aktenordnern und überquellenden Mülleimern sagen kann: „Hey, ich war in Erfurt und bin kurz rüber nach Dresden gejettet!“
Ansonsten steht man ja ganz alleine da und findet kein Thema, mit dem man in der Weihnachtszeit angeben kann. Abgesehen von den Gläsern Glühwein, die jemand ohne Schwips übersteht.

Nähern wir uns allmählich dem sechsten Dezember, lese ich jeden Tag in der Zeitung: „Kinder, bringt eure Schuhe in unser Geschäft, damit der Nikolaus sie reichlich befüllt!“
Sämtliche Möbelhäuser, große Supermärkte und vereinzelte Bäckereien bieten den Kunden von Morgen diesen „Dienst“ an. Ich bin der Meinung, die Texte in der Zeitung klängen in meiner Ausführung realistischer: „Kinder, bringt eure Schuhe in unser Geschäft, damit der arme Praktikant muffige Schokolade in eure stinkenden Schuhe füllt. Denn mit diesem Trick kommen eure Eltern in unseren Laden und kaufen etliche Dinge ein, die eigentlich niemand braucht, nur weil ihr unbedingt einen Schuh vom Nikolaus-Praktikanten haben wollt! Haha, die Verarsche lebt!!!“
Viele sind bestimmt der gleichen Meinung wie ich, dass die Geschäfte mit den Nikolaus-Aktionen Kunden anlocken wollen. Trotzdem wundere ich mich immer wieder, wenn genervte Eltern kleine Kinder in den Supermarkt begleiten, damit die sich vor Freude überschlagen, sobald sie ihren Schuh zurückbekommen.
Meistens schmeckt die Schokolade darin, wie die Schuhe riechen: Ekelhaft!


2. Gewinnspiele
Das ganze Jahr über rieseln unzählige Gewinnspielaufrufe in meinen Postkasten, von denen ich keines jemals beantwortete. Entweder findet man sich anschließend auf einer Kaffeefahrt wieder, auf der man überteuerte Heizdecken aufgeschwatzt bekam oder man unterschrieb einen Vertrag, mit dem man sich für hundert Jahre an ein Abo des „Hausfrauen aktuell“- Magazins bindet.

Am schlimmsten ist es aber erst zu Weihnachten. Okay, dann fliegen die Gewinnspielaufrufe nicht in den Postkasten sondern in mein Portmonee. Ich habe keine Ahnung, ob es in anderen Orten üblich ist, aber bei uns erhält man beim Einkauf in unserem örtlichen Supermarkt eine kleine Karte. Kaufe ich jetzt ein, bekomme ich für jede fünf Euro einen kleinen „Glückswichtel“, den ich auf die Karte klebe, bis sie voll ist und darf sie in die „Glückswichtelbox“ im Supermarkt werfen. Hat mein Einkauf also einen Wert von 16,34 Euro, erhalte ich drei „Glückswichtel“. Und zehn passen auf eine verdammte Karte drauf! Bedeutet: Fünfzig Euro für eine vollständige Karte! Klingt gut, so lange ich diese Summe nur mit Einkäufen finanziere, die ich wirklich benötige. Es soll Menschen in meinem Ort geben, die kaufen so viel wie möglich, damit sie unzählige Karten abgeben können. Je mehr Karten, desto größer die Chance auf den Hauptgewinn: Einen Einkaufsgutschein im Werte von 100 Euro! Ich sage nur: Spart man sich die Jagd auf die Wichtel, spart man auch eine Menge Geld!

Das heftigste sind allerdings noch immer die Weihnachtstombolas auf den Weihnachtsmärkten. Vor einiger Zeit ging ich über einen (nicht freiwillig!!!) und plötzlich springt ein mitleidserregender Student mit Weihnachtsmannmütze auf dem Kopf vor mich. In der Hand einen Eimer mit Losen und mit der anderen wedelt er mir vor dem Gesicht herum: „Kaufen Sie ein Los! Der Erlös des Loses geht an das städtische Krankenhaus! Das sind somit ganze zwei Euro!“
Nachdem ich einen kurzen skeptischen Blick in den Loseimer geworfen hatte, fiel mir ein, dass die gleichen Lose und der gleiche Eimer noch im Sommer fürs Stadtmarketing galten. Außerdem kosteten die Lose in der Zeit nur einen Euro! In der Weihnachtszeit wird eben alles etwas teurer...


3. Schokomänner & Co.
Kaum ist die letzte Rübe des Schoko-Osterhasis zerhackt, grinsen einen die Schoko-Weihnachtsmänner dämlich aus den Regalen an. Innerhalb kürzester Zeit entfaltet sich meist in der Mitte eines Supermarktes eine riesen Schokoladenabteilung für Weihnachten.

Das nervendste sind und bleiben die Weihnachtsmänner. Als vor ein paar Jahren welche mit kleinen bunten Schokolinsen im Inneren auf den Markt kamen, taten mir die armen Babys leid. Anstelle einer massiven Rassel brachte Oma nun einen Schokoladenweihnachtsmann mit, der rasselte. Daran liegt es bestimmt, dass die Kinder immer dicker und dicker werden. So ein Rasselmann hält längst nicht so gut wie eine richtige Rassel aus Plastik. Nur ein mal richtig auf den Korpus geschlagen, ist der Mann Geschichte und die Schokolade muss aufgegessen werden, ehe sie schlecht wird. Hätte ich ein Kind, das von seiner Oma einen Rassel-Schokoladen-Weihnachtsmann bekäme, würde ich der Oma das Ding eigenhändig um die Ohren schlagen.
Ein Blick auf die Weihnachtsschokolade reicht meistens schon aus, sie im Regal liegen zu lassen. Im Vergleich mit den „All-Jahres-Sorten“ kosten die Schokomänner locker das dreifache. Warum? Nur weil es diese Dinge nur einmal im Jahr gibt? Ein Schokoladenweihnachtsmann schmeckt genauso muffig wie eine schlichte Tafel Schokolade, finde ich zumindest. Oder liegt es daran, dass auf den Männern ein lustiges Gesicht grinst? In meinen Augen ähneln die Teile einem verkoksten Weihnachtsmann. Welcher Nikolaus hält sich den Finger vor den Mund, um ein Schweigen zu erzwingen und zeigt gleichzeitig den Inhalt des Sackes? Wozu soll man noch schweigen, wenn das „Geheimnis“ offen vor einem liegt?
Aber in der Weihnachtszeit ist es ja egal, wie die Schokomänner aussehen, auf den Inhalt kommt es an.

Gehen wir mal weg von den Schokoladen-Männern hin zu den unzähligen Keksvariationen. Bereits im Sommer finde ich in den meisten Buchläden abertolle Adventsbackbücher über neueste Spekulatiuskreationen, Adventsmuffins oder sonstigen Geschmacksverirrungen. Die Mischung von Latte Macchiato und Zimt in Keksen schmeckt mindestens so gut wie Käsesocken. Das Schlimmste ist aber, dass die Leute regelrechte Freudenausbrüche haben, sobald sie ein Backbuch mit diesen Rezepten finden. Jeder Keks oder Plätzchen ist alberner als der andere. In sämtlichen Wohnzimmern lagern riesige Pfefferkuchenhäuser, aus denen schrullige Zuckerhexen herausgucken und Zucker-Hänschen und Zucker-Gretelchen erschrecken. Umrandet wird das Ganze von einer Pappplatte mit Puderzucker überstreut. Zu Weihnachten ist das Häuschen dann so hart, dass es gleich in den Bioeimer wandert. Die Plätzchenausstechformen werden auch immer kitschiger. Waren es letztes Jahr kleine Harry Potters, sind es dieses Mal kleine Teletubbies. Was tut eine Mutter nicht alles, damit die Kinder ihre Ruhe geben. Backen die Kids selber mit, artet das Backvergnügen in ein Backmassaker aus. Durch die Küche fliegen alle Ausstechformen, weil Tinky Winky unauffindbar ist, der Mixer klebt vor lauter Teig und der Puderzuckerguss läuft langsam und unaufhaltbar Richtung Kühlschrank. Hat Mutti es schließlich geschafft, das Backblech mit den Plätzchen in den Ofen zu schieben, beginnt das Chaos nach der Backzeit von Neuem. Klein Mäxchen oder Susilein mögen ihre von Puderzucker überhäuften, mit Zuckerfigürchen besetzten Plätzchen doch nicht und Mutti darf sie in den Mülleimer zum Knusperhäuschen werfen.
So wird in den eigenen vier Wänden jedes einzelne Rezept nachgekocht und zum Schluss wundert sich die eiserne Hausfrau über die vielen überflüssigen Kilos nach den Weihnachtstagen.
„Woher kommen die nur? Ich habe doch nur ein paar Kekse gegessen!“
Ja ja, von jeder der vierzig Kekssorten jeweils fünf Stück. Macht insgesamt: 200 Kekse, entspricht ca. dem Kalorienjahreshaushalts eines ausgewachsenen Elefanten. Da dürfte man sich nicht wundern, wenn man plötzlich einen Rettungsring an den Hüften kleben hat und ihn nur langsam (oder gar nicht) wieder loswird. Pech gehabt, liebe Hausfrau, Sie stehen nicht alleine da. Das passiert jedes Jahr gut dreiviertel aller Deutschen Frauen. Und nach jedem Weihnachtsfest schwören sie, nächstes Jahr weniger Kekse zu backen. Wer’s glaubt, wird selig!

Mitte Dezember muss eine Frage unbedingt geklärt sein: Was gibt es Heilig Abend zum Essen?
Mindestens eine Ente oder eine Gans, wenn nicht sogar ein drei Gänge Menü. Sofort macht sich Mutti auf die Socken, um den perfekten Vogel zu ergattern. Gekauft bei Aldi, angepriesen wie vom Edelgourmethändler, so ist es. Spätestens nach der ersten Gabel vol merkt jeder echte Gourmet den Betrug am Vogel. Diejenigen, die jedoch jedes Jahr Aldi-Gourmet-Ente, bzw. Gans, essen, kennen keinen anderen Geschmack. Sollten sie mal bei einem echten Gourmetvogel den Unterschied schmecken, ist in ihren Augen der Gourmetvogel von Aldi. Sie verstehen, was ich meine? Es heißt ja nicht umsonst: Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht!
Was am Heiligen Abend übrig blieb, wandert am nächsten und eventuell übernächsten Tag nochmals auf den Teller. Resteessen ist ein beliebtes Ritual zu Weihnachten. Die gesamte Familie isst die Reste der Ente oder der Gans – nicht, weil es so gut schmeckte sondern eher, weil der Vogel ein Gourmetvogel und somit ziemlich teuer war. Da reicht das Geld eben nur für eine Mahlzeit an den Weihnachtstagen, dem Heiligen Abend. An den restlichen Tagen verschwinden etliche Vogelreste, Kekse und Schokoladenweihnachtsmänner in den Bäuchen der Menschen, die sich dabei ach so toll finden, weil sie eine echte Gourmetente zu Weihnachten aßen. Wissen die eigentlich, woher die Vögel kommen? Eine Ente vom Gourmettypen um die Ecke ist nicht etwa vom Bauern um die nächste Ecke, nein, sie ist original polski Ente. Auf gut Deutsch: Was teuer, das nicht unbedingt von hier! Kapieschke? Kommt aus Polen! Nicht alle Flattermänner, aber etliche von ihnen. Und die Aldi-Entchen wuchsen garantiert unter Geschwistern auf. Das bedeutete für sie: Garantiert zu wenig Fressen, keine sauberen Ställe und viele tote Geschwisterchen auf dem Boden. Weil eben die Ställe mit kleinen, süßen Entchen vollgestopft wurden. Hinten kleben die ersten Küken schon wie Fliegendreck an der Wand, während die letzten vorne mit aller Gewalt in das Gatter gedrängt werden. So was nennt sich dann: Deutsche Bodenhaltung! Obwohl, ganz falsch ist der Ausdruck nicht. Immerhin werden die Küken am Boden gehalten – entweder plattgetreten oder gerade noch lebendig, ehe sie vom Schlachter... Na ja.

Sobald der Vogel im Ofen vor sich hin schmort, kocht Papi über das missglückte Aufstellen der Tanne (gekauft Mitte November mit fünf Euro Ermäßigung!) und Mutti schwitzt über ihren Kochtöpfen auf dem Herd. Drei Kilo Kartoffeln, fünf Kilo Rotkohl, sieben Liter Sauce, anderthalb Tonnen Nachtisch... Es muss ja alles für drei Tage reichen! Und dick machen wie reinster Schweinespeck. Neben den ganzen Keksen, Plätzchen und Schokoladen-Weihnachtsmännern schlägt das Essen am Heiligen Abend ein wie eine Atombombe in einer Millionenstadt. Ich denke nur an die ganzen Hausfrauen, die sich nach Silvester mit ihren Freunden treffen, sich im Fitnessstudio anmelden und kein einziges Mal hingehen.

Das erinnert mich an eine Freundin. Sie stopfte sich seit Erscheinen der Dominosteine, Schokoladen-Weihnachtsmänner und anderen Kram alles in sich hinein und sah am 31. Dezember aus wie eine unförmige Boje. Als ich sie in ihrem knappen Cocktailkleidchen auf einer Silvesterparty sah, platzte der Stoff an sämtlichen Stellen auf. Was halt eine Freundin ist, sagt das auch sofort der anderen.
Kaum öffneten die Fitnessstudios nach Neujahr wieder, schleifte mich meine Freundin ins örtliche Studio, meldete uns beide (!) an und versprach mir, jeden Tag hinzugehen. Das einzige Mal, dass ich den Laden betrat, war, um mich abzumelden. Inzwischen zahlt meine Freundin seit einigen Jahren einen horrenden Monatsbeitrag, von dem sie nichts hat und schwillt jedes Jahr noch mehr an. Statt eines Adventskalenders hängen gleich zwei Stück in ihrer Wohnung. Ein Wunder, dass die Türchen bisher immer erst am 24. Dezember alle geleert sind – bei der Kalorienvertilgungsmaschine, wie meine Freundin eine ist!

Ja, die Adventskalender. Sie verkürzen den lieben Kleinen die Zeit des Wartens auf das Christkind (oder Papa im albernen Weihnachtsmannkostüm). Bis vor ein paar Jahren bestanden solche Kalender aus Pappkartons mit Türen, wohinter kleine Schokoladenstücke ruhten, bis kleine Grabbelfinger sie in den sabbernden Mund stecken. Jeden Tag ein neues Türchen, jeden Tag ein neues Motiv auf den Tafeln. Meistens kleine Glocken, Bärchen oder Nikoläuse. Dabei fällt auf, dass die Kalender der Discounter jedes Jahr die gleichen Motive auf der Schokolade verwendeten, ebenso die äußere Erscheinung ist gleich wie letztes Jahr. Warum nicht mal etwas Neues? Spätestens nach zwei Jahren verlieren die Kiddys die Lust an dem Öffnen der Türchen. Parole: „Ist ja sowieso das gleiche im 8. Dezember wie letztes Jahr: Eine Spielzeuglokomotive!“
Allerdings fand die Spielzeugindustrie einen neuen Weg, Waren unter die Leute zu bringen. Dazu aber später mehr.
Zurück zu den Adventskalendern. Von außen sehen die Teile schon ulkig aus, der Hammer ist allerdings der Geschmack der Schokolade. In Deutschland ist es so, dass nicht jede Hausfrau ihren Kindern einen Kalender mit echter Alpenmilchschokolade von der lila Kuh besorgen kann, weil der so viel kostet wie ein Mittelklassewagen inklusive Klimaanlage und CD-Radio. Stattdessen hängen vier Discounter-Kalender in der Küche, deren Schokolade nach dem ersten Berühren der Zunge sofort am Gaumen festklebt. Das ist schlimmer als ein Kaugummi unterm Schuh: Das Zeug löst sich einfach nicht vom Gaumen. Selbst nach zwanzig Minuten Dauerzähneputzen bleibt die Schoko kleben.
Ich meine, irgendwann müssten die Menschen doch endlich merken, was für einen Schmu sie kaufen. Gehe ich aber am Montag einkaufen, liegen die Billigadventskalender in Massen in den Regalen. Dienstags finde ich keinen einzigen mehr. Alles ausverkauft. Während im Regal nebenan eine lila Kuh auf ihrem Kalender sitzt und in die Luft starrt. Ein Regal weiter wartet der Ü-Ei-Kalender auf neue Besitzer. Mutti kauft dem quengelnden Kind im Einkaufswagen einen, Kind packt es nach und nach aus und am Heiligen Abend steht Mutti vor einem Haufen Plastikteilchen, die keiner braucht – abgesehen als Staubfänger in einem kitschigen Setzkasten. Und schon heult sich Mutti bei ihrer besten Freundin aus: „Hach, jetzt muss ich ständig diese Figuren abstauben. Letztens habe ich eine an die falsche Stelle im Setzkasten gestellt – ach, war das ein Terz!“
Ich sage: Selber Schuld! Schließlich hat sie ihrem Kind den Kalender selber besorgt. Zudem ist die Schokoladeneihülle auch nicht so gesund und voller Milch, wie die Werbung es einem vorschreibt. Nach 24 Ü-Eier-Schalen fragt sich Mutti, woher ihr Kindchen die Schwabbelbacken hat. Von der guten Milch in den Eier kann es nicht sein! Auf gar keinen Fall!


4. Werbung & Wucher
Werbeblöcke nerven immer. In jedem Film schieben sie sich ein, wenn es gerade so spannend wird, dass man sich die Erdnussflips statt in den Mund in die Nasenlöcher schiebt. Wenn Sie jetzt glauben, diese Blöcke sind lang, dann täuschen Sie sich gewaltig! Drei Monate vor Weihnachten verlängern sie sich um weitere 100%.
Ich sehe mir ohne große Ängste einen Spielfilm auf einem Privatsender an, als plötzlich ein Werbeblock begann.
„Oh, gut, Pinkelpause!“, dachte ich mir ohne weiteres und verließ das Wohnzimmer.
Aber als ich nach fast zehn Minuten zurückkehrte, flimmerten immer noch diverse Spülmittelflaschen, Rasierklingen und Biere über den Bildschirm. Auch nach weiteren fünf Minuten tat sich im Programm nichts. Selbst auf allen anderen Sendern sah ich nur eines: Werbung.

Sobald wir im September stecken, sacken die großen Sender mächtig viel Kohle für Werbung ein. Dafür bezahlen die Firmen manchmal etliche Hunderttausend Euro pro halbe Minute, nur damit die Kunden ihre neuen Rasierer oder Staubsauger kennen lernen. Und obwohl die andauernd über diese langen Werbeblöcke meckern, kaufen sie die Artikel wie verrückt. Merken die überhaupt nicht, dass das die Masche der Manager ist, den Kunden vor Weihnachten einzutrichtern, ihnen fehlte der neue Staubsauger mit eingebautem Radio? Alles mögliche wird einem angeboten: Rasierer mit Ultraschallwellen, Autos mit Sonderausstattung, neue Parfümsorten, extra Adventsbier, Duftkerzen... blabla!

Am schlimmsten trifft es unsere kleinen Kinder. Ist Mutti ausnahmsweise mal bereit, Super RTL anzuschalten, sitzen die Kiddys von 60 Minuten „Guckerlaubnis“ mindestens 40 davon vor Werbung. Zwischen jeder Cartoonserie läuft ein Monsterblocker, der locker in die Filmgeschichte als „Der wahrscheinlich längste Wahnsinn“ eingehen könnte. Jetzt frage ich mich spätestens: Haben wir Menschen zu Weihnachten mehr Geld, um die vielen Angebote zu kaufen, um die Kosten der Werbeverträge für die Manager rauszuhauen? Nein, im Gegenteil! Kostet ein Ultraschall-Rasierer Mitte Mai noch 6,99 Euro, bezahle ich im Oktober locker das Doppelte! Nach den Weihnachtsfeiertagen wundern sich die Leute über die plötzlich sinkenden Preise. Fällt denen nicht auf, dass es vor Weihnachten hinaufging? Gute Frage, nächste Frage...
Zurück zu unseren Kleinen. Schon im Kindesalter werden die auf Shopping-Sender getrimmt. Nach 40 Minuten Dauerwerbung ohne Unterbrechung glauben sie doch, die Welt besteht aus lauter kleinen Barbiepuppen, die ihr Gebiss nicht mehr schließen können, weil ansonsten der Lippenstift abfärbt. Für die Jungs erscheint der Lehrer in der Schule mit einem Mal als ein Gegner von Action Man. Hauptziel in der Stunde: Mister X auslöschen und die Welt vor ihm beschützen! Kein Wunder, dass Jungs ihre Lehrer nicht mögen, wenn sie im Kindergartenalter Action Man-Figuren zum Überleben brauchten, weil die Werbung es ihnen befahl.

Den Elektromärkten fallen in der Adventszeit ulkige Aktionen ein. Nehme ich als Beispiel eine Mikrowelle für zehn Euro. Voraussetzung: Man muss Rentner sein! Jeder andere steht blöde da und sieht, wie sich Rentner wegen einer Mikrowelle die Gehstöcke um die Prothesen schlagen. Während solcher Aktionen kann es dann zu folgenden Durchsagen im Markt kommen: „Herr Frei sucht seine linke Beinprothese. Er vermutet, dass sie eine ältere Frau geklaut hat, damit er nicht an die Mikrowelle kommt!“
Oder: „Wer vermisst ein Glasauge? Es wurde zwischen leeren Mikrowellenkartons gefunden!“
Oder noch besser: „Wir möchten Sie auffordern, aufgefundene und herrenlose Körperteile an der Kasse abzugeben. Ihre Besitzer warten dort sicherlich auf sie!“
Rentner kloppen sich windelweich, nur weil sie eine Mikrowelle für zehn Euro bekommen. Nach einer Woche sind die Teile sowieso kaputt. Dann lohnt sich ein Aufstand wie dieser nicht.

Gaaaanz toll finde ich übrigens die aberwitzigen Werbefilmchen, in denen Weihnachtsmänner vorkommen. Entweder werden sie durch den Kakao gezogen oder als Play Station spielende Irre ausgegeben. Wobei wir wieder bei den Kindern wären. Der Weihnachtsmann spielt und besitzt höchstpersönlich eine Play Station, also müssen sie auch eine bekommen.
„Der Weihnachtsmann hat dies! Der Weihnachtsmann hat das!“, so geht es dann nach jeder Werbeunterbrechung, „Der Weihnachtsmann sagt...!“
Himmel, wo bleibt die Einschreitung der Bundesregierung? Die stellt sich sonst auch bei jeder Kleinigkeit so pingelig an, nur dass die Bevölkerung durch übermäßigen Werbefilmkonsum Nervenzusammenbrüche erleidet, weil sie sehen, was sie sich alles nicht leisten können, merken Politiker nicht!


5. Spielzeug
In der Weihnachtszeit erreichen uns an jedem Tag mit der Zeitung etliche Spielzeugkataloge mit den bescheuertsten Dingen, die ein Kind kaum benötigt. Wie wir schon im Kapitel „Werbung“ lasen, kommen im September dreihundert neue Action Man- und Barbiefiguren auf den Markt. Es ist jedes Mal die gleiche Plastikpuppe mit dem gleichen dämlichen Gesichtsausdruck, aber klein Jaqueline muss die Prinzessinnen-Barbie unbedingt zu Weihnachten haben. Obwohl sich in ihrem Zimmer die Puppen bis zur Pokémon-Deckenlampe die Barbies stapeln.
„Da hat Barbie ein neues Kleid, Barbie hat auch eine schicke Krone auf dem Kopf und Barbie hat ein Vögelchen dabei!“
Typische Argumente zum Kauf einer Prinzessinnen-Barbie einer fünfjährigen Werbefilmkonsumentin nach einer Werbepause auf Super RTL. Das mit dem Vögelchen stimmt sehr genau, aber das hat eigentlich jede Barbie – im Kopf!

In jedem Jahr erscheinen wie aus dem Nichts der Spielzeugindustrie sogenannte „Trend-Spielzeuge“. Ich nenne sie kurz und schmerzlos: „Mutti-und-Vati-geben-eine-ungeheure-Kohle-für-sinnloses-Spielzeug-aus-das-die-Kinder-nur-einmal-benutzen-um-bei-den-Klassenkameraden-Eindruck-zu-schinden“.
Ende der 90er entdeckten gelangweilte Grundschüler (vereinzelt auch Fünf- und Sechsklässler) die Diddlmaus (erfunden Anfang der 90er von einem ebenfalls gelangweilten Mann, der wahrscheinlich ein paar Bier intus hatte, als er seine Springmaus mit ganz anderen Augen betrachtete und somit „Diddl“ erfand). Überwiegend traf man kleine Gründschülerinnen in der Pause auf dem Schulhof mit einer dicken Mappe unter dem Arm, in der sie wie ihren Augapfel die heiligen Diddlblockblätter aufbewahrten. Das Ganze artete zum Weihnachtsfest in eine regelrechte Diddl-Malaria aus. Es gab nichts, was nicht mit der besoffenen Springmaus zu tun hatte. Jeder, der glaubte, cool zu sein, verschickte eine Unmengen von Diddl-Weihnachtskarten, mit denen die Verwandten mit Sicherheit die Verwandtschaft leugneten.
Ich merkte, dass selten jemand zugab, Diddl-Fan zu sein. Wer, um (Diddl)-Gottes Namen, kaufte denn dann diesen Plunder? Als ich mit dem Auto durch die Stadt kurvte, grinste mich aus jedem zweiten Rückfenster eine Diddlplüschmaus an, die auf der Rückbank saß. Nach einiger Zeit sah ich überall grinsende Springmäuse: Auf Ampeln, in Gesichtern, sogar mein Freund erinnerte mich plötzlich an Diddl, wegen den übergroßen und unförmigen Füßen! Glücklicherweise ebbte die Diddl-Mania wieder ab, aber es folgte der nächste Schock:

Vor einiger Zeit lagen die Pokémon voll im Focus der 3-14 Jährigen. Wer keinen Game Boy mit einem der fünfzig verschiedenen Pokémon-Spiele besaß, galt als vollkommener Außenseiter. An den Kiosken schlugen Kids ihre Zelte auf, um ja nicht das Eintreffen der neuen Pokémon-Sammelkarten zu verpassen. In den Schulstunden wurde mehr über das Level des selbstgefangenen Pikachus besprochen, als Unterricht gemacht. Auf den Schulhöfen bildeten sich kleine Mafiagrüppchen, die die kleineren Schüler um ihre besten Sammelkarten brachten. Rechtzeitig zum Weihnachtsfest des Pokémon-Jahres warf Nintendo die Special Edition des N64igs auf den Markt, inklusive Pokémon Stadium Game und dazu passendem Pikachu Design Controller. Egal, wo ich hinblickte, gafften mich die hundertfünfzig Pokémons an: Von Pullovern, von Socken, von Kinofilmplakaten, von...
Es wundert mich, dass es gar keine Pokémon-Kondome gibt. Mit Pikachu-Ohren an den Enden...
Nahe einer Einweisung in die Nervenklinik kauften die Eltern ihren Quälgeistern sämtliche Pokémon-Artikel und regten sich dann darüber auf, dass ihr Kind nur noch Geräusche von sich gibt, wie ein Pikachu. Plötzlich gab es Adventskalender mit Pokémon-Figuren, Pokémon-Schokoladenweihnachtsmänner, einfach alles!
Nach dem Weihnachtsfest verloren die Kiddys an den grässlichen Monstern die Lust und Nintendo etliche Millionen, weil der zweite Pokémon-Film im darauffolgenden Frühjahr nicht den gewünschten Anklang fand. Von einer Sekunde auf die andere vergammelten Tausende Pokémon-Artikel in den Verkaufsregalen bei Toys“R“us, eigene Pokémon-Läden meldeten Konkurs an und im Kinderzimmer wurde Platz geschafft für den neuesten Trend.

Natürlich gibt es auch noch die üblichen Spielzeugwünsche zu Weihnachten: Ein Tier, einen Fernseher, einen Computer – also alles voll normal!
Ein paar Regeln beim Kauf einer der Wünsche der Kinder:

1. Ein Tier
- Ein Tier ist immer gut – die Kinder lernen den Umgang mit der Verantwortung. Spätestens nach drei Tagen werden Sie merken, dass Ihr Kind keinen Sinn für solche Dinge besitzt, weil der Hamster / das Meerschweinchen / der Vogel etc. tot im Käfig liegt, mangels Wasser / Futter.
- Überlegen Sie es sich gut – in einem Jahr ist es ein Hamster, im nächsten schon ein Krokodil. Kinder wollen immer mehr als im Jahr zuvor!

2. Einen Fernseher
- Fernsehen schadet – mit einem eigenen Fernseher steigern Sie den Konsum von Werbespots, wodurch Ihr Kind einen neuen Fernseher entdeckt und den jetzigen „vollkommen alt, doof und unnütz“ findet.
- Die Kosten sind hoch – oder bezahlen Sie keine GEZ-Gebühren?

3. Einen Computer
- Ihr Kind wird schlauer – gut, aber nicht wenn Sie dadurch im Umgang mit dem PC als „Opa“ oder „Oma“ abgestempelt werden wollen, weil Ihr Kind plötzlich mehr Ahnung hat, als Sie zuvor.
- Sie werden schlauer – zumindest lernen Sie die ganzen Fachausdrücke in der Informatikwelt kennen, mit denen Ihr dreijähriger Sohn / Ihre dreijährige Tochter plötzlich beim Abendessen um sich schmeißt.

Weitere Einkaufstipps, die Ihr Leben retten können:
- Denken Sie daran: Ihr Kind denkt nicht in Zahlen sondern in Markennamen!

- Was Sie cool finden, stammt meist aus einem anderen Jahrtausend. Fragen Sie bitte vorher unbedingt Ihr Kind, nach seinen Vorstellungen des Coolen. Oder wollen Sie sich vor Ihrem Kind blamieren?

- Unterstützen Sie Barbie dabei, sich neue, abgefahrene Outfits leisten zu können, in dem Sie die Firma „Mattel“ mit einem Kauf einer Barbie die nötige Finanzspritze verabreichen.


6. Weihnachtsschmuck & Weihnachtsbasare
Nähern wir uns dem ersten Advent finden die, von alten Damen des Seniorenkreises der Kirchengemeinde St. Maria, heißersehnten Adventsausstellungen statt. In jeder noch so mickerigen Kirche stellen Hobbykünstler mit stolz geschwellter Brust ihre Gestecke aus, ebenso in Schulen oder Kindergärten. Während in den Kirchen noch „echte“ Künstler am Werke waren, sieht man in den Schulen und Kindergärten die Schmuckstücke der kleinen und großen Kinder. Manchmal staune ich über die Kreativität der Kindergartenkinder: Ein Teelichthalter mit der Ähnlichkeit eines Zombies mit Weihnachtsmannmütze oder Salzteigfiguren, die aussehen wie der Glöckner von Notre Dame. Stolze Muttis bezahlen auf dem Weihnachtsbasar Wucherpreise für dergleichen und stellen das Zeug auch noch gut sichtbar auf den Wohnzimmertisch. Mir ist es einmal passiert, dass ich bei Bekannten, die eine vierjährige Tochter haben, einen Glöckner vom Regal stieß (aus Versehen natürlich). Beim Zerscheppern schrie gleichzeitig das Mädel auf und schlug mir mit ihrer Barbiepuppe (übrigens ein Weihnachtsgeschenk von Mutti und Vati) gegen die Knie. Dabei zeigte sich die gute Qualität der Barbie, denn sie verlor beim Angriff auf mich ihren Kopf. Neben der zerschepperten Figur lag nun auch noch der Barbiekopf und das Mädchen verlor die Fassung und schmiss mit der zweiten Glöcknerfigur nach mir. Jetzt muss ich aber zugeben, dass die Dinger doch gut sind. Sollten Sie einmal einen Einbrecher verscheuchen wollen, werfen Sie mit Salzteigfiguren nach ihm – die Platzwunder an meinem Kopf wurde mit drei Stichen genäht, weil sie gar nicht mehr aufhörte zu bluten!

In den höheren Schulen sammeln die Schüler für Kinder in der armen Welt. So nach dem Motto „Brot für die Welt – aber die Wurst bleibt hier!“. Neben den vielen Keksen und Kuchen, die eine Unmenge Geld kosten, kann man sich mit etwas eindeutigeren Teelichthaltern eindecken. Auch in den Schulen sind stolze Eltern anzutreffen. Meist verkaufen sie in der Cafeteria selbstgebackenen Kuchen und geben mit ihren Kindern an, die gelangweilt an den Ständen sitzen (oder heimlich auf dem Klo rauchen).
Die Pausenhalle glänzt mit jeder Menge Tannengrün, das der arme Hausmeister in mühevoller Handarbeit an der Decke angebracht hat. Wir dürfen nicht den Tannenbaum in der Ecke vergessen (gekauft für fünf Euro weniger im Autohaus!!!). Tage vorher schmückten die kleineren Schüler ihn mit selbst gebastelten Anhängern. Bis die größeren Schüler alles mit dem Feuerzeug anzündeten und vom Hausmeister erwischt wurden. Zur Strafe verkaufen sie auf dem Weihnachtsbasar Socken der Textilgruppe! Darum glauben Sie bloß nicht, dass Zehntklässler freiwillig Socken anbieten. Das ist alles nur eine Strafe!

Zuletzt wären da noch die Hobby- und Künstlermärkte in den Kirchen. Überall schwirrt ein Geruch von überjährigen Zimtstangen und faulen Orangen in der Luft und dudelige Weihnachtsmusik bringen mich jedes Mal zum Flüchten. Hinter Gesteck-, Socken- oder Fensterbildbeladenen Tapetentischen sitzen ältere Damen mit Stricknadeln in der Hand und versuchen jedem Besucher die Kunst der Maschen nahe zu bringen. Sind zufällig keine Besucher da, beginnen die Damen untereinander ein nettes Gespräch. Irgendwie finden Rentner eine Beschäftigung. Sei es eine Unterhaltung über aufgescheuerte Wunden oder Wasser in den Beinen, da sind Rentner schmerzfrei. Das muss man beim Weihnachtsbasar auch sein. Als ich das letzte Mal einen betrat, versuchte eine nette alte Dame einen „Duftwichtel“ anzudrehen. Ich winkte ab, mit der Begründung, von Salbei würde mir schlecht werden. In Wirklichkeit erinnerte mich der Geruch des Duftwichtels an den alten Badeschaum von meiner Oma, den sie seit Kriegsende in ihrem Badezimmer hütete. Aber eine weitere Dame vom Nebentisch rief mir zu, sie hätte einen Duftwichtel in ihren Kleiderschrank gelegt und ihre Kleidung würde jetzt immer so erfrischend riechen. Obwohl sich die Dame gut zwei Meter von mit entfernt aufhielt, roch ich dieses Muffige in ihren Kleidern. Wüüääh!

In Gärtnereien finden auch, meist eine Woche vor dem ersten Advent, sogenannte „Adventsausstellungen“ statt. Wie es zu Weihnachten üblich ist, entdecken die Menschen Dinge, die es normalerweise das gesamte Jahr über gibt. So ist es auch mit den Floristikbetrieben. Elf Monate lang nagen die Inhaber am Hungertuch mangels Kunden und am Tage der Adventsausstellung rennt man ihnen die Bude ein. Zwischen Adventskranz und Weihnachtsstern treten sich Hunderte Besucher auf die Füße. An den Kassen bilden sich Schlangen wie bei einem Kartenvorverkauf des Comeback-Konzertes der Backstreet Boys!
Als ich gemeinsam mit meiner Mutter (Hardcore-Besucherin solcher Veranstaltungen) in unserem örtlichen Blumenladen war, durfte ich mit ansehen, wie sich zwei Damen mittleren Alters um einen Adventskranz stritten. Dabei sah der nicht so besonders gut aus: Üblicher Tannenkranz, vier Kerzen, kleine Schleifchen um zu, fertig. Das einzig Umwerfende war der Preis: 24,99 Euro!!! Für einen Dekoartikel, den man höchsten ein einziges Mal benutzt, gebe ich niemals 24,99 Euro aus! Ersten nadeln die Kränze wie ein Huhn in der Mauser und zweitens verursachen vergessene Adventskränze in der Weihnachtszeit jede Menge Hausbrände. Die Vergesslichkeit trifft nicht auf jeden Haushalt zu, aber die beiden netten Damen weckten bei mir nicht den Eindruck, dass sie spät abends nach dem „Musikantenstadl“ noch daran denken, die Kerzen auf dem Kranz auszublasen.
Schließlich gab sich die Kleinere der zwei zufrieden und nahm einen anderen Kranz. Der sah übrigens genauso aus wie der andere, nur dass der statt hellroter, dunkelrote Schleifen hatte.

Wie ich schon im ersten Kapitel von den unechten Tannengirlanden sprach, gibt es eine ähnliche Art Menschen, die jedes Jahr auch neue Dekoartikel kaufen. Damit meine ich: Christbaumkugeln, Lamettagirlanden, Lichterketten, Lichtersilhouetten, Keramikfigürchen und so weiter und so fort...
In meiner Stadt gibt es einen Möbelmarkt, der bereits im Oktober die Sommermöbel verbannt und an deren Stelle einen „Weihnachtsmarkt“ eröffnen. Keiner mit Buden sondern einen mit oben genannten Artikeln. Neben den ganz normalen Krippen findet man auch welche mit Teddybärchen als heilige drei Könige. Am grauenvollsten stufe ich Keramikfigürchen ein, die mit Glitzerstaub überstreut sind. Einmal angefasst, klebt das Zeug an den Fingern. Mir ist es passiert, dass ich nach einem Möbelmarktbesuch das ganze Gesicht voller Glitzerpartikeln hatte, weil ich mich während des Einkaufes an der Nase gekratzt hatte. Weihnachten soll ja ein glänzendes Fest sein, aber bitte nicht im Gesicht! Vor allem, wenn Adventsdeko, dann schlicht und ohne irgendwelche Glitter-Applikationen. Lametta am Weihnachtsbaum ist eines meiner „Do not’s“ zu Weihnachten. Das meist goldene Zeug erweckt bei mir den Eindruck, als sei ein Engel am Baum vorbeigerauscht und hätte dabei seine Haare in den Nadeln verloren. Von da an trug der Bote Gottes immer eine Perücke, die vom heiligen Schein festgehalten wird.

In den Fenstern der weihnachtlichen Häuser erscheinen nach und nach Ende November die Lichterketten und –figuren. So lange es nur einfache Ketten sind, drücke ich noch ein Auge zu, aber wenn mein Nachbar wie im letzten Jahr seinen blinkenden Stern ins Fenster hängt, wünschte ich mir, im vor-, vor- vorletzten Jahrhundert zu leben, wo es keinen Strom gab. Nachts möchte ich meine Ruhe haben. Diese blinkenden, bunten Sterne rauben mir die nächtliche Ruhe. Andauernd ein Wechsel von rot ins gelb, von gelb ins grün und von grün ins weiß. Innerhalb von einer Millisekunde. Weihnachten soll, wenn man es nicht so hasst wie ich, in romantischer Atmosphäre verbringen. Aber dank meines netten Nachbarn, erlebe ich ein Weihnachtsfest wie in einer Disco.

Vor ein paar Jahren kamen aus Amerika die großen, aufblasbaren und leuchtenden Weihnachtsmannfiguren auf den Markt. Zunächst kosteten sie fast so viel wie ein Haus, heute leider nur noch ein paar Euro. Was am Anfang witzig rüberkam, endet nun in einer Katastrophe. Auf jedem Dach klettert Santa Claus herum, vor jeder Haustür empfängt einen ein zwei Meter hoher Schneemann. Ich warte noch auf den Tag, an dem mein Sternennachbar sich so ein Teil besorgt und mir den Gedanken verleiht, dass er sich für seine Disco einen Türsteher besorgt hat. Es ist zum Verrücktwerden.


7. Weihnachtsmann-Invasion
Für jedes Kind ist das Treffen auf den Weihnachtsmann ein großes Erlebnis, mit dem man im Kindergarten wunderbar angeben kann. Oder besser gesagt: Konnte!
Inzwischen betreibt jede Kaufhauskette einen eigenen Weihnachtsmann. Meistens einen armen Studenten, der sich für ein paar Stunden in ein viel zu großes Weihnachtsmannkostüm quetscht, mit der Glocke in der Hand klingelt und ständig ruft: „Hoho! Ich bin der Weihnachtsmann! Hoho!“
Der Bart, der sich im Laufe des Jobs auf den Weg zum Bauchnabel macht, die schwarzen Augenbrauen zum weißen Bart, das Kissen unter dem Umhang – alles super! Dass der arme Student in dem Kostüm aussieht wie Rainer Calmund nach der Fettabsaugung und schwitzt wie selbiger davor, ist den Marketingchefs komplett egal. Hauptsache, die Kinder schleppen ihre Eltern in den Konsumtempel (ich sage nur Nikolausstiefel-Aktion im Supermarkt!). Für ein paar Kröten schlüpft jeder Student in das Kostüm.
Wobei JEDER wirklich eintrifft. Kaum verlassen Mutti und Vati Kaufhaus A, läuft ihnen auf dem Weg zum Kaufhaus B ein zweiter Weihnachtsmann über die Füße. Das Kind glaubt erst, nicht mehr ganz richtig im Hirn zu sein, freut sich aber trotzdem über den muffigen Schoko-Weihnachtsmann vom Studenten – äh, Weihnachtsmann. Auf den nächsten hundert Metern wird das Kind von weiteren Weihnachtsmännern angesprochen, erhält noch mehr Schokolade und schleppt im Kaufhaus B schon ein halbes Supermarktregal mit sich. Dort allerdings freut sich der hauseigene Weihnachtsmann darüber, das Kindchen begrüßen zu dürfen. Inzwischen ist das so sehr von den vielen Weihnachtsmännern verwirrt, dass es lauthals anfängt zu weinen. Das ist der wirkliche Grund, weshalb kleine Kinder vor dem Weihnachtsmann weinen. Es sind nicht etwa die ganzen Streiche des letzten Jahres, die auf das Gewissen drücken, sondern das Gefühl veräppelt zu werden.
In der Schule erzählt man den Kleinen immer wieder, auf der gesamten Welt gäbe es nur einen einzigen Weihnachtsmann. Innerhalb einer Nacht muss er es schaffen, alle Kinder glücklich zu machen. Wie, in Gottes Namen, erkläre ich einem Kind jetzt nach dem Einkauf in der Stadt die vielen Weihnachtsmänner? Soll ich sagen, er hätte plötzlich Verstärkung bekommen? Von ein paar armen Studenten, die das Geld dringend brauchen? Mein Kind würde mich eher für verrückt erklären, als mir zu glauben, es gäbe den Weihnachtsmann nicht. Wo er doch überall herum schleicht.


8. Weihnachtsmärkte
Innenstädte im Lichterglanz, Glühweinduft und Bienenwachskerzen in der Luft, fröhliche Menschen um einen herum – ein eindeutiges Zeichen des Weihnachtsmarktes. Für viele ein Muss, für mich eine absolute „Ich-bin-nicht-einer-von-denen-der-sich-sinnlose-Dinge-wie-Kerzen-anguckt-und-mir-die-überteuerten-Dinger-auch-noch-andrehen-lasse“-Aussage. Warum geben Leute für Kerzen aus echtem Bienenwachs Unmengen Geld aus, die sie später niemals anzünden, weil sie dazu zu schade sind. Dafür stauben die Kerzen bis zur Unkenntlichkeit ein – das Ende ist der Mülleimer.
Lassen Sie uns zunächst die guten Seiten eines Weihnachtsmarktes betrachten. Was es Gutes gibt? Eine Menge!

Nehmen wir als Beispiel die Deutsche Bahn. Sie kommt, das stimmt. In den elf weihnachtsfreien Monaten nicht ohne eine Stunde oder mehr Verspätung. Zu Weihnachten garantiert pünktlich – und am Wochenende überfüllt. Die neuen Doppelstockzüge würden einen weiteren Stock benötigen, um überhaupt einen Bruchteil der auf den Bahnhöfen zurückgebliebenen aufnehmen zu können. Nach dem dritten Halt nach dem Startbahnhof öffnet der Zugführer die Türen schon nicht mehr, weil ansonsten die Passagiere herausfallen würden, die sich (außer in den Gepäcknetzen) auch in den Einstiegen und den Gängen stapeln. Irgendwo zwischen „normalen“ Fahrgästen finden sich einige Grüppchen besoffene Jugendliche auf dem Weg zum Fußballspiel. Laut grölend machen sie sich gleich nach dem Zusteigen bemerkbar. Ich liebe diese Atmosphäre zwischen fremden Menschen, mit einem leichten Duft von leeren Bierflaschen und umgeben von einer entspannenden Geräuschkulisse. Das macht sofort Lust auf einen Ausflug mit der Bahn in die nächst größere Stadt. Wie wär’s mit einem extra Werbeslogan für die Bahn während der Adventswochen: „Fahren Sie mit – so lange Sie reinkommen.“
Abgesehen von den Jugendlichen, die endlich mal die Sau rauslassen dürfen, gibt es außerdem die kleinen Gruppen von 30-40 Jährigen. Leicht zu erkennen an den ulkigen Schnapsgläsern, ausgestopft mit Küchenpapier, um den Hals. Zusammen belegen sie meistens mehrere Sitzbänke im Zug. Ab und an drängeln sie sich zwischen den stehenden Passagieren hindurch und brüllen ihren Freunden zu, ob sie auch noch einen Kurzen wollen. Dabei verschüttet derjenige, der fragt, zwar die halbe Flasche Korn auf eine Mitreisenden, aber wen stört’s? Ihn zumindest nicht!
Auf der Rückfahrt trifft man meistens ein zweites Mal auf diese Grüppchen. Inzwischen mit ulkigen Weihnachtsmannmützen auf den Köpfen, mehreren Taschen voller, im Suff gekaufter, Geschenke und einigen Magenproblemen (Alkohol ist in hohen Mengen mit Brechmittel zu vergleichen!).

Das war das Gute an den Weihnachtsmärkten: Die Bahn kommt pünktlich. Die paar Nachteile sollte man nicht so enge sehen. Schwarzmalerei tut der Seele sowieso nicht gut. Es zähle der Optimismus!!!
Den muss man auf einem Weihnachtsmarktbesuch schon haben. Wenn ich von weitem die umzingelten Buden sehe, bekomme ich jedes Mal das Gefühl, dort niemals im Leben hindurchzukommen (ich will mich dort ja nicht umsehen, sondern nur hindurchgehen). Bisher kam ich trotzdem meistens gut hindurch. Mit Hilfe meiner Ellenbogen schaffe ich das jedes Mal.
Als mir das Manöver eines Tages nicht gelang, blieb mir nur die Wahl zwischen Plattgetreten werden oder stehen bleiben und in die Auslagen gucken. Ich wählte zweites, obwohl mir beim Gedanken schlecht wurde.
Am ersten Stand entdeckte ich glitzernde, funkelnde, blind machende Ohrringe. Lange, dünne, kurze, breite, gedrehte, hängende, steckende – alles, was das Herz begehrt.
„Echte Handarbeit!“, stand auf einem kleinen Schildchen, das an eines der Samthalter für den Schmuck gepinnt war.
Etliche ältere Damen machten sich über die Ohrringe her. Ihre Ausdrücke dafür: „Herzallerliebst! Und sooooo billig! Obwohl echte Handarbeit! Ach, wie hübsch!“
Ja ja, die echte deutsche Handarbeit. Wie sehr wird sie geschätzt. Der Zwielicht aussehende Typ hinter den Auslagen nickte nur und heimste die vielen Komplimente ein. Das auf den Ohrringen in irgendeiner Ecke „Made in China“ steht, sehen alte Damen ja auch nicht mehr. Warum sollte man ihnen die schöne Illusion über handgemachte Ohrringe nehmen? Vollkommen unnütz!
Der nächste Stand war einer mit Lebkuchenherzen. Wenn mein Freund (wenn ich denn mal einen habe) mir so ein Teil kaufen wollte, würde ich ihm das Herzchen (Aufschrift: Meine süße kleine Nikofrau!) quer in den Mund schieben, so dass er wie ein Breitmaulfrosch aussähe. Wie oft sehe ich Pärchen, die sich gegenseitig ein Herzchen in der Größe eines Gullideckels kaufen, sich die Teile um den Hals hängen und anderen Mitmenschen die Ecken in die Rücken schlagen, weil der Markt überfüllt ist.
Gründe, sich KEIN Lebkuchenherz zu kaufen:

- Andere Leute fühlen sich von den öffentlichen Liebeserklärungen gestört. Warum nicht gleich eine Anzeige in der Tageszeitung: „Nikomann grüßt seine zuckersüße, immer geile Nikofrau!“. Dabei sieht man die beiden Personen wenigstens nicht!

- Die Herzen machen Löcher in die Zähne, wenn man sie denn mal isst (an alle Pärchen: Löcher in den Zähnen kommen nicht sexy an!)

- Ein Herz hält länger als manche Liebe!

- Spart das Geld besser für die Scheidung!!!!!

Weiter links entdeckte ich den ersten (von mindestens 150) Glühweinstand. Umlagert von unserem Grüppchen aus dem Zug, schlabbern hier die unterkühlten Besucher gepanschten Wein zu Preisen einer ganzen Flasche Riesling aus dem Jahre 1888.
Kann man sich trotzdem einen Becher leisten, nimmt man den ersten Schluck, verbrennt sich die Zunge und nachdem die ersten drei Schlückchen den Magen verätzt haben, schmeckt der Wein arschkalt! Und dennoch findet er reißenden Absatz. Aber vermutlich auch nur, damit man den ganzen Weihnachtsmarkt überhaupt überleben kann. Alkohol benebelt halt...
Das habe ich erst letztens im Fernsehen merken müssen. Es lief eine Reportage über Grog, im Bild laberte sich ein Grogbuden-Inhaber den Mund fusselig. Auf die Frage des Reporters, wann die beste Zeit für Grog wäre, antwortete er: „Grog trinkt man, so lange die Tannen grün sind!“
Aha, Tannen sind das ganze Jahr über grün, mein Herr! Noch nicht gemerkt, oder einfach zu viel Grog intus?
Kaum verließ ich das größere „Festgelände“, fand ich mich unter einem Weihnachtsbaum wieder.
„Aus dem Schwarzwald“, steht auf einem Schild unter dem Baum.
Aha, sind die Bäume dort besser? Höher? Billiger? Oder haben wir in unserer Nähe keine Bäume? Das wird es sein! Ansonsten hätte die Stadtverwaltung bestimmt keinen Baum genommen, der in der Mitte ein riesen Loch hat, weil Äste fehlen. Zwar versuchte man, dieses Loch zu flicken, aber die Tanne erweckt mehr den Eindruck von Madonna ohne Make-Up. Die Lichterkette in den Zweigen verbessert das Aussehen auch nicht unbedingt...
Vom Stadtmarketing befindet sich direkt neben den Weihnachtsbäumen ein kleiner Stand, bei dem man sich mit dem nötigen Schnickschnack eindecken kann. Von kleinen Teddybären mit dem Stadtlogo bis hin zu den Schlüsselanhängern, die irgendwie ständig verloren gehen, weil der Schlüsselring nicht richtig schließt.
Einmal sah ich zwischen lauter Teddys und Anhängern ein „Weihnachtsmarkt-Stadtspiel“, mit dem man spielerisch den Weihnachtsmarkt zu Hause erlebt. Für billige 24,95 Euro. Ein absolutes Schnäppchen. Immerhin hilft das Brettspiel beim Ofenanzünden, falls die Heizung mal streikt. Mehr als eine billige Kopie vom „Monopoly“ sind solche Stadtspiele meistens nicht.
„Kaufen Sie die Alexaderstraße samt Geschäftsmeile!“
Oder: „Kaufen Sie den städtischen Dom!“
Oder: „Lassen Sie den ganzen Quatsch doch einfach!“
Zu Weihnachten wird man eben alles los – vom Rasierer zum Spiel...
Sogar auf Weihnachtsmärkten...


9. Musik
In sämtlichen Lebenslagen spielt Musik eine große Rolle. Beim ersten Date, beim Kochen, beim Essen, beim ******* (ich will nicht „shoppen“ sagen!!!) – eigentlich immer!
Darum wundert es mich kaum, dass es seit Jahrhunderten Weihnachtslieder gibt! In der Adventszeit wird es immer „Stille Nacht“, wenn die Tannen „Schneeflöckchen, Weißröckchen“ tragen, während „Süßer die Glocken nie klingen“ und das kommt „Alle Jahre wieder“! Ohne solche Liedgüter würde mir das alles niemals auffallen! Sie sind eine echte Hilfe beim Nicht-Vergessen, dass Weihnachten vor der Tür steht.
Dabei lügen Weihnachtslieder, dass sich die Balken brechen und nicht nur biegen. Nehme ich als Beispiel „Oh, Tannenbaum!“
In der Strophe „Wie grün sind deine Blätter“ befindet sich die größte Lüge. Wer von Ihnen hat jemals eine Tanne mit Blättern gesehen? Abgesehen nach zu viel Grog oder Glühwein!
Das nervigste an Weihnachtsliedern sind die Glöcklein, Geigen und andere „beruhigende“ Instrumente im Hintergrund. Bei mir bewirken sie das Gegenteil. Statt Besinnlichkeit verbreiten sie bei mir Stress, Horrorvorstellungen und Albträume. In dem Moment, in dem ich es geschafft habe, den Gedanken an Weihnachten zu vertreiben, höre ich irgendwo ein Lied darüber und – zack – ist der Gedanke zurück!
Genauso wie Stars, die plötzlich der Meinung sind, ein Christmas-Album aufnehmen zu müssen. Jeder kleine Hans und Franz der Musikbranche sing Lieder, die es seit Jahrhunderten in den Haushalten gibt. Von „Jingle Bells“, über „Gloria“, bis hin zu „Alle Jahre wieder“ jodeln Stars ins Mikro. Und scheffeln damit leicht verdientes Geld.
Aus der Rechnung eines Stars für Weihnachtslied-Aufnahmen:

Ich zahle:
Miete fürs Tonstudio

Ich spare_
Songwriter (es gibt immerhin genügend Texte)

Komponisten (Melodien sind ja schon vorhanden)

Manager (nehme selber ein Tonstudio, das ich kenne)

Promotion (mich kennt JEDER und darum kauft JEDER meine Platte am Veröffentlichungstag!)

Tourkosten (mit alten Liedern gehe ich nicht auf Tour; Weihnachtslieder brauchen keine Auftritte)

An dieser Rechnung ist deutlich zu erkennen, warum Stars unbedingt ein Album voller alter Weihnachtslieder auf den Markt bringen. Wenig Einsatz, aber viel Gewinn!
Egal, welcher Star ein Christmas-Album auf den Markt bringt, es wird sofort gekauft! Manchmal liegt es bei einigen Leuten sogar am Heilig Abend unterm Weihnachtsbaum. Dabei frage ich mich, was jemand mit einem Weihnachtslieder-Album nach Weihnachten noch anstellen will. Für mich ist das alles eine große Geldmaschine.

Bleiben wir mal bei den Stars und Sternchen der Musikszene. Abgesehen von den Christmas-Alben kommen weitere CDs in den Handel, die eigentlich keiner braucht: Die bekannten „Greatest Hits Alben“.
Nach nur drei Nummer Eins Hits nehmen Plattenbosse diese und alte Kamellen mit weniger Erfolg auf, machen riesigen Wirbel darum und verscherbeln die Scheiben für viel Geld. Die Fans reißen sich in den Läden um die CDs, kratzen sich gegenseitig die Augen aus, falls sie keine mehr bekommen. Im Vorfeld gehen bei den Elektro- und CD-Läden Vorbestellungen ein, wie bei einem Konzert von den Beatles. Richtige Hardcore-Fans übernachten vor den Geschäften, um ja als aller erste eine CD zu ergattern. Warum??? Warum gibt es jedes Jahr zu Weihnachten „Greatest Hits Alben“? Es ist zum Verrücktwerden! Normalerweise besitzen Fans jedes vorherige Album, jede Single. WARUM kaufen sie sich dann auch noch ein „Greates Hits Album“? SIE HABEN DOCH SCHON JEDE SINGLE DAVON!!! JEDE EINZELNE!!! Am 24. Dezember kommt für Nicht-so-unbedingt-und-mega-verrückte-Fans der Schock unterm Baum. In mindestens jedem zweiten Haushalt schenken Hadrcore-Fans ihren Familienangehörigen eine „Greates Hits CD“. Schließlich haben sie dann auch etwas vom Geschenk. Will Mama, Papa, Oma, Opa, Tantchen (...) die Scheibe nicht haben, nimmt der Hardcore-Fan sie eben zurück. Echt nützlich!
Einziger Gewinner bei der Sache: Die Plattenbosse und die Stars. Wie bei den Christmas-Alben: Wenig Aufwand, aber viel Gewinn...
Unterbrochen von Weihnachtsliedern, die immer gleich klingen.


10. Geschenke
Der Kauf des richtigen Geschenkes für Ihr Kind wurde mit dem letzten Kapitel hoffentlich erleichtert. Aber was mit den ganzen anderen Verwandten, Bekannten, den Geliebten, den Sekretärinnen oder Golflehrern? Was schenkt man solchen Leuten?
Ich persönlich habe schon mit drei Leuten zu kämpfen: Meinen Eltern und meiner Oma. Meine Freunde bekommen eigentlich immer das gleiche: Einen Kinogutschein.
Ein Glück, dass ich Single bin. Während Pärchen in der Weihnachtszeit wegen dem falschen Geschenk auseinandergehen, habe ich Glück, Silvester nicht vor Liebeskummer heulend in meinem kleinen Appartement verbringen zu müssen!
Es ist eigentlich ein regelrechter Gruppenzwang, zu Weihnachten jemandem etwas schenken zu müssen. Okay, die heiligen drei Könige brachten dem Jesuskind auf Myrrhe, Weihrauch und Gold mit (oder war es Dentagard mit Salbei, Myrrhe und anderen gutriechenden Kräutern?), aber keinen DVD-Player, Fernseher oder einen Porsche Carrera! Warum suchen wir uns jedes Jahr nach einem neuen, umwerfenden Geschenk um, wenn es auch einfacher geht?
Nun ja, ich würde mich auch nicht mit Weihrauch und Myrrhe abgeben – doch das Gold wäre mir das Kraut wert!

Die meisten Bescherungen enden in einem riesigen Familiendrama. Von der jüngsten Tochter oder Sohn, bis hin zum scheintoten Opa.
Nachdem Hanna das große Geschenk unter dem Weihnachtsbaum ausgepackt hat, bekam sie gaaaaanz große Augen und schrie los wie am Spieß. Aus Freude? Nein! Statt des Barbie Prinzessinnenschlosses versteckte sich unter dem pinken Geschenkpapier das Steffipuppen Einfamilienhaus. Und das nur, weil Mutti und Vati das Barbie Schloss für jämmerliche 149,99 Euro zu teuer und das 39,99 Euro billige Steffi Häuschen fanden.
Der älteste Sohn wünschte sich eine Play Station mit Dual-Shock-Controller und dem Tekken 3 Game. Er bekam etwas ähnliches: Einen Game Boy Advance mit Super Mario Spiel. Sekunden nach dem Auspacken begann das Gezeter.
„Was soll der Scheiß? Bin ich doof, oder was? Habt ihr sie noch alle?“, ist nur ein kleiner Auszug aus der Dankesrede.
Mutti schleuderte die vergoldeten Ohrstecker von Bijou Brigitte gleich in den Kamin, knallte Vati eine und schrie ihn an, ob sie ihm nur so viel wert sei.
Ihr Geschenk an ihn fand allerdings auch nicht mehr Beachtung: Ein „Greates Hits Album“ von Robbie Williams (man bedenke, dass Mutti ein riiiiiiiiiiiiiiesen Fan von ihm ist). Der gute Vati verstand nun, dass seine Frau sich wünschte, dass er sich ein Beispiel an dem gut aussehenden Williams nehmen sollte und spielte mit der CD Frisbee, wobei er die kleine Hanna am Kopf traf und sie somit mit einer Platzwunde unterm Baum weiter heulte.
Oma bedankte sich für das Buch „Meine geliebte Schwiegermutter“ von Vati mit einer schallenden Ohrfeige und beschloss, den Abend schmollend auf dem Sofa zu verbringen, während sich ihr Schwiegersohn in Entschuldigungen übte.
Der einzige, der ruhig bleibt, ist der scheintote Opa im Ohrensessel. Dank der schwachen Sehkraft, dem schlechten Gehör und mangelndem Interesse an Weihnachten beklagte er sich nicht im Geringsten über einen Gutschein fürs Altenheim...
Das Drama spitzt sich so weit zu, dass Mutti den Braten im Ofen vergisst, Vati dafür beschuldigt, Hanna anschnauzt, den Sohn aus dem Zimmer wirft und den Abend bei einer Freundin rumkriegt.

Sie sehen, ein falsches Geschenk kann große Wirkung haben. Haken Sie am besten früh genug nach, was Ihre Lieben zu Weihnachten möchten. Meist sind es Wünsche wie „Gesundheit“. Ich finde es schrecklich, solche Wünsche zu hören, denn man errät nie, den wirklichen Wunsch.
Deshalb hier der Ratgeber für verwirrte Geschenksucher:

Was die geläufigen Wünsche bedeuten:
· „Gesundheit“
„Ich will, dass mir jemand die Krankenversicherung bezahlt!

· „Liebe Kinder“
„Ich will endlich eine Super Nanny, die meinen Kinder mal gehörig den Marsch bläst, damit ich endlich meine Ruhr habe und nicht ständig irgendwelche Kinderlaunen ertragen muss.“

· „Eine gute Beziehung“
„Ich will jemanden, der ohne Bezahlung macht, was ich will. Vom Haushalt bis zu hemmungslosen Bettspielchen!“

Nach den Weihnachtsfeiertagen pilgern die Menschen in die Innenstädte, um die verhassten Geschenke umzutauschen. Aus einem Wasserkocher wird ein Walkman, aus einem Buch eine DVD und aus einem Parfüm wird ein Lippenstift. Und wieder beschäftigt mich eine Frage: Wozu rennt man sich wochenlang die Hacken nach einem Geschenk wund, das anschließend eh wieder umgetauscht wird? Weshalb schenkt man den Liebsten kein Geld, mit dem sie sich selber die Wünsche erfüllen? Vielleicht, weil Geld in eingepacktem Zustand etwas flach aussieht?!


11. Heilig Abend
Der eigentliche Höhepunkt der Weihnachtszeit ist trotz allem noch immer der Heilige Abend! Vor mehr als 2000 Jahren erblickte (wenn wir der Bibel mal glauben) das Jesuskind das Licht der Welt. Kaum ein Kind weiß das heute überhaupt noch. Als ich letztens eine Reportage über Kinder und Weihnachtsbräuche sah, blieb mir glatt der muffige Schoko-Weihnachtsmann samt Marzipankartoffel im Halse stecken. Auf die Frage nach dem Sinn des Heiligen Abends antwortete ein kleiner Junge: „Das ist, damit Kinder Geschenke kriegen!“
Logisch, haben wir ja im Laufe dieses Buches lesen können, dass Weihnachten eine Erfindung des Einzelhandels ist.

Schenken wir nun einem ganz normalen Ablauf einer dreiköpfigen Familie am Heilig Abend zu:

Schon morgens um neun Uhr schiebt Mutti die Aldi-Gourmet-Gans in den Ofen, beginnt mit dem Schälen der drei Kilo Kartoffeln und fühlt sich von allen genervt. Angeblich gehe ihr der Mann auf den Senkel, der seit sechs Uhr im Keller nach dem Weihnachtsbaumständer sucht. Er rumpelt im ganzen Hause herum und findet den Ständer einfach nicht. Gleichzeitig kraxelt das Kind aus dem Bett. Bevor es zum besinnlich gestresstem Frühstückstisch geht, reißt es schnell das letzte Türchen am Adventskalender auf. Nach dem Frühstück verschwindet Mutti abermals in der Küche. Inzwischen schmurgelt der Vogel an den Enden an und Mutti erliegt einem Schreikrampf. Selbst Vatis Beruhigungen helfen nichts. Für die nächsten Stunden verzieht sich Mutti ins Badezimmer...
Gegen Mittag lässt ein Freudenschrei Mutti aus dem Bad kommen. Sechs Stunden lang musste ihr Mann nach dem Christbaumständer suchen, bis er ihn schließlich im Kleiderschrank entdeckte.
Zusammen mit Mutti befördert Vati den Baum unter lautem Gejubel des Kindes ins Wohnzimmer. Auf dem Weg dorthin verliert er die letzten Nadeln und letztendlich steht im Wohnzimmer ein Skelett eines Baumes. Trotzdem schmücken Vati und Kindchen die Tanne mit edlen Christbaumkugeln. Als ein Wutschrei ertönt, schreckt Mutti aus dem Kochtopf mit den Kartoffeln hervor und rast ins Wohnzimmer, wo der Vater das Kind anschreit. Ihm war aus Versehen eine Kugel heruntergefallen. Für den Rest des Nachmittags sperrt Vati das heulende Kind in sein Zimmer – bei absolutem Fernseh- und Computerverbot. Somit schlagen die Eltern drei Fliegen mit einer Klappe: Ihnen bleibt Zeit in Ruhe das Essen zu kochen, den Baum zu schmücken und die Geschenke einzupacken.
Um etwa sechs Uhr deckt Mutti den Tisch im festlichen Esszimmer und holt den verkohlten Vogel aus der Röhre. Das Kind darf endlich aus dem Zimmer heraus. Kaum sieht es den Vogel, wird gemeckert und Vati wird gaaaaanz sauer. Beim Essen wechselt die Familie kein Wort. Anschließend deckt Mutti den Tisch wieder ab. Damit das „Christkind“ in aller Ruhe die Geschenke unter den Baum legen kann, sperren die Eltern das arme Kind noch mal im Zimmer ein. Beim Schleppen der Geschenke fällt Vati die große Ritterburg von Lego auf den Fuß und erhält eine große Beule am Zeh. Fluchend pfeffert er das Teil unter den Baum und Mutti klingelt mit dem Glöckchen, woraufhin das Kind nervös ins Wohnzimmer tingelt.
Spätestens nach Auspacken der Geschenke endet der besinnliche Abend in einem Fiasko, wie wir zuvor schon lesen konnten.

Wir sehen, eine Familie kämpft mit Problemen, die sie bei einem unzwanghaften Fest nicht erleben müsste. In unserem Beispiel wurde das Kind ins Zimmer gesperrt, damit die Eltern die Geschenke verteilen konnten. Es existieren aber auch Familien, die regeln das anders.
Während des Abendessens in gemütlicher Runde (bei der auch Oma und Opa dabei sind) verschwindet Vati plötzlich, weil er angeblich etwas im Büro vergessen hatte. Obwohl sich das Kind darüber wundert, dass der Vater am Heiligen Abend ins Büro muss, hält es den Mund, weil Oma es mit einer Gabel voller Ente ablenkt.
Am Ende des Festmahles räumen Oma und Mutti den Tisch zusammen ab, so lange sich Opa mit dem Enkel beschäftigt und ihm ein paar Geschichten erzählt. Was das Kind nicht weiß, ist, dass der Vati im Schlafzimmer ein Weihnachtsmannkostüm anzieht, um seinem Sprössling eine Freude zu machen. Ähnlich wie bei den Kaufhaus-Weihnachtsmännern rutscht bei ihm auch der Bart immer weiter Richtung Bauchnabel und die Zipfel des Kissens lugen ebenfalls unter der Robe hervor.
Sekunden vor der Bescherung gehen Opa, Oma, Mutti und das Kind ins Wohnzimmer, als vom Flur her plötzlich ein lautes, brummiges „Hohoho!“ zu hören ist. Schlurfend kommt Vati ins Zimmer, das Kind bekommt zunächst große Augen, fragt sich gleichzeitig aber, warum der Weihnachtsmann die gleiche Narbe auf der Stirn hat, wie sein Vater. Welch Wunder, welch Wunder.
Ich liebe diese jährlichen „Kinder-Veräppelungen“. Das gesamte Leben lang hören Kinder, sie sollen nicht lügen und immer die Wahrheit sagen. Doch am Heiligen Abend lügen die Eltern mehr als ihre Kinder ein Leben lang. Der Weihnachtsmann ist angeblich im Wohnzimmer, nur Vati bekommt nichts davon mit. Erst nachdem sich Knecht Ruprecht wieder verzogen hat, erscheint Papi außer Atem im Wohnzimmer und erkundigt sich, ob der Weihnachtsmann schon da gewesen sei. Ja ja, oh du fröhliche Deppenzeit...

Besser betuchte Eltern mieten am Heiligen Abend für ihr Kind einen Weihnachtsmann, weil Vati sich zu fein ist, als Nikolaus durch die Gegend zu stromern.
Die gleichen Studenten, wie wir sie bereits aus der Stadt kennen, melden sich im Dezember in einer Agentur für Weihnachtsmann-Vermietungen. Eltern, deren Geldbeutel größer ist als ein Walmagen, buchen dort für ein paar Minuten (meist 30) einen Studenten. Es wird eine Zeit vereinbart, die Geschenke übergeben und pünktlich zur Bescherung klingelt es – welch Wunder – an der Tür.
„Wer mag das nur sein?“, fragen sich die vollkommen überraschten Eltern und öffnen, während das Kind teilnahmslos auf dem Sofa sitzt.
Mit lautem Glockengebimmel betritt der Weihnachtsmann das Ambiente und klein Max oder Susi sind total aus dem Häuschen. Der Weihnachtsmann bei ihnen! Aus reiner Nächstenliebe bieten die Eltern dem Weihnachts-Studenten einen Glühwein an. Selbstverständlich nimmt der den an, vergisst meisten aber, dass er noch zehn weitere Familien besuchen muss.
Spätestens nach dem dritten Glas klingt die Begrüßung bei der nächsten Family ungefähr so: „Hoho, ich bin der – hicks – Jochen, äh, der Weihnachts – hicks – Weihnachtsmann! Was haben wir denn für den – hicks – kleinen Mich...- hicks – Michael?“
Zwar beschenkt er gerade die kleine Anna, doch wem fällt das schon auf, wenn zumindest die Geschenke stimmen. Zum Schluss fällt der Weihnachts-Student kopfüber in den Tannenbaum, reißt das Teil um und verabschiedet sich mit einem fröhlichen: „Happy Birthday!“

Meiner Meinung nach sind Eltern, die ihren Kindern einen Weihnachtsmann buchen oder spielen, doof! Das Christkind bringt die Geschenke, wobei es nicht gesehen werden will. Wählen Sie also die Variante, ihrem Kind die Geschenke unter den Baum zu legen und ersparen Sie sich peinliche Auftritte vor den Verwandten...

Somit verabschiede ich mich von Ihnen. Danke fürs Zuhören und denken Sie nächstes Jahr wieder daran: Weihnachten ist schön – schön blöd!


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Tag der Veröffentlichung: 11.10.2008

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