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Eine Sonne im trüben November






Es war einer dieser Tage, an denen man am Besten im Bett liegen bleiben sollte.
Mitte November, saukalt. Nieselregen über der Stadt. Keine fünf Minuten nachdem man den Fuß vor die Türe gesetzt hatte, war man aufgrund der Nasskälte bereits komplett durchgefroren. Dieser eisige Nieselregen ließ sich weder von dicken Mützen, noch von Schals, Daunenjacken oder gar Thermostiefeln aufhalten. Fast schien es, dass der Winter dieses Jahr ziemlich früh kam. Erfahrungsgemäß konnte man nach so einem Herbst an Weihnachten wieder getrost im Biergarten sitzen und sich bei wohligen Temperaturen ein erfrischendes Bier gönnen.
Bereits heute Morgen, als die Milch zähflüssig und bröckelig in meinen Morgenkaffee plumpste hätte ich es wissen müssen und mich einfach krank melden sollen. Saure Milch zum Frühstück, und das obwohl es draußen eisige Temperaturen hatte, mein Kühlschrank ordnungsgemäß funktionierte und ich die Milchpackung auf dem gestrigen Heimweg frisch gekauft hatte. Es war wohl ein Fehler gewesen, sie in den Fußraum des Beifahrerplatzes zu legen, wo einem die Wagenheizung so schön kuschelig und heiß um die Füße wehte.
Als wäre das noch nicht genug gewesen, schien auch mein Vorgesetzter mit dem linken Fuß aufgestanden zu sein und schnauzte mich an, noch bevor ich meinen Arbeitsplatz hatte erreichen können. Die trübe Novemberstimmung schlug heute wohl jedem aufs Gemüt. Den ganzen Tag begegnete ich Sauertopfgesichtern, wohin ich auch blickte und ging. Es wurde wirklich Zeit, dass mal wieder die Sonne schien, doch der Wetterbericht machte wenig Hoffnung, dass dies die nächsten Tage zutreffen könnte. Nur Kälte, Nebel, Nieselregen und überfrierende Nässe, wie sich der Wetterfrosch fünf Minuten nach den acht Uhr Nachrichten gewählt ausdrückte.
Überfrierende Nässe – das hing auch fest in den Menschen. Humor und gute Laune schien unter einer dicken Schicht aus Eis verborgen. So war ich froh, dass ich die eisige Gewitterwolke namens Büro endlich verlassen und mich auf dem Heimweg machen konnte. Ich hatte es so eilig, dass ich der Lüftung meines Wagens nicht genug Zeit gönnte, die Feuchtigkeit im Wageninneren zu beseitigen. Ich wischte nur ein kleines Guckfenster in die beschlagene Frontscheibe und fädelte mich in den Feierabendverkehr ein.
Ich wollte nur noch eines – nach Hause. In die Einsamkeit meiner Wohnung, Essen auf Rädern, eine heiße Tasse Tee, vielleicht mit einem Schuss Rum dazu, mich auf die Couch fläzen, die Füße auf den Tisch legen, mich durchs Vorabendprogamm zappen und die ganze Welt an meinem Arsch lecken lassen.
Kurz vor Sechs. Es war bereits stockdunkel. Die vielen Lichter der anderen Autos blendeten, als sie in der beschlagenen Scheibe reflektierten und ich musste mich wirklich darauf konzentrieren, etwas zu sehen, auf den dichten Verkehr zu achten und halbwegs in der Spur zu bleiben. Zudem hatte der Wetterbericht ausnahmsweise einmal Recht und die Straßen waren teilweise glatt. Besonders an Kreuzungen und an Ampeln, wo Hunderte von anderen Verkehrsteilnehmern ebenfalls von der vorhergesagten überfrierenden Nässe überrascht wurden und die Fahrbahn mit ihren übereilten Bremsmanövern und ihren durchdrehenden Reifen zu einer spiegelglatten Schlittschuhbahn machten. Ich klopfte mir innerlich auf die Schulter, als ich mich daran erinnerte, wie ich den Rat des Wetterberichts beherzigte und in der vorherigen Woche noch den letzten Termin zum Reifenwechsel ergatterte. Hätte ich noch Sommerreifen drauf, wie bestimmt achtzig Prozent der übrigen Verkehrsteilnehmer, wäre die Schlitterpartie nach Hause noch viel abenteuerlicher gewesen.
Mein Atem bildete vor meinem Mund kleine weiße Wolken, die sich an der Frontscheibe niederließen und meine Sicht zudem verschlechterten. Ich drehte die Heizung höher, damit sich der Motor mehr Mühe gab, den Innenraum schneller zu beheizen. Aus Erfahrung wusste ich jedoch, dass mein Arbeitsweg nicht dafür ausreichte, auch nur annähernd auf Betriebstemperatur zu kommen.
Mein Handy klingelte und ich fluchte laut. War meine Flucht in den Feierabend also doch bemerkt worden. Wer sonst, als mein übelgelaunter Vorgesetzte, sollte mich jetzt noch anrufen, abgesehen von Axel, einem Freund, doch intuitiv wusste ich es besser. Ich hätte noch eine Aufstellung der offenen Posten erstellen sollen, die ich jedoch auf den morgigen Vormittag verschob, da ich nach über acht Stunden trockenen Zahlen und kollektiver Miesepeterlaune schlichtweg die Schnauze voll hatte. Abgesehen davon, war der Abgabetermin für diese Aufstellung erst in zwei Tagen, also genug Zeit morgen in alter Frische und hoffentlich ohne Winterdepressionen ans Werk zu gehen.
Dies schien Hermann Brosche, mein Abteilungsleiter, allerdings anders zu sehen.
Mit dem Wissen, dass telefonieren am Steuer verboten, ging ich dennoch ran. Mit einer Hand klammerte ich mich am Lenkrad fest, die andere Hand presste mein Telefon ans Ohr. Rangehen musste ich, sonst würde sich die morgige Schlechtwetterlaune in einen atomaren Gau verwandeln.
„Groß“, meldete ich mich pflichtbewusst. Es war zu dunkel, um die Nummer auf dem Display zu erkennen. Abgesehen davon, musste ich mit meinen Augen auf der Straße kleben bleiben. Ich wusste dennoch genau, wer mich da anrief.
„Wo ist die Liste?“, bellte mich auch sogleich der Mann an, den ich auch erwartet hatte. „Ich kann sie nicht finden.“
Ich nahm einen tiefen Atemzug und musste ein Husten unterdrücken. Die Luft im Wageninneren war nach wie vor eiskalt und schmerzte in meiner Lunge. „Die mach ich Morgen als erstes“, versicherte ich ihm. Ich liebte Zahlen und alles, was man damit anstellen konnte. Den Job als Buchhalter in einem Steuerbüro hatte ich mir allerdings etwas anders vorgestellt.
Das wütende Knurren drang mehr als deutlich bis zu mir durch. Ich sah ihn auch bildlich vor mir stehen, die Augenbrauen stark zusammengezogen. Dicke Zornfalten auf der hohen Stirn. Die kleinen grauen Augen hinter der Brille wütend zu schmalen Schlitzen zusammengekniffen. Die Zähne zusammengebissen, sprungbereit zu einem Wutausbruch.
„Hatte ich nicht gesagt, dass ich sie noch heute haben will?“, keifte er lautstark. Der Minilautsprecher meines Handys war mit dem plötzlichen Anschwellen der Phonstärke überfordert und knisterte erschrocken.
„Ich hab es heute nicht mehr geschafft und außerdem brauchen wir die Liste doch erst übermorgen.“ Auch wenn er mein Abteilungsleiter war und ich eigentlich von seinem Wohlwollen abhängig war, war ich nicht bereit ihm den Hintern abzuwischen. Ich ließ mir von ihm nichts gefallen, deswegen gerieten wir des öfteren aneinander. Er war ein älterer Herr knapp über Sechzig und schon sein ganzes Leben lang Angestellter des Steuerbüros. Ich ein Frischling von dreiundzwanzig Jahren, relativ frisch von der Uni und in seinen Augen ein totaler Versager. Mehr als einmal durfte ich mir bereits anhören, dass er sich jeden Tag aufs Neue darüber wunderte, warum mich die Geschäftsleitung überhaupt eingestellt hatte. Wir waren uns schon von Anfang nicht wirklich grün. Und als er eines Tages erfuhr, dass ich homosexuell bin – von woher auch immer, ich hatte es keiner Menschenseele im Büro erzählt, weder der Geschäftsführung noch einer der anderen Kollegen. Vermutlich hatte er ein Privatgespräch mit meinem besten Freund, Axel, ebenfalls schwul, jedoch nicht mein Freund, belauscht – rutschte der allgemeine Umgangston zwischen uns beiden einige Niveaulevel tiefer. Seitdem war ich ihm nicht nur ein Dorn im Auge, sondern zum persönlichen Staatsfeind Nummer Eins mutiert. Seitdem hatte ich einige Male mit dem Gedanken geliebäugelt, zu kündigen und mir was anderes zu suchen, doch – wie sagte mal einer meiner Dozenten so treffend: Manche Probleme lösen sich biologisch.
Ob ich allerdings noch die sieben Jahre bis dahin aushielt, mochte ich zu bezweifeln.
„Ich hatte heute alle Hände damit zu tun, die Statistiken und die Abschlüsse für die Bergmann-Gruppe zu erstellen“, erwiderte ich entschieden. „Die waren wichtiger. Nach acht Stunden Arbeit, habe ich das Recht ...“
„Was wichtig ist und was nicht, beziehungsweise ob und wann sie Feierabend machen können steht nicht in ihrer Entscheidungskompetenz, Herr Groß“, fuhr er mir energisch ins Wort. „Sie sind verpflichtet, Überstunden zu machen, wenn sie anberaumt werden.“
„Abgesehen davon, dass sie nicht persönlich von ihnen anberaumt worden sind, bin ich auch nur zu Überstunden verpflichtet, wenn es wirklich notwendig ist und auch dann nur, wenn die Gesamtzeit die zulässige Arbeitszeit nicht überschreitet.“ Ich kannte meine Rechte genau. Immerhin hatte ich sie ein Semester lang studiert. „Und wenn man die ganzen Überstunden zusammenzählt, die ich in dieser Woche schon abgeleistet habe, dann könnte ich die nächste Woche zuhause bleiben.“ Der Typ nervte gewaltig. Ich konnte mich gegen meinen schnippischen Tonfall und das besserwisserische Gehabe nicht erwehren. Erwartungsgemäß sog er lautstark die Luft ein. Das war sogar durch das Telefon sehr genau zu hören.
„Herr Groß“, gab er in krampfhaft, beherrschter Wut von sich. „Nur weil sie glauben, aufgrund ihrer körperlichen Gesinnung zu einer unterdrückten Minderheit zu gehören, haben sie noch lange nicht das Recht, sich Frechheiten herauszunehmen.“
Das war es wieder unser gewohntes niedriges Gesprächsniveau. Wohlgemerkt – er hatte angefangen.
„Und nur weil sie glauben, aufgrund ihrer fortgeschrittenen Lebenserfahrung zu den unter Artenschutz stehenden Wesen zu gehören, muss ich mir von ihnen keine zweitklassige Homophobie anhören.“
Das war für gewöhnlich das Stichwort, das ihn wutdampfend aus meinem Büro stapfen und postwendend bei der Geschäftsführung anklopfen ließ, wo wir uns keine zehn Minuten später alle zusammen trafen und unsere gegensätzliche Meinung vor dem Gremium einer sichtlich genervten Geschäftsleitung vertraten.
Vielleicht sollte ich doch kündigen.
Diesmal knurrte er nur laut und deutlich missmutig. „Morgen um zehn liegt die Liste auf meinem Tisch“, blaffte er so sauer wie hundert Jahre alter Essig.
„Wie sie wünschen, Herr Brosche“, flötete ich, trotz allem gut gelaunt. Die Rechnung für mein loses Mundwerk würde ich bereits morgen in aller Frühe serviert bekommen. Ich freute mich bereits drauf. Denn trotz der Hetzkampagne, die der Abteilungsleiter eifrig vorantrieb, hielt die Geschäftsführung an mir fest. Ich wusste auch nicht wieso. Sie glaubten offenbar an meine Fähigkeiten. Denn außer Hermann Brosche störte sich niemand an mir Frischling. Er war der Einzige, mit dem ich regelmäßig aneinander geriet.
Außer natürlich an einem Tag die diesem, wo schlechte Laune mit dem Morgennebel eingeatmet wurde.
Es klickte in der Leitung, noch ehe ich meinen Satz beenden konnte. Grinsend warf ich das Mobiltelefon auf den Beifahrersitz.
Kaum landete es auf dem Sitz, klingelte es schon wieder. Auch diesmal wusste ich genau, wer mich da anrief – Axel, der intuitiv wusste, wann ich auf dem Nachhauseweg war und mich regelmäßig genau da anrief, ob ich nun pünktlich oder erst zwei Stunden nach Büroschluss Feierabend machte. Ich angelte abermals nach dem Telefon und hielt es mir ans Ohr.
Der Verkehr war nicht weniger geworden. Der Kondensnebel auf der Scheibe ebenfalls nicht. Ich musste meine kleinen grauen Zellen ziemlich anstrengen, um das Multitasking-Talent in mir zum Vorschein zu bringen. Von der Hauptstraße in die Nebenstraße einbiegen und die Fußgänger nicht übersehen, die bei rotem Fußgängermännchen über die Straße liefen und nebenbei noch telefonieren und das Telefon nicht vom Ohr zu verlieren, war eine echte Herausforderung.
„Hi, Axel“, rief ich frohgelaunt ins Telefon. „Mal wieder langweilig?“
„Hi, Thore. Und du wieder mal ein Match gegen deinen Abt gewonnen?“ Er kannte mich einfach zu gut.
Ich grinste breit. „Gerade eben. Zwei Sekunden vor dir.“
„Wann gibt der endlich auf?“
„Weiß nicht. Will sich vermutlich die Rente nicht verscherzen.“
Ich hörte ein Kichern. „Lust auf etwas Abwechslung? Mir ist heute nach Cruising.“
Ich überlegte kurz. „Mir eher nicht. Ich bin fertig. Ich hau mich mit einer fetten Pizza vor den Fernseher.“
„Wenn ich der Pizzabote sein darf ...?“
„Ich sagte fette Pizza nicht magersüchtiges Strichmännchen.“ Axel war alles anderes als magersüchtig oder dürr. Lediglich die Tatsache, dass er eine Kleidergröße kleiner als ich trug, stachelte uns immer wieder zu solchen derben Späßen an.
Axel kannte meine Sprüche. „Och, gegen ein Stückchen Speck hätte ich jetzt auch nichts einzuwenden.“
Und ich war alles andere als fett. Bei einer Körpergröße von Ein zweiundachtzig wog ich nur knapp 79 Kilo. „Alles meins“, gab ich trotzig zurück.
„Na, schön. Solltest du es dir anders überlegen, ruf mich an. Ich werd mich jetzt mit der Schachtel Pralinen vergnügen, die mir heute Nachmittag im Supermarkt zugeflüstert hat: Nimm mich! Jahh! Nimm mich!“
Ich lachte. Er hatte es wirklich drauf, die Werbung aus dem Spätprogramm gekonnt nachzuäffen.
„Okay“, kicherte ich. „Ich meld mich, falls ...“ Ich hörte noch Axels lautes Stöhnen, bevor dieser einfach auflegte. Offenbar besaßen die Pralinen eine äußerst unwiderstehliche Wirkung. Lachend warf ich das Telefon auf den Beifahrersitz und lenkte in meine Wohnstraße ein. Ich ging vom Gas, schaltete runter und fuhr langsam die dicht an dicht aneinander gereihten Autoreihen ab. Um kurz nach Sechs gab es hier keinen einzigen freien Parkplatz mehr, so dass ich wie jeden Tag erst fünf Mal um den Block fahren musste, ehe irgendwo zufällig wieder einer frei wurde.
Angestrengt starrte ich durch die noch immer leicht beschlagene Frontscheibe, mein Augenmerk auf die geparkten Autos, als ich durch ein Aufblitzen im Rückspiegel abgelenkt wurde. In der Hoffnung, dass sich hinter mir eines der Wägen aus einer Parklücke fuhr, nahm ich den Blick von der Straße und strengte meine Augen an, um im Dunkel hinter mir etwas erkennen zu können.
Nur einen Augenblick später gab es einen dumpfen Aufprall. Etwas Großes, Dunkles, Schweres, flog auf meine Motorhaube und gegen die Windschutzscheibe. Geistesgegenwärtig latschte ich auf die Bremse. Das große, dunkle Etwas rollte herunter und blieb vor meiner Stoßstange liegen. Sofort wurde mein Organismus mit kochendem Adrenalin überflutet und mein Herz schlug vor Schreck so schnell, dass ich die einzelnen Schläge kaum auseinander halten konnte.
Scheiße! Ich hatte jemanden angefahren!
Motor aus – Handbremse anziehen – Tür auf – aus dem Wagen springen, war eine einzige fließende Bewegung.
Vor meinem Wagen, im grellen Licht der Scheinwerfer lag ein dunkles Bündel, die Gliedmaßen wild verknotet und stöhnte laut.
Gott sei Dank. Er lebte noch.
Ich beugte mich nieder, berührte ihn vorsichtig an der Schulter. Nasses, kaltes Leder.
„Hallo!“, rief ich aufgebracht. Mein Herz wummerte noch immer heftig vor Schreck. „Bleiben sie ruhig liegen. Ich rufe den Notarzt.“ Mein Handy lag noch auf dem Beifahrersitz, fiel mir in diesem Moment ein. Ich sprang auf die Beine und wollte es schnell holen, als mich etwas am Hosenbein festhielt.
„Nein!“ Seine Stimme klang erbärmlich, gequält, voller Schmerz.
Ich beugte mich nieder. Er hatte sich inzwischen leicht gedreht und sein Gesicht ins Licht der Scheinwerferkegel gerückt. Es war ein junger Mann, zwanzig, höchstens fünfundzwanzig. Lange, schwarze, nasse Zotteln hingen ihm wirr ins Gesicht. Dunkle Augen mit noch dunkleren Augenringen, blassem Gesicht und blauen Lippen. Dicke, schwarze Lederjacke mit unzähligen Schnallen und Reißverschlüssen – irgendwie rockermäßig, wie auch eine eng anliegende, schwarze Lederhose mit einer Schnürleiste an der Seite, von der Hüfte bis zum Knöchel. Alles vom Novemberregen durchnässt und aufgeweicht. Grobe Stiefel, die ich allerdings in der Hektik der Aufregung nicht näher erkannte, da sie sich so weit außerhalb des Lichtkegels befanden, dass ich die klobigen Schuhe nur erahnen konnte. An seiner Stirn blutete eine Platzwunde ziemlich stark und rann ihm in einem pulsierenden Strom über das Gesicht. Er musste sich auch die Lippe aufgeschlagen haben oder auf die Zunge gebissen, denn als er den Mund öffnete, um mich davon abzuhalten, das Telefon zu holen, floss ein Schwall Blut heraus, den er verächtlich auf den Boden spuckte.
„Sie brauchen dringend einen Notarzt, Mann“, rief ich verwirrt und machte mein Hosenbein bestimmt von seinem Klammergriff frei. „Mein Telefon ist im Wagen. Ich rufe ...“
„Nein“, fuhr er mir barsch ins Wort und kämpfte sich mühsam hoch. Stöhnend rollte er sich auf die Knie, stützte sich an meiner Stoßstange ab und hievte sich zitternd, keuchend und hustend auf die Beine.
Der Kerl sah ziemlich verwahrlost aus. Vermutlich einer der vielen Obdachlosen, die im Winter versuchten, ein warmes Quartier zu finden. So wie der aussah, verbrachte er sein Leben nicht erst seit gestern auf der Straße.
„Hören sie“, rief ich verzweifelt und besorgt um das Leben des Mannes. „Die Platzwunde an ihrem Kopf muss genäht werden. Vielleicht haben sie auch innere Verletzungen oder Gehirnerschütterung … Sie müssen ins Krankenhaus.“
„Nein“, kam es wieder von ihm. Er hatte beide Handflächen auf die Motorhaube gelegt und stand leicht vornübergebeugt da. Seine Beine zitterten. Sein ganzer Körper zitterte. Er ließ den Kopf hängen. Die langen Haare verdeckten sein Gesicht vollends. Wassertropfen oder auch Blut tropfen von ihnen herunter auf meine Motorhaube.
„Scheiße, Mann. Ich kann sie nicht so gehen lassen. Ich muss sie zu einem Arzt bringen. Sie sind womöglich schwer verletzt. Es wäre unverantwortlich, wenn ich sie so gehen ließe.“
Er richtete sich auf, als ich ihm eine Hand auf den Oberarm legen wollte. Sein Kopf drehte sich langsam zu mir und fixierte mich mit finsterem Blick. Die dunklen Lippen zu schmalen Strichen zusammengepresst, starrte er mich an wie der Dämon persönlich.
Irgendwie wurde er mir unheimlich. Und erst Recht, als er mich musterte, dabei nur seine Augen bewegte, als er mich von Kopf bis Fuß abschätzte und dann ein verächtliches Zischen von sich gab. „Nein“, sagte er wieder. Er machte einen Schritt zur Seite und kippte dann, aus Schwäche, das Gleichgewicht verloren oder warum auch immer zur Seite in meine Richtung, so dass ich reflexartig meine Arme hob und ihn einfing. Es war auch kein Wunder. Ich hatte ihn angefahren und er sah alles andere als in Ordnung aus. Er brauchte dringend medizinische Behandlung. Eine Hand klammerte sich mit erstaunlicher Kraft in meiner Schulter fest. Ich versuchte, ihn so gut zu stützen, wie ich konnte, verkrallte mich mit einer Hand in den wulstigen Bund seiner Lederhose, um ihn aufrecht zu halten, während ich die andere unter seine Achsel schob, um ihn aufzurichten.
„Ich bringe sie ins Krankenhaus“, entschied ich und wollte ihn schon Richtung Auto führen. Doch er machte sich mit erneutem überraschenden Kraftaufwand von mir los und stolperte einige Schritte rückwärts. Einen Moment lang, starrte er mich aus dem nassen Wirrwarr seiner Zotteln heraus an, dann drehte er sich langsam um und wankte humpelnd in die Dunkelheit davon. Ich rief ihm noch hinterher, doch er ignorierte mich und verschwand.
Keuchend lehnte ich mich gegen meinen Wagen, musste mich erst einmal wieder sammeln. Ich hätte ihn nicht so einfach gehen lassen dürfen, sagte ich mir immer wieder. Andererseits wollte er das auch gar nicht.
So wie der aussah, vermied er jeglichen Kontakt mit Behörden oder dem öffentlichen Dienst. Ich vermutete auch, dass er auf eine Behandlung verzichtete, weil er bereits polizeilich gesucht wurde oder erst gar nicht Krankenversichert war. Obwohl es in Deutschland eine Versicherungspflicht gab, existierte eine Dunkelziffer an Personen, die weder eine Krankenversicherung besaßen, noch Versicherungstechnisch irgendwie oder irgendwo registriert waren. Ohne zu zögern, zählte ich den Kerl zu jenen Personen. Insofern sollte ich vielleicht froh sein, wenn er sich einfach wieder so in die Nacht verkrümelte, dorthin von wo er so plötzlich gekommen war.
Und erst, als ich in meiner Wohnung angekommen war und den Pizzaboten bezahlen wollte, bemerkte ich, dass mir meine Geldbörse fehlte. Dieses Arschloch hatte mir zum Dank, dass ich ihn angefahren hatte, die Brieftasche gestohlen. Viel Geld war nicht drin, jedoch meine Ausweise, Führerschein, EC-Karten. Ich musste Axel anrufen, damit er mich aus meinen Nöten auslöste und natürlich wollte er die Story brühwarm erzählt haben. Dafür schenkte er mir den Rest seiner Pralinen.
Der nächste Tag war genauso beschissen, wie der vorherige, nur mit dem Unterschied, dass ich einen Großteil des Tages damit verbringen musste, meine Bank, meine Krankenkasse und die Meldebehörde anzurufen, um ihm dem Verlust meiner Papiere mitzuteilen. Was natürlich den Unmut meines Vorgesetzten nur noch mehr anstachelte und wir uns den ganzen Tag lang nur anschrien.
Entsprechend geladen kehrte ich nach Feierabend in meine Wohnung zurück und sehnte mich nach Einsamkeit und den Rest der Pralinen, die ich gestern nicht ganz geschafft hatte. Als ich den Fußweg vom Parkplatz zu meinem Wohnhaus ging und neben der Haustüre ein dunkles Bündel auf dem kalten Boden kauern sah, kochte meine Wut sogleich über und ich beschleunigte meinen Schritt.
„Du hast echt verdammt viel Mut, wieder hier aufzukreuzen“, fuhr ich den Kerl sogleich an. „Du hast meine Brieftasche gestohlen. Ich sollte dich ...“ Mir blieb meine Schimpfkanonade unversehens im Hals stecken, als er den Kopf hob und mich ansah.
Die Verletzungen in seinem Gesicht waren eindeutig frischer Natur, nicht vom Unfall. Seine Lippe aufgeschlagen und geschwollen. Auf dem rechten Wangenknochen eine offene Stelle, die längst getrocknet und verkrustet war und ebenso über dem Bogen seiner rechten Augenbraue, wie als wäre er heftig geschlagen worden.
Er senkte auch sofort den Kopf wieder, als er mein entsetztes Gesicht sah und verbarg es hinter dem Schleier seiner ungekämmten Haare. Mühsam rappelte er sich auf die Beine, fasste in die Tasche seiner Lederjacke und brachte meine Geldbörse hervor, die er mir stumm hinhielt.
Schnell schnappte ich mir mein Eigentum und öffnete sie sofort. Es fehlte nichts. Nicht ein Geldschein, nicht eine Münze, sämtliche Kreditkarten, Ausweise und sonstige wichtige Karten waren vorhanden. Selbst die Einkaufsbelege von den letzten Tagen lagen noch zwischen den Scheinen. Ich hob den Kopf.
„Was sollte das?“, fragte ich verwirrt. „Hat dir endlich jemand Vernunft eingeprügelt?“ Es sollte zynisch klingen, beinahe beleidigend. Für meine Ohren hörte es sich jedoch irgendwie besorgt an.
Er schüttelte nur leicht den Kopf und wandte sich stumm zum Gehen.
„Warte!“, rief ich und ohrfeigte mich innerlich gleich selbst. Ich sollte froh sein, dass die Angelegenheit so glimpflich abgelaufen und er offenbar wieder vernünftig geworden war und mir mein Eigentum zurück brachte. „Alles … in Ordnung mit dir?“ Ich biss mir auf die Unterlippe. Warum zur Hölle wollte ich das wissen? Es sollte mich einen Dreck scheren, wie es dem Kerl ging. Immerhin hatte er meine Brieftasche geklaut.
Er hob den Kopf wieder an und sah mich mit einer Mischung aus Seh-ich-so-aus? Und Fick-dich-selbst-ins-Knie! an, bevor er sich wieder umdrehte und gehen wollte.
„Nein, warte!“, rief ich ihm abermals hinterher. Scheiße, das wäre jetzt die zweite Gelegenheit gewesen, unter dieser Angelegenheit einen Schlussstrich zu ziehen. Ich war mit einem blauen Auge davon gekommen, weitaus weniger, als er einstecken musste. „Du siehst aus … als könntest du … Hilfe gebrauchen.“ Verdammt, irgendjemand sollte mich jetzt ohrfeigen. Warum zur Hölle hab ich das eben gesagt?
Er blieb wieder stehen, drehte sich langsam und fixierte mich mit finsterem Blick. Seine Lippen pressten sich zitternd aneinander. Natürlich, ein solch taffer Kerl wie er, hat keine Hilfe nötig. Erwartungsgemäß schüttelte er langsam und vorsichtig den Kopf, bevor er ihn sinken ließ, offenbar kurz darüber nachdachte, was er eben gemacht hatte oder was ich ihm angeboten und er ausgeschlagen hatte und drehte sich wieder in Richtung Weit-weit-weg.
„Ich meine das Ernst!“ Verflucht nochmal! Ohrfeigt mich endlich jemand! Oder tritt mich in meinen verdammten Arsch. Eine bessere Gelegenheit bekomme ich nicht wieder, ihn endlich loszuwerden und für immer aus meinem Leben zu verbannen.
Aber irgendwie ließ er mich nicht los.
Er drehte sich ein weiteres Mal zu mir um und blickte mich wieder aus den dunklen, müden Augen an, die aus dem bleichen Gesicht heraus leuchteten und deutlich nach einem heißen Bad, einer üppigen Mahlzeit und einer weichen Couch für die kalte Novembernacht schrien.
„Nein“, sagte er nur knapp.
Ich schnaufte genervt. „Kannst du nichts anderes sagen?“
„Nein“, antwortete er zum wievielten Male, doch diesmal mit einem Deut Verärgerung.
Ich schnaufte lauter. „Ich spendiere dir eine heiße Tasse Tee, vielleicht auch eine Pizza, und du erzählst mir, warum du die Brieftasche zurückgebracht hast.“ Mist, irgendwas in meinem Inneren schien bei seinem Anblick kaputtgegangen zu sein. Dafür wurde mein Hirn mit einem Mutter Teresa-Virus überwuchert. Ich musste wirklich verrückt sein, ihn in meine Wohnung einzuladen. Dass er kriminell war, hatte er bereits bewiesen. Was er alles in meiner Wohnung anstellen könnte, war ziemlich einfach zu erraten.
„Besser nicht.“ Wenigstens seine Vernunft schien vorhanden zu sein.
„Warum nicht?“, wollte ich wissen.
„Weil es nicht funktioniert.“ Er sah hoch und begegnete meinem Blick. In seinen Augen lag ein Flehen, eine Sehnsucht, die mir irgendwie bekannt vorkam. Ich sah sie jeden Morgen in meinem eigenen Spiegelbild.
„Was funktioniert nicht?“
Er schluckte hörbar. Sein Kehlkopf hüpfte einmal auf und ab, bevor er zögerlich den Mund öffnete und antwortete. „Das, weswegen ich sie dir zurück brachte.“
„Und was soll das sein?“ Dabei legte ich irritiert den Kopf schief. Insgeheim glaubte ich es jedoch bereits zu wissen.
Er schnaufte tief. „Vergiss es.“
„Das kann ich aber nicht“, erdreistete ich mich. „Ich hab dich mit meinem Wagen angefahren. Du gehörst eigentlich in ein Krankenhaus. Du hast meine Brieftasche geklaut und sie mir wieder zurückgebracht. Ich verlange Erklärungen.“
Er schüttelte nur langsam den Kopf. Die wirren Haare wippten dabei leicht mit. „Vergiss es einfach.“ Damit wollte er sich wieder umdrehen und gehen.
Ein weiteres Mal hielt ich ihn zurück. „Es ist mein voller Ernst.“ Diesmal schien es auch wirklich glaubhaft zu klingen, denn der Kerl sah mich durchdringend an. Sein Brustkorb weitete sich langsam, als er einen tiefen Atemzug nahm.
Außerdem war es saukalt und ich begann zu frieren. Die Wärme, die ich noch gierig im Büro in mich eingesogen hatte, verflüchtigte sich hier draußen rasend schnell.
„Okay“, schnaufte er, indem er den langen Atemzug aus seinen Lungen streichen ließ und kam ein paar Schritte näher.
Ich beeilte mich, den Schlüsselbund aus meiner Manteltasche zu fischen, den richtigen Schlüssel in das Loch an der Haustüre zu stecken und die Türe aufzuschließen. Hinter mir, nicht einmal ein Schritt entfernt, war der Unbekannte herangetreten und wartete geduldig, dass ich ihm die Türe zu meinem eigenen Verderben öffnete.
Ich musste wahnsinnig sein, einen Wildfremden und zudem eindeutigen Kriminellen in meine Wohnung zu bitten. So erbärmlich er auch aussehen mochte, er war ein Dieb und scheute sich nicht davor, eine Situation wie den Unfall für sich auszubeuten. Ich kannte nichts von ihm, nicht einmal seinen Namen. Ich war einfach lebensmüde.
Dessen wohl bewusst, hastete ich die Stufen vor ihm die Treppe hinauf und schloss meine Wohnung auf. Der Kerl trat hinter mir in den Flur und blieb neben der Türe stehen, als wüsste er nun nichts mehr mit sich anzufangen. Leicht unsicher und dennoch mit neugierigem Blick ließ er seine Augen über den kleinen Flur und die zum Wohnzimmer und zur Küche geöffneten Türen gleiten. Leicht nervös, ließ ich meinen Mantel über die Schultern rutschten und warf ihn in meiner Garderobe auf den Schuhschrank. Normalerweise hängte ich ihn sorgsam auf einen Bügel, da er bei diesem Wetter meist nass war und trocknen musste. Doch jetzt besaß ich dafür keinen Sinn.
Ich deutete auf eine geschlossene Türe, öffnete sie und blieb vor meinem Badezimmer stehen. „Wenn du erst mal duschen willst. Bitte!“ Ich biss mir auf die Lippen, es war ein äußerst gewagtes Angebot. Warum ich das tat, wusste ich selbst nicht. Vermutlich durch seine vernachlässigte Erscheinung. „Ich kümmere mich um den Tee. Ach, und noch was … „ Ich drehte mich wieder um, als ich schon in die Küche eilen wollte, um den Wasserkocher anzuschmeißen. „Benimm dich.“
Er verzog seine Mundwinkel zu einer beleidigten Fratze und ging tatsächlich ins Bad, um mein Angebot anzunehmen. Etwas besseres konnte ihm wahrscheinlich auch gar nicht passieren.
In Gedanken schon bei den Utensilien, die ich vermutlich dann bald vermissen würde, eilte ich in die Küche, schnappte mir den Wasserkocher und hielt ihn mit zitternden Händen unter den laufenden Wasserhahn.
Was zur Hölle, war mir da wieder eingefallen.
Morgen würde sicherlich in der Zeitung stehen: Junger Mann in seiner eigenen Wohnung überfallen und ausgeraubt.
Und was meinte er damit: Es würde nicht funktionieren … ?!
Ich konnte mir beim besten Willen keinen Reim darauf machen. Was auch immer ihn dazu bewogen hatte, mir meine Brieftasche unversehrt wieder zurückzubringen, ich hoffte, dass ich den Grund bald erfahren würde.
Hastig riss ich zwei Tassen aus meinem Schrank, nachdem ich den Wasserkocher aktivierte und suchte nach meinem Schnurlos-Telefon. Während ich zwei Teebeutel in die Tassen fallen ließ, tippte ich schon mal die Nummer meiner Lieblingspizzeria ein und bestellte eine große Partypizza mit verschiedenen Belägen, da ich keine Ahnung hatte, was ihm so schmeckte. Irgendwas würde schon dabei sein, hoffte ich und warf das Telefon wieder auf die Küchenanrichte.
Dann fiel mir ein, dass ich gerne aus meinen stinkenden Büroklamotten raus wollte und eilte über den Flur zu meinem Schlafzimmer. Aus dem Badezimmer hörte ich Wasserrauschen. Er nahm tatsächlich eine Dusche.
Irgendwie erfüllte mich das mit Freude.
Ich wusste nur nicht, ob das die Freude darüber war, einem Bedürftigen helfen zu können, oder dass sich ein anderer Mann in meinem Badezimmer befand – nackt.
In meinem Unterleib begann es brennend zu ziehen und ich fluchte leise, während ich die Hose von meinen Hüften riss und hastig in meine weichen Wohlfühlklamotten schlüpfte. Wie zum Henker kam ich auf solche Gedanken? Dieser fremde Kerl sollte alles anderes sein, als ein potentieller Kandidat für … ja für was …?
Er war ein verdammter Dieb, hinterhältig und verflucht schnell mit den Fingern. Ein wager Gedanke irgendwo in meinem Hinterkopf versuchte sich auszumalen, was er mit diesen Fingern noch alles anstellen konnte und das Brennen in meinem Unterleib wurde heißer.
Mein Fluch wurde lauter, als ich den Gummibund beinahe zur Selbstbestrafung von meinem Bauch zog und wieder zurück schnalzen ließ.
Dieser finstere Blick aus seinen Augen, als er mir sagte, dass es nicht funktionierte, dieses Flehen, dieses Hoffen, dass seine eigenen Worte vielleicht doch nicht zutrafen. Was meinte er eigentlich damit, dass es nicht funktionierte?
Neugier flammte in mir auf.
Warum klaute er mir erst die Brieftasche und brachte sie mir einen Tag später wieder zurück?
Ich eilte zurück in die Küche, um mich um den Tisch zu kümmern. Dabei musste ich wieder über den Flur, an dem Badezimmer vorbei. Sie stand einen Spalt offen.
Das tat sie hin und wieder. Der Schließmechanismus des Schlosses war leicht verbogen. Vermutlich war sie von einem meiner Vorgänger einmal eingetreten worden. Daher ging sie manchmal auf, wenn es einen leichten Luftzug in der Wohnung gab. Beim Vorbeigehen erhaschte ich einen Blick ins Innere und blieb wie angewurzelt stehen – unfähig meine Augen von diesem Anblick nehmen zu können.
Der Spalt offenbarte geradewegs einen Blick auf den fremden Kerl, der eben aus der Duschwanne stieg – nackt und nass.
Die Wassertropfen perlten auf seiner Haut. Das LED-Licht der Badezimmer-Beleuchtung brachte seinen ganzen Körper zum Glitzern und Funkeln. Fast schon konnte ich den schimmernden Kranz sehen, der ihn umgab, wie aus einem billigen Schmachtfetzen, wo der Angebetete in einem blinkenden Rahmen erschien, durch die verklärten Augen eines vollkommen umnachteten Verstandes betrachtet. Und wo waren die obligatorischen Geigen, die bei solch einem Auftritt stets ihr verheißungsvolles Kreischen ertönen ließen und den ahnungslosen Zuschauer auf eine ganz bestimmte Stimmung hintrieben?
Oh Gott, wo war ich nur gelandet?
In der ganz exklusiven Privatausstellung gefallener Engel mit ihrem maßgeschneiderten Körpern?
Und was für ein Körper, dachte ich ehrfurchtsvoll und hielt den Atem an.
Schlank, hoch gewachsen, mit ausgeprägten Muskeln an den richtigen Stellen, einem straffen, flachen Bauch, mit deutlicher Ausprägung der einzelnen Pakete auf seinem Bauch und dem Dreieck seiner Leiste, die geradewegs zu seinem haarlosen Schritt deutete, wo ein schlaffer Schwanz einer geschlossenen Muschel gleich auf seinen ebenso glattrasierten Hoden hing. Ein sonnenförmiges Tattoo kränzte seinen Bauchnabel, eingebunden in ein verschlungenes Kreuz, das irgendwie an keltische Muster erinnerte. Das untere Ende zeigte geradewegs auf die entspannte Muschel zwischen seinen Beinen. Auf seiner breiten Brust leuchteten die zwei dunklen Punkte seiner Brustwarzen. In jeder hing ein glitzernder Ring, an der rechten baumelte ein kleines silbernes Kreuz. Um seinen rechten Oberarm schlängelte sich ein weiteres Tattoo in Form eines Stacheldrahtes und oberhalb der rechten Brustwarze saß ein weiteres kleines Tattoo, das ich jedoch nicht genau erkennen konnte, da es zu klein war. Es wirkte jedoch wie ein kleiner Skorpion mit zum zuschlagen gekrümmtem Stachelschwanz.
Er hob die Arme und strich sich mit gespreizten Fingern die langen, nassen Haare aus dem Gesicht und streckte sich ein wenig, so dass die Proportionen seines Oberkörpers sich aufbäumten und besser zur Geltung kamen – so als posierte er unbewusst für einen Fotografen, sich des hinter der Türe versteckten Zuschauers wohl bewusst.
Ich war mir jedoch sicher, dass er mich nicht bemerkt haben konnte. Ich stand starr wie zur Salzsäule erstarrt vor dem Spalt, hielt nach wie vor den Atem an. Im Flur war es dunkler, als im Badezimmer, so dass der dünne Lichtspalt, der aus dem Zimmer kam einen dünnen Streifen des Flurs erhellte. Ich war jedoch so stehen geblieben, dass ich nicht vom Lichtstreifen getroffen wurde.
Nun drehte er sich leicht, so dass er mir seine komplette Vorderseite präsentierte. In mir quoll jäh und unbarmherzig der Drang hoch, die Spitzen der kleinen Sonne um seinen Bauchnabel küssen zu wollen – jede einzelne davon, mit voller Hingabe und Genuss.
Er drehte sich weiter, beugte sich zu einem kleinen Schrank neben der Duschwanne, auf welchem eine ständige Auswahl meiner Duschhandtücher lag und angelte sich das oberste vom Stapel. Dabei präsentierte er mir nun seine Kehrseite, den breiten, geraden Rücken, die sich seicht bewegenden Schulterblätter, als er den Arm bewegte und ein weiteres Tattoo in Form einer weiteren keltischen Kreuzschlinge, die am Ende seines Rückens, genau oberhalb des Steißes saß. Eine der verschlungenen Spitzen deutete geradewegs auf den Spalt unterhalb davon, der sich zwischen den beiden prallen Pohälften befand.
Was für ein Knackarsch, schrien mir meine Gedanken ohrenbetäubend laut zu. In mir explodierte förmlich der Drang, der Aufforderung des keltischen Kreuzes auf seinem Steiß zu folgen und nachzusehen, worauf es deutete.
Meine Lunge begann zu brennen und ich japste so lautlos es ging nach Luft.
Wassertropfen rannen ihm über den Rücken, sammelten sich an der Rundung seines Hinterns und flossen dann in den Spalt hinein, wo sie an der Innenseite seiner Beine wieder hervortraten und an seinem Hodensack abtropften.
Mein Mund füllte sich augenblicklich mit so viel Spucke, dass ich schlucken musste.
Verflucht nochmal, war das ein Wahnsinnskerl. So etwas in meinem Bett, ich würde nicht Nein sagen.
Als er sich wieder in meine Richtung drehte, das Handtuch um seinen Leib schwang und den Kopf hob, um zur Türe zu blicken, wich ich schnell zurück.
Er konnte mich unmöglich gesehen haben, sagte ich mir schnell. Ich stand im Dunklen. Er konnte mich unmöglich bemerkt haben.
Schnell eilte ich in die Küche und klapperte laut mit Tellern und Besteck, um ihm oder auch vielleicht mir selbst zu verstehen zu geben, dass nichts geschehen war.
Es war auch nichts geschehen, außer, dass ich einen wahren Adonis in meinem Badezimmer hatte, der meine Libido ordentlich in Schwung brachte und es in meiner Hose ziemlich eng und feucht werden ließ. Einen wahren Sexgott in Fleisch und Blut, der sich seiner Wirkung sicherlich wohl bewusst war und der sich unter dicken Rockerjacken und engen Lederhosen versteckte.
Einige Minuten später tauchte diese fleischgewordene Sünde wahrhaftig in meiner Küche auf, angezogen, in seine alten, abgetragenen Lederklamotten und einem ausgebeulten dunkelgrauen Sweatshirt gehüllt. Nur die dicke Bomberjacke und seine klobigen Stiefeln fehlten. Ein merkwürdiges Lächeln auf seinen Lippen. Offensichtlich hatte ihm diese heiße Dusche gut getan.
„Hi“, beeilte ich mich zu sagen und musste mich erst mal räuspern. Meine Stimme klang kratzig und heißer, als hätte ich gerade eben laut geschrien. „Die Pizza kommt gleich.“ Ich schob eines der Tassen, in die ich vorhin noch schnell kochendes Wasser geschüttet hatte, näher an ihn heran.
Der Kerl ignorierte sie und kam näher. Das merkwürdige Lächeln noch immer auf den Lippen.
„Hat dir gefallen, was du gesehen hast?“, fragte er mit einem ebenso merkwürdigen süffisanten Tonfall.
„Ich … äh … „ Kochend heißes Blut schoss mir ins Gesicht und ich senkte schnell den Kopf. Verflucht, er hatte mich doch bemerkt. Hitze überflutete mich und sammelte sich in meinem Rücken, wo es sich in Eisberge verwandelte und kalte Schauer über meine Wirbelsäule schickte. „Ich ...“ Ich schloss schnell meinen Mund wieder, als mir beim besten Willen nichts einfallen wollte, was ich entgegnen sollte.
„Wenn du mehr als diese Peepshow willst, kostet es 50 Mäuse.“
Wham!
Das war ein megamäßiger Hammerschlag zielsicher in die Magengrube. Von 100 auf Null. Wie ein Blitz schoss es durch mich hindurch und löschte von einem Augenblick zum anderen die lodernde Flamme in mir. Ein gigantischer Paukenschlag, so ohrenbetäubend und nachhallend wie ein Chinagong.
So einer war er also.
Ich wirbelte herum und funkelte ihn voller Wut und Verachtung an.
Dabei entdeckte ich meine Brieftasche auf dem Esstisch. Ich riss sie an mich, öffnete sie rasch, nahm den Fünfziger heraus und warf den Schein vor seine nackten Füße.
„Ich bezahle meine Schulden sofort. Nimm die Kohle und schaff deinen Arsch hier raus. Sofort!“
Sein reizendes Lächeln erstarb augenblicklich. Nur kurz folgte er dem flatternden Flug des Geldscheines, dann drehte er sich auf seinen Fersen um und ging in den Flur zurück. Der Schein fiel achtlos zu Boden. Nur wenige Sekunden später knallte die Wohnungstüre laut ins Schloss und ich blieb atemlos und außer mir vor Fassungslosigkeit zurück.
Das hatte er also gemeint, als er sagte, es würde nicht funktionieren. Da hatte er verdammt nochmal Recht. Dieses miese Arschloch ließ sich seinen begnadeten Körper teuer bezahlen. Aber nicht mit mir.
Ich fegte die Tasse, die ich für ihn eingefüllt hatte mit einem wütenden Schrei vom Tisch. Sie knallte gegen die Wand, zerschellte und das heiße Wasser vom Tee dunkel gefärbte Wasser bildete bizarre Muster, als es an der Wand entlang zu Boden rann.
Dann sank ich mit einem tiefen Seufzen auf meinen Stuhl und verbarg mein Gesicht in meinen Händen. Verdammt, warum musste mir so was passieren? Ich hätte auf meine Vernunft hören sollen, die mir schon die ganze Zeit einzutrichtern versuchte, dass er nichts für mich war.
Er war ein Callboy. Kein Wunder, dass er so fantastisch aussah. Je besser und atemberaubender sein Körper, desto besser bezahlten seine Kunden.
Ich konnte es nicht fassen, dass ich an so einen geraten konnte.
Ich sah schon Axels Gesicht vor mir. Das breite, selbstgefällige Grinsen, das mir förmlich ins Gesicht schrie, dass ich mich besser mit ihm eingelassen hätte, als mit diesem Kerl.
Wenn er nicht so verboten gut ausgesehen hätte.
Mein Schwanz war noch immer geschwollen und juckte wie verrückt. Ich presste eine Hand in den Schritt und drückte das Aufbegehren meines eigenwilligen Anhängsels nieder. Der hatte gefälligst die Schnauze zu halten, schrie ich ihn innerlich an und presste meine Hand fester zwischen meine Beine.
So eine Blamage, so eine verfluchte Scheiße.
Ich sollte froh sein, ihn endlich los zu sein. Eine Kerze anzünden, dafür, dass es so glimpflich abgelaufen war. Gesetzten Falles, er hätte sich erst viel später zu erkennen gegeben, könnte ich mir selbst nicht mehr in die Augen sehen, geschweige denn Axel oder irgendwem anderem.
Ein verdammter Callboy. Warum musste ausgerechnet er mir vor den Wagen laufen? Hätte es denn kein normaler Kerl getan, der zufällig genauso umwerfend aussah und zufällig genauso betörend auf mich wirkte?
Und dem hatte ich mein Badezimmer für eine Dusche geliehen, ihm einen Tee gekocht und eine Pizza bestellt.
Scheiße, die Pizza!
Ich musste sie unbedingt abbestellen. Abgesehen davon, dass ich vermutlich eine ganze Woche dran essen würde, könnte ich keinen Bissen davon runterbringen, wenn ich nur dran dachte, zu welchem Zweck ich die bestellt hatte.
Ich sprang auf meine Beine und suchte das Telefon. Natürlich war der Pizzabote schon unterwegs zu mir. Rückgängigmachen ging nicht mehr. Dieses Lehrgeld musste ich wohl auch noch zahlen, schalt ich mich und marschierte in den Flur.
Als ich die Hand auf die Türklinke legte, ging ein heißer Ruck durch mich hindurch und ich hielt inne. Aus irgendeinem Grund wusste ich, was sich hinter meiner Wohnungstüre befand. Nicht der Pizzabote, nicht Axel, der meinem übersinnlichen Hilfeschrei gefolgt war, sondern …
Ich drückte die Türklinke langsam runter und öffnete leise die Wohnungstüre. Auf den ersten Stufen zum oberen Stockwerk saß der Kerl, den ich gestern angefahren hatte und der noch vor wenigen Minuten in meinem Badezimmer geduscht hatte. Sein Kopf war auf die nahe an den Körper gezogenen Knie gesunken. Die Arme hatte er um die Beine geschlungen. Seine Füße waren noch immer nackt. Die Stiefel standen neben ihm, ebenso seine Jacke. Er hatte sich nicht mehr die Mühe gemacht, sich komplett anzuziehen, obwohl es im Treppenhaus ziemlich kalt war.
Unfähig etwas zu sagen oder zu tun, blieb ich einfach in der offenen Türe stehen und starrte ihn an. Er bewegte sich nicht, saß zusammengekauert auf den Stufen, als sei er in dieser Haltung eingeschlafen oder gar festgefroren. Seine nackten Füße mussten inzwischen längst eiskalt und blau gefroren sein, dachte ich in einem Anflug von Besorgnis und bewegte mich endlich.
Es gab ein schlurfendes Geräusch, als ich ganz automatisch den Fußabstreifer in die Türflucht schob, damit die Türe nicht zufiel und wir beide ausgesperrt waren. Ich konnte das Zusammenzucken sehen, das durch ihn ging, als er bemerkte, dass er nicht mehr allein war.
Sein Kopf fuhr hoch und starrte mich erschrocken an. Als er mich erkannte, schnappte er sich schnell seine Stiefel und seine Jacke und sprang auf seine Beine.
„Bin schon weg“, presste er rasch hervor und wollte an mir vorbei die halbe Treppe hinunter eilen, um das Haus zu verlassen.
Ich hielt ihn am Arm zurück.
Ein weiteres Mal kreischte mir meine Vernunft ohrenbetäubend ins Ohr. Ich ignorierte es einfach.
„Du hast mir noch immer nicht gesagt, warum du mir die Brieftasche wieder zurückgebracht hast“, hörte ich mich sagen und glaubte es selbst kaum, dass ich das tat.
Seine Augen blickten erst auf meine Hand, die ihn am Arm festhielt, dann kam sein Kopf hoch und fand meinen Blick. In seinen Augen glitzerte es feucht.
Hatte er etwa geheult?
Ein so taffer Kerl, ein so gut aussehender Adonis wie er, ein Kerl, der sicherlich schlimmeres durchgemacht hatte, als aus einer Wohnung geworfen zu werden, heulte?
In mir begann es wieder heiß zu kribbeln und mein Unterleib meldete sich zuckend und bereitwillig zu jeglicher Schandtat zurück.
Ich schnaufte tief, nahm eine ordentliche Portion Mut und versuchte mich in einem Lächeln. „Ich würde die Antwort wirklich gerne hören.“
Die dunklen Augen trafen mich, forschten in meinem Inneren nach den wahren Beweggründen. Ich spürte das Zittern seiner Glieder, vor Kälte oder was anderem, wusste ich nicht. Er stand mit nackten Füßen auf eiskaltem Boden. Ein deutliches Beben ging durch ihn. Seine Haare waren noch nass. An seiner Schläfe hing ein einsamer Tropfen, der draußen sicherlich zu einem kleinen Eistropfen gefroren wäre. So konnte er unmöglich auf die Straße gehen. Der eisige Novemberregen würde ihn binnen weniger Minuten in seine Fänge haben und niederstrecken. Das konnte ich nicht verantworten.
Außerdem hatte die Dusche die Wunden in seinem Gesicht wieder aufgeweicht. Die geschwollene Schramme über seiner Augenbraue begann wieder zu bluten, nicht schlimm, jedoch so, dass ich kaum dem Drang widerstehen konnte, in meine Wohnung zu laufen und ein Pflaster zu holen.
„Und du solltest aufhören, dich zu prügeln, vor allem, nachdem du angefahren wurdest“, sagte meine eigene Stimme.
Ein flüchtiges Lächeln huschte um seine Lippen, so filigran und hauchzart, dass man es fast nicht erkennen konnte. Ich hatte ihm jedoch auf den Mund gestarrt und das kleine Zucken der Mundwinkel bemerkt.
„Ich konnte einfach nicht“, gab er leise von sich. „Damit bin ich an den Falschen geraten.“
Ich legte fragend den Kopf schief und blickte ihn leicht irritiert an.
„Ich hab stundenlang dein Foto von deinem Führerschein angestarrt“, fuhr er fort. „Es kommt selten vor, dass jemand so … wie du. Ah, Fuck! … Ich sollte jetzt besser gehen.“ Er warf sich seine Jacke über die Schulter.
Ich hielt ihn auf. „Dass jemand wie ich was?“, hakte ich neugierig nach.
Er sah mich einfach nur an. Emotionslos und ohne auch nur einmal zu blinzeln. „Vergiss es einfach“, gab er leise und resigniert von sich. Damit ließ er seine Stiefel fallen und schlüpfte in seine Jacke. Als er sich niederbeugte, um seine eiskalten, blau angelaufenen Füße in seine klobigen Stiefel zu schieben, klingelte in meiner Wohnung die Türglocke.
„Die Pizza“, wusste ich. „Hunger?“
Er hob den Kopf und sah mich für einen langen Moment eingehend von unten herauf an. „Du weißt, was ich bin.“ Eine Feststellung – nicht mehr.
Ich nickte.
„Und trotzdem?“
„Nicht jeder ist perfekt.“ Diese Worte straften mich selbst Lügen. Der Kerl, der sich unter unförmigen Jacken und dicken Schnürlederhosen versteckte, war mehr als perfekt. Nur das, womit er sein Geld verdiente, war ein kleiner Schandfleck auf seinem makellosen Body.
In meiner Wohnung rasselte ein weiteres Mal die Türglocke. Ich wagte einen Schritt zurück in Richtung meiner Wohnungstüre, jedoch nicht ohne ihn aus den Augen zu lassen. langte um die Ecke und betätigte den Türöffner für die Haustüre. Wenig später kam bibbernd und keuchend der Bote mit einer riesigen Pappschachtel herein. Ich nahm sie ihm ab, bezahlte rasch und blieb mit der heißen Schachtel im Treppenhaus stehen. Denn auch der Fremde hatte sich die ganze Zeit weder gerührt, noch etwas gesagt.
„Weißt du, wozu ich jetzt Lust hätte?“ Die Pappschachtel verbrannte mir allmählich die Finger. Es roch bereits verführerisch aus den kleinen Lüftungslöchern der weißen Pizzaverpackung. In meinem Magen begann es hungrig zu brummeln – und nicht nur dort.
Der Fremde schüttelte langsam den Kopf. Sein Blick starr auf mich gerichtet, lauernd, abwartend.
„Ich würde gerne jeden einzelnen Strahl diese Tätowierung auf deinem Bauch küssen“, gestand ich. „Ich bezahle auch mit einem großen Stück heißer Pizza.“
Ein zaghaftes Lächeln keimte zwischen seinen Mundwinkeln auf. Es formierte sich zusehends zu einem breiten Grinsen. Er richtete sich auf. „Wie wäre es, wenn du mir was von deiner Pizza abgibst und ich bezahle dich damit, dass du meine Sonne küssen darfst.“
Ich erwiderte das Grinsen. „Wie heißt du eigentlich?“
„Connor“, sagte er knapp und verzog leicht sein Gesicht zu einem grimmigen Schmunzeln, in Gedanken offenbar bei einem alten ausgelutschten Insiderwitz. „Nein, nicht MacLeod. Meine Mutter war eben in den Highlander verknallt. Aber trotzdem bin ich einmalig. “
„Das will ich selbst überprüfen.“ Irgendwie hatte ich mich bereits unsterblich verliebt.
In ihn und in die Sonne, die er unerwartet in meinen trüben November brachte. Wie auch in das Dauer-Abo, das ich bei meinem Pizzalieferanten in Auftrag geben werde, um meinen ganz persönlichen Highlander bei Laune zu halten.
Wie viele Strahlen besaß eigentlich so eine ganz normale Sonne?

Impressum

Texte: Ashan Delon (C) 2011
Tag der Veröffentlichung: 25.11.2011

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