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© Ashan Delon 2013

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Korrektur: Ingrid Kunantz

 

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Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten sind frei erfunden, Ähnlichkeiten rein zufällig.

 

Der Inhalt dieses Buches sagt nichts über die sexuelle Orientierung des Covermodels aus.

 

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder eine andere Verwertung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin.

 

 

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ausmessen

 

 

 

Auslegware … Weiß jemand, was das ist?

 

Ich als Verkäufer in einem Baumarkt, der für eben jenes zuständig ist, muss das wissen.

 Auslegware sind die kuscheligen, quadratmetergroßen Matten, die man sich unter die Möbel legt, damit die schön weich stehen und die eigenen Füße nicht auf dem kalten Boden laufen müssen. Auslegware wird im Volksmund Teppich genannt, oder auch Bodenbeläge, aber da gehört dann schon Laminat, PVC und Parkett dazu. Ich meine aber auch nur die flauschigen Dinger, die es in allen Farben, Mustern und Schlingvarianten gibt, von Handbreit bis hauchdünn, von schrottig billig bis exklusiv teuer.

 In meinen ganz speziellen Kreisen wird das auch Bottom genannt.

 Ja genau, ihr habt richtig gehört, ich bin ein Kerl und schwul. Und was das Schlimmste daran ist: Ich bin Auslegware, sprich Bottom. Ich lande immer unten, egal was ich auch versuche.

 Ich suche mir für den Sex gezielt Typen aus, von denen man gleich auf den ersten Blick behaupten kann, dass sie es niemals nach oben schaffen. Aber auch wenn sie ganz und gar nicht der Typ Mann sind, für die ich freiwillig die Beine breitmachen würde, lande ich aus unerklärlichen Gründen immer auf dem Bauch, dem Rücken oder auf allen Vieren, ich – Lenz Bergfeld, fünfundzwanzig, Fachverkäufer für Auslegware. Dabei bin ich mit meinen eins fünfundachtzig und knapp achtzig Kilo Kampfgewicht wahrlich keine Erscheinung, von der man behaupten könnte, dass sie leicht wie ein Käfer zappelnd auf dem Rücken zu werfen sei. Irgendwann hatte ich dann auch vom gefickt werden die Schnauze voll. Ich will es auch endlich mal wissen, wie es ist, zu ficken.

 Damit sind wir beim zweiten Teil meines Geständnisses angelangt: Ich habe noch nie einen Kerl gefickt. Deswegen sage ich ja auch, ich bin Bottom, sprich Auslegware. Sehr kuschelig und anschmiegsam, wie mir mal jemand nach dem Sex ins Ohr geflüstert hatte – eben wie Auslegware.

 Ich hasste es, immer meinen Hintern hinhalten und von unten nach oben sehen zu müssen. Aber es wollte mir einfach nicht gelingen, standhaft zu bleiben. Weichei, Memme … Okay, ich geb es zu. Wenn es so weit ist, dass meine Libido nur noch an die Erlösung denkt, klinken sich meine Gehirnzellen weitgehend aus, sodass ich alles mit mir machen lasse.

 Deshalb habe ich es mir vor einiger Zeit abgewöhnt, mich in einschlägigen Klubs herumzutreiben und mich nicht mehr unversehens vom Jäger zur Beute umfunktionieren zu lassen. Gar kein Sex bedeutete auch, nicht mehr unten zu landen. Vielleicht war ich auch nicht als Jäger geeignet, sondern nur als Lusche, die sofort in die Knie geht, wenn sich ihm ein lukrativer Schwanz präsentiert.

 

Zwei meiner Kollegen machten mich eines Tages auf einen Kunden aufmerksam. Mit breitem Grinsen und einem vielsagenden Glitzern in den Augen berichteten sie mir von einem Kerl, der gerade seine Wohnung renovierte. Für Holger von den Eisenwaren und Amanda von den Farben war der Typ so etwas von schwul, wie man sich als Hetero nur einen Schwulen vorstellte. Der Kunde war klein und zierlich, bestimmt nicht größer als einssechzig und hatte eine so schmale Taille wie die einer Frau. Wenn er sich bewegte, wirkten seine Bewegungen geziert und wohl überlegt. Wenn er ging, wiegte seine Hüfte leicht hin und her, als würde er permanent tanzen. Vielleicht war er auch Tänzer, obwohl er mir dafür etwas zu klein wirkte. Seine Gesichtszüge waren fein geschnitten und feminin, die Augenbrauen gezupft. Lange dunkle Wimpern umrahmten seine Augen. Sein Mund bildete eine wohlgeformte Linie, und als er lächelte, wurde mir ganz anderes.

 Meine beiden Kollegen konnten nicht wissen, dass mir dieser Kerl, über den sie sich mit derben Witzen und anzüglichen Bemerkungen lustig machten, geradewegs die Hitze in die Lenden schießen ließ. Obwohl der Kunde wahrlich nicht zu der Kategorie Mann gehörte, die ich mir für mein weiteres Leben an meiner Seite gewünscht hätte, war etwas an ihm, das mich auf Anhieb faszinierte. Vielleicht war es der Umstand, dass er in mein neues Beuteschema passte, die Art schwächlicher Mann, die sich gefügig unter mir ausbreiten und mir eventuell endlich das geben würde, wonach ich mich schon seit Langem sehnte.

 Seine ganze Art sich zu geben war ziemlich geziert, wenn nicht gar feminin, obwohl sein Äußeres keine Zweifel daran ließ, dass es sich um einen Mann handelte. Die enge Bluejeans spannte sich um einen wohlgeformten runden Hintern. Das anschmiegsame Shirt barg kaum etwas von dem adretten Körperbau. Genau der richtige Kerl, um ihn in einer dunklen Ecke an die Wand zu drücken und zu vögeln, oder unter mir mit harten, heftigen Stößen zum Schreien zu bringen.

 Er schäkerte gut gelaunt mit Andrea aus der Lampenabteilung, klimperte keck mit seinen Wimpern und fixierte die junge Verkäuferin mit einem Augenaufschlag, den ich gerne auf mir gehabt hätte. Doch für mich hatte er keinen Blick übrig, bemerkte mich nicht einmal. Dafür befand ich mich auch zu weit von ihm entfernt. Ich stand lange Zeit an der Grenze zwischen Lampenabteilung und Farben und glotzte ihn an der Seite von Amanda und Holger ebenso unverhohlen an.

 Amanda stieß mich kichernd an. „So was ist echt eine Sensation, gell?“, kiekste sie. „Der muss schwul sein. Ich hoffe, Andrea kriegt das noch rechtzeitig mit, ehe sie sich in ihn verknallt.“

 Holger gab einen Grunzlaut von sich. Auf seinem Gesicht ein schiefes herablassendes Grinsen. „Dass die Typen frei herumlaufen …“, bemerkte er tonlos.

 Ich drehte den Kopf zu ihm und sah ihn verwundert an. „Was meinst du damit? Warum soll er nicht frei herumlaufen?“

 „Na ja, das ist doch eindeutig ein Homo“, rechtfertigte sich Holger und verlagerte sein Gewicht auf ein Bein. Mit den Daumen in den Gürtelschlaufen wirkte er wie ein lächerlicher Abklatsch von einem großkotzigen Großstadtcowboy. Mitte dreißig, knapp hundert Kilo geballte Ladung Mann, mit sichtbarem Bauchansatz, Neigung zum Doppelkinn und einer langsam beginnender Stirnglatze und ohne nennenswertes Privatleben. Zumindest erzählte der gelernte Schlosser wenig von sich. Wenn es um private Details ging, verhielt er sich genauso zugeknöpft wie ich, wobei der langweilige Holger wahrscheinlich gar nichts zu erzählen hatte. Ich für meinen Teil hatte einen guten Grund, meinen Mund zu halten. Mein Lebenswandel stieß bei manchen Leuten auf Unverständnis.

 „So wie der Andrea anmacht, scheint er aber eher an Frauen interessiert zu sein“, nahm ich den Kunden in Schutz. Tatsächlich lachten die beiden gerade über einen Scherz, den der Kunde gemacht hatte.

 „Das ist nur Tarnung“, gab Holger wenig überzeugt von sich, riss sich mit einem abfälligen Zungenschnalzen aus seiner Machohaltung und marschierte breitbeinig davon, als wären seine Eier gewaltig angeschwollen.

 Ich sah ihm fassungslos hinterher. Immerhin wusste ich jetzt, dass ich mich vor ihm besser nicht outen sollte. Ich hatte ihn stets als netten Kollegen, mit dem man auch was trinken gehen konnte, gesehen. Doch dass er von so homophoben Ansichten beseelt war, überraschte mich. In den vergangenen drei Jahren, in denen ich schon hier beschäftigt war, hatte es aber auch noch keinen Anlass gegeben, der mir Aufschluss über seine Meinung gegeben hätte. Ich war jedenfalls enttäuscht und schüttelte traurig meinen Kopf.

 „Macho“, schickte ihm Amanda hinterher und schüttelte den Kopf. „Und ich dachte immer, dem geht alles am Keks vorbei, was ihn nicht direkt betrifft.“ Sie stieß mich an und deutete mit einem verstohlenen Blick zu Andrea und ihrem gut gelaunten Kunden. Tatsächlich lachten die beiden schon wieder. Ein Anblick, der aus unerklärlichen Gründen Eifersuchtsgefühle in mir weckte.

 Ich war eifersüchtig auf Andrea? Oder meldete sich da meine Revierverteidigung?

 Ich hatte doch noch gar kein Revier klar gemacht, geschweige denn auch nur flüchtig berührt.

 „Was meinst du, wie lange es dauert, bis sie es kapiert?“

 Ich zuckte ratlos mit den Schultern. Andrea war ein junges, lebenslustiges Mädchen von achtzehn Jahren, eben erst mit ihrer Lehre fertig geworden und auf der Suche nach einem neuen Sinn für ihr Erwachsenenleben. Ich hielt sie für intelligent genug, um zu merken, ob ihr Gegenüber ehrliches Interesse an ihr zeigte, oder nur freundlich sein wollte.

 Außerdem sollte es mir doch gleichgültig sein, ob die beiden ein Paar wurden oder nicht. Der Kunde war sicherlich ein paar Jahre älter als sie, aber was besagte das heutzutage schon aus.

 „Was weiß ich“, gab ich etwas patzig von mir. Ich schaffte es einfach nicht, dieses bittere Gefühl in mir zu tilgen. Ob der Kerl nun schwul war oder nicht. Innerhalb dieser Mauern, in welchen ich mein Geld verdiente, war ein Kunde ein Kunde und kein potenzielles Beutetier.

 Um mir weitere Qualen zu ersparen, riss ich mich von dem Anblick los und marschierte in meine eigene Abteilung, wo kuschelige Auslegware darauf wartete, von mir an den Mann gebracht zu werden.

 Ich blieb im Korridor zwischen den raumhohen Teppichpaternostern stehen, die zu beiden Seiten, dicke Rollen Auslegware beinhalteten und betrachtete sie gedankenverloren. So unscheinbar und nichtssagend, wie sie als kompakt gerollte Meterware aussahen, konnte man kaum glauben, dass sie den Flair und den Eindruck eines ganzen Raumes, eines ganzen Hauses beeinflussen konnten. War das mit mir auch so?

 Wenn ich flach auf dem Rücken lag, wirkte ich da angenehmer als aufrecht?

 Mit einem Lachen trennte ich mich von diesem Gedanken. Auch wenn ich mich oft mit der Ware verglich, die ich zu verkaufen hatte, so hatte ich doch nichts mit ihr gemein. Ich ließ mich ganz bestimmt nicht in ein handliches Format zusammenrollen und irgendwo hinbringen, um ein Heim zu verschönern.

 

Impressum

Texte: Ashan Delon
Bildmaterialien: © Ashan Delon © 18740350 ImageryMajestics/www.shutterstock.com © 48430888 gualtiero boffi/www.shutterstock.com
Lektorat: Ingrid Kunantz
Tag der Veröffentlichung: 14.07.2013

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