Ich hasse die Schreckschraube von neben an. Diese überkandidelte Ziege, mit ihren bunten Lockenwicklern und ebensolchen Kittelschürzen, die jedes Mal an der Tür zu ihrer Wohnung stand, wenn ich die Treppe heraufkam. Vermutlich hatte sie unten am Eingang zum Mehrparteienhaus eine Kamera installiert und jedes Mal, wenn sie mich sah, blieb ihr genug Zeit, bis ich die zwei Stockwerke hochgeklettert war, um in ihrem gewohnten Outfit und mit ihrer weißen, plüschigen Perserkatze auf dem Arm, zu ihrer Wohnungstür zu gehen und gerade im rechten Moment die Tür zu öffnen. Ich konnte schon Wetten darauf abschließen. Dabei wusste ich nicht einmal, warum sie das tat. Anfangs blickte sie mich unter abrasierten und aufgemalten Augenbrauen nur missbilligend an, als gefiel es ihr nicht, zu welcher Uhrzeit ich heimkam, in welcher Montur oder in welcher Lautstärke ich die Treppen hochstieg. Ich grüßte sie stets freundlich, denn ich wollte keinen Streit mit ihr. Die Wohnung hatte mir auf Anhieb gefallen. Sie lag nahe an meiner Arbeitsstätte, war groß, hell und auch recht günstig. Aber mit meinem Einzug schien ich aus welchen Gründen auch immer, ihren Unmut auf mich gezogen zu haben.
Jedenfalls empfing sie mich regelmäßig, zu welcher Uhrzeit ich auch heimkam, ob um sechs nach der Arbeit oder um zwei nach einem Kneipenbesuch, oder Samstags um zwei, wenn ich mit Plastiktüten bepackt meinen Wochenvorrat hochschleppte. Ich musste wirklich mal nachsehen, ob unten eine versteckte Kamera installiert worden war.
Nach zwei Jahren ignorierte ich sie einfach nur noch, ging schweigend an ihr vorbei, schloss meine Tür auf und warf sie hinter mir zu. Ihr Blick folgte mir stets. Ein paar Mal hatte ich sie auch darauf angesprochen, ob etwas nicht in Ordnung sei, oder ob sie sich an mir störte. Dann machte sie lediglich ein schnippisches Geräusch, hob das Kinn an, sodass ich auf die Unterseite ihrer Nase sehen konnte, presste ihre Teddykatze enger an sich und verschwand in ihrer Wohnung.
Ich konnte wirklich nicht sagen, was sie damit bezweckte oder was sie von mir wollte. Sie war schon allein rein geschlechtlich ganz und gar nicht mein Typ. Auch wenn ich mir gerne mal einen netten Zeitvertreib in meine Wohnung geladen hätte, so verzichtete ich ihretwegen darauf. Ob sie bereits ahnte, dass ich schwul bin, konnte ich nicht sagen. Jedenfalls hatte ich nicht vor, ihr das auch noch unter ihrer hochnäsige Nase zu reiben. Den einzigen Mann, den ich zu mir holte, war Felix, ein dreifarbiger Glückskater, den ich von einem Kumpel übernommen hatte, als der mit seiner an Katzenallergie leidenden Freundin zusammenzog. Als ich Felix zum ersten Mal sah, war es für mich klar, dass ich ihn nehmen würde. Felix war absolut pflegeleicht. Wir verstanden uns recht gut. Solange ich stets Futter- und Wassernapf gefüllt hielt und regelmäßig sein Katzenklo säuberte, ließ er meine Vorhänge und Möbel in Ruhe und wetzte seine Krallen brav am Kratzbaum. Sein Lieblingsplatz war auf dem Sofa neben mir, während ich fernsah. Dabei war Felix absolut kein Schmusekater. Er gestattete dies nur, wenn er wollte. Aber wenn ich wirklich mies drauf war, weil ich Ärger in der Firma oder mit sonst wem hatte, legte er sich auf meinen Bauch und ließ sich von mir kraulen und streicheln, bis es mir wieder besser ging. Eigentlich eine ganz normale Hauskatze.
Frau Niedermann war hingegen wirklich ein seltsames Wesen, das, wie ich irgendwann beschloss, es nicht wert war, dass man weitere Gedankengänge an sie verschwendete. Ihre Katze war genauso seltsam wie sie selbst. Ehrlich gesagt, tat mir das arme Vieh leid. Stets aufgeplüscht, wie frisch aus dem Trockner, mit Strasssteinehalsband und rosa Schleife auf dem Kopf. Das war sicherlich kein Katzenleben. Das Tier konnte sich nicht wehren, aber vermutlich war sie genauso verschroben wie ihre Besitzerin.
„Herr Jakob Hofmeister“, fuhr sie mich heute an. Ihre Stimme schrillte durch das Treppenhaus und ließ die Härchen in meinem Nacken wie elektrisiert aufstellen. „Wenn Sie nicht endlich Ihren verruchten Kater im Zaum halten, werde ich Maßnahmen ergreifen müssen. Lassen Sie dieses Vieh endlich kastrieren, oder ich rufe den Tierschutz an.“
Ich seufzte tief. Das war nicht das erste Mal, dass sie mir das an den Kopf warf. Schon als sie mich mit meinem kompletten Namen ansprach, hatte ich gewusst, was nun wieder kam. Felix war ein Streuner, der Zeter und Mordio schrie, wenn ich die Balkontür schloss. Er war den ganzen Tag draußen unterwegs und kam abends brav wieder nach Hause. Wie er es immer wieder schaffte, vom Balkon im zweiten Stock zur aufgetakelten Mieze meiner Nachbarin zu gelangen, obwohl zwischen unseren Balkonen ein Abstand von mehr als zehn Metern bestand, konnte ich nicht sagen. Er schaffte es aber immer wieder und ich musste mir abends eine Moralpredigt anhören.
„Frau Sabine Niedermann“, gab ich leicht genervt zurück. Ich war müde von der Arbeit, wollte nur noch in die Dusche, eine TK-Pizza vertilgen und die Welt um mich herum vergessen. „Felix kann gar nicht zu ihnen gelangen“, sagte ich mittlerweile schon zum zehnten oder zwanzigsten Mal. „Keine Katze kann zehn Meter weit von einem Balkon zum anderen springen. Es gibt auch keine Vorsprünge oder sonst was zwischen uns, über die er zu Ihnen gelangen kann. Sie müssen sich täuschen.“
„Ich täusche mich nicht“, widersprach sie energisch. „Erst heute Nachmittag hab ich ihn dabei erwischt, wie er meine Minnie besprang, in meinem Wohnzimmer. Das ist ungeheuerlich. Sie werden dafür bezahlen, wenn Ihr herumhurender Kater meiner Minnie irgendwelche Infektionen angehängt oder gar geschwängert hat. Meine Minnie ist ein reinrassiges Tier und gedeckt wird sie nur von Katern, deren Stammbaum einwandfrei ist.“
Ich schnaufte. „Dann machen Sie doch die Balkontür zu“, murrte ich, ging an ihr vorbei und schloss meine Wohnungstür auf.
„Wir brauchen Frischluft“, keifte sie. „Ich kann die Balkontür nicht auf ewig geschlossen halten.“
Ich warf die Tür hinter mir zu, lehnte mich dagegen und schnaufte tief durch. Diese Schreckschraube nervte tierisch. Ihre Stimme war wie eine Kreissäge, die sich in mein Gehirn bohrte und es in kleine Scheibchen schnitt. Wenn schon Klischee eines unliebsamen Nachbarn, warum ausgerechnet dieses Paradebeispiel einer überzogenen Tussie. Vielleicht war sie absolut unterfickt. Wer wollte schon eine Frau, die den ganzen Tag in Lockenwicklern und Kittelschürze herumlief und den ganzen Aufwand an Verschönerungsmaßnahmen und Styling lediglich an ihrer Katze ausprobierte.
Ich stieß mich von der Tür ab. Felix war nicht zuhause. Er streunte vermutlich wieder irgendwo draußen rum und besuchte seine Katzendamen. Er hatte es gut, fickte sich durch die gesamte Nachbarschaft, während ich seit zwei Jahren wie ein Askete lebte.
Oh ja. Etwas zum Ficken wäre jetzt wirklich recht. Das würde den Druck in mir abbauen und meine Laune verbessern. Also schnell die TK-Pizza in den Ofen schieben und unter die Dusche. Dann sich stylen und ab auf Pirsch. Mit neuem Elan machte ich mich ans Werk.
Als ich aus dem Badezimmer kam, stolzierte Felix gerade vom Balkon heran, geradewegs zu seinem Futternapf und gönnte sich einen Happen. Ich fauchte.
„Felix!“, fuhr ich ihn an. „Kannst du endlich diese plüschige Mieze von nebenan in Ruhe lassen? Es gibt doch sicherlich genug andere Katzenfrauen, die du poppen kannst. Was machst du eigentlich den ganzen Tag draußen? Du findest doch bestimmt noch andere süße Muschis.“ Ich schnaufte tief, warf das feuchte Handtuch auf meinen Kopf und rubbelte die nassen Haare damit trocken. Eine Antwort war nicht wirklich zu erwarten. Felix trabte dabei stets ungerührt weiter, als interessierte es ihn gar nicht, was ich zu sagen hatte. Vermutlich war er taub oder der überhebliche Kater scherte sich einen Dreck um meine Nöte. Ich wollte mir auch eigentlich nur den Frust von der Seele schimpfen, damit ich später beim Flirten ein aufrichtiges Lächeln zustande bringen konnte.
„Aber sie ist wirklich nett und freut sich jedes Mal, wenn ich zu ihr komme.“
Ich stutzte. Hatte da wirklich jemand gesprochen? Eine samtige Stimme, tief und sonor, eindeutig ein Mann.
Ich zog das Handtuch von meinem Kopf und sah hoch. Vor mir stand ein nackter Mann – in meinem Wohnzimmer. Vor Schreck blieb mir der Mund offen stehen, nicht nur, weil ich ihm ebenso nackt gegenüberstand. Ich kam ja auch gerade aus der Dusche und in meiner eigenen Wohnung, mit einem arroganten, sexgeilen Kater als Mitbewohner brauchte ich nicht wirklich Schamgefühl aufbringen. Felix war verschwunden, stattdessen stand dieser Mann vor mir, schlank, hochgewachsen, ein kleines Stückchen größer als ich, mit einer Haarfarbe, die der von Felix stark ähnelte. Rote, dunkelbraune und weiße Flecken bedeckten seinen Schopf, als hätte jemand wild mit Haarfärbemittel experimentiert.
„Bist du unterfickt?“, fragte er mich.
Mein Mund blieb offen stehen. Ich konnte ihn nur anstarren, war zu keiner Bewegung und auch zu keinem Laut fähig. Woher kam dieser Kerl so plötzlich? Wer war er?
„Du hast es schon lange nicht mehr getan, oder?“, sagte er mir auf den Kopf zu, war mit wenigen Schritten bei mir, drehte mich um, warf mich gegen die Wand und hatte sich mit einem Ruck schneller in mir versenkt, als ich blinzeln konnte.
Ich schrie auf, war jedoch nicht fähig, mich zu wehren. Dabei konnte ich nicht sagen, ob ich verzaubert, gelähmt oder einfach nur geschockt war. Jedenfalls ließ ich es wie erstarrt über mich ergehen. Als er auch noch an meine Vorderseite fasste, meinen Schwanz in die Hand nahm und ihn knetend, massierend und durch seine Faust fliegend dazu brachte, anzuschwellen und sich schließlich gegen die Wand zu ergießen, glaubte ich, in einem bizarren Traum gefangen zu sein. Ich fühlte jedoch das Brennen meiner Nervenstränge deutlich, das der Orgasmus von meinen Zehenspitzen bis zu den Haarwurzeln und von meinem Anus bis zur Eichel rasen ließ und meinen Unterleib zum Zucken brachte. Ich spürte das Pochen in meinem Hintern, als er sich in mir ergoss.
Das träumte ich doch nur. Oder?
Er zog sich aus mir zurück. Ich keuchte schwer atmend, vom Orgasmus erfasst. Als ich mich langsam umdrehte, sah ich, wie Felix mit senkrecht aufgerichteter Rute aus dem Zimmer marschierte, ins Badezimmer, wo ich ihn wenig später im Katzenklo scharren hörte.
Ich träumte nur. Das war eben nicht wirklich passiert?
Mein brennender Hintern und das Summen in meinem Inneren widersprachen diesem Gedanken jedoch. Hart schlug ich mir die Handfläche gegen den Kopf und jammerte auf, als es laut klatschte.
Ich träumte. Ich träumte. Anders konnte es nicht sein.
Felix kam zurück, sprang geschmeidig auf das Sofa, kringelte sich dort zufrieden ein und legte den Kopf auf die Pfoten. Mich würdigte er keines Blickes. Es war wie immer. Nur dass ich fassungslos an der Wand stand, den Hintern auf die Samenflecken an der Tapete drückte und nicht wusste, wie mir geschah. Lange stand ich dort, starrte ins Leere, wartete darauf, dass ich aufwachte. Irgendwann begann ich zu frieren, denn ich war noch immer nackt.
Mit zitternden Fingern schnappte ich das Handtuch, das zu meinen Füßen lag, und ging erneut unter die Dusche. Immer noch zwickte es in meinem Hintern, wie nach einem richtigen Fick und an meiner Vorderseite und in meinem Unterbauch hatte sich selige Erfüllung breitgemacht.
Ich duschte mich ausgiebig, zog mich an und verließ die Wohnung, wollte mir irgendjemanden suchen, mit dem ich das Gefühl in meinem Körper fortwischen konnte. Doch vor dem Klub blieb ich stehen. Nein, sagte ich mir. Ich hatte mir das alles nur eingebildet. Ich war vielleicht wirklich unterfickt, und wenn ich mir jetzt irgendjemanden zum vögeln suchte, würde ich vielleicht einen fatalen Fehler begehen. Welchen, konnte ich selbst nicht sagen. Ich wollte jedenfalls nicht irgendjemanden, sondern den Kerl, der mich in meinen bizarren Träumen gefickt hatte, dass es noch Stunden danach in mir vibrierte.
Verflucht noch mal. Drehte ich jetzt durch?
Stress im Job und Dauerknatsch mit Frau Niedermann mussten mir das Hirn vernebelt haben. Vielleicht war ein Urlaub genau das Richtige. Lange ausschlafen und sich die Sonne auf den Bauch scheinen lassen.
Ich machte kehrt und ging in meine Wohnung zurück. Frau Niedermann, die wie gewohnt die Tür öffnete und einen missbilligenden Blick durch den Spalt warf, ignorierte ich einfach. Ich warf meine Wohnungstür zu, zog mich aus und ging ins Bett. Es war inzwischen nach elf und ich musste morgen ausgeschlafen sein, wenn ich zur Arbeit antrat.
An Schlaf war jedoch nicht zu denken. Ich wälzte mich hin und her, zerwühlte das Kissen, warf es aus dem Bett, um es Minuten später zurückzuholen, zusammenzuknautschen und wieder unter meinen Kopf zu quetschen. Irgendwann merkte ich eine dezente Erschütterung an der Matratze. Felix musste zu mir ins Bett gesprungen sein. Das machte er immer, wenn ich zu aufgewühlt war. Dann legte er sich neben mich und lullte mich mit seinem Schnurren ein, bis ich endlich schlafen konnte. Doch das Schnurren blieb heute aus. Stattdessen schmiegte sich ein großer, warmer Körper an mich.
Ich erstarrte.
„Brauchst du es noch einmal?“, säuselte eine sonore Stimme in mein Ohr. Eine Stimme, so samtig wie das Schnurren eines Katers. Meines Katers.
Meine Hand schoss zur Nachttischlampe und knipste sie an. Neben mir lag wieder der Mann, der mich am Abend zuvor gevögelt hatte.
„Wer bist du?“, wollte ich prompt wissen.
„Felix“, erwiderte der Kerl schmunzelnd.
„Werd nicht frech“, zischte ich ihn an. „Wer bist du und wie kommst du in meine Wohnung?“
„Ich bin Felix“, versicherte er mir eindringlicher. „Wenn du möchtest, kann ich es wieder tun.“
„Was?“, keuchte ich.
„Ficken. Vögeln. Poppen. Wie auch immer du es nennen willst.“
Ich schnaufte heftig. Mein Herz raste. „Felix …“, schnaufte ich aufgeregt und kämpfte den Drang nieder, der sich in meinem Unterleib aufbaute. Nein, jetzt geil zu werden, war der denkbar schlechteste Zeitpunkt. „… ist mein Kater“, vollendete ich meinen Satz. „Und du siehst mir wahrlich nicht wie einer aus.“
Er lächelte milde. „Das ist nur eines meiner neun Leben“, erklärte er geduldig.
„Wie bitte?“ Ich riss die Augen auf. „Und was sind die anderen? Etwa Hund, Alligator oder was auch immer?“
Der Kerl schüttelte langsam den Kopf. „Nein, Hund nicht. Das verträgt sich nicht besonders gut mit dem Katzenleben. Aber Adler und Spinne, die ich übrigens nur nutze, um von einem Balkon zum anderen zu gelangen oder unüberwindbare Hindernisse zu bewältigen. Mir schmecken Fliegen nicht sonderlich und das mit dem Netzbauen ist mir zu mühsam. Das Katzenleben ist mir das liebste.“
Ich starrte ihn entgeistert an, konnte die bodenlose Frechheit nicht fassen, mit der sich dieser Kerl bei mir rechtfertigte. Nicht nur, dass er mich einfach genommen hatte, jetzt faselte er mir sogar noch etwas von einem Spinnenleben.
„Glaubst du eigentlich, was du da redest?“, fauchte ich. „Du dringst bei mir ein, vögelst mich und willst mir weismachen, dass …“
Es verschlug mir prompt die Sprache, als sich der Kerl vor meinen Augen tatsächlich in meinen Kater Felix verwandelte. Mein Herz blieb vor Schreck stehen. Ich starrte das Tier an, als hätte ich zum ersten Mal etwas Derartiges gesehen. Tatsächlich war das auch so, denn ich konnte mich nicht daran erinnern, jemals miterlebt zu haben, wie sich ein fast zwei Meter großer, nackter Mann in einen kleinen handlichen Kater verwandelte.
Ich keuchte heftig, als der Mann zurückkehrte und mich erneut milde anlächelte.
„Glaubst du mir jetzt?“, wollte er wissen.
Mein Nicken kam ganz automatisch. Mir blieb nichts anderes übrig, als seinen Worten nun Glauben zu schenken. Wenn ich wirklich nicht träumte, dann war es Realität. Eine Realität, die nicht sein konnte. Ich hatte noch nie davon gehört, dass es Gestaltwandler geben sollte.
„Hast du mit …“ Ich weigerte mich, den Namen meines Kumpels auszusprechen, denn der Stich, der sich bei diesen Gedanken in mein Herz bohrte, war zu schmerzhaft. „Warum ich?“, wollte ich wissen.
„Nein“, antwortete Felix lächelnd. „Er stand nicht auf Männer. Ich mag beides. Und dich mag ich ganz besonders gern. Ich dachte mir, es wäre an der Zeit und hatte das Gefühl, du brauchst es dringend.“ Er rückte etwas näher an mich heran. Ich widerstand der Versuchung, zurückzuweichen. Eine Hand legte sich auf meinen nackten Bauch. Ich zuckte zusammen und verwünschte meine Vorliebe, nackt zu schlafen. Die Erregung, die von meinem Bauch abstand, war nicht zu übersehen.
Himmel, dieser menschliche Kater ließ meine Triebe sprießen und mich so was von spitz werden, dass es in mir zu kribbeln begonnen hatte. Die Hand fühlte sich angenehm weich an, wie Felix' Pfote, wenn er auf meinem Bauch herumkrabbelte. Ich schloss die Augen und versuchte, aus diesem bizarren Traum aufzuwachen.
Ein leises Knurren entkam ihm, fast wie das Schnurren, mit dem mich mein Kater einlullen und fast schon hypnotisieren konnte. Es war extrem besänftigend und ich entspannte mich ein wenig.
Dann spürte ich, wie eine raue Zunge über meine Schulter leckte. Er schob sich noch näher heran, leckte über meine Brust, bedachte die Brustwarzen mit sanftem Lecken, bis sie sich hart aufrichteten und mir ein Seufzen entkam.
Warum konnte ich mich nicht bewegen? Warum konnte ich ihn nicht von mir stoßen? War es dieses Schnurren, das mich lähmte? Ich fühlte mich aber ganz und gar nicht fremdgesteuert, eher erwartungsvoll angespannt, konnte nicht glauben, was mir widerfuhr.
„Du bist der erste Mensch, dem ich mich so offenbare“, gestand Felix und leckte über die feucht gewordene Bauchdecke. Ich hatte inzwischen begonnen, vor Anspannung zu schwitzen. Genüsslich leckte er die salzigen Tropfen von meiner Haut.
„Warum ich?“, wollte ich erneut wissen.
„Weil du es wert bist“, erklärte er eindringlich. „Und weil du gut schmeckst.“ Er leckte mit breiter Zunge über meinen Bauch, schob sich immer tiefer und naschte auch an meiner Leistengegend und den Oberschenkeln. Mein Schwanz wippte erwartungsvoll, vergoss erste Tropfen, die sich auf meiner Bauchdecke abseilten und glänzende Kleckse hinterließen. Als Felix dies sah, leckte er sie auf.
„Weißt du, wir Katzen sind sehr wählerisch“, fuhr er fort, wischte sich die Feuchtigkeit von seinen Lippen und sah mich mit seinen grauen Augen an. Erst jetzt fiel mir auf, dass ihn mehr mit meinem Kater verband, als diese seltsame Frisur. Er hatte dieselben Augen. Als er mich eingehend fixierte, verwandelte sich die Pupille in längliche Schlitze.
Mein Herz schlug schneller.
„Du hast mir ein gutes Heim gegeben. Dafür möchte ich dir etwas zurückgeben.“ Er rückte näher. Seine Hand wanderte langsam von meinem Bauch zu meiner Brust und legte sich sanft an meine Wange. Für einen Moment dachte ich, Felix' sanfte Pfote bedachte mich mit einer seiner seltenen Streicheleinheiten. Als ich ihm in die Augen sah, konnte ich diese Illusion sogar fast spüren. Dann legten sich weiche Lippen auf meine. Ein warmer Körper schmiegte sich an mich, rieb sich an mir, und als er erneut leise knurrte, schwand die letzte Hürde, die mich davon abhielt, es mit Felix zu tun. Er beugte sich über mich, während wir uns küssten, bog meine Beine nach oben und drang in mich ein, fast genauso abrupt und ruckartig, wie am Abend, als er mich an die Wand pinnte.
Wie zuvor nahm er meinen Schwanz in die Hand und knetete und massierte ihn, bis ich mich zuckend und mit einem Ächzen ergoss. Ich bäumte mich auf, warf mich ihm entgegen und sank keuchend zurück. Diesmal zog er sich nicht gleich wieder aus mir heraus, sondern fing meinen Mund zu einem weiteren leidenschaftlichen Kuss ein und fickte mich ein zweites Mal, während seine Hände meinen Körper streichelten und liebkosten.
Erschöpft lagen wir irgendwann nebeneinander. Felix schmiegte sich nahe an mich und schnurrte zufrieden mit sich und seiner Welt wie der Kater, der er in einem seiner Leben war. Ich konnte es immer noch nicht so wirklich fassen. Der Kerl, der mir eben zweimal kurz nacheinander das Halleluja beigebracht hatte, war mein eigensinniger Kater.
„Versprichst du mir eines?“, sagte ich leise. Ich nahm seine Hand in meine und küsste die Fingerknöchel.
Er hob seinen Kopf an und blickte mich im Halbdunkel des Zimmers an. Die Nachttischlampe war längst wieder aus. Zum Sex brauchten wir kein Licht. Seine Augen leuchteten phosphoreszierend.
„Was immer du willst?“, erwiderte er.
„Halte dich von Minnie fern“, verlangte ich. „Frau Niedermann hat mich schon die ganze Zeit auf dem Kieker, und wenn du nicht aufhörst, ihre Katze zu nageln, werde ich irgendwann gezwungen sein, dich kastrieren zu lassen.“
Ein schnurrendes Miauen antwortete mir. Ich wusste nicht, ob er lachte oder ob es ein Laut des Unmutes sein sollte.
„Wenn du mir auch etwas versprichst“, erwiderte er schließlich.
Ich war erfüllt von sexueller Befriedigung. In mir summte und vibrierte es noch immer voller Erwartung und Glückseligkeit. Obwohl mein Hintern brannte und mir mein Verstand sagte, dass ich genug hatte, verlangte es mich nach mehr.
„Was immer du willst“, antwortete ich daher, in der Hoffnung, dass er von mir verlangte, dass ich mich jede Nacht von ihm vögeln lassen sollte.
„Es gibt so kleine knisternde Kissen, die so herrlich nach Katzenminze duften. Mein vorheriger Herr brachte mir die immer mit. So etwas hätte ich gerne wieder.“
Ich sah ihn durch die Halbfinsternis hinweg an. „Ist das alles?“
Erneut kam dieses miauende Geräusch von ihm. Er schob sich auf mich, küsste mich sanft auf den Mund. „Und dass wir das noch öfter wiederholen. Dafür verzichte ich sogar auf Minnie.“
Ich öffnete meine Beine und ließ ihn ein. Dass ich am nächsten Tag nicht sitzen konnte, war es wert. Auch dass ich ihn von nun an öfter mit Katzenleckerlis verwöhnte und damit zu mir ins Schlafzimmer lockte. Sein Lieblingsplatz war bald nicht mehr auf dem Sofa neben mir, sondern auf meinem Bauch oder in meinem Bett.
Texte: Ashan Delon
Bildmaterialien: werner22brigitte/PublicDomainPictures www.pixabay.com
Lektorat: myself
Tag der Veröffentlichung: 30.01.2014
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