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Prolog



„Daddy, hast du gesehen, da lag ein großer schwarzer Vogel am Straßenrand?“
„Ja mein Schatz, ich glaube der war tot, hat sich nicht gerührt als wir vorbei gefahren sind.“
„Meinst du, der wurde überfahren?“
„Ist gut möglich, die Tiere sind die schnellen Autos nicht gewohnt und kennen die Gefahr nicht.“
„Schade Daddy, der war so groß und bestimmt sehr schön.“
„Es war ein Raabe, die sind so groß.“
„Was fressen Raaben?“
„So genau weiß ich das nicht, glaube aber die fressen in erster Linie tote Tiere und solche Sachen.“
„Iieh, das ist ja widerlich!“
„Das ist nicht widerlich, das hat die Natur so eingerichtet. Wie sähe es wohl aus, wenn alle toten Tiere nur rum liegen würden, bis sie verwesen.“
„Das würde wohl ziemlich stinken.“
„So meine Lieblingstochter, wir sind zuhause. Ab mit dir ins Bad und dann ins Bett, es ist schon spät.“
„Lieblingsdaddy, liest du mir noch was vor?“
„Lieblingstochter, du kannst doch schon selber lesen.“
„Schon, aber du liest so schön und kannst die Stimmen so nach machen. Noch besser sind deine selbst erfundenen Geschichten.
Erzähl mir doch, wie der Raabe überfahren wurde.“
„Ok, ich denke mir was aus, bis du deine Zähne geputzt hast.“
„Also, meine Liebe, kuschle dich in deine Decke und höre!“

Erste Begegnung



Es ist ein Morgen an dem du die Sonnenstrahlen in der Luft sehen kannst. Das Licht flimmert, du siehst durch eine Milchglasscheibe und doch erscheint dir alles deutlich. Du fühlst die Wärme der Sonne, es ist dir angenehm wohlig, kurz ein wunderschöner Spätsommertag.

Auf der neuen Schnellstraße fließt der Verkehr, ohne Stau, zügig, zur großen Freude aller Anwohner der Ortschaft. Keine Staus mehr in der Stadt, weniger Mief und Krach.
Gut, auf der Umgehungsstraße sind ein paar Raser unterwegs. Die werden aber von der Polizei schon noch zur Raison gebracht werden.

Einige Tiere sind der Straße auch zum Opfer gefallen, liegen angefahren im Straßengraben oder als platte Scheibe mitten auf den Fahrbahnen.
Das ist wieder gut für die Hygienepolizei der Natur. Zwei Raben scheinen sich einen Spaß daraus zu machen, die Reste von der Straße zu picken.
Sie nutzen jede autofreie Sekunde und holen sich einen Teil der Überreste. Manchmal meint man, sie schaffen es nicht mehr, vor lauter Hingabe an ihre Aufgabe. In letzter Sekunde hüpfen sie aber weg oder, wenn es gar nicht mehr anders geht, fliegen sie ein Stück. Man traut es den schwerfällig wirkenden Vögeln gar nicht zu, so schnell zu entkommen.
Schon ein wahres Wunder, wie die Natur so alles regelt und selbst mit den Errungenschaften unserer Zivilisation zu Recht kommt.

Rudi, eine grüne Raupe, sitzt auf einem Blatt eines Apfelbaums und knabbert an dem darüber liegenden Blatt mit großem Genuss.
Er liebt diese saftigen Blätter des Apfelbaums.
Dass es gerade ein Apfelbaum war ist natürlich reiner Zufall. Rudi weiß gar nicht, dass es ein Apfelbaum ist, obwohl es doch sehr einfach ist Apfelbäume zu erkennen, vor allem wenn noch Äpfel daran hängen.
Vielleicht liegt es aber daran, dass Raupen nicht sehr gut sehen können. Sie spüren mehr ihre Umwelt über die vielen kleinen Härchen, die über ihren Körper verteilt sind. Die Härchen helfen auch beim Laufen.
Dabei Raupen laufen doch nicht, sie kriechen oder robben.

Während Rudi so gemütlich vor sich hin mampft (wenn das vorher eine andere Raupe gehört hätte, würde er wohl heute „Mampfi“ heißen!) hört er plötzlich über sich seltsame Töne:

„Uuuh, - Mmh, - Bah!!!“

Als Rudi hoch schaut, sieht er eine kleine grüne Raupe. Das heißt, er hält das, was er mehr ahnt als sieht für eine kleine grüne Raupe. Was da aus einem grünen Apfel rausschaut, könntest auch du nur mit viel Fantasie als Raupe erkennen. Total verklebte, struppige Härchen hängen links und rechts neben zwei wachen und etwas frech schauenden Augen herunter.

„Hallo, du da oben, wie heißt du? fragt Rudi .

„Weiß nicht!“ meinte die kleine Raupe mit dünnem Stimmchen. Worauf sie sich räuspert, ein kleines Stück Apfel ausspuckt und fortfährt: „muss ich denn heißen?“

„Klar, erwidert Rudi jeder braucht einen Namen, das nennt man heißen, damit man weiß, wer gemeint ist, wenn einer ruft, oder so!“

„Hab aber keinen Namen“ kommt es etwas schnippisch von oben.

„Toll, dann darf ich dir nach altem Raupenbrauch einen geben. Deine Töne vorhin klangen wie ‘UMBA’, das soll ab sofort dein Name sein, einverstanden?“

„Klar, klingt nach mir, darauf kann ich hören“, kam auch prompt die altkluge Antwort.

„Komm runter, Umba!“ forderte Rudi, „ich zeige dir unseren Baum. Da gibt es ganz toll viel zu sehen und zu entdecken!“

Das ließ sich die kleine Raupe nicht zweimal sagen. Hungrig war sie gerade nicht mehr aber neugierig. Froh einen so unternehmungslustigen Freund gefunden zu haben, macht sich Umba sofort auf den Weg.

Über die glatte Apfelhaut auf den nächsten Ast von da auf das angeknabberte Blatt, das ging flott. Schon war sie ruck zuck auf dem Blatt von Rudi und ohne auf Rudi zu warten, ging es weiter auf den nächsten Ast.
Übermütig meinte Umba noch „wer ist wohl der Schnellere von uns beiden?“ und kroch ohne nach oben oder unten, links oder rechts zu schauen weiter und hatte auch prompt gleich einen richtigen Vorsprung.


Erste Erfahrungen


„Vorsicht!!“ hörte Umba hinter sich rufen, da fühlte er ein bedrohliches Rauschen über sich und eh er sich versah spürte er wie er fiel.
Umba war noch nie gefallen, aber instinktiv wusste er, dass er fällt. Ohne zu wissen warum und wieso, welche Folgen das haben könnte, ob es richtig oder falsch war, das war Instinkt. Er tat etwas, ohne nachzudenken, ohne lang zu überlegen, ja sogar ohne zu wissen was es ist.
Und er hatte Glück!
Umba fiel ganz weich auf ein unter dem Ast hängendes Blatt.

„Da hast du Schwein gehabt“, hörte Umba Rudi aus sicherer Deckung von oben. „ Das hätte bös ausgehen können, du musst gefälligst aufpassen, wo du hinläufst. Immer schön in Deckung bleiben und auf jeden Luftzug achten. Ich habe keine Lust meinen neuen Freund gleich wieder zu verlieren“ schimpfte Rudi weiter.

„Du hättest beinahe ein Frühstück abgegeben,“ jabste Rudi beim näher kommen.

„Was heißt hier Frühstück und für wen?“ wollte Umba wissen, gar nicht mehr erschrocken und wieder recht frech.

„Na von dem Vögel“ antwortete Rudi, „die wollte dich fressen!“

„Wie, der wollte mich fressen?“ fragte Umba, doch etwas begriffsstutzig.

„Also, ganz von vorn“ erklärte Rudi geduldig, „Vögel sind fliegende Tiere, die von solchen wie wir und anderen unvorsichtigen, kranken oder verletzten Raupen, Würmern und allen möglichen Insekten, leben. Klar, das kannst du alles noch nicht wissen. Ich muss dir viel erklären. Wir bleiben besser hier und ich erzähl dir das wichtigste, bevor wir weiter gehen.“

„Das war aber nicht der Raabe, der frisst doch nur tote Tiere und so?“
„Nein das war nicht der Raabe, das war ein anderer Vogel, der sich von Insekten ernährt.“
„Wie erklärt dann eine Raupe, der anderen, dass es nicht böse ist gefressen zu werden?“
„Na ja, das wird schwer und wahrscheinlich geht

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Reinhold Reiner
Bildmaterialien: Reinhold Reiner
Lektorat: Reiner
Übersetzung: Keine
Tag der Veröffentlichung: 17.01.2013
ISBN: 978-3-7309-0779-5

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